Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.02.2007, Az.: 8 Sa 1635/06

Beschäftigungsbereich; Feuerwehrtechnische Zentrale; Tarifauslegung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
05.02.2007
Aktenzeichen
8 Sa 1635/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 71783
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG - 07.09.2006 - AZ: 2 Ca 330/06

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Mitarbeiter in der Feuerwehrtechnischen Zentrale fallen nicht unter die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2 des ArbeitszeitTV Nds. vom 31.03.2006. Der Tarifvertrag stellt ausweislich des insoweit eindeutigen Wortlautes allein auf die Beschäftigungsbereiche ab und nennt sie. Die Feuerwehrtechnische Zentrale des Beklagten ist - soweit überhaupt einer der Buchstaben aa)-kk) in Betracht kommt - weder ein Bau- oder Betriebshof noch ein Straßenbau- oder Unterhaltungsbetrieb. Eine Gleichstellung nach dem Beschäftigungsinhalt findet im Wortlaut der streitigen Tarifnorm keinen Ausdruck, so dass eine andere Auslegung nicht in Betracht kommt.

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg - 2 Ca 330/06 - vom 7. September 2006 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger unter die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2 des landesbezirklichen Tarifvertrages über die Regelung der Arbeitszeit vom 31.03.2006 fällt.

Wegen des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug sowie der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung, die dieses Vorbringen dort erfahren hat, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Lüneburg Bezug genommen (Bl. 0 bis 0 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es komme nicht darauf an, ob die Tätigkeit des Klägers in der Feuerwehrtechnischen Zentrale mit der von Beschäftigten in Bau- und Betriebshöfen, bzw. Straßenbau- und Unterhaltungsbetrieben gleichzustellen sei, denn die Tarifvertragsparteien hätten eine abschließende Regelung getroffen, die letztlich auch eindeutig sei. Die Regelung stelle - mit der Ausnahme, dass die Beschäftigten nicht überwiegend mit Verwaltungsaufgaben befasst sein dürften - nicht auf den Aufgabenbereich ab, sondern auf die Zugehörigkeit in ganz bestimmten, genau definierten Betrieben. Die Feuerwehrtechnische Zentrale sei weder ein Bauhof noch ein Betriebshof. Sie sei auch weder ein Straßenbau- noch ein Unterhaltungsbetrieb.

Gegen dieses ihm am 13.09.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.10.2006 Berufung eingelegt, die er sogleich begründet hat.

Die Berufungsbegründung lautet wörtlich:

„Das Arbeitsgericht Lüneburg verkennt, dass es sich bei der Arbeit in einer Feuerwehrtechnischen Zentrale nicht um einen Feuerwehrdienst handelt, sondern um einen Feuerwehrtechnischen Dienst handelt. Dieser ist mit den gleichen körperlichen Anstrengungen verbunden wie die übrigen Tätigkeiten, die in dem Tarivertrag unter § 2 Abs. 2 c aufgeführt sind. Insoweit ist nicht erkennbar, warum diese Regelung des Tarifvertrages für den Kläger nicht gelten sollte. Dies stellt vielmehr eine unzulässige Benachteiligung des Klägers als früherer Zugehöriger der Tarifgruppe der Arbeiter dar.“

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 7. September 2006 - 0 Ca 0/00 - abzuändern und festzustellen, dass die Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 2 des landesbezirklichen Tarifvertrages über die Regelung der Arbeitszeit (Arbeitszeittarifvertrag Niedersachsen) vom 31.03.2006 auch für ihn gilt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 15.11.2006, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 0 bis 0 d. A.).

Zu den weiteren Ausführungen der Parteien zur Sach- und Rechtslage wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Der Berufung bleibt der Erfolg versagt. Sie ist zwar statthaft; auch ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet.

Zu Recht hat die Vorinstanz dem Wortlaut der Tarifnorm entnommen, dass diese allein auf die Beschäftigung in einem bestimmten Bereich, nicht auf den Tätigkeitsinhalt abstellt. Nur dieses findet in dem Tarifwortlaut seine Grundlage.

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger unter die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 2 des landesbizirlichen Tarifvertrages über die Regelung der Arbeitszeit (Arbeitszeit-Tarifvertrag Niedersachsen) vom 31.03.2006 fällt. Voraussetzung dafür wäre, dass der Kläger einem der in § 2 Abs. 2 Ziff. c) aa) - kk) aufgeführten Bereichen zuzuordnen ist.

Das ist nicht der Fall. Der Kläger ist Mitarbeiter in der Feuerwehrtechnischen Zentrale des Beklagten. Diese ist - soweit hier überhaupt einer der Buchstaben aa) - kk) in Betracht

kommt - weder ein Bau- oder Betriebshof noch ein Straßenbau- oder Unterhaltungsbetrieb. Der Tarifvertrag stellt nicht auf die Tätigkeiten an dem Arbeitsplatz ab, also nicht darauf, ob es sich um körperlich schwere Arbeit handelt. Der Tarifvertrag stellt ausweislich des insoweit eindeutigen Wortlautes allein auf die Beschäftigungsbereiche ab und nennt sie.

Hielte man mit dem Kläger die Tarifnorm ungeachtet ihres eindeutigen Wortlautes für auslegungsfähig, so ergäbe sich gleichwohl kein Anspruch. Dem Wortlaut der Tarifnorm ist zu entnehmen, dass diese allein auf die Beschäftigung in einem bestimmten Bereich, nicht auf den Tätigkeitsinhalt abstellt.

Die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen folgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Wortlaut zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm ist mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (vgl. für viele BAG 31. Juli 2002 - 10 AZR 578/01 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Wohnungswirtschaft Nr. 3 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 167 mwN).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich die vom Arbeitsgericht dargestellte Auslegung.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass Sinn und Zweck der Tarifvorschrift darin bestehen, den in den genannten Arbeitsbereichen Beschäftigten wegen deren körperlicher Anstrengung eine Vergünstigung zukommen zu lassen. Auch wenn die körperliche Anstrengung bei der Tätigkeit des Klägers derjenigen in Bau- und Betriebshöfen bzw. Straßenbau- und Unterhaltungsbetrieben gleichsteht, steht dies der von der ersten Instanz vorgenommenen Auslegung nicht entgegen.

Die Berücksichtigung dieses Umstandes und eine entsprechende Gleichstellung findet nämlich in dem Wortlaut der streitigen Tarifnorm keine Grundlage. Das wäre aber für die von dem Kläger gewünschte Auslegung Voraussetzung (vgl. BAG ständ. Rspr. zuletzt: BAG vom 22.10.2003 - 10 AZR 41/03 - n.v.). Der Tarifvertrag stellt nur auf den Beschäftigungsbereich nicht auf den Beschäftigungsinhalt ab. Ein entgegenstehender Wille der Tarifvertragsparteien hat nicht in der tarifvertraglichen Norm seinen Niederschlag gefunden.

Insgesamt musste der Berufung daher der Erfolg versagt bleiben.

Als unterlegene Partei hat der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 ZPO).

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen diese Entscheidung ist daher ein Rechtsmittel nicht gegeben.