Sozialgericht Lüneburg
Beschl. v. 30.03.2010, Az.: S 48 AS 137/10 ER
Bestimmung der Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Zusammenhang mit der Gewährung von Krankengeld im Krankheitsfall
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 30.03.2010
- Aktenzeichen
- S 48 AS 137/10 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 34212
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGLUENE:2010:0330.S48AS137.10ER.0A
Rechtsgrundlagen
- § 86b Abs. 2 S. 2 SGG
- § 11 SGB II
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 12. März 2010 wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Der 1950 geborene Antragsteller bezieht seit Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Anrechnung von Nebeneinkünften. Für die Zeit vom 1. August 2009 bis 31. Januar 2010 bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 9. Juli 2009 Leistungen in Höhe von 340,20 EUR. Dabei berücksichtigte sie von dem erzielten Nettoentgelt von 633,80 EUR unter Abzug des Freibetrages ein anrechenbares Einkommen von 393,80 EUR.
Seit 24. November 2009 bezieht der Antragsteller Krankengeld in Höhe von monatlich 489,60. Daraufhin setzte die Antragsgegnerin mit Änderungsbescheid vom 28. Januar 2010 die Leistungen ab Dezember 2009 bis 31. Januar 2010 auf monatlich 274,40 EUR herab. Nunmehr rechnete sie das Krankengeld unter Abzug der Versicherungspauschale von 30,- EUR, also 459,60 EUR an. Mit Bescheid vom gleichen Tage bewilligte sie Leistungen für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2010 in gleicher Höhe weiter. Gegen den (?) Bescheid vom 28. Januar 2010 legte der Antragsteller Widerspruch ein, weil er es als unsozial empfindet, dass er weniger zur Verfügung habe als mit seinem Arbeitseinkommen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 zurückgewiesen. Eine Klage hat der Antragsteller trotz Hinweis des Gerichts nicht erhoben.
Er hat am 12. März 2010 den Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Sozialgericht Lüneburg beantragt. Er begehrt weitere 65,80 EUR monatlich. Da er teilweise seine Medikamente selbst bezahlen müsse, könne er seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakte und die Leistungsakte der Antragsgegnerin verweisen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Regelungsanordnung zulässig, der Antrag ist nicht begründet.
Nach der genannten Vorschrift kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Anwendung der Vorschrift setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) voraus, dass der Rechtsschutzsuchende mit Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die begehrte Regelung hat (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Zum einen ist bisher nicht geklärt, gegen welchen Bescheid vom 28. Januar 2010 der Antragsteller Widerspruch eingelegt hat. Da er sich gegen die "Kürzung" wendet, könnte auch der Änderungsbescheid vom 28. Januar 2010 mit dem Widerspruch angefochten sein. Die Antragsgegnerin hat den Widerspruch jedenfalls auf den Bewilligungsbescheid vom 28. Januar 2010 für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2010 bezogen und den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller trotz Nachfrage und Hinweis keine Klage erhoben, sodass kein streitigen Rechtsverhältnis besteht.
Aber auch wenn der nicht vertretene Antragsteller unter dem 12. März 2010 nicht nur einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, sondern auch eine Klage erheben wollte und ggf. Wiedereinsetzung zu gewähren wäre, kann der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg haben.
Die Antragsgegnerin hat die Berechnung der Leistungen im Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 ausführlich erläutert. Die Berechnung entspricht den Regelungen des § 11 SGB II. Hierauf nimmt die Kammer Bezug.
Es ist nicht ersichtlich, dass die Regelungen verfassungswidrig sind. Sie sind daher von den Leistungsträgern und den Gerichten, zumal in einem Eilverfahren, anzuwenden. Das Lohnersatzleistungen niedriger sind als das Arbeitseinkommen ist im Übrigen ein Strukturprinzip. Auch das Krankengeld ist niedriger als das Arbeitsentgelt. Das Existenzminimum wird vorliegend durch das Arbeitslosengeld II und das Krankengeld gesichert.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Die Beschwerde ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 - BGBl. I, S. 444). Vorliegend beträgt der Beschwerdewert keine 750,- EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Beschluss ist damit mit der Beschwerde nicht anfechtbar.