Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.11.2019, Az.: 10 OA 217/19

Streitwertbeschwerde; Verschlechterungsverbot

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.11.2019
Aktenzeichen
10 OA 217/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 69844
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 24.09.2019 - AZ: 9 A 662/17

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der Streitwert in Verfahren um eine pflanzenschutzrechtliche Zulassung ist in der Regel mit 100.000 Euro ausreichend bemessen.

Tenor:

Unter Zurückweisung der Beschwerde der Prozessbevollmächtigen der Klägerin gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - Berichterstatterin der 9. Kammer - vom 24. September 2019 wird der Beschluss geändert und der Streitwert für den ersten Rechtszug auf 100.000 Euro festgesetzt.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Die Streitwertbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert nicht – wie die Beschwerdeführer meinen – um 2,75 Millionen Euro zu niedrig angesetzt, sondern um 150.000 Euro zu hoch, so dass die Wertfestsetzung insoweit zu ändern ist.

Über die zulässige Beschwerde entscheidet gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) der Berichterstatter des Senats als Einzelrichter, weil der angegriffene Beschluss durch die Berichterstatterin (vgl. dazu Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 27.05.2019 – 13 OA 134/19 –, juris Rn. 2 unter Verweis auf den Beschluss vom 14.10.2011 – 13 OA 196/11 –, juris Rn. 3; a.A. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 08.10.2010 – 5 OA 259/10 –, juris Rn. 1; zum Streitstand vgl. Laube in BeckOK, Kostenrecht, Stand: 01.09.2019, GKG § 68 Rn. 144) der Kammer getroffen worden ist.

Die Streitwertbeschwerde ist zulässig, insbesondere nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthaft und gemäß § 68 Abs. 1 Satz 3 Halbsätze 1 und 2 sowie Satz 5 in Verbindung mit § 63 Abs. 3 Satz 2 und § 66 Abs. 5 Satz 5 GKG fristgerecht beim Verwaltungsgericht im Namen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)) eingelegt worden.

Sie ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert vielmehr um 150.000 Euro höher festgesetzt, als sich das wirtschaftliche Interesse der Klägerin objektiv beurteilen lässt. Insoweit ist die Streitwertfestsetzung für den ersten Rechtszug nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG zu ändern. Im Rahmen von Beschwerden gegen die Festsetzung des Streitwerts nach § 68 GKG besteht kein Verschlechterungsverbot (Senatsbeschluss vom 24.03.2015 – 10 OA 9/15 –, juris Rn. 2; vgl. auch Niedersächsisches OVG, Beschlüsse vom 14.10.2011 – 13 OA 196/11 –, juris Rn. 9 und vom 04.02.2008 – 5 OA 185/07 –, juris Rn. 2).

Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist dabei das sich bei objektiver Beurteilung aus der Antragsbegründung ergebende wirtschaftliche und gegebenenfalls auch ideelle (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 15.09.2015 – 9 KSt 2.15 –, juris Rn. 2 m.w.N.) Interesse an der angestrebten gerichtlichen Entscheidung, nicht die Bedeutung, die ihr subjektiv beigemessen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.09.2016 – 5 KSt 6.16 –, juris Rn. 2; Senatsbeschluss vom 30. Mai 2018 – 10 OA 194/18 –, juris Rn. 3).

In Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens hält der Senat das Interesse an einer erstrebten pflanzenschutzrechtlichen Zulassung nach ständiger Praxis mit 100.000 Euro in der Regel als ausreichend bemessen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.10.2019 – 10 ME 191/19 –, juris Rn. 26, vom 10.04.2014 – 10 LA 32/13 –, vom 13.01.2014 – 10 LA 48/12 und vom 24.08.2010 – 10 LA 118/09 – (Tenor nicht veröffentlicht), jeweils juris). Mit der Befugnis, den Streitwert gemäß § 52 Abs. 1 GKG „nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, soweit nichts anderes bestimmt ist“, ist dem Gericht im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung die Möglichkeit eingeräumt, den Wert des Streitgegenstands zu schätzen, sich einer weitgehenden Schematisierung und Typisierung für gleichartige Streitigkeiten zu bedienen und zu pauschalieren (Senatsbeschluss vom 24.03.2015 – 10 OA 9/15 –, juris Rn. 4; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 15.09.2015 – 9 KSt 2.15 –, BeckRS 2015, 54083 Rn. 4). Eine andere Bestimmung der Höhe des Streitwerts kann in Verfahren um eine pflanzenschutzrechtliche Zulassung etwa dann erfolgen, wenn der Antragsbegründung in ausreichend substantiierter Weise eine Gewinnerwartung zu entnehmen ist, die eine abweichende Festsetzung rechtfertigt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 31.05.2010 – 10 ME 51/10 –, juris).

Vorliegend hat die Klägerin in ihrer Klageschrift den Streitwert zwar mit 250.000 Euro beziffert, sie hat hierzu jedoch, auch im weiteren Verfahren, keine weitergehenden Ausführungen gemacht, woraus sich dieser bzw. eine solche Gewinnerwartung ergeben soll. Eine objektive Beurteilung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin an der von ihr erstrebten gerichtlichen Entscheidung ist daher allein aufgrund ihrer pauschalen Angabe des von ihr behaupteten Werts der Streitsache nicht möglich. Auch soweit die Beklagte in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzend ausgeführt hat, dass die Angaben der Klägerin in einem Schadensersatzprozess gegen sie vor dem Landgericht dezidiert angegriffen worden seien und einen Gewinn in Höhe von allenfalls 200.000 Euro plausibler erscheinen ließen, lässt sich das wirtschaftliche Interesse der Klägerin nicht hinreichend nachvollziehen. Die Beteiligten können sich auch nicht in einer das den Streitwert festsetzende Gericht bindenden Weise über dessen Höhe einigen. Die Höhe des Streitwerts, nach der auch die Gerichtskosten zu bemessen sind, steht nicht zur Disposition der Beteiligten (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.08.2009 – 1 E 727/09 –, juris Rn. 11).

Soweit die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerdebegründung nunmehr geltend machen, dass ein Streitwert in Höhe von 3 Millionen Euro angemessen sei, ist auch dieses Vorbringen nicht hinreichend substantiiert, zumal sie insoweit auf einen nicht näher konkretisierten Schaden abstellen und nicht auf den zum Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. § 40 GKG) noch erwarteten Gewinn (vgl. Senatsbeschluss vom 31.05.2010 – 10 ME 51/10 –, juris).

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 68 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).