Sozialgericht Lüneburg
Urt. v. 20.05.2010, Az.: S 22 SO 62/09
Ersatzfähigkeit der Aufwendungen für einen Integrationshelfer i.R.v. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII); Eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung als eine angemessene Schulbildung; Leistungen der Eingliederungshilfe als zum Kernbereich der pädagogischen Tätigkeit eines Lehrers gehörend
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 20.05.2010
- Aktenzeichen
- S 22 SO 62/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 33153
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2010:0520.S22SO62.09.0A
Rechtsgrundlagen
- § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII
- § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII
- § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX
- § 26 SGB IX
- § 33 SGB IX
- § 41 SGB IX
- § 55 SGB IX
- § 1 EinglHVO
- § 12 Nr. 2 EinglHVO
Tenor:
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 20. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2009 verurteilt, dem Kläger im Rahmen der Eingliederungshilfe die Aufwendungen für einen Integrationshelfer für die Zeit 01. Oktober 2008 bis 30. Juni 2009 im Umfang von 23,5 Wochenstunden in Höhe von 5.292,36 Euro zu übernehmen. Der Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger erstrebt aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII die Übernah-me der Aufwendungen für einen Integrationshelfer für die Zeit vom 01. Oktober 2008 bis 30. Juni 2009 im Umfang von 23,5 Wochenstunden in Höhe von 5.292,36 Euro.
Der I. geborene Kläger ist mit einem Grad der Behinderung von 100 schwer behindert, und sein Schwerbehindertenausweis weist die Merkzeichen B, G und H auf. Er leidet an Spinabifida, einem ventilversorgten Hydrocephalus, einer motorischen Entwicklungsverzögerung sowie einer neurogenen Blasen- und Darmentleerungsstörung. Diese Erkrankungen haben als Symptome Tagesmüdigkeit, Störungen der Konzentrationsfähigkeit, des Lernens und der Gedächtnisleistung zur Folge. Darüber hinaus geht damit einher eine Störung der Feinmotorik, der Kraftanstrengung und des Gleichgewichtsempfindens. Er trägt an beiden Beinen Orthesen und ist zeitweilig auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen. Er leidet auch an Inkontinenz und trägt Windeln.
Der Kläger erhielt zunächst Frühförderung und besuchte die I-Gruppe des AWO-Kindergartens. Im Jahre J. wurde er in die Grundschule K. eingeschult.
Im ersten Schuljahr umfasst die Unterrichtszeit montags bis donnerstags die Zeit von 08.00 bis 13.00 Uhr und freitags die Zeit von 08.00 bis 11.30 Uhr. Die Schule verfügt über kein Behinderten-WC, so dass der Kläger bei Toilettengängen der Begleitung bedarf. Der Kläger ist der einzige körperbehinderte Schüler in der 19-köpfigen Schulklasse. Die Klassen und die Turnhalle liegen ebenerdig.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2008 (Bl. 132 bis 133 der Gerichtsakte) bewilligte der Beklagte die Aufwendungen für einen Zivildienstleistenden im Rahmen der Eingliederungshilfe im Umfang von 20 Wochenstunden für die Zeit bis zu den Herbstferien.
Am 01. Oktober 2008 nahm der Ärztliche Dienst des Beklagten eine Hospitation vor (Bl. 115 bis 117 der Verwaltungsakte), welche in der ersten und zweiten Schulstunde stattfand. In der ersten Stunde, bei der es sich um Sportunterricht handelte, benötigte der Kläger Hilfe beim Umziehen und verschiedenen Aufgaben, wobei er besondere Aufgaben erhielt. Nach Auskunft der Lehrer benötige er mehr Zeit für Malen und Schreiben. Der Schulbegleiter hilft beim Umziehen und Toilettengang.
Mit Bescheid vom 20. Oktober 2008 (Bl. 37 bis 38 der Verwaltungsakte) bewilligte der Beklagte im Rahmen der Eingliederungshilfe eine Schulbegleitung durch einen Zivildienstleistenden im Umfang von 12 Wochenstunden für die Zeit vom 27. Oktober 2008 bis 31. Oktober 2009.
In der Folgezeit beschäftigte der Kläger auf eigene Kosten einen Integrationshelfer für wöchentlich 23,5 Stunden.
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 13. November 2008 Widerspruch ein (Bl. 120 der Verwaltungsakte), welchen er damit begründete, dass ständig Sturzgefahr aufgrund der Erkrankungen bestehe. Mit der bewilligten Stundenzahl sei der Hilfebedarf nicht abgedeckt. Die Begutachtung basiere lediglich auf einem Kurzbesuch. Hinsichtlich der Konzentration und des Antriebes bedürfe es einer ständigen Unterstützung.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2009 zurück (Bl. 162 bis 166 der Verwaltungsakte) und begründete dies im Wesentlichen folgendermaßen:
Für Ausflüge sei eine Schulbegleitung bewilligt worden. Der Kläger sei während des Sportunterrichtes nicht gestürzt, obgleich er einen paretischen Gang habe. Ein Windelwechsel innerhalb von vier Stunden sei ausreichend und bei Kleinkindern üblich.
Dagegen hat der Kläger am 17. April 2009 Klage erhoben.
Er trägt vor:
Es komme krankheitsbedingt zu schwankenden Tagesformen, so dass am späten Vor-mittag regelmäßig ein Leistungsabfall zu beobachten sei. Er sitze auf einem besonderen Stuhl und könne daher herab fallende Gegenstände nicht auffangen. Wegen der Verlangsamung bei Verrichtungen wie zum Beispiel An- und Auskleiden oder Verlassen der Klasse bedürfe er einer Intensivförderung. Wegen der Sturzgefahr sei eine ständige Anwesenheit des Integrationshelfers erforderlich. Es sei unzumutbar, die Windel erst nach Ablauf von vier Stunden zu wechseln. Der Kläger müsse aufgrund der Erkrankung regelmäßig zum Trinken angehalten werden. Ferner liege ein pathologisches EEG mit epilepsietypischem Potential vor. Der Kläger bedürfe während des gesamten Unterrichtes der Betreuung.
Zwischenzeitlich hat der Ärztliche Dienst des Beklagten am 23. September 2009 eine erneute Hospitation durchgeführt (Bl. 62 bis 64 der Verwaltungsakte). Demnach sei eine Unterstützung ab 10.00 Uhr erforderlich. Der Bedarf betrage 14 Wochenstunden.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 20. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2009 zu verurteilen, dem Kläger im Rahmen der Eingliederungshilfe die Aufwendungen für einen Integrationshelfer für die Zeit vom 01. Oktober 2008 bis 30. Juni 2009 im Umfang von 23,5 Wochenstunden in Höhe von 5.292,36 Euro zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt unter Bezugnahme auf die erlassenen Bescheide vor.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin L. M. und des Zeugen N. O. zur Frage der Unterstützung des Klägers im ersten Schuljahr.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 20. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2009 erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten.
Streitgegenständlich ist grundsätzlich der Zeitraum, welcher in den angegriffenen Bescheiden geregelt wurde. Vorliegend hat der Kläger den Zeitraum zulässigerweise auf die Zeit vom 01. Oktober 2008 bis 30. Juni 2009 begrenzt. (vgl. Urteile des Bundessozialgerichtes vom 11. Dezember 2008 - B 8/9b SO 12/06 R -).
Rechtsgrundlage der angegriffenen Bescheide sind §§ 53, 54 SGB XII.
Nach § 53 Absatz 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.
Gemäß § 54 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu.
Nach § 12 Nr. 2 Eingliederungshilfe-Verordnung umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch Maßnahmen der Schulbildung zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu ermöglichen.
Der Kläger ist unstreitig wesentlich behindert im Sinne von § 2 Absatz 1 SGB IX, wobei es sich um eine wesentliche körperliche Behinderung gemäß § 1 Eingliederungshilfe-Verordnung handelt.
Die Aufwendungen für einen Integrationshelfer können grundsätzlich im Rahmen von § 54 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII übernommen werden, sofern der Schulträger nach Landesrecht nicht vorrangig verpflichtet ist (vgl. LPK/SGB XII/Bieritz-Harder, § 54, Rd. 53; Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, Kommentar zum SGB XII, § 53, Rd. 71). Der Sozialhilfeträger ist an die Entscheidung des Schulträgers, ein Kind auf einer regulären Schule zu unterrichten, gebunden (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. Oktober 2007 - 5 C 34.06 und 35.06 -).
Vorliegend ist der Sozialhilfeträger grundsätzlich zuständig.
Darüber hinaus sind die Leistungsvoraussetzungen für einen Integrationshelfer im Umfang von 23,5 Wochenstunden im streitigen Zeitraum erfüllt.
Unter einer angemessenen Schulbildung ist als eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung zu verstehen (vgl. Urteil des Landessozialgerichtes Schleswig-Holstein vom 06. Oktober 2008 - L 9 SO 8/08 -).
Bei Leistungen der Eingliederungshilfe handelt es sich nicht um Tätigkeiten, die zum Kernbereich der pädagogischen Tätigkeit eines Lehrers gehören, sondern um eine solche der ständigen Beaufsichtigung zur Vermeidung einer Selbstgefährdung und der Hilfe bei alltäglichen Verrichtungen (vgl. Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg vom 28. Juni 2007 - L 7 SO 414/07 -).
Die beanspruchte Hilfe muss erforderlich und geeignet sein, um die Ziele der Eingliederungshilfe zu erreichen (vgl. Beschluss des Thüringer Landessozialgerichtes vom 30. September 2008 - L 8 SO 801/08 ER -; Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichtes vom 24. Juli 2006 - L 3 B 81/06 SO-ER -).
Die Kammer geht vorliegend von der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Unterstützung durch einen Integrationshelfer aus, wie sich aus dem Ergebnis der Beweilsaufnahme ergibt.
Auch den Unterstützungsbedarf für 23,5 Wochenstunden im streitigen Zeitraum hat der Kläger nachgewiesen.
Die Kammer ist der Überzeugung, dass der Kläger während des gesamten Schulbesuches im ersten Schuljahr der Unterstützung durch einen Integrationshelfer bedurfte. Dies ergibt sich sowohl aus dessen Einlassungen als auch aus den weitgehend übereinstimmenden und widerspruchsfreien Aussagen der Zeugen M. und O ...
Die Zeugin M. war in der Lage, den Unterstützungsbedarf einzuschätzen, weil sie den Kläger mehr als die Hälfte der Unterrichtsstunden unterrichtete. Gleiches gilt für den Zeugen O., der ihn ständig als Integrationshelfer begleitete.
Das pädagogische Konzept der Grundschule erforderte ein hohes Maß an selbständiger Arbeit. So mussten sich die Schüler die Materialien innerhalb des Klassenraumes selbst beschaffen und eigenständig arbeiten. Es ist nachvollziehbar und naheliegend, dass der Kläger in diesem Kontext stets über die gesamte Unterrichtszeit einer Unterstützung bedurfte bzw. ein Integrationshelfer permanent bereit stehen musste, um Hilfe zu leisten. Aufgrund der unstreitigen erheblichen körperlichen Behinderung war das Verhalten des Klägers verlangsamt. Er war nicht in der Lage, allein und selbständig sich die Materialien im Klassenraum zu beschaffen bzw. an der Schauwand Ergebnisse einzutragen. Gerade die Zeugin M. schilderte, dass es zwingend erforderlich war, dass ihm Wege im Klassenraum abgenommen wurden, da er sonst dem Unterricht nicht hätte adäquat folgen können. Gleiches galt, wenn er Gegenstände fallen ließ. Der Zeuge O. erklärte, dass aufgrund der baulichen Gegebenheiten mit dem hohen Pult und dem Spezialstuhl ein Aufheben der Gegenstände nur erschwert und erheblich verlangsamt möglich gewesen wäre. Um eine Ablenkung zu vermeiden, habe der Zeuge dann eingegriffen. Zu diesem Zwecke war aber naturgemäß ständige Anwesenheit und Beobachtung erforderlich. Es war nicht möglich, den Integrationshelfer phasenweise herbeizurufen und hinzuzuziehen. Dies war bereits aus allein praktischen Gründen unmöglich. Hinzu tritt, dass die Zeugin M. bei der Klassenstärke von 19 Schülern objektiv nicht in der Lage war, den Kläger ständig zu beobachten und dann Hilfe anzufordern, welche erst wesentlich später (nach Anfahrt des Integrationshelfers) hätte erfolgen können.
Die Hilfebedürftigkeit des Klägers wird auch durch Erteilung des Merkzeichens H gestützt, woraus sich ergibt, dass er im Grunde ständig der Hilfe von Betreuungspersonen bedurfte.
Darüber hinaus schilderten die Zeugen übereinstimmend, dass der Kläger während des ersten Schuljahres erheblichen Konzentrationsschwankungen ausgesetzt war. Dies wird auch objektiviert durch die festgestellten medizinischen Befunde. So nahm vor allem zum Ende des Vormittags die Konzentration ab. Der Zeuge musste den Kläger, welcher übereinstimmend als leicht ablenkbar beschrieben wurde, dann regelmäßig zur Konzentration anhalten. Die Zeugin M. wäre als Klassenlehrerin von 19 Schülern im Übrigen überfordert gewesen, wenn der Kläger nicht durch den Integrationshelfer unterstützt worden wäre. Eine Intensivbetreuung und eine Übernahme von Aufgaben des Klägers wären aufgrund der Klassenstärke nicht möglich gewesen. Ohne den Integrationshelfer wäre eine Beschulung an dieser Schule nicht möglich gewesen.
Ferner war der Kläger aufgrund der Erkrankung darauf angewiesen, regelmäßig zu trinken. Dazu musste ihn der Zeuge O. anhalten. Dies stellte eine klassische Aufgabe der Eingliederungshilfe dar, welche nicht von der Zeugin M. zu erledigen war bzw. nicht hätte erledigt werden können.
Auch während der Sportstunden war der Hilfebedarf des Klägers evident. Dieser beschränkte sich keineswegs auf das An- und Auskleiden, sondern auch auf einen Teil der Aufsicht während der Stunden. Aufgrund der Sturzgefahr, der Störung des Gleichgewichtsempfindens und der motorischen Unsicherheiten war eine ständige Aufsicht notwendig. Hinzu trat das epilepsietypische Potential, welches attestiert wurde. Insoweit ist die Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes ungenau, weil die Hilfe sich nicht lediglich auf das An- und Auskleiden beschränkte. Es entspricht nicht den Tatsachen, dass der Integrationshelfer während des übrigen Verlaufes der Sportstunde keine Aufgaben zu verrichten hatte. Vielmehr war es so, dass Phasen der Beobachtung und der aktiven Unterstützung im Verlauf der Stunden sich abwechselten.
Die Notwendigkeit eines ständigen Einsatzes eines Integrationshelfers ergibt sich aus der Tatsache, dass der Kläger nicht in der Lage war, die Toilette selbständig und ohne Hilfe bei den Verrichtungen aufzusuchen. Die Möglichkeit der Notwendigkeit eines Toilettenganges bestand naturgemäß während des gesamten Vormittags. Zu diesem Zweck musste der Integrationshelfer die gesamte Zeit bereit stehen. Es hätte nicht genügt, ihn erst ab 10.00 Uhr hinzuzuziehen, zumal auch der übrige Hilfebedarf im Unterricht bereits vor 08.00 Uhr bestand. Das Abwarten eines Zeitraums von zwei Stunden unter Umständen mit gefüllter Windel wäre dem Kläger in keinem Fall zumutbar gewesen, wenn man insbesondere die Geruchsentwicklung berücksichtigt. Dies hätte einer Ausgrenzung des Klägers aus der Klassengemeinschaft Vorschub geleistet. Zu der Begleitung bei den Toilettengängen durch den Integrationshelfer bestand auch keine Alternative, da eine Übernahme dieser Aufgabe durch die Zeugin M. zum einen nicht deren (pädagogischen) Aufgabenbereich entsprochen hätte. Zum anderen wäre ihr dies nicht zumutbar gewesen.
Die Zeugin M. hat nachvollziehbar und gestützt durch ihre langjährige pädagogische Erfahrung geschildert, dass der Kläger längere Zeit benötigt hat, sich an neue Strukturen zu gewöhnen. Aufgrund der Verlangsamung habe er zudem längere Zeit benötigt, um das Lesen zu erlernen. Er habe deswegen insgesamt im ersten Schuljahr eines ruhenden Poles, wie dem vertrauten Integrationshelfer, bedurft, um trotz seiner Behinderung Vertrauen in der Klassengemeinschaft zu gewinnen.
Der Hilfebedarf bestand somit während der vollen Unterrichtszeit im ersten Schuljahr. Eine Eingrenzung auf bestimmte Zeiten ist nicht möglich, weil der Integrationshelfer ständig bereit stehen musste, um im Unterricht einzugreifen, zu helfen oder einen Toilettengang zu unternehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Absatz 1 SGG.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
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