Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.07.2023, Az.: 14 KN 35/22
Betriebsschließung; Corona; Mischsortiment; Schließungen von Baumärkten für den nicht-gewerblichen Kundenverkehr während der Corona-Pandemie
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.07.2023
- Aktenzeichen
- 14 KN 35/22
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2023, 27176
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2023:0711.14KN35.22.00
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
- 1)
Die angegriffenen Schließungen von Baumärkten für den nicht-gewerblichen Kundenverkehr vom 16. Dezember 2020 bis einschließlich zum 10. April 2021 stellen sich angesichts der damaligen Corona-Lage als notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. dar.
- 2)
Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Maßnahmen zum Schutz vor COVID-19 hatte der Verordnungsgeber einen tatsächlichen Einschätzungsspielraum, der sich darauf bezog, die Wirkung der von ihm gewählten Maßnahmen im Vergleich zu anderen, weniger belastenden Maßnahmen zu prognostizieren. Maßgeblich ist die Erkenntnislage bei Erlass der Verordnung (ex-ante-Sicht
- 3)
Bei der Regelung eines dynamischen Infektionsgeschehens sind die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde grundsätzlich weniger streng. Ein gewichtiger, wiederholter und länger andauernder Eingriff in ein Freiheitsrecht erhöht jedoch die Anforderungen an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung.
- 4)
Für die gleichheitsbezogene Abwägungsrelation hat der Gesetzgeber durch die Schaffung des § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG a.F. verdeutlicht, dass die Exekutive abstrakte Priorisierungsentscheidungen treffen darf.
- 5)
Bei Entscheidungen über Lockerungen nach einem sog. Lockdown gebietet es der Schutz von Leben und Gesundheit sowie der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems, den durch den Lockdown erzielten Erfolg bei der Eindämmung der Pandemie nicht dadurch zunichte zu machen, dass sämtliche Infektionsschutzmaßnahmen zum gleichen Zeitpunkt aufgehoben werden und das Infektionsgeschehen wieder uneingeschränkt Fahrt aufnehmen kann. Einer schrittweisen Lockerung ist immanent, dass es zu Ungleichbehandlungen kommt.
- 6)
Verkaufsstellen mit einem Mischsortiment, das im Schwerpunkt privilegierte Waren umfasste, durften von den Betriebsschließungen ausgenommen werden, da ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit nicht zwingend erforderlich i.S.d. § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG a.F. gewesen ist und durch die Regelung auch im Übrigen die widerstreitenden Interessen in einen angemessenen Ausgleich gebracht worden sind.
- a)
Die Annahme des Verordnungsgebers, dass es durch die Öffnung der Verkaufsstellen mit einem schwerpunktmäßig privilegierten Sortiment nicht zu einem nennenswerten Anstieg der Infektionsgefahr kommen wird, begegnet jedenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- b)
Der Antragsgegner durfte überdies davon ausgehen, dass das gezielte Aufsuchen einer Verkaufsstelle, die ein gemischtes Sortiment anbietet, allein zum Einkaufen nicht privilegierter Ware einen Ausnahmefall bilden und folglich nicht zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung führen wird, und dass nicht privilegierte Waren innerhalb solcher Verkaufsstellen in der Regel Randsortimente bilden und diejenigen Waren, die der Grundversorgung der Bevölkerung dienen, einen deutlichen Schwerpunkt darstellen werden.
Tenor:
Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Normenkontrollverfahrens trägt die Antragstellerin.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Geschäftsführer der Antragstellerin betreibt in Niedersachsen - jeweils in der Rechtsform einer GmbH - mehrere Baumärkte, darunter den verfahrensgegenständlichen. Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass bereits außer Kraft getretene Regelungen der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (im Folgenden: Niedersächsische Corona-Verordnung) in unterschiedlichen Fassungen, die den Betrieb von Baumärkten in dem Zeitraum vom 16. Dezember 2020 bis einschließlich zum 10. April 2021 teilweise untersagt bzw. beschränkt haben, unwirksam gewesen sind.
Am 30. Oktober 2020 erließ das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung - handelnd durch die damalige Ministerin - die (8.) Niedersächsische Corona-Verordnung und verkündete diese im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt (Nds. GVBl. S. 368).
Die hier streitgegenständlichen Betriebsverbote sowie Betriebs- und Dienstleistungsbeschränkungen von Verkaufsstellen des Einzelhandels wurden durch die Änderungsverordnung vom 15. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 488) - zunächst befristet bis zum Ablauf des 10. Januar 2021, § 20 Abs. 1 - in § 10 Abs. 1b der Niedersächsischen Corona-Verordnung eingefügt. § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nr. 20 der Niedersächsischen Corona-Verordnung sah vor, dass Baumärkte ausschließlich für gewerbliche Kundinnen und Kunden geöffnet werden durften. § 10 Abs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung betraf weitere Betriebsverbote unter anderem für Betriebe der körpernahen Dienstleistungen und der Körperpflege. § 10 Abs. 1, 1b lautete in der damaligen Fassung:
"§ 10 Betriebsverbote sowie Betriebs- und Dienstleistungsbeschränkungen
(1) 1Für den Publikumsverkehr und Besuche sind geschlossen
1. Clubs, Diskotheken und ähnliche Einrichtungen,
2. Gastronomiebetriebe im Sinne des § 1 Abs. 3 des Niedersächsischen Gaststättengesetzes, insbesondere Restaurants, die Freiluftgastronomie, Bars einschließlich Einrichtungen, in denen Shisha-Pfeifen zum Konsum angeboten werden, Imbisse und Cafés, allein oder in Verbindung mit anderen Einrichtungen, jeweils ausgenommen der Außer-Haus-Verkauf und die Abholung von Speisen und alkoholfreien Getränken zum Verzehr außerhalb der jeweiligen Einrichtung und mit Ausnahme von
a) Gastronomiebetrieben in Heimen nach § 2 Abs. 2 des Niedersächsischen Gesetzes über unterstützende Wohnformen (NuWG) und in Einrichtungen des betreuten Wohnens zur Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner,
b) Gastronomiebetrieben in Beherbergungsstätten und Hotels zur Versorgung der zulässig beherbergten Gäste, allerdings nur zur Versorgung der Personen auf den Zimmern, und
c) Gastronomiebetrieben auf Raststätten und Autohöfen an Bundesautobahnen zur Versorgung von Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrern, die ihre Tätigkeit durch eine Bescheinigung der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers nachweisen können,
3. Messen, Kongresse, gewerbliche Ausstellungen, Spezialmärkte, Weihnachtsmärkte, Jahrmärkte und ähnliche Veranstaltungen, ausgenommen Wochenmärkte,
4. Theater, Opernhäuser, Konzerthäuser, Kulturzentren, Museen, Ausstellungen, Galerien, Bibliotheken, Büchereien und ähnliche Einrichtungen, unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft und den Eigentumsverhältnissen, ausgenommen wissenschaftliche Bibliotheken wie die Hochschul- und Landesbibliotheken,
5. Kinos, Freizeitparks, Zoos, Tierparks, Angebote von Freizeitaktivitäten sowohl innerhalb als auch außerhalb von Gebäuden wie Indoor-Spielplätze, Kletterhallen und Kletterparks und ähnliche Einrichtungen sowie Seilbahnen,
6. Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen,
7. Angebote des Freizeit- und Amateursportbetriebs auf und in öffentlichen und privaten Sportanlagen, wobei die sportliche Betätigung im Rahmen des Individualsports allein, mit einer weiteren Person oder den Personen des eigenen Hausstands auf und in diesen Sportanlagen zulässig bleibt,
8. Saunen, Thermen, Schwimm- und Spaßbäder, Solarien, Fitnessstudios, Studios für Elektromuskelstimulationstraining und ähnliche Einrichtungen,
9. Betriebe der körpernahen Dienstleistungen oder der Körperpflege wie Friseurbetriebe, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe, ausgenommen Einrichtungen für medizinisch notwendige Behandlungen wie Praxen für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Podologie oder Fußpflege, die Betriebe des Orthopädieschuhmacher-Handwerks und des Handwerks der Orthopädietechnik sowie die Praxen der Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker, 10. Prostitutionsstätten nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) und Prostitutionsfahrzeuge nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 ProstSchG.
[...]
(1 b) 1Für den Kundenverkehr und Besuche sind alle Verkaufsstellen des Einzelhandels, einschließlich der Outlet-Center und der Verkaufsstellen in Einkaufscentern, geschlossen, ausgenommen die Verkaufsstellen für die Versorgung mit Lebensmitteln oder mit Gütern oder Dienstleistungen des täglichen Bedarfs in den Betrieben und Einrichtungen
1. des Lebensmittelhandels,
2. der Wochenmärkte in Bezug auf den Handel mit Lebensmitteln,
3. des landwirtschaftlichen Direktverkaufs und der Hofläden in Bezug auf den Handel mit Lebensmitteln,
4. des Getränkehandels,
5. der Abhol- und Lieferdienste,
6. der Reformhäuser,
7. der Babyfachgeschäfte,
8. der Apotheken, Sanitätshäuser und Drogerien,
9. der Optikerinnen, Optiker, Hörgeräteakustikerinnen und Hörgeräteakustiker,
10. der Tankstellen und Autowaschanlagen,
11. der Kraftfahrzeug- oder Fahrrad-Werkstätten und der Reparaturwerkstätten für Elektronikgeräte,
12. der Banken und Sparkassen,
13. der Poststellen,
14. der Reinigungen,
15. der Waschsalons,
16. der Zeitungsverkaufsstellen,
17. des Tierbedarfshandels,
18. des Futtermittelhandels,
19. für den Verkauf von Weihnachtsbäumen,
20. des Großhandels und der Baumärkte, jeweils nur für gewerbliche Kundinnen und Kunden,
21. des Brenn- und Heizstoffhandels,
22. des Brief- und Versandhandels,
23. der Verkaufsstellen von Fahrkarten für den Personenverkehr.
2Zulässig sind auch Verkaufsstellen mit gemischtem Sortiment, das auch regelmäßig Waren umfasst, die dem Sortiment einer der in Satz 1 Nrn. 1 bis 9 und 16 bis 19 genannten Verkaufsstellen entsprechen, wenn die Waren den Schwerpunkt des Sortiments bilden; bilden die betreffenden Waren nicht den Schwerpunkt des Sortiments, so ist der Verkauf nur dieser Waren zulässig. 3Zulässig ist auch die Auslieferung jeglicher Waren auf Bestellung sowie deren Verkauf im Fernabsatz zur Abholung bei kontaktloser Übergabe außerhalb der Geschäftsräume unter Wahrung des Abstandsgebots nach § 2 Abs. 2 Satz 1. 4Die Ausweitung der regelmäßigen Randsortimente durch die Betriebe und Einrichtungen nach Satz 1 Nrn. 1 bis 23 ist unzulässig."
Ab dem 16. Dezember 2020 schloss die Antragstellerin den von ihr in D. betriebenen Baumarkt für Besuche von nicht-gewerblichen Kundinnen und Kunden.
Die Betriebsverbote bzw. Betriebs- und Dienstleistungsbeschränkungen wurden drei weitere Male - durch die Änderungsverordnungen vom 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3), vom 22. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 26) und vom 12. Februar 2021 (Nds. GVBl. S. 55) - letztlich bis zum 7. März 2021 verlängert. Durch die Änderungsverordnung vom 12. Februar 2021 war es demgegenüber den Verkaufsstellen für Schnittblumen, Topfblumen, Topfpflanzen, für Blumengestecke, Grabschmuck sowie des gärtnerischen Facheinzelhandels (§ 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nr. 2, 3, 19 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) und denjenigen des Kraftfahrzeug- sowie des Zweiradhandels (§ 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nr. 10a der Niedersächsischen Corona-Verordnung) wieder erlaubt zu öffnen. § 10 Abs. 1b der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der Fassung vom 12. Februar 2021 lautete auszugsweise:
"§ 10 Betriebsverbote sowie Betriebs- und Dienstleistungsbeschränkungen
[...]
(1 b) 1Für den Kundenverkehr und Besuche sind alle Verkaufsstellen des Einzelhandels, einschließlich der Outlet-Center und der Verkaufsstellen in Einkaufscentern, geschlossen, ausgenommen die Verkaufsstellen für die Versorgung mit Lebensmitteln oder mit Gütern oder Dienstleistungen des täglichen Bedarfs in den Betrieben und Einrichtungen [...]
2. der Wochenmärkte in Bezug auf den Handel mit Lebensmitteln und mit Schnittblumen, Topfblumen und Topfpflanzen sowie Blumengestecken und Grabschmuck,
3. des landwirtschaftlichen Direktverkaufs und der Hofläden in Bezug auf den Handel mit Lebensmitteln und mit Schnittblumen, Topfblumen und Topfpflanzen sowie Blumengestecken und Grabschmuck,
[...]
10a. des Kraftfahrzeughandels und des Zweiradhandels, allerdings jeweils beschränkt auf die Durchführung von Probefahrten,
[...]
19. der Verkaufsstellen für Schnittblumen, Topfblumen und Topfpflanzen sowie für Blumengestecke und Grabschmuck sowie des gärtnerischen Facheinzelhandels wie Gärtnereien, Gartencenter und Gartenmärkte [...]."
Durch die Änderungsverordnung vom 6. März 2021 (Nds. GVBl. S. 93), diese wiederum in der Fassung der (weiteren) Änderungsverordnung vom 7. März 2021 (Nds. GVBl. S. 110) wurde unter anderem § 10 Abs. 1b der Niedersächsischen Corona-Verordnung ein weiteres Mal modifiziert. Eine Öffnung der Verkaufsstellen des Orthopädieschuhmacher-Handwerks, des Handwerks der Orthopädietechnik (§ 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nr. 9) sowie des Buchhandels (§ 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nr. 16a) war wieder zulässig. Gleiches galt auch für die Beratung sowie den Verkauf von sämtlicher Ware in den Geschäftsräumen einer geschlossenen Verkaufsstelle nach vorheriger Terminvereinbarung und unter Wahrung des Abstandsgebots (sog. "click and meet") sowie die Durchführung von Bemusterungs- und Anprobeterminen. Einschränkungen bestanden jedoch in sog. Hochinzidenzkommunen nach § 18a der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Überdies war die Öffnung von Betrieben der körpernahen Dienstleistung und Körperpflege (Absatz 1c) sowie Museen, Ausstellungen, Galerien, Bibliotheken und Büchereien wieder zulässig; seit dem 1. März 2021 durften bereits Friseurbetriebe wieder öffnen (Nds. GVBl. S. 55). § 10 Abs. 1, 1b, 1c, § 18 Satz 1 und § 18a der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der Fassung der Änderungsverordnung vom 6. März 2021 (Nds. GVBl. S. 93), diese wiederum in der Fassung der (weiteren) Änderungsverordnung vom 7. März 2021 (Nds. GVBl. S. 110) lauteten auszugsweise:
"§ 10 Betriebsverbote sowie Betriebs- und Dienstleistungsbeschränkungen
(1) 1Für den Publikumsverkehr und Besuche sind geschlossen
[...]
4. Theater, Opernhäuser, Konzerthäuser, Kulturzentren und ähnliche Einrichtungen, unabhängig von der jeweiligen Trägerschaft und den Eigentumsverhältnissen,
5. Kinos, Freizeitparks, Angebote von Freizeitaktivitäten sowohl innerhalb als auch außerhalb von Gebäuden wie Indoor-Spielplätze, Kletterhallen, Klettergärten, Kletterparks, Spielparks, Abenteuerspielplätze, Minigolfanlagen und ähnliche Einrichtungen sowie Seilbahnen,
[...]
9. (aufgehoben)
[...]
(1 b) 1Für den Kundenverkehr und Besuche sind alle Verkaufsstellen des Einzelhandels, einschließlich der Outlet-Center und der Verkaufsstellen in Einkaufscentern, geschlossen, ausgenommen die Verkaufsstellen für die Versorgung mit Lebensmitteln oder mit Gütern oder Dienstleistungen des täglichen Bedarfs in den Betrieben und Einrichtungen
[...]
9. [...] des Orthopädieschuhmacher-Handwerks und des Handwerks der Orthopädietechnik,
[...]
16 a. des Buchhandels,
[...]
3Zulässig sind auch die Beratung und der Verkauf von jeglicher Ware in den Geschäftsräumen einer nach Satz 1 geschlossenen Verkaufsstelle nach vorheriger Terminvereinbarung und unter Wahrung des Abstandsgebots nach § 2 Abs. 2 Satz 1, wobei sich in den Geschäftsräumen nur eine Kundin oder ein Kunde mit jeweils einer Begleitperson je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten darf; Absatz 3 Satz 1 ist nicht anzuwenden. 4Zulässig ist zudem die Auslieferung jeglicher Waren auf Bestellung sowie deren Verkauf im Fernabsatz zur Abholung bei kontaktloser Übergabe außerhalb der Geschäftsräume oder innerhalb der Geschäftsräume einer nach Satz 1 geschlossenen Verkaufsstelle, jeweils unter Wahrung des Abstandsgebots nach § 2 Abs. 2 Satz 1; für die Übergabe der Ware darf sich in den Geschäftsräumen nur eine Kundin oder ein Kunde mit jeweils einer Begleitperson je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten. 5Die Ausweitung der regelmäßigen Randsortimente durch die Betriebe und Einrichtungen nach Satz 1 Nrn. 1 bis 23 ist unzulässig. 6Zulässig ist im Übrigen nach vorheriger Terminvereinbarung mit einer Kundin oder einem Kunden und jeweils einer Begleitperson die Durchführung von Bemusterungs- und Anprobeterminen in Betrieben und Einrichtungen jeglicher Art.
(1 c) 1Nimmt eine Kundin oder ein Kunde eine Dienstleistung eines Betriebs der körpernahen Dienstleistungen oder der Körperpflege wie eines Friseurbetriebs, eines Kosmetikstudios, einer Massagepraxis, eines Tattoo-Studios oder eines ähnlichen Betriebs einschließlich Einrichtungen für medizinisch notwendige Behandlungen wie Praxen für Physiotherapie, Ergotherapie, Podologie oder Fußpflege, die Betriebe des Orthopädieschuhmacher-Handwerks und des Handwerks der Orthopädietechnik sowie die Praxen der Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker entgegen, bei der die nach § 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 erforderliche medizinische Maske nicht dauerhaft getragen werden kann, oder nimmt die Kundin oder der Kunde eine logopädische Behandlung entgegen, so hat die Kundin oder der Kunde das Vorliegen des Corona-Virus SARS-CoV-2 bei ihr oder ihm durch einen Test nach § 5 a auszuschließen. 2Im Übrigen ist die Betreiberin oder der Betreiber eines Betriebs oder einer Einrichtung nach Satz 1 verpflichtet, die dienstleistenden Personen der Einrichtung nach einem Testkonzept auf das Vorliegen des Corona-Virus SARS-CoV-2 zu testen; das Testkonzept ist auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen. [...]
§ 18 Weitergehende Anordnungen
1Die örtlich zuständigen Behörden können weitergehende Anordnungen treffen, soweit es im Interesse des Gesundheitsschutzes erforderlich ist. [...]
§ 18a Hochinzidenzkommunen
(1) 1Hochinzidenzkommunen sind die Landkreise und kreisfreien Städte, für deren Gebiet am 8. März 2021 die Zahl der Neuinfizierten im Verhältnis zur Bevölkerung mehr als 100 Fälle je 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen beträgt. 2Hochinzidenzkommunen sind auch die Landkreise und kreisfreien Städte, die die örtlich zuständigen Behörden nach Absatz 2 durch öffentlich bekannt zu gebende Allgemeinverfügung zu Hochinzidenzkommunen erklärt haben.
[...]
(3) In den Hochinzidenzkommunen nach den Absätzen 1 und 2 sind
[...]
3. anstelle des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 und 5 sowie des § 7 der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 und 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der am 6. März 2021 geltenden Fassung,
[...]
5. anstelle des § 10 Abs. 1 b Sätze 3 bis 5 der § 10 Abs. 1 b Sätze 3 und 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der am 6. März 2021 geltenden Fassung, anzuwenden."
Am 15. März 2021 trat eine weitere geänderte Fassung der Niedersächsischen Corona-Verordnung in Kraft, die eine Betreiberin oder einen Betreiber eines Betriebs im Rahmen von "click and meet" zur Datenerhebung und Dokumentation verpflichtete. Zudem durften Bibliotheken und Büchereien auch in Hochinzidenzkommunen geöffnet bleiben (§ 18a Abs. 3 Nr. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) und § 10 Abs. 1b Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung wurde insoweit modifiziert, als dass die Durchführung von Bemusterungsterminen nur zu bestimmten Zwecken möglich war (Nds. GVBl. S. 120). § 5 Abs. 1, § 10 Abs. 1b Satz 6 sowie § 18a Abs. 3 Nr. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung lauteten auszugsweise:
"§ 5 Datenerhebung und Dokumentation
(1) 1Im Rahmen des Zutritts oder der Nutzung einer Einrichtung oder der Teilnahme oder des Besuchs einer Veranstaltung hat, unbeschadet der Regelungen dieser Verordnung über Beschränkungen und Verbote von Veranstaltungen, Dienstleistungen und des Betriebs von Einrichtungen,
[...]
2 a. die Dienstleisterin, der Dienstleister, die Betreiberin oder der Betreiber einer Einrichtung oder eines Betriebs, die oder der einen Termin nach § 7 oder § 10 Abs. 1 b Sätze 3 oder 6 vereinbart,
[...]
personenbezogene Daten der besuchenden oder teilnehmenden Personen zu erheben und bei begründeten Zweifeln auf Plausibilität zu überprüfen, zum Beispiel durch Vorlage eines Personalausweises. 2Nach Satz 1 sind der Familienname, der Vorname, die vollständige Anschrift und eine Telefonnummer (Kontaktdaten) der jeweiligen Person sowie das Erhebungsdatum und die Erhebungsuhrzeit zu dokumentieren, wobei in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 a sowie des § 7 anstelle von Erhebungsdatum und Erhebungszeit der vereinbarte Termin zu dokumentieren ist; bei dienstlichen Tätigkeiten genügen die dienstlichen Kontaktdaten der jeweiligen Person. 3Die Kontaktdaten sind für die Dauer von drei Wochen nach der Erhebung, abweichend hiervon in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 a sowie des § 7 für die Dauer von drei Wochen nach dem vereinbarten Termin, aufzubewahren. 4Es ist zu gewährleisten, dass unbefugte Dritte von den erhobenen Kontaktdaten keine Kenntnis erlangen. 5Die Dokumentation ist dem zuständigen Gesundheitsamt auf Verlangen vorzulegen. 6Die Verwendung der Dokumentation ist auf die Vorlage auf Anforderung an das zuständige Gesundheitsamt beschränkt. 7Spätestens vier Wochen nach der Erhebung, abweichend hiervon in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 a sowie des § 7 spätestens vier Wochen nach dem vereinbarten Termin, sind die Kontaktdaten zu löschen.
[...]
§ 10 Betriebsverbote sowie Betriebs- und Dienstleistungsbeschränkungen
[...]
6Zulässig ist im Übrigen nach vorheriger Terminvereinbarung mit einer Kundin oder einem Kunden und jeweils einer Begleitperson die Durchführung von Bemusterungsterminen zur Vorbereitung des Innen- und Außenausbaus und Terminen zur Anprobe individuell hergestellter oder geänderter Kleidung in Betrieben und Einrichtungen jeglicher Art
[...].
§ 18a Hochinzidenzkommunen
[...]
(3) In den Hochinzidenzkommunen nach den Absätzen 1 und 2 sind
[...]
3. anstelle des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 und 5 sowie des § 7 der § 10 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 und 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der am 6. März 2021 geltenden Fassung, die Nummer 4 dabei mit Ausnahme der Worte ,Bibliotheken, Büchereien' [...]."
Durch Art. 1 der Verordnung vom 27. März 2021 (Nds. GVBl. S. 166) wurde die Niedersächsische Corona-Verordnung ein weiteres Mal modifiziert. § 10 Abs. 1b der Verordnung blieb unverändert. Gleiches galt - von redaktionellen Änderungen abgesehen - auch für § 18a der Niedersächsischen Corona-Verordnung; diese Fassung der Verordnung galt vom 29. März bis einschließlich zum 18. April 2021.
Der Verordnungsgeber hob § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 Hs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung schließlich durch Art. 1 der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 8. Mai 2021 (Nds. GVBl. S. 253) mit Wirkung zum 10. Mai 2021 auf; die Niedersächsische Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 trat mit Ablauf des 30. Mai 2021 außer Kraft.
Nach einer etwa zweimonatigen Schließung des verfahrensgegenständlichen Baumarktes für nicht-gewerbliche Kundinnen und Kunden - am 22. Februar 2021 - hat die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO sowie einen Normenkontrolleilantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO gestellt. Mit Beschluss vom 11. März 2021 hat der zum damaligen Zeitpunkt zuständige 13. Senat des erkennenden Gerichts den Normenkontrolleilantrag abgelehnt (13 MN 70/21 - juris; die Entscheidung bezieht sich auf § 10 Abs. 1b Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30.10.2020, zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 7.3.2021).
Zur Begründung ihres Antrages trägt die Antragstellerin unter ausführlicher Darlegung im Wesentlichen vor:
Die Regelung über die weitgehende Betriebsschließung von Baumärkten habe gegen Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 sowie gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.
Die Ermächtigungsgrundlage - § 32 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1, § 28a IfSG in der damaligen Fassung - habe für die in § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geregelten Betriebsschließungen nicht dem Vorbehalt des Gesetzes in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt genügt. § 28 Abs. 1 IfSG a.F. habe zum einen gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, soweit die Vorschrift den Verordnungsgeber ermächtige, "notwendige Schutzmaßnahmen" zu treffen. Zum anderen sei damit der Wesentlichkeitsgrundsatz verletzt worden, nach dem der Gesetzgeber wesentliche Fragen selbst zu entscheiden habe. Auch mit der Einfügung des § 28a IfSG a.F. habe sich daran nichts geändert. Auch in dieser Norm seien die Voraussetzungen derart generell formuliert gewesen, dass sich die Adressatinnen und Adressaten nicht auf Schutzmaßnahmen hätten einstellen können. Das inzidenzgesteuerte Vorgehen habe zudem nicht konkrete örtliche Gefahrenlagen berücksichtigt. Ein Rückgriff auf Generalklauseln als Ermächtigungsgrundlage sei jedenfalls zwölf Monate nach Beginn der Pandemie nicht mehr zulässig gewesen. Hinzu komme, dass am 13. Februar 2021, dem Tag des Inkrafttretens der zur Zeit der Antragstellung gültigen Fassung der Niedersächsischen Corona-Verordnung, weder in Deutschland noch in Niedersachsen tatsächlich noch eine epidemische Lage von nationaler Tragweite bestanden habe. Die Zahl der Neuinfektionen sei damals seit Wochen rückläufig gewesen, daher habe in Deutschland auch zu keinem Zeitpunkt eine konkrete Gefahr der Überlastung des Gesundheitssystems bestanden.
Die weitgehende Betriebsschließung von Baumärkten habe gegen Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 sowie 14 Abs. 1 GG verstoßen.
Die Schließung der Baumärkte sei keine geeignete Infektionsschutzmaßnahme gewesen. Sie habe unmittelbar nur bewirkt, dass der Kundenverkehr auf den geöffneten Einzelhandel (ohne die weitreichenden Möglichkeiten der strengen Einhaltung der Hygieneauflagen) umgeleitet worden sei. Der Kontakt unter den Kundinnen und Kunden habe so auf viel kleineren Verkaufsflächen stattgefunden, was infektiologisch ungünstig gewesen sei. Zudem würden Baumärkte fast ausschließlich mit dem eigenen Fahrzeug (oder Transporter) angefahren und nicht mit dem öffentlichen Nahverkehr; es handele sich um eine risikofreie Mobilität ohne Fremdkontakte. Es sei ferner überhaupt nicht erwiesen gewesen, dass Baumärkten ein Anteil am Infektionsgeschehen habe zugewiesen werden können; Studien belegten vielmehr, dass eine Ansteckung "ausgeschlossen" gewesen sei; die Kundinnen und Kunden hätten eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können. Bei der Beachtung der entwickelten Konzepte und Hygieneregeln hätte eine Infektionsmöglichkeit nicht bestanden. Dies liege an der speziellen Kubatur von Baumärkten mit einem sehr hohen Raumvolumen; der Baumarkt in A-Stadt verfüge etwa über eine Verkaufsfläche von 8.000 Quadratmetern.
Die Betriebsschließung sei auch nicht erforderlich gewesen. Ein milderes, gleich geeigneteres Mittel habe die Betriebsstättenschließung nur in solchen Gebieten, in denen der Inzidenzwert und das Infektionsgeschehen strengere Maßnahmen erforderlich machten, dargestellt. Das Überschreiten eines bestimmten Inzidenzwertes im Bundesgebiet oder im Bundesland habe es dagegen nicht gerechtfertigt, dass sämtliche Baumärkte im Land Niedersachsen unterschiedslos geschlossen worden seien. Vielmehr wäre es erforderlich gewesen, lokale Ausbrüche differenziert zu betrachten und lokal auf das Infektionsgeschehen zu reagieren: Wäre es beispielsweise nur in einzelnen Baumärkten zu Infektionsausbrüchen gekommen, hätte dies eine vorübergehende Schließung dieser Betriebe gerechtfertigt. Denkbar wäre auch eine Ermächtigung für die Verwaltungsbehörden gewesen, auf Antrag eine Ausnahmegenehmigung für diejenigen Verkaufsstellen zu erteilen, die die Hygienevorschriften einhielten und keinen Fall von Corona im Zusammenhang mit ihrem Betrieb vorweisen könnten.
Die Schließung der Baumärkte sei überdies nicht angemessen gewesen. Die damit einhergehenden Belastungen stünden außer Verhältnis zum angestrebten Zweck. Sie, die Antragstellerin, habe infolgedessen einen Umsatzrückgang von nahezu 80 Prozent zu verzeichnen gehabt. Allein der Verweis auf den "Gesundheitsschutz" sei grundsätzlich nicht ausreichend gewesen, um die tiefgreifenden Maßnahmen zu rechtfertigen. Dass durch die Virusmutationen eine unkontrollierbare Situation gedroht habe, sei ebenfalls nicht nachgewiesen. Auch das Abstellen auf die 7-Tage-Inzidenz sei fragwürdig: Soweit der Antragsgegner dahingehend behauptet habe, dass allein bei einem bestimmten Wert eine Nachverfolgbarkeit der Infektionsketten durch die Gesundheitsämter möglich gewesen sei, sei dies zu bezweifeln. Die Belastung des Gesundheitswesens sei vielmehr maßgeblich von der regionalen Verbreitung der Infektion und den vorhandenen Kapazitäten abhängig gewesen. Aufgrund der personellen und technischen Verbesserungen in den Gesundheitsämtern habe sich zum damaligen Zeitpunkt überdies die Möglichkeit der Nachverfolgbarkeit deutlich erhöht. Die pauschale Behauptung, die Nachverfolgbarkeit sei bei dem "politisch gegriffenen" Wert von 50 durch die Gesundheitsdienste nicht gewährleistet gewesen, sei jedenfalls beispielsweise durch die Situation im August 2020 widerlegt: Damals sei der öffentliche Gesundheitsdienst trotz einer anhaltenden 7-Tage-Inzidenz von deutlich unter 50 nicht in der Lage gewesen, eine Nachverfolgbarkeit zu gewährleisten. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Anzahl der Neuinfektionen stark abhängig von der jeweiligen Teststrategie, nicht aber tatsächlich von der Höhe der erfassten Neuinfektionen gewesen sei. Der Verkauf von Waren an Gewerbekundinnen und -kunden sowie das Konzept des "click and collect" seien bei Weitem nicht wirtschaftlich zufriedenstellend und ausreichend gewesen. "Click and collect" habe in der Regel allein hohe Personalkosten verursacht, ohne dass dem ein nennenswerter Umsatz gegenübergestanden habe. Sie, die Antragstellerin, habe in Ermangelung von - zumindest grob - strukturierten Stufenplänen zu einer möglichen Öffnung des Einzelhandels keine Planungssicherheit gehabt. Zumindest sei es ihr seit dem 13. Februar 2021 wieder erlaubt gewesen das Gartencenter zu öffnen. Sie habe weder vom Antragsgegner noch vom Bund Hilfen erhalten, die nur annähernd einen Ausgleich für die entstandenen Schäden darstellen könnten. Insbesondere die Corona-Überbrückungshilfe III für die dritte Förderphase von November 2020 bis Juni 2021 habe nur eine anteilige Erstattung ausgewählter Fixkosten in Aussicht gestellt.
Die weitgehende Betriebsschließung von Baumärkten habe überdies gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Auch Baumärkte veräußerten Waren des täglichen Bedarfs, etwa wenn diese für dringende Reparaturen gebraucht oder wenn Brennstoffe, Heizlüfter, Streusalz oder Schneeschieber benötigt würden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Baumärkte im Rahmen der zweiten Welle weitgehend hätten schließen müssen, im ersten Lockdown aber geöffnet gewesen seien. In den geöffneten Verkaufsstellen des Einzelhandels seien überdies vermehrt Produkte aus dem Baumarktsortiment angeboten worden (unter Verweis auf Fotografien, Anlagen 3 und 4 zur Antragsschrift vom 22.2.2021).
Die Antragstellerin hat in zwei Schriftsätzen jeweils unter dem 10. März 2021 erklärt, dass sie trotz der geänderten Rechtslage infolge des Inkrafttretens der Änderungsverordnungen vom 6. und 7. März 2021 an dem Antrag festhalten wolle. Zur weiteren Begründung hat sie vortragen lassen, die Ungleichbehandlung zwischen Baumärkten, dem Lebensmittelhandel und insbesondere den Verkaufsstellen von Schnittblumen sowie des gärtnerischen Facheinzelhandels sei unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt gewesen. Auch in Baumärkten würden Waren des täglichen Bedarfs vertrieben. Die Reparatursortimente in den Feldern Sanitär (Wasser/Toilette), Elektro (Sicherungen/Licht/Kühlung), Baustoffe (Reparaturen an Haus und Wohnung), Sicherheit (Einbruchschutz) sowie Entwässerung und Abdichtung würden täglich und dann unverzüglich von Menschen benötigt. Zudem hätten sich die Menschen mit den Waren aus den Baumärkten sinnvoll in ihrer Freizeit zu Hause beschäftigen können, dies hätte die Einhaltung der Kontaktbeschränkungen gefördert. Nicht jede und jeder könne es sich leisten, für Reparaturarbeiten eine Firma zu beauftragen. Noch in § 3 Satz 1 Nr. 7 lit. g) der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 2. April 2020 seien die in Baumärkte angebotenen Güter als solche des täglichen Bedarfs behandelt worden. Es sei nicht ersichtlich, wieso sich dies geändert habe. Auch das Robert Koch-Institut habe darauf hingewiesen, dass das Infektionsrisiko im Einzelhandel niedrig sei.
Der Antragsgegner habe es versäumt, bei Eröffnung der Möglichkeit des Konzeptes "click and meet" eine Pflicht zur Datenerhebung oder Dokumentation für eine reibungslosere Kontaktnachverfolgung in der Niedersächsischen Corona-Verordnung aufzunehmen; überdies sei dieses wegen des hohen Personalaufwandes nicht rentabel gewesen.
Die Antragstellerin hat auch nach dem Außerkrafttreten des § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nr. 20 der Niedersächsischen Corona-Verordnung weiter an ihrem Antrag festgehalten und unter dem 12. August 2021, 11. Juli 2022 sowie dem 21. Juli 2022 ergänzend vorgetragen, sie habe weiterhin ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Ungültigkeit der jeweiligen Regelung. So habe die Schließungsanordnung einen tiefgreifenden Eingriff in ihre Berufsfreiheit dargestellt. Zudem habe sie wegen der Schließung des Baumarktes erhebliche Umsatzeinbußen hinnehmen müssen. Sie beabsichtige, Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche gegenüber dem Antragsgegner geltend zu machen, ihr seien Umsatzeinbußen in Höhe von ... Euro entstanden, es bestehe daher auch ein präjudizielles Interesse. Zudem sei von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. Bei der Entscheidung über die Hauptsache sei zu bedenken, dass selbst der Antragsgegner nach der abermaligen Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung Baumärkte den Verkaufsstellen für die Versorgung mit Lebensmitteln oder mit Gütern oder Dienstleistungen des täglichen Bedarfs zugeordnet habe, vgl. § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 25 der Niedersächsischen Verordnung zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 30. Mai 2021 (Nds. GVBl. S. 297) in der Fassung der Verordnung vom 4. Juni 2021 (Nds. GVBl. S. 352).
Die Antragstellerin beantragt nunmehr,
festzustellen, dass § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 Hs. 2 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 30. Oktober 2020 in der jeweiligen Fassung in dem Zeitraum vom 16. Dezember 2020 bis einschließlich 10. April 2021 unwirksam gewesen ist, soweit danach Baumärkte für den Kundenverkehr und Besuche von nicht-gewerblichen Kundinnen und Kunden zu schließen waren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er trägt vor, die Ermächtigungsgrundlage in der damaligen Fassung sei verfassungskonform gewesen, insbesondere hätten die heranzuziehenden Normen des Infektionsschutzgesetzes dem Bestimmtheits- sowie dem Wesentlichkeitsgrundsatz genügt. Die Verordnung sei zudem formell rechtmäßig ergangen und die angegriffene Bestimmung sei auch materiell rechtmäßig gewesen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der Maßnahmen, auch der streitgegenständlichen teilweisen Schließung der Baumärkte, hätten vorgelegen. Die Entwicklung der Pandemie ab Oktober 2020 habe die Erfahrungen aus dem Frühjahr 2020 noch einmal übertroffen. Die Zahl der Infektionen und der Todesfälle habe sich bis weit in den Dezember hinein immer weiter deutlich erhöht. Mit den strengen Maßnahmen sei es zwar gelungen, die damalige Dynamik zu brechen. Ein dauerhafter, deutlicher Rückgang der Infektionszahlen habe mit diesen Maßnahmen jedoch zunächst noch nicht erreicht werden können. Sie hätten daher noch weiter aufrechterhalten werden müssen. Zudem habe sich die neue "britische" Variante (B.1.1.7) des Coronavirus zunehmend verbreitet. Die rasante pandemische Entwicklung in Deutschland habe ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen erforderlich gemacht. Jedenfalls seit Anfang Oktober 2020 habe es sich nicht mehr um einzelne lokalisierbare Ausbruchsgeschehen, sondern um ein flächendeckendes epidemisches Geschehen gehandelt. Die Gesundheitsämter hätten zum damaligen Zeitpunkt die Kontrolle über die Ausbreitung des Virus verloren gehabt. Eine Nachverfolgung der Ansteckungswege sei nicht mehr möglich gewesen. Die Maßnahmen, auch die teilweise Schließung der Baumärkte, hätten zudem dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass in erheblichem Umfang staatliche Hilfen - im maßgeblichen Zeitraum insbesondere Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfe III - zum Ausgleich der Umsatzeinbußen gewährt worden seien. Dringend durchzuführende Reparaturarbeiten hätten von Fachleuten vorgenommen werden können; es sei überdies u.a. das "click and collect"-Verfahren möglich gewesen. Die Antragstellerin werde nicht gegenüber Verkaufsstellen für Blumen ungerechtfertigt benachteiligt; bei Blumen handele es sich vielmehr um verderbliche Saisonware, diese hätten überdies eine besondere gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 29. Juli 2021 (Antragsgegner) und vom 12. August 2021 (Antragstellerin) einer Entscheidung durch den Senat ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte in diesem sowie dem Eilverfahren (13 MN 70/21) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag, über den der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg.
I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
1. Der Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft. Die von der Antragstellerin angegriffene Verordnungsregelung in unterschiedlichen Fassungen ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: NdsOVG, Beschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, juris Rn. 16 ff.).
2. Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da sie als Betreiberin des verfahrensgegenständlichen Baumarktes in Niedersachsen jedenfalls geltend machen kann, durch die angefochtene Vorschrift in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verletzt zu sein.
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Antrag eine natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne dieser Bestimmung sind die gleichen Maßstäbe anzulegen wie bei der Klagebefugnis im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.8.2005 - BVerwG 6 BN 1.05 -, juris Rn. 3 ff., insbes. 7; Urt. v. 26.2.1999 - BVerwG 4 CN 6.98 -, juris Rn. 9). Ausreichend, aber auch erforderlich ist es daher, dass die Antragstellerin hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in ihren subjektiven Rechten verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.1.2001 - BVerwG 6 CN 4.00 -, juris Rn. 10; grundlegend: Urt. v. 24.9.1998 - BVerwG 4 CN 2.98 -, juris Rn. 8; NdsOVG, Beschl. v. 22.5.2020 - 13 MN 158/20 -, juris Rn. 8; NdsOVG, Urt. v. 20.12.2017 - 13 KN 67/14 -, juris Rn. 65).
Unter Anwendung dieses Maßstabs ist die Antragstellerin antragsbefugt. Die unmittelbar an sie adressierte Regelung des § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 Hs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung untersagte ihr den stationären Handel teilweise. Dies lässt eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG möglich erscheinen. Dies gilt auch im Hinblick auf die von der Antragstellerin vorgetragene Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG von Verkaufsstellen des Einzelhandels, die ein gemischtes Sortiment vorhalten, § 10 Abs. 1b Satz 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung.
Eine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als einer nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition liegt hingegen nicht vor (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 17.4.2020 - 13 MN 84/20 -, juris Rn. 23; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 47). Denn dieser Schutz erfasst nur den konkreten Bestand an Rechten und Gütern; die hier fraglos betroffenen bloßen Umsatz- und Gewinnchancen sowie Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns werden hingegen auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht von der Eigentumsgarantie erfasst (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016 - 1 BvR 2821/11 -, BVerfGE 143, 246, 331 f. - juris Rn. 240; Beschl. v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 -, BVerfGE 105, 252, 278 - juris Rn. 79 m.w.N.; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 47).
Der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags steht nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Regelung mittlerweile außer Kraft getreten ist. Zwar ist ein Normenkontrollantrag nur gegen eine erlassene Rechtsvorschrift zulässig (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 24.3.2021 - 13 MN 145/21 -, juris Rn. 108) und dies grundsätzlich nur solange, wie die mit ihm angegriffene Rechtsvorschrift gültig ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.7.2022 - 3 BN 8.21 -, juris Rn. 6; Urt. v. 19.2.2004 - 7 CN 1.03 -, juris Rn. 13; Urt. v. 29.6.2001 - 6 CN 1.01 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 8; Beschl. v. 14.7.1978 - 7 N 1.78 -, juris Rn. 11). Von diesem Grundsatz werden aber in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ausnahmen gemacht, bei denen die Aufhebung oder das Außerkrafttreten nach Ablauf der Geltungsdauer einer Rechtsvorschrift die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrags nicht beeinflusst (vgl. hierzu den Überblick von Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 71 ff. m.w.N.). Ein gestellter Normenkontrollantrag kann u.a. trotz Aufhebung oder Außerkrafttretens nach Ablauf der Geltungsdauer der angegriffenen Rechtsvorschrift zulässig bleiben, wenn die Vorschrift während der Anhängigkeit eines zulässigerweise gestellten Normenkontrollantrags aufgehoben wird oder außer Kraft tritt. Die Aufhebung oder das Außerkrafttreten der Norm allein lässt den zulässig gestellten Normenkontrollantrag nicht ohne Weiteres zu einem unzulässigen Antrag werden, wenn die Voraussetzung der Zulässigkeit nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fortbesteht, mithin der Antragsteller weiterhin geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt (worden) zu sein. Dies folgt unmittelbar aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Einer entsprechenden Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bedarf es nicht. Erforderlich ist in diesen Fallgestaltungen aber, dass ein berechtigtes individuelles Interesse an der begehrten Feststellung, die bereits außer Kraft getretene Rechtsvorschrift sei unwirksam gewesen, besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.7.2022 - 3 BN 8.21 -, juris Rn. 6; Urt. v. 19.2.2004 - 7 CN 1.03 -, juris Rn. 13; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 9 ff.). Ein berechtigtes individuelles Interesse an der Fortführung des Normenkontrollverfahrens kann sich u.a. ergeben zur Rechtsklärung bei schwerwiegenden Beeinträchtigungen grundrechtlich geschützter Freiheiten eines Antragstellers durch die angegriffene Rechtsvorschrift, insbesondere dann, wenn die Rechtsvorschrift typischerweise auf kurze Geltung angelegt ist mit der Folge, dass sie regelmäßig außer Kraft tritt, bevor ihre Rechtmäßigkeit in einem Normenkontrollverfahren abschließend gerichtlich geklärt werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.2020 - 1 BvR 1630/20 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 3.6.2020 - 1 BvR 990/20 -, juris Rn. 8; BVerwG, Urt. v. 29.6.2001 - 6 CN 1.01 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 2.9.1983 - 4 N 1.83 -, juris Rn. 9; vgl. hierzu auch Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 111 und 122 f.). Auch eine Wiederholungsgefahr kann grundsätzlich ein solches Feststellungsinteresse begründen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.8.2018 - 3 BN 1.18 -, juris Rn. 4). Schließlich kann sich ein berechtigtes individuelles Interesse an der Fortführung des Normenkontrollverfahrens aus der präjudiziellen Wirkung einer Entscheidung im Normenkontrollverfahren für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines auf die angegriffene Rechtsvorschrift gestützten behördlichen Verhaltens und daran anknüpfende Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche, deren Durchsetzung der Antragsteller ernsthaft beabsichtigt, ergeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.2.2004 - BVerwG 7 CN 1.03 -, juris Rn. 14; Beschl. v. 2.9.1983 - BVerwG 4 N 1.83 -, BVerwGE 68, 12, 15 -, juris Rn. 11 f.; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 48 ff.).
Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung - wie schon zuvor der 13. Senat des erkennenden Gerichts (vgl. Beschl. v. 9.6.2021 -13 KN 127/20 -, juris Rn. 60 ff.) - aus eigener Überzeugung an (vgl. bereits Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 49). Auch das Bundesverfassungsgericht hat auf die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Ausnahmefälle verwiesen, wonach "ein Normenkontrollantrag auch gegen eine bereits aufgehobene Rechtsnorm zulässig sein kann, wenn während des Normenkontrollverfahrens eine auf kurzfristige Geltung angelegte Norm etwa wegen Zeitablaufs außer Kraft getreten ist", und lediglich klargestellt, dass eine solche Überprüfung auch bei den infektionsschutzrechtlichen Verordnungen während der Corona-Pandemie angesichts deren kurzer Geltungsdauer und häufig schwerwiegender Grundrechtsbeeinträchtigungen naheliege (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.2020 - 1 BvR 1630/20 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 3.6.2020 - 1 BvR 990/20 -, juris Rn. 8; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 49).
Daran gemessen ist die Antragstellerin trotz des zwischenzeitlichen Außerkrafttretens der angegriffenen Norm antragsbefugt. Die Fassungen der Niedersächsischen Corona-Verordnungen sind sämtlich auf eine höchstens mehrwöchige Geltungsdauer angelegt, weshalb ihre Rechtmäßigkeit vor ihrem Außerkrafttreten regelmäßig nicht in einem Hauptsacheverfahren abschließend gerichtlich geklärt werden kann. Der angegriffenen Regelung kam auch ein ausreichendes Gewicht der Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Freiheiten zu, um ein Interesse an der nachträglichen Klärung der Wirksamkeit der Norm zu begründen. Die Antragstellerin war aufgrund der streitgegenständlichen Vorschrift gezwungen, den Betrieb ihres Baumarktes über mehrere Monate teilweise einzustellen. Diese Auswirkungen sind in ihrer grundrechtlichen Bedeutung nicht von einem so geringen Gewicht, dass systematische Rechtsschutzlücken durch die regelhaft kurzfristige Überholung der Verordnungsregelungen zumutbar erscheinen.
Auf eine solche Rechtsverletzung kann sich die Antragstellerin - eine GmbH - berufen. Für die Feststellung eines tiefgreifenden Grundrechtseingriffs bedarf es nach der Auffassung des Senats nicht eines besonderen "Persönlichkeitsbezugs". Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich nicht, dass ein nachträgliches Interesse an der Überprüfung erledigter tiefgreifender Grundrechtseingriffe ausschließlich auf Eingriffe in den "Kernbereich der Persönlichkeit" beschränkt wäre. Dogmatischer Anknüpfungspunkt für ein nachträgliches Feststellungsinteresse ist die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, die nach Art. 19 Abs. 3 GG auch für die Antragstellerin gilt (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.12.2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. -, juris Rn. 158; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 50) und der eine Beschränkung auf den Schutz nur bestimmter subjektiver (Grund)Rechte wesensfremd ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 6.10.2022 - 20 N 20.783 -, juris Rn. 22; vgl. auch OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 85; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 50; a.A. wohl OVG Saarl., Urt. v. 15.9.2022 - 2 C 140/20 -, juris Rn. 28). Die Prüfung, ob ein tiefgreifender Grundrechtseingriff im Sinne der zuvor zitierten Rechtsprechung bei einer juristischen Person vorliegt, ist mithin von vorneherein nur darauf gerichtet, ob ein solcher Eingriff bezogen auf das Grundrecht gegeben ist, soweit es in Anwendung des Art. 19 Abs. 3 GG für sie Geltung entfaltet. Das ist hier aber angesichts der sehr weitgehenden Verbote des § 10 Abs. 1b der Niedersächsischen Corona-Verordnung der Fall. Ob die Antragstellerin ihr besonderes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Unwirksamkeit der Norm darüber hinaus auch mit Erfolg auf die präjudizielle Wirkung für die beabsichtigte Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs oder eine zu erwartende Wiederholungsgefahr stützen kann, kann an dieser Stelle offenbleiben (vgl. bereits Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 50).
3. Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsenals normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet. Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 3.6.2021 (Nds. MBl. S. 1020), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 31.5.2022, Nds. MBl. S. 828).
4. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach der Normenkontrollantrag innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift zu stellen ist, ist gewahrt.
II. Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass die auf der Grundlage von § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 Hs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordnete Schließung von Baumärkten für nicht-gewerbliche Kundinnen und Kunden unwirksam gewesen ist. Ihren Antrag im Normenkontrollverfahren hat sie dabei auf den Zeitraum vom 16. Dezember 2020 bis einschließlich zum 10. April 2021 begrenzt. Da sich innerhalb dieses Zeitraumes sowohl die Corona- als auch die Rechtslage verändert haben, differenziert der Senat bei seiner Prüfung der Begründetheit des Antrages nach den Zeitabschnitten vom 16. Dezember bis einschließlich zum 7. Januar 2021 (dazu unter 1.), vom 8. Januar 2021 bis einschließlich zum 7. März 2021 (dazu unter 2.) sowie vom 8. März 2021 bis einschließlich zum 10. April 2021 (dazu unter 3.).
In diesem Rahmen wird die Rechtmäßigkeit von § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 Hs. 2 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 30. Oktober 2020 in der Fassung der jeweiligen Änderungsverordnung vom 15. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 488), 18. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 561), 22. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 576), 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3), 22. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 26), 12. Februar 2021 (Nds. GVBl. S. 55), 6. März 2021 (Nds. GVBl. S. 93) - diese wiederum geändert durch die Verordnung vom 7. März 2021 (Nds. GVBl. S. 110) -, 12. März 2021 (Nds. GVBl. S. 120) und schließlich 27. März 2021 (Nds. GVBl. S. 166) überprüft.
1. Soweit sich der Antrag gegen § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 Hs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 in der Fassung vom 15. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 488), vom 18. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 561) und vom 22. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 576) richtet, ist er unbegründet. Die Antragstellerin kann die begehrte Feststellung, dass § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 Hs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung unwirksam gewesen ist, nicht beanspruchen.
Die streitgegenständliche Regelung beruhte in ihrem Geltungszeitraum auf einer tragfähigen Rechtsgrundlage (a), sie war formell rechtmäßig (b), inhaltlich hinreichend bestimmt (c) und schließlich auch im Übrigen materiell (d) rechtmäßig.
a) Die in § 10 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 in den zuvor bezeichneten Fassungen geregelte Schließung des Einzelhandels beruhte auf § 32 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und § 28a Abs. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) in der hier maßgeblichen, zuletzt durch Art. 1, 2 des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) geänderten Fassung (im Folgenden: IfSG a.F.).
§ 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. bestimmte zu diesen Voraussetzungen: Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a Abs. 1 und in den §§ 29 bis 31 IfSG a.F. genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.
Gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. konnten notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 IfSG a.F. zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG u.a. die hier streitbefangene Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel sein.
Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlichen Grundlagen bestehen entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine durchgreifenden Bedenken. Die Verordnungsermächtigung verstößt insbesondere weder gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG noch gegen den Parlamentsvorbehalt.
aa) Der bis zum 31. Dezember 2021 für das Infektionsschutzrecht zuständige 13. Senat hat sich u.a. in seinem Urteil vom 25. November 2021 (- 13 KN 389/20 -, juris Rn. 31 ff.) ausführlich mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der §§ 32 Sätze 1 und 2, 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG a.F. befasst (vgl. in diesem Sinne auch die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Urteilen vom 16. Mai 2023 - 3 CN 5.22 sowie 3 CN 4.22 -; die Gründe sind bislang noch nicht veröffentlicht). Der Senat schließt sich dieser Einschätzung des 13. Senats für die hier einschlägigen Fassungen der Regelungen auf der Grundlage einer eigenen Überprüfung und in eigener Überzeugung an und verweist zur Begründung auf diese (zur Zulässigkeit einer solchen Bezugnahme vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.4.1990 - 9 CB 5.90 -, juris Rn. 6, v. 22.11.1994 - 5 PKH 64.94 -, juris Rn. 4, u. v. 3.12.2008 - 4 BN 25.08 -, juris Rn. 9).
bb) Mit der Schaffung des § 28a Abs. 1 IfSG haben sich zudem mögliche Bedenken in Hinblick auf die Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage des § 28 Abs. 1 IfSG und die Wahrung des Parlamentsvorbehalts nach Ablauf einer Übergangsfrist erledigt (vgl. BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 61; OVG NRW, Urt. v. 19. 6.2023 - 13 D 283/20.NE -, juris, Rn. 65 ff. und 13 D 293/20.NE -, juris, Rn. 51 ff.; LVerfG LSA, Urt. v. 26.3.2021 - LVG 25/20 -, juris Rn. 65; SaarlOVG, Beschl. v. 10.11.2020 - 2 B 308/20 -, juris Rn. 12; BayVGH, Beschl. v. 29.10.2020 - 20 NE 20.2360 -, juris Rn. 35). In § 28a Abs. 1 IfSG a.F. hat der Gesetzgeber einen Katalog möglicher notwendiger Schutzmaßnahmen in Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG a.F. zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 aufgestellt und in § 28a Abs. 3, 5 und 6 IfSG a.F. weitere Vorgaben für den Erlass von Schutzmaßnahmen getroffen. Er hat damit Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt sowie die wesentlichen Entscheidungen getroffen und nicht der Exekutive überlassen (vgl. BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 61 m.w.N.; VerfGH Sachsen-Anhalt, Urt. v. 26.3.2021 - LVG 4/21 -, juris Rn. 92 ff.; ThürVerfGH, Beschl. v. 14.12.2021 - 117/20 -, juris Rn. 212 ff.).
cc) Der im Rechtsstaatsprinzip und im Demokratiegebot wurzelnde Parlamentsvorbehalt gebietet es zwar, dass in grundlegenden normativen Bereichen, insbesondere im Bereich der Grundrechtsausübung, alle wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber getroffen werden (vgl. ThürOVG, Urt. v. 14.12.2022 - 3 N 233/21 -, juris Rn. 66). Dabei betrifft die Normierungspflicht nicht nur den Umstand, dass ein bestimmter Gegenstand gesetzlich geregelt wird, sondern auch, dass alle wesentlichen Fragen vom Gesetzgeber selbst entschieden und nicht anderen Normgebern überlassen werden. Inwieweit der Gesetzgeber die für den jeweils geschützten Lebensbereich wesentlichen Leitlinien selbst bestimmen muss, hängt dabei jedoch vom jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des Regelungsgegenstandes ab (vgl. ThürOVG, Urt. v. 14.12.2022 - 3 N 233/21 -, juris Rn. 66 m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12 -, juris Rn. 182; Urt. v. 24.9.2003 - 2 BvR 1436/02 -, juris Rn. 67 f.). Insbesondere in neuartigen und komplexen Entscheidungssituationen, wie es bei der Corona-Pandemie der Fall gewesen ist, kann der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum übertragen und ihn zu tiefgreifenden Grundrechtseingriffen ermächtigen (vgl. ThürOVG, Urt. v. 14.12.2022 - 3 N 233/21 -, juris Rn. 66 m.w.N.). Ebenso ist es mit Blick auf die gesetzlichen Anforderungen an die Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber zum damaligen Zeitpunkt von einer detaillierten Regelung abgesehen und die nähere Ausgestaltung des zu regelnden Sachbereichs dem Verordnungsgeber überlassen hat, der die Regelungen rascher und einfacher auf dem neuesten Stand zu halten vermochte als der Gesetzgeber (ThürOVG, Urt. v. 14.12.2022 - 3 N 233/21 -, juris Rn. 66 m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 11.3.2020 - 2 BvL 5/17 -, juris Rn. 103).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die in § 28a IfSG a.F. geregelte Möglichkeit zur Schließung von Betrieben nicht zu beanstanden. Mit der Aufnahme in Nummer 14 des Katalogs möglicher notwendiger Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG a.F. zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 und der Bestimmung weiterer Vorgaben für den Erlass von Schutzmaßnahmen in § 28a Abs. 3, 5 und 6 IfSG a.F. hat der Bundestag alle wesentlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Schließung von Betrieben hinreichend bestimmt getroffen und es im Übrigen in zulässiger Weise dem Verordnungsgeber überlassen, einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, von Schutzmaßnahmen auszunehmen (ThürOVG, Urt. v. 14.12.2022 - 3 N 233/21 -, juris Rn. 67).
dd) Es ist schließlich auch nicht zu beanstanden, dass sich die Maßnahmen i.S.d. § 28a Abs. 1 IfSG a.F. gemäß § 28a Abs. 3 Satz 4 IfSG a.F. insbesondere an der Anzahl der regionalen Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen zu orientieren hatten (sog. 7-Tage-Inzidenz) und bei Überschreitung einer 7-Tage-Inzidenz von 50 umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen waren, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten ließen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 198 ff.; BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 63 ff.; im Eilverfahren ebenso SächsOVG, Beschl. v. 20.05.2021 - 3 B 141/21 -, juris Rn. 31 ff.; BayVGH, Beschl. v. 21.4.2021 - 20 NE 21.1068 -, juris Rn. 33).
Das Bundesverfassungsgericht führte unter Bezugnahme auf Stellungnahmen sachkundiger Dritter in seiner Entscheidung zur Bundesnotbremse I im Hinblick auf die Geeignetheit der 7-Tage-Inzidenz von 100 in § 28b Abs. 1 IfSG a.F. aus, dass nahezu sämtliche sachkundige Dritte diesen Maßstab als sensibles Frühwarnzeichen bewertet hätten, das zu einem frühen Zeitpunkt Reaktionen ermöglicht habe (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 199). Dabei würden sowohl der Wert an sich als auch seine Steigerungsrate wertvolle Schlüsse über das zu erwartende Infektionsgeschehen gestatten (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 199; BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 64). Zudem ist zu berücksichtigen, dass nach § 28a Abs. 3 Satz 4 IfSG a.F. Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen lediglich "insbesondere" die 7-Tage-Inzidenz war. Der Verordnungsgeber war damit grundsätzlich nicht gehindert, auch weitere Indikatoren heranzuziehen oder auch umfangreiche, aber zu lokalisierende und klar eingrenzbare Infektionsvorkommen bei seiner Entscheidung über Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen (BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 64).
Die Festsetzung des Schwellenwertes von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen mit der Begründung, unterhalb dieses Schwellenwertes sei eine individuelle Kontaktverfolgung "regelmäßig noch leistbar" (vgl. auch BT-Drs. 19/23944, S. 34), deckte sich mit der Einschätzung des zuständigen Robert Koch-Instituts (vgl. das Intensitäts-Stufenkonzept des Robert Koch-Instituts, ControlCOVID Strategie und Handreichung zur Entwicklung von Stufenkonzepten bis Frühjahr 2021, Stand 18.2.2021, dort Bl. 7; BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 65), zu dessen Aufgaben es nach § 4 Abs. 1 IfSG a.F. gehört, die Erkenntnisse zu solchen Krankheiten durch Auswertung und Veröffentlichung der Daten zum Infektionsgeschehen in Deutschland und durch die Auswertung verfügbarer Studien aus aller Welt fortlaufend zu aktualisieren und für die Bundesregierung und die Öffentlichkeit aufzubereiten (vgl. ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 178; BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 65).
Die Einschätzung des Gesetzgebers, dass die Kontaktnachverfolgung als solche geeignet ist, zum Schutz des Lebens und der Gesundheit sowie der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems durch eine Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus beizutragen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden; auch sie stand im Einklang mit der Einschätzung des Robert Koch-Instituts (BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 65 u.a. unter Verweis auf Bl. 22 der Ergänzung zum Nationalen Pandemieplan - COVID-19, Die Pandemie in Deutschland in den nächsten Monaten, Strategie-Ergänzung, Stand: 23.10.2020). Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Bundesnotbremse I die grundsätzliche Eignung eines Inzidenzwertes, der an Erwägungen zur Kontaktnachverfolgung anknüpft, ebenfalls bestätigt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 200; BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 65).
b) Die streitgegenständliche Verordnungsregelung war formell rechtmäßig.
aa) Anstelle der nach § 32 Satz 1 IfSG a.F. ermächtigten Landesregierung war aufgrund der nach § 32 Satz 2 IfSG a.F. gestatteten und durch § 3 Nr. 1 der Verordnung zur Übertragung von Ermächtigungen aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften (Subdelegationsverordnung) vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 487) in der hier maßgeblichen, zuletzt durch Verordnung vom 4. August 2020 (Nds. GVBl. S. 266) geänderten Fassung betätigten Subdelegation das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung für den Erlass der Verordnung zuständig.
bb) Gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 2 NV sind die Niedersächsische Verordnung über infektionspräventive Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 und dessen Varianten und die hier maßgeblichen Änderungsverordnungen von der das Ministerium vertretenden Ministerin ausgefertigt und im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet worden.
cc) Insbesondere bestimmte Art. 2 der Änderungsverordnung vom 15. Dezember 2020, wie von Art. 45 Abs. 3 Satz 1 NV gefordert, den Tag des Inkrafttretens.
c) § 10 Abs. 1b Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung genügte dem im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerten verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Rechtsverordnungen müssen sich - ebenso wie Gesetze - so bestimmt ausdrücken, dass ihr Inhalt und ihre Tragweite klar erkennbar sind und aus ihnen zu ersehen ist, welche Handlungen geboten oder verboten sind. Der Rechtsunterworfene muss die Möglichkeit haben, ohne größere Schwierigkeiten und demgemäß aus der Veröffentlichung selbst oder aus ihr in Verbindung mit anderen Veröffentlichungen zu erkennen, welche Vorschriften gelten sollen, damit er sein Verhalten entsprechend einrichten kann (vgl. BayVGH, Urt. v. 13.2.2019 - 19 N 15.420 -, juris Rn. 125 m.w.N.). Die Anforderungen an die Bestimmtheit erhöhen sich mit der Intensität, mit der auf der Grundlage der betreffenden Regelung in grundrechtlich geschützte Bereiche eingegriffen werden kann. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Norm überhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf. Angesichts der Vielgestaltigkeit und Kompliziertheit der zu erfassenden Vorgänge gelingt es nicht immer, einen Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Es ist dann Sache der Verwaltungsbehörden und der Verwaltungsgerichte, die verbleibenden Zweifelsfragen mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln zu beantworten. Dem Bestimmtheitserfordernis ist genügt, wenn die Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 -, BVerfGE 83, 130-155, juris Rn. 45; BVerwG, Urt. v. 12.7.2006 - 10 C 9/05 -, BVerwGE 126, 222-233, juris Rn. 29; Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 65).
Die angegriffene Regelung hat hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass und welche Verkaufsstellen des Einzelhandels für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen bleiben mussten. Insbesondere hat der Verordnungsgeber diejenigen Verkaufsstellen, die die Bevölkerung mit "Lebensmitteln, Gütern oder Dienstleistungen des täglichen Bedarfs" versorgen, durch die sog. Positivliste in § 10 Abs. 1b Satz 1 Halbsatz 2 Nrn. 1 bis 23 der Niedersächsischen Corona-Verordnung abschließend definiert (Nds. GVBl. 2020, 493). Der Inhalt der geltenden Regelungen ergibt sich daher bereits eindeutig aus dem Wortlaut des Verordnungstextes (vgl. bereits NdsOVG, Beschl. v. 11.3.2021 - 13 MN 70/21 -, juris Rn. 22 ff.), jedenfalls ist dieser aber durch Auslegung zu ermitteln.
Die Schließungsanordnung des § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung galt ausweislich Halbsatz 2 Nr. 20 nicht für "gewerbliche Kundinnen und Kunden". Dieser Begriff wird in der Rechtordnung auch in anderen Gesetzen oder Verordnungen verwendet (vgl. nur § 6 Abs. 6 Satz 1 des Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen; § 1a Abs. 2 Satz 2 der Verordnung zur Sicherung der Gasversorgung in einer Versorgungskrise Gassicherungsverordnung) und ist durch die Rechtsprechung und Literatur ausreichend konturiert: Danach bilden die vier positiv-konstitutiven Merkmalen des Gewerbebegriffs gemeinhin die Dauerhaftigkeit der Tätigkeit, die damit verfolgte Gewinnerzielungsabsicht, ferner die Selbstständigkeit und schließlich das Erlaubtsein der fraglichen Betätigung (vgl. statt vieler Pielow, in: ders., BeckOK GewO, Stand: 1.12.2022, § 1 Rn. 142 m.w.N.). Das Innehaben eines Gewerbes lässt sich etwa durch die Vorlage einer Empfangsbestätigung nach § 15 Abs. 1 GewO (zuweilen als "Gewerbeschein" bezeichnet) oder einer Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung, soweit eine solche erforderlich ist, überprüfen.
Auch genügte die in Satz 2 geregelte zulässige Öffnung von Verkaufsstellen mit einem gemischten Sortiment, dessen Schwerpunkt Waren bilden, die dem regelmäßigen Sortiment einer der in § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nrn. 1 bis 9 sowie 16 bis 19 der Niedersächsischen Corona-Verordnung genannten Verkaufsstellen entsprechen, den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen. Die Bedeutung des Begriffs des Schwerpunkts kann mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden - insbesondere anhand des Wortlautes und des Zweckes der Vorschrift - zuverlässig ermittelt werden. Für die Adressatinnen und Adressaten der Regelung ist bereits aufgrund des Wortlautes ausreichend deutlich, dass, wenn zwei verschiedene Warengruppen ins Verhältnis gesetzt werden - nämlich privilegierte und nicht privilegierte Waren - der Schwerpunkt des Warensortiments regelmäßig nur dann bei den privilegierten Waren liegt, wenn diese mehr als 50 Prozent des Sortiments ausmachen (so bereits OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38.20.NE -, juris Rn. 150). Hierfür spricht auch der erkennbare Sinn und Zweck dieser als Ausnahmetatbestand konzipierten Regelung, die Grundversorgung der Bevölkerung mit privilegierten Waren zwar zu sichern, gleichzeitig aber infektionsträchtige Kontakte im Einzelhandel möglichst gering zu halten (vgl. OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38.20.NE -, juris Rn. 151).
d) Die in § 10 Abs. 1b Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 20 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der Fassung vom 15. Dezember 2021 angeordnete Betriebsschließung für Baumärkte, solange keine gewerblichen Kundinnen und Kunden betroffen sind, ist schließlich auch im Übrigen materiell rechtmäßig. Es bestehen im Hinblick auf das "Ob" des staatlichen Handelns (aa) keine rechtlichen Bedenken, die Infektionsschutzmaßnahmen stellen sich vor dem Hintergrund der damaligen Lage im Hinblick auf das Coronavirus überdies als notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. dar (bb).
aa) Nach § 32 Satz 1 IfSG a.F. durften unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG a.F. maßgebend waren, auch durch Rechtsverordnung entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. für den Erlass infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen waren im Geltungszeitraum der hier zu beurteilenden Verordnungsregelung erfüllt (zu den Zeitpunkten des Erlasses der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 sowie der Änderungsverordnung vom 15. Dezember 2020 vgl. bereits Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 85 ff.).
(1) Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in § 28a, §§ 29 bis 31 IfSG a.F. genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.
Zum Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsverordnung vom 15. Dezember 2020 wurden zahlreiche Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider (vgl. die Begriffsbestimmungen in § 2 IfSG a.F.) im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. festgestellt und COVID-19 stellte sich im hier zu beurteilenden Zeitraum als eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG a.F. dar.
Der 13. Senat des erkennenden Gerichts hat sich in seinem Beschluss vom 16. Dezember 2020 (13 MN 552/20 -, juris Rn. 36 ff.) mit der Pandemielage im Erlasszeitpunkt der Änderungsverordnung vom 15. Dezember 2020 ausführlich befasst und hierzu ausgeführt:
"Weltweit sind derzeit mehr 71.000.000 Menschen mit dem Krankheitserreger infiziert und mehr als 1.600.000 Menschen im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben (vgl. WHO, Coronavirus disease (COVID-19) Pandemic, veröffentlicht unter: www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019, Stand: 14.12.2020). Bisher haben sich im Bundesgebiet mehr als 1.350.000 Menschen infiziert und mehr als 22.400 Menschen sind im Zusammenhang mit der Erkrankung verstorben. In Niedersachsen haben sich bislang mehr als 86.700 Menschen infiziert und sind mehr als 1.400 Menschen infolge der Erkrankung verstorben (vgl. Robert Koch-Institut (RKI), COVID-19: Fallzahlen in Deutschland und weltweit, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html, Stand: 15.12.2020). Es handelt sich weltweit und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Weltweit nimmt die Anzahl der Fälle weiter zu. Der im Oktober sehr steile Anstieg der Fallzahlen in Deutschland konnte durch den Teil-Lockdown ab dem 1. November 202 zunächst in ein Plateau überführt werden. Die Anzahl neuer Fälle blieb aber auf sehr hohem Niveau und steigt seit Anfang Dezember inzwischen wieder stark an. Darüber hinaus ist die Zahl der auf Intensivstationen behandelten Personen und die Anzahl der Todesfälle stark angestiegen. Das Infektionsgeschehen ist zurzeit diffus, in vielen Fällen kann das Infektionsumfeld nicht mehr ermittelt werden. COVID-19-bedingte Ausbrüche betreffen private Haushalte, das berufliche Umfeld sowie insbesondere auch Alten- und Pflegeheime. Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. (vgl. RKI, Risikobewertung zu COVID-19, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand: 11.12.2020). Diese Gefährdungseinschätzung des RKI als nationaler Behörde nach § 4 Abs. 1 IfSG wird nach dem Dafürhalten des Senats durch vereinzelt geäußerte Zweifel an der Zuverlässigkeit der zum Nachweis von SARS-CoV-2 verwendeten sog. PCR-Tests nicht erschüttert (vgl. hierzu Bayerischer VGH, Beschl. v. 8.9.2020 - 20 NE 20.2001 -, juris Rn. 28).
COVID-19 ist eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG. Die Erkrankung manifestiert sich als Infektion der Atemwege, aber auch anderer Organsysteme mit den Symptomen Husten, Fieber, Schnupfen sowie Geruchs- und Geschmacksverlust. Der Krankheitsverlauf variiert in Symptomatik und Schwere. Es wird angenommen, dass etwa 81% der diagnostizierten Personen einen milden, etwa 14% einen schwereren und etwa 5% einen kritischen Krankheitsverlauf zeigen. Obwohl schwere Verläufe auch bei Personen ohne Vorerkrankung auftreten und auch bei jüngeren Patienten beobachtet wurden, haben ältere Personen (mit stetig steigendem Risiko für einen schweren Verlauf ab etwa 50 bis 60 Jahren), Männer, Raucher (bei schwacher Evidenz), stark adipöse Menschen, Personen mit bestimmten Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (z.B. koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck) und der Lunge (z.B. COPD) sowie Patienten mit chronischen Nieren- und Lebererkrankungen, mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), mit einer Krebserkrankung oder mit geschwächtem Immunsystem (z.B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht oder durch Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr schwächen, wie z.B. Cortison) ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe. Die Erkrankung ist sehr infektiös, und zwar nach Schätzungen beginnend etwa ein bis zwei Tage vor Symptombeginn und endend - bei mild-moderaten Erkrankungen - jedenfalls zehn Tage nach Symptombeginn. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel (größere Tröpfchen und kleinere Aerosole), die beim Atmen, Husten, Sprechen und Niesen entstehen. Auch eine Übertragung durch kontaminierte Oberflächen kann nicht ausgeschlossen werden. Es ist zwar offen, wie viele Menschen sich insgesamt in Deutschland mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren werden. Schätzungen gehen aber von bis zu 70% der Bevölkerung aus, es ist lediglich unklar, über welchen Zeitraum dies geschehen wird. Grundlage dieser Schätzungen ist die so genannte Basisreproduktionszahl von COVID-19. Sie beträgt ohne die Ergreifung von Maßnahmen 3,3 bis 3,8. Dieser Wert kann so interpretiert werden, dass bei einer Basisreproduktionszahl von etwa 3 ungefähr zwei Drittel aller Übertragungen verhindert werden müssen, um die Epidemie unter Kontrolle zu bringen. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel fünf bis sechs Tage bei einer Spannweite von einem bis zu 14 Tagen. Der Anteil der Infizierten, der auch tatsächlich erkrankt (Manifestationsindex), beträgt bis zu 85%. Laut der Daten aus dem deutschen Meldesystem werden etwa 14% der in Deutschland dem RKI übermittelten Fälle hospitalisiert. Unter hospitalisierten COVID-19-Patienten mit einer schweren akuten Atemwegserkrankung mussten 37% intensivmedizinisch behandelt und 17% beatmet werden. Die mediane Hospitalisierungsdauer von COVID-19-Patienten mit einer akuten respiratorischen Erkrankung beträgt 10 Tage und von COVID-19-Patienten mit einer Intensivbehandlung 16 Tage. Zur Aufnahme auf die Intensivstation führt im Regelfall Dyspnoe mit erhöhter Atemfrequenz (> 30/min), dabei steht eine Hypoxämie im Vordergrund. Mögliche Verlaufsformen sind die Entwicklung eines akuten Lungenversagens (Acute Respiratory Distress Syndrome - ARDS) sowie, bisher eher seltener, eine bakterielle Koinfektion mit septischem Schock. Weitere beschriebene Komplikationen sind zudem Rhythmusstörungen, eine myokardiale Schädigung sowie das Auftreten eines akuten Nierenversagens (vgl. zum Krankheitsbild im Einzelnen mit weiteren Nachweisen: Kluge/Janssens/Welte/Weber-Carstens/Marx/Karagiannidis, Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19, in: Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin v. 12.3.2020, veröffentlicht unter: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00063-020-00674-3.pdf, Stand: 30.3.2020). Eine Impfung ist in Deutschland immer noch nicht verfügbar. Verschiedene spezifische Therapieansätze (direkt antiviral wirksam, immunmodulatorisch wirksam) wurden und werden im Verlauf der Pandemie in Studien untersucht. Zwei Arzneimittel erwiesen sich jeweils in einer bestimmten Gruppe von Patienten mit COVID-19 als wirksam. Als direkt antiviral wirksames Arzneimittel erhielt Remdesivir am 3. Juli 2020 eine bedingte Zulassung zur Anwendung bei schwer erkrankten Patienten durch die Europäische Kommission. Als immunmodulatorisch wirksames Arzneimittel erhielt Dexamethason eine positive Bewertung durch die Europäische Kommission für die Anwendung bei bestimmten Patientengruppen mit einer Infektion durch SARS-CoV-2. Aufgrund der Neuartigkeit des Krankheitsbildes lassen sich keine zuverlässigen Aussagen zu Langzeitauswirkungen und (irreversiblen) Folgeschäden durch die Erkrankung bzw. ihre Behandlung (z.B. in Folge einer Langzeitbeatmung) treffen. Allerdings deuten Studiendaten darauf hin, dass an COVID-19 Erkrankte auch Wochen bzw. Monate nach der akuten Erkrankung noch Symptome aufweisen können.
Während der Fall-Verstorbenen-Anteil bei Erkrankten bis etwa 50 Jahren unter 0,1% liegt, steigt er ab 50 zunehmend an und liegt bei Personen über 80 Jahren häufig über 10% (vgl. zu Vorstehendem im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: RKI, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html?nn=13490888, Stand: 11.12.2020; Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2, veröffentlicht unter: www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html, Stand: 11.12.2020).
Auch wenn nach diesen Erkenntnissen nur ein kleiner Teil der Erkrankungen schwer verläuft, kann das individuelle Risiko anhand der epidemiologischen und statistischen Daten nicht abgeleitet werden. So kann es auch ohne bekannte Vorerkrankungen und bei jungen Menschen zu schweren bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen kommen. Langzeitfolgen, auch nach leichten Verläufen, sind derzeit noch nicht abschätzbar. Die Belastung des Gesundheitssystems hängt maßgeblich von der regionalen Verbreitung der Infektion, den hauptsächlich betroffenen Bevölkerungsgruppen, den vorhandenen Kapazitäten und den eingeleiteten Gegenmaßnahmen ab. Sie kann örtlich sehr schnell zunehmen und dann insbesondere das öffentliche Gesundheitswesen, aber auch die Einrichtungen für die ambulante und stationäre medizinische Versorgung stark belasten. Deshalb bleiben intensive gesamtgesellschaftliche Gegenmaßnahmen nötig, um die Folgen der COVID-19-Pandemie für Deutschland zu minimieren. Diese Maßnahmen verfolgen weiterhin das Ziel, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen. Hierdurch soll die Zeit für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten und von Impfstoffen und für die Durchführung von Impfungen gewonnen werden. Auch sollen Belastungsspitzen im Gesundheitswesen vermieden werden (vgl. hierzu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: RKI, Risikobewertung zu COVID-19, veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand: 11.12.2020)."
(2) Auch die speziellen Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 IfSG a.F. lagen vor. Gemäß § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. konnten notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG a.F. zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. insbesondere die Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel sein. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung hatte der Deutsche Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG a.F. festgestellt, sodass der Anwendungsbereich des Maßnahmenkatalogs des § 28 Abs. 1 IfSG a.F. eröffnet war (Senatsurt. v. 16.2.2023 - 14 KN 30/22 -, juris Rn. 95).
Gemäß § 28a Abs. 3 IfSG a.F. sollten sich Schutzmaßnahmen nach § 28a Abs. 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG a.F. und den §§ 29 bis 31 IfSG a.F. insbesondere an dem Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems ausrichten. Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen war insbesondere die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen. Bei einer bundesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen waren bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben. Bei einer landesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen waren landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben.
Gegen die angefochtene Regelung bestehen auch unter diesen Gesichtspunkten keine Bedenken. Zum Zeitpunkt des Erlasses der streitbefangenen Fassung der Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 15. Dezember 2020 lag die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen bundesweit bei 174, im Land Niedersachsen bei 91 Fällen (vgl. Situationsbericht des Robert Koch-Instituts vom 15.12.2020), sodass landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben waren.
bb) Die angegriffenen Infektionsschutzmaßnahmen stellen sich vor dem Hintergrund der damaligen Lage im Hinblick auf das Coronavirus überdies als notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. dar.
(1) Der Verordnungsgeber verfolgte mit den in Rede stehenden Betriebsschließungen die legitimen Ziele, im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit eines und einer jeden die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden (vgl. auch § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG a.F.). Zur Vorbeugung einer akuten nationalen Gesundheitsnotlage sollten die Kontakte in der Bevölkerung drastisch reduziert werden, um das Infektionsgeschehen insgesamt zu verlangsamen und die Zahl der Neuinfektionen wieder in durch den öffentlichen Gesundheitsdienst nachverfolgbare Größenordnungen zu senken (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 174; NdsOVG, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b. sowie die Angaben in der Begründung der Niedersächsischen Corona-Verordnung und ihrer Änderungsverordnungen, Nds. GVBl. 2020, 411 ff., 457, 491 f.). Diese Zielrichtung wahrt die besonderen Anforderungen des § 28a Abs. 3 Satz 1 IfSG a.F. Belastbare Erkenntnisse, wonach nur geringe oder keine Gefahren für Leben und Gesundheit durch eine Infektion oder nur geringe oder keine Gefahren auch durch Überlastung des Gesundheitssystems vorlägen, waren nicht vorhanden (so ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 182).
(2) Die Schließung der Baumärkte für nicht-gewerbliche Kundinnen und Kunden war - eingebettet in das in der Verordnung geregelte Gesamtkonzept aus Betriebsschließungen sowie -beschränkungen und Kontaktbeschränkungen - zur Erreichung des Ziels geeignet.
Für die Eignung reicht es bereits aus, dass die Verordnungsregelungen den verfolgten Zweck fördern können. Bereits die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1/21 -, juris Rn. 59; BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 185). Eine Regelung ist erst dann nicht mehr geeignet, wenn sie die Erreichung des Gesetzeszwecks in keiner Weise fördern kann oder sich sogar gegenläufig auswirkt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27.4.2022 - 1 BvR 2649/21 -, juris Rn. 166 m.w.N.).
Dem Antragsgegner stand bei der Beurteilung der Eignung der in Betracht kommenden Maßnahmen ein Spielraum zu, der sich auf die Einschätzung und Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse, auf die erforderliche Prognose und auf die Wahl der Mittel zur Erreichung der Ziele bezog (Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 68).
Der Beurteilung von Prognoseentscheidungen durch den Gesetzgeber legt das Bundesverfassungsgericht je nach Zusammenhang differenzierte Maßstäbe zugrunde, die von einer bloßen Evidenz- über eine Vertretbarkeitskontrolle bis hin zu einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle reichen. Im Einzelnen maßgebend sind Faktoren wie die Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, die Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und die Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter. Bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen dürfen tatsächliche Unsicherheiten grundsätzlich nicht ohne Weiteres zulasten der Grundrechtsträger gehen. Erfolgt der Eingriff jedoch zum Schutz gewichtiger verfassungsrechtlicher Güter und ist es dem Gesetzgeber angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten nur begrenzt möglich, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, ist die verfassungsgerichtliche Prüfung auf die Vertretbarkeit der Eignungsprognose beschränkt (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 185; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 69).
Liegen der gesetzlichen Regelung prognostische Entscheidungen zugrunde, kann die Eignung nicht nach der tatsächlichen späteren Entwicklung, sondern lediglich danach beurteilt werden, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte, dass die Maßnahme zur Erreichung des gesetzten Ziels geeignet, ob seine Prognose also sachgerecht und vertretbar war. Die Eignung setzt folglich nicht voraus, dass es zweifelsfreie empirische Nachweise der Wirksamkeit der Maßnahmen gibt (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 186; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70). Allerdings kann eine zunächst verfassungskonforme Regelung später mit Wirkung für die Zukunft verfassungswidrig werden, wenn ursprüngliche Annahmen des Gesetzgebers nicht mehr tragen (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 186; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70). Diese Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht zunächst mit Blick auf den gesetzgeberischen Entscheidungsspielraum aufgestellt hat, werden in der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung auch auf die Exekutive angewandt (BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1/21 -, juris Rn. 59; OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38.20.NE -, juris Rn. 185 ff.; OVG Bremen, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 94 m.w.N.; OVG NRW, Beschl. v. 2.3.2022 - 13 B 195/22.NE -, juris Rn. 42; SächsOVG, Urt. v. 16.12.2021 - 3 C 20/20 - juris Rn. 26 m.w.N.; ThürOVG, Beschl. v. 13.01.2022 - 3 EN 764/21 -, juris Rn. 67; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70). Ein exekutives Handeln auf infektionsschutzrechtlicher Grundlage in einer akuten Krisensituation bedeutet zwangsläufig oftmals ein Handeln im Ungewissen, das auf gewisse Spielräume für unterschiedliche Handlungsoptionen und Gewichtungen im Einzelfall angewiesen ist (Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70; Greve, in: Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, Einführung B Rn. 48). Denn nur so kann die Exekutive die auch ihr vom Gesetzgeber zugewiesene Aufgabe, Gefahren für hoch- und höchstrangige Rechtsgüter durch den Ausbruch einer übertragbaren Krankheit abzuwenden oder jedenfalls einzudämmen, nachkommen (Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70). Wenn eine neuartige übertragbare Krankheit auftritt, ist typisch, dass Entscheidungen jedenfalls zunächst häufig auf einer unsicheren Erkenntnislage getroffen werden müssen und es an empirischen Nachweisen für die Wirksamkeit von Infektionsschutzmaßnahmen fehlen kann. Wenn die Exekutive nicht allein deswegen verpflichtet sein soll, das Infektionsgeschehen mit den damit einhergehenden Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung unreguliert "laufen zu lassen", ist sie darauf angewiesen, Entscheidungen über Infektionsschutzmaßnahmen auf Prognosen zu stützen. Korrespondierend mit der zunehmenden Aufklärung der Gefahrenlage durch gewonnene Erkenntnisse und wissenschaftliche Gewissheiten verengen sich dann auch die Einschätzungsspielräume (vgl. Greve, in: Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, Einführung B Rn. 50 m.w.N.; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 70). Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, die gerichtliche Überprüfung der der streitgegenständlichen Verordnung zugrundeliegenden Prognosen nur auf ihre Vertretbarkeit zu beschränken, weil jedenfalls auch im Februar 2021 die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dem Virus, seinen Übertragungswegen und seinen Auswirkungen noch weitgehend am Anfang standen.
Von einer hinreichenden Aufklärung der Gefahrenlage konnte zu jenem Zeitpunkt noch keine Rede sein. Nachdem bei erstmaligem Auftreten der Pandemie zunächst die rein reaktive Bekämpfung der akuten Infektionen und deren Folgen im Vordergrund gestanden hatte, lag in der darauffolgenden Zeit ein Schwerpunkt auf der näheren Erforschung des Virus einerseits und der Entwicklung eines Impfstoffs sowie Impfkonzepts andererseits. Zugleich wurden nach und nach strategische Konzepte für die Bekämpfung des Coronavirus in anzunehmenden weiteren Wellen entwickelt. Das Bundesverfassungsgericht hat angesichts dessen in den Entscheidungen zur Bundesnotbremse I und II - mithin Regelungen betreffend, die sogar noch zeitlich nach der hier streitgegenständlichen in Kraft getreten sind - erklärt, dass die Tragfähigkeit der Einschätzung des Gesetz- und damit auch des Verordnungsgebers nicht deshalb in Frage gestellt werde, weil er es versäumt habe, für eine Verbesserung der Erkenntnislage zu sorgen. Mit der Aufgabenzuweisung an das Robert Koch-Institut nach § 4 Abs. 1 IfSG a.F. sei vielmehr im Grundsatz institutionell dafür Sorge getragen worden, dass die zur Beurteilung von Maßnahmen der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten benötigten Informationen erhoben und evaluiert würden. Anhaltspunkte für eine insoweit unzureichende Aufgabenerfüllung, die Anlass für eine Begrenzung des Beurteilungs- und Einschätzungsspielraums sein könnten, seien schon angesichts des dynamischen Pandemieverlaufs mit dem Auftreten mehrerer Virusvarianten nicht ersichtlich (vgl. dazu auch BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 971/21 u.a. -, Rn. 180 ff. sowie - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 189 ff.; vgl. ferner zur Bedeutung der Einschätzung des Robert Koch-Instituts BVerfG, Beschl. v. 27.4.2022 - 1 BvR 2649/21 -, juris Rn. 160).
Es ist daher für die Eignung der angegriffenen Maßnahme lediglich zu prüfen, ob die Prognose des Antragsgegners aus einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung des erreichbaren Materials herrührt und ob sich der Antragsgegner Kenntnis von der zur Zeit des Erlasses der Norm bestehenden tatsächlichen Ausgangslage in korrekter und ausreichender Weise verschafft hat (Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 71). Ferner ist er verpflichtet, auch nach dem Erlass einer Regelung die weitere Entwicklung zu beobachten, erlassene Anordnungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu revidieren, falls sich herausstellt, dass die ursprünglichen Annahmen nicht mehr tragen (vgl. BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 126/21 -, juris Rn. 93; SächsOVG, Urt. v. 16.12.2021 - 3 C 20/20 - juris Rn. 26 m.w.N.; ThürOVG, Beschl. v. 13.01.2022 - 3 EN 764/21 -, juris Rn. 67; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 71).
Hieran gemessen ist die Prognoseentscheidung des Antragsgegners nicht zu beanstanden. Denn angesichts der hohen Infektiosität und der Übertragungswege steht für den Senat außer Zweifel, dass Beschränkungen von Zusammenkünften und Ansammlungen mehrerer Personen - vor allem in geschlossenen Räumen - geeignet sind, die Verbreitung von SARS-CoV-2 zu verhindern; dies gilt auch für die Verkaufsstellen des Einzelhandels.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ergibt sich eine fehlende Eignung nicht aus ihrem Vortrag, dass nur ein äußerst geringes Infektionsrisiko bei einem Aufenthalt in Baumärkten bestehe bzw. "eine Infektionsmöglichkeit ausgeschlossen" sei (vgl. etwa Schriftsatz der Antragstellerin vom 22.2.2021, Bl. 17). Es fehlte zum Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsverordnung vom 15. Dezember 2020 vielmehr - ungeachtet der beiden von der Antragstellerin in Bezug genommenen Untersuchungen der Berufsgenossenschaft für Handel und Warenlogistik und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz bzw. der Studie von Bodenschatz und Priesemann (vgl. Schriftsatz der Antragstellerin vom 22.2.2021, Bl. 17) - an ausreichend belastbaren Erkenntnissen zu einer mangelnden infektiologischen Relevanz des Geschehens in derartigen Verkaufsstellen. Ausweislich des Berichts zum "Infektionsumfeld von COVID-19-Ausbrüchen in Deutschland" konnte das Robert Koch-Institut in einer Quellensuche (Datenstand: 11.8.2020) von insgesamt 202.225 übermittelten Fällen nur 55.141 Fälle bestimmten Ausbruchsgeschehen zuordnen und feststellen, in welchen von 30 unterschiedlichen, verschiedenste Lebensbereiche erfassenden Infektionsumfeldern sich diese ereignet haben (vgl. Robert Koch-Institut, Infektionsumfeld von COVID-19-Ausbrüchen in Deutschland, in: Epidemiologisches Bulletin v. 17.9.2020, S. 3 ff., vgl. Tabelle auf S. 5).
Soweit die Antragstellerin zur Begründung ihrer Auffassung unter anderem auf die ControlCOVID-Handreichung des Robert Koch-Institutes verweist (vgl. Schriftsatz vom 10.3.2021, Bl. 2 Rs. und 3 oben), verfängt ihr Einwand nicht. Zwar ist zutreffend, dass das Robert Koch-Institut in der Handreichung ControlCOVID das Infektionsrisiko sowie den Anteil am gesamten Transmissionsgeschehen im Hinblick auf den Einzelhandel als "niedrig" eingestuft hat. Es heißt in dieser Handreichung allerdings auch, dass der sog. "Public-Health-Einfluss" des Einzelhandels nicht klar zuzuordnen sei, sondern sich vielmehr als indirekt bzw. diffus darstelle. Krankheitsausbrüche durch den Besuch von Verkaufsstellen des Einzelhandels bzw. die dort stattfindenden Kontaktsituationen hätten einen indirekten Beitrag am allgemeinen Transmissionsgeschehen (vgl. ControlCOVID, Strategie und Handreichung zur Entwicklung von Stufenkonzepten bis Frühjahr 2021, Stand 18.2.2021, Bl. 6 Spalte 13 "indirekt"). Infolgedessen empfiehlt das Robert Koch-Institut ausweislich des Stufenplanes eine Erwägung der Schließung des Einzelhandels dann, wenn
- ein hohes sowie diffuses Infektionsgeschehen vorliegt und eine hohe Übertragungsrate im privaten Umfeld gegeben ist (7-Tage-Inzidenz über 50),
- eine Nachverfolgung von Kontaktpersonen durch die Gesundheitsämter nicht mehr möglich ist (weniger als 60 Prozent),
- die wöchentliche Inzidenz hospitalisierter Fälle bei Personen, die älter als 60 Jahre sind, größer als sechs ist, und
- eine hohe Hospitalisierung sowie ein hoher Anteil intensivmedizinisch-behandelter COVID-19-Fälle an der Gesamtzahl der betreibbaren Bettenkapazität gegeben ist (mehr als 12 Prozent, vgl. ControlCOVID, Strategie und Handreichung zur Entwicklung von Stufenkonzepten bis Frühjahr 2021, Stand 18.2.2021, Bl. 7).
Angesichts der Situation zum Zeitpunkt der Schließung des Einzelhandels durch die Änderungsverordnung vom 15. Dezember 2020 - eine bundesweite 7-Tage-Inzidenz von 174 bzw. eine niedersachsenweite von 91, ein diffuses bundesweites Ausbruchsgeschehen, eine hohe wöchentliche Inzidenz hospitalisierter Fälle bei Personen, die älter als 60 Jahre waren, keine eindeutig nachvollziehbaren Infektionsketten und mehr als 12 Prozent der COVID-19-Fälle (= 4.735 Personen) in intensivmedizinischer Behandlung bei insgesamt 27.153 registrierten Intensivbetten (vgl. den Lagebericht des Robert Koch-Instituts vom 15.12.2020) - begegnet es keinen Bedenken, dass der Antragsgegner die Schließung des Einzelhandels als geeignete Maßnahme erachtet hat.
Aus den zum damaligen Zeitpunkt fehlenden Informationen über die Verbreitung des Virus und die Rolle des Einzelhandels dabei kann nach alledem nicht - anders als die Antragstellerin meint - darauf geschlossen werden, dass das Geschehen in Verkaufsstellen des Einzelhandels keine infektiologische Relevanz hat. Vielmehr hat die Schließung für den privaten Kundenverkehr jedenfalls dazu geführt, dass insoweit das Ansteckungsrisiko in diesen Verkaufsstellen auf Null reduziert worden ist, während anderenfalls ein - wenn auch möglicherweise eher geringes - Ansteckungsrisiko dahingehend verblieben wäre. Im Übrigen dienten die Betriebsschließungen im Rahmen des Gesamtkonzepts des Verordnungsgebers maßgeblich auch einer Begrenzung der Mobilität der Bevölkerung und damit der Reduzierung von Kontakten, die im Zusammenhang mit dem Aufsuchen von Einzelhandelsgeschäften stattfinden. Bei der Beurteilung der Geeignetheit der angegriffenen Regelung ist deshalb gerade nicht ausschließlich das Infektionsgeschehen in Verkaufsstellen des Einzelhandels von Relevanz, auch wenn der Antragstellerin zuzugeben ist, dass Baumärkte - jedenfalls in der Regel - nicht in den Innenstädten belegen sind und diese vielfach mit dem eigenen Kraftfahrzeug (und nicht den öffentlichen Verkehrsmitteln) angefahren werden.
Ohne Rechtsfehler hat der Antragsgegner prognostiziert, dass durch die Schließung weiter Teile des Einzelhandels bei gleichzeitiger Offenhaltung von Einzelhandelsgeschäften für Lebensmittel und andere vom Verordnungsgeber als notwendig erachtete Güter des täglichen Bedarfs ein pandemietreibender Verdrängungsmechanismus in infektiologisch ungünstigere Ladengeschäfte nicht stattfinden werde, so dass dahingehend die Eignung nicht zu bezweifeln ist. Der Senat stellt nicht in Abrede, dass bestehende, bisher etwa in den Baumärkten der Antragstellerin gedeckte Versorgungsbedarfe ihrer Kundinnen und Kunden auch zur Verlagerung von Kundenströmen in den nichtstationären Handel und - zumindest teilweise - in den von den Betriebsverboten und -beschränkungen des § 10 Abs. 1b der Niedersächsischen Corona-Verordnung nicht betroffenen stationären Handel geführt haben mögen. Einer solchen Verlagerung von Kundenströmen in den - infektiologisch vergleichbaren - stationären Handel waren aber von vorneherein Grenzen gesetzt durch die in § 10 Abs. 1b Satz 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung enthaltene "Schwerpunktsortiment-Regel" und das in § 10 Abs. 1b Satz 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung enthaltene "Sortimentsveränderungsverbot" (vgl. zur Zielsetzung dieser Regelung die Begründung zur Änderungsverordnung vom 15.12.2020, Nds. GVBl. S. 493). Vor dem Hintergrund dieser normativen Begrenzungen konnte der Antragsgegner annehmen, dass der von den Betriebsverboten und -beschränkungen des § 10 Abs. 1b der Niedersächsischen Corona-Verordnung nicht betroffene stationäre Handel nicht in nennenswertem Umfang etwa an die Stelle der Baumärkte tritt (vgl. vertiefend die untenstehenden Ausführungen zu Art. 3 Abs. 1 GG).
(3) Grundrechtseingriffe dürfen nicht weitergehen, als es der Schutz des Gemeinwohls erfordert. Daran fehlt es, wenn ein gleich wirksames Mittel zur Erreichung des Gemeinwohlziels zur Verfügung steht, das die Grundrechtsträgerinnen und -träger weniger sowie Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastet. Die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung muss dafür allerdings in jeder Hinsicht eindeutig feststehen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a.-, juris Rn. 203 ff.; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2/21 -, juris Rn. 15).
Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Maßnahmen zum Schutz vor COVID-19 hatte der Verordnungsgeber angesichts der fehlenden Erfahrungen mit dem SARS-CoV-2-Virus und den Wirkungen von Schutzmaßnahmen einen tatsächlichen Einschätzungsspielraum, der sich darauf bezog, die Wirkung der von ihm gewählten Maßnahmen im Vergleich zu anderen, weniger belastenden Maßnahmen zu prognostizieren (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 204; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2/21 -, juris Rn. 17). Ein solcher Spielraum hat jedoch Grenzen. Die Einschätzung des Verordnungsgebers muss auf ausreichend tragfähigen Grundlagen beruhen. Das Ergebnis der Prognose muss einleuchtend begründet und damit plausibel sein. Das unterliegt der gerichtlichen Überprüfung. Maßgebend ist die Erkenntnislage bei Erlass der Verordnung (ex-ante-Sicht). Im gerichtlichen Verfahren obliegt es dem Verordnungsgeber, Tatsachen und Erwägungen vorzutragen, die das Ergebnis seiner Prognose plausibel machen. Das Gericht hat nicht eigene prognostische Erwägungen anzustellen, sondern die Rechtmäßigkeit der Prognose des Verordnungsgebers zu überprüfen. Wird die Annahme, die gewählte Maßnahme erreiche den Zweck der Schutzverordnung wirksamer als eine in Betracht kommende weniger belastende Alternative, im gerichtlichen Verfahren nicht plausibel gemacht, kann das Gericht nicht zur Feststellung gelangen, dass die verordnete Schutzmaßnahme erforderlich und damit verhältnismäßig ist. Das geht zu Lasten des Verordnungsgebers (BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2/21 -, juris Rn. 17 m.w.N.).
Aus dem Erfordernis, dass die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung in jeder Hinsicht eindeutig feststehen muss (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. - juris Rn. 203; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 18), ergibt sich nichts Anderes. Dass die Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahme "in jeder Hinsicht" eindeutig feststehen muss, bedeutet, dass nicht bereits ein einzelner Vorzug einer anderen Lösung gegenüber der gewählten zu deren Verfassungswidrigkeit führt (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 18 m.w.N.). Der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber muss die mildere Maßnahme nur wählen, wenn deren Gleichwertigkeit "eindeutig feststeht"; danach darf die Erforderlichkeit des gewählten Mittels nicht schon deshalb verneint werden, weil unsicher ist, ob es besser wirkt als das weniger belastende Mittel. Unsicherheiten der Wirkungsprognose gehen nicht ohne Weiteres zu Lasten des Gesetz- und auch nicht des Verordnungsgebers (BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 18). Bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen dürfen tatsächliche Unsicherheiten aber auch nicht ohne Weiteres zu Lasten des Grundrechtsträgers gehen. Darauf haben sowohl das Bundesverfassungs- als auch das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich hingewiesen (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u. a. -, juris Rn. 204; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 18).
Andere - im Gegensatz zur Schließung der Verkaufsstellen für den Privatkundenverkehr mildere Mittel - stellen Hygienemaßnahmen wie das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, das Erstellen und Anwenden eines verbesserten betrieblichen Hygienekonzeptes, die Installation von technischen Maßnahmen zum Austausch oder zur Reinigung der Raumluft, die Begrenzung der Kundenzahl anhand der Verkaufsfläche der jeweiligen Geschäfte sowie lokal begrenzte Betriebsschließungen und -beschränkungen dar (vgl. auch den Beschluss des hiesigen Gerichts vom 11.3.2021 im Normenkontrolleilverfahren - 13 MN 70/21 -, juris Rn. 47 ff.). Die Eilentscheidung, die sich auf eine andere Fassung der Niedersächsischen Corona-Verordnung bezieht, verweist überdies auch auf die weitergehende Erforschung von Infektionsumfeldern, um die Zielgenauigkeit von Schutzmaßnahmen zu erhöhen, die Effektivierung der Kontaktnachverfolgung, die praktische Umsetzung einer landesweiten Teststrategie sowie die die Optimierung der Impfkampagne im Land Niedersachsen (vgl. Beschluss des hiesigen Gerichts vom 11.3.2021 - 13 MN 70/21 -, juris Rn. 55 ff.).
Nach Auffassung des Senats begegnet die Prognose des Verordnungsgebers, dass sich die Betriebsschließungen auch im Vergleich zu anderen - unter Umständen weniger belastenden Maßnahmen, selbst wenn man diese kumulativ anwendete - als die wirkungsvollsten Maßnahmen darstellen, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Ohne Rechtsfehler hat der Verordnungsgeber angenommen, dass die Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen - auch in ihrer Gesamtheit - in jeder Hinsicht nicht eindeutig feststand. Das Ergebnis der Prognose ist ohne Zweifel einleuchtend und damit plausibel im Sinne der zuvor zitierten Maßgaben des Bundesverfassungs- sowie Bundesverwaltungsgerichts. In der damaligen Situation waren die Grenzen dieses Spielraumes unter anderem wegen der besonderen Wertigkeit der zu schützenden Rechtsgüter Leben und Gesundheit, der Bedeutung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems sowie der Komplexität der zu regelnden Materie vor dem Hintergrund des damaligen Forschungsstandes sowie der besonderen Dynamik der Sachlage nicht überschritten. Bei der Beurteilung der Entscheidung des Verordnungsgebers ist überdies zu berücksichtigen, dass dieser die hier in Rede stehende weitreichende Entscheidung aus einer ex-ante-Perspektive treffen musste. Die in dem Beschluss des hiesigen Gerichts vom 11. März 2021 im vorläufigen Rechtsschutzverfahren (- 13 MN 70/21 -, juris) aufgeworfenen Bedenken im Hinblick auf alternative Maßnahmen und Konzepte teilt der erkennende Senat angesichts dessen nicht.
Nach Auffassung des Senats legt § 28a IfSG a.F. bereits die Erforderlichkeit der hier in Rede stehenden Maßnahmen in der damaligen Lage nahe. Nach Absatz 1 Nr. 14 kann die Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben und Einzel- oder Großhandel eine notwendige Schutzmaßnahme darstellen. Maßstab für die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen ist nach § 28a Abs. 3 Satz 4 IfSG a.F. insbesondere die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. Bei einer bundesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen - wie hier (vgl. bereits zuvor) - sind gemäß § 28a Abs. 3 Satz 9 IfSG a.F. bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben. Bei einer landesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind nach Satz 10 der Vorschrift landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben.
Der Vortrag der Antragstellerin, die Begrenzung von Betriebsschließungen auf einzelne Landkreise stelle ein milderes Mittel dar, dürfte bereits angesichts von § 28a Abs. 3 Satz 10 IfSG a.F., wonach bei einer 7-Tages-Inzidenz über 50 landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben sind, nicht durchgreifen. Die Begrenzung von Betriebsschließungen auf einzelne Landkreise war unbeschadet dessen - jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt - kein milderes Mittel, da es bereits an der Geeignetheit der Maßnahme fehlte: Aus dem Lagebericht des Robert Koch-Institutes vom 15. Dezember 2020 ergibt sich, dass die 7-Tage-Inzidenz in Niedersachsen bei 91 lag und die geografische Verteilung des Infektionsgeschehens weitgehend gleichmäßig war. Es ist schon nicht ersichtlich, in welchem Landkreis auf dieser infektiologischen Grundlage eine vollständige Öffnung des Einzelhandels hätte erfolgen sollen; im Landkreis E. - dort ist der verfahrensgegenständliche Baumarkt belegen - betrug die Inzidenz am 15. Dezember 2020 89. Jedenfalls war aber ein landkreisübergreifender "Einkaufstourismus" zwischen den verschiedenen Gebieten und Bundesländern zu vermeiden. Soweit auf Bl. 23 der Antragsschrift vom 22. Februar 2021 als milderes Mittel eine vollständige Öffnung der Baumärkte bis zu einem nachgewiesenen Infektionsausbruch in einem solchen Markt angeführt wird, ist diese Maßnahme ebenfalls bereits nicht geeignet, die legitimen Ziele - die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden - zu erreichen. Ein solches Vorgehen reagiert auf ein Ausbruchsgeschehen, verhindert es aber nicht proaktiv. Soweit die Antragstellerin anregt, dass die Verwaltungsbehörden auf Antrag eine Ausnahmegenehmigung für diejenigen Verkaufsstellen hätten erteilen können, die die Hygienevorschriften einhielten und keinen Fall von Corona im Zusammenhang mit ihrem Betrieb vorweisen könnten, stellt dies nach Auffassung des Senats vor dem Hintergrund des erforderlichen niedersachsenweit einheitlichen Vorgehens bereits kein (gleich) geeignetes Mittel dar. Schließlich wäre auch eine vollständige Öffnung der Baumärkte unter Einhaltung eines Hygienekonzepts nicht gleich wirksam gewesen. Denn auch Hygienekonzepte hätten das mit dem Betrieb der Einrichtungen einhergehende Infektionsrisiko lediglich reduzieren, aber nicht ausschließen können.
Vor dem Hintergrund der zuvor dargestellten Lage - bundes- und niedersachsenweit hohe 7-Tages-Inzidenz, hohe Anzahl schwerer Krankheitsverläufe bzw. Todesfälle, weniger als ein Fünftel verfügbare Betten zur Intensivversorgung, nicht eindeutig nachvollziehbare Infektionsketten - ist nicht zu beanstanden, dass eine vollständige Öffnung der Baumärkte zu diesem Zeitpunkt auch unter Auflagen noch nicht in Betracht kam.
Der Antragsgegner konnte nach alledem ohne Überschreitung seines Einschätzungsspielraumes davon ausgehen, dass diese Zunahme der Gefahrenquellen durch alternative Schutzmaßnahmen nicht kompensiert werden würde. Die Entscheidung des Antragsgegners gegen eine vollständige Öffnung der Baumärkte auch für den nicht-gewerblichen Kundenverkehr bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Vorlage erweiterter Hygienekonzepte, zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung durch Beschäftigte sowie Kundinnen und Kunden, zu Maßnahmen zur Kontaktnachverfolgung sowie zum Einsatz technischer Maßnahmen zum Austausch bzw. zur Reinigung der Raumluft war von seinem Einschätzungsspielraum erfasst.
(4) Die streitgegenständlichen Regelungen waren auch angemessen.
Die Angemessenheit erfordert, dass der mit der Maßnahme verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 216; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 85; BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 28; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 75). Es ist Aufgabe des Normgebers, in einer Abwägung Reichweite und Gewicht des Eingriffs in Grundrechte einerseits der Bedeutung der Regelung für die Erreichung legitimer Ziele andererseits gegenüberzustellen. Um dem Übermaßverbot zu genügen, müssen hierbei die Interessen des Gemeinwohls umso gewichtiger sein, je empfindlicher die Einzelnen in ihrer Freiheit beeinträchtigt werden (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 216; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 75). Umgekehrt wird gesetzgeberisches Handeln umso dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die bei gänzlich freier Grundrechtsausübung erwachsen können. Auch bei der Prüfung der Angemessenheit besteht grundsätzlich ein Einschätzungsspielraum des Normgebers. Die verfassungsrechtliche Prüfung bezieht sich dann darauf, ob dieser seinen Einschätzungsspielraum in vertretbarer Weise gehandhabt hat. Bei der Kontrolle prognostischer Entscheidungen setzt dies wiederum voraus, dass die Prognose des Normgebers auf einer hinreichend gesicherten Grundlage beruht (BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 216; ThürOVG, Beschl. v. 10.1.2022 - 3 EN 801/21 -, juris Rn. 57; OVG NRW, Beschl. v. 21.2.2022 - 13 B 232/22.NE -, juris Rn. 123 m.w.N.).
Hieran gemessen erweist sich die angegriffene Betriebsschließung für private Kundinnen und Kunden in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht als unangemessen. Zwar griffen die Regelungen mit erheblichem Gewicht in die Berufsausübungsfreiheit der Gewerbetreibenden nach Art. 12 Abs. 1 GG ein und machten diesen die Berufsausübung in den Verkaufsstellen vorübergehend teilweise unmöglich. Zudem erfolgte dies nach einer Phase, in der sie erhebliche Arbeitskraft und finanzielle Mittel in die Erstellung und Umsetzung von Hygienekonzepten investiert hatten. Dem gegenüber stand jedoch der Schutz von überragend wichtigen Gemeinwohlbelangen. Die angegriffenen Schließungsanordnungen dienten dem Schutz der Gesundheit und des Lebens jeder und jedes Einzelnen wie auch dem Erhalt eines funktionsfähigen Gesundheitswesens sowie insgesamt der Bevölkerungsgesundheit und damit Individual- und Gemeinschaftsgütern von höchstem verfassungsrechtlichem Rang. Der Antragsgegner sah sich mit einer Pandemie konfrontiert, die sich immer wieder in Deutschland und auch in Niedersachsen sehr dynamisch ausbreitete. Er wusste, dass bei einem bestimmten Anteil der Infizierten die Erkrankung schwer verlief, bei manchen auch unter der gebotenen Behandlung tödlich. Er musste also davon ausgehen, dass ein sich stark ausbreitendes Infektionsgeschehen zwangsläufig zu vielen Todesfällen führen würde. Je höher die Infektionszahlen anstiegen, umso mehr Menschen würden an SARS-CoV-2 versterben. Eine zunehmende Viruszirkulation hätte insbesondere deutlich mehr Angehörige vulnerabler Personengruppen der Gefahr einer schweren Erkrankung oder sogar des Todes ausgesetzt, vor der sie sich selbst nicht effektiv hätten schützen können. Dies gilt z.B. für pflegebedürftige Personen, die regelmäßig auf eine Vielzahl von Kontakten zu anderen Personen angewiesen sind. Auch existierte eine zuverlässige Therapie nicht. Zudem hatte der Antragsgegner die auf der Grundlage der verfügbaren wissenschaftlichen Ausführungen vertretbare Prognose angestellt, dass dem Gesundheitssystem eine Überlastung drohte. Dies hätte zum einen die Gefahr begründet, dass schwer an Corona erkrankte Personen versterben, die bei einer Behandlung auf der Intensivstation hätten gerettet werden können, sowie, dass auch Personen mit anderen akut behandlungsbedürftigen Verletzungen oder Erkrankungen gefährdet waren, weil auch sie keinen Zugang mehr zu einer adäquaten Versorgung gehabt hätten. Mit der Vermeidung einer solchen Situation verfolgte der Antragsgegner den Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter. Er durfte insoweit auch aufgrund der von ihm vertretbar angestellten Prognose davon ausgehen, dass diese Rechtsgüter nicht nur entfernt oder abstrakt, sondern konkret gefährdet waren. Die schwerwiegenden Eingriffe in die Berufsfreiheit waren deswegen vorübergehend hinzunehmen (vgl. Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 75).
Die Antragstellerin nimmt überdies nicht ausreichend in den Blick, dass ihr - was zur Angemessenheit der angefochtenen Vorschrift beiträgt - der Betrieb ihres Baumarktes keineswegs vollständig untersagt war. So konnten gewerbliche Kundinnen und Kunden die Verkaufsstelle weiterhin aufsuchen und dort Waren erwerben. Einzelhändler durften ihre Waren überdies gemäß § 10 Abs. 1b Satz 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung über Abholangebote ("click and collect") und Lieferdienste einschließlich solcher des Online-Handels anbieten. Aber selbst wenn Gewerbetreibende die Möglichkeit des Onlinehandels nicht genutzt hätten, weil sie diese etwa aufgrund der konkreten räumlichen Gestaltung ihrer Ladengeschäfte für nicht hinreichend praktikabel oder auskömmlich hielten, änderte dies nichts daran, dass die Ausnahmeregelungen zur Verhältnismäßigkeit der auf den Präsenzbetrieb der Geschäfte gerichteten Schließungsanordnung beitragen. Der Verordnungsgeber war nicht dazu verpflichtet, unternehmerische Entscheidungen, bestehende Ausnahmemöglichkeiten aus individuellen Gründen nicht in Anspruch zu nehmen, zum Anlass dazu zu nehmen, trotz der nach wie vor bestehenden großen Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer Vielzahl von Personen und, damit zusammenhängend, das Gesundheitssystem in Deutschland, schlagartig sämtliche Einzelhandelsbetriebe zu öffnen, um auf diese Weise sämtlichen individuellen betrieblichen Gestaltungswünschen wieder uneingeschränkt Rechnung zu tragen (VGH BW, Beschl. v. 18.2.2021 - 1 S 398/21 -, juris Rn. 96).
In wirtschaftlicher Hinsicht wurde der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit außerdem für viele Gewerbetreibende dadurch gemildert, dass von Seiten der Bundesregierung in verschiedener Form Hilfsleistungen für von den Schutzmaßnahmen betroffene Unternehmen gewährt wurden (zur Relevanz dieses Gesichtspunktes: BVerfG, Beschl. v. 23.3.2022 - 1 BvR 1295/21 -, juris Rn. 28; Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 76). So wurden die seit November 2020 geltenden Betriebsbeeinträchtigungen durch die nichtrückzahlbaren Überbrückungshilfe II, Novemberhilfe, Dezemberhilfe und Überbrückungshilfe III gemildert. Im Rahmen dieser Hilfen wurden auch für den hier maßgeblichen Zeitraum Zuschüsse zu den monatlichen betrieblichen Fixkosten geleistet, wobei hierzu insbesondere Pachten, Grundsteuern, Versicherungen, Abonnements und andere feste Ausgaben sowie Mietkosten für Fahrzeuge und Maschinen, Zinsaufwendungen, Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter bis zu einer Höhe von 50 Prozent, der Finanzierungskostenanteil von Leasingraten, Ausgaben für Elektrizität, Wasser, Heizung etc. zählten. Personalaufwendungen, die nicht von Kurzarbeitergeld erfasst waren, wurden pauschal mit 20 Prozent der Fixkosten bezuschusst. Schließlich konnten bauliche Maßnahmen zur Umsetzung von Hygienekonzepten gefördert sowie Marketing- und Werbekosten erstattet werden (vgl. https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/Content/Artikel/Ueberbrueckungshilfe-III/uebh-iii-ueberblick.html, letztmals abgerufen am 11.7.2023). Weitere Hilfen wurden etwa durch KfW-Kreditprogramme, durch den Wirtschaftsstabilisierungsfond, durch mittelständische Beteiligungsgesellschaften, Erleichterungen im steuerlichen Bereich, die Ausweitung des Kurzarbeitergeldes und durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gewährt (vgl. BMF- Monatsbericht, Hilfen für Unternehmen und Beschäftigte in der Corona-Pandemie, Februar 2021, abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/2021/02/Inhalte/Kapitel-2b-Schlaglicht/2b-corona-hilfen-fuer-unternehmen- und-beschaeftigte-pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=3; Die Bundesregierung, Corona-Wirtschaftshilfen der Bundesregierung, abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1995230/3838ef36ea352e9af06 a13b4454416ed/2022-01-07-mpk-corona-wirtschafthilfen-data.pdf?download=1; BMF-Monatsbericht, Corona-Unternehmenshilfen - eine vorläufige Bilanz, November 2021, abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/2021/11/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-1-bilanz-corona-unternehmenshilfen-pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=7 [letztmals abgerufen am 11.7.2023]).
(5) Ungeachtet der Fragen, ob auch der Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet ist und in welchem Verhältnis das Grundrecht der Berufsfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit in diesem konkreten Fall zueinanderstehen, liegt die von der Antragstellerin behauptete Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG aus den vorstehenden Gründen nicht vor.
(6) Schließlich liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht vor.
(a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 -, juris Rn. 40; Beschl. v. 15.7.1998 - 1 BvR 1554/89 u. a. -, juris Rn. 63; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 90; NdsOVG, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b. sowie Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 78). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.7.2012 - 1 BvL 16/11 -, juris Rn. 30; Beschl. v. 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 65; Beschl. v. 21.7.2010 - 1 BvR 611/07 u. a. -, juris Rn. 79; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 90; NdsOVG, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b. sowie Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 78).
Bei der Regelung eines dynamischen Infektionsgeschehens und der Notwendigkeit, schnelle, effektive Entscheidungen in einer sich ständig verändernden Lage zur Gefahrenabwehr zu treffen, sind die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde grundsätzlich weniger streng (zum Maßstab NdsOVG, Beschl. v. 14.05.2020 - 13 MN 156/20 -, juris Rn. 35 sowie Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 79; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.4.2020 - OVG 11 S 22/20 -, juris Rn. 25). Auch kann die strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 14.05.2020 - 13 MN 156/20 -, juris Rn. 37, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b., m.w.N. sowie Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 79; BremOVG, Beschl. v. 4.1.2022 - 1 B 479/21, juris Rn. 54 sowie Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 91; OVG MV, Beschl. v. 24.3.2021 - 2 KM 120/21 -, juris Rn. 59; HambOVG, Beschl. v. 26.3.2020 - 5 Bs 48/20 -, juris Rn. 13; OVG LSA, Beschl. v. 22.3.2021 - 3 R 22/21 -, juris Rn. 78). Dem Einschätzungsspielraum hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen wohnen notwendigerweise Pauschalierungen, Typisierungen und Generalisierungen inne. In diesem Zusammenhang sind auch Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen, die sich im Zusammenhang mit Differenzierungen zwangsläufig ergeben, hinzunehmen, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (vgl. NdsOVG, Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 79; Greve, in: Sangs/Eibenstein, IfSG, 1. Aufl. 2022, Einführung B Rn. 52). Zudem ist die sachliche Rechtfertigung nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen, vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten (so BremOVG, Beschl. v. 4.1.2022 - 1 B 479/21 -, juris Rn. 54; BremOVG, Urt. v. 23.3.2022 - 1 D 349/20 -, juris Rn. 91; NdsOVG, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b., m.w.N.).
Der aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gestaltungsspielraum ist für die Exekutive enger als für die Legislative. Für diese besteht ein solcher von vornherein nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen. Die Exekutive darf keine Differenzierungen vornehmen, die über die Grenzen einer formell und materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würden. In diesem Rahmen muss er nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung handeln und hat sich von sachfremden Erwägungen freizuhalten (BVerfG, Beschl. v. 26.2.1985 - 2 BvL 17/83 -, juris Rn. 39 m.w.N.; NdsOVG, Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 80; OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 332). Er muss daher den Zweckerwägungen folgen, die im ermächtigenden Gesetz angelegt sind. Gesetzlich vorgegebene Ziele darf er weder ignorieren noch korrigieren (VGH BW, Urt. v. 2.6.2022 - 1 S 1079/20 -, juris Rn. 270 m.w.N.; NdsOVG, Senatsurt. v. 30.3.2023 - 14 LC 32/22 -, juris Rn. 80).
Für die gleichheitsbezogene Abwägungsrelation im Hinblick auf den Schutz von Leben und Gesundheit sowie die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems einerseits und den einzelnen sozialen, gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Belangen andererseits hat der Gesetzgeber durch die Schaffung des § 28a Abs. 6 IfSG a.F. verdeutlicht, dass die Exekutive auch abstrakte Prioritätsentscheidungen treffen darf: Einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, können von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nicht zwingend erforderlich ist, § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG a.F. Die kohärente Ausgestaltung von konkreten Prioritätsentscheidungen wird weiterhin durch den allgemeinen Gleichheitssatz angeleitet (vgl. Kersten/Rixen, Der Verfassungsstaat in der Corona-Krise, 3. Auflage 2022, S. 173 f.).
Die sachliche Rechtfertigung und Differenzierung einzelner Schutzmaßnahmen ist daher nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen. Vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Dritte und auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten (BT-Drs 19/24334, S. 74; Shirvani, DVBl. 2022, 329 [333] m.w.N.).
Wie das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in der Entscheidung vom 22. September 2022 (- 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 350 ff.) zutreffend konstatiert hat, kommt bei der Entscheidung über Lockerungen nach einem sog. Lockdown hinzu, dass es der dem Verordnungsgeber überantwortete Schutz von Leben und Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems gebietet, den durch den Lockdown erzielten Erfolg bei der Eindämmung der Pandemie nicht dadurch zunichte zu machen, dass sämtliche Infektionsschutzmaßnahmen zum gleichen Zeitpunkt aufgehoben werden und das Infektionsgeschehen mit den damit verbundenen Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung wieder uneingeschränkt Fahrt aufnehmen kann. Es dürfen daher Lockerungen auch schrittweise unter genauer Beobachtung ihrer Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen erfolgen. Einer solchen schrittweisen Lockerung ist indes immanent, dass einige Bereiche früher von Lockerungen profitieren als andere, es also zwangsläufig zu Ungleichbehandlungen kommt. Diese Ungleichbehandlungen erfolgen allerdings - jedenfalls wenn die Lockerungen in einen entsprechenden "Lockerungsfahrplan" eingebettet sind - nur für einen zeitlich begrenzten Zeitraum. Vor diesem Hintergrund dürfte es sich im Ergebnis verbieten, die vom Verordnungsgeber vorgenommenen Differenzierungen an einem engen Verhältnismäßigkeitsmaßstab zu messen (vgl. OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 350 f. m.w.N.). Hier bestünde die Gefahr, dass der Verordnungsgeber auf das Infektionsgeschehen nicht in adäquater Weise reagieren kann, weil bestimmte Lockerungen aus Gleichheitsgesichtspunkten zwangsläufig weitere umfassende Lockerungen nach sich zögen, die in ihrer Gesamtheit eine Kontrolle des Infektionsgeschehens unmöglich machten oder jedenfalls wesentlich erschwerten. Umgekehrt heißt dies jedoch nicht, dass der Verordnungsgeber bei der Entscheidung der Reihenfolge der Lockerungen völlig frei ist. Auch bei der Pandemiebekämpfung endet der Spielraum des Normgebers jedenfalls dort, wo die ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt (vgl. OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 352).
Bei der Überprüfung der Regelung anhand des Gleichheitsgrundsatzes verkennt der Senat nach alledem jedoch nicht, dass die Regelung einen - wenn auch gerechtfertigten - erheblichen Eingriff in ein Freiheitsrecht darstellt und die Antragstellerin ihren Betrieb seit dem 16. Dezember 2020 schließen musste (vgl. dazu bereits zuvor; BVerfG, Beschl. v. 23.3.2022 - 1 BvR 1295/21 - juris Rn. 24 ff.; vgl. zu aneinander anknüpfenden Eingriffen BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 223 sowie BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1.21 -, juris Rn. 79; zum Frage des Prüfungsmaßstabes vgl. auch BayVGH, Urt. v. 6.10.2022 - 20 N 20.794 -, juris Rn. 78). Diese Faktoren - gewichtiger und wiederholter Eingriff in die Rechte der Antragstellerin - erhöhen die Anforderung an die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung, auch wenn diese nicht an solchen Anforderungen zu messen ist, die dann anzuwenden sind, wenn sich das Kriterium zur Differenzierung den Merkmalen des Art. 3 Abs. 3 GG annähert (vgl. zu einer solchen Prüfung BVerfGE 88, 87 [96]; 124, 199 [220]; BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07 -, juris Rn. 78).
(b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe war die Ungleichbehandlung von denjenigen Betrieben, die von der Betriebsschließung in § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vollständig bzw. - wie die Antragstellerin - teilweise im Hinblick auf das Privatkundengeschäft betroffen waren, einerseits und den weiterhin (vollständig) geöffneten Betrieben und Einrichtungen nach der sog. Positivliste in Halbsatz 2 andererseits angesichts bestehender Unterschiede hinsichtlich der jeweiligen epidemiologischen Rahmenbedingungen, der zu berücksichtigenden Bedürfnisse größerer Teile der Bevölkerung sowie der wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen von Verboten in unterschiedlichen Bereichen sachlich gerechtfertigt (aa) Ohne Rechtsfehler ist der Antragsgegner überdies davon ausgegangen, dass die Differenzierung anhand des Schwerpunkts des Sortiments in § 10 Abs. 1b Satz 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angesichts des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades sowie aller weiteren öffentlichen Belange sachlich - noch - gerechtfertigt war (bb).
(aa) Die in § 10 Abs. 1b der Niedersächsischen Corona-Verordnung angeordneten Betriebsverbote beruhen auf der überzeugenden Erwägung, dass ein ganz erheblicher Teil der für das Infektionsgeschehen relevanten sozialen Kontakte von vorneherein verhindert werden muss, und dass dies neben den ganz erheblichen Beschränkungen von Kontakten im privaten Bereich am gemeinwohlverträglichsten durch Verbote und Beschränkungen in den Bereichen Freizeit, Sport, Unterhaltung und körpernaher Dienstleistungen sowie ausgewählter Einzelhandelsbranchen erreicht werden kann (so bereits NdsOVG, Beschl. v. 4.3.2021 - 13 MN 81/21 -, V.n.b.).
Der Verordnungsgeber hat mit der getroffenen Auswahl von zu schließenden Betrieben angesichts der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Unterschiede hinsichtlich der jeweiligen epidemiologischen Rahmenbedingungen, der zu berücksichtigenden Bedürfnisse größerer Teile der Bevölkerung sowie der wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen von Verboten in unterschiedlichen Bereichen eine auf hinreichenden Sachgründen beruhende und verhältnismäßige Differenzierung tatsächlich erreicht.
Die Differenzierungen, die der Verordnungsgeber vorgenommen hat, sind durch Sachgründe gerechtfertigt, die Ziel und Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind: So hat der Verordnungsgeber entschieden, allein diejenigen Verkaufsstellen offen zu halten, die die Bevölkerung mit "Lebensmitteln, Gütern oder Dienstleistungen des täglichen Bedarfs" versorgen. Den unbestimmten Rechtsbegriff hat er wiederum durch die sog. Positivliste in Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1 bis 23 abschließend definiert (Nds. GVBl. 2020, 493) und ausgehend von den Bereichen Ernährung von Menschen und Tieren, Energieversorgung sowie Versorgung mit sauberer Kleidung, medizinische bzw. altersgerechte Versorgung, Mobilität, Bankgeschäfte und Informationsfluss bzw. Kommunikation hat er in Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1 bis 23 diejenigen Stellen benannt, die ins Gewicht fallende Versorgungsaufträge für die Bevölkerung erbringen. Eine ganz ähnliche Privilegierung hat der Gesetzgeber im Übrigen in § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 IfSG (a.F., Bundesnotbremse) vorgenommen.
Im Einzelnen:
Um die tägliche Versorgung in den Bereichen Ernährung von Menschen und Tieren bzw. Energie sowie saubere Kleidung zu sichern, wurden der Lebensmittelhandel (Nr. 1), die Wochenmärkte (Nr. 2), der landwirtschaftliche Direktverkauf und die Hofläden (Nr. 3), der Getränkehandel (Nr. 4), die Abhol- und Lieferdienste (Nr. 5), die Reformhäuser (Nr. 6), die Reparaturwerkstätten für Elektronikgeräte (Nr. 11), der Tierbedarfs- (Nr. 17), der Futtermittel- (Nr. 18) und der Brenn- und Heizstoffhandel (Nr. 21) sowie Reinigungen (Nr. 14) und Waschsalons (Nr. 15) von der Schließung ausgenommen.
Im Bereich der medizinischen bzw. altersgerechten Versorgung hat der Verordnungsgeber die Babyfachgeschäfte (Nr. 7), die Apotheken, Sanitätshäuser und Drogerien (Nr. 8) sowie die Optikerinnen und Optiker bzw. die Hörgeräteakustikerinnen und Hörgeräteakustiker (Nr. 9) privilegiert. Ohne Zweifel bedienen auch die Babyfachmärkte einen solchen Grundbedarf; insbesondere gilt dies für die sog. Erstausstattung für Babys (z.B. Kinderwagen, Babyschale, Bekleidung, Schlafsäcke etc.), die zu einem bestimmten und irgendwann nicht mehr aufschiebbaren Zeitpunkt erfolgt sein muss (OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 372; SächsOVG, Beschl. v. 23.3.2021 - 3 B 67/21 -, juris Rn. 28).
Die Mobilität wurde durch das Offenhalten der Tankstellen und Autowaschanlagen (Nr. 10, vgl. insbesondere zu den Waschanlagen NdsOVG, Urt. v. 25.11.2021 - 13 KN 62/20 -, juris), der Kraftfahrzeug- oder Fahrrad-Werkstätten (Nr. 11) sowie der Verkaufsstellen von Fahrkarten für den Personenverkehr (Nr. 23) erhalten.
Es begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken, dass - um etwa denjenigen Menschen, die das Online-Banking-Verfahren nicht nutzen können, gleichwohl zu ermöglichen, über ihr Vermögen zu verfügen und ihre Rechnungen zu begleichen - die Banken und Sparkassen weiterhin geöffnet blieben (Nr. 12).
Es ist überdies nachvollziehbar und nicht zu beanstanden, dass im Bereich Informationsfluss bzw. Kommunikation die Poststellen (Nr. 13), die Zeitungsverkaufsstellen (Nr. 16) sowie der Brief- und Versandhandel (Nr. 22) privilegiert worden sind.
Vor dem Hintergrund des zum damaligen Zeitpunkt bevorstehenden Weihnachtsfestes und angesichts des Umstands, dass es sich um Saisonware handelt, die noch dazu - infektiologisch günstig - vielfach unter freiem Himmel verkauft wird, ist auch die Privilegierung des Verkaufs von Weihnachtsbäumen (Nr. 19) nicht zu beanstanden. Die Annahme, dass es sich bei solchen um Waren des täglichen Bedarfs handelt, korrespondiert mit § 2 Abs. 2 Nr. 3 des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten, denn auch der Gesetzgeber erachtet Weihnachtsbäume als Waren des täglichen Kleinbedarfs.
Es begegnet schließlich keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass Baumärkte - anders als etwa noch nach § 3 Satz 1 Nr. 7 lit. g der der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 2. April 2020 - nicht vollständig geöffnet waren, sondern der stationäre Handel auf Gewerbetreibende beschränkt gewesen ist. Ohne Rechtsfehler durfte der Verordnungsgeber zum damaligen Zeitpunkt davon ausgehen, dass die Baumärkte nur insoweit Verkaufsstellen für die Versorgung mit Gütern oder Dienstleistungen des täglichen Bedarfs im Sinne des § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung darstellten; dahingehend sollten die Märkte allein Unternehmen und Gewerbetreibende mit den für ihre berufliche Tätigkeit erforderlichen Waren versorgen (vgl. auch OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 370). Der Verordnungsgeber war insbesondere nicht an seine vormalige rechtliche Einordnung der Baumärkte als (vollständig) privilegierte Verkaufsstellen gebunden, sondern konnte die Regelungen vor dem Hintergrund der dynamischen Lage anpassen und - wie hier - unter Umständen auch verschärfen. Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass auch sie Güter oder Dienstleistungen des täglichen Bedarfs verkaufe und die von ihr vorgehaltenen Reparatursortimente täglich und unverzüglich von Menschen benötigt würden, verfängt dieses Vorbringen nicht. Die besseren Argumente sprechen nach Auffassung des Senats vielmehr dafür, diese vorgehaltenen Reparatursortimente gerade nicht als Güter des täglichen Bedarfs anzusehen, weil sie nur unter der Voraussetzung benötigt werden, dass eine Reparatur überhaupt erforderlich wird. Der Antragsgegner durfte außerdem annehmen, dass dringend durchzuführende Reparaturarbeiten von Fachleuten durchgeführt werden konnten. Personen, die Arbeiten - etwa aus Kostengründen - gleichwohl selbst durchführen wollten, konnten ihre Waren im Übrigen über das System "click and collect" sowie online bestellen.
(bb) Ohne Rechtsfehler ist der Antragsgegner überdies davon ausgegangen, dass die Differenzierung anhand des Schwerpunkts des Sortiments in § 10 Abs. 1b Satz 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung angesichts des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades sowie aller weiteren öffentlichen Belange sachlich - noch - gerechtfertigt war. Verkaufsstellen mit einem Schwerpunktsortiment im Sinne des § 10 Abs. 1b Satz 2 Hs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung durften von der (teilweisen) Schließung ausgenommen werden, da ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit nicht zwingend erforderlich i.S.d. § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG a.F. gewesen ist und durch die Regelung auch im Übrigen die widerstreitenden Interessen in einen angemessenen Ausgleich gebracht worden sind.
Es handelt sich nach Auffassung des Senats angesichts des erheblichen Grundrechtseingriffs zu Lasten der Antragstellerin um einen Grenzfall, der jedoch aufgrund der infektiologischen Besonderheiten, der in § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG a.F. angelegten Differenzierungsmöglichkeit sowie des Umstands, dass der Antragsgegner schnelle und effektive Entscheidungen in einer dynamischen Lage musste, - noch - gerechtfertigt ist.
Bei der nachfolgenden Prüfung hat der Senat die Differenzierung zwischen Verkaufsstellen mit schwerpunktmäßig privilegierten Waren (Satz 2 Halbsatz 1) und denjenigen mit ausschließlich nicht privilegierten Waren (Satz 1 Halbsatz 1) einerseits sowie zwischen Verkaufsstellen mit schwerpunktmäßig privilegierten Waren (Satz 2 Halbsatz 1) und solchen Geschäften, die privilegierte Waren nicht im Schwerpunkt verkaufen (Satz 2 Halbsatz 2), andererseits untersucht.
Den sachlichen Grund für die Differenzierung zwischen Verkaufsstellen mit schwerpunktmäßig privilegierten Waren (Satz 2 Halbsatz 1) und denjenigen mit ausschließlich nicht privilegierten Waren (Satz 1 Halbsatz 1) bzw. solchen Geschäften, die privilegierte Waren nicht im Schwerpunkt verkaufen (Satz 2 Halbsatz 2), hat der Antragsgegner ohne Rechtsfehler darin erblickt, dass die Verkaufsstellen nach § 10 Abs. 1b Satz 2 Hs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung im Gegensatz zu den nicht privilegierten Einzelhändlern die Versorgung der Bevölkerung - jedenfalls im Schwerpunkt - mit Waren des täglichen Bedarfs, auf die der oder die Einzelne in der Regel nicht verzichten konnte, sicherstellten. Angesichts dessen ist das hier zu beurteilende Regelungskonzept, das nach der Bedeutung der jeweils angebotenen Waren für die Bevölkerung differenziert - nach Auffassung des Senats anders zu bewerten als dasjenige, über das mit Urteil vom 16. Mai 2023 das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat (BVerwG 3 CN 6.22, bisher ist allein die Pressemitteilung veröffentlicht). Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betrifft - soweit ersichtlich - zwei aus infektiologischer Sicht gleichwertige Einrichtungen (Einrichtungen des Amateursports sowie Fitnessstudios), für deren Ungleichbehandlung - anders als hier - jedoch kein tragfähiger Grund, der die Ungleichbehandlung hätte rechtfertigen können, ersichtlich gewesen ist (so die Pressemitteilung).
Die hier vorgenommene Ungleichbehandlung war entgegen der Auffassung der Antragstellerin verhältnismäßig. Der Senat geht bei dieser Prüfung allerdings - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - nicht davon aus, dass insoweit die strengsten Maßgaben gelten, die etwa anzuwenden sind, wenn sich das Kriterium zur Differenzierung den Merkmalen des Art. 3 Abs. 3 GG annähert.
Die Ziele der Regelung in § 10 Abs. 1b Satz 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung - die Bevölkerung durch den stationären Handel einerseits in einem gewissen Umfang mit Waren zu versorgen und andererseits die Bevölkerung vor der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus zu schützen, die Verbreitung der Krankheit COVID-19 zu verhindern und eine Überlastung des Gesundheitssystems infolge eines ungebremsten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen, Krankheits- und Todesfällen zu vermeiden - sind zweifelsohne legitim (vgl. bereits zuvor).
Die Regelung, die anhand des Schwerpunkts des Sortiments differenzierte, ist zur Erreichung dieser Ziele auch geeignet (zum Maßstab vgl. bereits zuvor). Insbesondere begegnet die der Regelung zugrundeliegende Annahme des Verordnungsgebers, dass es durch die vollständige Öffnung der Verkaufsstellen mit einem schwerpunktmäßig privilegierten Sortiment nicht zu einem nennenswerten Anstieg der Infektionsgefahr kommen wird, jedenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (vgl. OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 385 ff. und Beschl. v. 19.3.2021 - 13 B 252/21 -, juris Rn. 106 f.; VGH BW, Urt. v. 2.6.2022 - 1 S 1079/20 -, juris Rn. 276; OVG Berl.-Bbg., Beschl. v. 3.3.2021 - 11 S 22/21 -, juris Rn. 49; a.A. OVG MV., Beschluss vom 24.3.2021 - 2 KM 120/21 -, juris Rn. 63; OVG Saarl., Beschluss vom 9.3.2021 - 2 B 58/21 -, juris Rn. 20; OVG Saarl, Urt. v. 15.9.2022 - 2 C 62/21 -, juris Rn. 50; Shirvani, DVBl. 2022, 329 [335]). Der Antragsgegner ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass - nachdem etwa der Lebensmittel- und Getränkehandel zum Zwecke der Grundversorgung ohnehin geöffnet war - der Verkauf von anderen Produkten in diesen und anderen privilegierten Geschäften jedenfalls dann, wenn sie nur einen untergeordneten Umfang annehmen, zu keinem zusätzlichen Anstieg der durch die Öffnung des Einzelhandels ohnehin geschaffenen Infektionsquellen führen werde.
Dass das Angebot an nicht privilegierten Waren - entgegen der infektionsschutzrechtlichen Ziele - nicht ausgeweitet werden durfte, ist durch das sog. Sortimentsveränderungsverbot sichergestellt worden, das die Schwerpunktsortiment-Regel flankiert: Die Ausweitung der regelmäßigen Randsortimente durch die Betriebe und Einrichtungen nach Satz 1 Nummern 1 bis 23 ist unzulässig, § 10 Abs. 1b Satz 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Dass Verkaufsstellen unter Umständen gegen das Sortimentsveränderungsverbot verstoßen haben, was der Vortrag der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 22. Februar 2021 jedenfalls nahelegt, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Vorschrift; vielmehr stellt das Verhalten der von der Antragstellerin bezeichneten Verkaufsstelle möglicherweise einen Verstoß gegen die Verordnung in ihrer damaligen Fassung dar.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Ungleichbehandlung nur dann erforderlich, wenn kein anderes Mittel zur Verfügung steht, mit dem der Gesetzgeber - bzw. hier der Verordnungsgeber - unter Bewirkung geringerer Ungleichheiten das angestrebte Regelungsziel gleich wirksam erreichen oder fördern kann, ohne dabei Dritte oder die Allgemeinheit stärker zu belasten (vgl. statt vieler BVerfG, Beschl. v. 7.4.2022 - 1 BvL 3/18 -, juris Rn. 310 m.w.N.). Auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit verfügt der Verordnungsgeber über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum; dies folgt bereits aus § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG a.F. (vgl. überdies in Bezug auf den Gesetzgeber BVerfG, Beschl. v. 7.4.2022 - 1 BvL 3/18 -, juris Rn. 310 m.w.N.). Bei mehrpoligen Interessenlagen darf die Erforderlichkeit nicht nur im Hinblick auf eines der widerstreitenden Interessen beurteilt werden; die Prüfung muss vielmehr für jedes der kollidierenden Interessen zu einem positiven Ergebnis kommen (so BVerfG, Beschl. v. 7.4.2022 - 1 BvL 3/18 -, juris Rn. 311 m.w.N.).
Keine alternative Maßnahme ist gleich geeignet bzw. wäre für sämtliche kollidierenden Interessen zu einem positiven Ergebnis gekommen. Im Hinblick auf eine Ermöglichung des Verkaufes von nicht privilegierten Waren unter - gegenüber dem Verkauf von Grundversorgungsartikeln - nochmals verschärften Hygienemaßgaben als milderes Mittel verweist der Senat auf die obenstehenden Ausführungen; eine solche Maßnahme stellt sich bereits als nicht gleich geeignet dar. Ein vollständiges Verkaufsverbot für Randsortimente würde allein für die Antragstellerin ein milderes Mittel darstellen. In dem hier gegebenen mehrpoligen Grundrechtsverhältnis hatte der Antragsgegner jedoch auch diejenigen Belange des Infektionsschutzes - und damit des Schutzes von Leib und Leben der Bevölkerung -, der Versorgungssicherheit und aller weiteren Gewerbetreibenden zu berücksichtigen. Ein vollständiges Verkaufsverbot für Randsortimente hätte aber diejenigen Personen belastet, die im akuten Bedarfsfalle beispielsweise ein dringend benötigtes defektes Haushaltsgerät ersetzen mussten und den Onlinehandel nicht nutzen konnten (etwa weil ihnen die Fertigkeiten fehlten). Ferner wären diejenigen Gewerbetreibenden, die mit ihren Verkaufsstellen die Grundversorgung der Bevölkerung sicherten, zusätzlich zu den bereits bestehenden Einschränkungen (vgl. nur § 10 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung), belastet worden.
Eine Ungleichbehandlung ist nur dann verhältnismäßig im engeren Sinne, wenn das Maß der Ungleichbehandlung in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung des mit der Differenzierung verfolgten Ziels und zum Ausmaß und Grad der durch die Ungleichbehandlung bewirkten Zielerreichung steht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.4.2022 - 1 BvL 3/18 -, juris Rn. 314 m.w.N.). Die Regelung berücksichtigt die Belange des Infektionsschutzes - und damit des Schutzes von Leib und Leben der Bevölkerung -, der Versorgungssicherheit und diejenigen aller Gewerbetreibenden - etwa im Hinblick auf eine "Wettbewerbsverzerrung" - (noch) in angemessener Weise.
Der Antragsgegner durfte zuvörderst annehmen, dass das gezielte Aufsuchen einer Verkaufsstelle, die ein gemischtes Sortiment anbietet, durch private Kundinnen und Kunden allein zum Einkauf nicht privilegierter Ware - etwa einer Bohrmaschine - einen Ausnahmefall bilden und nicht zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung führen werde: Es mag sein, dass tatsächlich private Kundinnen und Kunden, wie die Antragstellerin vorträgt, infolge der Betriebsuntersagungen etwa auf das - allerdings eingeschränkte und untergeordnete - Angebot von nicht privilegierten Artikeln in Supermärkten bzw. Discountern ausgewichen sind. Es ist aber vertretbar und plausibel, dass der Antragsgegner ex ante prognostizierte, dass dies nicht zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen werde. Der Antragstellerin war überdies - wie den anderen Gewerbetreibenden - weiterhin die Auslieferung jeglicher Waren auf Bestellung sowie deren Verkauf im Fernabsatz zur Abholung bei kontaktloser Übergabe außerhalb der Geschäftsräume unter Wahrung des Abstandsgebots erlaubt, § 10 Abs. 1b Satz 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung. Diese Möglichkeiten milderten die Auswirkungen des Eingriffs in die Rechte der betroffenen Gewerbetreibenden und damit auch der Antragstellerin ab. So war den von der Regelung betroffenen Unternehmen eine zumindest anteilige Kompensierung von etwaigen Einnahmeausfällen möglich.
Überdies durfte der Antragsgegner ohne Rechtsfehler annehmen, dass das von Fachmärkten angebotene Warensortiment ganz überwiegend nicht deckungsgleich ist mit demjenigen von privilegierten Verkaufsstellen und daher auch einen anderen Kundenkreis anspricht. Er durfte davon ausgehen, dass es sich bei dem Einkauf von Artikeln aus dem Baumarktsortiment etwa in Discountern - in der Regel ohne besondere fachliche Beratung, individuelle Lieferung und Installation sowie Garantien - eher um "Notfall-Käufe" bzw. "Einkäufe bei Gelegenheit" handeln würde (vgl. zu dieser Argumentation OVG Saarl., Urt. v. 15.9.2022 - 2 C 121/20 -, juris Rn. 51).
Schließlich ist es auch noch vertretbar, dass der Antragsgegner Verkaufsstellen mit einem schwerpunktmäßig privilegierten Sortiment vor dem Hintergrund von sozialen bzw. gesellschaftlichen Interessen im Sinne von § 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG a.F. für zulässig hielt. Denn so war es etwa denjenigen Personen, die den Onlinehandel nicht nutzen konnten oder wollten, im akuten Bedarfsfalle möglich, beispielsweise eine defekte Bohrmaschine zu ersetzen.
Die Differenzierung zwischen Verkaufsstellen mit schwerpunktmäßig privilegierten Waren (Satz 2 Halbsatz 1) und solchen Geschäften, die privilegierte Waren nicht im Schwerpunkt verkaufen (Satz 2 Halbsatz 2), beruht auf Gründen des Infektions- und Konkurrentenschutzes, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung (noch) angemessen sind.
Der Antragsgegner ist - dies geht aus § 10 Abs. b Satz 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung hervor - bei der Schaffung der Mischsortiments-Regelung davon ausgegangen, dass nicht privilegierte Waren innerhalb der von der Positivliste erfassten Verkaufsstellen nach Satz 1 in der Regel "Randsortimente" bilden und dagegen diejenigen Waren, die der Grundversorgung der Bevölkerung dienen, einen deutlichen Schwerpunkt darstellen; dies ist nicht zu beanstanden. Die gleichbleibende Gewichtung der Waren hat er überdies durch das sog. Sortimentsveränderungsverbot in § 10 Abs. 1 b Satz 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung abgesichert, das eine Ausweitung des nicht privilegierten Warenangebotes verhindert, wenn diese Vorgabe von den Gewerbetreibenden beachtet wird (vgl. bereits zuvor).
Darüber hinaus trägt auch die Annahme des Antragsgegners, dass diejenigen Verkaufsstellen mit einem Mischsortiment und einem Schwerpunkt an privilegierten Waren regelmäßig wesentlich weniger als 49 Prozent an nicht privilegierten Waren vorhalten bzw. das untergeordnete Sortiment in der überwiegenden Anzahl der Fälle nicht vollständig aus einer (nicht privilegierten) Warengruppe - etwa aus Waren aus dem Baumarktsegment -, sondern in vielen Fällen aus wechselnden Angeboten aus verschiedenen Bereichen besteht.
Gegen die der Regelung ebenfalls zugrundeliegende Auffassung, dass im Unterschied dazu eine Verkaufsstelle, die zwar beispielsweise auch Lebensmittel, aber im Schwerpunkt Artikel aus einem nicht privilegierten Sortiment anbietet, einen zusätzlichen Anreiz für die Bevölkerung schaffen würde, um die Innenstädte zu besuchen, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen und sich in den geschlossenen Verkaufsräumen aufzuhalten, ist ebenfalls nichts zu erinnern. Denn diese Verkaufsstellen werden gerade nicht sowieso regelmäßig aufgesucht, um die Grundversorgung sicherzustellen, sondern schaffen - was aus infektiologischer Perspektive unerwünscht war - weitere Kontaktpunkte mittelbar - etwa im öffentlichen Nahverkehr oder beim Besuch der Innenstadt - und unmittelbar zwischen den Personen in den Verkaufsstellen.
Hierbei gilt es überdies zu bedenken, dass das Konzept vieler Fachgeschäfte, die nicht privilegierte Waren verkaufen, darauf beruht, dass die Kundinnen und Kunden im Hinblick auf die verschiedenen Produkte durch das Verkaufspersonal beraten werden bzw. dass die Produkte aus- oder anprobiert werden können. Anders als etwa beim Einkauf von Lebensmitteln wird auf diese Weise - was ebenfalls infektiologisch ungünstig ist - der Zeitraum, den die Kundinnen und Kunden in einem Geschäft verbringen, verlängert, zudem kommt es vielfach zu Beratungs- und Verkaufsgesprächen.
Es tritt hinzu, dass die Unterscheidung zwischen Verkaufsstellen mit schwerpunktmäßig privilegierten Waren (Satz 2 Halbsatz 1) und solchen Geschäften, die privilegierte Waren nicht im Schwerpunkt verkaufen (Satz 2 Halbsatz 2), diejenigen Verkaufsstellen schützte, die ausschließlich nicht privilegierte Waren anboten. Hätte der Verordnungsgeber auch solche Verkaufsstellen offengehalten, die im Schwerpunkt nicht privilegierte Waren verkauften, um eine Gleichbehandlung von sämtlichen Einzelhandelsfilialen mit einem Mischsortiment zu erreichen, hätten diese eine erhebliche Konkurrenz für solche Verkaufsstellen dargestellt, die nach § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung geschlossen waren, weil sie (gar) keine Waren des täglichen Bedarfs verkauften.
Soweit die Antragstellerin ferner eine Bündelung von Personen innerhalb der Verkaufsstellen mit einem Mischsortiment befürchtet, ist dies bereits angesichts von § 10 Abs. 3 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung unwahrscheinlich: In Betrieben des Einzelhandels ist neben der Durchführung von Maßnahmen nach dem erforderlichen Hygienekonzept sicherzustellen, dass sich in einem Betrieb mit einer Verkaufsfläche von nicht mehr als 800 Quadratmetern nur eine Kundin oder ein Kunde je zehn Quadratmeter Verkaufsfläche und in einem Betrieb mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 Quadratmetern in Bezug auf die Verkaufsfläche bis 800 Quadratmeter nur eine Kundin oder ein Kunde je zehn Quadratmeter Verkaufsfläche und in Bezug auf die 800 Quadratmeter übersteigende Verkaufsfläche nur eine Kundin oder ein Kunde je 20 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhält. Für Einkaufszentren und die Betriebe des Einzelhandels in diesen Einkaufszentren sind im Rahmen des Hygienekonzepts überdies abgestimmte Maßnahmen zu treffen, die der Vermeidung von Warteschlangen dienen, Satz 2.
2. Auch soweit sich der Antrag gegen § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 Hs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 in den Fassungen der jeweiligen Änderungsverordnung vom 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3), vom 22. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 26) sowie vom 12. Februar 2021 (Nds. GVBl. S. 55) richtet, ist er unbegründet (Zeitraum vom 8. Januar 2021 bis einschließlich zum 7. März 2021).
a) In dem hier maßgeblichen Zeitraum wurde die Dauer der Betriebsschließungen erstmals durch Art. 1 der Verordnung vom 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3) bis zum 31. Januar 2021 und durch Art. 1 der Verordnung vom 22. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 26) ein weiteres Mal bis zum 14. Februar 2021 verlängert. Ein drittes Mal sind die Betriebsschließungen durch Art. 1 der Verordnung vom 12. Februar 2021 (Nds. GVBl. S. 55) bis einschließlich zum 7. März 2021 befristet worden.
§ 10 Abs. 1b der Niedersächsischen Corona-Verordnung blieb zunächst unverändert. Durch die Änderungsverordnung vom 12. Februar 2021 war es den Verkaufsstellen für Schnittblumen, Topfblumen, Topfpflanzen, für Blumengestecke, Grabschmuck sowie des gärtnerischen Facheinzelhandels (§ 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nr. 2, 3, 19 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) und denjenigen des Kraftfahrzeug- sowie des Zweiradhandels (§ 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nr. 10a der Niedersächsischen Corona-Verordnung) wieder erlaubt zu öffnen.
b) Die Verlängerung der Betriebsschließungen bis einschließlich zum 7. März 2021 begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf die vorangegangenen Ausführungen (vgl. unter 1.).
Die andauernde Schließung von Baumärkten für den nicht-gewerblichen Kundenverkehr war vor dem Hintergrund der damaligen Lage im Hinblick auf das Coronavirus rechtmäßig (aa), obwohl der Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers nach Auffassung des Senats in der hier vorliegenden Konstellation dadurch verengt wurde, dass die Schließung der Betriebe, die durch die Änderungsverordnungen mehrfach verlängert worden ist, bereits seit dem 16. Dezember 2020 andauerte (bb).
aa) Die damalige Lage stellte sich am 8. Januar 2021, 22. Januar 2021 und am 12. Februar 2021 - mithin zu den jeweiligen Zeitpunkten, zu denen die hier streitbefangenen Änderungen der Verordnung beschlossen wurden - wie folgt dar:
Im täglichen Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 vom 8. Januar 2021 führt das Robert Koch-Institut aus:
"Nach wie vor ist eine hohe Anzahl an Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Gestern wurden 31.849 neue Fälle und 1.188 neue Todesfälle übermittelt. Die Inzidenz der letzten 7 Tage liegt deutschlandweit bei 137 Fällen pro 100.000 Einwohner. In Sachsen und Thüringen liegt sie sehr deutlich über der Gesamtinzidenz. Aktuell weisen 410 Kreise eine hohe 7-Tage-Inzidenz auf. Die 7-Tage-Inzidenz liegt in 280 Kreisen bei >100 Fällen/100.000 EW, davon in 37 Kreisen bei >250-500 Fällen/100.000 EW und in einem Kreis bei >500 Fällen/100.000 EW. Die 7-Tage-Inzidenz bei Personen 60-79 Jahre liegt aktuell bei 109 und bei Personen ≥ 80 Jahre bei 262 Fällen/100.000 EW. Die hohen bundesweiten Fallzahlen werden durch zumeist diffuse Geschehen mit zahlreichen Häufungen insbesondere in Haushalten und Alten- und Pflegeheimen verursacht. Am 08.01.2021 befanden sich 5.484 COVID-19-Fälle in intensivmedizinischer Behandlung (-7 zum Vortag). Seit dem Vortag erfolgten 557 Neuaufnahmen von COVID-19-Fällen auf eine Intensivstation. Bei 564 Patienten wurde die Behandlung abgeschlossen, davon sind 32 % verstorben. Seit 26.12.2020 wurden in Deutschland insgesamt 476.959 Personen einmal gegen COVID-19 geimpft (5,7 Geimpfte pro 1.000 Einwohner) (http://www.rki.de/covid-19-impfquoten). Weiterhin ist bei der Interpretation der Fallzahlen zu beachten, dass in den vergangenen 2 Wochen vermutlich weniger Personen einen Arzt aufsuchten, weswegen weniger Proben genommen und weniger Laboruntersuchungen durchgeführt wurden. Dies kann dazu geführt haben, dass weniger Erregernachweise an die zuständigen Gesundheitsämter gemeldet wurden."
Am 22. Januar 2021 heißt es (nachfolgend auszugsweise zitiert aus dem Lagebericht des Robert Koch-Instituts zur Coronavirus-Krankheit-2019 vom 22.1.2021):
"Nach wie vor ist eine hohe Anzahl an Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Gestern wurden 17.862 neue Fälle und 859 neue Todesfälle übermittelt. Die Inzidenz der letzten 7 Tage liegt deutschlandweit bei 115 Fällen pro 100.000 Einwohner (EW). In Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen liegt sie sehr deutlich über der Gesamtinzidenz. Aktuell weisen 391/412 Kreise eine hohe 7-Tage-Inzidenz von >50 auf. Die 7-Tage-Inzidenz liegt in 237 Kreisen bei >100 Fällen/100.000 EW, davon in 20 Kreisen bei >250-500 Fällen/100.000 EW. - Die 7-Tage-Inzidenz bei Personen 60-79 Jahre liegt aktuell bei 73 und bei Personen ≥ 80 Jahre bei 202 Fällen/100.000 EW. Die hohen bundesweiten Fallzahlen werden durch zumeist diffuse Geschehen mit zahlreichen Häufungen insbesondere in Haushalten, im beruflichen Umfeld und Alten- und Pflegeheimen verursacht. Am 22.01.2021 befanden sich 4.768 COVID-19-Fälle in intensivmedizinischer Behandlung (-19 zum Vortag). Seit dem Vortag erfolgten +604 Neuaufnahmen von COVID-19-Fällen auf eine Intensivstation. +623 Fälle haben ihre Behandlung abgeschlossen, davon sind 34% verstorben. Seit 26.12.2020 wurden in Deutschland insgesamt 1.386.464 Personen einmal (Impfquote 1,7%) und 115.175 Personen zweimal gegen COVID-19 geimpft (http://www.rki.de/covid-19-impfquoten)."
Die aktuelle Lage im Hinblick auf das Coronavirus stellte sich am 12. Februar 2021 - mithin zu dem Zeitpunkt, zu dem die weitere streitbefangene Änderung der Verordnung beschlossen wurde - wie folgt dar (im Folgenden auszugsweise zitiert aus dem Lagebericht des Robert Koch-Instituts zur Coronavirus-Krankheit-2019 vom 12.2.2021):
"Nach wie vor ist eine hohe Anzahl an Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Gestern wurden 9.860 neue Fälle und 556 neue Todesfälle übermittelt. Die Inzidenz der letzten 7 Tage liegt deutschlandweit bei 62 Fällen pro 100.000 Einwohner (EW). In Brandenburg, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen liegt sie deutlich über der Gesamtinzidenz. Aktuell weisen 269/412 Kreise eine hohe 7-Tage-Inzidenz von >50 auf. Die 7-Tage-Inzidenz liegt in 44 Kreisen bei >100 Fällen/100.000 EW, davon in 1 Kreis bei >250-500 Fällen/100.000 EW. Die 7-Tage-Inzidenz bei Personen 60-79 Jahre liegt aktuell bei 48 und bei Personen ≥ 80 Jahre bei 100 Fällen/100.000 EW. Die hohen bundesweiten Fallzahlen werden durch zumeist diffuse Geschehen mit zahlreichen Häufungen insbesondere in Haushalten, im beruflichen Umfeld und in Alten- und Pflegeheimen verursacht.
Am 12.02.2021 (12:15) befanden sich 3.552 COVID-19-Fälle in intensivmedizinischer Behandlung (-123 zum Vortag). Seit dem Vortag erfolgten +291 Neuaufnahmen von COVID-19-Fällen auf eine Intensivstation. +414 haben ihre Behandlung abgeschlossen, davon sind 31% verstorben.
Seit dem 26.12.20 wurden insgesamt 2.556.697 Personen mindestens einmal (Impfquote 3,1%) und 1.253.306 zwei Mal (Impfquote 1,5%) gegen COVID-19 geimpft.[...]
Nach einem starken Anstieg der Fallzahlen Anfang Dezember, einem Rückgang während der Feiertage und einem erneuten Anstieg in der ersten Januarwoche sinken die Fallzahlen seit Mitte Januar. Der 7-Tage-R-Wert liegt seit der zweiten Januarwoche konstant unter 1. Trotz aktuell sinkender Fallzahlen besteht durch das Auftreten verschiedener Virusvarianten (s.u.) ein erhöhtes Risiko einer erneuten Zunahme der Fallzahlen. Bundesweit gibt es in verschiedenen Kreisen Ausbrüche, die nach den an das RKI übermittelten Daten aktuell vor allem in Zusammenhang mit Alten- und Pflegeheimen, privaten Haushalten und dem beruflichen Umfeld stehen. Zusätzlich findet in zahlreichen Kreisen eine diffuse Ausbreitung von SARS CoV-2-Infektionen in der Bevölkerung statt, ohne dass Infektionsketten eindeutig nachvollziehbar sind. Das genaue Infektionsumfeld lässt sich häufig nicht ermitteln. Ältere Personen sind nach wie vor sehr häufig von COVID-19 betroffen. Da sie auch häufiger schwere Erkrankungsverläufe erleiden, bewegt sich die Anzahl schwerer Fälle und Todesfälle weiterhin auf hohem Niveau. [...]
Weltweit wurden verschiedene Virusvarianten nachgewiesen. Seit Mitte Dezember wird aus dem Vereinigten Königreich über die zunehmende Verbreitung der Virusvariante (B.1.1.7) berichtet, für die es klinisch-diagnostische und epidemiologische Hinweise auf eine erhöhte Übertragbarkeit und schwerere Krankheitsverläufe gibt. Ebenfalls wurde vom vermehrten Auftreten einer SARS-CoV-2 Variante in Südafrika (B.1.351) berichtet, die andere Varianten verdrängt hat, sodass eine erhöhte Übertragbarkeit denkbar ist. Erste Laboruntersuchungen deuten darauf hin, dass die Wirksamkeit der zugelassenen mRNA-Impfstoffe durch die Varianten B.1.1.7 und B.1.351 offenbar nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Weiterhin zirkuliert im brasilianischen Staat Amazonas eine SARS-CoV-2 Variante, die von der Linie B.1.1.28 abstammt. Nicht notwendige Reisen sollten weiterhin, insbesondere aufgrund der zunehmenden Verbreitung der neuen Virusmutationen, vermieden werden. Alle drei Varianten wurden bereits in Deutschland nachgewiesen. Mit verstärkter Probensequenzierung und Datenerfassung im Deutschen elektronischen Sequenzdaten-Hub [...] wird das Infektionsgeschehen im Rahmen der Integrierten Molekularen Surveillance (IMS) intensiv beobachtet. [...]
Mit Stand 12.02.2021 (12:15 Uhr) beteiligen sich 1.282 Klinikstandorte an der Datenerhebung. Insgesamt wurden 26.980 Intensivbetten registriert, wovon 22.353 (83%) belegt sind; 4.627 (17%) Betten sind aktuell frei. [...]
Das Robert Koch-Institut schätzt aufgrund der anhaltend hohen Fallzahlen die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Die anhaltende Viruszirkulation in der Bevölkerung (Community Transmission) mit zahlreichen Ausbrüchen vor allem in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern aber auch in privaten Haushalten, dem beruflichen Umfeld und anderen Lebensbereichen erfordert die konsequente Umsetzung kontaktreduzierender Maßnahmen und Schutzmaßnahmen sowie massive Anstrengungen zur Eindämmung von Ausbrüchen und Infektionsketten. Dies ist vor dem Hintergrund des vermehrten Auftretens leichter übertragbarer besorgniserregender Varianten (VOC) von entscheidender Bedeutung, um die Zahl der neu Infizierten deutlich zu senken, damit auch Risikogruppen zuverlässig geschützt werden können [...]."
Die 7-Tage-Inzidenz betrug niedersachsenweit am 8. Januar 2021 85, am 22. Januar 2021 89 und am 12. Februar 2021 60 (vgl. jeweils die tabellarische Übersicht in den Lageberichten des Robert Koch-Instituts zur Coronavirus-Krankheit-2019 vom 8.1.2021, 22.1.2021 und 12.2.2021).
bb) Die andauernde Schließung von Baumärkten für den nicht-gewerblichen Kundenverkehr war rechtmäßig, obwohl der Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers nach Auffassung des Senats in der hier vorliegenden Konstellation dadurch verengt wurde, dass die Schließung der Betriebe, die durch die angegriffene Änderungsverordnung verlängert worden ist, bereits seit dem 16. Dezember 2020 andauerte (die Reichweite des Spielraumes des Verordnungsgebers noch teilweise offenlassend BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 2.21 -, juris Rn. 18 a.E.).
(1) Zu den maßgeblichen Zeitpunkten - am 8. Januar 2021, 22. Januar 2021 und am 12. Februar 2021 - war nach der Einschätzung des Senats zwar eine rückläufige Tendenz im Hinblick auf das Infektionsgeschehen zu erkennen, gleichwohl hatte sich die Lage aber nicht so stabilisiert, dass eine vollständige Öffnung hätte initiiert werden können. Dies folgt bereits daraus, dass die Virusvariante B.1.1.7 auch in Deutschland aufgetreten war und es klinisch-diagnostische und epidemiologische Hinweise auf eine erhöhte Übertragbarkeit und schwerere Krankheitsverläufe gegeben hat (vgl. den zuvor zitierten Bericht des Robert Koch-Instituts vom 12.2.2021). Es tritt überdies hinzu, dass sich die Anzahl der verfügbaren Betten zur Intensivversorgung trotz der Betriebsschließungen ab dem 16. Dezember 2020 noch nicht nennenswert erhöht hatte: Ausweislich des Lageberichtes des Robert Koch-Instituts vom 12. Februar 2021 waren zu diesem Zeitpunkt 4.627 Betten (17%) frei, am 16. Dezember 2020 waren es 4.546 (ebenfalls 17%, vgl. Lagebericht des Robert Koch-Instituts zur Coronavirus-Krankheit-2019 vom 16.12.2020). Der Anteil intensivmedizinisch-behandelter COVID-19-Fälle an der Gesamtzahl der betreibbaren Bettenkapazität bewegte sich am 12. Februar 2021 überdies nach wie vor auf hohem Niveau (mehr als 12 Prozent: insgesamt 26.980 Intensivbetten, davon 3552 durch COVID-19-Fälle belegt), so dass eine De-Eskalation, für die die ITS-Belegung ein maßgeblicher Leitindikator ist, noch nicht gegeben war (vgl. dazu auch den von der Antragstellerin zitierten Bericht des Robert Koch-Instituts auf dem Stand 18.2.2021, ControlCOVID, Bl. 3 f.).
(2) Es verstößt überdies unter Berücksichtigung des Einschätzungsspielraums des Verordnungsgebers auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass dieser die Verkaufsstellen für Schnittblumen, Topfblumen, Topfpflanzen, für Blumengestecke und Grabschmuck sowie für den gärtnerischen Facheinzelhandel mit der angegriffenen Fassung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 12. Februar 2021 in die Positivliste aufgenommen und diese Stellen damit dem (erweiterten) Grundbedarf zugeordnet hat (vgl. § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nrn. 2, 3 und 19 der Niedersächsischen Corona-Verordnung). Dies hat er damit begründet, dass es sich um Waren des täglichen Bedarfs handele und die in der Regel kleinteilig aufgestellten Verkaufsstellen voraussichtlich kein gravierend erhöhtes Infektionsrisiko eröffneten (Nds. GVBl. 2021, S. 59). Die Annahme, dass es sich bei diesen Waren um solche des täglichen Bedarfs handele, korrespondiert mit § 2 Abs. 2 Nr. 3 des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten, denn auch der Gesetzgeber erachtet Schnitt- und Topfblumen, Pflanzengestecke und Kränze als Waren des täglichen Kleinbedarfs. Aus infektiologischer Perspektive tritt hinzu, dass die Angebote in Gärtnereien, Gartencentern und Gartenmärkten häufig - jedenfalls auch - unter freiem Himmel und nicht in geschlossenen Räumen erbracht werden. Davon abgesehen ist aber auch die Annahme des Antragsgegners, dass die dort angebotenen - saisonalen - Waren in der beginnenden Frühjahrszeit zu den Angeboten des täglichen Bedarfs gehören, unter Berücksichtigung des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums und angesichts der sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen einer derartigen Öffnung nach einem Lockdown nicht zu beanstanden (BremOVG, Beschl. v. 23.3.2021 - 1 B 95/21 -, juris Rn. 57; OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 367). Der begonnenen - schrittweisen Lockerung - ist es immanent, dass einige Bereiche früher von Lockerungen profitieren als andere, es also zwangsläufig zu Ungleichbehandlungen kommt. Es ist nicht gleichheitswidrig, dass der Verordnungsgeber zunächst die Verkaufsstellen für Schnittblumen, Topfblumen und Topfpflanzen, für Blumengestecke und Grabschmuck sowie für den gärtnerischen Facheinzelhandel geöffnet hat. Anders als bei Saatgut und Pflanzen kann der Erwerb von Artikeln aus dem Baumartsortiment - zumal es sich nicht um Saisonware handelt - im Regelfall für wenige Wochen aufgeschoben werden (vgl. mit anderem Bezugspunkt OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 384).
Im konkreten Fall der Antragstellerin ist überdies zu beachten, dass die von ihr angegriffene Regelung auch zu ihren Gunsten wirkte: Der streitgegenständliche Baumarkt verfügt nach dem Vortrag der Antragstellerin über eine Verkaufsfläche von etwa 8.000 m2, wobei der Gartencenteranteil ca. 3.500 m2 beträgt. Damit war der Antragstellerin ab dem 13. Februar 2021 nicht allein der stationäre Handel im Hinblick auf den gewerblichen Kundenverkehr in ihrem Baumarkt möglich, sondern auch die Öffnung ihres Gartencenters für privaten Kundinnen und Kunden nach § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nr. 19, Satz 2 Hs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung (vgl. auch Schriftsatz vom 22.2.2021, Bl. 4); insoweit wurde die Antragstellerin im Hinblick auf private Kundinnen und Kunden selbst zu einem teilweise privilegierten Mischbetrieb, der - ihren Vortrag zugrunde gelegt - jedoch im Schwerpunkt keine privilegierten Waren anbot.
Es ist ferner nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner den Kraftfahrzeug- sowie den Zweiradhandel der Grundversorgung zugerechnet hat (vgl. OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 373 ff.; HambOVG, Beschl. v. 30.4.2020 - 5 Bs 64/20 -, juris Rn. 56; BremOVG, Urt. v. 19.4.2022 - 1 D 104/20 -, juris Rn. 111; a.A. BayVGH, Beschl. v. 27.4.2020 - 20 NE 20.793 -, juris Rn. 39 zum großflächigen Fahrradhandel). Auf Zweiräder und Kraftfahrzeuge ist ein Großteil der Bevölkerung bereits zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit insbesondere in ländlichen Gebieten des Flächenlandes Niedersachsen angewiesen. Auch war es in der damaligen Situation aus infektionsschutzrechtlicher Sicht nicht sinnvoll, Menschen allein wegen der fehlenden Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug oder Fahrrad zu erwerben, zur Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zu veranlassen (OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 375).
3. Auch soweit sich der Antrag gegen § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 Hs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 in den Fassungen der jeweiligen Änderungsverordnung vom 6. März 2021 (Nds. GVBl. S. 93), diese in der Fassung der (weiteren) Änderungsverordnung vom 7. März 2021 (Nds. GVBl. S. 110), vom 12. März 2021 (Nds. GVBl. S. 120) und schließlich vom 27. März 2021 (Nds. GVBl. S. 166) richtet, ist er unbegründet (Zeitraum vom 8. März 2021 bis einschließlich zum 11. April 2021).
a) Durch die Verordnung vom 6. März 2021 (Nds. GVBl. S. 93) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 7. März 2021 (Nds. GVBl. S. 110), die am Folgetag in Kraft getreten ist und bis zum Ablauf des 28. März 2021 gegolten hat, ist § 10 Abs. 1b der Niedersächsischen Corona-Verordnung modifiziert worden: Zwar waren die Baumärkte für den nicht-gewerblichen Kundenverkehr nach wie vor geschlossen, nach Satz 3 durften allerdings die Beratung sowie der Verkauf von sämtlichen Waren in den Geschäftsräumen einer geschlossenen Verkaufsstelle nach vorheriger Terminvereinbarung und unter Wahrung des Abstandsgebots erfolgen, wobei sich nur eine Kundin oder ein Kunde mit jeweils einer Begleitperson je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten durfte (sog. "click and meet"). Zulässig waren auch der Verkauf im Fernabsatz zur Abholung bei kontaktloser Übergabe innerhalb der Geschäftsräume einer geschlossenen Verkaufsstelle (Satz 4) und die Durchführung von Bemusterungs- und Anprobeterminen in Betrieben und Einrichtungen jeglicher Art nach vorheriger Terminvereinbarung mit einer Kundin oder einem Kunden und jeweils einer Begleitperson (Satz 6). Zudem wurden das Orthopädieschuhmacher-Handwerk bzw. das Handwerk der Orthopädietechnik (Nr. 9) sowie der Buchhandel (Nr. 16a) in die sog. Positivliste des § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung aufgenommen.
Ferner war es Museen, Ausstellungen, Galerien, Bibliotheken, Büchereien sowie allen Betrieben der körpernahen Dienstleistungen und der Körperpflege wieder gestattet zu öffnen (vgl. dagegen noch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 9 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der ab dem 13. Februar 2021 geltenden Fassung).
In sog. Hochinzidenzkommunen im Sinne des § 18a Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung haben die zuvor dargestellten Lockerungen für Verkaufsstellen des Einzelhandels allerdings nicht derart umfassend gegolten: Nach § 18a Abs. 3 Nr. 5 war in einer solchen Hochinzidenzkommune anstelle des § 10 Abs. 1b Sätze 3 bis 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 in der ab dem 8. März 2021 geltenden Fassung § 10 Abs. 1b Sätze 3 und 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der bis zum 6. März 2021 geltenden Fassung anzuwenden (vgl. dazu sogleich).
Am 15. März 2021 ist eine weitere geänderte Fassung der Niedersächsischen Corona-Verordnung in Kraft getreten, die die Betreiberin oder den Betreiber eines Betriebs im Rahmen von "click and meet" zur Datenerhebung und Dokumentation verpflichtet hat (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a, Sätze 2 bis 7 der Niedersächsischen Corona-Verordnung). Überdies wurde § 10 Abs. 1b Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung insoweit modifiziert, als dass die Durchführung von Bemusterungsterminen allein zur Vorbereitung des Innen- und Außenausbaus und zur Anprobe individuell hergestellter oder geänderter Kleidung möglich war (Nds. GVBl. S. 120).
Die Verlängerung der teilweisen Schließung der Baumärkte bis zum Ablauf des 18. April 2021 ist durch die Verordnungen zur Änderung der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 27. März 2021 (Nds. GVBl. S. 166) erfolgt.
b) Die weiterhin andauernde Schließung von Baumärkten für den nicht-gewerblichen Kundenverkehr begegnet - trotz des verengten Einschätzungsspielraums des Verordnungsgebers (vgl. zuvor) - vor dem Hintergrund der damaligen Lage im Hinblick auf das Coronavirus (aa) keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (bb).
aa) Die Situation stellte sich Anfang März 2021 - mithin zu dem Zeitpunkt, zu dem die hier streitbefangene weitere Änderung der Verordnung beschlossen wurde - wie folgt dar (nachfolgend auszugsweise zitiert aus dem Situationsbericht des Robert Koch-Instituts vom 7.3.2021):
"Nach wie vor ist eine hohe Anzahl an Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Gestern wurden 8.103 neue Fälle und 96 neue Todesfälle übermittelt. Die Inzidenz der letzten 7 Tage liegt deutschlandweit bei 66 Fällen pro 100.000 Einwohner (EW). In Sachsen und Sachsen-Anhalt liegt diese leicht, und in Thüringen deutlich über der Gesamtinzidenz. Aktuell weisen 263/412 Kreise eine hohe 7-Tage-Inzidenz von >50 auf. Die 7-Tage-Inzidenz liegt in 62 Kreisen bei >100 Fällen/100.000 EW, davon in vier Kreisen bei >250 Fällen/100.000 EW. Die 7-Tage-Inzidenz bei Personen 60-79 Jahre liegt aktuell bei 44 und bei Personen ≥ 80 Jahre bei 52 Fällen/100.000 EW. Die hohen bundesweiten Fallzahlen werden durch zumeist diffuse Geschehen mit zahlreichen Häufungen insbesondere in Haushalten, im beruflichen Umfeld und in Alten- und Pflegeheimen verursacht. Am 7.3.2021 (12:15) befanden sich 2.786 COVID-19-Fälle in intensivmedizinischer Behandlung (+35 zum Vortag). Seit dem Vortag erfolgten +170 Neuaufnahmen von COVID-19-Fällen auf eine Intensivstation. +44 COVID-19-Fälle sind seit dem Vortag verstorben. Seit dem 26.12.20 wurden insgesamt 4.915.868 Personen mindestens einmal (Impfquote 5,9%) und 2.410.230 zwei Mal (Impfquote 2,9%) gegen COVID-19 geimpft [...]
Mit Stand 7.3.2021 (12:15 Uhr) beteiligten sich 1.279 Krankenhaus-Standorte an der Datenerhebung. Insgesamt wurden 23.934 Intensivbetten (Low- und High-Care) als betreibbar gemeldet für Erwachsene, wovon 19.652 (82%) belegt sind. 4.282 (18%) Erwachsenen-ITS-Betten werden als aktuell frei und betreibbar angegeben."
Der Situationsbericht des Robert Koch-Instituts vom 27. März 2021 - zu diesem Zeitpunkt ist eine weitere Verlängerung der angegriffenen Betriebsschließungen beschlossen worden - beschreibt die damalige, sich nunmehr erneut verschlechternde Situation wie folgt:
"Die Zahl der Übertragungen von COVID-19 in der Bevölkerung nimmt in Deutschland deutlich zu. Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt als sehr hoch ein. Gestern wurden 20.472 neue Fälle und 157 neue Todesfälle übermittelt. Die Inzidenz der letzten 7 Tage liegt deutschlandweit bei 125 Fällen pro 100.000 Einwohner (EW). In Bayern, Brandenburg und Hessen liegt diese leicht, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen deutlich über der Gesamtinzidenz. Aktuell weisen 390/412 Kreise eine hohe 7-Tage-Inzidenz von >50 auf. Die 7-Tage-Inzidenz liegt in 260 Kreisen bei >100 Fällen/100.000 EW, davon in 23 Kreis bei >250 Fällen/100.000 EW. Die 7-Tage-Inzidenz bei Personen 60-79 Jahre liegt aktuell bei 78 und bei Personen ≥ 80 Jahre bei 65 Fällen/100.000 EW. Die hohen bundesweiten Fallzahlen werden durch zumeist diffuse Geschehen mit zahlreichen Häufungen insbesondere in Haushalten, im beruflichen Umfeld und in Alten- und Pflegeheimen verursacht. [...] Die drei besorgniserregenden Virusvarianten [...] der Linie B.1.1.7 (erstmals nachgewiesen in Großbritannien), der Linie B.1.351 (erstmals nachgewiesen in Südafrika) und der Linie P.1 (zirkuliert hauptsächlich im brasilianischen Bundesstaat Amazonas) werden mit verstärkter Probensequenzierung und Datenerfassung im Deutschen elektronischen Sequenzdaten-Hub [...] im Rahmen der Integrierten Molekularen Surveillance [...] intensiv beobachtet. Die zunehmende Verbreitung und Dominanz der wesentlich übertragbareren Variante B 1.1.7 in Deutschland vermindert die Wirksamkeit der bislang erprobten Infektionsschutzmaßnahmen erheblich. [...] Die Virusvariante B.1.1.7 wird aktuell bei > 70 % der untersuchten positiven Proben in Deutschland gefunden. Das ist besorgniserregend, weil die Variante B.1.1.7 nach bisherigen Erkenntnissen deutlich ansteckender ist und vermutlich schwerere Krankheitsverläufe verursacht als andere Varianten. Der Anstieg der Fallzahlen insgesamt und der Infektionen durch die Variante B 1.1.7. werden zu deutlich ansteigenden Hospitalisierungen führen. Alle Impfstoffe, die aktuell in Deutschland zur Verfügung stehen, schützen nach derzeitigen Erkenntnissen sehr gut vor einer Erkrankung durch die in Deutschland hauptsächlich zirkulierende Variante B.1.1.7, und sie schützen auch vor schweren Erkrankungen durch die anderen Varianten. Nicht notwendige Reisen sollten weiterhin, insbesondere aufgrund der zunehmenden Verbreitung der besorgniserregenden Virusvarianten, unbedingt vermieden werden. Mit deutlich sichtbaren Erfolgen der Impfkampagne ist erst in einigen Wochen zu rechnen. Gesamtgesellschaftliche Infektionsschutzmaßnahmen sind daher nötig, um die Infektionsdynamik zu bremsen."
Die Inzidenz der letzten sieben Tage lag am 7. März 2021 niedersachsenweit bei 59 Fällen und am 27. März 2021 bei 103 Fällen; sie hatte sich somit in diesem Zeitraum nahezu verdoppelt. Parallel zu dieser Entwicklung sank auch die Anzahl derjenigen Personen, die an COVID erkrankten und sich in intensivmedizinischer Behandlung befanden, zunächst von 5762 (Anfang Januar 2021) auf 3.552 am 12. Februar 2021 und am 7. März 2021 auf 2.786 Personen (vgl. Situationsbericht des Robert Koch-Instituts vom 7.3.2021). Sie stieg dann allerdings erneut an: Am 26. März 2021 befanden sich 3.334 COVID-19-Fälle in intensivmedizinischer Behandlung (vgl. Situationsbericht des Robert Koch-Instituts vom 26.3.2021); von den in Niedersachsen insgesamt betreibbaren 1958 Intensivbetten waren am 25. März 2021 insgesamt 1640 belegt (Nds. GVBl. 2021, S. 172).
bb) Die Verlängerung der Schließung von Baumärkten für den nicht-gewerblichen Kundenverkehr begegnet angesichts dessen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zur Begründung verweist der Senat zunächst erneut auf das Vorstehende (unter 1. und 2.).
Darüber hinaus ist das Folgende zu ergänzen:
(1) § 10 Abs. 1b i.V.m. § 18a Abs. 3 Nr. 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung genügte auch in der geänderten Fassung dem im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerten verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Der Inhalt der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Regelung ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des Verordnungstextes (so bereits die Eilentscheidung: NdsOVG, Beschl. v. 11.3.2021 - 13 MN 70/21 -, juris Rn. 22). Abweichendes ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Im Einzelnen:
Von der Schließungsanordnung nach § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ausgenommen waren gemäß § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nr. 20 a.E. der Niedersächsischen Corona-Verordnung jedwede Kundenverkehre und Besuche gewerblicher Kunden (vgl. bereits zuvor). Diese Ausnahme galt mangels abweichender Regelung in § 18a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung auch in einer Hochinzidenzkommune.
Von der Schließungsanordnung waren nach § 10 Abs. 1b Satz 3 Hs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ebenfalls ausgenommen "die Beratung und der Verkauf von jeglicher Ware [...] nach vorheriger Terminvereinbarung und unter Wahrung des Abstandsgebots nach § 2 Abs. 2 Satz 1, wobei sich in den Geschäftsräumen nur eine Kundin oder ein Kunde mit jeweils einer Begleitperson je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten" durfte. Mangels konkreter Vorgaben des Verordnungsgebers im Text oder in der Begründung der Verordnung, welche Anforderungen an eine "vorherige Terminvereinbarung" zu stellen waren, genügte neben der schriftlichen, fernmündlichen oder elektronischen Terminvereinbarung bereits jede andere jedenfalls vor dem Betreten der Verkaufsstelle ausdrücklich oder konkludent getroffene Vereinbarung, die der Kundin oder dem Kunden einen Termin für den Besuch des Baumarkts gewährte; die Festlegung eines konkreten Besuchszeitraums war nicht gefordert (vgl. bereits NdsOVG, Beschl. v. 11.3.2021 - 13 MN 70/21 -, juris Rn. 25). Aus der Regelung über die Flächenbegrenzung folgte, dass auch für den gemeinsamen Besuch einer Kundin bzw. eines Kunden und einer Begleitperson eine Verkaufsfläche von 40 Quadratmetern zur Verfügung stehen musste. Die Flächenbegrenzungsregeln des § 10 Abs. 3 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung galten gemäß der in § 10 Abs. 1b Satz 3 Hs. 3 getroffenen Anordnung ausdrücklich nicht. Nach § 10 Abs. 1b Satz 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung war "die Auslieferung jeglicher Waren auf Bestellung sowie deren Verkauf im Fernabsatz zur Abholung bei kontaktloser Übergabe außerhalb der Geschäftsräume oder innerhalb der Geschäftsräume (...)" zulässig; "für die Übergabe der Ware darf sich in den Geschäftsräumen nur eine Kundin oder ein Kunde mit jeweils einer Begleitperson je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten". Gemäß § 10 Abs. 1b Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung waren "nach vorheriger Terminvereinbarung mit einer Kundin oder einem Kunden und jeweils einer Begleitperson die Durchführung von Bemusterungs- und Anprobeterminen" gestattet.
Die Ausnahme nach § 10 Abs. 1b Satz 3 Hs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ("Terminshopping") galt gemäß § 18a Abs. 3 Nr. 5 nicht in einer Hochinzidenzkommune im Sinne des § 18a Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung. An die Stelle von § 10 Abs. 1b Satz 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung trat in einer Hochinzidenzkommune die weitgehend inhaltsgleiche Regelung nach § 10 Abs. 1b Satz 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der bis zum 6. März 2021 geltenden Fassung, die allein die Übergabe und Abholung bestellter Waren innerhalb der Geschäftsräumen nicht gestattete ("Zulässig ist auch die Auslieferung jeglicher Waren auf Bestellung sowie deren Verkauf im Fernabsatz zur Abholung bei kontaktloser Übergabe außerhalb der Geschäftsräume unter Wahrung des Abstandsgebots nach § 2 Abs. 2 Satz 1."). Die Ausnahme nach § 10 Abs. 1b Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung galt mangels abweichender Regelung in § 18a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung auch in einer Hochinzidenzkommune (vgl. bereits NdsOVG, Beschl. v. 11.3.2021 - 13 MN 70/21 -, juris Rn. 28). Zweifel an der Bestimmtheit bestehen auch im Übrigen nicht, soweit § 10 Abs. 1b Satz 6 der Niedersächsischen Corona-Verordnung insoweit modifiziert worden ist, als dass die Durchführung von Bemusterungsterminen allein zur Vorbereitung des Innen- und Außenausbaus und von Terminen zur Anprobe ausschließlich von individuell hergestellter oder geänderter Kleidung in Betrieben und Einrichtungen jeglicher Art zulässig war.
(2) Die andauernde Schließung von Baumärkten für den nicht-gewerblichen Kundenverkehr war auch im Übrigen materiell rechtmäßig. Im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG stellt sich die Maßnahme weiterhin als verhältnismäßig und daher als notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG a.F. dar.
(a) Ein milderes, gleich geeignetes Mittel ist nicht ersichtlich, so dass die Betriebsschließung erforderlich war (noch offenlassend NdsOVG, Beschl. v. 11.3.2021 - 13 MN 70/21 -, juris Rn. 48 ff., insbesondere 50 a.E.).
Soweit die Möglichkeit einer Öffnung des Einzelhandels bei gleichzeitigem Einsatz von Schnell- und Selbsttests, die jedenfalls Anfang März 2021 "in großen Mengen" verfügbar waren (vgl. MPK, Beschl. v. 3.3.2021, Bl. 2), vor dem Betreten einer Verkaufsstelle des Einzelhandels als milderes Mittel erwogen worden ist (vgl. etwa NdsOVG, Beschl. v. 22.3.2021 - 13 MN 121/21 -, juris Rn. 45 a.E.), durfte der Verordnungsgeber angesichts der damaligen Corona-Lage - insbesondere aufgrund der ab Mitte März 2021 erneut niedersachsen- und bundesweit ansteigenden 7-Tage-Inzidenz, der geringen Impfquote sowie des Auftretens der neuen Virusvarianten - und des damaligen Standes der Forschung annehmen, dass diese jedenfalls nicht gleich geeignet waren und die Infektionsgefahr in der Folge nicht genauso zuverlässig wie Betriebsschließungen eindämmten. Zum damaligen Zeitpunkt leisteten Testkonzepte in Bereichen, die der Verordnungsgeber privilegiert hatte und in denen Kontakte unvermeidlich waren (etwa im Schulbetrieb oder der Kinderbetreuung in Präsenzwochen), einen zusätzlichen Beitrag zur Eindämmung der Infektionsgefahr, konnten diese aber nicht vollständig ausschließen. Dazu heißt es in dem Epidemiologischen Bulletin vom 25. Februar 2021 (8/2021, auszugsweise zitiert ab S. 3 ff.):
"Der Nachweis von SARS-CoV-2 mittels RT-PCR ist der Goldstandard und zeichnet sich durch eine sehr hohe Sensitivität und Spezifität aus. Allerdings sind bei hohem Probenaufkommen PCR-basierte Tests eine begrenzte Ressource. Bei extensiver Anwendung kommt es zu Lieferengpässen bei Testreagenzien oder Material wie Plastikwaren und Pipetten spitzen, die auch andere diagnostische Fragestellungen in der Bearbeitung betreffen können. Zudem wird für die Durchführung Fachpersonal benötigt, welches nur in begrenztem Umfang zur Verfügung steht. Von der Bearbeitung der Proben (Extraktion des genetischen Materials, Vorbereitung der PCR- Reaktion) bis zur Auswertung der Ergebnisse vergehen mehrere Stunden. Bei hohem Probenaufkommen und einem Mangel an Reagenzien oder Material kann sich die Bereitstellung der Ergebnisse ggf. entsprechend verzögern. Antigentests lassen sich mit deutlich weniger Aufwand und Infrastruktur durchführen und liefern ein Ergebnis in kurzer Zeit, weisen allerdings eine geringere Sensitivität und Spezifität als PCR-Tests auf, was zu einer höheren Anzahl falsch negativer bzw. falsch positiver Testergebnisse führen kann. [...]
Prüfung und Eignung von Antigentests
Derzeit wird die Eignung von Antigentests für die Anwendung durch medizinische Laien im Rahmen der CE-Kennzeichnung geprüft, bei denen Probennahme, Testung und Bewertung des Ergebnisses durch Selbsttestung/Eigenanwendung, d. h. auch durch medizinische Laien, vorgesehen sind [...].
Aussagekraft positiver und negativer Ergebnisse von Antigentests
Gerade bei der Anwendung von Antigentests durch Laien ist es essenziell, dass der Anwender das Testergebnis richtig interpretieren und sachgerechte Schlussfolgerungen daraus ziehen kann. Ein positives Ergebnis mit einem geeigneten Antigentest stellt zunächst einen Verdacht auf eine SARSCoV2Infektion dar. Es ist jedoch noch keine Diagnose einer SARSCoV2Infektion. Die Diagnose wird erst durch den nachfolgenden RT-PCR-Test sowie die ärztliche Beurteilung gestellt. Bei einem positiven Antigentestergebnis werden hohe Anforderungen an das daraus resultierende selbstverantwortliche Handeln gestellt. Es ist erforderlich, dass sich die positiv getestete Person in Absonderung begibt (d. h. Kontakte konsequent reduziert) und sich Ein häufig nicht richtig verstandener Aspekt betrifft die Aussagekraft eines negativen Ergebnisses, nicht zuletzt mit der Erwartung, dass eine Person sich für bestimmte Situationen, die mit engeren Kontakten einhergehen, ,freitesten' könnte: Ein negatives Testergebnis schließt eine SARSCoV2Infektion nicht aus! Auch bei korrekter Testdurchführung ist es lediglich weniger wahrscheinlich zum Zeitpunkt der Testung kontagiös, d. h. für andere ansteckend zu sein. Weiterhin ist die Aussagekraft eines solchen Testergebnisses zeitlich begrenzt! Es ist also durchaus möglich, dass eine infizierte Person, die ein negatives Antigentestergebnis erhält, bereits am darauffolgenden Tag (bei gestiegener Viruslast im Nasen-Rachenraum) ein positives Ergebnis bekommt. (Falsch) negative Testergebnisse dürfen daher nicht als Sicherheit (etwa in der Form ,Ich bin nicht infiziert und kann daher auf Schutzmaßnahmen verzichten') verstanden werden. [...] Zu bedenken ist aber, dass ein korrektes Ergebnis stark von der regelrechten Probengewinnung und Testdurchführung abhängt und in seiner Bedeutung von dem Betroffenen und seiner Umgebung verstanden werden muss. [...] Ein fälschlicherweise negatives Testergebnis, welches durch nicht sachgerechte Abstrichentnahme oder Testdurchführung entstanden ist, birgt beispielsweise die Gefahr, dass eine nichterkannte akut infizierte Person SARS CoV2 weiterverbreitet, mit möglicherweise schwerwiegenden Konsequenzen."
Noch am 29. April 2021 heißt es (Epidemiologischen Bulletin vom 29.4.2021, 17/2021, auszugsweise zitiert ab S. 22 f.):
"Im Hinblick auf das angestrebte Ziel, die Senkung der Reproduktionszahl auf Werte < 1 ist aber unbedingt zu beachten, dass bestehende Maßnahmen (AHA+L-Regel) und Kontaktreduktion auch bei ergänzender Testung nicht vernachlässigt werden dürfen. Ein negatives Ergebnis im Antigentest schließt eine Infektion nicht aus, insbesondere wenn eine niedrige Viruslast vorliegt, wie z. B. in der Inkubationsphase kurz nach erfolgter Infektion oder ab der zweiten Woche nach Symptombeginn. Dies ist bei der Festlegung von Einsatzgebieten und bei der Interpretation negativer Ergebnisse zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere in Situationen, bei denen ein falsch negatives Ergebnis gravierende Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Ein zusätzlicher, engmaschig serieller Einsatz von sensitiven Antigentests in Kitas, Schulen, weiteren Bildungseinrichtungen und betrieblichen Kontexten (Unternehmen), ergänzt durch freiwillige Schnell- und Selbsttests ist jedoch geeignet, Infektionsereignisse zu verringern und den Lebensbereich Familie, Bildung und Beruf sicherer zu machen. Aktuell wird in Modellprojekten die Praktikabilität des Einsatzes von Antigentests und ihr Zusatznutzen im Rahmen der Öffnung von z. B. Kultureinrichtungen (etwa Theater oder Konzerte) geprüft. Allerdings ist bei dieser Anwendung darauf hinzuweisen, dass dies eine stabile (niedrige) Inzidenz voraussetzt und ein negativer Test nicht dazu führen darf, auf die konsequente Einhaltung der AHA+L Regeln zu verzichten. Gerade bei Großveranstaltungen oder in Situationen, die denen des initialen Ausbruchgeschehens im Frühjahr 2020 ähneln (etwa ausgelassenes Feiern in Clubs oder im Rahmen des Faschings) kann von einer infizierten Person ein Cluster mit vielen Folgefällen ausgehen. Eine Rückkehr zur Normalität wird erst durch eine ausreichende Immunität in der Bevölkerung zu erzielen sein."
Zu den Zeitpunkten, in denen die abermalige Verlängerung der teilweisen Betriebsschließungen beschlossen worden ist, war die Virusvariante B.1.1.7, die ausweislich der Einschätzung des Robert Koch-Instituts deutlich ansteckender war und schwerere Krankheitsverläufe verursachte als andere Varianten, bereits vielfach in Deutschland nachgewiesen. Das Robert Koch-Institut prognostizierte dahingehend, dass ihre Verbreitung und Dominanz in Deutschland die Wirksamkeit der bislang erprobten Infektionsschutzmaßnahmen erheblich vermindern würden (vgl. dazu bereits Lagebericht vom 12.2.2021). Es ist vor diesem Hintergrund plausibel, dass der Antragsgegner trotz einer zunächst sinkenden 7-Tage-Inzidenz sowie einer größeren Zahl verfügbarer Intensivbetten zu Beginn des Monats März 2021 Lockerungen nach wie vor allein vorsichtig, schrittweise und überdies in weitgehender Übereinstimmung mit dem Beschluss der damaligen Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder vom 3. März 2021 vorgenommen hat, damit diese einheitlich im gesamten Bundesgebiet erfolgten und es nicht zu einem infektiologisch ungünstigen "Einkaufstourismus" kam (vgl. MPK, Beschl. v. 3.3.2021, Bl. 5 zu den Testkonzepten, Bl. 7 zu dem "zweiten Öffnungsschritt" betreffend den Einzelhandel).
(b) Die Maßnahme war zudem auch angemessen, obwohl der Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers nach Auffassung des Senats in der hier vorliegenden Konstellation dadurch verengt worden ist, dass die teilweise Schließung der Baumärkte mehrfach verlängert worden ist und bereits seit dem 16. Dezember 2020 andauerte (vgl. bereits zuvor; zur Verstärkung eines Grundrechtseingriffs durch zeitlich vorausgehende vergleichbare Maßnahmen BVerwG, Urt. v. 22.11.2022 - 3 CN 1.21 -, juris Rn. 79; BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, juris Rn. 223).
Die Fortdauer der Schließung von Baumärkten für den nicht-gewerblichen Kundenverkehr war aber insbesondere angesichts der damaligen Lage im Hinblick auf das Coronavirus gerechtfertigt: So war die 7-Tages-Inzidenz für ganz Deutschland seit Mitte März 2021 stark angestiegen und lag am 27. März 2021 bei 125; in Niedersachsen betrug sie 103. Das Geschehen war nicht regional begrenzt, die Anzahl der Landkreise mit einer 7-Tages-Inzidenz über 100 nahm spätestens seit Mitte März 2021 deutlich zu; am 27. März 2021 lag sie in 260 von 412 Kreisen bei über 100, in nahezu allen Kreisen bei über 50. Etwa seit Mitte März 2021 beschleunigte sich der Anstieg der Fallzahlen deutlich.
Überdies wurde der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit grundsätzlich durch die neu geschaffenen Möglichkeiten der Beratung und des Verkaufs von jeglicher Ware in den Geschäftsräumen einer geschlossenen Verkaufsstelle nach vorheriger Terminvereinbarung (sog. "click and meet" nach Satz 3), der Abholung bestellter Ware auch innerhalb der Geschäftsräume (erweitertes "click and collect" nach Satz 4) sowie der Durchführung von Bemusterungs- und Anprobeterminen (Satz 6) abgemildert. Diese Maßnahmen stellten - neben der bereits zuvor bestehenden Möglichkeit, das Sortiment im Onlinehandel und über "click and collect"-Angebote zu verkaufen - sämtlich Lockerungen dar, die geeignet waren, die wirtschaftlichen Auswirkungen der teilweisen Betriebsschließung jedenfalls etwas zu mindern.
Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, dass es der Antragsgegner bei der Regelung des Konzeptes "click and meet" versäumt habe, eine Pflicht zur Datenerhebung oder Dokumentation für eine Kontaktnachverfolgung in der Niedersächsischen Corona-Verordnung aufzunehmen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zuvörderst ist dies umgehend nachgeholt worden (vgl. die am 15. März 2021 in Kraft getretene Änderungsverordnung, Nds. GVBl. S. 120). Überdies war es den Gewerbetreibenden sowie den Kundinnen und Kunden freilich gleichwohl möglich, im Falle des beidseitigen Einverständnisses eine Datenerhebung und -dokumentation vorzunehmen. Letztlich handelt es sich bei dem sog. "Terminshopping"-Konzept aber um eine die Antragstellerin privilegierende Regelung, die ihren Rechtskreis im Vergleich zu der vorherigen Rechtslage erweitert hat. Dass diese die Antragstellerin begünstigende Regelung im Hinblick auf den infektiologisch bedeutsamen Faktor der Kontaktnachverfolgung unter Umständen ergänzungsbedürftig war, führt freilich nicht zur Rechtswidrigkeit der zum damaligen Zeitpunkt andauernden - teilweisen - Betriebsschließung.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass das "Terminshopping" bzw. das erweiterte "click and collect"-System nach § 10 Abs. 1b Sätze 3 und 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in Hochinzidenzkommunen nicht zulässig war. Nach § 18a Abs. 3 Nr. 5 waren in einer solchen anstelle des § 10 Abs. 1b Sätze 3 bis 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 in der ab dem 8. März 2021 geltenden Fassung § 10 Abs. 1b Sätze 3 und 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der bis zum 6. März 2021 geltenden Fassung anzuwenden. In Hochinzidenzkommunen war infolgedessen die Übergabe und Abholung bestellter Waren in den Geschäftsräumen nicht gestattet; die Ausnahme nach § 10 Abs. 1b Satz 6 gilt mangels abweichender Regelung in § 18a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung auch in einer sog. Hochinzidenzkommune, so dass nach vorheriger Terminvereinbarung mit einer Kundin oder einem Kunden und jeweils einer Begleitperson die Durchführung von Bemusterungsterminen - ab dem 15. März 2021 allein zur Vorbereitung des Innen- und Außenausbaus und Terminen zur Anprobe individuell hergestellter oder geänderter Kleidung - in Betrieben und Einrichtungen jeglicher Art zulässig blieb (vgl. bereits zuvor).
Der Senat erachtet den andauernden Eingriff in die Berufsfreiheit durch § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 Hs. 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung allerdings auch als angemessen, soweit das "Terminshopping" und das erweiterte "click and collect" nach § 10 Abs. 1b Sätze 3 und 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in Hochinzidenzkommunen unzulässig waren (vgl. hierzu die Eilentscheidung: NdsOVG, Beschl. v. 11.3.2021 - 13 MN 70/21 -, juris Rn. 54). Die Regelung für Hochinzidenzkommunen hat - wie im Übrigen auch von der Antragstellerin in ihren Schriftsätzen angeregt - ein abgestuftes System von Einschränkungen etabliert, das geeignet war, ein lokales Ausbruchsgeschehen einzudämmen und damit einen angemessenen Ausgleich zwischen den verschiedenen Grundrechtspositionen - derjenigen der Berufsfreiheit einerseits und des Gesundheitsschutzes andererseits - zu erreichen (vgl. dazu bereits umfassend das Obenstehende). Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Baumärkte - auch in Hochinzidenzkommunen - für gewerbliche Kundinnen und Kunden geöffnet blieben; dies galt auch für integrierte Verkaufsstellen des gärtnerischen Facheinzelhandels. Die Waren konnten überdies online und das "click and collect"-System vertrieben werden.
Zur weiteren Begründung wird auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des am 23. April 2021 in Kraft getretenen Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage nationaler Tragweite verwiesen (Bundesnotbremse, BVerfG, Beschl. v. 19.11.2021 - 1 BvR 781/21 -, juris; zur Zulässigkeit einer solchen Bezugnahme vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.4.1990 - 9 CB 5.90 -, juris Rn. 6, v. 22.11.1994 - 5 PKH 64.94 -, juris Rn. 4, u. v. 3.12.2008 - 4 BN 25.08 -, juris Rn. 9). In dieser Entscheidung, die sich auf die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen nach § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 IfSG a.F. bezieht, setzt sich das Bundesverfassungsgericht unter anderem umfassend mit der Eignung der Anknüpfung an eine 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt im Hinblick auf einschränkende Maßnahmen des Infektionsschutzes auseinander und bejaht diese (vgl. dort Rn. 198 ff.); auch im Übrigen hält das Gericht die lokalen Einschränkungen für angemessen (vgl. Rn. 202 ff.). Anders als § 10 Abs. 1b Satz 1 Nr. 20 Hs. 2 i.V.m. § 18a Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung sah § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Hs. 1 IfSG a.F., der die Schließung des Einzelhandels betraf, in Hochinzidenzkommunen - mithin bei einer 7-Tage-Inzidenz größer als 100 - keine teilweise Öffnung der Baumärkte für Gewerbetreibende vor. Zu den privilegierten Verkaufsstellen in Hochinzidenzkommunen gehörten allein der Lebensmittelhandel, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optikerinnen und Optiker, Hörakustikerinnen und Hörakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte, Gartenmärkte und der Großhandel. Insoweit war die Norm noch strenger als das hier betroffene Landesrecht. In Baumärkten war ab einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100 nach § 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Hs. 2 IfSG a.F. in der ab dem 23. April 2021 geltenden Fassung allein die Abholung vorbestellter Waren innerhalb wie außerhalb von Ladengeschäften sowie die Öffnung von Ladengeschäften für einzelne Kundinnen und Kunden nach vorheriger Terminbuchung, negativer Testung auf eine Infektion mit dem Coronavirus, Maskenpflicht sowie weiterer Einschränkungen zulässig; zudem gestattete der Gesetzgeber in Absatz 5 ausdrücklich weitergehende Schutzmaßnahmen.
(3) Die Ungleichbehandlung von denjenigen Betrieben, die nach wie vor (teilweise) von der Betriebsschließung in § 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung betroffen waren, und den geöffneten Betrieben und Einrichtungen nach der sog. Positivliste in Halbsatz 2 war sachlich gerechtfertigt. Dies gilt insbesondere, soweit der Verordnungsgeber ab dem 8. März 2021 die Öffnung von Verkaufsstellen des Orthopädieschuhmacher-Handwerks, des Handwerks der Orthopädietechnik (§ 10 Abs. 1b Satz 1 Hs. 2 Nr. 9 der Niedersächsischen Corona-Verordnung) sowie des Buchhandels (Nr. 16a) und den Betrieb von Bibliotheken und Büchereien (vgl. dagegen noch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der bis zum 7. März 2021 geltenden Fassung) zugelassen hat (a). Auch im Hinblick auf die Öffnung von Betrieben der körpernahen Dienstleistungen und der Körperpflege sowie von Museen, Ausstellungen und Galerien ab dem 8. März 2021 unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 bzw. § 10 Abs. 1c der Niedersächsischen Corona-Verordnung ist nichts zu erinnern (b).
Wie zuvor unter 1. bereits dargelegt, kommt es bei der Entscheidung über Lockerungen nach einem sog. Lockdown dazu, dass einige Bereiche früher von Lockerungen profitieren als andere, dies führt zwangsläufig zu Ungleichbehandlungen. Diese Ungleichbehandlungen erfolgen allerdings - jedenfalls wenn die Lockerungen wie hier in einen entsprechenden "Lockerungsfahrplan" eingebettet sind - nur für einen zeitlich begrenzten Zeitraum. Die hier zu beurteilenden Lockerungen orientierten sich an dem Beschluss der damaligen Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder vom 3. März 2021, der bis zum 28. März 2021 gelten sollte (vgl. jeweils die Begründung der Änderungsverordnungen Nds. GVBl. S. 93, 110, 120 und schließlich S. 166). In diesem Beschluss heißt es (nachfolgend auszugsweise zitiert Bl. 7 und 8, Hervorhebungen durch den Senat):
"5. Nachdem erste Öffnungsschritte im Bereich der Schulen und Friseure sowie einzelne weitere Öffnungen in den Ländern bereits vollzogen wurden, werden nunmehr in einem zweiten Öffnungsschritt im öffentlichen Bereich:
- Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte zukünftig einheitlich in allen Bundesländern dem Einzelhandel des täglichen Bedarfs zugerechnet. Sie können somit auch mit entsprechenden Hygienekonzepten und einer Begrenzung von einer Kundin oder einem Kunden pro 10 qm für die ersten 800 qm Verkaufsfläche und einem weiteren für jede weiteren 20 qm wieder öffnen.
- Darüber hinaus können ebenfalls die bisher noch geschlossenen körpernahen Dienstleistungsbetriebe [...] mit entsprechenden Hygienekonzepten wieder öffnen, wobei für die Inanspruchnahme der Dienstleistungen, bei denen - wie bei Kosmetik oder Rasur - nicht dauerhaft eine Maske getragen werden kann, ein tagesaktueller COVID-19 Schnell- oder Selbsttest der Kundin oder des Kunden und ein Testkonzept für das Personal Voraussetzung ist.
- Zugleich werden alle geöffneten Einzelhandelsbereiche die Einhaltung der Kapazitätsgrenzen und Hygienebestimmungen durch strikte Maßnahmen zur Zugangskontrolle und konsequente Umsetzung der Hygienekonzepte sicherstellen.
Einen dritten Öffnungsschritt kann ein Land in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen gehen:
a) Wird in dem Land oder einer Region eine stabile 7-Tage-Inzidenz von unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner erreicht, so kann das jeweilige Land folgende weitere Öffnungen entsprechend landesweit oder regional vorsehen: - die Öffnung des Einzelhandels mit einer Begrenzung von einer Kundin oder einem Kunden pro 10 qm für die ersten 800 qm Verkaufsfläche und einem weiteren für jede weiteren 20 qm; [...].
b) Wird in dem Land oder der Region eine stabile oder sinkende 7-Tage-Inzidenz von unter 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern erreicht, so kann das jeweilige Land folgende weitere Öffnungen entsprechend landesweit oder regional vorsehen:
- die Öffnung des Einzelhandels für sogenannte Terminshopping-Angebote ("Click and meet"), wobei eine Kundin oder ein Kunde pro angefangene 40 qm Verkaufsfläche nach vorheriger Terminbuchung für einen fest begrenzten Zeitraum mit Dokumentation für die Kontaktnachverfolgung im Geschäft zugelassen werden kann.
- die Öffnung von Museen, Galerien, zoologische und botanische Gärten sowie Gedenkstätten für Besucher mit vorheriger Terminbuchung mit Dokumentation für die Kontaktnachverfolgung; [...].
Steigt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner an drei aufeinander folgenden Tagen in dem Land oder der Region auf über 100, treten ab dem zweiten darauffolgenden Werktag die Regeln, die bis zum 7. März gegolten haben, wieder in Kraft (Notbremse).
[...]
Protokollerklärung: Niedersachsen, Sachsen-Anhalt: Das Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt verstehen die Beschlüsse zu den Öffnungsschritten als Orientierungsrahmen, den sie unter Beachtung der Rechtsprechung des OVG Lüneburg zum Charakter der Inzidenzstufen in § 28 a Abs. 3 IfSG sowie der Verhältnismäßigkeit der daraus abgeleiteten Maßnahmen sowie unter der Beachtung der Verfügbarkeit von geeigneten Schnelltest zur Stärkung der Pandemiekontrolle umsetzen werden."
(a) Gegen die Privilegierung der Verkaufsstellen des Orthopädieschuhmacher-Handwerks und des Handwerks der Orthopädietechnik als Bestandteil der medizinischen bzw. altersgerechten Versorgung ist nichts zu erinnern.
Zudem durfte der Antragsgegner im Zuge einer schrittweisen Lockerung den Buchhandel privilegieren und ab dem 8. März 2021 dem (erweiterten) Grundbedarf zuordnen (so auch der Bundesgesetzgeber im Rahmen der Bundesnotbremse nach § 28b Abs. 1 Nr. 4 IfSG i.d.F. des Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22.4.2021). Ausweislich der Begründung hat der Verordnungsgeber dabei der kulturellen Bedeutung von Büchern einerseits und dem - wegen der geltenden Kontaktbeschränkungen und der Untersagung einer Vielzahl von Freizeitaktivitäten - erhöhten Bedürfnis nach dem Erwerb von Büchern andererseits Rechnung tragen wollen; zudem orientierte er sich an dem Beschluss der damaligen Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder vom 3. März 2021 (vgl. zuvor; Nds. GVBl. 2021, S. 102 und 106; so auch OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 379; SächsOVG, Urt. v. 17.5.2022 - 3 C 16.20 -, juris Rn. 88; HambOVG, Beschl. v. 30.4.2020 - 5 Bs 64/20 -, juris Rn.55; a.A. im Hinblick auf die hier nicht verfahrensgegenständliche Freistellung von Buchhandlungen von der Begrenzung der Verkaufsfläche BayVGH, Beschl. v. 27.4.2020 - 20 NE 20.793 -, juris, Rn. 38 und VGH BW, Beschl. v. 30.4.2020 - 1 S 1101/20 -, juris Rn. 59; Shirvani, DVBl. 2022, 329 [334]). Auch aus der Sicht des Senats begegnet die Reihenfolge, in der der Antragsgegner die schrittweise Öffnung der Verkaufsstellen vorgenommen hat, keinen durchgreifenden Bedenken. Er hat dabei - ohne dass Rechtsfehler erkennbar sind - ein gesteigertes Bedürfnis der Bevölkerung nach Literatur angenommen und dabei insbesondere auch diejenigen Personen betrachtet, die Bücher nicht über den Onlinehandel erwerben konnten oder wollten. Ferner hat er sich an dem Beschluss vom 3. März 2021 orientiert, um einen Einkaufstourismus bzw. Friktionen innerhalb Deutschlands zu vermeiden. Gegen die Prognose des Antragsgegners, dass die Öffnung des Buchhandels nicht zu einem erheblichen Anstieg der Mobilität, Kontakte und damit der Infektionsgefahr führen werde, ist ebenfalls nichts zu erinnern. Diese Erwägungen gelten ferner, soweit es Bibliotheken und Büchereien wieder gestattet war zu öffnen (vgl. dagegen noch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in der ab dem 13. Februar 2021 geltenden Fassung).
(b) Auch die Öffnung von Museen, Ausstellungen und Galerien ab dem 8. März 2021 unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ist nicht zu beanstanden. Der Betrieb eines Museums oder einer ähnlichen Einrichtung erforderte nach § 7 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ein Hygienekonzept, das auch Maßnahmen enthielt, die die Zahl der Besucherinnen und Besucher und deren Aufenthalt in der jeweiligen Einrichtung zeitlich begrenzten und steuerten, und war allein nach vorheriger Terminvereinbarung zulässig. Überdies durfte die Zahl der Besucherinnen und Besucher, die sich zur gleichen Zeit in der Einrichtung aufhielten, die Hälfte der Personenkapazität der gesamten Einrichtung nicht überschreiten, zudem mussten die personenbezogenen Daten der der Besucherinnen und Besucher erhoben werden. Auch dahingehend hat sich der Antragsgegner an dem Beschluss der damaligen Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder vom 3. März 2021 orientiert (vgl. den zuvor zitierten Beschluss der MPK vom 3.3.2021, dort. Bl. 8). In Hochinzidenzkommunen nach § 18a Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung mussten die Museen, Ausstellungen und Galerien zudem nach § 18a Abs. 3 Nr. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung wieder schließen. Schließlich ist die Prognose des Antragsgegners, dass die Öffnung der Museen, Ausstellungen und Galerien nicht zu einem ruckartigen Anstieg der Mobilität, Kontakte und damit der Infektionsgefahr infolge der großen Besucherzahlen führen werde, nicht zu beanstanden.
(4) Es begegnet schließlich jedenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass Betriebe der körpernahen Dienstleistungen und der Körperpflege - anders als Baumärkte für private Kundinnen und Kunden - ab dem 8. März 2021 wieder öffnen durften und eine solche Öffnung auch in Hochinzidenzkommunen nach § 18a Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zulässig blieb, wohingegen Verkaufsstellen des Einzelhandels den zuvor bereits dargestellten Einschränkungen des § 18a Abs. 3 Nr. 5 der Niedersächsischen Corona-Verordnung unterworfen waren, so dass das sog. "Terminshopping" und ein erweitertes "click and collect" unzulässig waren.
Zur Begründung einer Öffnung der Betriebe der körpernahen Dienstleistungen und der Körperpflege hat der Antragsgegner - ohne dass Rechtsfehler erkennbar sind - auf das "dringende Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger nach diesen Dienstleistungen" sowie den (zuvor zitierten) Beschluss der damaligen Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder vom 3. März 2021 verwiesen; zudem seien diese Betriebe "nicht selten kleinteilig aufgestellt und haben sich in der Vergangenheit nicht als besonders problematische Infektionsorte erwiesen" (Nds. GVBl. 2021, S. 105). Im Unterschied zu Verkaufsstellen des Einzelhandels, die während der Dauer der Schließung in vielen Fällen ihr Sortiment online oder über das "click & collect"-Vertriebssystem anbieten konnten, war dies den Anbieterinnen und Anbietern von körpernahen Dienstleistungen in der Regel - von Hausbesuchen einmal abgesehen - kaum möglich. Sowohl für die Kundinnen und Kunden als auch für die Gewerbetreibenden war der nunmehr mehrere Monate andauernde Eingriff daher besonders intensiv.
Dass eine solche Öffnung in Hochinzidenzkommunen nach § 18a Abs. 1 und 2 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zulässig blieb, ist - noch - vertretbar.
Dabei verkennt der Senat zunächst nicht, dass die Änderungsverordnung vom 6. März 2021 (vgl. Nds. GVBl. 2021, S. 99), die jedoch am Folgetag wiederum durch eine weitere Änderungsverordnung modifiziert worden ist (vgl. Nds. GVBl. 2021, S. 99 f. sowie 110 ff.), dies noch anders vorsah und Betriebe der körpernahen Dienstleistungen und der Körperpflege danach in Hochinzidenzkommunen schließen mussten.
Dass der Antragsgegner an einer Öffnung der Betriebe der körpernahen Dienstleistungen und der Körperpflege in Hochinzidenzkommunen festhielt, ist - noch - durch Sachgründe gerechtfertigt: Der Antragsgegner durfte zunächst davon ausgehen, dass - anders als großflächige Verkaufsstellen, die von vielen Personen gleichzeitig betreten werden können - Dienstleistungen eines Betriebs der körpernahen Dienstleistungen und der Körperpflege in der Regel in wesentlich kleineren Räumlichkeiten angeboten werden. Ohne Rechtsfehler konnte er zudem annehmen, dass sich dort nur sehr wenige Personen - vielfach allein zwei Personen: die Kundin bzw. der Kunde sowie die behandelnde Person - aufhalten. In der Folge durfte er ebenfalls prognostizieren, dass es dort somit zu weniger Kontakten und damit zu einer besseren Nachverfolgung kommen werde, was infektiologisch günstig ist. Es tritt hinzu, dass eine erneute Schließung eines Betriebs der körpernahen Dienstleistungen und der Körperpflege diese Gewerbetreibenden besonders intensiv in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG getroffen hätte, da sie ihre Leistungen - anders als ein Baumarkt oder viele andere nicht (vollständig) privilegierte Verkaufsstellen - in der Regel gerade nicht über das "click and meet"-System oder den Onlinehandel anbieten konnten. Für die Betriebe der körpernahen Dienstleistungen und der Körperpflege, die teilweise bereits seit dem 2. November 2020 schließen mussten, ermöglichte dieses Regelungssystem über einen Zeitraum von zunächst etwa drei Wochen - mithin während der Geltungsdauer der Verordnung vom 6. März 2021 (wiederum in der Fassung der Änderungsverordnung vom 7. März 2021) - eine gewisse Planungssicherheit, so dass etwa Termine vergeben, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert und Utensilien beschafft werden konnten. Hätte sich etwa die Infektionslage verschlechtert, wäre es den örtlich zuständigen Behörden nach § 18 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung zudem möglich gewesen weitergehende Anordnungen - wie etwa die Schließung oder den noch weiter eingeschränkten Betrieb - zu treffen, soweit es im Interesse des Gesundheitsschutzes erforderlich war. Auch die sog. Bundesnotbremse (§ 28b Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Hs. 2 IfSG a.F.) sah die Öffnung zumindest einiger Dienstleistungen, bei denen eine körperliche Nähe zum Kunden unabdingbar ist, unter bestimmten Voraussetzungen - so wie auch § 10 Abs. 1c der Niedersächsischen Corona-Verordnung - vor (etwa Test- bzw. Maskenpflicht).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO (in analoger Anwendung, vgl. Senatsurt. v. 14 KN 41/22 -, juris Rn. 135 m.w.N.), § 711 ZPO.
V. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (vgl. bereits Senatsurt. v. 1.6.2023 - 14 KN 36/22 -, juris; OVG NRW, Urt. v. 22.9.2022 - 13 D 38/20.NE -, juris Rn. 393; OVG Saarl, Urt. v. 15.9.2022 - 2 C 62/21 -, juris Rn. 55).