Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.07.2007, Az.: 16 Sa 292/07
Betriebsbedingte Kündigung und Weiterbeschäftigung eines in einer Lackiererei tätigen Fertigstellers; Grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl eines Arbeitnehmers bei einem Interessenausgleich durch Zuordnung zu einer falschen Vergleichsgruppe
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 13.07.2007
- Aktenzeichen
- 16 Sa 292/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 40045
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2007:0713.16SA292.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Osnabrück - 29.01.2007 - AZ: 3 Ca 718/06
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 KSchG
- § 1 Abs. 5 KSchG
- § 1 Abs. 2 KSchG
- § 1 Abs. 3 KSchG
- § 111 BetrVG
- § 611 BGB
Fundstelle
- EzA-SD 22/2007, 5
Amtlicher Leitsatz
Eine grobe Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl liegt vor, wenn der Arbeitnehmer bei einem Interessenausgleich mit Namensliste einer falschen Vergleichsgruppe zugeordnet wird, weil er auf eine Planstelle geführt wird, die nicht mehr seiner dauerhaft auszuübenden Tätigkeit entspricht.
In dem Rechtsstreit
hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hannes,
die ehrenamtliche Richterin Frau Coppenrath,
den ehrenamtlichen Richter Herrn Gerland
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 29.01.07, Az. 3 Ca 718/06 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen die betriebsbedingte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte vom 18.09.2006 zum 31.12.2006 und begehrt seine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtstreits.
Der 1967 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 10.12.1997 entsprechend der internen Tarifgruppe 6,5 zu einer Bruttovergütung von zuletzt 2.455,04 EUR beschäftigt. Der Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der Kläger war zunächst tätig in der Lackiererei als Fertigsteller I. Seit 1998 ist er als Spritzer Nahtabdichtung III tätig gewesen, wobei die Parteien darüber streiten, ob ihm diese Tätigkeit nur vorläufig oder dauerhaft zugewiesen wurde. Eine förmliche Versetzung gegenüber dem Kläger oder eine Änderungskündigung ist insoweit nicht ausgesprochen worden. Zuletzt ist der Kläger in der Materialwirtschaft eingesetzt worden.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Automobilindustrie bzw. der Automobilzuliefererindustrie. Laut Angaben zur Massenentlassungsanzeige (Anlage 17 des Schriftsatzes der Beklagten vom 18.12.2006) waren bei der Beklagten im September 2006 insgesamt 5.331 Arbeitnehmer beschäftigt. Seit dem Jahre 2004 bestanden bei der Beklagten erhebliche Auslastungsprobleme. Aus diesem Grunde wurden im Betrieb der Beklagten mit dem Betriebsrat am 24.11.2004 zwei Interessenausgleiche und Sozialpläne geschlossen für den Bereich des Betriebsmittelbaus wie auch für den Fahrzeugbau. Bezüglich des Interessenausgleiches Nr. 33/04 vom 24.11.2004 sollten 120 Beendigungskündigungen und 90 Änderungskündigung ausgesprochen werden. Nach dem Sozialplan 32/04 vom 24.11.2004 sollten im Fahrzeugbau 750 Beendigungskündigungen ausgesprochen werden. Diese Interessenausgleiche beinhalteten die Bildung von Altersgruppen, so dass Arbeitnehmer aller Altersgruppen von den Beendigungskündigungen betroffen waren.
Am 07.04.2005 wurden ein weiterer Interessenausgleich und Sozialplan 12/05 für die gewerblichen Mitarbeiter im Fahrzeugbau abgeschlossen, der 370 Beendigungskündigungen vorsahen. Der Sozialplan sah weder Vergleichsgruppen noch Altersgruppen vor.
Ab dem 01.06.2006 fanden sodann zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat weitere Gespräche zur Vorbereitung eines Interessenausgleichs und Sozialplanes statt. Auf Grund sich weiter verringender Produktionszahlen bei der Beklagten. Als Ergebnis der Gespräche zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat wurde vereinbart, dass in der ersten Stufe 633 Mitarbeiter gekündigt werden sollten. Diese Stufe sollte den Personalabbau im Rahmen der stückzahlabhängigen Produktionsbereiche betreffen. Neben den Beendigungskündigungen sollten eine Reihe von weiteren Maßnahmen wie z. B. eine Arbeitszeitabsenkung erfolgen. Zwischenaustritte (Kündigungen oder Aufhebungsverträge) in den betroffenen Bereichen zwischen dem 21.07.06 und dem Ausspruch der Kündigungen sollten auf die Zahl 633 angerechnet werden.
Auf der Grundlage dieser Gespräche und nach einer Betriebsversammlung am 16.08.2006 wurde der Sozialplan und Interessenausgleich Nr. 17/06 am 08.09. von den Betriebsparteien unterzeichnet. Auf Grund der Vereinbarungen sollten nun noch 619 betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden.
Der Sozialplan beinhaltet im Bezug auf die Sozialauswahl u. a. die folgenden Regelungen:
2. Sozialauswahl
a)
In Bezug auf die geplanten Beendigungskündigungen ist vorher eine soziale Auswahl zwischen allen vergleichbaren Beschäftigten durchzuführen. Die Sozialauswahl wird innerhalb der jeweils vergleichbaren Beschäftigungsgruppen des Betriebes gemäß e) vorgenommen.Es werden die Auswahlrichtlinien und das Punktesystem gemäß b) angewandt, und zwar unter Berücksichtigung der Altersgruppen gemäß c).
Die aus den Sozialauswahllisten ersichtlichen 633 Beschäftigten (abzüglich eventueller Zwischenaustritte) erhalten dann eine Beendigungskündigung. Beschäftigte, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Betriebsvereinbarung einen gültigen ATZ-Vertrag haben sowie Beschäftigte mit befristeten Verträgen gem. § 3 TVBesch und Auszubildende bleiben vondieser Regelung unberührt.
b)
Für die Sozialauswahl der von Beendigungskündigungen betroffenen Belegschaftsmitglieder werden folgende Auswahlrichtlinien zu Grunde gelegt und mit Punkten zueinander gewichtet (Stichtag 31.07.2006):
Kriterien Punkte 1. Lebensalter für jedes vollendete Jahr nach dem 18. Lebensjahr 1,0 Punkte je Lebensjahr 2. Dauer der Betriebszugehörigkeit für jedes Beschäftigungsjahr 1,5 Punkte 3. Unterhaltspflichten Ehegatte/eingetragner Lebenspartner 5,0 Punkte je Kind (nachweisbar) 7,0 Punkte 4. Schwerbehindert 11,0 Punkte oder Gleichgestellte 9,0 Punkte c)
Die Sozialauswahl wird zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG nach verschiedenen Altersgruppen durchgeführt. Es werden die folgenden Altersgruppen gebildet (Stichtag 31.07.2006):bis zum vollendeten 25. Lebensjahr
älter als 25 Jahre bis zum vollendeten 35. Lebensjahr
älter als 35 Jahre bis zum vollendeten 45. Lebensjahr
älter als 45 Jahre bis zum vollendeten 55 . Lebensjahr
älter als 55 Jahre
Innerhalt der Kreise der jeweils vergleichbaren Beschäftigten sollen die aufgeführten Altersgruppe - bezogen auf die Altersstruktur des Betriebes - möglichst prozentual gleichmäßig betroffen werden.
Die Betroffenheit der Altersgruppe ab 55 Jahre wird dadurch erreicht, dass aus dieser Altersgruppe im gesamten Unternehmen alle diejenigen Beschäftigten eine Beendigungskündigung erhalten, die beginnend ab dem 01.10.2006 die Möglichkeit haben, nach dem Ablauf von 30 Monaten (12 Monate Transfergesellschaft und 18 Monate Arbeitslosengeldbezug) eine Altersrente (gekürzt oder ungekürzt) zu beziehen. Aus dieser Altersgruppe wird es im Rahmen dieser Maßnahme keine weiteren Kündigungen geben.
Die Durchführung der Sozialauswahl nach den Altersgruppen ist erforderlich zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, weil ohne Berücksichtigung der Altersgruppen die Altersstruktur erheblich verschlechtert würde (siehe Anlage 4).
d)
Der Beurteilung werden zunächst die Angaben laut Steuerkarte zu Grunde gelegt.Nach erfolgter Beurteilung ensprechend diesem Punktesystem ist ggf. eine Betrachtung einzelner persönlicher, sozialer Härtefälle zu berücksichtigen (wie z. B. doppelte Betroffenheit von Ehepartnern oder ungeborenes Kind mit nachgewiesener Vaterschaftsanerkennung).
Abschließend ist in jedem Einzelfall eine Interessenabwägung aller Gesamtumstände durchzuführen.
e)
Die Sozialauswahl erstreckt sich zwischen den "vergleichbaren" und somit gegenseitig "austauschbaren" Beschäftigten, betriebsbezogen und nach den Kriterien der zumutbaren Einarbeitungsmaßnahmen von bis zu max. 8 Wochen für eine Weiterbeschäftigung. Die danach einvernehmlich von den Betriebsparteien festgelegten Vergleichbarkeitsgruppen sind Teil der Vereinbarung (Anlage 5).
Dem Interessenausgleich wurde eine Namensliste beigefügt, auf der sich auch der Name des Klägers befindet.
Neben der Namensliste wurde als Anlagen zum Interessenausgleich und Sozialplan in der Anlage 1 die Quoten der Kurzarbeit 2005/2006 beigefügt, als Anlage 2 ein Soll-Ist-Vergleich Arbeitszeitabsenkung ab 2005 Angestellte, als Anlage 3 die Personalplanung Akkordlöhner Prod. FZB und Prod. DS 2006 - 2008, als Anlage 4 die demografischen Entwicklungen im Betrieb der Beklagten betreffend den Bereich Produktion Fahrzeugbau, Dachsysteme und Materialwirtschaft, als Anlage 5 die Vergleichbarkeiten prop. Bereiche Produktion Dachsysteme, Karosseriebau, Lackiererei, Montage I und II und Materialwirtschaft sowie eine Aufstellung über allgemein miteinander vergleichbare Positionen im Betrieb der Beklagten. Es folgt dann als Anlage 6 die Namensliste für Beendigungskündigungen. Wegen des Inhalts des Interessenausgleiches und Sozialplanes wird auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 18.12.2006 verwiesen.
Mit dem Interessenausgleich und Sozialplan wurde ferner eine Transfergesellschaft eingerichtet. Tatsächlich sind von den zu kündigenden Mitarbeitern ca. 85 % in die Transfergesellschaft übergewechselt.
Der Kläger wurde von der Beklagten in die Vergleichsgruppe "Bereichsübergreifende Arbeitsplätze mit wechselseitiger Austauschbarkeit innerhalb von 8 Wochen" zugeordnet. In dieser Vergleichsgruppe waren 180 Mitarbeiter zu kündigen. Der Kläger erhielt 51 Punkte entsprechend dem Interessenausgleich zugeordnet und wurde entsprechend seines Alters in die Altersgruppe A 3 (älter als 35 Jahre bis zum vollendeten 45. Lebensjahr) zugeordnet. Vor Abschluss des Interessenausgleiches und der Unterschrift unter die Namensliste wurde eine Abstimmung mit dem Betriebsrat am 06.09.2006 durchgeführt, um der Regelung gerecht zu werden, eine Betrachtung einzelner persönlicher sozialer Härtefälle zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck waren die Mitarbeiter zuvor angesprochen worden, inwieweit die Sozialdaten, wie sie sich aus den Unterlagen der Beklagten ergaben, zutreffend sind. Hierüber wurde eine Protokollnotiz erstellt. Wegen des Inhalts wird auf diese (Anlage 13 zum Schriftsatz der Beklagten vom 18.12.2006) verwiesen. Da sich im Nachhinein herausstellte, dass Veränderungen der Auftragslage vorlagen, wurde eine Ergänzungsvereinbarung zur Betriebsvereinbarung 17/06 am 10.11.2006 geschlossen, die eine Veränderung des Arbeitszeitabsenkungszeitraumes vorsah. Ferner wurde unter dem Datum des 21.12.2006 eine weitere Ergänzungsvereinbarung zur Betriebsvereinbarung 17/06 geschlossen betreffend die zweite Stufe des Sozialplanes, in der sich auch erneut Vereinbarungen zur Arbeitszeit befinden. Wegen des Inhalts wird auf diese (Bl. 212 bis 215 d. A.).
Neben dem Unternehmen der Beklagten existiert ein weiteres Unternehmen K. R. GmbH & Co. KG in R., das ebenfalls ein Unternehmen der Automobilindustrie bzw. der Automobilzulieferindustrie darstellt. Nachdem im Interessenausgleich vereinbart worden ist, dass in der Zeit vom 01.01.2007 bis 31.07.2007 die Möglichkeit besteht, ca. 220 der nicht von Kündigung betroffenen Beschäftigten zur Firma K. R. GmbH & Co. KG. ohne Sonderkonditionen zu entsenden, wurde dieses Kontingent nicht ausgeschöpft.
Der Betriebsrat wurde nach Unterzeichnung des Interessenausgleiches und Sozialplanes mit Schreiben vom 08.09.2006 (Anlage 15 zum Schriftsatz der Beklagten vom 18.12.2006) aufgefordert, zu den ausgesprochenen Kündigungen der in der Namensliste bezeichneten Mitarbeiter Stellung zu nehmen. Mit Schreiben gleichen Datums, in dem auf die Namensliste und die Erklärung des Betriebsrates Bezug genommen wird, wurde die Schwerbehindertenvertretung zu ihrer Mitwirkung aufgefordert.
In einem mit Eingangsstempel der Agentur für Arbeit A-Stadt vom 11.09.2006 versehenen Schreiben zeigte die Beklagte an, dass 619 Mitarbeitern betriebsbedingt gekündigt werden müsse. Mit Schreiben vom 22.09.2006, das bei der Beklagten am 27.09.2006 eingegangen ist, bestätigt die Bundesagentur für Arbeit, dass die Anzeige wirksam erstattet sei und die Sperrfrist am 11.10.2006 ende (Anlage 19 zum Schriftsatz der Beklagten vom 18.12.2006).
Nachdem der Kläger nicht in die Transfergesellschaft gewechselt ist, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Kläger mit Schreiben vom 18.09.2006 betriebsbedingt und fristgerecht zum 31.12.2006 auf. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit der Klage.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt sei. Es seien keine ausreichenden betriebsbedingten Gründe für die Kündigung vorhanden, zumindest habe sich die betriebliche Lage nach Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplan wesentlich geändert. Es sei festzustellen, dass die reduzierte Arbeitszeit im Bereich des Klägers nicht durchgeführt worden sei, vielmehr habe eine Ausweitung der Produktion stattgefunden. Es sei davon auszugehen, dass deshalb im Bereich des Klägers eine gute Auslastung vorhanden sei, was sich auch generell daraus ergebe, dass die Beklagte auch mit dem Wechsel des Führungspersonales neue Aufträge akquiriert habe.
Der Kläger sei Anfang 2006 nur vorläufig in den Bereich Nahtabdichtung abgeordnet worden. Ein Einverständnis mit einer dauerhaften Beschäftigung in diesem Bereich habe nicht bestanden und er habe sich hiergegen auch mündlich gewandt. Er sei deshalb vergleichbar mit den Mitarbeitern der Vergleichsgruppe "Fertigsteller I und II", deren Tätigkeiten er aufgrund seiner Fachkenntnisse sofort übernehmen könne. Unter Berücksichtigung der richtigen Zuordnung in die Vergleichsgruppe wäre ihm gegenüber keine Kündigung auszusprechen gewesen.
Die Beklagte habe es darüber hinaus unterlassen, das Kontingent von 220 Mitarbeitern auszuschöpfen, das nach R. habe entsandt werden sollen. Die Beklagte führe mit dem Unternehmen in R. einen gemeinsamen Betrieb. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Arbeitsvertrag des Klägers wie auch eine Reihe anderer Arbeitsverträge die Möglichkeit der Entsendung nach R. beinhalte. Dort sei auch die Möglichkeit der Beschäftigung gewesen, da Leiharbeitnehmer dort gesucht und eingestellt worden seien. Darüber hinaus habe die Beklagte auch 12 Näherinnen für den Bereich der Dachsysteme neu eingestellt.
Darüber hinaus sei die Bildung von Altersgruppen unzulässig gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
- 1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 18.09.2006 aufgelöst worden ist,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsvertrages als Polsterer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits weiter zu beschäftigen,
- 3.
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger gegenüber eine Annahmeerklärung abzugeben, gerichtet auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages zum 01.01.2007 zu den bisherigen Arbeitsbedingungen des Arbeitsvertrages vom 10.12.1997 unter Berücksichtigung der bisherigen Beschäftigungszeiten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei rechtswirksam auf der Grundlage des Interessenausgleichs und Sozialplanes abgeschlossen worden.
Die Gründe hierfür lägen in zurückgehenden Stückzahlen im Bereich der Fahrzeugproduktion. Bereits in der Vergangenheit seien Auslastungsprobleme vorhanden gewesen, die sich weiter verschärft hätten. Dieses sei im Interessenausgleich und Sozialplan dokumentiert, zumal zuvor in einem großen Umfange Kurzarbeit durchgeführt worden sei. Auf Grund der Regelungen des Interessenausgleiches seien die dringenden betrieblichen Erfordernisse zu vermuten.
Die Sozialauswahl sei wirksam durchgeführt worden. Entsprechend des § 1 Abs. 5 KSchG sei diese nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen. Eine solche grobe Fehlerhaftigkeit liege weder bei der Bildung von Vergleichs- und Altersgruppen vor noch im Einzelfall der ausgesprochenen Kündigung.
Die Notwendigkeit der Altersgruppen habe sich ergeben, da die Alterstruktur der vorangegangenen Sozialpläne diese bereits verschlechtert habe wie sich aus den eingereichten Unterlagen ergebe. Der Altersdurchschnitt sei von Juni 2004 mit 37 Jahren über Februar 2005 mit 41 Jahren über Juli 2005 mit 42 Jahren bis Januar 2006 mit dem Durchschnitt von 43 Jahren insgesamt um 6 Jahre gestiegen. Hätte die Beklagte die Sozialauswahl ohne Bildung von Altersgruppen vorgenommen, hätte sich der Altersdurchschnitt um weitere 4 Jahr erhöht. Dieser Schnitt liege dann erheblich höher als bei Mitbewerbern.
Die Bildung von Altersgruppen widerspreche auch nicht den Regelungen des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ebenso wenig wie der Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf.
Eine Veränderung der Situation sei nachträglich nicht eingetreten. Es hätten sich vorübergehende Veränderungen im Auftragsvolumen ergeben, wie dieses bei der Beklagten üblich sei. So sei in der Vergangenheit auch stets so verfahren worden, dass dem mit dem Betriebsrat entsprechend dem Tarifvertrag über Beschäftigungssicherung unterschiedliche Arbeitszeiten vereinbart worden seien.
Der Kläger sei aufgrund eines vorherigen Interessenausgleichs und Sozialplans versetzt worden auf die Stelle des Spritzers Nahtabdichtung III. Die bisherige Vergütung sei weiter gezahlt worden. Zwar habe an sich eine Änderungskündigung ausgesprochen werden müssen, da die Stelle niedriger bewertet sei, jedoch habe man darauf verzichtet, nachdem der Betriebsrat signalisiert habe, dass er einer Umgruppierung nicht zustimme. Der Kläger habe aber durch vorbehaltlose Tätigkeit auf dem neuen Arbeitsplatz stillschweigend sein Einverständnis erklärt.
Ergänzend wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze erster Instanz nebst Anlagen Bezug genommen.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 29.01.2007, Aktenzeichen 3 Ca 718/06 wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 18.09.2006 nicht aufgelöst worden ist. Die Beklagte wurde verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 10.12.1997 als gewerblichen Mitarbeiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits weiter zu beschäftigen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Beklagten auferlegt und der Wert des Streitgegenstandes auf 11292,00 EUR festgesetzt.
Wegen des Inhalts des erstinstanzlichen Urteils auf dieses (Bl. 220 - 233 d. A.) verwiesen.
Dieses Urteil wurde der Beklagten am 15.02.2007 zugestellt. Hiergegen legte diese am 23.02.2007 Berufung ein und begründete diese mit einem am 03.04.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz.
Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, das Arbeitsgericht habe den Interessenausgleich zu Unrecht für unwirksam erklärt, da die Bildung von Altersgruppen weder dem Kündigungsschutzgesetz, dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz noch der zitierten Richtlinie des Europäischen Rates widerspreche. Die Beklagte habe ein berechtigtes betriebliches Interesse daran gehabt, dass die Altersstruktur im Betrieb erhalten bleibe, so dass dieses mit dem Betriebsrat entsprechend vereinbart worden sei. Die Erhaltung der Altersstruktur sei im Verhältnis zu den Mitbewerbern erforderlich, da ein erhöhter Krankenstand älterer Arbeitnehmer mit Entgeltfortzahlungs- und Vertretungskosten zu verzeichnen sei, Reibungsverluste in der Produktion durch eine weitgehend gleichaltrige Belegschaft mittleren Lebensalters entstehen würden, Anreize zum beruflichen Aufstieg und Erfahrungsaustausch von Jung zu Alt und umgekehrt fehlen würden, Ablaufschwierigkeiten in der Produktion entstünden, weil nicht mehr genügend Arbeitnehmer in Wechsel- oder in Nachtschicht eingesetzt werden könnten, ein zu hoher Anteil von Arbeitnehmern, die nur noch auf Schonarbeitsplätzen beschäftigt werden können, entstehen würde und Probleme bei der gleichwertigen Ersetzung und Einarbeitung von neu eingestellten Arbeitnehmern entstehen würden, wenn künftig eine große Anzahl Arbeitnehmer wegen Rentenbezugs gleichzeitig ausscheiden würden.
Beachtlich sei darüber hinaus, dass selbst für den Fall, dass diese getroffene Sozialauswahl im Einzelfall fehlerhaft gewesen sein sollte, dieses nicht bedeute, dass die Kündigung unwirksam sei. Auf Grund des § 1 Abs. 5 KSchG würden lediglich grobe Fehler die Sozialauswahl unwirksam machen, wobei sich die Vermutungswirkung nicht nur auf die sozialen Indikatoren und deren Gewichtung beziehe, sondern auf die von den Betriebspartnern durchgeführte Bildung der auswahlrelevanten Gruppen. Vorliegend hätten aber die Betriebsparteien das Alter nicht unreflektiert aufsteigend nach Lebensalter gewichtet, sondern nach Altersgruppen differenziert und erst dann die Sozialauswahl innerhalb der einzelnen Altersgruppen vorgenommen.
Hilfsweise sei weiter vorzutragen, dass das Gericht erster Instanz hätte überprüfen müssen, ob auch für den Fall, dass keine Altersgruppen gebildet worden seien, der gekündigte Arbeitnehmer nicht gleichwohl seinen Arbeitsplatz verloren hätte, da dann dieser Fehler für die Auswahl des gekündigten Arbeitnehmers nicht ursächlich geworden wäre.
Im Fall des Klägers sei bei der Sozialauswahl so vorgegangen worden, dass der Kläger zu Recht in die Vergleichsgruppe "Bereichsübergreifende Arbeitsplätze mit wechselseitiger Austauschbarkeit innerhalb von 8 Wochen" zugeordnet worden sei. Die prozentuale Betroffenheit der einzelnen Arbeitsgruppen habe sich durch die prozentuale Aufteilung der Arbeitsgruppen im Betrieb ergeben, so dass im Bereich der Altersgruppe 2 insgesamt 73 Arbeitnehmer zu kündigen gewesen wären. Der Kläger habe mit seiner Punktzahl an 57. Stelle gestanden, so dass er auch zu kündigen gewesen sei.
Ergänzend wird auf die Berufungsbegründung vom 02.04.2007 nebst Anlagen (Bl. 278 bis 388 d. A.) verwiesen.
Die Beklagte beantragt, sinngemäß
das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 29.01.2007, Aktenzeichen 3 Ca 718/06 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 21.06.2007 und 06.07.2007. Hierauf wird verwiesen (Bl. 409 - 418, 438 - 442 d. A.).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 18.09.2006 zum 31.12.2006 beendet worden.
Aufgrund der Unwirksamkeit der Kündigung hat die Beklagte den Kläger auch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen.
Die Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam. Nach dieser Vorschrift ist die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in dem selben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden hat, rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.
Gemäß § 1 Abs. 3 KSchG ist auch bei dem Vorliegen von dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Allerdings sind in die Sozialauswahl Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt.
Gemäß § 1 Abs. 5 KSchG wird einerseits vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist, andererseits kann die soziale Auswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden, wenn bei einer Kündigung aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgebern und Betriebsrat namentlich bezeichnet sind.
Die Kammer kann es vorliegend dahingestellt bleiben lassen, ob dringende betriebliche Erfordernisse für die Kündigung des Klägers vorgelegen haben. Die Kammer kann weiter unterstellen, dass ein wirksamer Interessenausgleich und Sozialplan mit Namensliste zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat geschlossen worden ist, auf dem der Kläger als zu Kündigender namentlich bezeichnet ist. Die Kündigung ist jedenfalls gemäß § 1 Abs. 3 KSchG unwirksam, weil die Beklagte bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt hat auch unter dem Gesichtspunkt, dass die soziale Auswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann.
Der Kläger wird in der Namensliste als Spritzer Nahtabdichtung III nach Tarifgruppe 6, 5 A geführt und wäre demnach, wie die Beklagte zu Recht ausgeführt hat, entsprechend der Auswahlliste für bereichsübergreifende Arbeitsplätze mit wechselseitiger Austauschbarkeit innerhalb von 8 Wochen zu kündigen gewesen, da der Kläger in der Altersgruppe A 3 mit 51 Punkten an 57. Stelle steht und 73 Arbeitnehmer zu kündigen waren.
Zur Überzeugung der Kammer ist der Kläger aber als Fertigsteller I einer anderen Vergleichsgruppe zuzuordnen, in der er mit seiner Punktzahl nicht zu kündigen gewesen wäre.
Eine grobe Fehlerhaftigkeit im Rahmen der Sozialauswahl liegt vor, wenn ein evidenter, ins Auge springender schwerer Fehler vorliegt und der Interessenausgleich bei der Bildung von Vergleichsgruppen jede Ausgewogenheit vermissen lässt. Es ist deshalb erforderlich, dass tragende Gesichtspunkte bei der Bildung der Vergleichsgruppen nicht in die Bewertung einbezogen worden sind. Das Gesetz geht in § 1 Abs. 5 KSchG davon aus, dass durch die Gegensätzlichkeit der von den Betriebspartnern vertretenen Interessen durch die auf beiden Seiten vorhandene Kenntnis der betrieblichen Verhältnisse gewährleistet ist, dass der zugelassene Spielraum angemessen und vernünftig genutzt wird. Nur wo dieses nicht der Fall ist, und nicht mehr von einer sozialen Auswahl die Rede sein kann, darf grobe Fehlerhaftigkeit angenommen werden. Es ist deshalb festzustellen, ob nachvollziehbare und ersichtlich nicht auf Missbrauch zielende Überlegungen für die getroffene Eingrenzung des Auswahl relevanten Personenkreises sprechen (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 21.09.2006, AZ: 2 AZR 760/05 in BB 2007, 1172, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Vorliegend ist festzustellen, dass die Vergleichsgruppen ausweislich der Namensliste gebildet worden sind nach Planstellen, auf denen die jeweiligen Mitarbeiter geführt werden. Diese Zuordnung erfolgte durch den Arbeitgeber, ohne dass sie mit dem Betriebsrat gesondert vereinbart wurde. Dieses ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, jedoch ist für die Frage der sozialen Auswahl vorrangig maßgeblich, welche Tätigkeit der Kläger tatsächlich aufgrund der Zuweisung durch den Arbeitgeber dauerhaft auszuführen hatte. Sofern deshalb diese Tätigkeiten abweichen von der Zuordnung der Beklagten zu einer Planstelle, ist die soziale Auswahl als fehlerhaft anzusehen, da es letztlich nicht darauf ankommen kann, welche förmliche Zuweisung die Beklagte vorgenommen hat. Fallen also die dauerhaft übertragenen Tätigkeiten sowie die Zuordnung zu einer Planstellung durch die Beklagte auseinander, liegt eine grobe Fehlerhaftigkeit vor. Der Interessenausgleich hat vorrangig nicht die Planstelle, vielmehr den Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers zugrunde zu legen. Ansonsten obläge es dem Arbeitgeber, durch Zuweisung auf eine Planstelle ohne Änderung der tatsächlichen Tätigkeit eine Veränderung des auswahlrelevanten Personenkreises herbeizuführen. Da auf der anderen Seite der Betriebsrat bei einer derartigen Massenentlassung nicht bezüglich jeden einzelnen Arbeitnehmers dessen tatsächliche Tätigkeit kennen kann, kann es auf diese Weise zu Veränderungen kommen, die im Rahmen des § 1 Abs. 5 KSchG nicht hingenommen werden können.
Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Kläger nach wie vor als Fertigsteller I dauerhaft beschäftigt worden ist.
Zwar ist der Kläger seit Januar 2006 als "Spritzer Nahtabdichtung III" tätig geworden. Der Kläger hat aber nach eigenem Vortrag der Beklagten weder eine Änderungskündigung erhalten noch ist eine ausdrückliche Arbeitsvertragsänderung durchgeführt worden. Zudem ist die Vergütung des Klägers beibehalten worden, obwohl die Vergütung hätte geringer ausfallen müssen.
Zur Überzeugung der Kammer ist der Kläger weiterhin als Fertigsteller I anzusehen, da dieses seine dauerhafte übertragende Tätigkeit darstellt, so dass er mit Mitarbeitern in der Vergleichsgruppe Fertigsteller I oder II, dort Altersgruppe A 3 hätte verglichen werden müssen. Dort sind jedoch Mitarbeiter mit einer geringeren Punktzahl weiter beschäftigt worden, so dass diese vor dem Kläger hätten gekündigt werden müssen. Wäre der Kläger zutreffend dieser Vergleichsgruppe zugeordnet worden, wäre eine Kündigung nicht ausgesprochen worden.
Die Richtigkeit der Zuordnung als Fertigsteller I ergibt sich für die Kammer daraus, dass dem Kläger gegenüber weder eine ausdrückliche Versetzung ausgesprochen worden ist noch eine Änderungskündigung. Eine Abänderung seines Arbeitsplatzes hat insoweit nicht stattgefunden, was sich für den Kläger auch daraus ergeben musste, dass er weiter in der alten Lohngruppe eingruppiert worden ist, obwohl nach der neuen Tätigkeit eine niedrige Lohngruppe hätte gezahlt werden müssen. Bereits aus diesem Grunde konnte der Kläger davon ausgehen, dass seine alte Tätigkeit grundsätzlich beibehalten wird.
Aber auch nach dem Vortrag der Beklagten hätte dem Kläger an sich im Rahmen des vorherigen Sozialplanes, mit dem die Änderung des Arbeitsbereiches des Klägers verbunden gewesen sein soll, eine Änderungskündigung ausgesprochen werden müssen. Dies ist tatsächlich nicht geschehen, vielmehr ist nur eine anderweitige Zuweisung des Arbeitsbereiches erfolgt. Auch bei einer längeren Tätigkeit des Klägers in diesem Arbeitsbereich konnte der Kläger deshalb nicht davon ausgehen, dass diese Zuweisung dauerhaft erfolgen sollte, da die Beklagte selbst die eigenen Regelungen aus dem vorherigen Sozialplan nicht vollzogen hatte. Die insoweit durchgeführte Tätigkeit des Klägers als Spritzer Nahtabdichtung III für einen relativ kurzen Zeitraum von einigen Monaten im Zusammenhang mit der dann weiteren vorläufigen Versetzung in die Materialwirtschaft unter Beibehaltung der bisherigen Vergütung konnte deshalb für die Beklagte nicht die Überzeugung begründen, der Kläger sei letztlich mit der Zuweisung der anderen Tätigkeit einverstanden gewesen.
Da sich die Kündigung als unwirksam erweist, ist der Kläger auch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigten. Auf die Entscheidung des gemeinsamen Senats des Bundesarbeitsgerichtes vom 27.02.1985 (AZ: GS 1/84 in AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) wird hingewiesen.
Ein überwiegendes schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung ist im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht, angesichts der Möglichkeit einer Austauschkündigung auch nicht ausreichend ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91, 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Gegen diese Entscheidung ist deshalb ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach Maßgabe des § 72 a ArbGG wird hingewiesen.