Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 21.07.2023, Az.: 5 LA 85/21

Antragserfordernis; beamtenrechtlicher Schadensersatzanspruch; Klagevoraussetzung; nicht nachholbare Klagevoraussetzung; nicht zügiges Stellenbesetzungsverfahren; Sachurteilsvoraussetzung; Stellenbesetzungsverfahren; Zulässigkeit; Beamtenrechtlicher Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Beförderung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.07.2023
Aktenzeichen
5 LA 85/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 26814
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0721.5LA85.21.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 10.05.2021 - AZ: 13 A 3186/20

Fundstellen

  • DÖV 2023, 868
  • IÖD 2024, 7-11
  • NVwZ-RR 2023, 922-924
  • NordÖR 2023, 553

Amtlicher Leitsatz

Hat der Dienstherr nicht von Amts wegen über eine Leistung an den Beamten - hier Anspruch auf Schadensersatz - zu entscheiden, muss der Beamte das Verwaltungsverfahren erst durch einen beim Dienstherrn zu stellenden Antrag in Gang setzen. In diesen Fällen stellt der vor Erhebung der Klage zu stellende Antrag nicht lediglich eine im Prozess nachholbare Sachurteilsvoraussetzung, sondern eine nicht nachholbare Klagevoraussetzung dar. Eine einen Anspruch auf beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch auslösende Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs kann sich nicht aus einem nicht zügig durchgeführten Stellenbesetzungsverfahren - etwa wegen (wiederholter) Aushebung einer Auswahlentscheidung und der Notwendigkeit neuer Auswahlentscheidung(en) - ergeben.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 13. Kammer (Berichterstatter) - vom 10. Mai 2021 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Berufungszulassungsverfahren auf 41.369,08 EUR festgesetzt. Der Wert des Streitgegenstands für das erstinstanzliche Verfahren wird geändert und auf 40.997,14 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt zum einen die Aufhebung von zwei näher bezeichneten Bescheiden über Auswahlentscheidungen in der Beförderungsrunde 2018/19 für ein Beförderungsamt nach der Besoldungsgruppe A 12 sowie zum anderen die Verpflichtung der Beklagten, sie - die Klägerin - im Wege des Schadensersatzes dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als ob sie bereits zum 1. November 2018, hilfsweise zum 1. August 2019 in ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 befördert worden wäre.

Sie ist Bundesbeamtin und dem Postnachfolgeunternehmen Deutsche Telekom AG zugeordnet. Sie befand sich zum Zeitpunkt der Beförderungsrunde 2018/19 im Statusamt einer Postamtfrau (Besoldungsgruppe A 11). Die Deutsche Telekom AG teilte ihr mit Schreiben vom 28. November 2018 (vgl. Bl. 98 der Gerichtsakte) mit, dass sie im Zuge der Beförderungsrunde 2018/19 auf der Beförderungsliste "..." nach A 12 zwar mit dem Ergebnis "Sehr gut +" geführt werde, aber einer Beförderung die fehlende Erprobungszeit von mindestens sechs Monaten "auf einer höherwertigen Tätigkeit" (§§ 32 Nr. 2, 34 Abs. 1 BLV) entgegenstehe. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Die Deutsche Telekom AG teilte unter dem 11. April 2019 mit, dass sie die streitige Auswahlentscheidung aufheben und eine neue Auswahlentscheidung treffen werde. Sie teilte der Klägerin unter dem 6. August 2019 die neue Auswahlentscheidung mit, dass sie nicht befördert werden könne, und wiederholte die Begründung der Auswahlentscheidung vom November 2018. Dem Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gab das Verwaltungsgericht Hannover durch Beschluss vom 29. Mai 2020 - 13 B 3731/19 - statt und untersagte der Beklagten im Wege einer einstweiligen Anordnung, den ausgewählten Bewerber vor einer erneuten Auswahlentscheidung zu befördern. Mit Bescheid vom 7. August 2020 übertrug die Deutsche Telekom AG der Klägerin das Amt einer Postamtsrätin (Besoldungsgruppe A 12) und wies sie mit Wirkung vom 1. Juni 2020 in eine entsprechende Planstelle ein.

Bereits zuvor hatte die Klägerin am 8. Juni 2020 beim Verwaltungsgericht Hannover Klage erhoben mit den Anträgen:

1. die Bescheide der Deutschen Telekom AG vom 28. November 2018 und 6. August 2019 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verpflichten, im Wege des Schadensersatzes sie - die Klägerin - dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als ob sie bereits zum 1. November 2018, hilfsweise zum 1. August 2019 in ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 befördert worden wäre.

Vor Klageerhebung hatte sie bezüglich des Klageantrags zu 2. weder einen hierauf gerichteten Antrag bei der Beklagten gestellt noch Widerspruch erhoben.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Mai 2021 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Antrag zu 1. sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Hinsichtlich des Antrages zu 2. sei kein Raum für eine Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO, u. a. weil ein - hier vor Klageerhebung noch nicht gestellter - Antrag auf Zahlung von Schadensersatz kein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes sei. Da hier die Beklagte über den nachträglich gestellten Antrag der Klägerin auch nach Ablauf nahezu eines Jahres nicht entschieden habe, sei ausnahmsweise ein Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage zu bejahen. Letztlich könne dies jedoch dahinstehen, denn die Klage sei "jedenfalls insgesamt auch" unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Grundlage des Rechtsinstituts des beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruches so gestellt zu werden, als ob sie bereits zum 1. November 2018 oder zum 1. August 2019 befördert worden wäre. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil der von ihr geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bereits teilweise nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt worden ist und im Übrigen nicht vorliegt.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen. Es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2011 - 5 LA 28/10 -).

Ausgehend von diesen Grundsätzen rechtfertigt das Vorbringen der Klägerin nicht die Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

1.

Soweit das Verwaltungsgericht die Klage hinsichtlich des erstinstanzlich gestellten Antrages zu 1. mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen hat, geht die Klägerin in ihrer Zulassungsbegründung hierauf nicht ein und legt insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung nicht dar.

2.

Soweit das Verwaltungsgericht die Klage bezüglich des Antrages zu 2. abgewiesen hat und die Klägerin insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht, rechtfertigen ihre Darlegungen nicht die Zulassung der Berufung. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die Argumentation des Verwaltungsgerichts in Teilen widersprüchlich und angreifbar erscheint; gleichwohl wird dadurch die für die Entscheidung über die Zulassung der Berufung maßgebliche Ergebnisrichtigkeit des angegriffenen Urteils nicht infrage gestellt.

a.

Die Abweisung der Klage erweist sich schon deshalb als richtig, weil die auf Schadensersatz gerichtete Klage unzulässig war.

aa.

Soweit das Verwaltungsgericht von der fehlenden Statthaftigkeit einer Verpflichtungsklage mit der Erwägung ausgegangen ist, "der - vor Klageerhebung aber auch noch gar nicht gestellte Antrag auf Zahlung von Schadensersatz [stelle k]einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes dar", hat sich die Klägerin hiermit in ihrem Zulassungsvorbringen schon nicht auseinandergesetzt. Sie hat nicht dargelegt, aus welchen Gründen das angefochtene Urteil insoweit unrichtig sein sollte.

bb.

Auch soweit das Verwaltungsgericht seine Entscheidung darauf gestützt hat, dass grundsätzlich ein Rechtsschutzinteresse auch bei der Erhebung einer Leistungsklage fehle, wenn nicht zuvor ein entsprechender Antrag bei der Behörde gestellt worden sei, hier ausnahmsweise ein Rechtsschutzinteresse für die Leistungsklage zu bejahen sei, weil die Beklagte über den Antrag auch nach Ablauf fast eines Jahres nicht entschieden habe, dies letztlich dahinstehen könne, denn die Klage sei "jedenfalls insgesamt auch unbegründet", hat sich die Klägerin auch mit diesen Erwägungen nicht auseinandergesetzt.

Die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung vermag den Senat nicht in allen Teilen zu überzeugen, gleichwohl hat es die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Klägerin vor Erhebung der Klage auf Schadensersatz einen Antrag bei der Beklagten hätte stellen müssen. Nach der Rechtsprechung des Eufach0000000005s muss ein Beamter bei beamtenrechtlichen Fallgestaltungen, bei denen für den Dienstherrn keine Veranlassung besteht, von sich aus ohne Antrag des betroffenen Beamten tätig zu werden, das Verwaltungsverfahren durch einen beim Dienstherrn gestellten Antrag in Gang zu setzen. Dies gilt ausdrücklich auch für einen Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhafter Verletzung des aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs im Rahmen einer Auswahlentscheidung (BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 20.19 -, juris Rn. 35). Der vor Erhebung der Klage beim Dienstherrn zu stellende Antrag stellt nicht lediglich eine im Prozess nachholbare Sachurteilsvoraussetzung, sondern eine nicht nachholbare Klagevoraussetzung dar. Sein Fehlen macht - wie hier - die Klage unzulässig. Damit kann ein Beamter nicht unmittelbar mit einer Klage einen Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhafter Verletzung seines aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs zulässigerweise geltend machen, ohne zuvor beim Dienstherrn einen entsprechenden Antrag gestellt und gegen dessen ablehnende Entscheidung Widerspruch erhoben zu haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.6.2020 - BVerwG 2 C 20.19 -, juris Rn. 38 m. w. N. unter ausdrücklicher Aufgabe seiner zwischenzeitlichen gegenteiligen Rechtsprechung durch Urteile vom 28.6.2001 - BVerwG 2 C 48.00 - und vom 30.10.2013 - BVerwG 2 C 23.12 -). Da die Klägerin vor Erhebung ihrer Klage weder einen Antrag auf Schadensersatz wegen Verletzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs beim Dienstherrn gestellt noch das nach § 126 Abs. 2 BBG zwingend vorgesehene Widerspruchsverfahren durchgeführt hat, ist ihre Klage auch hinsichtlich des Antrages zu 2. als unzulässig abzuweisen gewesen.

b.

Soweit die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts geltend macht, soweit es die Klage in Bezug auf den Antrag zu 2. als unbegründet abgewiesen hat, weil die Voraussetzungen für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht vorlägen, greifen ihre Einwände nicht durch.

Sie hat zusammengefasst geltend gemacht: Die (rechtswidrige Ernennung) eines Konkurrenten sei nicht materielle Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs wegen verspäteter Beförderung. Ein solcher Anspruch verlange, dass der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt habe, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen habe, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Für das Entstehen des Anspruchs reiche es aus, dass der Dienstherr eine Auswahlentscheidung rechtswidrig verzögert habe und dem Beamten die dienst- und besoldungsrechtlichen Vorteile erst mit Verspätung zuflössen. Auf die (rechtswidrige) Beförderung eines Dritten komme es nicht an. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen unterbliebener oder verspäteter Beförderung bestehe auch dann, wenn die Beförderung des geschädigten Beamten tatsächlich erfolgt sei, jedoch mit erheblicher Verzögerung, soweit diese auf einer pflichtwidrigen und rechtswidrigen Durchführung des Auswahlverfahrens beruhe. In diesem Zusammenhang sei die Feststellung des Verwaltungsgerichts, das Auswahlverfahren sei abgebrochen worden, unrichtig. Tatsächlich sei das Auswahlverfahren zu keinem Zeitpunkt abgebrochen, sondern kontinuierlich bis zur letztlich erfolgten Beförderung fortgesetzt worden. So sei die Erklärung der Beklagten vom 11. April 2019 kein Abbruch des Auswahlverfahrens, sondern die Anerkennung des prozessualen Anspruchs gewesen. Der ausgewählte Beamte sei zweimal zu Unrecht ihr - der Klägerin - vorgezogen worden. Bei rechtmäßiger Durchführung "des ersten Auswahlverfahrens" der streitgegenständlichen Beförderungsrunde hätte sie aufgrund der besseren Beurteilung sofort befördert werden müssen. Dem sei die Beklagte letztlich auch gefolgt, denn sie - die Klägerin - sei "mit Wirkung zum 01.06.2020" befördert worden. Auch "im zweiten Konkurrentenrechtsstreit" hätte der ausgewählte Beamte ihr nicht vorgezogen werden dürfen. Deswegen sei sie aufgrund ihrer besseren Beurteilung letztlich auch zu Recht - allerdings mit erheblicher Verspätung - befördert worden, so dass ihr Schadensersatz zustehe.

Aus diesem Vorbringen ergibt sich aber nicht, dass die Klägerin entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts einen Anspruch darauf hätte, in Wege des Schadensersatzes dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als ob sie bereits zum 1. November 2018 oder zum 1. August 2019 in ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 befördert worden wäre.

Das Rechtsinstitut des beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt. Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis. Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamts den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl (Bewerbungsverfahrensanspruch) schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 15.6.2018 - BVerwG 2 C 19.17 -, juris Rn. 9 ff., Urteil vom 26.1.2012 - BVerwG 2 A 7.09 -, juris Rn. 15 jeweils m. w. N.; ebenso: OVG NRW, Urteil vom 4.5.2021 - 1 A 1453/18 -, juris Rn. 47; Bay. VGH, Beschluss vom 2.2.2021 - 3 ZB 20.615 -, juris Rn. 13, Beschluss vom 4.5.2020 - 3 ZB 19.733 -, juris Rn. 5). Entsprechendes gilt, wenn das Auswahlverfahren in rechtswidriger Weise abgebrochen worden ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28.2.2023 - 6 A 144/21 -, juris Rn. 7 f., 15 ff.).

Eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs kann aber nicht in einem nicht zügig durchgeführten Auswahlverfahren gesehen werden, etwa in Fällen, in denen zwar eine getroffene Auswahlentscheidung - ggf. mehrmals - aufgehoben worden ist, dabei - wie die Klägerin hier zutreffend geltend macht - das Auswahlverfahren aber nicht abgebrochen, sondern mit dem Ziel der Besetzung der Beförderungsstelle(n) fortgeführt worden ist. Insoweit ist zu berücksichtigten, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch eines Beamten verfahrensabhängig ist. Denn der Gewährleistungsgehalt von Art. 33 Abs. 2 GG ist auf das vom Dienstherrn bei der Vergabe des Amtes einzuhaltende Verfahren bezogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2020 - BVerwG 2 C 12.20 -, juris Rn. 24; OVG NRW, Beschluss vom 28.2.2023 - 6 A 144/21 -, juris Rn. 16). Dementsprechend erlischt der Bewerbungsverfahrensanspruch, wenn das Verfahren beendet wird. Dies kann zum einen durch die Ernennung des ausgewählten Bewerbers geschehen. Zum anderen kann der Bewerbungsverfahrensanspruch dadurch entfallen, dass das Stellenbesetzungsverfahren ohne Ergebnis, d. h. ohne Ernennung eines Bewerbers abgebrochen wird. Ist der Bewerbungsverfahrensanspruch durch eine rechtsbeständige Ernennung oder durch einen gerechtfertigten Abbruch erloschen, kann ein Bewerber nicht mehr verlangen, auf die ausgeschriebene Stelle befördert zu werden. Der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens schließt dann auch einen Schadensersatzanspruch aus, weil den Bewerbern kein Schaden entstanden sein kann. Die Durchführung eines Stellenbesetzungsverfahrens zwingt den Dienstherrn nicht, das Amt mit einem bestimmten Auswahlbewerber zu besetzen. Der Dienstherr ist rechtlich nicht gehindert, ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren vor einer Ernennung aus sachlichen Gründen zu beenden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.2012 - BVerwG 2 C 6.11 -, juris Rn. 11 ff., Urteil vom 31.3.2011 - BVerwG 2 A 2.09 -, juris Rn. 16; OVG NRW, Beschluss vom 28.2.2023 - 6 A 144/21 -, juris Rn. 18 ff.).

Nach Maßgabe dessen kann eine einen Schadensersatzanspruch auslösende Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs erst dann gegeben sein, wenn dieser erloschen ist, indem das zugrunde liegende Auswahlverfahren durch eine rechtswidrige Auswahlentscheidung, die zu einer rechtsbeständigen Ernennung (notwendigerweise eines anderen Bewerbers, mithin die eigene Nichtbeförderung) geführt hat, oder den rechtswidrigen Abbruch des Auswahlverfahrens endete.

Dementsprechend vermag die nicht zügige Durchführung eines Auswahlverfahrens einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs nicht zu begründen. So folgt aus der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsgewalt des Dienstherrn, dass es ihm im Grundsatz obliegt, nicht nur darüber zu entscheiden, ob und wann er welche Statusämter vorhält, sondern - im Rahmen einer angemessenen Ausgestaltung des Auswahlverfahrens - auch, wann er diese endgültig besetzen will (BVerwG, Urteil vom 17.11.2016 - BVerwG 2 C 27.15 -, juris Rn. 35, Urteil vom 13.12.2012 - BVerwG 2 C 11.11 -, juris Rn. 20, Urteil vom 29.11.2012 - BVerwG 2 C 6.11 -, juris Rn. 29). Die organisatorische Entscheidungshoheit des Dienstherrn über die zeitliche Dimension der Stellenbesetzung wird somit - abgesehen von Missbrauchsfällen - nicht durch subjektive Rechtspositionen des Beamten eingeschränkt. Es gibt keinen Anspruch auf die von der Klägerin geltend gemachte zügige Durchführung des Stellenbesetzungsverfahrens oder auf eine Entscheidung über die Bewerbung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dies folgt daraus, dass bereits kein Anspruch eines Beamten auf Bereitstellung einer Stelle besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.11.2016 - BVerwG 2 C 27.15 -, juris Rn. 35; Bay. VGH, Beschluss vom 30.10.2020 - 3 ZB 20.673 -, juris Rn. 11).

Da der Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin in der Beförderungsrunde 2018/19 letztlich aufgrund der rechtsbeständig gewordenen Auswahlentscheidung - nämlich durch ihre eigene Beförderung im August 2020 - erfüllt worden ist und damit ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs ausscheidet, wäre die Klage - wäre sie zulässig - als unbegründet abzuweisen.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Berufungszulassungsverfahren beruht auf §§ 39, 40, 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG in der zum Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszuges (21. Juni 2021) geltenden Fassung vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202) hinsichtlich des Antrags zu 1. und in entsprechender Anwendung des § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG (vgl. 10.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NordÖR 2014, 11) hinsichtlich des Antrags zu 2.

Mit Blick auf den Antrag zu 1. (Aufhebung von zwei näher bezeichneten Bescheiden) erachtet der Senat gemäß § 52 Abs. 2 GKG jeweils einen Wert 5.000 EUR, zusammen einen Teilstreitwert von 10.000 EUR für angemessen. Bezüglich des Antrages zu 2. (Schadensersatz wegen Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs) ergibt sich der Streitwert aus der Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen. Auszugehen ist insoweit von dem im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs maßgeblichen monatlichen Endgrundgehalt (hierzu: Nds. OVG, Beschluss vom 11.11.2014 - 5 ME 157/14 -, juris Rn. 30 m. w. N.) der Besoldungsgruppe A 12 in Höhe von 5.228,18 EUR (vgl. Anlage IV zu § 20 Abs. 2 Satz 2 BBesG in der am 21. Juni 2021 geltenden Fassung). Demnach ergibt sich ein Teilstreitwert von 31.369,08 EUR. Für das Berufungszulassungsverfahren beträgt der Gesamtstreitwert 41.369,08 EUR.

Die Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren folgt aus §§ 39, 40, 52 Abs. 2 und in entsprechender Anwendung § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG. Unter Berücksichtigung des im Zeitpunkt der Einleitung des ersten Rechtszugs maßgeblichen monatlichen Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 12 in Höhe von 5.166,19 EUR ergibt sich ein Gesamtstreitwert für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von 40.997,14 EUR. Die Festsetzung des Streitwertes für das erstinstanzliche Verfahren war gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen entsprechend zu ändern.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).