Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.07.2023, Az.: 14 ME 64/23

fehlende Darlegung; Kindertagespflege; Zu den Darlegungsanforderungen im Beschwerdeverfahren

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
04.07.2023
Aktenzeichen
14 ME 64/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 32316
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0704.14ME64.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 14.03.2023 - AZ: 3 B 1394/23

Fundstelle

  • RdW 2023, 806

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 3. Kammer - vom 14. März 2023 wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem ihr Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 6. Februar 2023 abgelehnt worden ist.

I. Durch den Bescheid wurde die der Antragstellerin unter dem 29. November 2022 erteilte Kindertagespflegeerlaubnis aufgehoben; überdies untersagte ihr der Antragsgegner, die Kindertagespflege persönlich oder durch von ihr abhängig beschäftigte und weisungsgebundene Kindertagespflegepersonen in ihren Geschäftsräumen fortzuführen.

Über das Verfahren hat das Verwaltungsgericht am 14. März 2023 mündlich verhandelt und sowohl über den Eilantrag als auch die Klage (3 A 1393/23) entschieden. Die Antragstellerin hat die Eilentscheidung mit der Beschwerde angegriffen und zudem beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. März 2023 zuzulassen (14 LA 67/23).

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg; sie ist bereits unzulässig, weil das Beschwerdevorbringen dem Darlegungsgebot (§ 146 Abs. 4 Sätze 3 und 4 VwGO) nicht entspricht.

1. In Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes sind für die Beschwerdeentscheidung nur die innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe maßgebend (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerde die Gründe darlegen, aus denen der Beschluss abzuändern oder aufzuheben ist; sie muss sich mit dem angegriffenen Beschluss auseinandersetzen. Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, aus welchen (rechtlichen oder tatsächlichen) Gründen der angefochtene Beschluss unrichtig sein soll. Dazu muss der Beschwerdeführer die Begründung des Verwaltungsgerichts aufgreifen und konkret aufzeigen, in welchen Punkten und aus welchen Erwägungen heraus er diese für unrichtig hält. Um sich im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen, muss eine Beschwerdeführerin oder ein Beschwerdeführer von der Begründungsstruktur einer Entscheidung ausgehen und das Entscheidungsergebnis in Frage stellen. Die erforderliche Dichte der eigenen Ausführungen hat sich dabei an der Dichte der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu orientieren: Je intensiver diese Entscheidung begründet ist, umso eingehender müssen die tragenden Argumente entkräftet werden. Es reicht deshalb grundsätzlich nicht aus, wenn lediglich eine eigene Würdigung der Sach- und Rechtslage vorgetragen wird, die im Ergebnis von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht. Vielmehr müssen in der Regel den einzelnen tragenden Begründungselementen der angefochtenen Entscheidung geeignete Gegenargumente konkret gegenübergestellt und - soweit möglich - deren Vorzugswürdigkeit dargelegt werden. Insoweit unterscheiden sich die Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO an die Struktur einer Auseinandersetzung nicht von denjenigen, die an die Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung im Rahmen der Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils in einem Berufungszulassungsverfahren zu stellen sind (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 3.11.2016 - 12 ME 131/16 -, juris Rn. 15 m.w.N.). Stützt das Verwaltungsgericht sein Ergebnis auf mehrere Begründungen, muss die Beschwerde alle Begründungen aufgreifen, sich mit diesen auseinandersetzen und sie in Zweifel ziehen. Lässt der Beschwerdeführer eine tragende Begründung unangefochten, so hat er nicht dargelegt, weshalb die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern ist (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 25.7.2014 - 13 ME 97/14 -, juris Rn. 4). Auch wenn ein Prozessbevollmächtigter in Parallelverfahren mehrere Antragsteller vertritt, kann in Beschwerdeverfahren um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 146 Abs. 4 VwGO nur das in dem jeweiligen Beschwerdeverfahren innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist Vorgetragene berücksichtigt werden. Hat der Prozessbevollmächtigte daher in einem der Beschwerdeverfahren umfassender oder in anderer Weise vorgetragen, so kommt dieser Vortrag seinen übrigen Mandanten nicht zugute (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 1.6.2004 - 2 NB 889/04 -, juris Leitsatz). Mit Blick auf die verfassungsrechtlich gebotene Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dürfen die Anforderungen jedoch nicht überspannt werden - insbesondere wenn aufgrund der Eilbedürftigkeit einer Sache oder einer knappen oder gar fehlenden Entscheidungsbegründung eine Darlegung in der tatsächlich zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich erscheint (BVerfG, Beschl. v. 31.3.2004 - 1 BvR 356/04 -, juris Rn. 26 f.).

2. Der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. März 2023 - den Beteiligten zugestellt am 5. Mai 2023 - begründet die Entscheidung, den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 6. Februar 2023 abzulehnen, im Wesentlichen wie folgt:

Im Ergebnis zu Recht habe der Antragsgegner mit dem angegriffenen Bescheid vom 6. Februar 2023 die der Antragstellerin unter dem 29. November 2022 erteilte Kindertagespflegeerlaubnis aufgehoben. Allerdings finde die Aufhebung der Kindertagespflegeerlaubnis ihre Rechtsgrundlage - entgegen der im angefochtenen Bescheid vom Antragsgegner angeführten Begründung - nicht in § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Anwendungsvoraussetzung des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sei in Bezug auf die Aufhebung einer zuvor erteilten rechtlichen Begünstigung, dass diese (erst) nach ihrer Erteilung zumindest teilweise rechtswidrig geworden sei. Die der Antragstellerin unter dem 29. November 2022 erteilte Tagespflegeerlaubnis sei jedoch bereits im Zeitpunkt ihrer Erteilung rechtswidrig gewesen.

Dies folge erstens und selbständig tragend bereits daraus, dass es sich bei der von der Antragstellerin zu verantwortenden Kinderbetreuung gar nicht um Kindertagespflege im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VIII gehandelt habe. Vielmehr habe der Verbund eine gemäß § 45 SGB VIII erlaubnispflichtige, in der vorhandenen Form jedoch nicht erlaubte und auch nicht erlaubnisfähige einheitliche Tagesbetreuungseinrichtung im Sinne von §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 45a Satz 1 SGB VIII dargestellt. Eine persönliche Zuordnung jedes betreuten Kindes nur zu einer bestimmten Betreuungskraft sei nicht bloß faktisch im laufenden täglichen Betreuungsbetrieb teilweise nicht gewährleistet gewesen. Vielmehr sei allein schon aufgrund der von der Antragstellerin zu verantwortenden vertraglichen Gestaltung in allen drei formalen Großtagespflegestellen dieses für die Ausübung von Kindertagespflege essenzielle rechtliche Gebot systematisch, planvoll und vorsätzlich missachtet worden, ohne dass dies mit einer etwaigen - von der Antragstellerin mehrfach behaupteten - mangelnden Unterstützung des Antragsgegners für Fälle des Ausfalls von Betreuungskräften zu tun gehabt habe. Auch die von der Antragstellerin beim Antragsgegner eingereichten Konzepte legten nahe, dass die Kinderbetreuung unabhängig von Betreuungswechseln während der Randzeiten planmäßig ohne feste Zuordnung der betreuten Kinder zu einer einzigen Tagespflegeperson durchgeführt worden sei. Überdies seien das Außengelände sowie der Sanitärraum übergreifend von allen drei formalen Großtagespflegestellen genutzt worden. Selbst wenn es sich um einen faktischen Einrichtungsbetrieb und nicht tatsächlich um Kindertagespflege gehandelt hätte, hätten in allen drei formalen Großtagespflegestellen zusammen gemäß § 19 Abs. 1 und 3 NKiTaG nur insgesamt acht Kinder gleichzeitig betreut und für insgesamt nicht mehr als 16 Kinder Betreuungsverhältnisse vereinbart werden dürfen. Auf einen faktischen Einrichtungsbetrieb deuteten weiterhin die Außendarstellung im Internet sowie der gemeinsame Förderverein hin.

Zweitens und selbstständig tragend ergebe sich eine bereits anfängliche Rechtswidrigkeit der Tagespflegeerlaubnis daraus, dass die Antragstellerin bereits im Erteilungszeitpunkt persönlich nicht geeignet zur Durchführung von Kindertagespflege gewesen sei. Dies folge schon daraus, dass sie bewusst und planvoll bereits über einen längeren Zeitraum gesetzeswidrig eine Tagesbetreuungseinrichtung betrieben habe. Zudem habe sie mehrfach und insoweit auch systematisch und planvoll tagespflegestellenfremde Kinder in die durchgeführte Kindertagesbetreuung integriert.

Die Aufhebung der Kindertagespflegeerlaubnis könne - ausnahmsweise - auf § 45 Abs. 1, 2 SGB X gestützt werden. Die Rechtswidrigkeit der erteilten Tagespflegeerlaubnis folge zum einen selbstständig tragend daraus, dass nach den vertraglichen Ausgestaltungen der Arbeits- und Betreuungsverhältnisse die Kinderbetreuung tatsächlich nicht in Form von Kindertagespflege, sondern weiterhin systematisch und planvoll als Tageseinrichtungsbetrieb organisiert worden sei. Zum anderen habe die Antragstellerin mit ihrem Verhalten nach der Erteilung der Tagespflegeerlaubnis am 29. November 2022 weiterhin derart gravierende Mängel in ihrer Persönlichkeit und Integrität aufgezeigt, dass ihr die erforderliche persönliche Eignung zur Ausübung von Kindertagespflege fehle. Auch insoweit sei - zunächst bereits selbständig tragend - der Umstand zu Lasten der Antragstellerin zu werten, dass sie die Kindertagesbetreuung auch nach dem 1. Dezember 2022 weiterhin vorsätzlich, planvoll und systematisch rechtswidrig als faktischen Einrichtungsbetrieb organisiert und durchgeführt habe. Hinzu kämen weitere gravierende Verstöße gegen für die Ausübung von Kindertagespflege maßgebliche Vorschriften, die ihrerseits ebenfalls - teilweise allein für sich tragend - die Ungeeignetheit zur weiteren Ausübung von Kindertagespflege begründeten. So seien sowohl am 21. Dezember 2022 als auch am 26. Januar 2023 Überschreitungen der zulässigen Höchstgrenze gleichzeitig zu betreuender Kinder festgestellt worden. Diese Verstöße trügen die Feststellung der persönlichen Ungeeignetheit bereits selbständig, weil ihr bereits in der Vergangenheit vom Antragsgegner immer wieder Überbelegungen vorgehalten worden seien. Darüber hinaus habe sie am 26. Januar 2023 wenigstens für einen Zeitraum von rund 30 Minuten das ihrem Ehemann vertraglich zugewiesene Tagespflegekind C. durch ihre minderjährige Tochter betreuen lassen. Diese Fremdbetreuung habe bereits in ihrem unstreitigen Umfang eine schwerwiegende Verletzung der für die Kindertagespflege essenziellen höchstpersönlichen Aufsichtspflicht dargestellt. Erschwerend komme insoweit das ebenfalls unstreitige Verbringen des Tagespflegekindes in einen brandschutztechnisch dafür nicht zugelassenen Teil des Gebäudes hinzu. Ferner sei jedenfalls am 30. Januar 2023 die Haupteingangstür des Gebäudes verschlossen gewesen, obgleich diese als Notausgang gekennzeichnet sei.

Die Antragstellerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, denn sie habe gewusst, dass die ihr unter dem 29. November 2022 erteilte Tagespflegeerlaubnis rechtswidrig gewesen sei, da sie fortlaufend das gerade für die Abgrenzung von Kindertagespflege in Großtagespflegestellen zur Kinderbetreuung im Einrichtungsbetrieb essenzielle Gebot der höchstpersönlichen Betreuung verletzt habe.

Der tatsächliche Ermessensausfall auf Seiten des Antragsgegners sei im vorliegenden Fall ausnahmsweise unschädlich, weil die vom Antragsgegner getroffene Entscheidung die einzig rechtsfehlerfrei zulässige gewesen sei, mithin eine Ermessensreduktion auf Null vorgelegen habe. Vorliegend sei aufgrund der Schwere und der Vielzahl der von der Antragstellerin begangenen bzw. zu verantwortenden Verstöße gegen die rechtlichen Vorgaben und ihrer daraus abzuleitenden fehlenden persönlichen Eignung zur Ausübung von Kindertagespflege kein milderes Mittel als der Entzug der Tagespflegeerlaubnis denkbar gewesen.

Die an die Antragstellerin in dem angefochtenen Bescheid zusätzlich adressierte Untersagung, Kindertagespflege persönlich oder durch von ihr abhängig beschäftigte und weisungsgebundene Kindertagespflegepersonen in ihren Geschäftsräumen fortzuführen, finde ihre Rechtsgrundlage in § 11 NPOG i.V.m. §§ 22 Abs. 1, 43, 45 SGB VIII. Soweit diese Untersagung auf die Antragstellerin selbst bezogen sei, gehe sie ins Leere, denn bereits infolge der Aufhebung ihrer Tagespflegeerlaubnis sei es ihr untersagt gewesen, weiterhin persönlich Kindertagespflege auszuüben. Es habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Form der Unversehrtheit der Rechtsordnung und auch des Wohls der Tagespflegekinder vorgelegen. Denn eine selbst nicht im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VIII geeignete Tagespflegeperson dürfe Kindertagespflege auch nicht durch weisungsgebunden angestellte Tagespflegepersonen durchführen lassen. Dies folge schon aus der Natur der Sache. Denn anderenfalls würde die Ungeeignetheit faktisch auf die angestellten Tagespflegepersonen durchschlagen, die arbeitsrechtlich nach den Weisungen der ungeeigneten Tagespflegeperson zu handeln hätten und deshalb nicht eigenverantwortlich in der Lage wären, daraus resultierende Verstöße gegen kindertagespflegespezifische Vorschriften zu unterbinden. Das zeige gerade der vorliegende Fall: Die Antragstellerin habe persönlich und auch durch die bei ihr angestellten Tagespflegepersonen systematisch und planvoll gegen die für Kindertagespflege geltenden Rechtsvorschriften verstoßen, indem sie die bei ihr angestellten Betreuungskräfte veranlasst habe, mit den Eltern vertragliche Betreuungspflichten einzugehen, die sie nach den arbeitsvertraglichen Bedingungen gar nicht regelmäßig hätten erfüllen können. Dadurch sei es zu einer systematischen teilweisen Fremdbetreuung von Kindern gekommen. Auch habe sie wiederholt eine Übernahme von Betreuung über die höchstzulässige Anzahl gleichzeitig betreuter Kinder angewiesen. So habe sie jedenfalls abstrakt Kindeswohlgefährdungen herbeigeführt bzw. zu verantworten. Die Antragstellerin habe zudem widerrechtlich ohne Erlaubnis, und obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Erlaubnis auch nicht bestanden hätten, eine Einrichtung im Sinne der §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 45a SGB VIII betrieben und dazu auf die bei ihr angestellten Betreuungskräfte zurückgegriffen. Auch dieser rechtswidrige Zustand rechtfertige das Eingreifen des Antragsgegners, da ein solcher Verstoß gegen die Rechtsordnung nicht hinzunehmen sei, weil er unter den in §§ 104 Abs. 1 Nr. 2, 105 Nr. 2 SGB VIII normierten Voraussetzungen sogar eine Straftat darstelle. Auch insoweit habe eine Ermessensreduzierung "auf Null" bestanden, da keine andere Entscheidung rechtfehlerfrei gewesen wäre. Ein milderes Mittel als die vollständige Untersagung der weiteren Kindertagesbetreuung sei auch deshalb nicht ersichtlich, weil die Antragstellerin durch ihr Verhalten bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides gezeigt habe, dass sie sich mit höchster Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht an rechtliche Vorgaben halten würde.

Aus diesen Gründen überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Aufschubinteresse der Antragstellerin, da das Kindeswohlinteresse die Berufsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie deren Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus Art. 14 GG überwiege.

3. Die Beschwerdebegründung wird den gesetzlichen Anforderungen nach § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 4 VwGO nicht gerecht.

Die Antragstellerin greift zunächst nicht sämtliche tragenden Begründungselemente an, auf die das Verwaltungsgericht sein Ergebnis selbstständig tragend gestützt hat. Infolgedessen hat sie bereits nicht darzulegen vermocht, weshalb die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern ist. Teilweise bleibt des Weiteren der rechtliche Bezugspunkt der Ausführungen der Antragstellerin unklar; zwar werden einzelne Aspekte der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wiederholt und als fehlerhaft bewertet, diese Ausführungen werden jedoch unter anderem nicht den gerichtlichen Prüfungsschritten zugeordnet. An vielen Stellen wird insbesondere lediglich das - nicht näher begründete - Ergebnis einer eigenen Würdigung der Sach- und Rechtslage vorgetragen, ohne dass eine Auseinandersetzung mit der Argumentation der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der gebotenen Weise erfolgt.

Im Einzelnen:

Soweit die Antragstellerin auf Bl. 4 und Bl. 5 fünfter Absatz der Beschwerdeschrift vom 19. Mai 2023 sowie auf Bl. 3 des Schriftsatzes vom 5. Juni 2023 sinngemäß vorträgt, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts deshalb fehlerhaft sei, da eine Kindeswohlgefährdung nicht vorliege, hat sie sich bereits nicht mit sämtlichen tragenden Begründungselementen des angefochtenen Beschlusses auseinandergesetzt und das Entscheidungsergebnis infolgedessen auch nicht durchgreifend in Frage zu stellen vermocht. Denn der Beschluss des Verwaltungsgerichts hat - anders als die Antragstellerin meint - eine "Kindeswohlgefährdung" nicht "allein" deshalb angenommen, da "die Arbeitszeiten mit den Betreuungszeiten nicht in Einklang zu bringen sind" (so aber Bl. 4, letzter Absatz der Beschwerdeschrift vom 19. Mai 2023). Zwar ist es zutreffend, dass das Verwaltungsgericht auch festgestellt hat, dass die Kinderbetreuung ausweislich der vertraglichen Ausgestaltung der Arbeits- und Betreuungsverhältnisse nicht in Form von Kindertagespflege, sondern systematisch und planvoll als Tageseinrichtungsbetrieb organisiert worden sei (vgl. Bl. 19 des Beschlussabdrucks). Daneben hat es das Entscheidungsergebnis allerdings - ausdrücklich selbstständig tragend - auch auf das weitere Verhalten bzw. eine fehlende Eignung der Antragstellerin zur Ausübung von Kindertagespflege gestützt (vgl. Bl. 20 bis 23 des Beschlussabdrucks). Das Verwaltungsgericht benennt unter anderem

- wiederholte Überschreitungen der von Gesetzes wegen zulässigen Höchstgrenze gleichzeitig zu betreuender Kinder am 21. Dezember 2022 sowie am 26. Januar 2023 (Bl. 20 f. des Beschlussabdrucks),

- die Betreuung eines ihrem Ehemann, der jedoch nicht zugegen war, vertraglich zugewiesenen Tagespflegekindes am 26. Januar 2023 jedenfalls für einen Zeitraum von rund 30 Minuten durch die minderjährige Tochter der Antragstellerin in einen brandschutztechnisch dafür nicht zugelassenen Teil des Gebäudes (Bl. 22 f. des Beschlussabdrucks) sowie

- eine am 30. Januar 2023 geschlossene Haupteingangstür des Gebäudes, obgleich diese als Notausgang gekennzeichnet sei (Bl. 23 des Beschlussabdrucks).

Mit diesen - gewichtigen - Argumenten zur Begründung der Entscheidung setzt sich die Antragstellerin in ihrer Beschwerdeschrift nicht hinreichend bzw. gar nicht auseinander. Dies gilt auch im Hinblick auf die Rügen auf Bl. 5 Absätze eins bis vier der Beschwerdeschrift vom 19. Mai 2023. Soweit es dort heißt, dass zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorgelegen habe, die Rechtsgrundlage fehlerhaft ausgelegt und vorliegend nicht einschlägig sei sowie "weniger einschneidende Maßnahmen" ausreichend gewesen wären, wird im Übrigen lediglich das Ergebnis einer eigenen Würdigung der Sach- und Rechtslage vorgetragen, die von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht, ohne sich mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts in der gebotenen Weise auseinanderzusetzen.

Soweit es in dem Schriftsatz vom 5. Juni 2023 (Bl. 4, vorletzter Absatz) heißt, dass eine Kindeswohlgefährdung nur abstrakt und nicht konkret begründet worden sei, gilt es zu bedenken, dass auch eine "abstrakte Kindeswohlgefährdung" jederzeit zu einer Schädigung gewichtiger Rechtsgüter führen kann. Begründet das Verwaltungsgericht seinen Beschluss etwa damit, dass ein Tagespflegekind am 26. Januar 2023 in einen brandschutztechnisch dafür nicht zugelassenen Teil des Gebäudes (noch dazu von der minderjährigen Tochter der Antragstellerin) betreut worden sei, kann dem freilich nicht entgegengehalten werden, dass es nicht gebrannt habe (so aber Antragsschrift vom 11. Februar 2023, Bl. 7 unten). Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sollen gerade verhindern, dass sich eine abstrakte Gefährdung in einem konkreten Schaden manifestiert. Mit diesem Aspekt hat sich das Verwaltungsgericht auf Bl. 17 bis 24 im Rahmen der Prüfung der Zuverlässigkeit und Integrität umfassend auseinandergesetzt, ohne dass die Antragstellerin diese Ausführungen aufgreift und diesen hinreichend entgegentritt.

Nichts Anderes folgt aus der pauschalen Bezugnahme auf die "eidesstattlichen Versicherungen der Eltern" (Bl. 4 der Beschwerdeschrift, Anlage zur Antragsschrift vom 11. Februar 2023, Bl. 8 ff. der Gerichtsakte); aus diesen gehe hervor, "wie sehr wohl für das Kindeswohl und insbesondere auch für das Wohl der beteiligten Familien gesorgt" worden sei. Dabei verkennt der Senat nicht, dass daraus mitunter folgt, dass die Eltern einiger von der Antragstellerin in der Vergangenheit betreuten Kinder auf diese Betreuung angewiesen sind, sie die Arbeit der Antragstellerin wertschätzen und schildern, dass ihre Kinder gern von der Antragstellerin betreut werden. Der Verweis auf diese eidesstattlichen Versicherungen erfüllt das gesetzliche Darlegungserfordernis jedoch bereits deshalb nicht, da durch eine eidesstattliche Versicherung allenfalls Tatsachen, die die Beschwerdebegründung nicht benennt, nicht aber das Ergebnis einer juristischen Subsumtion (Kindeswohlgefährdung bzw. Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung) versichert werden kann. Überdies wird hier erneut das Ergebnis einer eigenen Würdigung der Sach- und Rechtslage durch die Antragstellerin vorgetragen, ohne sich mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen.

Soweit die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift vom 19. Mai 2023 (dort Bl. 2, zweiter Absatz, Bl. 3 ebenfalls zweiter Absatz, Bl. 5, fünfter Absatz) ausführt, dass sie drei GroßtagespfIegesteIIen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII - und keine Tagesbetreuungseinrichtung im Sinne von §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 45a Satz 1 SGB VIII - betreibe, jede dieser Tagespflegestellen über einen eigenen Küchenbereich, über Schlafplätze, über Wickelbereiche, ausreichend Spielgelegenheiten für die Kinder sowie einen Aufenthaltsraum für die KindertagespfIegepersonen verfüge und "die einzelnen Strukturen für sich betrachtet" werden müssten, vermag auch dies das Entscheidungsergebnis nicht in Zweifel zu ziehen. Sollte die Antragstellerin damit der erstinstanzlichen Entscheidung sinngemäß mit dem Vortrag entgegentreten wollen, dass es eine pflegestellenübergreifende Nutzung der Räumlichkeiten durch die drei GroßtagespfIegesteIIen nicht gegeben habe, fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den umfassenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu der gemeinsamen Nutzung der Räumlichkeiten sowie des Außengeländes. Es wird hier insbesondere nicht konkret aufgezeigt, in welchen Punkten und aus welchen Erwägungen heraus die Antragstellerin diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts für unrichtig hält (vgl. zu den Räumlichkeiten auch die Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 14. März 2023, Bl. 846 ff. der Gerichtsakte), zumal das Verwaltungsgericht das Subsumtionsergebnis nicht allein auf die gemeinsame Nutzung der Räumlichkeiten, sondern auch auf die Ausgestaltung der zu dem Zeitpunkt geltenden Arbeits- und Betreuungsverhältnisse, die von der Antragstellerin erstellten Konzepte, die Außendarstellung und den gemeinsamen Förderverein gestützt hat; dahingehend fehlt es aber an Ausführungen.

Im Hinblick auf das Vorbringen, die gesetzliche Grundlage sei "unzureichend geregelt", wird bereits nicht deutlich, welche Vorschrift gemeint ist, zumal diverse Vorschriften nacheinander wortwörtlich zitiert werden (Bl. 2 der Beschwerdeschrift, dort vierter Absatz sowie Bl. 3). Es bleibt auch offen, inwiefern diese Rüge Einfluss auf die angegriffene Entscheidung haben könnte, zumal die Antragstellerin Normen des Niedersächsischen Gesetzes über Kindertagesstätten und Kindertagespflege im Anschluss an die Kritik an der gesetzlichen Grundlage gleichwohl anwendet und zu einem - für sie - vorteilhaften Ergebnis kommt (vgl. Bl. 3, erster Absatz der Beschwerdeschrift vom 19. Mai 2023). Soweit es auf Bl. 5 der Beschwerdeschrift heißt, dass das Gesetz keine Rechtsfolge "für eine grenzwertige Überschreitung der Individualbetreuung zur Kollektivbetreuung, die die Unterscheidung zwischen Großtagespflege einerseits, aber auch Kindertagesstätte andererseits erfordert", vorsehe, hat sich das Verwaltungsgericht auf Bl. 7 f. der angegriffenen Entscheidung unter Verweis auf die Gesetzesbegründung (LT- Drs. 18/8713, S. 104), eine vormalige Fassung des Gesetzes sowie das Ergebnis einer systematischen sowie teleologischen Auslegung umfassend mit diesem Aspekt auseinandergesetzt, ohne dass die Antragstellerin den dortigen Ausführungen mit Argumenten entgegengetreten ist; zumal diese Rüge die weiteren - selbstständig tragenden - Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Zweifel zieht.

Soweit es auf Bl. 5 f. der Beschwerdeschrift vom 19. Mai 2023 heißt

"da insgesamt die Ausgestaltung des hier in Bezug genommenen Gesetzes zur Neugestaltung des Niedersächsischen Rechts der Tageseinrichtungen für Kinder und der Kindertagespflege weder durch Verordnung Regelungscharakter erhält und hat, ist insbesondere die Entscheidung gegenüber der Klägerin und Antragstellerin vorgreiflich",

bleibt erneut offen, wieso es, damit das geltende Niedersächsische Gesetz über Kindertagesstätten und Kindertagespflege gegenüber der Antragstellerin Regelungscharakter entfaltet, einer Rechtsverordnung bedarf. Gleiches gilt infolgedessen auch für den Vortrag, dass die Entscheidung - des Antragsgegners oder des Verwaltungsgerichts - gegenüber der Antragstellerin vorgreiflich sei. Sollte damit gemeint sein, dass die Anwendung des Niedersächsischen Gesetzes über Kindertagesstätten und Kindertagespflege einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung vorgreift, gilt das Vorstehende.

Die Rüge mangelnder Sachverhaltsaufklärung geht ins Leere; auf Bl. 5 neunter Absatz der Beschwerdeschrift vom 19. Mai 2023 heißt es dazu, dass das Verwaltungsgericht keine Sachaufklärung betrieben habe, "wenn es nur auf Arbeits- und Betreuungszeiten abstellt, um die Frage der Rechtswidrigkeit und die Frage der KindeswohIgefährdung zu beantworten". Die Antragstellerin macht bereits nicht deutlich, welche Tatsachen durch das Verwaltungsgericht - zumal im Eilverfahren - aufzuklären gewesen wären. Aus der Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 14. März 2023 geht überdies nicht hervor, dass die Antragstellerin eine mangelnde Sachverhaltsaufklärung gerügt hätte; dies wird auch nicht vorgetragen. Es tritt hinzu, dass sich aus der angefochtenen Entscheidung und dem von der Antragstellerin als Anlage zur Beschwerdeschrift übersendeten Urteil vom 14. März 2023 - 3 A 1393/23 - an vielen Stellen ergibt, dass das Gericht, das über das Eil- und Hauptsacheverfahren am selben Tag entschieden hat, auch im Hinblick auf andere Tatsachen Beweis erhoben hat (vgl. ausdrücklich Bl. 28 des Urteilsabdrucks: Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten sowie informatorische Befragung der Beteiligten).

Soweit es schließlich auf Bl. 5, dritter Absatz der Beschwerdeschrift vom 19. Mai 2023 heißt, dass der Antragsgegner zu keinem Zeitpunkt Ansprechpartner und Ersatzbeschaffer für KindertagespfIegepersonen für den Fall von Krankheit und situativ bedingte Ausfälle gewesen sei, sondern lediglich Flugblätter verteilt und darauf hingewiesen habe, dass es irgendeine Stelle gebe, die diese Fragen beantworten könne (vgl. auch Bl. 2 f. des Schriftsatzes vom 5. Juni 2023), verfängt dieser Einwand nicht. Selbst wenn der Antragsgegner die Betreuung während der Ausfallzeiten nach § 23 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII nicht ausreichend sichergestellt hätte, so ist jedenfalls nicht dargelegt worden, inwiefern dadurch die tragenden Begründungselemente der angefochtenen Entscheidung - die Antragstellerin betreibe vorsätzlich, planvoll und systematisch tatsächlich bereits seit längerem eine erlaubnispflichtige, in der vorhandenen Form jedoch nicht erlaubte einheitliche Tagesbetreuungseinrichtung im Sinne von §§ 22 Abs. 1 Satz 1, 45a Satz 1 SGB VIII und sei persönlich nicht geeignet zur Durchführung von Kindertagespflege - in Zweifel gezogen werden könnten. Eine unter Umständen gegebene unzureichende Erfüllung der Verpflichtung aus § 23 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII durch den Antragsgegner führt jedenfalls nicht dazu, dass die Antragstellerin nicht mehr an rechtliche Vorgaben gebunden ist.

Im Hinblick auf den sinngemäßen Vortrag, dass stets das Allgemein- mit dem Individualinteresse abgewogen werden müsse und der Bescheid eine solche Abwägung nicht enthalte bzw. sie sich der Auffassung, dass hier eine Ermessenreduktion vorliege, nicht anschließen könne (Bl. 4 der Beschwerdebegründung vom 5. Juni 2023), fehlt es bereits an einer Auseinandersetzung mit der umfassend begründeten Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur Ermessensreduktion auf Null (vgl. Bl. 21 f. des Beschlusses). Hier hat die Antragstellerin ohne nähere Erläuterung ihre eigene Rechtsauffassung dargestellt, was gemessen an den zuvor dargestellten Maßgaben nicht ausreichend ist.

Selbst wenn in der wörtlichen Wiedergabe der Beschwerdebegründung aus dem Verfahren 14 ME 63/23 - die auch einen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Beschwerde in diesem Parallelverfahren enthält (vgl. kursiver Text in Anführungszeichen in dem Schriftsatz vom 5. Juni 2023) - ein Fristverlängerungsantrag auch für das hiesige Verfahren zu erblicken wäre, könnte die gesetzliche Frist nicht verlängert werden; darauf ist die Antragstellerin mit richterlicher Hinweisverfügung vom 6. Juni 2023 an ihren Prozessbevollmächtigten in dem Parallelverfahren 14 ME 63/23 hingewiesen worden (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 224 Abs. 2 ZPO; BayVGH, Beschl. v. 21.9.2018 - 11 CS 18.1910 -, juris Rn. 2; Kaufmann, in: BeckOK VwGO, § 146 Rn. 11 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).