Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.12.2012, Az.: 12 TaBV 67/12
Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Einordnung von Assistenten der Theaterleitung in ein bestehendes betriebliches Entgeltsystem; Feststellungsantrag des Betriebsrats bei Besetzung des Arbeitsplatzes mit nur einer Person
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 07.12.2012
- Aktenzeichen
- 12 TaBV 67/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 31547
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2012:1207.12TABV67.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Osnabrück - 24.04.2012 - AZ: 3 BV 1/12
Rechtsgrundlagen
- § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
- § 256 Abs. 1 ZPO
- § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG
Amtlicher Leitsatz
1. Die Einordnung eines konkreten Arbeitsplatzes (hier: Assistent der Theaterleitung eines Kinos) in eine betriebliche Vergütungsstruktur unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG.
2. Da dem Betriebsrat dabei auch ein Initiativrecht zusteht, kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die entsprechende Position bisher nur nach individuellen Vereinbarungen ohne erkennbares System vergütet. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG umfasst die inhaltliche Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen (vgl. BAG 18.10.2011, 1 ABR 25/10, NZA 2013, 392 - 396, Rn. 17).
3. Bei der vergütungstechnischen Einordnung eines nach abstrakt-generellen Kriterien beschreibbaren Arbeitsplatzes, handelt es sich um eine Angelegenheit mit kollektivem Bezug, selbst wenn die Position aktuell im Betrieb nur mit einem Arbeitnehmer besetzt ist.
Tenor:
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 24.04.2012 - 3 BV 1/12 - wird abgeändert und festgestellt, dass dem Beteiligten zu 1) bei der Aufstellung von Entgeltgrundsätzen für Assistenten/Assistentinnen der Theaterleitung ein Mitbestimmungsrecht einschließlich eines entsprechenden Initiativrechts zusteht.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über den Umfang des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates bei der Aufstellung von Entgeltgrundsätzen.
Der Beteiligte zu 1) (künftig: Betriebsrat) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2) (künftig: Arbeitgeber) gewählte Betriebsrat. Beim Arbeitgeber handelt es sich um ein Unternehmen, welches bundesweit Kinos betreibt. Der O. Kinobetrieb des Arbeitgebers wurde im Jahr 2003 von der Firma U. übernommen. Derweil für letztere eine unmittelbare Tarifbindung galt, ist der Arbeitgeber selbst nicht tarifgebunden. Der bis 2003 unmittelbar geltende Tarifvertrag "Filmtheater" wird vom Arbeitgeber nicht mehr angewandt. Der Arbeitgeber orientiert sich aber in der betrieblichen Vergütungsstruktur weiter an dem Tarifvertrag "Filmtheater". Die Mehrzahl der Beschäftigten sind im Betrieb in C-Stadt in die Vergütungsgruppen der Servicekräfte und der Filmvorführer eingruppiert. In diesen Berufsgruppen wird noch jeweils nach den zurückgelegten Berufsjahren differenziert. Für den Kinobetrieb in C-Stadt hat der Arbeitgeber zwei Stellen für Assistentinnen bzw. Assistenten der Theaterleitung vorgesehen. Von diesen beiden Stellen ist derzeit nur eine besetzt. Zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber sind bislang Entgeltgrundsätze für die Vergütung der Assistenten der Theaterleitung nicht vereinbart. Der Arbeitgeber trifft mit den von ihm eingestellten Theaterleitungsassistenten jeweils eine individuelle Vergütungsvereinbarung auf Basis eines festen Monatsgehalts.
Mit Schreiben vom 07.02.2011 forderte der Betriebsrat den Arbeitgeber auf, über die Einführung von Entgeltgrundsätzen für die Gruppe der Theaterleitungsassistenten zu verhandeln (Bl. 10 d. A.). Der Betriebsrat legte hierzu auch einen konkreten Vorschlag für die Relationen des Entgeltes vor (Bl. 11 ff. d. A.). Auf Betreiben des Betriebsrates wurde im Rahmen eines Vergleiches einvernehmlich eine Einigungsstelle unter Vorsitz des Direktors des Arbeitsgerichts S. eingesetzt, die über mögliche Entgeltgrundsätze für Assistentinnen und Assistenten der Theaterleitung verhandeln soll. Über die materielle Zuständigkeit dieser Einigungsstelle konnte zwischen den Betriebsparteien bislang kein Einvernehmen erzielt werden. Die Einigungsstelle fasste daher am 16.12.2011 den einstimmigen Beschluss, das Einigungsstellenverfahren auszusetzen, bis arbeitsgerichtlich geklärt sei, ob dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der betrieblichen Lohngestaltung hinsichtlich der Vergütungsgruppe der Theaterleitungsassistenten zusteht (vgl. Protokoll der Einigungsstellensitzung Bl. 7 ff. d. A.). In Umsetzung dieses Beschlusses der Einigungsstelle hat der Betriebsrat auf seiner Sitzung am 19.12.2011 die Einleitung des hiesigen Beschlussverfahrens beschlossen (Bl. 20 d. A.). Die Antragsschrift des Betriebsrates ist am 07.02.2012 beim Arbeitsgericht Osnabrück eingegangen.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass Grundlage der im Betrieb des Arbeitgebers angewandten betrieblichen Lohnstrukturen die vormals auf den Betrieb angewandten Tarifverträge "Filmtheater" seien. Über die Kategorisierung im betrieblichen Vergütungssystem betreffend Vorführer, Kassierer und Platzanweiser hinaus habe der Arbeitgeber in den vergangenen Jahren eine neue "Vergütungsgruppe" geschaffen, nämlich die des Theaterleiter-Assistenten bzw. der Theaterleiter-Assistentin. Hierbei handele es sich um einen kollektiven Tatbestand, der im Rahmen der betrieblichen Lohngestaltung mitbestimmungspflichtig sei. Auch wenn der Betriebsrat nicht unmittelbar bei der Gehaltshöhe der Theaterleitungsassistenten mitzubestimmen habe, so könne er mit dem Arbeitgeber doch die Festlegung des Wertunterschiedes zwischen verschiedenen Beschäftigtengruppen vereinbaren.
Der Betriebsrat hat beantragt,
festzustellen, dass dem Beteiligten zu 1) im Zusammenhang mit der Erweiterung der bei der Beteiligten zu 2) bestehenden betrieblichen Lohngestaltung um eine Vergütungsgruppe "Theaterleiter-Assistent/in" im Betrieb C-Stadt der Beteiligten zu 2) ein Mitbestimmungsrecht zusteht.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Arbeitgeber hat geltend gemacht, eine Erweiterung der bei ihm bestehenden Vergütungsordnung um eine etwaige Vergütungsgruppe Theaterleiter-Assistent habe nicht stattgefunden. Es mangele schon an einem kollektiven Tatbestand. Zudem sei die Lohnhöhe bei AT-Angestellten nicht mit bestimmt. Neben den im U.-Tarifvertrag aufgeführten Vergütungsgruppen bestehe eine Vergütungsgruppe Theaterleiter-Assistent beim Arbeitgeber nicht. Die Monatsvergütung der Theaterleiter-Assistenten sei zwischen den Arbeitsvertragsparteien frei vereinbart worden. Entsprechende Entlohnungsgrundsätze für diese Berufsgruppe kämen nicht zur Anwendung. Das Mitbestimmungsbegehren des Betriebsrates ziele letztlich darauf ab, bei der absoluten Lohnhöhe mitzubestimmen - dies sei jedoch von § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG nicht gedeckt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschrift vom 24.04.2012 verwiesen.
Mit Beschluss vom 24.04.2012 hat das Arbeitsgericht Osnabrück den Antrag des Betriebsrates zurückgewiesen. Im Kern hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass es an einem kollektiven Tatbestand mangele, an welchem die Mitbestimmung des Betriebsrates anknüpfen könne. Ferner sei es dem Betriebsrat nicht gelungen, darzulegen, dass bei der Arbeitgeberin verallgemeinerbare Entgeltgrundsätze für die Assistenten der Theaterleitung existierten.
Dieser Beschluss ist am 22.05.2012 an die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates zugestellt worden. Die hiergegen gerichtete Beschwerdeschrift ist am 14.06.2012 und die entsprechende Beschwerdebegründung am 30.07.2012 und damit noch vor Ablauf der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist am 30.07.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.
Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Betriebsrat aus, dass ein kollektiver Bezug hinsichtlich der Vergütung der Theaterleitungsassistenten schon deshalb gegeben sei, weil es für die entsprechende Tätigkeit im Unternehmen des Arbeitgebers typisierte Arbeitsplatzbeschreibungen gebe. Dies zeige sich an den bundesweit vorgenommenen einheitlichen Stellenausschreibungen für Theaterleitungsassistenten mit den drei Schwerpunkten "Personal", "F & B" (Food and Beverage) und "Operation/Technik". Allein dadurch, dass der Arbeitgeber tatsächlich für die Theaterleitungsassistenten Vergütung in unterschiedlicher Höhe vereinbare, könne das bestehende Mitbestimmungsrecht nicht unterlaufen werden. Es gehe dem Betriebsrat nicht darum, eine in Euro bezifferte konkrete Vergütungshöhe für das Gehalt der Theaterleitungsassistenten festzulegen. Im Rahmen seines Mitbestimmungsrechtes wolle der Betriebsrat lediglich eine sachgerechte Bewertung der Tätigkeit der Theaterleitungsassistenten in Relation zu den anderen Berufsgruppen im Osnabrücker Kinobetrieb erreichen.
Nach einer entsprechenden Anregung durch das Gericht beantragt der Betriebsrat in der Beschwerdeinstanz zuletzt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 24.04.2012 - 3 BV 1/12 - abzuändern und festzustellen, dass dem Beteiligten zu 1) bei der Aufstellung von Entgeltgrundsätzen für Assistenten/Assistentinnen der Theaterleitung ein Mitbestimmungsrecht einschließlich eines entsprechenden Initiativrechtes zusteht.
Der Arbeitgeber beantragt,
die Beschwerde des Betriebsrates zurückzuweisen.
Zur Begründung dieses Antrages führt der Arbeitgeber aus, dass das vom Betriebsrat reklamierte Mitbestimmungsrecht schon daran scheitere, dass kein kollektiver Tatbestand im Hinblick auf die Vergütung der Theaterleitungsassistenten vorliege. Die Vergütung der Theaterleitungsassistenten werde nicht aufgrund allgemeiner Merkmale oder Entlohnungsgrundsätze bemessen. Vielmehr werde die Vergütung der Theaterleitungsassistenten individualvertraglich frei mit den jeweiligen Mitarbeitern vereinbart. Deshalb frage der Arbeitgeber in den vom Betriebsrat vorgelegten Ausschreibungen regelmäßig die Gehaltsvorstellungen der sich bewerbenden Mitarbeiter ab. Dem Betriebsrat sei es nicht gelungen, belastbare Indizien dafür vorzutragen, dass im Betrieb C-Stadt tatsächlich eine Vergütungsgruppe "Theaterleitungsassistenten" eingeführt worden sei und die Vergütung dieser Theaterleitungsassistenten anhand genereller Merkmale erfolge. Dem Antrag des Betriebsrates könne auch deshalb nicht stattgegeben werden, weil er darauf abziele, unmittelbar auf die absolute Vergütungshöhe der Theaterleitungsassistenten Einfluss zu nehmen. Aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG folge aber gerade kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der absoluten Lohnhöhe. Im Rahmen der Anhörung der Beteiligten der Beschwerdeinstanz hat der Arbeitgeber zudem die Auffassung vertreten, dass dem Betriebsrat hinsichtlich der Einführung einer neuen Entgeltgruppe "Theaterleitungsassistenten" auch im Rahmen des § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG ein Initiativrecht nicht zustehe.
Ergänzend wird auf die zwischen den Beteiligten in der Beschwerdeinstanz gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der Anhörung am 07.12.2012 verwiesen.
II. Die statthafte und form- sowie fristgerecht eingelegte Beschwerde des Betriebsrates ist zulässig und begründet.
1. Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Mit dem Verfahren soll der Rechtsstreit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechts geklärt werden. Dem steht nicht entgegen, dass über den zwischen den Beteiligten streitigen Regelungsgegenstand der Mitbestimmung bei der betrieblichen Lohngestaltung betreffend die Tätigkeit der Theaterleiter-Assistenten bereits ein Einigungsstellenverfahren anhängig ist. Unbeschadet dessen, dass die Einigungsstelle über die Frage ihrer Zuständigkeit in eigener Unabhängigkeit zu entscheiden hat, steht es den Betriebspartnern frei, über die Frage des Bestehens eines bestimmten Mitbestimmungsrechtes aus dem Katalog des § 87 Abs. 1 BetrVG vor oder gleichzeitig zu dem Einigungsstellenverfahren eine gerichtliche Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen des streitbefangenen Mitbestimmungsrechtes herbeizuführen.
An der Aktivlegitimation des Betriebsrates bestehen keine Zweifel. Sie ergibt sich aus dem Beschluss der Einigungsstelle vom 16.12.2011 in Verbindung mit dem Betriebsratsbeschluss vom 19.12.2011. Ergänzend wird auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Beschlusses auf Seite 7 der Beschlussgründe verwiesen.
In der zuletzt gestellten Fassung ist der Antrag des Betriebsrates hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO. Er ist geeignet, den Rechtsstreit über das Bestehen des streitbefangenen Mitbestimmungsrechtes verbindlich zu klären. Zu Beginn der Anhörung am 07.12.2012 hat der Betriebsrat klargestellt, dass es ihm nicht darum gehe, unbedingt eine eigene Vergütungsgruppe für die Assistenten der Theaterleitung zu etablieren. Entscheidend komme es dem Betriebsrat darauf an, die Vergütung der Theaterleitungsassistenten in das bereits bestehende betriebliche Vergütungssystem zu integrieren und dabei einen angemessen Abstand zu den anderen Vergütungsgruppen herzustellen. Sofern es in der arbeitgeberseitigen Praxis bislang noch keine Entgeltgrundsätze für die Assistenten der Theaterleitung gebe, so ziele der Betriebsrat darauf ab, diese im Rahmen des ihm zustehenden Initiativrechtes zu etablieren. Das Bestehen eines entsprechenden Initiativrechtes wird vom Arbeitgeber bestritten. In der zuletzt gestellten Fassung ist der Antrag des Betriebsrates geeignet, diesen Streit zu klären.
2. Der Antrag des Betriebsrates ist begründet, weil die von ihm zur Mitbestimmung reklamierte Angelegenheit einen kollektiven Bezug aufweist, bislang Vergütungsgrundsätze für die Assistenten der Theaterleitung nicht existieren, dem Betriebsrat in dieser Frage ein Mitbestimmungsrecht einschließlich eines Initiativrecht zusteht und das Anliegen des Betriebsrates auch nicht darauf zielt, die absolute Entgelthöhe der Theaterleitungsassistenten zu fixieren.
a) Die meisten in § 87 Abs. 1 BetrVG genannten Angelegenheiten haben einen kollektiven Bezug. Sie geben dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht in kollektiven Angelegenheiten, nicht in Einzelfällen. Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ist, ob es sich inhaltlich um generelle Regelungen handelt oder es um Maßnahmen und Entscheidungen geht, die nur einen Arbeitnehmer betreffen, weil es um dessen besondere Situation oder dessen Wünsche geht, also ausschließlich einzelfallbezogen sind. Unter Maßnahmen mit kollektivem Tatbestand sind alle Fälle zu verstehen, die sich abstrakt auf den ganzen Betrieb oder eine Gruppe von Arbeitnehmern oder einen Arbeitsplatz (nicht auf einen Arbeitnehmer persönlich) beziehen. Dementsprechend sind nur solche Vereinbarungen mitbestimmungsfrei, die ausschließlich den individuellen Besonderheiten einzelner Arbeitsverhältnisse Rechnung tragen und deren Auswirkungen sich auf dieses Arbeitsverhältnis, diesen Arbeitnehmer beschränken. Ob Maßnahmen und Entscheidungen des Arbeitgebers einen kollektiven Bezug haben, richtet sich aber nicht nach der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer. Diese kann nur ein Indiz sein; entscheidend ist der Inhalt der Maßnahme (Fitting BetrVG 26. Aufl., § 87 Rn. 16 f.).
Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei der Einführung von Entgeltgrundsätzen für Assistentinnen und Assistenten der Theaterleitung um einen kollektiven Tatbestand. Das Mitbestimmungsbegehren bezieht sich nicht auf die der im Anhörungstermin anwesenden Theaterleitungsassistentin H. individuell gezahlte Vergütung, sondern generell auf den Arbeitsplatz der Theaterleitungsassistenten, der nach abstrakt generellen Kriterien beschrieben ist bzw. beschreiben werden kann. Die von der laufenden Einigungsstelle zu findende Regelung hätte Gültigkeit auch für künftige Neueinstellungen oder Beförderungen auf die Position des Theaterleitungsassistenten. Die streitbefangene Mitbestimmungsmaterie wird nicht dadurch zur individuellen Einzelmaßnahme, dass der Arbeitgeber bislang die Vergütung individualisiert bestimmt hat. Entscheidend ist, dass das vom Betriebsrat geltend gemachte Mitbestimmungsbegehren darauf abzielt, abstrakt-generell für die Gruppe der Theaterleitungsassistenten eine angemessene Vergütungsstruktur zu entwickeln.
b) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht umfasst die Einführung von Entlohnungsgrundsätzen und deren Änderung durch den Arbeitgeber. Entlohnungsgrundsätze sind die abstrakt-generellen Grundsätze zur Lohnfindung. Sie bestimmen das System, nach welchem das Arbeitsentgelt für die Belegschaft oder Teile der Belegschaft ermittelt oder bemessen werden. Zu den mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregeln gehören der Aufbau von Vergütungsgruppen und die Festlegung der Vergütungsgruppenmerkmale. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG umfasst daher die inhaltliche Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen (BAG 18.10.2011, 1 ABR 25/10, NZA 2012, 392 bis 396, Rn. 17).
Genau darum geht es im vorliegenden Fall: Der Betriebsrat möchte bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Entgeltgruppe für die Assistentinnen und Assistenten der Theaterleitung beteiligt werden und mit dem Arbeitgeber abstrakte Festsetzungen der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen in Bezug auf die anderen Mitarbeitergruppen erreichen. Das vom Betriebsrat geltend gemachte Mitbestimmungsrecht betrifft den Kern dessen was mit § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geregelt ist.
c) Das im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Mitbestimmungsbegehren des Betriebsrates verstößt nicht gegen den Einleitungssatz des § 87 Abs. 1 BetrVG oder gegen einen zu beachtenden Tarifvertrag. Unstreitig ist der Arbeitgeber einem Tarifvertrag nicht unterworfen.
Ist ein Arbeitgeber nicht tarifgebunden, kann er - kollektivrechtlich - das gesamte Volumen der von ihm für die Vergütung der Arbeitnehmer bereitgestellten Mittel mitbestimmungsfrei festlegen und für die Zukunft ändern. Mangels Tarifbindung leistet er in diesem Fall sämtliche Vergütungsbestandteile "freiwillig", d. h. ohne hierzu normativ verpflichtet zu sein. Solange er die Arbeit überhaupt vergütet, hat der nicht tarifgebundene Arbeitgeber die "freiwilligen" Leistungen nicht gänzlich eingestellt. Bei einer Absenkung oder sonstigen Vergütung hat der Arbeitgeber damit - weil keine tarifliche Vergütungsordnung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbsatz BetrVG ausschließt - die bisher geltenden Entlohnungsgrundsätze auch bezüglich des verbleibenden Vergütungsvolumens zu beachten und im Falle ihrer Änderung die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber Teile der Vergütung den Arbeitnehmern individualvertraglich schuldet (BAG 26.08.2008, 1 AZR 354/07, NZA 2008, 1426 [1429] [BAG 26.08.2008 - 1 AZR 354/07], Rn. 21). Grundsätzlich reicht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates im Rahmen des § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG in solchen Betrieben weiter, in denen eine Tarifbindung des Arbeitgebers nicht besteht. Die Beteiligung des Betriebsrates in diesem Bereich soll den Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Unternehmens orientierten Lohngestaltung schützen. Es geht um die Angemessenheit und Durchsichtigkeit des innerbetrieblichen Lohngefüges. Die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit soll durch die Mitbestimmung des Betriebsrates gewährleistet werden (BAG 21.08.1990, 1 ABR 72/89, NZA 1991, 434 f., Rn. 16). Im vorliegenden Fall besteht hier bezüglich der Entgeltgerechtigkeit für die Assistenten der Theaterleitung erkennbar Handlungsbedarf.
d) Diese Lücke im Entgeltgefüge kann nicht deshalb bestehen bleiben, weil sich der Arbeitgeber weigert, sie mit einer systematischen Regelung zu schließen. Hier besteht ein Initiativrecht des Betriebsrates, von welchem er vorliegend Gebrauch macht.
Bereits mit Beschluss vom 08.08.1989 hat der 1. Senat des Bundesarbeitsgerichts (1 ABR 62/88, AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Initiativrecht) entschieden, dass das Initiativrecht des Betriebsrates auch im Rahmen des Mitbestimmungsrechtes von § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG besteht. In dieser Entscheidung betont das Bundesarbeitsgericht das Recht des Betriebsrates, zur Herbeiführung einer entsprechenden Regelung oder zur Änderung einer bereits bestehenden Regelung initiativ zu werden, sofern das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht bereits verbraucht ist (aaO. Rn. 22). Dass das Bundesarbeitsgericht im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ein Initiativrecht des Betriebsrates anerkennt, ergibt sich auch aus dem Beschluss vom 12.12.2006 (1 ABR 38/05, AP Nr. 27 zu § 1 BetrVG 1972 Gemeinsamer Betrieb) welchem zu entnehmen ist, dass der Betriebsrat vor der Etablierung von Entgeltgrundsätzen zwar keine Eingruppierung im Sinne von § 99 BetrVG verlangen kann, er jedoch von seinem Initiativrecht Gebrauch machen kann, um eine entsprechende Vergütungsstruktur zu schaffen (aaO. Rn. 26).
Für den vorliegenden Fall kann daher zu Gunsten des Arbeitgebers davon ausgegangen werden, dass bislang Entgeltgrundsätze für die Vergütung der Assistentinnen und Assistenten der Theaterleitung nicht bestehen. Der Betriebsrat macht indes von seinem Recht Gebrauch, dies zu ändern.
e) Mit den bislang vom Betriebsrat vorgelegten Verhandlungsentwürfen für die Eingruppierungsstruktur der Theaterleitungsassistenten zielt der Betriebsrat auch nicht auf eine nicht der Mitbestimmung unterliegende absolute Entgelthöhe für die Theaterleitungsassistenten. Entsprechende Euro-Beträge sind in den Verhandlungsansätzen des Betriebsrates nicht enthalten.
Gegenstand des Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG ist nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgeltes. Der Mitbestimmung steht es allerdings nicht entgegen, wenn durch die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen mittelbar auch die Höhe der Vergütung festgelegt wird. Eine solche Wirkung kann mit der Regelung von Entlohnungsgrundsätzen untrennbar verbunden sein (Urteil des BAG vom 22.06.2010, 1 AZR 853/08, NZA 2010, 1243 f., Rn. 21).
f) Der Arbeitgeber kann im vorliegenden Verfahren nicht damit gehört werden, dass die Vergütungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte mitbestimmungsfrei seien. Zum einen entspricht dies nicht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur Beschluss vom 23.03.2010, 1 ABR 82/08, AP Nr. 135 zu § 87 BetrVG 1972), zum anderen kann in einem Betrieb, in welchem ein Tarifvertrag nicht gilt, von "außertariflichen" Angestellten ohnehin nicht die Rede sein.
3. Einer Kostenentscheidung bedarf es mit Rücksicht auf die in § 2 Abs. 2 GKG geregelte Kostenfreiheit für das Beschlussverfahren nicht.
Anlass für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 92, 72 ArbGG besteht nicht, da die von den Beteiligten zur Klärung vorgelegte Frage aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts heraus beantwortbar ist.