Sozialgericht Lüneburg
v. 28.04.2010, Az.: S 38 R 354/08
Bibliographie
- Gericht
- SG Lüneburg
- Datum
- 28.04.2010
- Aktenzeichen
- S 38 R 354/08
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2010, 47841
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 12. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 2008 wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Altersrente nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI).
Die Ehe des im September 1946 geborenen Klägers mit der im Juli 1949 geborenen Frau D., geb. E. (Ausgleichsberechtigte), wurde durch Urteil des Amtsgerichts F. am 24. Januar 1986 geschieden. Im Rahmen der darin getroffenen Entscheidung zum Versorgungsausgleich wurden von dem Versicherungskonto des Klägers auf das Versicherungskonto der Ausgleichsberechtigten bezogen auf die Ehezeit vom 01. Dezember 1967 bis zum 30. Juni 1982 Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 253,40 DM übertragen. Diese Entscheidung ist am 04. März 1986 rechtskräftig geworden.
Auf seinen Antrag vom 06. Juni 2006 mit dem er die Frage, ob er seiner geschiedenen Ehefrau Unterhalt zahle, verneint und mit dem er auf entsprechendes Verlangen im Antragsformular Unterhaltstitel bzw. Unterhaltsvereinbarungen nicht vorgelegt hatte, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 02. August 2006 beginnend ab dem 01. Oktober 2006 Altersrente für schwerbehinderte Menschen aufgrund der nach Kürzung um die durch Versorgungsausgleich übertragenen Rentenanwartschaften (8,4120 Entgeltpunkte) verbliebenen persönlichen Entgeltpunkte.
Am 12. September 2007 wandte sich der Kläger im Rahmen einer persönlichen Vorsprache an die Beklagte und beantragte „die Rückübertragung des Versorgungsausgleiches“. Mit Bescheid vom 12. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers unter Bezugnahme auf § 4 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) ab. Den dagegen am 18. Oktober 2007 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. Juli 2008 zurück. Darin ist ausgeführt, weder die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1, noch die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) lägen vor, so dass eine ungekürzte Rentenauszahlung nicht erfolgen könne. Daher sei die Rente des Klägers um die ermittelten Entgeltpunkte zu kürzen gewesen.
Hiergegen hat der Kläger bei der Beklagten mit Schreiben vom 17. Juli 2008 Klage erhoben, die diese mit Schriftsatz vom 15. August 2008 an das Sozialgericht Lüneburg weitergeleitet hat. Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und führt zur Begründung im Wesentlichen aus, es könne nicht sein, dass die Beklagte sich bis zum Eintritt der Rente seiner geschiedenen Ehefrau jährlich etwa 3.000,00 € in die Tasche stecke, die eigentlich ihm zustünden, zumal seine Ehefrau selbst noch gar keine Rente beziehe.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen (sinngemäß),
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 12. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 2008 zu verurteilen, ihm ab dem 01. Oktober 2006 Altersrente für schwerbehinderte Menschen ohne Kürzung aufgrund der für die Ehezeit vom 01. Dezember 1967 bis zum 30. Juni 1982 im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragenen Rentenanwartschaften nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages bezieht sie sich im Wesentlichen auf ihre bereits in den angegriffenen verwaltungsbehördlichen Entscheidungen dargestellte Rechtsauffassung.
Die Kammer hat die Beteiligten mit Verfügung vom 09. April 2010 zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselte Korrespondenz, die Prozessakte und die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten zum Aktenzeichen 10260946K050 ergänzend Bezug genommen. Diese Unterlagen lagen vor und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg und war daher abzuweisen.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage, über die die Kammer gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden kann, weil die Sache keine besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidungsform vorher ordnungsgemäß angehört wurden, ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, der Kläger ist durch diese nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
Zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen sieht die Kammer gemäß § 136 Abs. 3 SGG von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 09. Juli 2008, die sie sich zu Eigen macht.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend als Härtefallbestimmung, die entsprechend dem Begehren des Klägers eine Kürzung seiner Versorgung aufgrund des Versorgungsausgleichs ausschließen würde, allein der in den angegriffenen verwaltungsbehördlichen Entscheidungen auch geprüfte § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) in Betracht kommt. Diese Härtefallregelung greift aber hier schon deshalb nicht ein, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass, wie in dieser vorausgesetzt, die Ausgleichsberechtigte gegen den Kläger einen Unterhaltsanspruch hat oder nur deshalb nicht hat, weil der Kläger zur Unterhaltsleistung wegen der auf dem Versorgungsausgleich beruhenden Kürzung seiner Versorgung außerstande ist. Der Kläger hat in seinem Rentenantrag angegeben, an die Ausgleichsberechtigte keinen Unterhalt zu zahlen. Trotz entsprechender Aufforderung im Antragsformular hat er auch keine Unterhaltstitel oder Unterhaltsvereinbarungen zugunsten der Ausgleichsberechtigten vorgelegt. Einen Unterhaltsauschluss wegen mangelnder Leistungsfähigkeit aufgrund des Versorgungsausgleichs hat der Kläger ebenfalls nicht dargetan.
Im Übrigen stellt die hier maßgebliche Vorschrift des § 5 Abs 1 VAHRG - entgegen der Auffassung des Klägers - allein auf das tatsächliche Bestehen einer gesetzlichen Unterhaltspflicht ab; nur dann kann es zu einer Härte kommen, wie sie das Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vermeiden will. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Regelung. Der Gesetzgeber entsprach mit der Schaffung des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 28. Februar 1980 (BVerfGE 53, 257 = SozR 7610 § 1587 Nr. 1). Das Bundesverfassungsgericht hatte den Versorgungsausgleich zwischen geschiedenen Ehegatten nach den §§ 1587 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) prinzipiell als mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärt und die Kürzung der Rente des Ausgleichsverpflichteten infolge des durchgeführten Versorgungsausgleichs im Regelfalle auch dann für zulässig erachtet, wenn dem Ausgleichsberechtigten (noch) keine eigene Rente unter Berücksichtigung der übertragenen Anwartschaft gezahlt wird (vgl. hierzu auch: Bundessozialgericht, Urteil vom 14. Januar 1986, BSGE 59, 246 [BSG 14.01.1986 - 5a RKn 24/84] = SozR 5795 § 5 Nr. 1 und Urteil vom 08. Dezember 1988, SozR 2200 § 1304a Nr. 15 m. w. N.). Es hatte jedoch eine ergänzende Härteregelung für die Fälle gefordert, in denen es zu einer als verfassungswidrig angesehenen Doppelbelastung des Ausgleichsverpflichteten durch die Rentenminderung einerseits und eine weiterbestehende, tatsächlich belastende und die Lebensführung weiter einschränkende Unterhaltspflicht andererseits gekommen ist (BVerfGE 53, 257, 302 ff. [BVerfG 28.02.1980 - 1 BvL 17/77]). Der Gesetzgeber verfolgt deshalb mit § 5 Abs 1 VAHRG zwei Zielrichtungen. Einerseits soll eine Doppelbelastung des Ausgleichspflichtigen vermieden werden, die dadurch entstehen kann, dass wegen der übertragenen Anwartschaften die eigene Rente gekürzt und zusätzlich trotz der Kürzung weiterhin nachehelicher Unterhalt geschuldet wird. Andererseits soll die Leistungsfähigkeit des Ausgleichsverpflichteten gestärkt werden, die durch die Rentenkürzung möglicherweise derart gemindert ist, dass eine Mangelsituation eintritt und die Unterhaltsansprüche des Ausgleichsberechtigten nicht mehr oder nicht mehr vollständig erfüllt werden können. In diesen beiden Fällen soll die Kürzung der Rente des Ausgleichsverpflichteten „rückgängig gemacht" werden, und zwar auch für den Fall, „dass dem Berechtigten ein Unterhaltsanspruch nicht zusteht, weil der Verpflichtete durch eine Minderung oder Kürzung seiner Versorgung unter den „Selbstbehalt“ fällt und zu Unterhaltsleistungen nicht mehr in der Lage ist" (vgl. Bundestagsdrucksache 9/2296, S. 8 zu II Nr. 1 und S. 14 zu § 5).
Weil jedoch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 VAHRG nicht vorliegen, vermag die Kammer bei dem Kläger auch keine auszugleichende Härte zu erkennen, so dass er die Kürzung seiner Altersrente für schwerbehinderte Menschen hinnehmen muss.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; sie entspricht dem Ergebnis im Klageverfahren, in dem der Kläger vollumfänglich unterlag.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 183 S. 1 SGG).