Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.07.2023, Az.: 12 MS 89/22
Abänderungsantrag; Nachbarwiderspruch; sofortige Vollziehung; vorl. Rechtsschutz; Windenergieanlage; Vorläufiger Rechtsschutz bezogen auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Windenergieanlage
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 28.07.2023
- Aktenzeichen
- 12 MS 89/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 28163
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2023:0728.12MS89.22.00
Rechtsgrundlagen
- VwGO § 80 Abs. 7 Satz 2
- VwGO § 80a
- VwGO § 80c
Fundstellen
- BauR 2023, 1664-1668
- DÖV 2023, 974
- NordÖR 2023, 541-544
- ZUR 2023, 556-557
- ZfBR 2023, 805
Amtlicher Leitsatz
Ist verwaltungsgerichtlich aus formellen und materiellen Gründen die aufschiebende Wirkung eines Nachbarwiderspruchs gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung wiederhergestellt worden und macht die Genehmigungsbehörde geltend, die aufgezeigten Mängel der Genehmigung im laufenden Widerspruchsverfahren u. a. durch die Änderung der Genehmigung behoben zu haben, so kann die Genehmigung auch in der geänderten Fassung nur dann wieder vollzogen werden, wenn zuvor gerichtlich der Beschluss nach § 80 Abs. 7 VwGO geändert und gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO die sofortige Vollziehung der Genehmigung in der aktuellen, geänderten Fassung angeordnet worden ist.
Tenor:
Auf den Antrag des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Senats vom 8. August 2022 geändert und die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners in der sog. konsolidierten Fassung vom 22. Juni 2023 angeordnet.
Soweit in diesem Abänderungsverfahren zusätzliche Kosten angefallen sind, werden diese von den Antragstellern getragen.
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Antragsgegners zur Errichtung und für den Betrieb einer Windenergieanlage (= WEA, 5) mit einer Gesamthöhe von 199,8 m und einer Nennleistung von bis zu 5 MW im Gebiet des Antragsgegners. Die Anlage soll im Bereich eines von der Stadt Vechta geplanten bzw. bereits dargestellten Sondergebiets "Windenergie" - I. J. - verwirklicht werden, das im Einvernehmen mit der Stadt Lohne an ein südlich in deren Gebiet gelegenes entsprechendes Sondergebiet anschließt, in dem bereits drei WEA (1 -3) verwirklicht sind. Südöstlich der hier umstrittenen WEA 5 ist eine weitere WEA (4) geplant, die von den Antragstellern im Parallelverfahren mit dem Aktenzeichen 12 MS 88/22 angegriffen wird. Die Antragsteller wohn(t)en nach Aktenlage in einer Entfernung von rd. 1.270 m zur WEA 5; wegen der Einzelheiten wird auf die folgende Karte verwiesen:
Unter dem Aktenzeichen 12 MS 144/21 wandten sich die Antragsteller erstmals gerichtlich gegen den Sofortvollzug der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (in der Ausgangsfassung vom 29. Juli 2021). Auf einen gerichtlichen Hinweis des Vorsitzenden setzte der Antragsgegner am 14. Oktober 2021 die sofortige Vollziehung der Genehmigung aus; das gerichtliche Verfahren wurde für erledigt erklärt.
Auf den gesonderten Widerspruch der Beigeladenen als Vorhabenträgerin erließ der Antragsgegner unter dem 2. Februar 2022 einen sog. (Teil-)Abhilfebescheid, mit dem auch den gerichtlichen Bedenken Rechnung getragen werden sollte, und ordnete die sofortige Vollziehung wieder an. In dem sich anschließenden zweiten von den Antragstellern eingeleiteten Verfahren nach §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO (- 12 MS 63/22 -) setzte der Antragsgegner die sofortige Vollziehung erneut aus; und das Verfahren 12 MS 63/22 wurde ebenfalls in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Am 5. Juli 2022 ordnete der Antragsgegner erneut die sofortige Vollziehung an. Dem dagegen gerichteten - dritten - Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat der Senat mit Beschluss vom 8. August 2022 - 12 MS 89/22 - entsprochen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung hat danach schon nicht den formellen Anforderungen der §§ 80a Abs. 1 Nr. 1 (entsprechend), 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO genügt; zudem überwog wegen der - von den antragsbefugten Antragstellern rügefähigen - mutmaßlichen Rechtswidrigkeit der (erforderlichen) standortbezogenen Vorprüfung das Aussetzungsinteresse der Antragsteller das gegenläufige Interesse der Beigeladenen auch inhaltlich.
Auf den Antrag der Beigeladenen als Betreiberin der WEA 5 (und der Betreiberin der WEA 4) vom 13. Dezember 2022 hat der Antragsgegner unter Einbeziehung von diesen beiden WEA eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt und am 22. Juni 2023 für das Vorhaben der Beigeladenen insgesamt drei Genehmigungen erlassen: Eine sog. konsolidierte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, eine Baugenehmigung für die Zuwegungsanlagen sowie eine naturschutzrechtliche Befreiung von den Verboten einer (altrechtlichen) Landschaftsschutzgebietsverordnung für die im Rahmen der Erschließung notwendigen Eingriffe in das (angrenzende) Landschaftsschutzgebiet. Die Antragsteller haben am 5. Juli 2023 ihren laufenden Widerspruch auch auf die immissionsschutzrechtliche Genehmigung in der Fassung vom 22. Juni 2023 bezogen.
Die Beigeladene und ihr folgend der Antragsgegner haben einen Antrag auf Abänderung des Senatsbeschlusses vom 8. August 2022 mit dem Ziel gestellt, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung in der konsolidierten Fassung vom 22. Juni 2023 nunmehr umgehend vollziehen zu können; der Antrag wird entsprechend den statistischen Vorgaben unter dem letzten vorhergehenden Aktenzeichen 12 MS 89/22 mit den damaligen Beteiligtenbezeichnungen fortgeführt. Die Antragsteller (und Abänderungsgegner) treten dem Abänderungsantrag entgegen.
II.
Der Abänderungsantrag hat Erfolg.
1. Der Senat hält aus den folgenden Gründen einen - hier seitens der Beigeladenen und des Antragsgegners sinngemäß gestellten - Antrag auf Änderung des Senatsbeschlusses vom 8. August 2022 und zusätzlich auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der o. a. Genehmigung in der konsolidierten Fassung für erforderlich:
Ist - wie hier - verwaltungsgerichtlich die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs (Drittwiderspruchs) gegen eine (hier immissionsschutzrechtliche) Genehmigung angeordnet worden und ist diese Genehmigung danach, insbesondere zwecks Behebung der gerichtlich aufgezeigten Mängel, geändert worden, ohne dass dadurch zugleich das betroffene Vorhaben wesentlich verändert worden ist, so ist der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Beschl. v. 26.1.2012 - 12 ME 291/11 -, juris, Leitsatz; v. 26.1.2018 - 12 ME 242/17 -, juris, Rn. 26, sowie v. 21.12.2020 - 12 ME 140/20 -, juris, Rn 35; und bereits vorgehend Nds. OVG, Beschl. v. 22.7.2003 - 7 ME 104/03 -, juris, Rn. 7 ff.) davon ausgegangen, dass die Genehmigungsbehörde ihren geänderten Genehmigungsbescheid nicht noch - soweit erforderlich - selbst für sofort vollziehbar erklären kann; sie bzw. der von der Genehmigung Begünstigte (Vorhabenträger) ist stattdessen gehalten, insoweit einen Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu stellen (ebenso Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 80, Rn. 171; Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl., Rn.1182 (Fn. 117); in diesem Sinne auch: Schoch, in: ders./Schneider, Verwaltungsrecht, Allgemeiner Werkstand: August 2022, § 80 VwGO, Rn. 530; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl., § 80, Rn. 127; Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl., § 80, Rn. 173, sowie zum [Landes-]Baurecht: Nds. OVG, Beschl. v. 28.4.2022 - 1 ME 146/21 -, juris, Rn. 8 ff.; Burzynska/Fontana, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl., § 68, Rn. 254, jeweils m. w. N.). Hieran wird auch in Ansehung der abweichenden bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Planfeststellungsrecht (Beschl. v. 17.3.2020 - 3 VR 1/19 -, juris, Rn. 21 sowie unter Bezug auf BVerwG, Beschl. v. 20.12.1991 - 4 C 25/90 -, juris, Rn. 14 ff. auch Nds. OVG, Beschl. v. 6.7.2000 - 3 M 561/00 -, juris, Rn. 5 ff.) festgehalten. Dafür spricht schon der Wortlaut des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO, der eine Änderung oder Aufhebung eines gerichtlichen Beschlusses u. a. wegen veränderter Umstände erlaubt, aber auch fordert, also gerade voraussetzt, dass sich die Bindungswirkung des gerichtlichen Beschlusses grundsätzlich auch auf solche Änderungen erstreckt, ohne davon dem Wortlaut nach Änderungen der betroffenen Genehmigung auszunehmen. Dass sich in der o. a. Fallgestaltung der Rechtsschutz in der Hauptsache gegen die Genehmigung in der aktuellen Fassung zu richten hat, die Änderung insoweit also wie der Erlass eines neuen Bescheides (und nicht als Fortsetzung des alten Bescheides) behandelt wird, erlaubt schon deshalb noch keinen hinreichenden Rückschluss auf einen abweichenden Umfang der Bindungswirkung des gerichtlichen Eilbeschlusses (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 21.11.2005 - 2 Bs 19/05 -, NVwZ 2006, 1076, Leitsatz 3), weil schon in der Hauptsache die Behandlung dieses geänderten Bescheides nicht einheitlich erfolgt. So wird vom Kläger etwa gerade nicht (wie für den Erlass eines isolierten Neubescheids) eine erneute Klageerhebung, sondern die Einbeziehung in ein laufendes Verfahren der Hauptsache (Klage) gefordert, und zwar ohne dabei an die Einhaltung der Frist des § 74 VwGO gebunden zu sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.2020 - 8 C 22/19 -, juris, Rn., 25); ein ändernder Bescheid wird ferner auch in Ansehung der sachlichen Zuständigkeit wie ein Alt- und nicht ein Neubescheid behandelt (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 19.10.2022 - 8 D 168/22.AK -, juris; OVG Schl.-Holst., Beschl. v. 30.8.2021 - 5 MR 5/21 -, juris). Ebenso wenig zwingt die anerkannte Befugnis der Genehmigungsbehörde, den gerichtlich festgestellten Mangel, etwa in einem ergänzenden Verfahren, zu heilen, zu der Annahme, damit sei zugleich stets die Befugnis verbunden, den geänderten Bescheid selbst für sofort vollziehbar zu erklären; andernfalls wäre es zudem unverständlich, warum diese Befugnis in dem Fall ausgeschlossen sein soll, dass der Ausgangsbescheid auch nach der Durchführung des ergänzenden Verfahrens inhaltlich unverändert geblieben ist (vgl. zu dieser Möglichkeit etwa Seibert, NVwZ 2018, 97, 101 f.). Ein (solcher) "identischer" Bescheid darf aber nach wohl einhelliger Ansicht nicht von der Behörde eigenständig für sofort vollziehbar erklärt werden. Schließlich streitet für diesen weiten Umfang der Bindungswirkung auch der Sinn und Zweck des § 80 Abs. 5, 7 VwGO. Wie sich im vorliegendem Fall besonders deutlich zeigt, kann (und wird) nämlich zwischen den Beteiligten oftmals gerade weiterhin Streit darüber bestehen, ob sich die Sach- oder Rechtslage tatsächlich entscheidungserheblich geändert hat. Es in einer solchen Situation stets dem zunächst erfolgreichen Drittwiderspruchsführer/-kläger zu überlassen, mit einem entsprechenden Kostenrisiko einen weiteren - hier dann vierten (!) - Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu stellen, statt die Behörde bzw. den Begünstigten auf einen (gerichtsgebührenfreien) Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO zu verweisen, in dem vom Gericht geprüft wird, ob sich die Sach- oder Rechtslage tatsächlich entscheidungserheblich geändert hat, entspricht keiner sachgerechten Risikoverteilung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. auch Milstein, NVwZ 2020, 1054, 1055, unter III. 3., in Anmerkung zu dem o. a. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.3.2020). Ist hingegen selbst aus Sicht des Drittwiderspruchsführers der gerichtlich festgestellte Mangel behoben und die von ihm angegriffene Genehmigung damit rechtmäßig bzw. von ihm nicht mehr erfolgreich angreifbar, so wird er bereits seinen Rechtsbehelf in der Hauptsache (Widerspruch bzw. Klage) für erledigt erklären und erübrigt sich so ein weiteres gerichtliches Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ohnehin.
Hiernach ist es also dem Antragsgegner versagt (gewesen), die sofortige Vollziehung seines Bescheides in der sog. konsolidierten Fassung vom 22. Juni 2023 selbst anzuordnen, da dadurch das Vorhaben der Beigeladenen gegenüber der ursprünglich genehmigten Fassung nicht wesentlich verändert worden ist, und besteht für den Abänderungsantrag das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
Entgegen des ursprünglichen Vorbringens der Beigeladenen ergab sich die sofortige Vollziehung dieses konsolidierten Bescheides auch nicht bereits aus § 63 BImSchG. Dem steht nicht nur die gegenüber der allgemeinen gesetzlichen Regelung in § 63 BImSchG vorrangige, zuvor aufgezeigte Bindungswirkung des (einzelfallbezogenen) Senatsbeschlusses vom 8. August 2022 entgegen, sondern zusätzlich, dass der Antragsgegner zuvor bereits diese gesetzliche Wirkung nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO (mehrfach) selbst ausgesetzt hatte, so dass sich damit das weitere Verfahren ausschließlich nach §§ 80, 80a (und ggf. nunmehr ergänzend § 80c) VwGO bestimmt.
In der vorliegenden Fallgestaltung kann die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auch nicht allein durch eine Änderung bzw. Aufhebung des Senatsbeschlusses vom 8. August 2022 "wiederaufleben". Denn der Senat hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller insoweit sowohl aus formellen als auch aus materiellen Gründen wiederhergestellt; die formellen Mängel bei der damaligen behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung bestehen aber fort und können, wie ausgeführt, vom Antragsgegner (wegen der zugleich gerichtlich aufgezeigten materiellen Fehler der Genehmigung) auch nicht behoben werden.
Damit ist der Senat nach § 80 Abs. 7 VwGO i. V. m. § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 1 VwGO dazu berufen, unter Änderung seines Beschlusses vom 8. August 2022 über die Anordnung der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, und zwar in ihrer aktuellen, konsolidierten Fassung, selbst zu entscheiden.
2. Der hierauf zielende Abänderungsantrag ist zulässig (a) und begründet (b).
a) (Wesentliche) Zulässigkeitsvoraussetzung ist, dass "veränderte Umstände" i. S. d. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vorliegen. Das ist der Fall.
Der Senat hat seinen Beschluss vom 8. August 2022 darauf gestützt, dass eine standortbezogene Vorprüfung nach dem UVPG erforderlich, ihr Ergebnis aber nicht nachvollziehbar gewesen ist. Ergänzend hat er bemängelt, dass (nach dem zwischenzeitlichen Ergehen einer Änderungsanzeige) unklar gewesen ist, auf welche Rechtsgrundlage sich das Vorhaben stützen und die entsprechende Anordnung der sofortigen Vollziehung beziehen soll.
Diese Mängel hat der Antragsgegner behoben, indem er für das Vorhaben, das insoweit nunmehr beide neuen WEA (4 und 5) einschließt, nach § 7 Abs. 3 UVPG zunächst eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt und damit den benannten (absoluten) formellen Fehler der Genehmigung i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, Satz 2 UmwRG beseitigt hat. Ob die Umweltverträglichkeitsprüfung in jeder Hinsicht den dabei zu beachtenden Vorgaben entsprochen hat, ist insoweit unerheblich (vgl. Senatsbeschl. v. 21.12.2020, a. a. O., Rn. 25 ff.). Zusätzlich hat der Antragsgegner die Genehmigungslage bereinigt, indem er für die immissionsschutzrechtliche Legalisierung des Vorhabens eine konsolidierte Fassung der Genehmigung erlassen und bekannt gegeben hat, vom Regelungsumfang dieser Genehmigung jetzt zu Recht die umfangreiche Zuwegung ausgenommen und hierfür zwei gesonderte (bau- und naturschutzrechtliche) Genehmigungen vom 22. Juni 2023 erlassen hat (die ihrerseits nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind).
b) Der demnach zulässige Abänderungsantrag ist auch begründet.
Dem Wortlaut des § 80a Abs. 1 und 3 VwGO lassen sich nicht die Voraussetzungen entnehmen, unter denen das Gericht (zumal im Verfahren nach §§ 80 Abs. 7, 80c VwGO) die sofortige Vollziehung einer Genehmigung anzuordnen hat. Deshalb ist unter Rückgriff auf allgemeinen Grundsätze im ersten Schritt darauf abzustellen, ob der gegen diese Genehmigung in der Hauptsache gerichtete Rechtsbehelf voraussichtlich erfolgreich sein wird (vgl. auch zum Folgenden Hoppe, a. a. O., § 80a, Rn. 6 f; 23, m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, so spricht bereits dieser Gesichtspunkt im Interesse des durch die Genehmigung begünstigten Vorhabenträgers für die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Unterstrichen wird diese Folgerung hier sowohl durch das in § 2 Satz 1 EEG, § 63 BImSchG zum Ausdruck kommende "überragende" öffentliche Interesse an der Verwirklichung von WEA als auch durch die Nachteile für die Beigeladene, die bei einer weiteren Verzögerung ihres Vorhabens einträten.
Hiernach ist die sofortige Vollziehung gerichtlich anzuordnen, da der Widerspruch der Antragsteller vom 5. Juli 2023 gegen die Genehmigung in der konsolidierten Fassung vom 22. Juni 2023 zwar weiterhin zulässig (aa), aber ersichtlich unbegründet ist (bb).
aa) Der Widerspruch ist zutreffend auf die Genehmigung in ihrer aktuellen Fassung erstreckt worden. Die Antragsteller sind jedenfalls als Eigentümer eines im Einwirkungsbereich des genehmigten Vorhabens befindlichen Wohngrundstücks auch weiterhin widerspruchsbefugt.
bb) Dieser Widerspruch wird jedoch erfolglos bleiben, weil die Genehmigung nicht an von ihnen erfolgreich rügefähigen Mängeln leidet.
Wie dargelegt, hat der Antragsgegner den absoluten Verfahrensfehler i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, Satz 2 UmwRG durch die Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung behoben. Mit diesem Verfahrensschritt leidet diese Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ihrerseits an einem absoluten Fehler i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG. Ebenso wenig sind im Sinne der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (Urt. v. 28.11.2017 - 7 A 17/12 -, BVerwGE 161, 17; juris, Rn. 29 ff.) sonstige, "relative" Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung i. S. d. § 4 Abs. 1 Abs. 1a UmwRG gegeben. Soweit die Antragsteller im Widerspruchsverfahren vorgetragen haben, sie hätten Anspruch auf Durchführung einer "fehlerfreien" Umweltverträglichkeitsprüfung, die insbesondere hinsichtlich der Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht (bezogen auf windenergiesensible Vögel) uneingeschränkt den jeweiligen Fachstandards entsprechen müsse, trifft dies danach nicht zu; vielmehr muss die Prüfung insoweit nur den Verfahrensgarantien entsprechen (vgl. näher etwa VGH Bad-Württ., Urt. v. 17.11.2022 - 14 S 2056/21- juris, Leitsatz 1, Rn. 29). Dass (sogar) diese deutlich niedrigere Schwelle hier unterschritten worden sei, tragen die Antragsteller nicht vor und ist auch für den Senat nicht ersichtlich. Gleiches gilt für das Vorliegen sonstiger erheblicher Fehler bei der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung oder von Verfahrensfehlern im Übrigen.
Wie die Antragsteller selbst zutreffend erkannt haben, können sie die materielle Rechtmäßigkeit der Genehmigung entsprechend § 113 Abs. 1 VwGO nur insoweit erfolgreich in Frage stellen, als sie durch etwaige Fehler in eigenen Rechten verletzt werden; Verstöße gegen das Arten- oder Naturschutzrecht gehören nicht dazu.
Stattdessen können sich die Antragsteller zwar erfolgreich (u. a.) auf die Einhaltung der sich aus Nr. 6.1 der TA Lärm für ihr nach Aktenlage im Außenbereich befindliches Wohngrundstück ergebenden (Lärm-)Immissionswerte berufen. Diese - in Nr. IV 13 auch in der Genehmigung u. a. ausdrücklich für das Grundstück der Antragsteller - festgeschriebenen Werte von 60 dB(A) für den Tag- und 45 dB(A) für den Nachtbetrieb werden aber ersichtlich eingehalten.
Für den - unbeschränkt zugelassenen (Mode "BM 0s") - Tagbetrieb ergibt sich dies bereits daraus, dass die - nach dem von den Antragstellern selbst geforderten sog. Interimsverfahren gutachterlich berechnete - vorhabenbedingte Zusatzbelastung um mindestens 14 dB(A) unter diesem Richtwert bleibt (vgl. Bl. 23 und Anlage B des Schallgutachtens) und damit nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm unerheblich ist.
Bei dem durch die Genehmigung vorgeschriebenen eingeschränkten (Mode "BM 100,7 dB") Nachtbetrieb wird die (Gesamt-)Immissionsbelastung am Grundstück der Antragsteller (als sog. IO 24) nach dem Schallgutachten 35 dB(A) betragen und damit um 10 dB(A) unter dem o. a. nächtlichen Richtwert bleiben. Zwar erscheint zweifelhaft, ob in diese Berechnung eine planbedingte Vorbelastung (Bl. 13 dieses Gutachtens) zu Recht (vgl. das unveröffentlichte Senatsurt. v. 21.2.2023 - 12 LB 55/21 - Bl. 17 unter Bezug auf OVG Rh-Pf., Urt. v. 13.12.2021 - 1 C 10147/21 -, juris, Rn. 74, 66 ff.), eingeflossen ist und ob wegen der fehlenden unabhängigen Vermessung der beiden WEA (vgl. Bl. 16 unten dieses Gutachtens, S. 78 der Genehmigung) für den Nachtbetrieb nicht zumindest ein weiterer Sicherheitszuschlag von wenigstens zwei dB(A) erforderlich gewesen wäre (vgl. Senatsbeschl. v. 24.9.2021 - 12 ME 45/21 -, juris, Rn. 90 ff.). Diesen Bedenken muss in diesem Verfahren aber nicht näher nachgegangen werden. Denn auch zusammengenommen würden diese (unterstellten) Mängel nicht annährend dazu führen, dass sich die nächtliche Immissionsbelastung für die Antragsteller um mehr als 10 dB(A) erhöhte und damit den maßgebenden Immissionswert überschritte; die Einbeziehung der planbedingten Vorbelastung führt mutmaßlich eher zu einer Überschätzung der Lärmimmissionsbelastung. Soweit die Antragsteller in ihrer Widerspruchsbegründung pauschal und ohne Auseinandersetzung mit dem Gutachten und der Genehmigung in ihrer aktuellen Fassung weitere Mängel der Lärmermittlung gerügt haben, sind solche Mängel nicht ersichtlich. So kommt etwa der von ihnen reklamierte Zuschlag wegen "Tonhaltigkeit" schon deshalb nicht in Betracht, weil eine solche Tonhaltigkeit nach Nr. IV 17 der Genehmigung gar nicht auftreten darf. Welche weiteren Vorbelastungen hätten berücksichtigt werden müssen, erschließt sich ebenfalls nicht.
Die Antragsteller können Schutz vor einem übermäßigen Schattenwurf in Anspruch nehmen, der von rotierenden Teilen der WEA der Beigeladenen ausgeht. Das gebotene Schutzniveau wird ihnen gegenüber aber gewahrt, und zwar nach der dafür erstellten sog. Schattenwurfprognose vom 10. November 2002 schon ohne zusätzliche Schutzvorkehrungen. Die Antragsteller profitieren insoweit zusätzlich von der (zum Schutz anderer Nachbarn gebotenen) Regelung in Nr. IV 8, 19 - 21 der Genehmigung, wonach die WEA mit einer sog. Abschaltautomatik zu versehen ist. Dass diese Maßnahmen unwirksam oder ungenügend seien, tragen die Antragsteller nicht vor und ist auch für den Senat nicht zu erkennen.
Bei einer Entfernung der knapp 200 m hohen WEA (5) von rd. 1.270 m zum Wohngrundstück der Antragsteller scheidet nach der nunmehr ausdrücklichen Wertung des Gesetzgebers in § 249 Abs. 10 BauGB eine erdrückende bzw. optisch bedrängende Wirkung der WEA ersichtlich aus.
Dem Schutz vor unzumutbaren vorhabenbedingten nächtlichen Lichtimmissionen dienen die Regelungen in der Genehmigung zu einer Abstrahlung der - aus Luftsicherheitsgründen erforderlichen - "Befeuerung" der WEA nach unten und zur "synchronen" Blinkweise aller fünf WEA des Windparks (vgl. S. 65 unter 1.2.3 der Genehmigung). Eine Pflicht zur (nur) bedarfsgesteuerten bzw. -gerechten Nachtkennzeichnung besteht nach § 9 Abs. 7 EEG (noch) nicht.
Das Vorbringen der Antragsteller, sie und ihre Kinder würden schon durch den Betrieb der drei vorhandenen WEA krank und müssten bei dem Hinzutreten zweier weiterer (näher gelegener) WEA (u. a.) der Beigeladenen mit weiteren Belastungen rechnen, die unzumutbar seien, ist nicht einlassungsfähig, weil damit keine konkreten Rechtsmängel der Genehmigung aufgezeigt werden.
Auch im Übrigen sind keine Gründe ersichtlich, aus denen die Antragsteller durch die Genehmigung in ihren (materiellen) Rechten verletzt sein könnten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO: Der Senat berücksichtigt dabei, dass für dieses Abänderungsverfahren keine Gerichtsgebühren (vgl. Senatsbeschl. v. 26.11.2019 - 12 OA 198/19 - juris, Rn. 1) und nach Maßgabe des § 16 Nr. 5 RVG auch keine zusätzlichen Rechtsanwaltsgebühren anfallen, also grundsätzlich nur Auslagen erstattungsfähig sein können. Daher erübrigt sich auch die Festsetzung eines Streitwertes für das Abänderungsverfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).