Sozialgericht Lüneburg
v. 21.01.2010, Az.: S 25 AS 2034/08
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 21.01.2010
- Aktenzeichen
- S 25 AS 2034/08
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2010, 47830
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits streiten um die Gewährung einer einmaligen Beihilfe für die Anschaffung eines Gefrierschrankes im Rahmen der Leistungsgewährung nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II).
Die im September 1962 geborene Klägerin bezieht zusammen mit ihrem 1958 geborenen Ehemann - soweit ersichtlich - seit mehreren Jahren Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten.
Mit Schreiben vom 02. Oktober 2008 (Bl. 602 der Verwaltungsvorgänge) beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für einen Gefrierschrank mit der Begründung, dass der jetzige Gefrierschrank kaputt gegangen sei.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2008 (Bl. 604 der Verwaltungsvorgänge) lehnte die Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die beantragte Leistung nicht zu dem in § 20 Abs. 1 SGB II näher erläuterten Begriff des notwendigen Lebensunterhaltes gehöre.
Den hiergegen mit Schreiben vom 31. Oktober 2008 erhobenen Widerspruch (Bl. 611 der Verwaltungsvorgänge) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. Dezember 2008 als unbegründet zurück (Bl. 613 f. der Verwaltungsvorgänge). Zur Begründung führte sie aus, einmalige Leistungen könnten nur unter den Voraussetzungen des § 23 SGB II erbracht werden. Nach § 23 Abs. 3 SGB II seien dies Leistungen für die Erstausstattung für Wohnung, Erstausstattung für Kleidung einschließlich bei Schwangerschaft und Geburt und für mehrtägigen Klassenfahrten. Die von der Klägerin beantragten Leistungen für den Kauf eines Gefrierschrankes seien in diesen Leistungen nicht enthalten. Es handele sich nicht um eine Erstausstattung der Wohnung, sondern um eine Ersatzbeschaffung. Die Gewährung von Leistungen als Beihilfe komme für die Ersatzanschaffung von Haushaltsgeräten nicht in Betracht. Die Mittel für den Kauf eines Gefrierschrankes seien aus der Regelleistung anzusparen.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 06. Dezember 2008 bei dem Sozialgericht Lüneburg Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
Sie beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen (sinngemäß),
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Oktober 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Dezember 2008 zu verurteilen, ihr eine Beihilfe für die Anschaffung eines Gefrierschrankes zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist zur Begründung ihres Antrages auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Die Kammer hat die Beteiligten mit Verfügung vom 14. Januar 2010 zur der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten sowie die die Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Aktenzeichen 25106 BG 0005707) ergänzend Bezug genommen; diese lagen vor und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die die Kammer gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden kann, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidungsform vorher ordnungsgemäß angehört wurden, bleibt erfolglos.
Die Klage ist gemäß § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin ist durch die angegriffenen Entscheidungen nicht beschwert, weil die Verwaltungsentscheidungen rechtmäßig sind (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
Gegenstand der Klage ist allein der Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II). Zwar bildet die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3a) SGB II, so dass grundsätzlich auch der Ehemann in das Verfahren einzubeziehen wäre (vgl. BSGE 97, 217 = Bundessozialgericht, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1, zitiert nach juris). Grund für die Einbeziehung aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft ist einerseits, dass es keinen Anspruch der Bedarfsgemeinschaft als solcher, sondern nur Individualansprüche ihrer Mitglieder gibt, zum anderen die Regelung des § 9 Abs. 2 S. 3 SGB II, wonach jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig gilt, wenn nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt ist. Soweit im Rahmen des Sonderbedarfs nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II eine Ausstattung begehrt wird, die unabhängig vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft auch von einem allein stehenden Hilfebedürftigen beansprucht werden kann, greifen diese Überlegungen nicht. § 23 Abs. 3 SGB II erfordert ein Vorgehen aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft nur für den Fall, dass einer Personenmehrheit weitergehende Ansprüche zustehen können als dem einzelnen Hilfebedürftigen. Das ist bei der Ausstattung mit einem Gefrierschrank nicht der Fall. Der Sonderbedarf an Erstausstattungen für die Wohnung nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II ist zwar anders als die in § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 SGB II genannten Bedarfe nicht personenbezogen (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 23 Rdn. 349). Er kann jedoch jedenfalls dann vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen allein geltend gemacht werden, wenn die Leistung weder dem Grunde nach noch hinsichtlich der Höhe vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft abhängig ist. Streitig ist allein der Anspruch dem Grunde nach. Bei dem Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen handelt es sich auch um einen eigenständigen abtrennbaren Streitgegenstand (vgl. Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 40 Rdn. 119).
Die Beklagte hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf Leistungen nach der allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II nicht zusteht. Nach der genannten Vorschrift werden als von der Regelleistung nicht umfasste einmalige Leistungen Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten (Nr. 1), Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt (Nr. 2) sowie mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen (Nr. 3) gesondert von der Regelleistung erbracht. Nach den Gesetzesmaterialien kommen Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, z. B. nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft in Betracht (vgl. Bundestags-Drucksache 15/1749, S. 33 mit Verweis auf Bundestags-Drucksache 15/1514, S. 60). Daneben können Erstausstattungen für Wohnungen auch im Falle der Erstanmietung einer Wohnung bei Trennung/Scheidung, aufgrund des Auszuges einer Schwangeren aus dem Haushalt der Eltern, bei Zuzug aus dem Ausland oder bei Geburt eines Kindes für die Ausstattung eines Kinderzimmers anzuerkennen sein. Gemeinsam ist den Fallgestaltungen der Erstausstattungen, dass der Betroffene aus bestimmten Gründen seine Wohnungsausstattung oder notwendige Teile einer Wohnungsausstattung verloren hat oder nie innehatte (vgl. hierzu Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. Mai 2006 - L 6 AS 170/06 ER, zitiert nach www.sozialgerichtsbarkeit.de). Das Tatbestandsmerkmal der „Erstausstattung der Wohnung“ ist dabei nicht zeitlich, sondern bedarfsbezogen zu interpretieren. In Abgrenzung zu dem Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der aus der Regelleistung zu bestreiten ist, kommt eine Erstausstattung im Sinne einer neuen Ausstattung des Hilfebedürftigen mit Möbeln und Haushaltsgeräten indes nur dann in Betracht, wenn der Antragsteller nachweist, dass er - regelmäßig im Zusammenhang mit den in den Gesetzesmaterialien genannten und gleichzustellenden besonderen Ereignissen - über die notwendigen Ausstattungsgegenstände bisher nicht oder nicht mehr verfügt. Dies kann etwa der Fall sein, wenn in der bisherigen Wohnung ein Herd (Kochmöglichkeit) sowie eine Ausgussmöglichkeit (Spüle) von dem Vermieter zu stellen waren oder in einer alten Wohnung keine Gardinen benötigt wurden bzw. vorhandene Gardinen nicht weiter verwendet werden können. In diesen Fallgestaltungen tritt ein Bedarf erstmalig auf und ist - anders als bei einer Ersatzbeschaffung - nicht von der Regelleistung umfasst. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den begehrten Leistungen für die Anschaffung eines Gefrierschrankes um eine - von den Regelleistungen umfasste - Leistung für eine Ersatzbeschaffung handelt, da die Kläger bislang über einen Gefrierschrank verfügten, den sie insbesondere nicht plötzlich verloren oder nie innegehabt haben, sondern der inzwischen verschlissen ist und einer Erneuerung bedarf. Dies ist geradezu der klassische Fall eines Ersatzbeschaffungsbedarfes, der nach dem Willen des Gesetzgebers nicht unter § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II fallen kann.
Wenn danach eine Leistungsgewährung auf der Grundlage des § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II ausscheidet, kommt schließlich auch eine Leistungsgewährung gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 SGB II nicht in Betracht, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass die Klägerin die von der genannten Vorschrift geregelte Rechtsfolge - Gewährung eines rückzahlbaren Darlehens (vgl. § 23 Abs. 1 S. 3 SGB II) - begehrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis der Hauptsache, in der die Kläger vollumfänglich unterlagen.
Weil der begehrte Leistungsbetrag für die Anschaffung eines Gefrierschrankes ersichtlich die Berufungssumme in Höhe eines Betrages von 750,00 € unterschreitet und wiederkehrende oder laufende Leistungen von mehr als einem Jahr nicht im Streit stehen, bedarf es der ausdrücklichen Zulassung der Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 SGG). Mangels Vorliegen von Berufungszulassungsgründen hatte die Kammer indes keinen Anlass, die Berufung zuzulassen (§ 144 Abs. 2 SGG).