Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 30.04.2007, Az.: 9 Sa 1280/06 E
Approbation; Diplom-Sozialpädagogin; Eingruppierung; Erziehungsberatungsstelle; familientherapeutische Zusatzausbildung; Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie; klientenzentrierte Gesprächstherapie
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 30.04.2007
- Aktenzeichen
- 9 Sa 1280/06 E
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 71780
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG - 12.07.2006 - AZ: 2 Ca 62/06 E
Rechtsgrundlagen
- BAT
- PsychThG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III FallGr. 8 BAT setzt voraus, dass die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit die Anwendung psychotherapeutischer Methoden iSd. § 1 Abs. 3 PsychThG verlangt.
Ob Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten eine dementsprechende Tätigkeit verrichten, ist auch unter Berücksichtigung des Berufsbildes zu entscheiden
Die Durchführung von Einzel-, Gruppen- und Familientherapien im Rahmen der Erziehungsberatung ist noch keine Tätigkeit iSd. § 1 Abs. 3 PsychThG.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 12.07.2006 - 2 Ca 62/06 E - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die am 00.00.1955 geborene Klägerin ist seit dem 01.01.1993 bei dem beklagten Landkreis beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 21.12.1992 zu Grunde (Bl. 5, 6 d. A.). Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.
Die Klägerin hat ein Studium der Sozialpädagogik abgeschlossen und verfügt über eine familientherapeutische Zusatzausbildung sowie über eine Ausbildung in klientenzentrierter Gesprächstherapie. Sie wird in der Erziehungs- und Beratungsstelle des beklagten Landkreises eingesetzt. Die Arbeit in der Erziehungs- und Beratungsstelle beruht auf den „Grundsätzen für eine einheitliche Gestaltung der Richtlinie der Länder für die Förderung von Erziehungsberatungsstellen“. Wesentlicher Bestandteil dieser Beratung sind Diagnostik, Beratung und Therapie von Kindern, Jugendlichen und Eltern. Einstellungsvoraussetzung ist eine das Studium ergänzende Zusatzausbildung in einem psychotherapeutischen Verfahren.
Die Vergütung der Klägerin erfolgte zunächst nach Vergütungsgruppe IV b BAT/VKA. Im Juni 1993 erfolgte die rückwirkende Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV a FallGr. 16 BAT/VKA.
Gemäß 3.6.2 der Allgemeinen Dienst- und Geschäftsanweisung (AGA) des beklagten Landkreises sind die Amtsleitungen (jetzt Fachdienstleitungen) verpflichtet, die Mitarbeiter grundsätzlich nur mit den Aufgaben zu beschäftigen, die ihnen nach dem Arbeitsverteilungsplan zugewiesen wurden. Die Aufgaben nach dem Arbeitsverteilungsplan werden von der Landrätin des beklagten Landkreises übertragen, in dem sie die Arbeitsverteilungspläne in Kraft setzt. Danach ist die Fachdienstleitung nicht ermächtigt, die Arbeitsverteilung anders als im Arbeitsverteilungsplan vorzunehmen (Bl. 32 - 35 d. A.). Durch das am 01.11.2001 in Kraft getretene Konzept zur Personalkostenbudgetierung wurden die personalrechtlichen Befugnisse zum Teil auf die Fachbereichsleitungsebene delegiert. Hiernach ist für die Eingruppierung der Mitarbeiter die Fachbereichsleitung zuständig (Bl. 36 - 41 d. A.). Dieses Konzept ist allen Mitarbeitern bekannt.
Im Zuge einer Neustrukturierung bei dem beklagten Landkreis wurde für die Klägerin eine geänderte Arbeitsplatzbeschreibung mit Datum vom 05.06.2002 gefertigt. Die Arbeitsplatzbeschreibung enthält die Funktionsbezeichnung „Sachbearbeiter/in; Diplom-SozialarbeiterIn/PädagogIn“. Weiter heißt es in der Arbeitsplatzbeschreibung unter anderem (Bl. 17-19 d. A.):
„1. Arbeitsplatzbeschreibung
lfd. Nr. | Verzeichnis der auszuführenden Tätigkeiten/Arbeitsvorgänge | Anteil in % |
---|---|---|
1 | Planung, Durchführung und Dokumentation notwendiger Maßnahmen der Erziehungsberatung (einzelfallbezogene Klientenarbeit) | 80 % |
2 | Beratung und Stellungnahmen im Einzelfall auf der Grundlage des KJHG | 5 % |
3 | Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit | 15 % |
…
6. Besondere Anforderungen am Arbeitsplatz
Es sind die besonderen Anforderungen Erschwernisse am Arbeitsplatz anzugeben. Diese müssen die durchschnittlich zu erstellenden Anforderungen überschreiten: z. B. besonderes Fachwissen, besonders schwierige Tätigkeiten, ständige Termingebundenheit, erhöhte Initiative, Sonderaufgaben, schwierige Verhandlungen mit Dritten, ständig Publikumsverkehr. Es ist ggf. anzugeben, bei welchen der unter 4. angegebenen Tätigkeiten die besonderen Anforderungen vorliegen.
- Kenntnisse, die über das Grundwissen des Sozialpädagogen hinausgehen in:
· Diagnostischen Verfahren
· Entwicklungspsychologie, Persönlichkeitspsychologie
· Familiensysteme, Familien- und Gruppendynamik
· Kommunikationsmuster
- abgeschlossene Ausbildung in einer anerkannten Therapieform
- selbständige Indikation und Wahl der Behandlungsform
- Eigenständige und eigenverantwortliche Planung und Durchführung notwendiger Maßnahmen, Differenzierung/Entscheidung über Dringlichkeit; situationsgerechte Abstimmung von Maßnahmen bzw. Wartezeiten, Termingestaltung
- Bereitschaft und Fähigkeit, sich mit Problemen eines extrem breit streuenden Klientels (Alter, soz. Struktur, Krankheitsbildern und Störungen) auseinanderzusetzen
- Bereitschaft und Fähigkeit zur Fallaufarbeitung und Eigenkritik im Rahmen der Teilnahme an Supervision
- ständige Termingebundenheit und Publikumsverkehr zu teilweise ungünstigen Arbeitszeiten (Abendstunden)
7. Aus- und Fortbildung
z. B. Angestelltenlehrgang I/II
Diplom-Sozialarbeiterin/-pädagogin FH mit Zusatzausbildung in einer anerkannten Therapieform
…“
In der Arbeitsplatzbeschreibung der bei dem beklagten Landkreis angestellten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin heißt es unter Ziffer 1 unter anderem:
„…
- „Psychoanalytische Diagnostik einschließlich Anamneseerhebung“ und
- „Durchführung von Therapien“ mit Kindern, Jugendlichen, Eltern und Familien - ausgerichtet mit psychoanalytischem Ansatz.“
…“
In dem Zeitraum von 1993 bis 1998 absolvierte die Klägerin eine nebenberufliche Ausbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Gemäß § 12 Abs. 4 des Gesetzes über die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (PsychThG) musste die Klägerin für die Approbation den Nachweis erbringen, dass sie mindestens 4.000 Stunden einschließlich der notwendigen Diagnostik und Fallbesprechungen psychotherapeutisch tätig war. Unter dem 30.08.2001 bescheinigte der Fachdienstleiter der Erziehungsberatungsstelle W., dass die Klägerin in der Zeit vom 01.01.1993 bis 31.12.1998 in der Erziehungsberatungsstelle „überwiegend (d. h. mehr als 50 % der Arbeit - bzw. Dienstzeit des konkreten Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses bestand/besteht in psychotherapeutischer Tätigkeit) psychotherapeutisch im Sinne heilkundlicher Krankenbehandlung tätig war und in dieser Zeit 4.000 Stunden psychotherapeutisch im Sinne heilkundlicher Krankenbehandlung tätig war“ (Bl. 16 d.A.). Eine zusätzliche Unterschrift des Anstellungsträgers, z. B. durch die Fachdienstleitung Personal, enthält diese Bescheinigung nicht. Am 10.09.2001 erhielt die Klägerin die Approbation als Kinder- und Jugendlichentherapeutin (Bl. 15 d. A.).
Mit Schreiben vom 17.08.2005 beantragte die Klägerin gegenüber dem beklagten Landkreis die Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe III FallGr. 8 BAT/VKA, weil sie Tätigkeiten einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin ausübe. Diese lehnte der beklagte Landkreis unter Hinweis auf den Arbeitsverteilungsplan/die Arbeitsplatzbeschreibung ab (Bl. 8, 9 d. A.).
Mit ihrer am 02.02.2006 beim Arbeitsgericht Hildesheim eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie erfülle die Voraussetzungen für eine Vergütung nach Vergütungsgruppe III FallGr. 8 BAT/VKA. Sie verfüge über die Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und übe in der Erziehungsberatungsstelle entsprechende Tätigkeiten aus. Bereits aus der Bescheinigung vom 30.08.2001 ergebe sich, dass sie entsprechende Tätigkeiten ausübe. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Bescheinigung von dem Anstellungsträger unterzeichnet worden sei, weil der Fachdienstleiter sachkundig beurteilen könne, welche Tätigkeiten sie verrichtet habe. In ihrer Arbeitsplatzbeschreibung seien unter dem Arbeitsvorgang Ziffer 1 (einzelfallbezogene Klientenarbeit) alle Elemente für eine psychotherapeutische Erziehungsberatung, insbesondere die psychosoziale Diagnostik (Feststellung von Störungen) und das „Durchführen von Therapien mit Kindern, Jugendlichen, Eltern und Familien in einer anerkannten Therapieform“ enthalten. Die ihr übertragenen Aufgaben umfassten deshalb auch die heilkundliche Psychotherapie. Im Rahmen der Diagnose und Therapie sei sie nicht auf eine bestimmte Therapieform festgelegt. Insbesondere seien keine Therapieformen ausgeschlossen, die die Anwendung der von einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erworbenen therapeutischen Methoden erforderten. Sie entscheide selbständig, ob bei den Kindern und Jugendlichen eine Störung mit Krankheitswert im Vordergrund stehe und ob und welche heilkundlichen psychotherapeutischen Maßnahmen und Methoden sie einsetze. Anschließend führe sie diejenige heilkundliche Behandlung, die sie für angezeigt halte, selbst durch. Auch aus den von ihr erstellten Therapieberichten sei erkennbar, dass sie die einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin entsprechenden Aufgaben ausübe (Therapieberichte: Bl. 59-60; 90-101 d.A.). Sie übe die heilkundliche Tätigkeit auch zeitlich mindestens zur Hälfte ihrer Arbeitszeit aus.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass der beklagte Landkreis verpflichtet ist, an die Klägerin ab 01.02.2005 Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT zu zahlen, abzüglich der erhaltenen Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT und die jeweils fälligen Bruttodifferenzbeträge ab Klagerhebung mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Der beklagte Landkreis hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der beklagte Landkreis hat vorgetragen, entsprechend der Arbeitsplatzbeschreibung vom 05.06.2002 sei der Klägerin nur eine Tätigkeit als Sozialpädagogin mit Zusatzausbildung übertragen worden. Die übertragene Tätigkeit erfordere nicht die Anwendung psychotherapeutischer Methoden. Die von der Klägerin zu den Akten gereichten Therapieberichte seien völlig unüblich. In der Erziehungsberatungsstelle würden Handakten geführt, in denen Diagnosen und Einzelnachweise vorhanden seien.
Mit Urteil vom 12.07.2006 hat das Arbeitsgericht Hildesheim die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, der beklagte Landkreis habe der Klägerin keine Tätigkeit entsprechend Vergütungsgruppe III FallGr 8 BAT/VKA übertragen. Der Arbeitsplatzbeschreibung sei keine wörtliche arbeitsvertragliche Anweisung zu entnehmen, wonach die Klägerin bei den durchzuführenden Therapien psychotherapeutische Methoden vornehmen müsse. Unter Ziffer 1 sei lediglich die Durchführung von Therapien in einer anerkannten - nicht notwendig heilkundlichen - Therapieform gefordert. Die Arbeitsplatzbeschreibung enthalte keinen Hinweis darauf, dass die von der Klägerin aufzuweisende abgeschlossene Zusatzbildung in einer Therapieform eine heilkundliche im Sinne des § 1 PsychThG sein müsse. Dass die Klägerin nicht nur berate, sondern auch therapeutisch tätig sei, mache ihre Arbeit noch nicht zu einer Tätigkeit eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Die Klägerin habe auch nicht dargelegt, dass von ihr Tätigkeiten verlangt würden, die methodisch den Tätigkeiten eines Kinder- und Jugendlichentherapeuten im Sinne von § 1 Abs. 3 PsychThG entsprächen. Dadurch, dass die Klägerin selbständig entscheide, ob eine heilkundliche psychotherapeutische Maßnahme angezeigt sei oder nicht, werde die von ihr durchgeführte heilkundliche psychotherapeutische Maßnahme noch nicht zu der von dem beklagten Landkreis arbeitsvertragsgemäß übertragenen Tätigkeit. Auch die von der Klägerin vorgelegten Therapieberichte seien nicht aussagekräftig. Rechtlich ohne Bedeutung sei auch die Bescheinigung vom 30.08.2001. Zum einen sei der Fachdienstleiter rechtlich nicht befugt, der Klägerin Aufgaben zuzuweisen, die vom Arbeitsverteilungsplan des beklagten Landkreises nicht gedeckt sei. Zum anderen sei die Bescheinigung auch widersprüchlich. Zwar bestätige sie für den Zeitraum 01.01.1993 bis 31.12.1998 eine psychotherapeutische Tätigkeit von mehr als 50 % der geschuldeten Arbeitszeit, allerdings stellten die bescheinigten 4.000 Stunden psychotherapeutische Tätigkeit im Hinblick darauf, dass die Klägerin in diesem Zeitraum etwa 9.800 Arbeitsstunden geleistet habe, nicht 50 % der Arbeitszeit dar.
Gegen das ihr am 21.07.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim hat die Klägerin mit einem am 15.08.2006 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 23.10.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem ihr zuvor auf ihren Antrag vom 13.09.2006 mit Beschluss vom 14.09.2006 die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 23.10.2006 verlängert worden war.
Die Klägerin macht geltend, entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichtes Hildesheim sei es nicht erforderlich, dass ihr die Durchführung heilkundlicher psychotherapeutischer Maßnahmen ausdrücklich übertragen worden sei. Ausreichend sei es, dass die übertragenen Aufgaben so ausgestaltet seien, dass sie die Anwendung entsprechender Maßnahmen erforderten. Die von ihr zu erfüllenden Aufgaben könnten nicht mehr in ihrer Funktion als Sozialpädagogin erfüllt werden, sondern erforderten die Anwendung der von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erworbenen therapeutischen Methoden. Die Klägerin trägt vor, sie entscheide, ob und welche therapeutischen Maßnahmen, gegebenenfalls auch heilkundliche psychotherapeutische Maßnahmen erforderlich seien. Sobald diese geboten seien, würden sie von ihr selbst angewendet. Sowohl die Entscheidung, ob und welche heilkundlichen Maßnahmen anzuwenden seien, als auch die Ausübung selbst qualifiziere ihre Tätigkeit als die einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Bei ihrer Tätigkeit sei sie auch nicht auf bestimmte Diagnose- und Therapiemethoden, insbesondere auch nicht auf die Ausübung nichtheilkundlicher Psychotherapieformen beschränkt. Die Tätigkeitsmerkmale ihrer Arbeitsplatzbeschreibung schlössen alle Therapieformen ein, sowohl beratende und therapeutische als auch psychotherapeutische und heilkundliche psychotherapeutische Tätigkeiten. Auch die Formulierung in ihrer Arbeitsplatzbeschreibung „in einer anerkannten Therapieform“ beinhalte lediglich, dass die Therapien überhaupt in einer anerkannten Therapieform durchgeführt würden, wobei es der Mitarbeiterin überlassen bleibe, die Therapie entsprechend ihrer Qualifikation und der Erforderlichkeit einzusetzen. Die in der Erziehungsberatungsstelle beschäftigte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin führe keine anderen Aufgaben als sie aus. In deren Arbeitsplatzbeschreibung sei lediglich der psychoanalytische Ansatz bei Diagnostik und Therapie hervorgehoben worden. Dabei handele es sich nur um eine von vielen heilkundlichen therapeutischen Methoden, die von entsprechend ausgebildeten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten angewendet würden. Auch aus den von ihr vorgelegten Therapieberichten ergebe sich, dass sie bei der Anamnese, den testpsychologischen Untersuchungen, der Diagnose und den therapeutischen Maßnahmen Kenntnisse und Methoden einsetze, die üblicherweise nur im Rahmen von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erworben würde. Im Übrigen habe der beklagte Landkreis nach Ausscheiden Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin R. deren „Stelle“ der Mitarbeiterin K.-B.
„übertragen“ und diese nach Vergütungsgruppe III BAT eingruppiert, ob gleich Frau K.-B. nicht über eine psychotherapeutische Ausbildung verfüge und ihre Arbeit weiterhin am gestalttherapeutischen Einsatz ausrichte. Frau K.-B. unterscheide sich in keiner Weise bei der übertragenen Tätigkeit von der Klägerin und der anderen Mitarbeiterin, die alle Therapien in einer anerkannten Therapieform durchführten.
Die Bescheinigung vom 30.08.2001 sei inhaltlich zutreffend. Die Bescheinigung sei auch nicht im Hinblick auf die zeitlichen Angaben als widersprüchlich anzusehen, weil in der Bescheinigung lediglich die gesetzlich erforderliche Mindeststundenzahl und nicht die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden angegeben worden seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hildesheim vom 12.07.2006 - 2 Ca 62/06 E - abzuändern und festzustellen, dass der beklagte Landkreis verpflichtet ist, an die Klägerin ab 01.02.2005 Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT zu zahlen, abzüglich der erhaltenen Vergütung nach Vergütungsgruppe IV a BAT und die jeweils fälligen Bruttodifferenzbeträge ab Klagerhebung mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Der beklagte Landkreis beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der beklagte Landkreis verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die Berufung der Klägerin ist form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO).
B.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im Öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes keine Bedenken bestehen. Dies gilt auch, soweit der Feststellungsantrag auf die Verzinsung der Differenzbeträge gerichtet ist (BAG vom 26.11.2003 - 4 AZR 695/02 - EzBAT § 22, 23 BAT C1 VergGr. IV a Nr. 8). Auch soweit die Klage in der Vergangenheit liegende Zeiträume umfasst, ist sie als Feststellungsklage zulässig, weil sie geeignet ist, die Vergütungsansprüche der Klägerin gegen den beklagten Landkreis abschließend zu klären (BAG vom 23.04.1997 - 10 AZR 603/96 - AP BAT § 22, 23 BAT Zulagen Nr. 22).
II.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den beklagten Landkreis keinen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT/VKA ab 01.02.2005.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet Kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT/VKA) Anwendung.
2. Der Klägerin steht die begehrte Vergütung nicht zu, weil die ihre Gesamtarbeitszeit ausfüllenden Arbeitsvorgänge nicht im tariflich geforderten Umfang einem Tätigkeitsmerkmal der von ihr beanspruchten Vergütungsgruppe III BAT/VKA entsprechen, §§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabsatz 1 und 2 BAT/VKA. Auch nach ihrem Vortrag fallen zeitlich nicht mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge an, die für sich genommen die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales der Vergütungsgruppe III FallGr 8 BAT/VKA erfüllen.
3. Unter einem Arbeitsvorgang ist dabei eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer vernünftigen, sinnvollen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und tarifrechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen. Maßgeblich sind die Arbeitsergebnisse der übertragenen Aufgaben. Das Arbeitsergebnis ist dabei ausgehend vom Aufgabenbereich des Angestellten zu bestimmen (vgl. Protokollnotiz Ziffer 1 zu § 22 Abs. 2 BAT), wobei der enge innere Zusammenhang einzelner Arbeitsleistungen für die Annahme eines einheitlichen Arbeitsvorganges sprechen kann (BAG vom 26.01.2005 - 4 AZR 6/04 - AP BAT 1975, §§ 22, 23 Nr. 302).
4. Darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass sie zumindest zu 50 % Tätigkeiten ausübt, die den Voraussetzungen der begehrten Vergütungsgruppe entsprechen, ist die Klägerin. Sie muss diejenigen Tatsachen vortragen, die den Schluss darauf zulassen, dass ihre Tätigkeit die Merkmale der von ihr in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe erfüllt. Rein schlagwortartige, pauschale Bezeichnungen, die den qualitativen Gehalt der Tätigkeit nicht ohne Weiteres erkennen lassen, genügen nicht. Gleiches gilt für eine bloß formelhafte Wiederholung tariflicher Tätigkeitsmerkmale (BAG vom 30.11.1988 - 4 AZR 455/88 - ZTR 1989, 150; BAG vom 24.10.1984 - 4 AZR 518/82 - AP BAT §§ 22, 23 1975 Nr. 97; BAG vom 18.05.1994 - 4 ARZ 449/93 - AP BAT §§ 22, 23 Datenverarbeitung Nr. 5). Wenn Tarifgruppen dergestalt aufeinander aufbauen, dass die jeweils höhere Gruppe im Verhältnis zur niedrigeren Gruppe qualifizierende Merkmale enthält, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zunächst zu prüfen, ob die allgemeinen Voraussetzungen der niedrigeren Vergütungsgruppe erfüllt sind und anschließend, ob die Merkmale der darauf aufbauenden Vergütungsgruppe vorliegen (BAG vom 10.12.1997 - 4 AZR 221/96 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 237). Der auch insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger eines Eingruppierungsprozesses hat zu diesem Zweck diejenigen Tatsachen vorzutragen, aus denen im Rahmen eines wertenden Vergleiches für das Gericht der rechtliche Schluss ermöglicht wird, festzustellen, ob die Tätigkeit die geforderten Qualifizierungs- und Heraushebungsmerkmale erfüllt. Dabei können die tatsächlichen Aspekte der Tätigkeit, die bereits zur Erfüllung der niedrigeren Vergütungsgruppe erforderlich sind, nicht auch zur Begründung des Heraushebungsmerkmales herangezogen werden.
5. Für die Eingruppierung der Klägerin sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst der Anlage 1 a) zum BAT/VKA maßgebend. Diese haben, soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind, folgenden Wortlaut:
„Vergütungsgruppe IV b
16. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben
Vergütungsgruppe IV a
15. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgr. 16 heraushebt
16. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, deren Tätigkeit sich mindestens zu einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der VergGr. IV b Fallgr. 16 heraushebt.
Vergütungsgruppe III
8. Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten/Psychagogen mit staatlicher Anerkennung oder staatlich anerkannter Prüfung und entsprechender Tätigkeit.
6. Unstreitig erfüllt die Klägerin danach die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV a BAT/VKA. Da die Parteien die Tätigkeit insoweit als unstreitig ansehen und auch der beklagte Landkreis die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe als erfüllt ansieht, kann eine weitere Überprüfung hinsichtlich der Eingruppierung der Klägerin in die Gehaltsgruppe IV a BAT/VKA unterbleiben (vgl. BAG vom 17.08.1994 - 4 ZR 644/93 - AP BAT §§ 22, 23 Nr. 183).
7. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe III FallGr. 8 BAT/VKA. In diese Vergütungsgruppe sind Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit eingruppiert.
Die Klägerin erfüllt zwar als approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit staatlicher Anerkennung das subjektive Merkmal der Vergütungsgruppe III FallGr 8 BAT/VKA (§§ 22 Abs. 2 Unterabsatz 5 BAT). Die Klägerin hat aber nicht substantiiert dargelegt, dass die von ihr zur Begründung ihres Vergütungsanspruchs vorgetragene Tätigkeit die Tätigkeit darstellt, die von ihr im Sinne von § 22 Abs. 2 Unterabsatz 1 BAT „auszuüben“ ist.
a. Das Arbeitsgericht hat aus den auszuübenden Tätigkeiten der Klägerin keine Arbeitsvorgänge gebildet. Die Klägerin vertritt die Ansicht, die unter Ziffer 1 der Arbeitsplatzbeschreibung vom 05.06.2002 aufgeführten Tätigkeiten stellten einen einheitlichen Arbeitsvorgang dar, der 80 % der Gesamtarbeitszeit umfasse. Auch der beklagte Landkreis geht davon aus, dass die unter den laufenden Nummern 1-3 der Arbeitsplatzbeschreibung dargestellten Tätigkeiten selbständig bewertbare Arbeitsvorgänge darstellen. Ob die Erziehungsberatung, die die Klägerin auszuüben hat, einen einziger Arbeitsvorgang darstellt oder von drei Arbeitsvorgängen auszugehen ist, kann dahingestellt bleiben. Denn der Klägerin steht bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge kein Anspruch auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT zu.
b. Der Klägerin ist keine Tätigkeit entsprechend der Vergütungsgruppe III FallGr. 8 BAT/VKA übertragen worden. Maßgeblich für die Eingruppierung des Angestellten ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22 Abs. 2 Unterabsatz 1 BAT/VKA nicht die von ihm ausgeübte, sondern die von ihm - nicht nur vorübergehend - auszuübende Tätigkeit. Welche Tätigkeiten der Angestellte auszuüben hat, bestimmt sich nach seinem Arbeitsvertrag. In den vertraglich gezogenen Grenzen kann der Arbeitgeber durch Ausübung seines Direktionsrechtes die vom Angestellten geschuldete, also von ihm auszuübende Tätigkeit konkretisieren (BAG vom 05.05.1999 - 4 AZR 360/98 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 268; BAG vom 18.05.1994 - 4 AZR 449/93 - AP BAT §§ 22, 23 Datenverarbeitung Nr. 5; BAG vom 02.12.1992 - 4 AZR 140/92 - ZTR 1993, 204).
c. Gemäß der Arbeitsplatzbeschreibung vom 05.06.2002 schuldet die Klägerin die Tätigkeit einer Diplom-Pädagogin mit Zusatzausbildung einer anerkannten Therapieform. Danach erfordert die Tätigkeit Kenntnisse, die über das Grundwissen des Sozialpädagogen hinausgehen in: diagnostischen Verfahren, Entwicklungspsychologie, Persönlichkeitspsychologie, Familiensysteme, Familien- und Gruppendynamik und Kommunikationsmuster. Zu der von der Klägerin geschuldeten Tätigkeit gehört die Psychosoziale Diagnostik einschließlich Anamneseerhebung sowie die Durchführung von Therapien mit Kindern, Jugendlichen, Eltern und Familien in einer anerkannten Therapieform. Diese Aufgaben entsprechen nicht den typischen Aufgaben eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Es ist zwischen beratender therapeutischer, psychotherapeutischer und heilkundlicher psychotherapeutischer Tätigkeit zu unterscheiden.
d. Eine entsprechende Tätigkeit im Sinne der Vergütungsgruppe III FallGr 8 BAT/VKA setzt die Anwendung derjenigen therapeutischen Methoden voraus, die für die staatliche Anerkennung oder staatlich anerkannte Prüfung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut maßgeblich sind. Die Anwendung entsprechender psychotherapeutischer Methoden ergibt sich aus der Arbeitsplatzbeschreibung nicht.
aa. Gemäß § 1 Abs. 3 PsychThG ist Ausübung von Psychotherapie im Sinne dieses Gesetzes jede mittels wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Verfahren vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Störung mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziiert ist. Im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung ist eine somatische Abklärung herbeizuführen. Zur Ausübung von Psychotherapie gehören nichtpsychologische Tätigkeiten, die die Aufarbeitung und Überwindung sozialer Konflikte oder sonstige Zwecke außerhalb der Heilkunde zum Gegenstand haben.
bb. Ob Kinder- und Jugendlichenpsychologen eine dementspreche Tätigkeit ausüben, ist unter Berücksichtigung des Berufsbildes zu entscheiden. Die zentrale Aufgabe von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten besteht in der tiefenpsychologischen Behandlung seelischer Krankheiten oder seelisch bedingter körperlicher Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen mit seelischer Einflussnahme und der dazugehörenden begleitenden Psychotherapie der Beziehungspersonen. Zu den Aufgaben der analytischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapien gehört es, die pathogene Familiendynamik und die für die Erkrankung des Kindes oder Jugendlichen relevanten Konflikte der Beziehungsperson zu bearbeiten, indem den Beziehungspersonen Einsichten in die Dynamik der eigenen Konflikte vermittelt wird, so dass Projektionen und Delegationen die Entwicklung des Kindes nicht weiter beeinträchtigen. Analytische Psychotherapie unterscheidet sich von heilpädagogischen Maßnahmen vor allem dadurch, dass sie auf die Bewältigung bisher nicht gelöster, weil abgewehrter und damit remobilisierbarer psychodynamischer und beziehungsdynamischer Konflikte gerichtet ist. Daraus ergeben sich veränderte Verhaltensformen und Verhaltensmaßstäbe. Diese werden dem Kind oder Jugendlichen nicht in erzieherischer Absicht normativ nahe gebracht, sie sind vielmehr ein Ergebnis des psychotherapeutischen Prozesses (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT Anlage 1 a B, L RdNr. 94 unter Hinweis auf Blätter zur Berufskunde „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin/Kinder und Jugendlichenpsychotherapeut“, 7. Aufl. 1998).
cc. Angesichts des Berufsbildes des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten greift der Einwand der Klägerin, bereits die in der Arbeitsplatzbeschreibung enthaltene Tätigkeitsanforderung „Durchführung der Therapien in einer anerkannten Therapieform“ qualifiziere die ihr übertragene Tätigkeit als diejenige einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin nicht. Im Gegensatz zu der Arbeitsplatzbeschreibung der Klägerin entspricht die Arbeitsplatzbeschreibung der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin des beklagten Landkreises dem vorgenannten Berufsbild, wenn es darin unter der Ziffer 1 heißt, dass die Tätigkeit die psychoanalytische Diagnostik einschließlich Anamneseerhebung und die Durchführung von Therapien mit Kindern, Jugendlichen, Eltern und Familien erfordert, die am psychoanalytischen Ansatz ausgerichtet ist.
e. Dass die Klägerin nicht nur beratend, sondern auch therapeutisch tätig ist, macht ihre Arbeit noch nicht zu einer Tätigkeit einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Zum Berufsbild eines Sozialpädagogen in einer Erziehungsberatungsstelle gehören nicht nur die Beratung der Kinder und deren Bezugspersonen, sondern auch die Einzel-, Gruppen- und Familientherapie. Die Durchführung derartiger Therapien im Rahmen der Erziehungsberatung bewegt sich im Aufgabenbereich eines Sozialpädagogen. Die Therapien haben die Veränderungen des Menschen, seiner Lebenslage und Lebensqualität und der sie bedingenden gesellschaftlichen Strukturen als Ziel: Familien, Eltern, Elternteilen und Kindern soll so geholfen werden, dass sie nach Möglichkeit ein normales Leben zu führen in der Lage sind. Erziehungs- und Familienberatung, die die Problemklärung verknüpft mit therapeutischem Vorgehen einschließt, als ambulantes Leistungsangebot im Spektrum der Hilfen zur Erziehung soll die allgemeine Unterstützung bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie die Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme einschließlich der zugrundeliegenden Faktoren umfassen. Diese Tätigkeit gehört zu den ureigensten Arbeitsfeldern des Sozialarbeiters/Sozialpädagogen (BAG vom 25.09.1996 - 4 AZR 195/95 - AP BAT §§ 22, 23 Sozialarbeiter Nr. 31 unter Hinweis auf: Blätter zur Berufskunde „Diplom-Sozialpädagoge/Diplom-Sozialpädagogin, Diplom-Sozialarbeiter/Diplom-Sozialarbeiterin“, Band 2-IV A 30, 5. Aufl. 1986, S. 3 ff.; Diplom-Sozialpädagoge/Diplom-Sozialpädagogin (BA) Blätter zur Berufskunde, Band II-IV A 31, 2. Aufl. 1994, S. 6, 17 ff.)
Aus dem Sachvortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass die von ihr durchgeführte therapeutische Arbeit methodisch der Tätigkeit einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin entspricht und notwendigerweise zu der von ihr auszuübenden Tätigkeit gehört. Sie hat nicht substantiiiert dargelegt, dass die Tätigkeiten in der Erziehungsberatung nicht mehr durch einen Sozialpädagogen mit Zusatzausbildung erfüllt werden können. Entsprechende Tatsachen hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen. Die Bezugnahme der Klägerin auf die von ihr eingereichten Therapieberichte ist insoweit nicht ausreichend, weil sie keinen Rückschluss auf die Tätigkeiten zulassen, die die Klägerin auszuüben hat, sondern allenfalls auf die Tätigkeiten, die die Klägerin ausgeübt hat. Diese sind aber eingruppierungsrechtlich irrelevant.
Soweit die Klägerin vorträgt, sie habe eine Zusatzausbildung in systemischer Familientherapie absolviert und setze diese Therapie vornehmlich ein, rechtfertigt dies ebenfalls keine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III FallGr. 8 BAT/VKA. Die Anwendung dieser therapeutischen Methode gehört noch zu Berufsbild eines Diplom-Sozialpädagogen mit Zusatzausbildung (BAG vom 16.10.2002 - 4 AZR 486/01 - NZA 2003, 1056). Auch aus dem von der Klägerin hervorgehobenen Umstand, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich durchführt, ergibt sich nichts zu dem Charakter der ihr übertragenen Aufgaben. Angesichts des fehlenden Sachvortrages kam auch eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht.
f. Zutreffend hat das Arbeitsgericht bereits darauf hingewiesen, dass die Klägerin auch durch den Verweis auf das zu den Akten gereichte Gutachten der Rechtsanwälte N. und B. (Bl. 61-88 d. A.) keinen ausreichenden Sachvortrag geleistet hat. Das Gutachten befasst sich mit der Veränderung des Berufsbildes des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten infolge der Regelung dieses Berufes durch das Gesetz über die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Rückschlüsse auf die der Klägerin übertragene Tätigkeit lässt das Gutachten nicht zu.
g. Die von dem Fachdienstleiter W. unterzeichnete Bescheinigung vom 30.08.2001 ist im Innenverhältnis zwischen der Klägerin und beklagten Landkreis für die Eingruppierung rechtlich ohne Bedeutung. Hierbei handelt es sich um die Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit der Klägerin als Nachweis für die Voraussetzungen gemäß § 12 Abs. 4 PsychThG geeignet ist, nicht aber darum, ob der Klägerin eine Tätigkeit nach Vergütungsgruppe III FallGr. 8 BAT übertragen worden ist.
Im Übrigen ist die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit durch einen dazu nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften nicht zuständigen Vorgesetzten nicht geeignet, einen Anspruch des Angestellten auf die für die höherwertige Tätigkeit tariflich vorgesehene Vergütung nach §§ 22 BAT zu begründen, wenn der Angestellte die Unzuständigkeit des Vorgesetzten kennt (BAG vom 05.05.1999 - 4 AZR 360/98 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 268). Nach der allgemeinen Dienst- und Geschäftsanweisung des beklagten Landkreises war der Fachdienstleiter W. nicht befugt, die Arbeitsverteilung entgegen dem Arbeitsverteilungsplan vorzunehmen. Die allgemeine Dienst- und Geschäftsanweisung des beklagten Landkreises war der Klägerin bekannt.
Selbst wenn die Klägerin in Abstimmung mit dem Fachdienstleiter W. Tätigkeiten im Sinne der Vergütungsgruppe III FallGr. 8 BAT/VKA ausgeübt hätte, würde dies keinen Anspruch der Klägerin auf Höhergruppierung begründen können. Die mit dem unmittelbaren Fachvorgesetzten abgestimmte Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit durch den Mitarbeiter ist eingruppierungsrechtlich irrelevant, sofern nicht zumindest eine stillschweigende diesbezügliche Zustimmung der für Personalangelegenheiten zuständigen Stelle des öffentlichen Arbeitgebers vorliegt (BAG vom 26.03.1997 - 4 AZR 489/95 - AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 223). Eine derartige Zustimmung des beklagten Landkreises liegt nicht vor.
8. Die Klägerin ist auch nicht gemäß § 23 BAT in die Vergütungsgruppe III BAT/VKA eingruppiert.
Ein Fall des § 23 Abs. 1 BAT/VKA liegt nur vor, wenn sich die überwiegend - nicht nur vorübergehend - auszuübende Tätigkeit im Rahmen der an sich beibehaltenen Aufgaben derart ändert, dass sie einer höheren tariflichen Wertigkeit entspricht. Dies nicht der Fall. Die Klägerin hat nicht substantiiert vorgetragen, dass sich die von ihr auszuübende Tätigkeit im vorgenannten Sinne verändert habe.
9. Letztlich kann die Klägerin ihren Anspruch auf Höhergruppierung auch nicht auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch den beklagten Landkreis stützen.
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe die Mitarbeiterin K.-B. nach Vergütungsgruppe III BAT eingruppiert, obgleich diese nicht über eine psychotherapeutische Ausbildung verfüge und ihre Arbeit weiterhin am gestalttherapeutischen Ansatz ausrichte. Die Tätigkeit der Mitarbeiterin K.-B. unterscheide sich nicht von der der Klägerin übertragenen Tätigkeit.
a. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 2 BAT/VKA hat der Angestellte grundsätzlich nur Anspruch auf Zahlung von Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist. Nach § 23 Abs. 3 Unterabsatz 1 BAT/VKA ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale seine nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit erfüllt. Damit haben die Tarifvertragsparteien den Grundsatz der Tarifautomatik normiert. Diesen haben die Parteien des vorliegenden Rechtsstreites arbeitsvertraglich nicht modifiziert, sondern über die Einbeziehung der Regelung des BAT/VKA zur Grundlage des Vergütungsanspruches für die Klägerin gemacht.
Die Berufung auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kommt in diesem Zusammenhang deshalb nur dann in Frage, wenn die Klägerin von dem beklagten Landkreis eine über- oder außertarifliche Leistung verlangen würde (vgl. BAG v. 27.01.1999 - 4 AZR 52/98 - n.v. - Juris). Die Klägerin behauptet aber gerade, allein aufgrund ihrer Tätigkeit einen tarifvertraglichen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAG/VKA zu besitzen.
b. Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz könnte zudem nur dann vorliegen, wenn überhaupt eine allgemein begünstigende über- oder außertarifliche Regelung bestehen würde. Dabei ist zu beachten, dass nicht jede Ungleichbehandlung bereits zu einem Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz führt. Der Arbeitgeber ist also nicht gehindert, aus einer Gruppe von Angestellten, die gleichartige Tätigkeiten verrichten, einige zu begünstigen. Dies gilt ebenfalls für den Bereich der individuellen vereinbarten Vergütungen. Daher hat bei der Beurteilung der Eingruppierung von Frau K.-B. der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Aus einer möglichen übertariflichen Eingruppierung von Frau K.-B. kann die Klägerin keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten (vgl. BAG vom 19.08.1992 - 5 AZR 513/91- AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 102).
Nach alledem ist das Begehren der Klägerin, den beklagten Landkreis zur Zahlung der Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT/VKA ab dem 01.02.2005 oder zu einem späteren Zeitpunkt zu verpflichten, unbegründet. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
C.
Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Gründe, gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.