AB NGefAG,NI - Abest NI GefahrenabwehrG

Neufassung der Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz (AB NGefAG)

Bibliographie

Titel
Neufassung der Ausführungsbestimmungen zum Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetz (AB NGefAG)
Amtliche Abkürzung
AB NGefAG
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21011100000060

RdErl. d. MI v. 16.7.1998 - 21.1-12002/11.1 -

Vom 16. Juli 1998 (Nds. MBl. S. 1078)

- VORIS 21011 10 00 00 060 -

Bezug:

RdErl. v. 10.6.1994 (Nds. MBl. S. 996), zuletzt geändert durch RdErl. v. 15.7.1996 (Nds. MBl. S. 1199)
- VORIS 21011 10 00 00 049 -

Vorbemerkung

Die Nummernfolge der AB entspricht der Paragrafenfolge und der Absatz- oder Nummernfolge des NGefAG vom 20.2.1998 (Nds. GVBl. S. 101).

Allgemeiner Teil

Soweit Befugnisregelungen bestimmte Eingriffe nur zulassen, wenn "Tatsachen" vorliegen, müssen diese Tatsachen immer einen konkreten Bezug zum jeweiligen Sachverhalt aufweisen. Allgemeine Erfahrungssätze ohne konkreten Bezug zum Sachverhalt und bloße Vermutungen sind keine Tatsachen. Ist weitere Voraussetzung, dass die Tatsachen eine bestimmte Annahme rechtfertigen, so muss der aus den Tatsachen zu ziehende Schluss hinreichend wahrscheinlich sein.

Behördenleitung der Polizeibehörden i. S. der gesetzlichen Anordnungsvorbehalte sind die Direktorin oder der Direktor des Landeskriminalamts, die Regierungspräsidentin oder der Regierungspräsident, die Polizeipräsidentin oder der Polizeipräsident, die ständige Vertreterin oder der ständige Vertreter einer dieser Personen und eine nach der Geschäftsordnung sonst noch unter bestimmten Voraussetzungen zur Vertretung einer dieser Personen berufene Person.

Der Begriff "Dienststellenleitung" ist wie der Begriff "Behördenleitung" funktionsbezogen.

Soweit Maßnahmen nach dem NGefAG der Anordnung durch die Behördenleitung bedürfen und die Delegation dieser Befugnisse auf Dienststellenleiterinnen und Dienststellenleiter oder Bedienstete des höheren Dienstes eingeräumt wird, ist sicherzustellen, dass in der Sache ermittelnde Beamtinnen und Beamte nicht selbst die Anordnung treffen (Wahrung des Vieraugenprinzips).

Für die datenschutzrechtlichen Begriffe gelten die Begriffsbestimmungen des § 3 NDSG.

Auf Verwaltungsakte, die der Gefahrenabwehr dienen, finden nach § 1 Abs. 1 NVwVfG die Vorschriften des VwVfG Anwendung, soweit nicht das NGefAG inhaltsgleiche oder entgegenstehende Vorschriften enthält (z. B. die §§ 27 und 28 Abs. 2).

Redaktionelle InhaltsübersichtAbschnitt
Zu § 1
- Aufgaben der Verwaltungsbehörden und der Polizei -
1
Zu § 2
- Begriffsbestimmungen -
2
Zu § 3
- Geltungsbereich -
3
Zu § 5
- Ermessen; Wahl der Mittel -
5
Zu § 6
- Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen -
6
Zu § 7
- Verantwortlichkeit für Gefahren, die von Tieren ausgehen, oder für den Zustand von Sachen -
7
Zu § 8
- Inanspruchnahme nichtverantwortlicher Personen -
8
Zu § 9
- Verantwortlichkeit nach anderen Vorschriften -
9
Zu § 12
- Befragung und Auskunftspflicht -
12
Zu § 13
- Identitätsfeststellung, Prüfung von Berechtigungsscheinen -
13
Zu § 14
- Kontrollstellen -
14
Zu § 15
- Erkennungsdienstliche Maßnahmen -
15
Zu § 16
- Vorladung -
16
Zu § 17
- Platzverweisung -
17
Zu § 18
- Gewahrsam -
18
Zu § 19
- Richterliche Entscheidung -
19
Zu § 20
- Behandlung fest gehaltener Personen -
20
Zu § 22
- Durchsuchung von Personen -
22
Zu § 23
- Durchsuchung von Sachen -
23
Zu § 24
- Betreten und Durchsuchung von Wohnungen -
24
Zu § 25
- Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen -
25
Zu § 26
- Sicherstellung -
26
Zu § 27
- Verwahrung -
27
Zu § 28
- Verwertung, Vernichtung -
28
Zu § 29
- Herausgabe sichergestellter Sachen oder des Erlöses; Kosten -
29
Zu § 30
- Grundsätze der Datenerhebung -
30
Zu § 31
- Datenerhebung -
31
Zu § 32
- Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen, an besonders gefährdeten Objekten sowie auf öffentlichen Flächen -
32
Zu § 33
- Aufzeichnung von Fernmeldedaten -
33
Zu § 34
- Datenerhebung durch längerfristige Observation -
34
Zu § 35
- Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel -
35
Zu § 36
- Datenerhebung durch die Verwendung von Vertrauenspersonen -
36
Zu § 36a
- Datenerhebung durch den Einsatz Verdeckter Ermittlerinnen oder Verdeckter Ermittler -
36a
Zu § 37
- Kontrollmeldung -
37
Zu § 38
- Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten, Zweckbindung -
38
Zu § 39
- Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten zu anderen Zwecken -
39
Zu § 40
- Allgemeine Regeln der Datenübermittlung -
40
Zu § 41
- Datenübermittlung zwischen Verwaltungs- und Polizeibehörden -
41
Zu § 42
- Automatisiertes Abrufverfahren und regelmäßige Datenübermittlung -
42
Zu § 43
- Datenübermittlung an andere öffentliche Stellen, an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen -
43
Zu § 44
- Datenübermittlung an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs, Bekanntgabe an die Öffentlichkeit -
44
Zu § 45
- Datenabgleich -
45
Zu § 46
- Dateibeschreibung -
46
Zu § 47
- Prüffristen -
47
Zu § 51
- Vollzugshilfe -
51
Zu § 54
- Anwendung -
54
Zu § 55
- Verordnungsermächtigung -
55
Zu § 58
- Formvorschriften -
58
Zu § 61
- Geltungsdauer -
61
Zu § 62
- Beteiligung anderer Behörden und Dienststellen; Änderung und Au$tebung von Verordnungen -
62
Zu § 64
- Zulässigkeit, Zuständigkeit, Wirkung von Rechtsbehelfen -
64
Zu § 66
- Ersatzvornahme -
66
Zu § 68
- Ersatzzwangshaft -
68
Zu § 69
- Unmittelbarer Zwang -
69
Zu § 70
- Androhung der Zwangsmittel -
70
Zu § 71
- Rechtliche Grundlagen -
71
Zu § 72
- Handeln auf Anordnung -
72
Zu § 74
- Androhung unmittelbaren Zwangs -
74
Zu § 75
- Fesselung von Personen -
75
Zu § 76
- Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch -
76
Zu § 77
- Schusswaffengebrauch gegen Personen -
77
Zu § 78
- Schusswaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge -
78
Zu § 80
- Zum Schadensausgleich verpflichtende Tatbestände -
80
Zu § 83
- Verjährung des Ausgleichsanspruchs -
83
Zu § 98
- Aufsicht über die Verwaltungsbehörden -
98
Zu § 100
- Örtliche Zuständigkeit, außerordentliche örtliche Zuständigkeit -
100
Zu § 102
- Außerordentliche sachliche Zuständigkeit -
102
Zu § 103
- Amtshandlungen von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten anderer Länder und des Bundes sowie von Bediensteten ausländischer Staaten -
103
Zu § 104
- Amtshandlungen von niedersächsischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Landes Niedersachsen -
104
Zu § 106
- Sachleistungen -
106
Zu § 107
- Entschädigung für Sachleistungen -
107
In-Kraft-Treten108

Abschnitt 1 AB NGefAG - Zu § 1
- Aufgaben der Verwaltungsbehörden und der Polizei -

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1.1
Die Vorbereitung auf die Abwehr künftiger Gefahren, die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten und die Verhütung von Straftaten sind lediglich Teilbereiche der umfassenden Aufgabe der Gefahrenabwehr.

1.2
Für Maßnahmen und sonstige Tätigkeiten zur Gefahrenabwehr, die nicht die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten oder die Verhütung von Straftaten zum Ziel haben, sind vorrangig die Verwaltungsbehörden zuständig. Die Polizei wird in diesen Fällen nur tätig, wenn die Verwaltungsbehörde nicht oder nicht rechtzeitig tätig werden kann. Für die Beurteilung der Sachlage kommt es auf den Zeitpunkt des Eingreifens durch die Polizei an.

Für die Vorbereitung auf die Gefahrenabwehr gilt das Subsidiaritätsprinzip grundsätzlich nicht, weil es erforderlich ist, dass sich sowohl die Verwaltungsbehörden als auch die Polizei auf mögliche künftige Gefahrensituationen im Rahmen der Zuständigkeit einstellen.

Durch § 1 Abs. 1 Satz 3 wird klargestellt, dass die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten und die Verhütung von Straftaten von der Aufgabe Gefahrenabwehr begrifflich umfasst wird. Zugleich wird durch die Formulierung "insbesondere" die besondere Stellung der Polizei in diesem Teilbereich der Gefahrenabwehr verdeutlicht. Die Polizei wird hier vorrangig tätig, weil ihr bestimmte Befugnisse zur Erkenntnisgewinnung vorbehalten sind und nur sie aus ihrer strafverfolgenden Tätigkeit über spezifisches Erfahrungswissen verfügt, um kriminellen Gefahren wirksam entgegentreten zu können. Die Ausnahme von der (Regel-) Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden greift immer dann, wenn und soweit diese besonderen Voraussetzungen vorliegen. Die Verwaltungsbehörden sind wiederum zuständig, wenn "einfaches" ordnungsbehördliches Eingreifen zur Verhütung einer Straftat ausreicht (z. B. Platzverweis, Sicherstellung) oder verwaltungsmäßige Bearbeitungsformen - ggf. neben oder ergänzend zu polizeilichen Maßnahmen - erforderlich sind (z. B. schriftliches Aufenthaltsverbot, Zwangsgeld, Ersatzzwangshaft usw.) oder ein enger Zusammenhang zu anderen ihnen obliegenden Aufgaben gegeben ist (z. B. Einrichtung eines Präventionsrates).

1.3
Die Vorschrift schränkt die gefahrenabwehrende Tätigkeit zum Schutz privater Rechte ein, soweit sie ausschließlich zum Schutz privater Rechte dient. Die Regelung gilt deshalb nicht, wenn zugleich eine Gefahr für andere Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit besteht (z. B. Verletzung von Strafrechtsnormen wie Hausfriedensbruch, § 123 StGB). Eines Antrags der oder des Betroffenen zum Schutz privater Rechte bedarf es nicht.

Abschnitt 2 AB NGefAG - Zu § 2
- Begriffsbestimmungen -

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2.1
Die "hinreichende Wahrscheinlichkeit" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Je schwerer der Schaden ist, der einzutreten droht, umso geringere Anforderungen sind an den Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu stellen.

§ 2 Nr. 1 Buchst. a erfasst auch Sachlagen, die bei verständiger Betrachtung objektiv den Verdacht oder den Anschein einer Gefahr erwecken. Besteht lediglich der Verdacht einer Gefahr, so sind in der Regel nur solche Maßnahmen zulässig, die aufklären sollen, ob tatsächlich eine Gefahr vorliegt.

2.3
"Andere Eingriffe" sind in der Regel Verwaltungsrealakte (wie z. B. verdeckte Datenerhebungen und Vorbereitungshandlungen zum Zweck der Ingewahrsamnahme einer Person oder der Sicherstellung einer Sache), die zum Erlass eines Verwaltungsakts führen können. Sie müssen nicht selbst Verwaltungsakte i. S. des § 35 VwVfG sein, bedürfen jedoch, da sie Eingriffe darstellen, ebenfalls einer gesetzlichen Grundlage.

2.6
Allgemein ermächtigt zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben sind die zu Beamtinnen oder Beamten auf Lebenszeit und die zu Beamtinnen oder Beamten auf Probe ernannten Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten mit Ausnahme der nach § 21 PolNLVO vom 7.8.1979 (Nds. GVBl. S. 236), zuletzt geändert durch Verordnung vom 8.5.1996 (Nds. GVBl. S. 237), eingestellten Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten des höheren Dienstes. Diese sind zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben allgemein ermächtigt, wenn die oder der Dienstvorgesetzte festgestellt hat, dass sie über die hierzu erforderlichen theoretischen und praktischen Fähigkeiten verfügen. Die Feststellung ist der Beamtin oder dem Beamten mitzuteilen und aktenkundig zu machen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für die bei dem NLfV und dem diesbezüglichen Aufsichtsreferat des MI tätigen Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten.

Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamte, die sich in der Ausbildung befinden, können im Einzelfall durch die ausbildende Stelle zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben ermächtigt werden, soweit es im Rahmen der Ausbildung erforderlich ist und ihre theoretischen und praktischen Fähigkeiten dies zulassen.

2.9
Der Begriff "Straftat" entspricht der strafrechtlichen Legaldefinition einer rechtswidrigen Tat i. S. des § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Die Definition bewirkt insbesondere, dass Schuldunfähige in den Anwendungsbereichen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (Erkennungsdienstliche Behandlung) und § 39 Abs. 3 Satz 1 (Führung von Kriminalakten) einbezogen sind.

2.10
Die Aufzählung der Vergehenstatbestände ist nicht abschließend, sodass Änderungen von Strafvorschriften, Erscheinungsformen der Kriminalität oder Bildung krimineller Schwerpunkte berücksichtigt werden können. Kriterien für die Vergleichbarkeit. nicht in Buchstabe b aufgeführter Vergehen (bereits normierte und künftige) sind die geschützten Rechtsgüter und die Strafandrohung. Andere, als die geschützten Rechtsgüter, müssen diesen zumindest gleichwertig sein. Die Strafandrohung ist dann vergleichbar, wenn der Strafrahmen mindestens Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Dieser Strafrahmen bietet die Gewähr dafür, dass die Straftat mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist, den Rechtsfrieden empfindlich stört und geeignet ist, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung zu beeinträchtigen. Die Aufzählung der Vergehen im Katalog schließt die Vergleichbarkeit weiterer, bereits geltender Strafvorschriften aus den gleichen Deliktsgruppen nicht aus. Die Einordnung als Straftat von erheblicher Bedeutung kann aus den vorgenannten Kriterien gerechtfertigt sein, z. B. bei Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wie Verstöße gegen § 179 StGB (Sexueller Missbrauch Widerstandsunfähiger) oder § 182 StGB (Sexueller Missbrauch Jugendlicher). Vergleichbar könnte aber auch ein Verstoß gegen § 315 Abs. 1 und 2 StGB (Gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr) sein.

Straftat von erheblicher Bedeutung. ist jedes banden- oder gewerbsmäßig begangene Vergehen, unabhängig von dem zu Grunde liegenden Delikt oder der Erweiterung als Qualifikationsmerkmal. Die banden- oder gewerbsmäßige Begehung ist in den Fällen des Buchstaben c zusätzlich Tatbestandsmerkmal, es sei denn, der genannte Straftatbestand setzt dieses bereits voraus (z. B. § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Bandenmäßige Begehung liegt vor, wenn sich mindestens zwei Personen zur Begehung mehrerer selbstständiger, im einzelnen noch ungewisser Taten verbunden haben. Eine gewerbsmäßige Begehung liegt vor, wenn sich eine Person aus wiederholter oder fortgesetzter Begehung von Straftaten eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu schaffen sucht.

2.11
Für die Einordnung einer Person als Kontakt- oder Begleitperson i. S. dieser Begriffsbestimmung ist nicht maßgeblich, wie eng die persönliche, berufliche, geschäftliche oder sonstige Verbindung zwischen dieser und der verdächtigen Person ist. Unter Umständen reicht also auch ein flüchtiger sozialer Kontakt aus. Entscheidend ist, ob die Weise der Verbindung auf der Grundlage des Gesamtsachverhalts die Annahme rechtfertigt, durch die andere Person können Hinweise über die angenommene Straftat gewonnen werden. Eine umfassende Ausforschung der Kontakt- und Begleitpersonen allein und um ihrer selbst willen ist nicht zulässig.

Abschnitt 3 AB NGefAG - Zu § 3
- Geltungsbereich -

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3.1
Spezialgesetze der Gefahrenabwehr enthalten nur dann abschließende Regelungen, wenn sie keine Lücken aufweisen, d.h., es müssen insbesondere Vorschriften über die Zuständigkeit, die verantwortlichen Personen, die Verarbeitung personenbezogener Daten, die Vollzugshilfe und die Zwangsmittel vorhanden sein. Besondere Vorschriften, die zu Eingriffen in Grundrechte ermächtigen, regeln Art und Intensität der zu dem speziellen Zweck zulässigen Maßnahmen grundsätzlich abschließend. Deshalb ist die Frage, ob neben der Eingriffsermächtigung eines Spezialgesetzes die Befugnisse des Dritten Teils (ergänzend) Anwendung finden können, in diesen Fällen immer besonders zu prüfen.

3.2
Das Strafverfahrensrecht und das Ordnungswidrigkeitenrecht enthalten grundsätzlich abschließende Regelungen. Nach Absatz 2 sind deshalb abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 für die Erforschung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nur die hier genannten Vorschriften ergänzend anzuwenden.

Abschnitt 5 AB NGefAG - Zu § 5
- Ermessen; Wahl der Mittel -

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5.1
Die Verwaltungsbehörden und die Polizei entscheiden nach pflichtgemäßem Ermessen (Opportunitätsprinzip), ob (Entschließungsermessen) und wie (Auswahlermessen) sie tätig werden und welche von mehreren zulässigen Maßnahmen, sie wählen. Sie haben ferner die Auswahlmöglichkeit unter mehreren Verantwortlichen (§§ 6 und 7). Das Opportunitätsprinzip soll sicherstellen, dass die Verwaltungsbehörden und die Polizei ihre Aufgaben wirksam und zweckmäßig erfüllen. Es darf nicht zur Vernachlässigung der Aufgabenerfüllung missbraucht werden.

Deshalb darf von Maßnahmen in der Regel nur abgesehen werden, wenn

  1. a)
    mehrere Gefahren gleichzeitig abzuwehren sind und die vorhandenen Kräfte und Mittel nicht zur Abwehr aller Gefahren ausreichen,
  2. b)
    die Gefahrenabwehr auf andere Weise gesichert ist oder
  3. c)
    es sich offensichtlich um Bagatellfälle handelt.

Handelt es sich um erhebliche Gefahren oder liegen sonst besondere Umstände vor (z. B. besondere Hartnäckigkeit oder Häufigkeit), so sind die Verwaltungsbehörden und die Polizei grundsätzlich zum Einschreiten verpflichtet.

5.2
Das Angebot eines geeigneten Austauschmittels darf nicht abgelehnt werden, auch wenn es den Betroffenen stärker belastet.