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  • ab 01.09.1998 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 30 AB NGefAG - Zu § 30
- Grundsätze der Datenerhebung -

Bibliographie

Titel
Neufassung der Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz (AB NGefAG)
Amtliche Abkürzung
AB NGefAG
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21011100000060

30.0
Die §§ 30 ff. finden nur auf die Verarbeitung personenbezogener Daten und nur insoweit Anwendung, wie nicht in speziellen Gesetzen der Gefahrenabwehr bereichsspezifische Rechtsgrundlagen bestehen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2).

30.1
Können die Daten auch aus allgemein zugänglichen Quellen erhoben werden, wird diese Form der Datenerhebung grundsätzlich - weil weniger verwaltungsaufwändig und die betroffene Person weniger belastend - vorzuziehen sein. Allgemein zugängliche Quellen sind Veröffentlichungen aller Art (z. B. Adress- und Telefonbücher, auch als elektronische Verzeichnisse auf CD-ROM oder im Rahmen der Nutzung eines jedermann zugänglichen Tele-Dienstes, Flugblätter, Zeitungen, Radio, Fernsehen), einschließlich öffentlicher Datensammlungen, die jedermann ohne Nachweis eines Interesses zugänglich sind (z. B. Handelsregister).

Dritte i. S. des Satzes 2 (vgl. die Definition in § 3 Abs. 4 NDSG) sind insbesondere Zeugen, Hinweisgeber und sonstige Auskunftspersonen sowie um die Übermittlung von Daten ersuchte öffentliche Stellen. Zum Zweck der Datenerhebung bei Dritten dürfen diesen personenbezogene Daten nur bekannt gegeben werden, soweit dies unerlässlich ist und hierdurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen nicht unangemessen beeinträchtigt werden.

Das nach Satz 2 Nrn. 3 und 5 zu berücksichtigende Interesse der betroffenen Person kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein.

Die Aufgabenerfüllung ist i. S. des Satzes 2 Nr. 6 dann gefährdet oder erheblich erschwert, wenn zu besorgen ist, dass infolge einer Datenerhebung bei der betroffenen Person die Ermittlungen insgesamt möglicherweise nicht zum Erfolg führen werden oder sich der Ermittlungsaufwand für die Herbeiführung des Erfolgs wesentlich erhöhen wird.

30.2
Eine verdeckte Datenerhebung i. S. des Satzes 2 liegt vor, wenn Maßnahmen zielgerichtet getarnt werden, insbesondere die Zugehörigkeit einer Person zur Polizei bewusst nicht offenbart oder verschleiert wird. Allein der Umstand, dass eine Polizeibeamtin oder ein Polizeibeamter den Dienst in Zivilkleidung verrichtet oder ein äußerlich als solches nicht zu erkennendes Dienstfahrzeug benutzt, führt nicht zu einer verdeckten Datenerhebung. Desgleichen ist eine Datenerhebung durch Befragung eines Dritten oder durch Auskunftsersuchen bei einer anderen Behörde nicht schon deshalb eine verdeckte Maßnahme, weil sie ohne Kenntnis der betroffenen Person erfolgt.

Eine erhebliche Gefährdung der Aufgabenerfüllung (Satz 2 Nr. 3) liegt vor, wenn anzunehmen ist, dass bei einer offenen Datenerhebung die gefahrenabwehrende Maßnahme mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zum Erfolg führt.

Im Rahmen einer verdeckten Datenerhebung darf eine Wohnung nicht betreten werden, wenn das Einverständnis der berechtigten Person durch Vortäuschen eines Zutrittsrechts (z. B. als Gasableserin oder Gasableser) herbeigeführt wurde. Mit dem Einverständnis der berechtigten Person betretene Wohnräume dürfen nicht durchsucht werden.

Das Verbot des Satzes 4 trifft insbesondere auf die Rasterfahndung (vgl. § 98a StPO) zu Zwecken der Gefahrenabwehr zu.

30.4
Bei der Erfüllung der Unterrichtungspflicht ist keine bestimmte Frist vorgeschrieben. Die Polizeibehörde hat bei dem ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum auch den Zeitpunkt zu prüfen, zu dem eine Unterrichtung erfolgen kann, ohne den Zweck der Maßnahme, nicht aber die polizeiliche Aufgabenerfüllung insgesamt, zu gefährden.

Die Unterrichtung erfolgt für jeden Erhebungsvorgang nur einmal, und zwar durch die Behörde oder Dienststelle, die die Daten erhoben hat. In der Unterrichtung ist mitzuteilen, dass (nicht welche) personenbezogene Daten erhoben und dass (nicht welche) besondere Mittel oder Methoden eingesetzt wurden. Die betroffene Person ist über die konkrete Rechtsgrundlage nach dem Gesetzeswortlaut zu unterrichten. Weiterhin ist in groben Umrissen der Sachverhalt zu bezeichnen, der zu der Datenerhebung Anlass gegeben hat. Als Hinweis auf § 16 NDSG genügt die Mitteilung, dass die von der Datenerhebung betroffene Person unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen ein Auskunfts- oder Akteneinsichtsrecht hat.

30.5
Satz 1 Nr. 1 setzt voraus, dass gegen die betroffene Person ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren anhängig ist oder eingeleitet wird und dass sie im Rahmen dieses Verfahrens von der Datenerhebung Kenntnis erhält (insbesondere durch Vernehmung, Anhörung, Akteneinsicht).

Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen des Satzes 1 Nr. 2 ist hinsichtlich der Belange der betroffenen Person zu berücksichtigen, ob und welche weiteren Maßnahmen sich an die die Unterrichtungspflicht nach Absatz 4 auslösende Datenverarbeitung anschließen oder angeschlossen haben und inwieweit hierdurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

Als ähnlich schutzwürdige Belange einer Person (Satz 1 Nr. 3) kommen insbesondere nicht unerhebliche Vermögenswerte in Betracht. Würde durch die Bekanntgabe die wirtschaftliche Existenz einer Person gefährdet, ist ebenfalls von der Unterrichtung abzusehen. Als weitere Verwendung einer Vertrauensperson oder einer Verdeckten Ermittlerin oder eines Verdeckten Ermittlers kommt auch eine solche in einem anderen Verfahren oder Zusammenhang in Betracht.

Satz 1 Nr. 4, erster Satzteil, soll in erster Linie verhindern, dass personenbezogene Daten nur deshalb nicht gelöscht werden können, weil eine Unterrichtung noch nicht möglich war. Die Vorschrift betrifft also in der Regel Fälle des Satzes 1 Nr. 3. Im Übrigen ist auch bei sehr kurzen Löschungsfristen (z. B. § 14 Abs. 3 Satz 1) zunächst und rechtzeitig der Unterrichtungspflicht nachzukommen.