Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.10.2007, Az.: 9 Sa 748/07

Berufung; zweites Versäumnisurteil

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
08.10.2007
Aktenzeichen
9 Sa 748/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 71773
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG - 24.04.2007 - AZ: 7 Ca 614/06

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Auch Terminsverlegungsanträge eines Einzelanwalts können gemäß § 227 ZPO zurückgewiesen werden mit der Folge, dass er bei Nichterscheinen den Termin nicht ohne sein Verschulden versäumt. Er hat die Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt frühzeitig und ausreichend zu organisieren.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das zweite Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 24.04.2007, 7 Ca 614/06, wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen den Erlass des Zweiten Versäumnisurteils vom 24.04.2007 durch das Arbeitsgericht Hannover.

Der Kläger nahm die Beklagte mit Klage vom 17.11.2006 auf Zahlung von insgesamt 23.203,53 € brutto in Anspruch. Begründet wurde dies mit einer Tariflohnerhöhung seit dem 01.04.1992. Der Kläger bezog sich hierzu auf seinen Arbeitsvertrag, nach dessen Inhalt ein monatliches Fixum in Höhe von 2.000,00 DM vereinbart war sowie die Zahlung einer Provision. Des Weiteren sollten Urlaubs- und Weihnachtsgeld den firmeninternen Regelungen unterliegen. Ansonsten lehnte sich die Beklagte nach dem Arbeitsvertrag an die Gehalts- und Tarifregelungen des Verbandes der Metallindustrie Niedersachsens e. V. an. Für den Inhalt des Arbeitsvertrages wird auf Blatt 4 bis 7 der Akte Bezug genommen. Dementsprechend begehrte der Kläger von der Beklagten auch die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger entsprechend den Tarifregelungen des Verbandes der Metallindustrie Niedersachsens e. V. ab November 2006 brutto zu vergüten.

Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 04.09.2006 auf, diese Beträge bis zum 30.09.2006 zu zahlen, was die Beklagte mit Schreiben vom 11.09.2006 ablehnte.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünden aufgrund der arbeitsvertraglichen Regelung die tariflichen Lohnerhöhungen zu.

Er kündigte folgende Anträge an:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.508,50 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2006 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.695,02 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf jeweils brutto 565,01 € seit dem 01.08.2006, 01.09. 2006 und 30.09.2006 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger entsprechend den Tarifregelungen des Verbandes der Metallindustrie Niedersachsens e. V. ab November 2006 brutto zu vergüten.

Die Beklagte kündigte den Antrag an,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf den Wortlaut des Arbeitsvertrages bezogen. Danach beziehe sich die Anlehnung an die Gehalts- und Tarifregelungen des Verbandes der Metallindustrie Niedersachsens e. V. allein auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld, soweit keine firmeninterne Regelungen getroffen würden. Im Übrigen hat sich die Beklagte auf die tariflichen Ausschlussfristen berufen. Wenn der Tarifvertrag auf die Gehaltshöhen anzuwenden sei, müsse auch die tarifvertragliche Ausschlussfrist gelten. Außerdem sei vom Kläger pauschal die Tariflohnerhöhung zugrunde gelegt worden, anstelle sie der zutreffenden Vergütungsgruppe zuzuordnen.

Im Kammertermin vom 06.03.2007, zu dem die Parteien durch in dem Gütetermin vom 19.12.2006 verkündeten Beschluss ordnungsgemäß geladen wurden, wurde die Klage bei einem Streitwert von 23.203,52 € durch Versäumnisurteil abgewiesen. Gegen das dem Kläger am 08.03.2007 zugestellte Versäumnisurteil legte dieser mit Fax-Schriftsatz vom 15.03.2007, am 15.03.2007 beim Arbeitsgericht Hannover eingegangen, Einspruch ein. Hieraufhin wurde Termin zur Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache durch Beschluss vom 16.03.2007 auf den 20.04.2007 bestimmt (Bl. 27 d. A.). Der Kläger erhielt den Beschluss am 20.03.2007 (Bl. 29 d. A.). Mit Fax-Schriftsatz vom 20.03.2007 beantragte der Kläger Terminsverlegung wegen einer Terminskollision mit dem Amtsgericht B-Stadt. Diesem Terminsverlegungsantrag wurde durch Beschluss vom 28.03.2007 stattgegeben und der Termin auf den 24.04.2007 verlegt. Die erneute Ladung zum Termin erhielt der Klägervertreter am 04.04.2007. Mit Fax-Schriftsatz vom 04.04.2007 beantragte der Klägervertreter erneut Terminsverlegung, da er bereits einen Termin beim Landgericht Lüneburg wahrzunehmen habe. Hierzu bezog er sich auf die Ladung vom 27.02.2007. Das Arbeitsgericht Hannover erließ am 05.04.2007 einen Beschluss, wonach es bei dem Termin am 24.04.2007 bleiben soll. Es wurde gebeten, eine Verlegung des anderen Termins zu versuchen, da der hiesige Termin bereits antragsgemäß verlegt worden sei (Bl. 45 d. A.).

Mit Schriftsatz vom 18.04.2007, beim Arbeitsgericht Hannover am 20.04.2007 eingegangen, führt der Klägervertreter aus, dass es bei seinem Verlegungsantrag bleibe. Es sei nicht möglich, eine Woche vor dem Termin beim Landgericht Lüneburg eine Verlegung zu erbitten, zumal dort auch das persönliche Erscheinen der weit anreisenden Parteien angeordnet sei und diese sich auch bereits entsprechend eingerichtet hätten. Im Übrigen sei auch der (andere) Termin bereits einmal verlegt worden.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2007 erschien für den Kläger niemand. Auf Antrag des Beklagtenvertreters wurde der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 06.03.2007 verworfen.

Die Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 02.05.2007 zugestellte Zweite Versäumnisurteil. Mit Berufung und Berufungsbegründung vom 21.05.2007 legt der Kläger erstmals die Ladung des Landgerichts Lüneburg vom 27.02.2007 zum 24.04.2007, 15.00 Uhr vor und führt aus, dass dieser Termin bereits auf Antrag des dortigen Beklagtenvertreters durch Beschluss vom 06.03.2007 auf den 24.04.2007 verlegt worden sei. Der die beantragte Terminsverlegung abweisende Beschluss vom 05.04.2007 sei bei ihm erst am 17.04.2007 eingegangen. So kurzfristig sei eine Terminsverlegung beim Landgericht Lüneburg nicht zu erreichen gewesen. Im Übrigen sei die Ladung zu dem Termin des Landgerichts Lüneburg älter gewesen. Zeitlich habe er beide Termine nicht an einem Tag wahrnehmen können, so dass eine eventuelle Säumnis zumindest unverschuldet war.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

das Zweite Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 24.04.2007 - 7 Ca 614/06 - aufzuheben und den Rechtsstreit zur Entscheidung an eine andere Kammer des Arbeitsgerichts Hannover zurückzuverweisen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich mit der Berufungserwiderung vom 24.05.2007 zunächst darauf, dass die Klage ohnehin unsubstantiiert gewesen sei. Der Kläger habe bereits mit Schriftsatz vom 28.02.2007 einen Antrag auf „Terminsaufhebung und weiträumige Neuterminierung“ gestellt, was seitens des Gerichts vom 01.03.2007 abgelehnt worden sei. Der Kläger hätte für eine ordnungsgemäße Terminswahrnehmung Sorge tragen müssen.

Entscheidungsgründe

Die fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß § 514 Abs. 2 ZPO nicht statthaft. Sie war daher als unzulässig zu verwerfen (§§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 522 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO).

Nach § 514 Abs. 2 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Berufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Da für den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2007 niemand erschienen ist, lag ein Fall der Säumnis im Sinne des § 330 ZPO vor. Die Säumnis war auch schuldhaft, wobei die Verschuldensfrage nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen ist wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Beweislast für die Voraussetzungen einer unverschuldeten Säumnis liegt beim Berufungskläger (BGH vom 22.03.2007, IX ZR 100/06, NJW 2007, 2047).

Säumig ist derjenige, der trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht erscheint bzw. nicht verhandelt (§§ 331, 335 Nr. 2 ZPO). Der Kläger war zum Termin vom 24.04.2007 ordnungsgemäß geladen und nach Aufruf der Sache nicht erschienen. Er ist damit säumig gewesen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, vor § 330, Rz. 2 - 7). Ein Grund für eine Zurückweisung des Versäumnisurteils im Sinne des § 335 ZPO lag nicht vor. Ebenso wenig lag ein Grund für eine Vertagung von Amts wegen nach § 337 ZPO vor. Danach vertagt das Gericht die Verhandlung über den Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Akten, wenn es dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Auch hier gelten für das fehlende Verschulden die gleichen Maßstäbe wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. Grunsky/ Stein-Jonas, ZPO, § 337, Rn. 3). Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist dabei dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.

Der Terminsverlegungsantrag des Klägervertreters vom 04.04.2007 ist seitens des Arbeitsgerichts mit Beschluss vom 05.04.2007 abgelehnt worden, was dem Kläger mit Zugang des Beschlusses am 17.04.2007 auch bekannt war. Damit stand zunächst einmal fest, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung am 24.04.2007 stattfinden würde. Die Terminsverlegung erfolgte auch zu Recht im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO. Der Termin vom 20.04.2007 ist bereits auf den Verlegungsantrag vom 20.03.2007 des Klägervertreters, der zugegebenermaßen Einzelanwalt ist, verlegt worden. Eine erneute Terminsverlegung war auch im Hinblick auf eine Terminskollision des Klägervertreters im Hinblick auf den arbeitsgerichtlichen Beschleunigungsgrundsatz nach § 9 Abs. 1 ArbGG nicht angezeigt. Auch bei einem Einzelanwalt können Terminsverlegungsanträge wegen anderer wahrzunehmender Termine nicht in endloser Zahl stattgegeben werden. Es ist vielmehr Sache des Rechtsanwaltes, seine Termine zu organisieren und rechtzeitig - auch bei dem anderen Gericht - Verlegung des Termins, ggf. nur der Uhrzeit zu beantragen. Da der Terminsverlegungsantrag zu Recht abgelehnt wurde, lag auch ein Grund, die mündliche Verhandlung zu vertagen (§ 337 ZPO) nicht vor.

Damit war vom Klägervertreter grundsätzlich dafür Sorge zu tragen, dass ein Rechtsanwalt für den Kläger im Termin vom 24.04.2007 erscheint. Dazu ist vom Klägervertreter weder vorgetragen, dass er versucht hat, den Termin beim Landgericht Lüneburg zu verlegen, noch einen anderen Rechtsanwalt mit der Terminswahrnehmung zu beauftragen. In seinem Schriftsatz vom 18.04.2007 verweist er lediglich darauf, dass eine Woche vor beim Landgericht Lüneburg eine Verlegung nicht mehr beantragt werden kann. Warum dies nicht der Fall sein soll, wird nicht näher ausgeführt. Auch in der Berufungsbegründung ergibt sich dazu nichts anderes. Die Vermutung, dass das Landgericht Lüneburg den Termin nicht verlegt hätte, ist durch nichts belegt. Entscheidend ist für die Kammer letztendlich gewesen, dass der Klägervertreter auch nicht glaubhaft dargelegt hat, dass sich eine Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt für ihn nicht organisieren ließ. Aus der Berufungsbegründung ergibt sich dazu nichts. Der Hinweis des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung, er habe dies telefonisch versucht, ist weder konkret dargelegt noch unter geeigneten Beweisantritt gestellt worden. Ein Fall der schuldhaften Versäumung im Sinne des § 514 Abs. 2 ZPO liegt mithin nicht vor. Da die Berufung gegen das Zweite Versäumnisurteil folglich nicht schlüssig ist, ist sie als unzulässig zu verwerfen (vgl. LAG Köln vom 29.10.1993, 4 Sa 707/93, LAGE § 513 ZPO, Nr. 8; BAG vom 02.02. 1994, 10 AZR 113/93, AP Nr. 5 zu § 513 ZPO 1977, Ziffer II 1 d. Gr.; BGH vom 27.09. 1990, VII ZR 135/90, NJW 1991, 42, Ziffer I 2 d. Gr.).

Die Kostenentscheidung erfolgt nach § 97 Abs. 1 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegt nicht vor. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß nachfolgender Rechtsmittelbelehrung wird verwiesen.