Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.09.2007, Az.: 9 Sa 989/06

Anhörung; Haftbefehl; Personalrat; Verdachtskündigung

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
03.09.2007
Aktenzeichen
9 Sa 989/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 71782
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG - 26.04.2006 - AZ: 8 Ca 461/05 Ö

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Vorlage eines Haftbefehls mit eigener Sachverhaltsdarstellung und Begründung der Tatvorwürfe an den Personalrat genügt der Begründungspflicht für die Kündigung im Rahmen der Benehmensherstellung.
2. Für die Anhörung des Arbeitnehmers im Rahmen einer Verdachtskündigung durch die zuständige Personalreferentin ist ein Hinweis nicht erforderlich, dass die Anhörung der Vorbereitung arbeitsrechtlicher Konsequenzen diene. Maßgeblich ist die Gelegenheit zur Sachaufklärung für den Arbeitnehmer. Jedenfalls folgt aus der Anhörung durch die Personalreferentin hinreichend, dass die Anhörung im Zusammenhang mit personellen Maßnahmen steht.
3. Zu den Anforderungen an die Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB bei einer Verdachtskündigung eines inhaftierten Arbeitnehmers.

Tenor:

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 26.04.2006 AZ 8 Ca 461/05 Ö abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer außerordentlichen Verdachtskündigung des beklagten Landes. Der am 0.0.1953 geborene Kläger war bei dem beklagten Land seit 1990 als Finanzangestellter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung. Seit 1996 war der Kläger als Spielbankaufsicht in der Spielbank A-Stadt tätig. Er war der Dienststelle Finanzamt A-Stadt-Mitte zugeordnet. Sein durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt betrug zuletzt 3.000,00 €. Zu den Aufgaben des Klägers als Spielbankaufsicht gehörte die Sicherstellung der Ordnungsgemäßheit und Sicherheit des Spielbetriebes in der Spielbank. Ohne Mitwirkung der Aufsicht konnte kein Spielautomat und kein Gewinn aus der Kasse ausgezahlt werden. Alle Automaten in der Spielbank sowie die Kassenvorbereiche und die Ein- und Ausgänge der Spielbank werden mit Videotechnik überwacht.

Bei Routinekontrollen des Videomaterials fiel auf, dass sogenannte „Nachlagen“ (Gewinne) erzeugt wurden, ohne dass es zu einer tatsächlichen Gewinnauszahlung an Gäste gekommen war. Dementsprechend erstattete das Niedersächsische Finanzministerium am 27.06.2005 Strafanzeige.

Das Videomaterial sowie die sogenannten Slot-Data-System-Protokolle (SDS-Protokolle) der jeweils manipulierten Spielautomaten wurden ausgewertet. Für das Ergebnis dieser Auswertung wird auf S. 7-13 des Schriftsatzes vom 17.11.2005 Bezug genommen (Bl. 45-51 d. A.). Die Auflistung enthält den Typ des Geldspielautomaten sowie die Höhe des eingetretenen Schadens unter dem angegebenen Datum. Darüberhinaus sind die beteiligten Mitarbeiter, sowie als Finanzaufsicht jeweils der Kläger und die Ermittlungsquelle (CD-Festplatte/SDS-Protokolle) benannt.

Das Niedersächsische Finanzministerium fertigte unter dem 25.08.2005 einen Bericht „Manipulationen im Automatenspiel - Beteiligung von Mitarbeitern der Finanzverwaltung“ in der Spielbank A-Stadt. Für den Bericht wird auf Bl. 262-267 d. A. Bezug genommen.

Des weiteren wurde bei den Videoüberwachungen festgestellt, dass es zu Unregelmäßigkeiten im Bereich der „Hopperfüllungen“ kam. Dabei handelt es sich um Boxen in den Geldspielgeräten, die ein begrenztes Fassungsvermögen von Münzgeld haben. Diese Hopper dienen der Auszahlung kleinerer Geldbeträge an Gäste direkt am Automaten. Wenn diese leer sind, müssen sie im Beisein des Angestellten der Finanzaufsicht wieder aufgefüllt werden. Das beklagte Land bezieht sich hierzu auf die auf S. 14 des Schriftsatzes vom 17.11.2005 genannten Verdachtsfälle (Bl. 52 d. A.).

Am 25.08.2005 erließ das Amtsgericht einen Haftbefehl gegen den Kläger als Beschuldigten. Danach wird dem Beschuldigten Folgendes zur Last gelegt:

„Der Beschuldigte ist Angestellter des Finanzamtes A-Stadt-Mitte. Ihm obliegt die Finanzaufsicht über die Spielbank A-Stadt.

Es besteht der dringende Verdacht, dass der überwiegende Teil der Mitarbeiter des Automatenspiels der Spielbank A-Stadt in wechselnder Beteiligung im Zusammenspiel mit dem Beschuldigten in seiner Funktion als Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB zumindest seit Ende Mai 2005 in mindestens 35 Fällen Spielautomaten der Spielbank A-Stadt derart manipuliert haben, dass jeweils Kredite zum Automatenspiel im Gegenwert von zumeist zwischen 500,00 und 2.000,00 € durch Einführen von an den Spielautomaten an sich mechanisch gesperrten Banknoten über 200,00 bzw. 500,00 €, die sich der jeweils im Automatensaal agierende Täter der Spielbank A-Stadt zuvor von seinem an der Kasse agierenden Kollegen (ohne Buchung oder Buchungsbeleg) hatte aushändigen lassen, aufgebucht wurden, sie sodann durch Betätigung der Auszahlungstaste am Spielautomaten eine sogenannte Nachlage (Gewinnbenachrichtigung für die Kasse) erzeugten, wodurch der in der Kasse bestehende Fehlbetrag ausgeglichen werden konnte und anschließend die zuvor eingeführten Geldscheine, die von der Geldscheinzählerfortschreibung des jeweils betroffenen Gerätes nicht erfasst werden konnten, wieder aus der Spielbox des Spielautomaten entnahm und bei lebensnaher Betrachtung später unter sich aufteilten. Der dadurch entstandene Gesamtschaden beläuft sich auf mindestens 40.936,50 €.

…“.

Es folgen auf S. 3 unten des Haftbefehles unter den fortlaufenden Ziffern 2-35 die Angabe der einzelnen Fälle unter Datumsangabe, Höhe der Nachlage und Beteiligung der jeweiligen Mitarbeiter, wobei der Kläger bei allen Taten genannt ist.

Auf S. 5 unten des Haftbefehles heißt es:“ Der Beschuldigte ist der Taten dringend verdächtig, insbesondere aufgrund der von der Spielbankenaufsicht des Niedersächsischen Finanzministeriums (die Zeugen L. und A.) ausgewerteten Videoaufzeichnungen der in der Spielbank A-Stadt fest installierten Überwachungskameras und der sogenannten Slot-Data-System-Protokolle (kurz SDS-Protokolle) der jeweils manipulierten Spielautomaten“. Für den gesamten Inhalt des Haftbefehles wird auf Bl. 74-79 d. A. Bezug genommen.

Am 28.08.2005 2.30 Uhr morgens wurde der Kläger festgenommen. Der Kläger wurde am 29.08.2005 vom Amtsgericht A-Stadt sowie am 30.08.2005 vom Landeskriminalamt Niedersachsen vernommen. Der Kläger war in den Vernehmungen geständig. Für den Inhalt der Vernehmungsprotokolle wird auf Bl. 81-84 und 95-97 d. A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 28.08.2005 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos. Das Kündigungsschreiben wurde am 29.08.2005 durch den RAR H. dem in der Justizvollzugsanstalt einsitzenden Kläger übergeben. Herr H. fertigte das sich auf Bl. 181 befindende Protokoll vom 29.08.2005, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Aus dieser Kündigung vom 28.08.2005 leitete das beklagte Land später keine Rechte mehr her.

Am 05.09.2005 suchte die Regierungsdirektorin Z. in Begleitung des Steueramtsrats T. den Kläger in der Justizvollzugsanstalt A-Stadt auf. Sie stellte sich und Herrn Steueramtsrat T. mit Namen und Angaben der Funktion vor. Frau Z. ist die Personalreferentin der Oberfinanzdirektion. Frau Z. befragte den Kläger zu den Tatvorwürfen. Ob darüber hinaus dem Kläger mitgeteilt wurde, dass die Anhörung wegen einer beabsichtigten außerordentlichen Verdachtskündigung erfolge, also in einem arbeitsrechtlichen Zusammenhang stehe, ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger hat sich zur Sache nicht geäußert. Für diese Darstellungen der Parteien wird auf S. 2 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2006 verwiesen. Der Kläger unterzeichnete ein handschriftliches Protokoll vom 05.09.2005, für dessen Inhalt auf Bl. 137 d. A. Bezug genommen wird, am Ende des Gesprächs.

Mit Schreiben vom 06.09.2005, dem Bezirkspersonalrat an dem selben Tag zugegangen, hörte das beklagte Land den Bezirkspersonalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung gemäß § 54 BAT (Verdachtskündigung) an. Um Benehmensherstellung wurde gebeten. Der schriftlichen Anhörung, für welche auf Bl. 34 d. A. Bezug genommen wird, lagen bei: MF-Erlass vom 29.08.2005 - P 1006-5-37, Anhörung vom 05.09.2005, Haftbefehl vom 25.08.2005 - 270 C GS 60/05. Der Bezirkspersonalrat billigte die beabsichtigte Maßnahme am 07.09.2005. Die Billigung ist unterzeichnet von dem Vorsitzenden des Bezirkspersonalrates A. sowie der Angestelltenvertreterin Frau S.. Ob dem Bezirkspersonalrat der Bericht des niedersächsischen Finanzministeriums vom 25.08.2005 vorlag, ist zwischen den Parteien streitig. Nicht beigelegt war das vom RAR H. gefertigte Protokoll vom 29.08.2005.

Mit Schreiben vom 08.09.2005, welches von der Regierungsrätin Z. unterzeichnet war, kündigte das beklagte Land, handelnd durch die Oberfinanzdirektion A-Stadt.

Am 21.09.2005 hörte das Landeskriminalamt den Kläger erneut zu den Vorwürfen an. Hierfür wird auf Bl. 85-93 d. A. Bezug genommen.

Am 21.11.2005 stellte das beklagte Land erneut das Benehmen des Personalrates her und hörte diesen zu den Inhalten des Protokolls vom 29.08.2005 des RAR H. und der Protokolle der Beschuldigtenvernehmung durch das Amtsgericht A-Stadt vom 29.08.2005 sowie der Beschuldigtenvernehmungen durch das Landeskriminalamt vom 30.08.2005 und 21.09.2005 an. Am 24.11.2005 teilte der Bezirkspersonalrat die Billigung der Maßnahme mit. Für den Inhalt der Anhörung wird auf Bl. 138 d. A. Bezug genommen.

Für das Jahr 2005 waren dem Kläger bereits 15 Urlaubstage gewährt worden. Mit Schreiben vom 17.11.2005 erkannte das beklagte Land einen weiteren Urlaubsanspruch in Höhe von 3 Tagen an. Am 19.12.2005 erließ das Arbeitsgericht Hannover ein schriftliches Teilanerkenntnisurteil, in dem es eines Resturlaubsanspruch für das Jahr 2005 in Höhe von 3 Tagen zu Gunsten des Klägers feststellte.

Der Kläger hat mit seiner am 19.09.2005 beim Arbeitsgericht eingegangen Klage die ordnungsgemäße Anhörung des Personalrates zu seiner beabsichtigten Kündigung gerügt und zunächst das Vorliegen von Kündigungsgründen bestritten. Der Bezirkspersonalrat sei auch nicht zuständig gewesen. Außerdem habe keine Anhörung vor dem Ausspruch der Verdachtskündigung stattgefunden. In dem Gespräch vom 05.09.2005 sei ihm nicht mitgeteilt worden, dass es um eine außerordentliche Kündigung und arbeitsrechtliche Angelegenheiten ging. Er habe das Gefühl gehabt, dass er im Auftrag des Innenministeriums angehört worden sei. Daher habe er auch einen Rechtsanwalt verlangt. Darüber hinaus habe das beklagte Land bereits am 11.07.2005 Kenntnis von dem Kündigungsgrund gehabt. Zu diesem Zeitpunkt habe Herr L. vom Niedersächsischen Finanzministerium an den Staatsanwalt G. die Mitteilung gegeben, dass der Kläger der maßgeblich Beteiligte sei. Auch sei er nicht binnen einer Woche ab Kenntnis des Kündigungsgrundes angehört worden.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des beklagten Landes vom 08.09.2005 nicht aufgelöst worden ist.

2. festzustellen, dass dem Kläger gegen das beklagte Land ein Resturlaubsanspruch für das Jahr 2005 in Höhe von weiteren 12 Tagen zusteht,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Klageantrag zu 1.) festzustellen, dass dem Kläger gegen das beklagte Land ein Resturlaubsanspruch für das Jahr 2005 in Höhe von 2 Tagen zusteht.

3. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger als restliche Bruttovergütung für den Monat August 2005 einen Betrag von 564,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2005 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat zunächst darauf verwiesen, dass die außerordentliche Kündigung wegen des dringenden Verdachts der Beteiligung des Klägers an der Manipulation von Spielautomaten gerechtfertigt sei. Zumindest seit Ende Mai 2005 habe der Kläger mit anderen Mitarbeitern in wechselnder Beteiligung in mindestens 54 Fällen Spielautomaten der Spielbank manipuliert und die entnommenen Geldscheine an sich genommen bzw. unter den anderen Beteiligten aufgeteilt. Dieser Verdacht habe sich aufgrund der Auswertung des Videomaterials und der sogenannten Slot-Data-Systeme ergeben und sei durch den Haftbefehl des Amtsgerichts A-Stadt vom 25.08.2005 bestätigt. Da ohne die Mitwirkung des Klägers als Finanzaufsicht die Manipulationen gar nicht durchgeführt hätten werden können, sei der Verdacht auch dringend. Der Kläger sei zu den Tatvorwürfen auch seitens des beklagten Landes am 05.09.2005 durch die Regierungsdirektorin Z. in Begleitung des Steueramtsrats T. angehört worden. Da aus ihrer Sicht die Ermittlungen des Sachverhaltes, der zur Begründung eines dringenden Tatverdachts geführt habe, erst mit dem Erlass des Haftbefehls abgeschlossen waren, und der Kläger unverzüglich zu den Tatvorwürfen angehört worden sei, sei auch die 2-Wochen-Frist eingehalten. Vor Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sei eine Anhörung oder Kündigung des Klägers wegen der Gefährdung der Ermittlungen nicht möglich gewesen. Man habe unverzüglich eine Besuchserlaubnis des Klägers in der Justizvollzugsanstalt beantragt, welche am 02.09.2005 für Montag, den 05.09.2005, erteilt worden sei. Die Oberfinanzdirektion sei als Mittelbehörde auch kündigungsbefugt gewesen, weshalb auch der Bezirkspersonalrat habe angehört werden müssen. Die Zeichnungsbefugnis der Regierungsdirektorin Z. ergebe sich aus dem Zeichnungskatalog der OFD vom 23.11.2004 (Bl. 59-73 d. A.).

Das Arbeitsgericht Hannover hat mit am 06.06.2006 dem beklagten Land zugestelltem Urteil vom 26.04.2006 der Kündigungsschutzklage stattgegeben, weil der Bezirkspersonalrat zur außerordentlichen Verdachtskündigung nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Zwar seien die in dem Haftbefehl genannten Straftaten an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Es fehle jedoch an der ordnungsgemäßen Anhörung des Personalrates über die Kündigungsgründe. Nach dem Inhalt der Anhörung sei der Personalrat nicht ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in die Lage versetzt worden, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über eine Stellungnahme schlüssig zu werden. Insofern gelte für die Benehmensherstellung nach § 75 Abs. 1 Nr. 3, 76 NPersVG nichts anderes als für die Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 BetrVG. Kündigungsgründe und Kündigungstatsachen, die dem Arbeitgeber im Zeitpunkt der Unterrichtung des Personalrates bekannt seien, die er dem Personalrat aber nicht vor Ausspruch der Kündigung mitteilt, könnten im späteren Kündigungsschutzprozess nicht nachgeschoben werden. Dies führe zwar nicht zur nicht ordnungsgemäßen Herstellung des Benehmens, jedoch zur Unwirksamkeit der Kündigung. Etwas anderes könne nur gelten, wenn die Kündigungsgründe zulässigerweise in den Kündigungsschutzprozess nachgeschoben würden und der Personalrat hierzu vorab angehört worden sei. Diesen Anforderungen würde die Personalratsanhörung vom 06.09.2005 nicht genügen, weil die Kündigungsgründe selbst nicht näher ausgeführt seien und auch nicht aus dem Haftbefehl folgen würden. Aus dem Haftbefehl würde auch nicht die Beteiligung des Klägers folgen. Jedenfalls sei nicht konkretisiert, aufgrund welcher konkreter Verdachtstatsachen die Tatvorwürfe gegenüber dem Kläger erhoben würden. Der Erlass eines Haftbefehls sei nicht ausreichend, einem dringendem Tatverdacht im arbeitsrechtlichen Sinne zu begründen. Hierzu seien zwar die von dem Kläger abgegebenen Geständnisse gegenüber dem Regierungsamtsrat H. vom 29.08.2005 sowie in der richterlichen Vernehmung vom 29.08.2005 und der Beschuldigtenvernehmung durch das Landeskriminalamt Niedersachsen am 30.08.2005 und 21.09.2005 geeignet. Diese Geständnisse seien jedoch nicht Gegenstand der Personalratsanhörung gewesen und hätten auch nicht zulässigerweise - nach Benehmensherstellung am 21.11.2005 - nachgeschoben werden können, weil diese (mit Ausnahme der Vernehmung vom 21.09.2005) im Zeitpunkt der Personalratsanhörung bekannt gewesen seien. Maßgeblich sei dabei auch das Protokoll der Anhörung durch den RAR H. vom 29.08.2005, in dem die Vorwürfe eingestanden seien. Die anderen Vernehmungen wiederholten das Geständnis und konkretisierten dieses. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht dem Kläger 12 weitere Urlaubstage nach § 48 BAT zugesprochen. Hinsichtlich des Klageantrages zu 3.) hat es die Klage abgewiesen.

Die am 20.06.2006 eingelegte Berufung des beklagten Landes richtete sich zunächst gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover insgesamt, wie aus der am 06.10.2006 - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch Beschluss vom 31.07.2006 auf Antrag des Beklagtenvertreters vom 28.07.2006 bis zum 09.10.2006 - beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufungsbegründung folgte.

Das beklagte Land behauptet mit der Berufung erstmals, dass dem Bezirkspersonalrat der Prüfbericht des Fachreferates 34 vom 25.08.2005 durch das an diesen gerichtete Anhörungsschreiben vom 29.08.2005 nebst Anlagen bekannt gewesen sei. Das folge aus der Anlage „MF Erlass vom 29.08.2005“, weil nämlich der Bezirkspersonalrat zu der bereits am 28.08.2005 ausgesprochenen Kündigung „nachträglich“ angehört werden sollte. Außerdem habe die damalige Abteilungsleiterin im Finanzministerium Frau H. am 29.08.2005 ein Telefonat mit der Angestelltenvertreterin C.S. über den Vorgang geführt. Unabhängig davon folge die ordnungsgemäße Anhörung des Bezirkspersonalrats auch schon aus dem Inhalt des Haftbefehles, der nämlich die Verdachtsmomente auch im arbeitsrechtlichen Sinne ausreichend konkretisiere. Dem Bezirkspersonalrat sei darüber hinaus bekannt gewesen, in welcher Funktion der Kläger in der Spielbank tätig war und wie die Abläufe in einer Spielbank seien. Frau S. habe sich für den Personalrat durch einen Besuch in der Spielbank Bad Zwischenahn entsprechend informiert. Die Protokolle der richterlichen Vernehmung vom 29.08.2005 und des Landeskriminalamtes vom 30.08.2005 seien der Regierungsdirektorin Z. als Kündigungsberechtigte bei Ausspruch der Kündigung nicht bekannt gewesen. Kenntnis davon habe sie erst im Zusammenhang mit der Einsichtnahme der Ermittlungsakten bekommen, welche zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt erst beantragt worden sei. Die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei ebenfalls gewahrt. Herr L. vom Niedersächsischen Finanzministerium sei weder kündigungsbefugt, noch seien die Ermittlungen abgeschlossen gewesen, die zu einer tragfähigen Verdachtsgrundlage geführt haben. Dies sei erst mit Erlass des Haftbefehls und der anschließenden Festnahme der Fall gewesen. Da der Kläger in der Justizvollzugsanstalt eingesessen habe, sei auch eine frühere Anhörung nicht möglich gewesen. Die „Anhörung“ durch den RAR H. sei keine Anhörung zu einer beabsichtigten Kündigung gewesen. Herr H. habe kein Personalbefugnisse und sei lediglich Bote hinsichtlich der Kündigung vom 28.08.2005 gewesen. Für das weitere Vorbringen der Berufung wird ergänzend auf die Berufungsbegründung vom 06.10.2006 Bezug genommen.

Nach teilweiser Rücknahme der Berufung hinsichtlich dem Kläger noch zustehenden zwei Urlaubstagen beantragt das beklagte Land,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 26.04.2006 8 Ca 461/05 Ö abzuändern und die Klage hinsichtlich des Antrages zu 1. vollumfänglich und hinsichtlich des Antrages zu 2., soweit dieser über die Feststellung eines Resturlaubsanspruchs für das Jahr 2005 von weiteren 2 Tagen hinausgeht, abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verweist in seiner Berufungserwiderung vom 10. und 11.12.2006, auf die ergänzend Bezug genommen wird, darauf, dass aus der Anhörung vom 05.09.2005 kein Geständnis folge. Seine Geständnisse könnten erst über die nachträgliche Benehmensherstellung des Personalrates vom 21.11.2005 in den Kündigungsschutzprozess eingeführt werden, was jedoch nicht möglich sei, weil diese zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits bekannt gewesen seien. Erst in diesen Vernehmungsprotokollen seien jedoch maßgebliche Tatsachen für die Kündigung mitgeteilt worden. Trotz Erlass des Haftbefehles gelte für den Kläger die Unschuldsvermutung nach Artikel 6 Abs. 2 MRK. Im Übrigen müsse berücksichtigt werden, dass das beklagte Land ein erhebliches Mitverschulden träfe, da es bei der Spielbankaufsicht kein Rotationsverfahren durchgeführt hätte.

Entscheidungsgründe

Die statthafte und zulässige Berufung ist begründet.

I.

Die Berufung ist statthaft; sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufungsbegründung genügt auch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Der Berufungsführer muss die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter prüfen und darauf hinweisen, in welchen Punkten und mit welchen Gründen er das angefochtene Urteil aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für unrichtig hält (vgl. hierzu BAG vom 06.01.2004, 9 AZR 680/02 AP Nr. 11 zu § 74 ArbGG 1979 zu Ziff. II 2 a der Gründe und vom 14.12.2004, 1 AZR 504/03 NZA 2005 S. 818; Ziff. I 1 der Gründe sowie BAG vom 17.01.2007, 7 AZR 20/06 AP Nr. 30 zu § 14 TzBfG = EzA § 14 TzBfG Nr. 37 Rn. 11 = Ziff. I 2) der Gründe). Diesen Maßstäben genügen die Ausführungen des Berufungsklägers, da das beklagte Land sich gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 08.09.2005 insgesamt und damit auch gegen die Feststellung weiterer Urlaubstage wendet. Die Berufung ist somit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).

II.

Die Berufung ist nach der teilweisen Berufungsrücknahme vollumfänglich begründet.

Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung des beklagten Landes vom 08.09.2005 außerordentlich fristlos beendet worden (§ 54 Abs. 1 und 2 BAT, § 626 Abs. 1 u. 2 BGB). Der Personalrat ist ebenfalls ordnungsgemäß angehört worden (§§ 75 Abs. 1 Nr. 3, 76 NPersVG).

1. Die Kündigung ist nicht nach § 174 S. 1 BGB wegen fehlender Vollmachtsvorlage unwirksam. Dabei kann offen bleiben, ob dem Kläger der Zeichnungskatalog der Oberfinanzdirektion bekannt war und er zu einer Zurückweisung überhaupt befugt war. Eine Zurückweisung erfolgte jedenfalls nicht unverzüglich im Sinne des § 174 S. 2 BGB. Sie erfolgte allenfalls konkludent mit Klageerhebung am 19.09.2005. In diesem Sinne hat das beklagte Land die Kündigungsschutzklage offensichtlich verstanden, wie in der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2007 klargestellt wurde. Mit Zustellung der Kündigungsschutzklage beim beklagten Land am 28.09.2005 erfolgte eine Zurückweisung jedoch nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 174 S. 2 BGB (vgl. BAG vom 11.03.1999 - 2 AZR 427/98, AP Nr. 150 zu § 626 BGB = EzA § 626 nF BGB Nr. 177, Ziff. B I 2 d. Gr.). Eine frühere Zurückweisung liegt nicht vor.

2. Der zuständige Bezirkspersonalrat ist zu der beabsichtigten Kündigung auch ordnungsgemäß gemäß §§ 75 Nr. 3, 76 Abs. 1 NPersVG angehört worden.

a) Der Bezirkspersonalrat ist gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 NPersVG für die Benehmensherstellung zuständig. Nach dieser Vorschrift beteiligt die zur Entscheidung befugte übergeordnete Dienststelle in Angelegenheiten, die nicht nur sie oder die bei ihr Beschäftigten betreffen, die bei ihr gebildete und für den betroffenen Bereich zuständige Stufenvertretung. Gemäß § 47 Abs. 1 NPersVG ist die bei den Mittelbehörden ansässige Stufenvertretung der Bezirkspersonalrat. Da die Oberfinanzdirektion als Mittelbehörde die Kündigung ausgesprochen hat und nicht das Finanzamt A-Stadt-Mitte, welchem die Dienststelle des Klägers zugeordnet war, war nicht der Personalrat, sondern die gebildete Stufenvertretung zuständig. Das ist der Bezirkspersonalrat. Da das Arbeitsverhältnis des Beklagten mit dem Land Niedersachsen und nicht mit dem Finanzamt als Einzelbehörde geschlossen war, hat hier die Oberfinanzdirektion als übergeordnete Dienststelle zutreffend gehandelt.

b) Die Benehmensherstellung ist dem Bezirkspersonalrat am 06.09.2005 seitens der Oberfinanzdirektion zugeleitet worden. Die Stellungnahme des Bezirkspersonalrates erfolgte bereits am 07.09.2005 und damit fristgerecht im Sinne des § 76 NPersVG. Die Stellungnahme ist sowohl von dem Vorsitzenden des Bezirkspersonalrats als auch von der Angestelltenvertreterin unterzeichnet, sodass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 S. 1 NPersVG ebenfalls vorliegen. Danach vertreten der Vorsitzende und ein der Gruppe angehörendes Mitglied den Personalrat gemeinsam, wenn die Angelegenheit nur eine Gruppe, nämlich hier die Angestelltengruppe betrifft.

c) Die Unterrichtung des Personalrates von der beabsichtigten außerordentlichen Verdachtskündigung entspricht den Anforderungen der §§ 76 Abs. 1, 68 Abs. 2 S. 1 NPersVG. Nach § 68 Abs. 2 Satz 1 NPersVG unterrichtet die Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme schriftlich und beantragt die Zustimmung. Das gilt für die Benehmensherstellung gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 NPersVG entsprechend.

aa) Da der Personalrat nur bei Bestehen einer Begründungspflicht überhaupt in die Lage versetzt, Einwendungen im Sinne des Personalvertretungsgesetzes gegen die beabsichtigte Maßnahme zu erheben, ist nicht nur die beabsichtigte Kündigung, sondern auch der die Kündigung tragende Sachverhalt mitzuteilen. Es gelten die zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 102 Abs. 1 BetrVG entwickelten Grundsätze (vgl. BAG v. 05.02.1981 - 2 AZR 1135/78 AP Nr. 1 zu § 72 LPVG NW = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 47 Ziff. II 1 d.Gr.; BAG v. 29.06.1989 - 2 AZR 456/88 n. v. - zit. nach juris - RdNr. 24 = Ziff. II 3 b d.Gr.; BAG v. 31.08.1989 - 2 AZR 453/88 AP Nr. 1 zu § 77 LPVG Schleswig-Holstein = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 75 Ziff. II 1 d.Gr.; BAG v. 26.09.2002 - 2 AZR 424/01, AP Nr. 37 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung = EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 1 Ziff. II 2 d.Gr. = RdNr. 44). Eine Kündigung ist danach nicht erst unwirksam, wenn eine Unterrichtung ganz unterblieben ist, sondern schon dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachgekommen ist. Der Arbeitgeber hat dem Personalrat grundsätzlich die Personalien des zu kündigenden Arbeitnehmers, die Beschäftigungsdauer, die Kündigungsart sowie die Kündigungsgründe mitzuteilen. Das Anhörungsverfahren hat über die reine Unterrichtung hinaus den Sinn, der Personalvertretung Gelegenheit zu geben, ihre Überlegungen zu der Kündigungsabsicht dem Arbeitgeber zur Kenntnis zu bringen. Die Anhörung soll in geeigneten Fällen dazu beitragen, dass es gar nicht zum Ausspruch einer Kündigung kommt. Aus dem Sinn und Zweck der Anhörung folgt für den Arbeitgeber die Verpflichtung, die Gründe für seine Kündigungsabsicht so mitzuteilen, dass der Personalrat eine nähere Umschreibung des für die Kündigung maßgeblichen Sachverhalts erhält. Dabei muss die Beschreibung des Sachverhalts so umfassend sein, dass der Personalrat ohne eigene Nachforschungen in die Lage versetzt wird, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen. Eine schlagwortartige oder pauschale Umschreibung des Kündigungssachverhaltes oder die Abgabe eines Werturteils genügt dafür nicht (BAG v. 26.09.2002 a.a.O. Ziff. II 2 d. Gr. = RdNr. 44 und BAG v. 02.11.1983 - 7 AZR 65/82, AP Nr. 29 zu § 102 BetrVG 1972 = EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 53 Ziff. I 2 b d. Gr.). Bei der Verdachtskündigung ist zusätzlich erforderlich, den Personalrat von der Anhörung des Arbeitnehmers und deren Inhalt in Kenntnis zu setzen (Stahlhacke/Preis RdNr. 417; APS/Koch, § 102 BetrVG RdNr. 128). Die Anhörung ist Teil der Ermittlung des Kündigungssachverhaltes.

Allerdings sind an die Mitteilungspflichten des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren nicht dieselben Anforderungen zu stellen, wie an die Darlegungslast im Kündigungsschutzprozess. Es gilt der Grundsatz der subjektiven Determinierung, nachdem die Arbeitnehmervertretung immer dann ordnungsgemäß angehört worden ist, wenn der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Gründe mitgeteilt hat (BAG v. 26.09.2002, a.a.O. Ziff. II 2 d.Gr. = RdNr. 44 a. E. ; BAG vom 16.09.2004, 2 AZR 511/03 AP Nr. 142 zu § 102 BetrVG 1972 = EzA § 102 BetrVG 2001 Nr. 10 Ziff. B I 1 d. Gr.). Teilt der Arbeitgeber also objektiv kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen dem Betriebsrat deswegen nicht mit, weil er die Kündigung darauf zunächst nicht stützen will oder weil er der Ansicht ist, die mitgeteilten Gründe reichten zur Rechtfertigung der Kündigung bereits aus, so ist das Anhörungsverfahren korrekt. Hat der Arbeitgeber jedoch weitere Tatsachen, die er dem Betriebsrat nicht mitgeteilt hat, gekannt und sind sie auch von ihm bedacht worden, so ist das Anhörungsverfahren nicht ordnungsgemäß und die Kündigung unwirksam. Hiervon gilt eine Ausnahme wiederum nur, wenn diese weiteren Tatsachen nur eine Ergänzung oder Konkretisierung des mitgeteilten Sachverhaltes darstellen (BAG v. 08.09.1988 EZA § 102 BetrVG 1972 Nr. 73 u. BAG v. 11.10.1989 EZA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 64).

bb) Diesen Anforderungen genügt die Anhörung des Bezirkspersonalrats durch das beklagte Land. Dem Bezirkspersonalrat sind in dem Anhörungsschreiben zunächst die persönlichen Daten des Klägers und die Dienststelle mitgeteilt worden, soweit sie für die Kündigung überhaupt relevant sind. Es wurde auch mitgeteilt, dass die beabsichtigte Maßnahme in dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung in Form einer Verdachtskündigung beabsichtigt sei. Durch die Vorlage des Protokolls von der Anhörung vom 05.09.2005 war der Personalrat darüber informiert, dass der Kläger sich zu den ihm gegenüber erhobenen Tatvorwürfen nicht äußern wollte, jedenfalls nicht gegenüber der Personalreferentin Z..

Aus der Vorlage des Haftbefehls vom 25.08.2005 folgen für den Bezirkspersonalrat auch die Kündigungsgründe einschließlich der den Verdacht der Begehung von Straftaten zu Lasten des beklagten Landes erhärtenden Momente. Aus dem Haftbefehl folgt zunächst, dass der Kläger als Adressat des Haftbefehles Verdächtiger für die Begehung von schwerwiegenden arbeitsvertraglichen Verfehlungen bzw. Straftaten ist. Aus der Auflistung von S. 3 bis 5 des Haftbefehls der Einzelfälle folgt die Beteiligung des Klägers an den Straftaten. Auch aus S. 5 unten und S. 6 oben des Haftbefehles ist zu schließen, dass der dringende Tatverdacht sich gegen den Kläger richtet. Diesem Passus ist nämlich zu entnehmen, wie der Verdacht gegen den Kläger zu Stande gekommen ist, nämlich durch Auswertung der Videoaufzeichnungen der in der Spielbank A-Stadt installierten Überwachungskameras und der sogenannten Slot-Data-System-Protokolle (SDS-Protokolle) der jeweils manipulierten Spielautomaten. Die Art und Weise der verdächtigen Begehung der Straftaten folgt aus der Darstellung auf S. 2 des Sachverhaltes. Da ist zunächst die Rede von Manipulation der Spielautomaten der Spielbank A-Stadt in 35 Fällen und im Folgenden wird beschrieben, wie diese Manipulation erfolgt ist. Damit wird dem Bezirkspersonalrat der Verdacht mitgeteilt, dass durch den Kläger neben weiteren Beteiligten Banknoten, die jeweils ohne Beleg oder Buchung von der Kasse genommen wurden, zunächst in den Spielautomat eingeführt und sodann wieder entnommen und unter den Beteiligten aufgeteilt wurden. Da durch das Einführen der Banknoten ein Mehrbetrag in dem Spielautomat erzeugt wurde, der an der Kasse als Gewinn auszuzahlen war, konnte der in der Kasse durch die Entnahme zunächst entstandene Fehlbetrag wieder ausgeglichen werden. Die anschließend eingeführten Geldscheine sollen vom Kläger entnommen und bei lebensnaher Betrachtung unter den Beteiligten aufgeteilt worden sein. Daraus folgt in ausreichender Weise der den Verdacht begründende Sachverhalt, der eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung in Form einer strafbaren Handlung darstellt. Eine Anhörung in dieser Form beschränkt sich auch nicht auf das bloße Mitteilen des Vorliegens eines Haftbefehls, sondern bezieht sich ausdrücklich auf die Begründung des Haftbefehls. Es war nicht erforderlich, die weitere Vorgehensweise durch den Kläger und die anderen Beteiligten - etwa in einer eigenen Sachverhaltsdarstellung - zu schildern, weil bereits aus dieser Darstellung der kündigungsbegründende Sachverhalt hinreichend klar ist.

Dem Bezirkspersonalrat wird auf S. 2 Mitte des Haftbefehles auch mitgeteilt, dass der Kläger als Finanzaufsicht über die Spielbank A-Stadt tätig war. Der Kläger war gerade nicht Spielbankmitarbeiter, sondern Angestellter des Landes Niedersachsens und daher mit entsprechenden Aufsichts- und Kontrollfunktionen in der Spielbank eingesetzt. Der Haftbefehl weist zwar nicht ausdrücklich darauf hin, dass die Spielbankautomaten allein mit Mitwirkung des Klägers geöffnet werden konnten und die Gewinne auch nur unter seiner Aufsicht aus der Kasse ausgezahlt werden durften. Das folgt aber zum einen aus der Funktion des Klägers als Finanzaufsicht über die Spielbank A-Stadt und zum anderen auch daraus, dass der Kläger bei jeder der genannten Fälle zu Ziffer 2-35 des Haftbefehls als Beteiligter genannt wird sowie aus den genannten Videoaufzeichnungen. Es ist gegenüber dem Personalrat nicht erforderlich, im Einzelnen die Videoaufzeichnungen in Worten zu schildern oder die Videos dem Bezirkspersonalrat vorzuführen. Der Arbeitgeber darf sich auf eine nachvollziehbare Zusammenfassung der Vorwürfe beschränken, weil es eben nicht Aufgabe des Personalrates ist, die Wirksamkeit der Kündigung und die Berechtigung der erhobenen Tatvorwürfe im Einzelnen zu prüfen. Dabei kann die Zusammenfassung des Kündigungssachverhalt auch durch Bezugnahme auf den Inhalt des Haftbefehls erfolgen.

Dass dem Bezirkspersonalrat das Protokoll des Regierungsamtsrats H. vom 29.08.2005 nicht vorlag, war für die Personalratsanhörung unerheblich. Der Regierungsoberrat H. war Bote für das Überbringen der Kündigung vom 28.08.2005. Die bei dieser Gelegenheit getätigten Äußerungen des Klägers wurden von ihm protokolliert, stellen aber keine Anhörung zu einer Verdachtskündigung oder sonstige den Kündigungsgrund im Sinne der Personalratsanhörung betreffenden Inhalte dar. Ob die Vernehmungsprotokolle und die darin enthaltenen Geständnisse des Klägers vom 30.08.2005 gegenüber dem Landeskriminalamt und vom 29.08.2005 vor der amtsrichterlichen Vernehmung dem beklagten Land in diesem Zeitpunkt bekannt waren, war für die Personalratsanhörung unerheblich. Das beklagte Land hörte den Kläger zu einer Verdachtskündigung an. Geständnisse der vorgeworfenen Taten können zwar verdachtserhärtend wirken. Die Vorlage der Geständnisse ist aber andererseits nicht erforderlich, um neben Erlass und Inhalt des Haftbefehls - der immerhin gem. § 112 Abs. 1 StPO das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts voraussetzt - den Kündigungssachverhalt dem Personalrat mitzuteilen. Ob die Geständnisse bei der Würdigung des Kündigungsgrundes heranzuziehen sind, ist an dieser Stelle nicht relevant. Der Umfang des durch die Beteiligung des Klägers ermittelten Schadens folgt ebenfalls aus dem Inhalt des Haftbefehles durch die Aufzählung der einzelnen Nachlagen in Ziffer 2.-35. der Fälle.

Aus den selben Gründen kam es auch nicht darauf an, ob dem Bezirkspersonalrat über die Anhörung zu der Kündigung vom 28.08.2005 als Anlage zu dem MF-Erlass vom 29.08.2005 der Ermittlungsbericht des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 25.08.2005 bekannt und die Angestelltenvertreterin S. durch die damalige Abteilungsleiterin H. telefonisch über das Geständnis des Klägers vom 29.08.2005 informiert war. Der Kündigungssachverhalt folgt für den Personalrat allein aus dem Inhalt des Haftbefehles und der Anhörung vom 05.09.2005, aus der für den Personalrat ersichtlich ist, dass der Kläger sich zu den Vorwürfen nicht äußern will.

3. Die Kündigung ist als außerordentliche Kündigung gemäß § 54 BAT, § 626 BGB wirksam.

a) Es liegt ein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschriften vor, aufgrund dessen die weitere Zusammenarbeit auch nach Abwägung der gegenseitigen Interessen für das beklagte Land unzumutbar ist. Schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem verdächtigen Arbeitnehmer darstellen. § 626 Abs. 1 BGB lässt eine Verdachtskündigung dann zu, wenn starke Verdachtsmomente auf objektiven Tatsachen gründen, wenn die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. BAG v. 10.2.2005, 2 AZR 189/04, AP Nr. 79 zu § 1 KSchG 1969 = EzA § 1 KScG Verdachtskündigung Nr. 3 Ziff. 3 = Rn. 28; BAG vom 26.09.2002 a.a.O. Ziff. B I 1 b d.Gr. = Rn. 32 und Ziff. 1 b aa = Rn. 33).

Dabei ist für die rechtliche Beurteilung der Wirksamkeit der Verdachtskündigung auf den Erkenntnisstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen. Nachträgliches Be-, aber auch Entlastungsvorbringen ist damit von den Gerichten zu berücksichtigen. Unberücksichtigt bleiben nur Tatsachen, die erst nach der Kündigung entstanden sind (BAG v. 14.09.1994 a.a.O. Ziffer II 3 d der Gründe). Prüfungsmaßstab ist daher, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der unstreitigen oder zur Überzeugung des Gerichts festgestellten Tatsachen, wie sie sich zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz darstellen, dem Arbeitgeber unzumutbar ist, weil bereits durch einen auf objektive Tatsachen gegründeten dringenden Verdacht das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen des Arbeitgebers zerstört ist. Dabei ist der Arbeitgeber nicht gehindert, im Kündigungsschutzprozess Tatsachen nachzuschieben, die ohne wesentliche Veränderung des Kündigungssachverhaltes lediglich der Erläuterung und Konkretisierung der dem Betriebsrat mitgeteilten Kündigungsgründe dienen. Maßstab für den Kündigungssachverhalt bleiben die dem Personalrat mitgeteilten Kündigungsgründe (BAG v. 11.04.1985 - 2 AZR 239/84 - EZA § 102 BetrVG 1972 Nr. 62 = AP Nr. 39 zu § 102 BetrVG 1972 Ziff. I 2 a).

Die von dem beklagten Land vorgetragenen Kündigungsvorwürfe im Schriftsatz vom 17.11.2005 sind vom Kläger nicht bestritten. Das beklagte Land bezieht sich auf die im Haftbefehl genannten schwerwiegenden Verdachtsmomente, den Erlass des Haftbefehls selbst und die Festnahmeanzeigen vom 28.8.2005. Dabei geht das beklagte Land von mindestens 54 Fällen der Manipulation von Spielautomaten der Spielbank A-Stadt aus wie aus der Aufstellung zu Seite 7 bis 13 des Schriftsatzes folgt. Die in dem Haftbefehl aufgeführten 34 Vorfälle, welche Gegenstand der Personalratsanhörung waren, sind Inhalt der von dem beklagten Land genannten Kündigungsgründe. Dass Verdachtsmomente für die darüber hinausgehenden vom Land genannten Taten nicht Gegenstand der Anhörung des Personalrats geworden sind, ist unerheblich, weil bereits - angesichts der Schwere der einzelnen Taten - das Vorliegen einzelner der in dem Haftbefehl genannten Taten einen schwerwiegenden Verdacht arbeitsvertraglicher Pflichtverletzungen durch das Begehen von Straftaten auch zu Lasten des Landes Niedersachsen begründet. Der Kläger ist als Finanzaufsicht für die Kontrolle und die Aufsicht in der Spielbank erforderlich, sodass es angesichts der Schwere der vorgeworfenen Taten keiner weiteren Ausführungen dazu bedarf, dass das Vertrauensverhältnis durch den schwerwiegenden Verdacht der Begehung der Straftaten im Sinne des Haftbefehls verletzt ist. Die Anforderungen an die Darlegungen des Kündigungsgrundes richten sich nach den Einlassungen des Klägers. Da der Kläger die Verdachtsmomente - Erlass des Haftbefehls, die im Haftbefehl geschilderte Tatbegehung einschließlich der Ermittlungsgrundlagen - nicht bestritten hat, gelten diese als im zivilprozessualen Sinne gemäß § 138 Abs. 2 ZPO zugestanden. Die Ausführungen des beklagten Landes sind insoweit konkret genug, um dem Kläger eine Einlassung zu ermöglichen. Ob der Kläger darüber hinaus gegenüber dem Landeskriminalamt und dem Amtsgericht Geständnisse abgelegt hat und die Verdachtsmomente dadurch bestärkt hat, war daher letztlich nicht ausschlaggebend. Ebenso wenig kam es darauf an, ob die Geständnisse in den Prozess und den Rechtsstreit über das Vorliegen eines Kündigungsgrundes nachgeschoben werden können. Dasselbe gilt für die Frage, ob eine Personalratsanhörung für das Einbringen der Geständnisse in den Rechtsstreit erforderlich war, oder ob es sich um bloße Konkretisierungen der Verdachtsmomente handelt.

b) Der Kläger ist vor Ausspruch der Verdachtskündigung auch ordnungsgemäß angehört worden. Die Anhörung des Arbeitnehmers ist Inhalt des wichtigen Grundes bei einer Verdachtskündigung, da an die Erfüllung der Aufklärungspflicht des Arbeitgebers hier besondere Anforderungen zu stellen sind. Bei einer Verdachtskündigung besteht immer die Gefahr, dass ein „Unschuldiger“ betroffen ist. Der Arbeitnehmer muss daher die Möglichkeit erhalten, die Verdachtsgründe zu entkräften und Entlastungstatsachen anzuführen (BAG vom 11.04.1985 a.a.O Ziff. III 3; BAG v. 26.09.2002 a.a.O. Ziff. B. I b bb d. Gr. = RdNr. 34). Erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer mit einem konkretisierten Sachverhalt konfrontiert wird, weil er nur dann die Möglichkeit hat, sich zum Verdachtsvorwurf und den ihn tragenden Verdachtsmomenten substantiiert zu äußern. Ausnahmsweise liegt eine schuldhafte Verletzung der Anhörungspflicht dann nicht vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht bereit war, sich auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe einzulassen und nach seinen Kräften an der Aufklärung mitzuwirken. Erklärt der Arbeitnehmer sogleich, er werde sich zum Vorwurf nicht äußern und nennt auch für seine Verweigerung keine relevanten Gründe, dann hat der Arbeitgeber seiner Anhörungspflicht Genüge getan. Eine weitere Anhörung wäre überflüssig, weil sie zur Aufklärung nichts beitragen kann (BAG v. 26.09.2002 a.a.O. Ziff. B I 1 b cc d. Gr. = RdNr. 35). Dabei muss die Anhörung des Arbeitnehmers nicht den Anforderungen genügen, die an eine Anhörung des Betriebsrates gestellt werden (BAG v. 26.09.2002 a.a.O. Ziff. B I 1 b bb d. Gr. = RdNr. 34).

Es kann dahinstehen, ob die Regierungsdirektorin Z. den Kläger als Personalreferenten am 05.09.2005 darauf hingewiesen hat, dass es um die Vorbereitung einer außerordentlichen Verdachtskündigung und einer arbeitsrechtlichen Maßnahme gehe. Sie hat sich als Personalreferentin mit Namen und ihrer Funktion ebenso wie den sie begleitenden Steueramtsrat T. vorgestellt. Allein aus der Vorstellung ihrer Person und Funktion muss für den Kläger folgen, dass es sich um eine arbeitsrechtliche Maßnahme und keine weitere Ermittlungstätigkeit anderer Behörden handelt. Die Einlassung des Klägers, er ginge von einer weiteren Anhörung des Innenministeriums aus, ist insoweit nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat sich zu den Tatvorwürfen nicht äußern wollen, was er mit seiner Unterschrift in dem Protokoll vom 05.09.2005 bestätigt hat. Ein Vorbehalt dieser Aussageverweigerung, wie z. B. die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes, ist in der von dem Kläger gegengezeichneten Anhörung nicht enthalten. Der Anhörung ist mithin Genüge getan.

c) Die Kündigung ist auch binnen 2 Wochen ab Kenntnis des Kündigungsberechtigten der für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen ausgesprochen worden (§§ 54 Abs. 2 BAT, 626 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB). Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat und ihm deshalb die Entscheidung über die Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses möglich ist. Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Ohne eine umfassende Kenntnis des Kündigungsberechtigten vom Kündigungssachverhalt kann sein Kündigungsrecht nicht verwirkt werden. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Es genügt nicht allein die Kenntnis des konkreten, die Kündigung auslösenden Anlasses, das heißt des „Vorfalls“, der einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen soll. Bei einer vom Arbeitgeber erklärten außerordentlichen Kündigung gehören auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Arbeitnehmer und gegen die Kündigung sprechen. Außerdem gehört es zu den vom Kündigungsberechtigten zu ergründenden maßgeblichen Umständen, mögliche Beweismittel für eine ermittelte Pflichtverletzung zu beschaffen und zu sichern (vgl. zuletzt BAG vom 01.02.2007 - 2 AZR 333/06, NZA 1997 S. 744-748). Das beklagte Land durfte die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und den Erlass des Haftbefehls bzw. die Festnahme abwarten (LAG Köln vom 31.10.1997 LAGE § 626 BGB „Verdacht strafbarer Handlung“ Nr. 7 = NZA-RR 1998 S. 297/298 u.li.; LAG Schleswig-Holstein vom 21.04.2004 - 3 Sa 548/03, NZA-RR 2004, S. 666/670 Ziff. II 4). Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, bereits bei Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen seinen Arbeitnehmer zu prüfen, ob hinreichende Verdachtsmomente für eine Kündigung vorliegen. Er ist vielmehr berechtigt, das Ergebnis behördlicher Ermittlungen abzuwarten. Selbst das Abwarten der Anklageerhebung oder der Eröffnung des strafrechtlichen Hauptverfahrens stünde einer außerordentlichen Verdachtskündigung nicht entgegen (BAG vom 24.1.1985, 2 AZR 317/84, AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge - Einzelhandel Ziff. 4 b d. Gr.; BAG v. 29.07.1993 2 AZR 90/93, AP Nr. 31 zu § 626 BGB Ausschlussfrist = EzA § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 4 Ziff. II 1 c cc d.Gr.).

Bei der Verdachtskündigung besteht zudem die Besonderheit, dass der Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Aufklärungspflichten den verdächtigen Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung anhören muss (s. Ziff. II 2 b d. Gr.). Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt sodann nach Durchführung der nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen zur Aufklärung, weil der Arbeitgeber sich erst dann ein Bild über den Verdacht und dessen Tragweite machen kann (BAG v. 29.07.1993, 2 AZR 90/93, AP Nr. 31 zu § 626 BGB Ausschlussfrist = EzA § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 4 Ziff. II 1 b dd d.Gr.). Dabei darf der Beginn der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht länger als unbedingt nötig hinausgeschoben werden. Die Frist ist nur solange gehemmt, wie der Kündigungsberechtigte aus verständigen Gründen mit der gebotenen Eile noch Ermittlungen anstellt. Ist die Anhörung des Arbeitnehmers erforderlich, ist diese in aller Regel in einer Frist von 1 Woche durchzuführen. Dabei handelt es sich jedoch um eine Regelfrist, die bei Vorliegen besonderer Umstände auch überschritten werden darf (BAG v. 10.06.1988 - 2 AZR 25/99, AP Nr. 27 zu § 626 BGB Ausschlussfrist = EzA § 626 BGB Ausschlussfrist Nr. 2 Ziff. III 2 c d. Gr.). Die für das beklagte Land maßgebliche Frist begann mit dem 28.08.2005, nämlich der Festnahme des Klägers. Erst ab diesem Zeitpunkt die Beklagte in die Lage versetzt, eigene Maßnahmen gegenüber dem Kläger zu ergreifen. Ab diesem Zeitpunkt war sie dann aber auch verpflichtet, zügig die weiteren Maßnahmen zu ergreifen, um binnen einer Frist von zwei Wochen kündigen zu können. Der Hinweis des beklagten Landes darauf, dass vor der Festnahme des Klägers die laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gefährdet gewesen wären, ist nachvollziehbar. Eine Anhörung zu einem früheren Zeitpunkt hätte die Feststellung des die Kündigung tragenden Sachverhaltes gefährdet. Die Festnahme erfolgte zudem an einem Sonntag, sodass das beklagte Land erst am nächsten Werktag die nächsten Maßnahmen vornehmen konnte. Da der Kläger in der Justizvollzugsanstalt einsaß, war ohne eine Genehmigung eines Besuchstermins die Anhörung des Klägers auch nicht möglich war. Der insoweit vorgetragene Zeitablauf des beklagten Landes - Mitteilung des Besuchstermins am 02.09. (Fr.) für den 05.09. (Montag) - ist insoweit nicht zu beanstanden. Nach der Anhörung am 05.09.2005 wurde am 06.09.2005 die Benehmensherstellung eingeleitet und mit Schreiben vom 08.09.2005, zugegangen am 09.09.2005, gekündigt.

Damit liegt insgesamt ein wichtiger Grund vor, der das beklagte Land zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt hat.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits waren dem Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO aufzulegen. Soweit die Beklagte die Berufung gegen die Verurteilung zu über 10 Tagen abzugeltenden Urlaub hinaus zurückgenommen hat, waren diese Kosten verhältnismäßig gering und nach § 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO nicht zu Lasten des beklagten Landes auszusprechen.

IV.

Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG lag nicht vor, insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision war daher nicht zuzulassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG gemäß nachfolgender Rechtsmittelbelehrung wird verwiesen.