Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 03.07.2023, Az.: 10 LA 116/22

erneuter Antrag; Arzneimittelrecht; Ermessensspielraum; Erneuerungszulassung; Harmonisierung; Prüfungskompetenz; systematische Rechtsverletzung; Referenzzulassung; freier Warenverkehr; Wirkstoff; Wirkstoffgenehmigung; Wirkstoffvarianten; Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Wege gegenseitiger Anerkennung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
03.07.2023
Aktenzeichen
10 LA 116/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 24455
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0703.10LA116.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 28.10.2022 - AZ: 1 A 125/21

Fundstellen

  • DÖV 2023, 871
  • NVwZ-RR 2024, 26-33
  • NordÖR 2023, 556
  • ZUR 2023, 628-630

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Der Ermessensspielraum des Mitgliedstaates bei dem ein Antrag auf Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung gestellt wird, beschränkt sich auf die Möglichkeiten gemäß Art. 41 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009, die Bedingungen in seinem Hoheitsgebiet zu berücksichtigen, sowie gemäß Art. 41 Abs. 1 Halbsatz 2 i. V. m. Art. 36 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 Maßnahmen zur Minderung der Risiken für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt festzulegen bzw. die Zulassung zu verweigern, wenn die Maßnahmen zur Risikominderung seine Bedenken angesichts spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen nicht ausräumen können.

  2. 2.

    Die für eine Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung zuständige deutsche Behörde ist daher grundsätzlich nicht befugt, die Referenzzulassung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.

Tenor:

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 1. Kammer - vom 28. Oktober 2022 wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Berufungszulassungsverfahren auf 100.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin begehrt die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels in Deutschland, das bereits in Polen zugelassen ist.

Das Verwaltungsgericht ist in dem angegriffenen Urteil zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin für das Pflanzenschutzmittel E. aufgrund dessen polnischer Zulassung gemäß Art. 41 Abs. 1 i. V. m. Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates einen Anspruch auf Erteilung der von der Beklagten abgelehnten Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung habe.

Der Beklagten komme als mit dem Antrag auf gegenseitige Anerkennung befassten Mitgliedstaat eine über das Vorliegen von Gründen nach Art. 36 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 hinausgehende materielle Prüfungskompetenz nicht zu. Insbesondere sei sie weder berechtigt noch verpflichtet, die Referenzzulassung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, solange nicht eine systematische Verletzung von Rechtsvorschriften des Zulassungsverfahrens durch Polen erfolge. Letzteres sei weder von der Beklagten vorgetragen noch sonst erkennbar.

Soweit die Beklagte geltend mache, die Esterform des in dem streitgegenständlichen Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffs 2,4-D besitze, anders als die Säureform, gegenwärtig keine Genehmigung, würde dies, wenn dem so wäre, nicht die Versagung der Zulassung im Wege der der gegenseitigen Anerkennung rechtfertigen. Polen sei unter Berücksichtigung verschiedener Studien, Stellungnahmen anderer Mitgliedstaaten, dem Bridging Report für 2,4-D Acid und 2,4-D Ester sowie der Handhabung der EU-Kommission, die Behandlung von Salzen und Estern desselben Stoffes als verschiedene Wirkstoffe zu behandeln, der Auffassung, die Bewertung der Säureform könne auf die Esterform übertragen werden. Könne die polnische Referenzzulassung daher noch nicht einmal als offenkundig rechtswidrig angesehen werden, unterliege die Beurteilung der aufgezeigten Fragestellung jedenfalls nicht dem im Verfahren auf gegenseitige Anerkennung nach Art. 40 ff. VO (EG) Nr. 1107/2009 eng begrenzten Prüfungsspielraum der Beklagten. Der Mitgliedstaat, bei dem die gegenseitige Anerkennung der von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel beantragt werde, sei weder berechtigt noch verpflichtet, die Referenzzulassung auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen.

Der hiergegen gerichtete Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Denn sie hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht hinreichend dargelegt bzw. diese liegen nicht vor.

I. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zuzulassen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dann zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also auf Grund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten (Senatsbeschlüsse vom 28.6.2022 - 10 LA 234/20 -, juris Rn. 2 m.w.N.). Das ist grundsätzlich dann der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschlüsse vom 8.7.2021 - 1 BvR 2237/14 -, juris Rn. 230, und vom 6.6.2018 - 2 BvR 350/18 -, juris Rn. 16; Senatsbeschluss vom 28.6.2022 - 10 LA 234/20 -, juris Rn. 2; vgl. auch Gaier, NVwZ 2011, 385, 388 ff.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen. Es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt (Senatsbeschluss vom 28.6.2022 - 10 LA 234/20 -, juris Rn. 2; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 4.7.2018 - 13 LA 247/17 -, juris Rn. 4 m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Leitsatz und Rn. 9; vgl. dazu auch BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 -, juris Rn. 17). Zur Darlegung der ernstlichen Zweifel bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffs auseinandersetzen (Senatsbeschluss vom 28.6.2022 - 10 LA 234/20 -, juris Rn. 2 m.w.N.; Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 28.6.2022 - 14 LA 1/22 -, juris Rn. 7, und vom 30.3.2022 - 13 LA 56/22 -, juris Rn. 3).

Die Beklagte macht zur Begründung dieses Zulassungsgrunds geltend, das Verwaltungsgericht habe die Rechtsgebietsbezogenheit des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung verkannt und die im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 2013 gezeichneten Grundsätze im Arzneimittelrecht fehlerhaft übertragen. Im Pflanzenschutzrecht stehe den Mitgliedstaaten ein weitergehendes Prüfungsrecht als im Arzneimittelrecht zu.

Im Rahmen ihrer breiten Ausführungen zeigt sie jedoch nicht auf, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Prüfungskompetenz der Beklagten bei der Entscheidung über die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Wege der gegenseitigen Anerkennung umfasse nicht das Vorliegen einer Genehmigung der darin enthaltenen Wirkstoffe, unzutreffend sein könnte.

Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung auf den im Erwägungsgrund Nr. 29 VO (EG) Nr. 1107/2009 zum Ausdruck gebrachten Sinn und Zweck der gegenseitigen Anerkennung pflanzenschutzrechtlicher Zulassungen gestützt, wonach hierdurch der freie Warenverkehr innerhalb der Gemeinschaft gewährleistet werden solle. Zur Vermeidung von Doppelarbeit, Verringerung des Verwaltungsaufwands für Industrie und Mitgliedstaaten und zur Sicherstellung einer einheitlicheren Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln solle die von einem Mitgliedstaat erteilte Zulassung von anderen Mitgliedstaaten akzeptiert werden, sofern die landwirtschaftlichen, pflanzengesundheitlichen und ökologischen Bedingungen (einschließlich der klimatischen Bedingungen) vergleichbar seien. Eine Ausnahme hiervon sei nur vorgesehen, wenn besondere ökologische oder landwirtschaftliche Bedingungen im Gebiet eines Mitgliedstaates eine Verweigerung der Zulassung erforderlich machten. Diesen Gesichtspunkt greife Art. 36 Abs. 3 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 1107/2009 auf, wonach ein Mitgliedstaat die Zulassung des Pflanzenschutzmittels in seinem Gebiet verweigern könne, wenn er angesichts spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen berechtigten Grund zu der Annahme habe, dass das betreffende Produkt ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt darstelle, dem nicht durch die Festlegung nationaler Maßnahmen zur Risikominderung genügt werden könne. Ferner habe der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 16.10.2008 - C-452/06, Synthon -) für die Zulassung von Arzneimitteln, für die ein Verfahren der gegenseitigen Anerkennung ebenfalls mit der Zielsetzung des Abbaus von Handelshemmnissen, der Harmonisierung der Zulassungspraxis innerhalb der Gemeinschaft und der Vermeidung von Doppelarbeit europarechtlich in ähnlicher Weise vorgesehen sei, festgestellt, dass der unionsrechtlich ausdrücklich vorgesehene Tatbestand, bei dem ausnahmsweise die Zulassung verweigert werden dürfe, den einzigen Grund bilde, auf den sich ein Mitgliedstaat berufen dürfe, um einer von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Zulassung die Anerkennung zu versagen. Das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung lasse keinen Raum für eine Versagung der Anerkennung der von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Zulassung durch eine nationale Zulassungsbehörde aus anderen als den unionsrechtlich ausdrücklich benannten Gründen. Grundsätzlich müsse sich der Mitgliedsstaat auf die Beurteilung und die wissenschaftliche Bewertung, die der Referenzmitgliedstaat vorgenommen habe, verlassen. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung habe das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 19.9.2013 - 3 C 22.12 -) für den Bereich der gegenseitigen Anerkennung einer Tierarzneimittelzulassung ausgeführt, dass es der deutschen Behörde genügen dürfe und müsse, dass die Referenzzulassung wirksam erteilt und nicht angefochten worden sei. Eine (weitergehende) Rechtmäßigkeitskontrolle der von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Referenzzulassung erfolge nicht. Der Abbau von Handelshemmnissen, die Harmonisierung der Zulassungspraxis innerhalb der Gemeinschaft und die Vermeidung von Doppelarbeit würden nicht erreicht, wenn der anerkennende Staat eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Referenzzulassung vornehmen müsse. Die Harmonisierung der Zulassung und das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung beruhten auf dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens. Jedenfalls solange sich nicht aufdränge, dass ein Referenzmitgliedstaat Vorschriften des Zulassungsverfahrens systematisch verletze, bestehe im Anerkennungsverfahren kein Raum für eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Referenzzulassung.

1. Die Beklagte ist der Auffassung, die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts könne nicht auf das Pflanzenschutzmittelrecht übertragen werden, weil zwischen den Harmonisierungsgraden der beiden Rechtsgebiete erhebliche Unterschiede bestünden. Dabei setzt sie sich jedoch nicht mit den diesbezüglichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach das Bundesverwaltungsgericht darauf abgestellt habe, dass das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung, namentlich die beschränkte Prüfpflicht des anerkennenden Mitgliedstaates dem Abbau von Handelshemmnissen, der Harmonisierung der Zulassungspraxis sowie der Vermeidung von Doppelarbeit diene, was bei einer Rechtmäßigkeitskontrolle durch den anerkennenden Mitgliedstaat nicht erreicht würde. Unabhängig davon hat die Beklagte mit ihrem Vorbringen auch nicht dargelegt, dass die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts nicht herangezogen werden könnten, um die vom Verwaltungsgericht angenommene beschränkte Prüfungskompetenz der Beklagten zu stützen. Denn der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 16. Oktober 2008 - C-452/06, Synthon - die dort angenommene beschränkte Prüfungskompetenz nicht nur auf den Wortlaut des Art. 28 Abs. 4 Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel gestützt, sondern auch auf allgemeine Erwägungen zu gegenseitigen Anerkennungen. So hat er ausgeführt, dass bei einer umfassenderen Prüfungskompetenz des anerkennenden Mitgliedstaates der Regelung der gegenseitigen Anerkennung ihre praktische Wirksamkeit genommen würde: "Dürfte nämlich ein Mitgliedstaat, bei dem die Anerkennung einer bereits von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Genehmigung beantragt wird, diese Anerkennung von einer zweiten Prüfung des gesamten Genehmigungsantrags oder eines Teils davon abhängig machen, so liefe dies darauf hinaus, dem vom Gemeinschaftsgesetzgeber geschaffenen Verfahren der gegenseitigen Anerkennung jeden Sinn zu nehmen und die Verwirklichung der mit der Richtlinie 2001/83/EG verfolgten Ziele wie insbesondere des oben in Randnr. 25 genannten freien Verkehrs mit Arzneimitteln im Binnenmarkt ernsthaft zu gefährden" (EuGH, Urteil vom 16.10.2008 - C-452/06, Synthon -, juris Rn. 32). Auch das Bundesverwaltungsgericht hat zur gegenseitigen Anerkennung eines Tierarzneimittels (vgl. Art. 32 Abs. 2 RL 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel, § 25b Abs. 2 Arzneimittelgesetz) ausgeführt, dass das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung gerade dazu dienen solle, die von dem anderen Mitgliedstaat bereits erfolgte Zulassung der eigenen Entscheidung ohne Prüfung aller Zulässigkeitsvoraussetzungen zugrunde zu legen, mit den Zielen des Abbaus von Handelshemmnissen, der Harmonisierung der Zulassungspraxis sowie der Vermeidung von Doppelarbeit, und diese Zwecke nicht erreicht würden, wenn der anerkennende Mitgliedstaat eine Rechtmäßigkeitskontrolle vornehmen müsse (BVerwG, Urteil vom 19.9.2013 - 3 C 22.12 -, juris Rn. 17, 22). Diese Erwägungen sind von allgemeiner Natur und auf das Pflanzenschutzmittelrecht übertragbar. Denn auch mit der in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 geregelten gegenseitigen Anerkennung von Zulassungen für Pflanzenschutzmittel werden die Ziele der Gewährleistung eines freien Warenverkehrs in der Gemeinschaft, die Vermeidung von Doppelarbeit, die Verringerung des Verwaltungsaufwands und die Sicherstellung einer einheitlichen Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln verfolgt (vgl. Erwägungsgrund Nr. 29), denen die von der Beklagten beanspruchte Prüfungskompetenz entgegenstehen würde. Das auf dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten beruhende Verfahren der gegenseitigen Anerkennung ist ein rechtsgebietsübergreifender Bestandteil des Unionsrechts (vgl. auch die Verweise des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 19. September 2013 - 3 C 22.12 -, juris unter Randnummer 22 auf EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und C-493/10, N.S. u.a. - EuGRZ 2012, 24 [EuGH 21.12.2011 - Rs. C-27/09 P] Rn. 75 ff., 79, 94 (Behandlung von Asylanträgen und Asylbewerbern) und vom 29. Januar 2013 - Rs. C-396/11, Radu - EuGRZ 2013, 152 Rn. 33 ff. (gegenseitige Anerkennung von Europäischen Haftbefehlen)).

Die Beklagte hat keine Unterschiede aufgezeigt, die es im Pflanzenschutzmittelrecht, anders als im Arzneimittelrecht, erforderlich machen würden, eine umfassende Prüfungskompetenz anzunehmen, und damit den mit der gegenseitigen Anerkennung gerade bezweckten freien Verkehr von Pflanzenschutzmitteln im Binnenmarkt einzuschränken. Sie trägt insoweit lediglich pauschal vor, dass das europäische Arzneimittelrecht den Mitgliedstaaten weitgehende Beteiligungsrechte gewähre und im Divergenzfall einen supranationalen Streitbeilegungsmechanismus vorsehe. Aufgrund des Streitbeilegungsverfahrens werde der Ermessens- und Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten im Arzneimittelrecht bei Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung bewusst sehr weit eingeengt. Bereits eine nähere Darstellung, insbesondere mit einem vergleichenden Bezug zum Pflanzenschutzmittelrecht, der die Notwendigkeit einer unterschiedlichen Beurteilung der Prüfungskompetenz des anerkennenden Mitgliedstaates notwendig machen würde, erfolgt durch die Beklagte allerdings nicht. Dies gilt gleichermaßen für ihr Vorbringen, für Alleingänge der Mitgliedstaaten verbleibe im Bereich des Arzneimittelrechts kaum noch ein eigenständiger Beurteilungs- und Ermessensspielraum, weil sowohl das Zulassungsverfahren als auch die Ablehnungsgründe im Wege gegenseitiger Anerkennung eine sehr detaillierte Harmonisierung erfahren hätten. Denn aus diesem Vorbringen lässt sich allenfalls schließen, dass im Arzneimittelrecht insoweit besonders strenge Anforderungen gelten, aber nicht schlussfolgern, dass im Pflanzenschutzrecht anders als im Arzneimittelrecht die von Beklagten befürwortete Prüfungskompetenz anzunehmen sei.

Auch spricht der im Nachgang zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. September 2013 (Az. 3 C 22.12) ergangene Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2021 (Az. 2 BvR 206/14, juris) entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht für, sondern gegen ihre Auffassung. Denn auch nach dieser Entscheidung kommt es für die Frage der Rechtmäßigkeit der Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung nicht darauf an, ob die Referenzzulassung rechtmäßig oder rechtswidrig war. Maßgeblich sei vielmehr allein die Beachtung des in den Art. 12 f., Art. 32 ff. RL 2001/82/EG und § 25b AMG niedergelegten Normprogramms (BVerfG, Beschluss vom 27.4.2021 - 2 BvR 206/14 -, juris Rn. 85). Inwieweit dies, wie die Beklagte meint, im Widerspruch zur Begründung der angegriffenen Entscheidung stehen sollte, legt sie nicht dar. Eine solche Widersprüchlichkeit ist auch nicht ersichtlich, da auch das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass das Normprogramm der Art. 40 ff. i. V. m. Art. 36 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 bei der Entscheidung über die Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung zugrunde zu legen ist (vgl. Seite 8 f. der Entscheidungsgründe). Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung (juris Rn. 85) ausdrücklich festgestellt, dass weder das Bundesamt noch die den Bescheid bestätigenden Verwaltungsgerichte gehalten waren, die dortige (britische) Referenzzulassung einer eigenen Rechtmäßigkeitskontrolle zu unterziehen. Hiermit stimmen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum hier verfahrensgegenständlichen Pflanzenschutzrecht vollständig überein.

Die Beklagte führt auch nicht konkret aus, inwieweit der Harmonisierungsgrad im Pflanzenschutzmittelrecht "deutlich hinter dem Arzneimittelrecht zurück" bleibe. Insoweit sie auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13. März 1986 verweist, wonach den Mitgliedstaaten Ermessenspielräume belassen würden, war zum damaligen Zeitpunkt, anders als nach Geltung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, eine Harmonisierung noch nicht gegeben. Aus diesem Grund und gemäß Art. 36 des EWG-Vertrages sei es "Sache der Mitgliedstaaten, [...], zu entscheiden, inwieweit sie den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen sicherstellen wollen" (EuGH, Urteil vom 13.3.1986 - 54/86, Merleinsäurehydrazid -, juris Rn. 13). Dass dieser Spielraum der Mitgliedstaaten, wie die Beklagte weiter meint, mit der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, trotz der damit hinsichtlich der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln verbundenen Harmonisierung, nicht eingeschränkt werden sollte, ist nicht nachvollziehbar und folgt auch nicht aus den weiteren Erwägungen der Beklagten zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Denn mit der Verordnung Nr. 1107/2009 soll ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier und für die Umwelt gewährleistet und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft der Europäischen Union sichergestellt werden sowie der freie Verkehr von Pflanzenschutzmitteln und ihre Verfügbarkeit in den Mitgliedstaaten verbessert werden, indem die unterschiedlichen Schutzniveaus in den Mitgliedstaaten beseitigt und die Regelungen über die gegenseitige Anerkennung der Zulassungen sowie über den Parallelhandel mit diesen Produkten harmonisiert werden (EuGH, Urteil vom 4.3.2021 - C-912/19 -, juris Rn. 33).

2. Die Beklagte führt gegen ihre vom Verwaltungsgericht angenommene beschränkte Prüfungskompetenz weiter an, dass nach Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009, wonach der Inhaber einer nach Art. 29 VO (EG) Nr. 1107/2009 gewährten Zulassung eine Zulassung für dasselbe Pflanzenschutzmittel im Wege der gegenseitigen Anerkennung beantragen könne, die Prüfung vorausgesetzt werde, ob es eine Zulassung nach Art. 29 VO (EG) Nr. 1107/2009 gebe und wer Inhaber der Zulassung sei. Art. 29 VO (EG) Nr. 1107/2009 setze aber gemäß Abs. 1 Buchstabe a) voraus, dass der zum Einsatz kommende Wirkstoff genehmigt sei, was hier nicht der Fall sei.

Damit legt die Beklagte aber nicht dar, dass bei der Entscheidung über eine Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Wege der gegenseitigen Anerkennung nach Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 der Mitgliedstaat, anders als das Verwaltungsgericht angenommen hat, berechtigt wäre, die Voraussetzungen der Zulassung zum Inverkehrbringen nach Art. 29 VO (EG) Nr. 1107/2009, die bereits von dem anderen Mitgliedstaat (Referenzmitgliedstaat) geprüft und bejaht worden sind, (nochmals) zu prüfen und gegebenenfalls den Antrag auf Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung nach Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 abzulehnen. Eine solche Prüfungskompetenz lässt sich auch dem Wortlaut des Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 (vgl. insbesondere Buchstabe a) bis c)) gerade nicht entnehmen.

Unzutreffend ist auch die These der Beklagten, Art. 41 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 sehe eine Prüfung des in der Verordnung selbst vorgegebenen Normprogramms und damit auch solcher Punkte vor, die bereits von dem Referenzmitgliedstaat geprüft worden sind, da anderenfalls auch die Erwähnung der Begleitdokumente im Normtext ohne Anwendungsbereich wäre. Art. 41 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 lässt sich eine Prüfungskompetenz, die über eine Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 und der in Art. 36 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 genannten Gründe hinausgeht, nicht entnehmen. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass die gemäß Art. 41 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 gegebenenfalls zu prüfenden in Art. 42 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 genannten Begleitdokumente eine weitergehende Prüfungsmöglichkeit voraussetzen würden. Denn sie hat nicht dargetan, dass die dort aufgeführten Begleitdokumente mehr als das Prüfen des Vorliegens der in Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 genannten Voraussetzungen und der in Art. 36 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 genannten Gründe ermöglichen sollen. Insbesondere geht aus Art. 41 Abs. 1, 42 Abs. 1 VO (EG) nicht hervor, dass dem Mitgliedstaat ermöglicht wäre, die Voraussetzungen der ursprünglichen Zulassung, insbesondere Art. 29 Abs. 1 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 1107/2009 (Genehmigung der Wirkstoffe), zu prüfen. Allein aus dem Umstand, dass nach Art. 42 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 dem Antrag Begleitdokumente, wie eine Kopie der vom Referenzmitgliedstaat erteilen Zulassung und weitere das Verfahren erleichternde Erklärungen und Berichte, beizufügen sind, kann eine inhaltliche Prüfungsmöglichkeit keineswegs abgeleitet werden. Zudem sind auch bei einem Antrag auf Genehmigung eines Arzneimittels im Wege der gegenseitigen Anerkennung dem anerkennenden Mitgliedstaat verschiedene Unterlagen vorzulegen (vgl. Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 3, Abs. 2 Satz 1 RL 2001/83/EG), ohne dass ihm deshalb ein über Art. 28 Abs. 4 i. V. m. Art. 29 Abs. 1 RL 2001/83/EG (Gefahr für die öffentliche Gesundheit) hinausgehendes Prüfungsrecht zukommt (vgl. EuGH, Urteil vom 16.10.2008 - C-452/06, Synthon -, juris Rn. 31 - 33). Auch soweit die Beklagte auf den unterschiedlichen Wortlaut von Art. 28 Abs. 4 RL 2001/83/EG und Art. 40 f. VO (EG) Nr. 1107/2009 verweist, legt sie nicht dar, dass sich daraus ergeben würde, dass der Mitgliedstaat zur Prüfung des Vorliegens einer Genehmigung der Wirkstoffe (Art. 29 Abs. 1 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 1107/2009) berechtigt wäre, zumal sich die Ausführungen in den oben angeführten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts ebenso wie die des Verwaltungsgerichts zur gegenseitigen Anerkennung, wie bereits ausgeführt, nicht nur auf die konkreten Normen im Arzneimittelrecht bzw. Pflanzenschutzmittelrecht beziehen, sondern auch auf allgemeingültige Grundsätze.

3. Anders als die Beklagte meint, ergibt sich aus den Erwägungsgründen Nr. 10, Nr. 24 und Nr. 29 der VO (EG) Nr. 1107/2009 gerade nicht, dass bei der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Wege gegenseitiger Anerkennung eine nochmalige Überprüfung der Zulassungsvoraussetzung gemäß Art. 29 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 möglich ist.

Erwägungsgrund Nr. 10 betrifft die Genehmigung von Wirkstoffen auf der Grundlage harmonisierter Kriterien, die bei der ersten Genehmigung eines Wirkstoffs, deren Erneuerung und deren Überprüfung angewendet werden sollen. Das in Erwägungsgrund Nr. 24 genannte Ziel des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt findet sich wieder in Art. 36 Abs. 3 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 1107/2009, der von der Prüfungskompetenz des Mitgliedstaates bei der Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung umfasst ist. Der in diesem Erwägungsgrund genannte Vorrang des Schutzes soll gemäß seinem Wortlaut gegenüber dem Ziel der Verbesserung der Pflanzenproduktion bestehen, nicht gegenüber der, wie die Beklagte meint, Effizienz (durch Vermeidung von Doppelarbeit, Verringerung des Verwaltungsaufwands und der Vereinheitlichung der Verfügbarkeit). Aus Erwägungsgrund Nr. 29 folgt gerade, dass die von einem Mitgliedstaat erteilte Zulassung von anderen Mitgliedstaaten akzeptiert werden soll, sofern nicht besondere ökologische oder landwirtschaftliche Bedingungen es erforderlich machen, dass die Mitgliedstaaten auf Antrag die von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Zulassung anerkennen oder ändern, oder die Zulassung des Pflanzenschutzmittels in ihrem Gebiet verweigern, wo dies aufgrund besonderer ökologischer oder landwirtschaftlicher Gegebenheiten gerechtfertigt ist oder wo das in dieser Verordnung vorgeschriebene hohe Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt nicht erreicht werden kann. Entgegen der Meinung der Beklagten berechtigen Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt zur Verweigerung der Zulassung, anders als bei Maßnahmen zur Risikominderung nach Art. 36 Abs. 3 Unterabs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 (vgl. dazu VG Braunschweig, Urteil vom 12.4.2018 - 9 A 26/16 -, juris Rn. 72 ff.), nur, wenn dies aufgrund besonderer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen gerechtfertigt ist, wie sich aus der Umsetzung des Erwägungsgrundes Nr. 29 in Art. 36 Abs. 3 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 1107/2009 ergibt. Denn danach "kann ein Mitgliedstaat die Zulassung des Pflanzenschutzmittels in seinem Gebiet verweigern, wenn er angesichts spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen berechtigten Grund zu der Annahme hat, dass das betreffende Produkt noch immer ein unannehmbares Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt darstellt" (vgl. auch VG Braunschweig, Urteil vom 12.4.2018 - 9 A 26/16 -, juris Rn. 86). Aber selbst wenn es sich bei dem "unannehmbaren Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt" um ein eigenständiges Kriterium für eine Verweigerung der Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung handeln würde, wie die Beklagte wohl meint, so hat sie jedenfalls nicht dargelegt, dass das hier streitgegenständliche Pflanzenschutzmittel ein unannehmbares Risiko (vgl. Art. 36 Abs. 3 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 1107/2009) für die genannten Schutzgüter darstellen würde.

4. Soweit die Beklagte zur Stützung ihrer Auffassung Art. 44 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 anführt, setzt sie sich nicht hinreichend mit den diesbezüglichen, gut nachvollziehbar begründeten Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach es auf die Frage, ob die Beklagte berechtigt wäre, die Zulassung nach der gegenseitigen Anerkennung aufzuheben, im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung nicht ankomme (S. 13 und 14 der Urteilsgründe). Die Beklagte stellt auf Seite 15 der Zulassungsbegründung lediglich ihre eigene Auffassung ohne konkreten Bezug zu den Erwägungen des Verwaltungsgerichts dar, was den oben dargestellten Anforderungen an die Darlegung ernstlicher Zweifel nicht genügt. Auch insoweit sie später (Seite 25 f. der Zulassungsbegründung) noch einmal auf Art. 44 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 eingeht, setzt sie sich nicht ausreichend mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach die Auffassung der Beklagten zur Folge hätte, dass bei der Entscheidung über die Zulassung auch andere komplexe Fragen des (Fort-)Bestehens der Zulassungsvoraussetzungen des Art. 29 i. V. m. 44 Abs. 1 und Abs. 3 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 1107/2009 zu prüfen wären, was den Zielen der gegenseitigen Anerkennung zuwiderliefe und in der Frist des Art. 42 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1107/2009 auch kaum zu bewerkstelligen sei.

Unabhängig davon begründet ihr diesbezüglicher "dolo-agit"-Einwand aber auch deshalb keine ernstlichen Zweifel, weil Art. 44 Abs. 3 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 1107/2009 nicht zur Aufhebung der Zulassung verpflichtet, sondern auch die Möglichkeit der Änderung einer Zulassung vorsieht, zumal im vorliegenden Fall die Wirkstoffvariante 2,4-D-EHE nach dem eigenen Vortrag der Beklagten im Jahr 2002 genehmigt worden war, die Genehmigung in der Folgezeit allerdings nicht erneuert worden ist, zudem strittig ist, ob die Studien und Ergebnisse bezüglich der Variante 2,4-D auf 2,4-D-EHE übertragbar sind und ein Verfahren zur Genehmigung der Wirkstoffvariante 2,4-D-EHE bereits läuft. Darüber hinaus sind mit den der Verweigerung der Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung gemäß Art. 41 Abs. 1 i. V. m. Art. 36 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 und der Aufhebung einer Zulassung gemäß Art. 44 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 unterschiedliche Rechtsfolgen verbunden.

5. Weiter meint die Beklagte, dass eine Einschränkung des mitgliedstaatlichen Prüfungsrechts dann nicht gerechtfertigt sei, wenn verordnungswidrig Wirkstoffe in einem Pflanzenschutzmittel eingesetzt würden, die nicht über eine wirksame Genehmigung verfügten. Vielmehr dürfe in diesem Fall das Pflanzenschutzmittel nicht nach Art. 41 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 genehmigt werden. Auch dieses Vorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Denn auch wenn es dem Ziel der Verordnung entsprechen würde, dass ein Mitgliedstaat die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Wege der gegenseitigen Anerkennung ablehnen kann, wenn ein darin enthaltener Wirkstoff nicht, wie in Art. 29 Abs. 1 Buchstabe a) VO EG) Nr. 1107/2009 vorausgesetzt, genehmigt ist, ist in der Verordnung eine Ablehnung aus diesem Grund nicht vorgesehen.

Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 setzt für die Zulassung im Wege gegenseitiger Anerkennung insoweit vielmehr lediglich voraus, dass für das Pflanzenschutzmittel eine Zulassung nach Art. 29 VO (EG) Nr. 1107/2009 gewährt worden ist. Liegt eine solche Zulassung sowie die weiteren in Art. 40 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 genannten Voraussetzungen vor, erteilt der Mitgliedstaat gemäß Art. 41 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 nach Prüfung des Antrags und gegebenenfalls der in Artikel 42 Absatz 1 genannten Begleitdokumente im Hinblick auf die Bedingungen in seinem Hoheitsgebiet für das betreffende Pflanzenschutzmittel eine Zulassung unter den gleichen Bedingungen wie der den Antrag prüfende Mitgliedstaat, mit Ausnahme der Fälle, in denen Art. 36 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 Anwendung findet. Der Ermessensspielraum des Mitgliedstaates bei dem ein Antrag auf Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung gestellt wird, beschränkt sich damit auf die Möglichkeiten gemäß Art. 41 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009, die Bedingungen in seinem Hoheitsgebiet zu berücksichtigen, sowie gemäß Art. 41 Abs. 1 Halbsatz 2 i. V. m. Art. 36 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 Maßnahmen zur Minderung der Risiken für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt festzulegen bzw. sogar die Zulassung zu verweigern, wenn die Maßnahmen zur Risikominderung seine Bedenken angesichts spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen nicht ausräumen können (EuGH, Urteil vom 3.12.2020 - C-352/19 -, juris Rn. 51; vgl. auch Senatsbeschluss vom 10.12.2019 - 10 LA 333/18 -, S. 6 der Entscheidungsgründe, n. v., und zur Entstehungsgeschichte von Art. 36 VO (EG) Nr. 1107/2009: VG Braunschweig, Urteil vom 12.4.2018 - 9 A 26/16 -, juris Rn. 76 ff.; a. A. Douhaire, Mitgliedstaatliche Spielräume bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, ZUR 2022, 12 ff.). Dies entspricht gerade auch dem in Erwägungsgrund Nr. 29 VO (EG) Nr. 1107/2009 genannten Ziel der Verordnung, wonach die von einem Mitgliedstaat erteilte Zulassung von den anderen Mitgliedstaaten akzeptiert werden soll, soweit nicht besondere ökologische oder landwirtschaftliche Bedingungen vorliegen (vgl. auch Fischer, Die Zulassungskontrolle für Pflanzenschutzmittel, StoffR 2022, 11, 12 f.). Das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung beruht auf dem gegenseitigen Vertrauen der Mitgliedstaaten (BVerwG, Urteil vom 19.9.2013 - 3 C 22.12 -, juris Rn. 22; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 7.6.2012 - 13 LB 56/10 -, juris Rn. 35; jeweils im Zusammenhang mit dem Arzneimittelrecht). Im Übrigen würde sich, wenn die Auffassung der Beklagten zutreffend wäre, auch nicht erschließen, weshalb der Mitgliedstaat dann - neben dem Vorliegen eines genehmigten Wirkstoffs - gegebenenfalls nicht auch noch die anderen in Art. 29 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 genannten Zulassungsvoraussetzungen prüfen können sollte. Darüber hinaus würde in diesem Fall (der Überprüfungsmöglichkeit des Vorliegens einer Genehmigung des in einem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoffs gemäß Art. 29 Abs. 1 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 1107/2009 bzw. des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009) der Zweck der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 bzw. der Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung, den freien Verkehr von Pflanzenschutzmitteln durch harmonisierte Regelungen zu gewährleisten (Erwägungsgründe Nr. 9 Satz 2 und Nr. 29 Sätze 1 und 2), konterkariert.

Soweit die Beklagte unter Hinweis auf den Grundsatz "effet utile" anführt, dass ein Mitgliedstaat bei einer fehlenden Genehmigung eines Wirkstoffes ein europarechtswidriges Verhalten des Referenzmitgliedstaates perpetuieren würde, begründet auch dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der europäische Verordnungsgeber hat mit den Regelungen in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 eine eingeschränkte Überprüfung der bereits aufgrund harmonisierter Regelungen erfolgten Zulassung als ausreichend erachtet. Durch die Harmonisierung der Kriterien für die Entscheidung über die Zulässigkeit wurden die unterschiedlichen Schutzniveaus in den Mitgliedstaaten beseitigt, wodurch nach der Auffassung des Normgebers ein (ausreichend) hohes Schutzniveau gewährleistet wird (vgl. Erwägungsgründe Nrn. 8 bis 10, Nr. 24 und Nr. 25).

6. Auch aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Dezember 2020 (- C-352/19 -) ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass ihr bei einem Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Wege der gegenseitigen Anerkennung eine Prüfungskompetenz hinsichtlich des Vorliegens der Genehmigung eines enthaltenen Wirkstoffs zukommen würde. Soweit die Beklagte aufgrund der dortigen Erwägungen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts als "EU-sekundärrechtlich unhaltbar" erachtet, verlässt sie den Boden sachlicher Argumentation.

Die von ihr zur Stützung ihrer Auffassung zitierten Passagen aus dem Urteil des Gerichtshofs sind unvollständig. Bei vollständiger Wiedergabe der entsprechenden Ausführungen lässt sich der von der Beklagten gezogene Schluss demgegenüber gerade nicht ziehen. Zwar ist der Gerichtshof, wie die Beklagte anführt, zu dem Ergebnis gelangt, dass das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung keinen Automatismus schafft und den mit einem Antrag auf gegenseitige Anerkennung befassten Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum belässt (EuGH, Urteil vom 3.12.2020 - C-352/19 -, juris Rn. 51). In dem vorherigen, von der Beklagten weggelassenen Satz umschreibt er diesen Spielraum jedoch konkret, indem er ausführt, weshalb ein Mitgliedstaat, bei dem ein Antrag auf Zulassung für das Inverkehrbringen eines in einem anderen Mitgliedstaat bereits für die gleiche Verwendung zugelassenen Pflanzenschutzmittels eingeht, nicht verpflichtet ist, diesem zu entsprechen: "Denn erstens ermöglicht es ihm Art. 41 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009, die Bedingungen in seinem Hoheitsgebiet zu berücksichtigen, und zweitens wird in Art. 36 Abs. 3 der Verordnung, auf den Art. 41 verweist, zum einen klargestellt, dass der Mitgliedstaat Maßnahmen zur Minderung der Risiken für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt festlegen kann, und zum anderen, dass er die Zulassung sogar verweigern kann, wenn die Maßnahmen zur Risikominderung seine Bedenken angesichts spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen nicht ausräumen können." Lediglich insoweit besteht nach der von der Beklagten angeführten Entscheidung des Europäischen Gerichtshof ein Ermessensspielraum und ist, wie die Beklagte weiter zitiert, der "andere Mitgliedstaat, wie in der vorstehenden Randnummer dargelegt, nicht verpflichtet, diese Zulassung unter allen Umständen zu erteilen" (EuGH, a. a. O. Rn. 53). Demgegenüber geht aus der Entscheidung nicht ansatzweise hervor, dass der Gerichtshof "die Rechtmäßigkeitskontrolle durch die Mitgliedstaaten gerade auf wesenseigene Gründe des jeweiligen Pflanzenschutzmittels" erstreckt, wie die Beklagte meint.

Für die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Europäische Gerichtshofs war für die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses bzw. der unmittelbaren Betroffenheit der klagenden Region Brüssel-Hauptstadt und damit der Zulässigkeit der Klage lediglich maßgeblich, ob sich die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2017/2324 zur Erneuerung der Genehmigung des Wirkstoffs Glyphosat unmittelbar auf die Rechtsstellung des Einzelnen auswirkt und den Adressaten, die mit der Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessenspielraum lässt, die Umsetzung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften ergibt (Urteil vom 3.12.2020 - C-352/19 -, juris Rn. 30). Dies hat der Gerichtshof, wie auch bereits im Ergebnis die Vorinstanz, verneint, da ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung zu entsprechen (a. a. O. Rn. 51). Dem Mitgliedstaat wird bei der Entscheidung über die Zulassung eines (im dortigen Fall glyphosathaltigen) Pflanzenschutzmittels im Wege der gegenseitigen Anerkennung gemäß Art. 41 und 36 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009 ein Ermessensspielraum gelassen. Das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung schafft keinen Automatismus (a.a.O. Rn. 51). Aus diesen Ausführungen kann nicht der Schluss gezogen werden, ein Mitgliedstaat könne bei einem Antrag auf Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung auch prüfen, ob der in einem Pflanzenschutzmittel enthaltene Wirkstoff, wie von Art. 29 Abs. 1 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 1107/2009 vorausgesetzt, genehmigt ist und bei negativem Ergebnis die Zulassung verweigern. Der Gerichtshof hat lediglich festgestellt, dass bei der Entscheidung über die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels einem Mitgliedstaat ein Entscheidungsspielraum zukommt, der der unmittelbaren Betroffenheit entgegensteht.

Da die Beklagte nicht befugt ist, die Referenzzulassung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 10.12.2019 - 10 LA 333/18 -, Seite 6 der Entscheidungsgründe, n. v.), begründet auch ihr Vorbringen, die Zulassung sei offenkundig rechtswidrig, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, zumal die Beklagte selbst ausführt, dass die Frage der Genehmigung des Wirkstoffs 2,4-D-EHE unter den Mitgliedstaaten umstritten sei. Eine derartige Prüfungskompetenz der Beklagten würde sich entgegen ihrer Auffassung auch nicht daraus ergeben, dass der Referenzmitgliedstaat es unterlassen hätte, die Zulassung gemäß Art. 44 Abs. 3 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 1107/2009 zu widerrufen.

Dass sich die von der Beklagten beanspruchte Prüfungskompetenz bei einer Entscheidung über eine Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung aus dem Vorsorgeprinzip ergeben würde, hat sie ebenfalls nicht dargelegt, zumal aus ihren Ausführungen bereits nicht hervorgeht, dass "wissenschaftliche Ungewissheit besteht, ob die in ihrem Hoheitsgebiet zuzulassenden Pflanzenschutzmittel Gefahren für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder die Umwelt bergen" (vgl. Art. 1 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1107/2009).

II. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

Nach der Rechtsprechung des Senats liegt dieser Zulassungsgrund vor, wenn die Entscheidung der Streitsache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich überdurchschnittliche, d. h. das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursachen wird (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 21.2.2023 - 10 LA 91/22 -, juris Rn. 32 m.w.N.; vgl. auch Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 24.1.2020 - 7 LA 7/19 -, juris Rn. 15, und vom 15.1.2020 - 9 LA 155/18 -, juris Rn. 41; Bayerischer VGH, Beschluss vom 22.1.2020 - 15 ZB 18.2547 -, juris Rn. 46) im Hinblick auf Fragen, die entscheidungserheblich sind (Senatsbeschluss vom 21.2.2023 - 10 LA 91/22 -, juris Rn. 32; Sächsisches OVG, Beschluss vom 18.5.2018 - 3 A 113/18 -, juris Rn. 20; Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 124 Rn. 28). Die ordnungsgemäße Darlegung dieses Zulassungsgrunds erfordert dementsprechend eine konkrete Bezeichnung der Rechts- oder Tatsachenfragen, in Bezug auf die sich solche Schwierigkeiten stellen, und Erläuterungen dazu, worin diese besonderen Schwierigkeiten bestehen sollen (Senatsbeschluss vom 21.2.2023 - 10 LA 91/22 -, juris Rn. 32; Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 4.7.2018 - 13 LA 247/17 -, juris Rn. 18, vom 13.7.2017 - 8 LA 40/17 -, juris Rn. 26, und vom 24.6.2009 - 4 LA 406/07 -, juris Rn. 15; vgl. auch Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 24.1.2020 - 7 LA 7/19 -, juris Rn. 15). Derartige Schwierigkeiten liegen insbesondere dann nicht vor, wenn sich die aufgeworfenen Rechtsfragen unschwer aus dem Gesetz (vgl. dazu auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 13.10.2016 - 5 ZB 16.1873 -, BeckRS 2016, 53484, und vom 14.2.2014 - 5 ZB 13.1559 -, NJW 2014, 1687, 1689 [BGH 06.03.2014 - 4 StR 553/13] Rn. 19) oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lassen (Senatsbeschluss vom 21.2.2023 - 10 LA 91/22 -, juris Rn. 32 m.w.N.).

Die Beklagte sieht die überdurchschnittliche tatsächliche Schwierigkeit der Rechtsache darin, dass die Form des genehmigten Wirkstoffs 2,4-D und dessen Veresterung in Frage stehe. Das Verwaltungsgericht habe sich mit dem chemisch komplexen Verhältnis der beiden Wirkstoffformen nicht auseinandergesetzt und ohne ausreichende Tatsachenbasis Säure- und Esterverbindung gleichgesetzt. Beide Formen unterschieden sich jedoch deutlich in ihrer Umwelttoxizität.

Mit diesem Vorbringen hat die Beklagte besondere Schwierigkeiten der Rechtssache, auch in dem von ihr verstandenen Sinne, nicht dargelegt. Darüber hinaus ist die Frage, ob die Säure- und die Esterform des Wirkstoffs gleichgesetzt werden können, für die Entscheidung nicht relevant, so dass auch die diesbezüglich zusätzlich von der Beklagten geltend gemachten ernstlichen Zweifel nicht begründet werden. Denn, wie oben bereits ausgeführt, umfasst die Prüfungskompetenz der Beklagten bei einer Entscheidung über eine Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung nicht die Frage, ob ein in dem Pflanzenschutzmittel enthaltener Wirkstoff mit einer anderen genehmigten Form des Wirkstoffs vergleichbar ist. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht diese Frage auch zu Recht nicht beantwortet, sondern hat für die Beurteilung einer systematischen Verletzung von Rechtsvorschriften bzw. der offenkundigen Rechtswidrigkeit in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, dass Polen hinsichtlich der Übertragbarkeit der Bewertung der beiden Formen eine andere Auffassung habe als die Beklagte und sich nicht etwa sehenden Auges über das Fehlen einer Genehmigung für einen im Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoff hinweggesetzt hat.

III. Auch der Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich bislang noch nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine obergerichtlich noch nicht geklärte Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich ist und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 28.6.2022 - 10 LA 234/20 -, juris Rn. 14 und vom 5.2.2020 - 10 LA 108/18 -, juris Rn. 25; Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 18.10.2019 - 9 LA 103/18 -, juris Rn. 42, und vom 31.8.2017 - 13 LA 188/15 -, juris Rn. 53). An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sie sich unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt (Senatsbeschlüsse vom 28.6.2022 - 10 LA 234/20 -, juris Rn. 14, und vom 5.2.2020 - 10 LA 108/18 -, juris Rn. 25; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 21.5.2019 - 5 LA 236/17 -, juris Rn. 47; vgl. dazu auch BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 6.6.2018 - 2 BvR 350/18 -, juris Rn. 17; BVerwG, Beschluss vom 7.7.2015 - 1 B 18.15 -, juris Rn. 3 zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Antragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren sowie zu begründen, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (Senatsbeschlüsse vom 28.6.2022 - 10 LA 234/20 -, juris Rn. 14, und vom 5.2.2020 - 10 LA 108/18 -, juris Rn. 25; vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 1.3.2016 - 5 BN 1.15 -, juris Rn. 2, vom 17.2.2015 - 1 B 3.15 -, juris Rn. 3, und vom 30.1.2014 - 5 B 44.13 -, juris Rn. 2, jeweils zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Darzustellen ist weiter, dass die Frage entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (Senatsbeschlüsse vom 28.6.2022 - 10 LA 234/20 -, juris Rn. 14, und vom 5.2.2020 - 10 LA 108/18 -, juris Rn. 25; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 4.2.2020 - 11 LA 479/18 -, juris Rn. 77; Bayerischer VGH, Beschluss vom 30.1.2020 - 10 ZB 19.2241 -, juris Rn. 13). Dazu ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats die konkrete Auseinandersetzung mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts erforderlich (Senatsbeschlüsse vom 19.5.2021 - 10 LA 205/20 -, juris Rn. 71, und vom 21.3.2019 - 10 LA 46/18 -, juris Rn. 10 m.w.N.). Der Antragsteller hat im Einzelnen aufzuzeigen, aus welchen Gründen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu folgen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.5.2022 - 1 B 44.22 -, juris Rn. 14 zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob eine als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage entscheidungserheblich ist, ist anhand der Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts zu prüfen, soweit gegen diese keine begründeten Rügen erhoben worden sind (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Senatsbeschlüsse vom 28.6.2022 - 10 LA 234/20 -, juris Rn. 14, und vom 21.3.2019 - 10 LA 46/18 -, juris Rn. 10 m.w.N.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 29.4.2015 - 9 LA 201/13 - m.w.N.).

Die Beklagte hat zur Begründung dieses Zulassungsgrunds zunächst die folgende Frage aufgeworfen:

"Welcher Beurteil- und Ermessensspielraum kommt deutschen Behörden bei Zulassungsentscheidungen im Wege der gegenseitigen Anerkennung im Bereich des Pflanzenschutzmittelrechts zu?"

Die Beklagte führt hierzu weiter aus, dass die Frage im Kern darauf abziele, ob es einen produktunabhängigen Tatbestand der gegenseitigen Anerkennung gebe. Diese Frage ist aber bereits nicht entscheidungserheblich, da es vorliegend allein auf die Prüfungskompetenz der Beklagten bei der gegenseitigen Anerkennung der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels ankommt, deren Umfang, wie oben bereits dargestellt, durch Art. 40 f. VO (EG) Nr. 1107/2009 bestimmt wird. Das konkrete Prüfprogramm der anerkennenden Mitgliedstaaten wird dabei für das jeweilige Produkt durch die maßgeblichen Rechtsvorschriften bestimmt.

Im Übrigen ist die Frage, soweit sie hier hinsichtlich der Überprüfbarkeit des Vorliegens einer Genehmigung für einen im Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoff entscheidungsrelevant ist, wie oben bereits dargestellt, in der Rechtsprechung des Senats und des Europäischen Gerichtshofs geklärt. Der Senat hatte bereits in der Entscheidung vom 10. Dezember 2019 ausgeführt, dass die für eine Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Wege der gegenseitigen Anerkennung zuständige deutsche Behörde nicht befugt ist, die Referenzzulassung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (- 10 LA 333/18 -, Seite 6 der Urteilsgründe, n. v.). Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 3. Dezember 2020 den Ermessensspielraum des Mitgliedstaates, bei dem ein Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels im Wege der gegenseitigen Anerkennung gestellt wird, dahingehend dargestellt, dass er gemäß Art. 41 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009, die Bedingungen in seinem Hoheitsgebiet berücksichtigen kann, und er gemäß Art. 36 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009, auf den Art. 41 verweist, zum einen Maßnahmen zur Minderung der Risiken für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt festlegen kann und zum anderen die Zulassung sogar verweigern kann, wenn die Maßnahmen zur Risikominderung seine Bedenken angesichts spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen nicht ausräumen können (EuGH, Urteil vom 3.12.2020 - C-352/19 -, juris Rn. 51).

Weiter hält die Beklagte hinsichtlich der vorzitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Dezember 2020 die folgende Frage für klärungsbedürftig:

"Sind die Ausführungen des EuGH zu dem den EU Mitgliedstaaten im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung verbleibenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum dahingehend auszulegen, dass nur das Vorliegen von Ausnahmen gem. Art. 36 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ein Ermessen der Behörden des Mitgliedstaates eröffnen, mithin der im vorgenannten Urteil bestätigte Beurteilungs- und Ermessensspielraum abschließend in Art. 36 Abs. 3 der Verordnung geregelt ist?"

Die so formulierte Frage ist bereits nicht entscheidungserheblich. Denn auch wenn sie mit Nein zu beantworten wäre, würde daraus nicht folgen, dass der Beklagten die von ihr für sich in Anspruch genommene Prüfungskompetenz hinsichtlich der Wirkstoffgenehmigung zukommen würde.

Soweit diese Frage daher dahingehend entscheidungserheblich zu verstehen sein dürfte, ob nach den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs der Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten nicht die Befugnis der Prüfung des Vorliegens einer Genehmigung für einen in dem Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoff umfasst, ist sie nicht klärungsbedürftig im Sinne dieses Zulassungsgrunds, weil sie sich unschwer aus den diesbezüglichen Rechtsvorschriften und auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung, wie im Rahmen der Prüfung des Zulassungsgrunds ernstlicher Zweifel dargestellt, mit Ja beantworten lässt.

Zuletzt erachtet die Beklagte noch die folgende Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig:

"In welchen Fällen kann eine nationale Zulassungs- und Genehmigungsbehörde von der offenkundigen oder systematischen Rechtswidrigkeit einer Referenzzulassung ausgehen?"

Die Frage ist, auch soweit sie sich in ihrer Allgemeinheit auf die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels bezieht, nicht entscheidungserheblich. Zunächst hat das Verwaltungsgericht nicht auf eine offenkundig rechtswidrige Referenzzulassung, sondern allein darauf abgestellt, ob der Referenzmitgliedstaat Vorschriften des Zulassungsverfahrens systematisch verletzt. Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts für die Befugnis zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Referenzzulassung war, dass jedenfalls solange es sich nicht aufdränge, dass ein Referenzmitgliedstaat Vorschriften des Zulassungsverfahrens systematisch verletze, kein Raum für eine solche Prüfungskompetenz sei. Dagegen hat die Beklagte - wie oben ausgeführt - keine durchgreifenden Einwände erhoben. Auch soweit sich Frage auf eine "systematische Rechtswidrigkeit" bezieht, hat die Beklagte nicht dargelegt, weshalb sich diese Frage in einem Berufungsverfahren stellen würde. Denn ihren Ausführungen lässt sich nicht entnehmen, welches Verhalten des Referenzmitgliedstaates hier überhaupt eine systematische Verletzung von Rechtsvorschriften begründen könnte. Soweit sie diesbezüglich den unterlassenen Widerruf einer Pflanzenschutzmittelzulassung in Kenntnis der fehlenden Genehmigungsvoraussetzungen anführt, ergeben sich aus ihrem Vorbringen keine Anhaltspunkte dafür, dass insoweit ein systematisches Verhalten des Mitgliedstaates vorliegen würde, zumal Polen, anders als die Beklagte, nicht der Auffassung ist, für den enthaltenen Wirkstoff fehle eine Genehmigung. Unabhängig davon ist die von der Beklagten aufgeworfene Frage in ihrer Gesamtheit auch nicht allgemein klärungsfähig, da ihre Beantwortung von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt.

IV. Letztlich ist die Berufung auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

Die Beklagte ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe gegen § 88 VwGO verstoßen, indem es über die Zulassung im Wege der gegenseitigen Anerkennung der Erneuerungszulassung 2017 entschieden habe, obwohl sich der Antrag der Klägerin allein auf die Referenzzulassung 2015 bezogen habe. Das Verwaltungsgericht habe die Grenzen einer zulässigen Auslegung überschritten.

Der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt bereits deshalb nicht vor, weil die Behauptung der Beklagten schlicht unzutreffend ist: Die Klägerin hatte in der mündlichen Verhandlung beantragt, "den Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Pflanzenschutzmittel E. zuzulassen." Und zu nicht mehr oder weniger hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt, indem es sie "unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 2019 verpflichtet [hat], der Klägerin die Zulassung für das Pflanzenschutzmittel E. zu erteilen." Die Erneuerung der Zulassung war auch Gegenstand des Prozessstoffs (vgl. Seite 4 f. des Widerspruchbescheides, Bl. 27 f. d. A., die klägerischen Schriftsätze vom 28. März 2019, Bl. 1 ff. d. A. und vom 12. August 2019, Bl. 43 ff. d. A. sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 8. August 2019, Bl. 61 ff. d. A.) und der Erörterung in der mündlichen Verhandlung sowie auch bereits des Verwaltungsverfahrens (vgl. VV: E-Mail der Klägerin vom 9. August 2017, in der der Abschluss des Verlängerungsverfahrens bis Ende September 2017 angekündigt gewesen ist sowie den "Laufweg" unter dem 9. Mai 2017 (7, 8, 1)). Bereits in der Klagebegründung wird die Erneuerung der Zulassung am 11. September 2017 als maßgeblich angeführt, die ursprüngliche Zulassung vom 27. Oktober 2015 wird nicht explizit genannt. Unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens vor dem Verwaltungsgericht war der Klageantrag so zu verstehen, dass die Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Zulassung des Pflanzenschutzmittels im Wege der gegenseitigen Anerkennung aufgrund der am 11. September 2017 erneuerten Referenzzulassung vom 27. Oktober 2015 begehrte. Und einen solchen Anspruch hat das Verwaltungsgericht der Klägerin auch zugesprochen, ohne damit unter Verstoß gegen § 88 VwGO über das Klagebegehren hinauszugehen. Dabei war für das Verwaltungsgericht nach den Entscheidungsgründen maßgeblich, dass überhaupt eine "nach Art. 29 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erteilte Zulassung im Sinne von Art. 40 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1107/2009" vorliegt (Seite 14 der Entscheidungsgründe). Hinsichtlich der Erneuerung der Zulassung hat das Verwaltungsgericht letztlich lediglich ausgeführt, dass diese der Anerkennung der Referenzzulassung nicht entgegenstehe und in das Verwaltungsverfahren der gegenseitigen Anerkennung aufgrund der Interessenlage der Klägerin einzubeziehen sei. Hieraus ergibt sich in keiner Weise der von der Beklagten geltend gemachte Verfahrensfehler.

Soweit die Beklagte diesbezüglich die Frage für grundsätzlich bedeutsam erachtet,

"ob ein Antrag auf gegenseitige Anerkennung einer Referenzzulassung auch ohne erneuten Antrag bei der Behörde eine später ergangene Erneuerungszulassung erfasst",

setzt sie sich nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander. Auf dessen Argumentation, die erneuerte Zulassung sei an die Stelle der alten Zulassung getreten und es entspreche der Interessenlage der Klägerin, die erneuerte Referenzzulassung in das (behördliche) Verfahren der gegenseitigen Anerkennung einzubeziehen, geht sie nicht ein. Bereits deshalb genügt ihr diesbezügliches Vorbringen nicht den an die Darlegung des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung zu stellenden Anforderungen. Die Klägerin hat zudem bereits im Verwaltungsverfahren ausreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie an ihrem Antrag auf Zulassung des Pflanzenschutzmittels im Wege der gegenseitigen Anerkennung auch bei einer Erneuerung der Zulassung festhalten möchte.

Darüber hinaus hat die Beklagte auch nicht hinreichend begründet, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Zwar bringt sie pauschal vor, dass die "Konstellation einer Erneuerungszulassung und der Notwendigkeit eines erneuten Antrags auf Anerkennung im Wege gegenseitiger Anerkennung häufiger anzutreffen ist" und es bislang "der beanstandungsfreien Praxis" entspreche, "dass in diesem Fall ein erneuter Antrag gestellt wird und für die Erneuerungszulassung erneut die gesetzlich vorgesehene Dokumentation eingereicht wird". Konkrete Umstände, aus denen sich ergeben würde, dass diese Konstellation tatsächlich nicht lediglich einen Einzelfall darstellt, trägt sie jedoch nicht vor. Im Gegenteil geht aus dem in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Laufweg hervor, dass es sich um einen gerade nicht regelmäßig auftretenden Sonderfall handelt. Denn dort heißt es unter dem 9. Mai 2017 (7, 8, 1): "Der Fall passt wieder in keine Schublade. [...] Nach dem Ablauf der Zulassung kann der vorliegende Antrag aus meiner Sicht nicht mehr positiv beschieden werden. Es stellt sich die Frage, welche Folgen es noch hat, wenn wir nicht fertig werden. Streng rechtlich müsste die Firma dann vermutlich einen neuen Antrag auf gegenseitige Anerkennung stellen. Hierzu gab es aber m. W. noch keine Grundsatzdiskussion oder Entscheidung. Ggf. muss das also noch abgesprochen werden." Die von der Beklagten behauptete Praxis aufgrund einer regelmäßig anzutreffenden Konstellation geht hieraus gerade nicht hervor.

Mit ihren von den Erwägungen des Verwaltungsgerichts losgelösten Ausführungen legt sie unabhängig davon auch nicht dar, dass die von ihr aufgeworfene Frage anders als vom Verwaltungsgereicht angenommen zu entscheiden sein könnte oder die Auffassung des Verwaltungsgerichts ernstlichen Zweifel begegnet.

Soweit die Beklagte auf die unterschiedlichen Verfahren der Zulassung nach Art. 29 VO (EG) Nr. 1107/2009 und der Erneuerung der Zulassung nach Art. 43 VO (EG) Nr. 1107/2009 verweist, legt sie nicht dar, weshalb die pauschal angeführten Unterschiede bei der Art und Zahl der vorzulegenden Dokumente, die neu ausgelösten Benehmenserfordernisse sowie die eigenständigen Gebührentatbestände, der Berücksichtigung einer erneuerten Zulassung nach Abschluss des Erneuerungsverfahrens bei der Entscheidung über eine Zulassung im Wege gegenseitiger Anerkennung entgegenstehen sollten. Insbesondere verbleibt es insoweit bei den Anforderungen und dem Verfahren nach Art. 40 bis 42 VO (EG) Nr. 1107/2009 und somit auch, worauf die Beklagte hinweist, bei der Erforderlichkeit einer Vorlage der in Art. 42 VO (EG) Nr. 1107/2009 aufgeführten Dokumente. Soweit sich die dort genannten Unterlagen nach der Erneuerung der Zulassung nach Art. 43 VO (EG) Nr. 1107/2009 auf die erneuerte Zulassung beziehen müssten, wie etwa die Kopie der Zulassung (Art. 42 Abs. 1 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 1107/2009), sind aktualisierte Dokumente vorzulegen. Daher erschließt sich auch nicht, weshalb, wie die Beklagte meint, die gesetzlich vorgesehenen Prüfbefugnisse der Behörde umgangen werden sollten oder ein Wertungswiderspruch hinsichtlich der eigenständigen Bedeutung der Erneuerungszulassung nach Art. 43 VO (EG) Nr. 1107/2009 bestehen sollte. Sofern die ursprüngliche Referenzzulassung erneuert wurde, wurde das hierfür in Art. 43 VO (EG) Nr. 1107/2009 vorgesehene Verfahren bereits durchgeführt. Die Beklagte selbst hat keine Erneuerungsentscheidung zu treffen, sondern weiterhin allein eine Entscheidung über die Zulassung im Wege gegenseitiger Anerkennung. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, weshalb entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, etwaige mit der Erneuerung verbundene Änderungen der Maßgaben der Zulassung, die der Beklagten mit der Vorlage der Dokumente nach Art. 42 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1107/2009 betreffend die erneuerte Zulassung im Verfahren der gegenseitigen Anerkennung bekanntzumachen wären, nicht berücksichtigt werden könnten. Hiervon ist die Beklagte im Laufbericht unter dem 11. Juli 2017 hinsichtlich eines bevorstehenden Abschlusses des Erneuerungsverfahrens vielmehr auch selbst ausgegangen (7, 8, 2): "Dann könnten wird die Bearbeitung ggf. auch auf Basis der überprüften Bewertung abschließen."

Danach hat die Beklagte auch nicht dargelegt, dass die Berücksichtigung einer vom Antragsteller in das Verwaltungsverfahren eingeführten Erneuerung der Referenzzulassung dazu führen würde, dass sie am Recht vorbei eine Zulassung der nicht begehrten Erneuerungszulassung ohne Prüfung der Dokumentation im vorgesehen Verfahren ausspreche müsste.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 3, Abs. 1 GKG. Das Interesse an einer erstrebten pflanzenschutzrechtlichen Zulassung ist mit 100.000 Euro in der Regel ausreichend bemessen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 2.3.2023 - 10 LA 113/18 -, juris Rn. 69 und grundlegend Beschluss vom 15. November 2019 - 10 OA 217/19 -, juris Rn. 6).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).