Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.01.2020, Az.: 9 LA 155/18

Anstoßfunktion; Aushang; Aushangfrist; Auslegung; Bekanntmachung; Hauptsatzung; Mitteilungsblatt; Ortsrecht; ortsüblich; Straßenbestandsverzeichnis; Tageszeitung; Unwirksamkeit; Veröffentlichungspraxis

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.01.2020
Aktenzeichen
9 LA 155/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 72081
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 12.09.2018 - AZ: 15 A 6408/15

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Will die Gemeinde Verwaltungsakte und andere Angelegenheiten wie Zeit und Ort der Auslegung eines Straßenbestandsverzeichnisses gemäß § 63 Abs. 2 Satz 2 NStrG a. F. durch Aushang bekannt machen, muss ihre Hauptsatzung die Dauer des Aushangs regeln (Fortführung NdsOVG, Urteil vom 14.8.2009 – 1 KN 219/07 – juris Rn. 36 m. w. N. zu § 2 Abs. 6 Satz 2 BBauG).

2. Das Fehlen der Aushangfrist führt nur zur Teilunwirksamkeit dieser Bekanntmachungsregelung für andere Angelegenheiten, nicht zur Unwirksamkeit der übrigen Regelungen über die Bekanntmachung von Satzungen etc.

3. Fehlt eine wirksame Bekanntmachungsregelung für Verwaltungsakte und andere Angelegenheiten, kann für deren ortsübliche Bekanntmachung auf die Regelung über die Bekanntmachung von Ortsrecht wie Satzungen und Verordnungen zurückgegriffen werden, wenn dies der Veröffentlichungspraxis der Gemeinde entspricht.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 15. Kammer - vom 12. September 2018 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 19.652,37 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover zuzulassen, mit dem dieses die Heranziehung des Klägers zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 19.652,37 EUR für den „Teilstreckenausbau (Erneuerung und Verbesserung) der Erschließungsanlage Marienstraße/Hafenstraße“ für rechtmäßig erachtet hat, hat keinen Erfolg.

Die von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht hinreichend dargelegt worden.

1. Aus dem Vorbringen des Klägers zur Begründung seines Zulassungsantrags ergeben sich im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die von diesem als maßgeblich angesehene öffentliche Einrichtung aus Hafenstraße, Goetheplatz sowie Marienstraße in Nienburg von der Beklagten ordnungsgemäß gewidmet worden sei. Die Einzelwidmung eines Teils der Marienstraße und die Bekanntmachung der Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses entsprechend den Vorgaben des § 13 Abs. 3 Satz 1 der Hauptsatzung der Beklagten vom 13. Dezember 1963 (– HS –) für die Bekanntmachung von Satzungen, Abgabenordnungen und Verordnungen im Amtsblatt des Landkreises und drei Presseorgangen sei unwirksam gewesen, weil für die Bekanntmachung isolierter Widmungen sowie der Auslegung eines Straßenbestandverzeichnisses nach der einschlägigen Regelung in § 13 Abs. 3 Sätze 3 und 4 HS allein die Bekanntmachung durch Aushang vorgesehen sei. Diese vorgeschriebene ortsübliche Bekanntmachung an der Bekanntmachungstafel sei jedoch nicht nachgewiesen worden. Sie sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht durch eine höherwertige Form der Bekanntmachung erfolgt, weil die Auslegungszeiten und der Auslegungsort des Straßenbestandsverzeichnisses „ortsüblich“ in der Presse und in dem amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises Nienburg, und damit ordnungsgemäß bekanntgemacht worden seien.

Dieser Vortrag begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.

Zutreffend ist, dass die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für öffentliche Einrichtungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG, zu denen auch die kommunalen öffentlichen Straßen/Verkehrsanlagen gehören (vgl. Senatsbeschluss vom 16.6.2019 – 9 LA 45/18 – juris Rn. 7 f.), voraussetzt, dass die ausgebaute Straße für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist (§ 6 NStrG). In Niedersachsen werden nach § 3 Abs. 3 NStrG Straßenverzeichnisse für öffentliche Straßen geführt, die u. a. für Gemeindestraßen in vereinfachter Form eingerichtet werden können (Bestandsverzeichnisse). Sofern eine vormalige Widmung der ausgebauten Straße nicht erfolgt oder ihre öffentliche Bekanntmachung (§ 6 Abs. 3 NStrG) nicht nachweisbar war, galt die Widmung nach § 63 Abs. 5 Satz 1 NStrG in der Fassung vom 14. Dezember 1962 (Nds. GVBl. S. 251 – NStrG a. F. –) als vollzogen, wenn eine Eintragung in das Bestandsverzeichnis unanfechtbar geworden ist (vgl. zur Widmungsfiktion den Senatsbeschluss vom 30.7.2009 – 9 LA 376/07 –). Hierfür ist die ordnungsgemäße Bekanntgabe der Auslegung des Bestandsverzeichnisses unverzichtbar (NdsOVG, Beschluss vom 4.11.2014 – 7 LA 68/13 – juris Rn. 16). Eine solche Bekanntgabe der Auslegung des Bestandsverzeichnisses für Gemeindestraßen der Beklagten aus dem Jahr 1969, in dem die Hafenstraße, der Goetheplatz und die Marienstraße aufgeführt sind, ist hier jedoch entgegen der Ansicht des Klägers rechtmäßig erfolgt.

Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 NStrG a. F. waren die Bestandsverzeichnisse für die Gemeindestraßen und sonstigen öffentlichen Straßen von den Gemeinden innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der in § 3 Abs. 3 vorgesehenen Rechtsverordnung (siehe die zum 1.9.1966 in Kraft getretene Verordnung über die Bestandsverzeichnisse für Gemeindestraßen und sonstige öffentliche Straßen vom 29.8.1966, Nds. GVBl. S. 181) anzulegen und nach Fertigstellung sechs Monate lang zur Einsicht auszulegen. Nach Satz 2 waren Zeit und Ort der Auslegung mit dem Hinweis darauf, dass Einwendungen gegen die Aufnahme oder Nichtaufnahme in das Bestandsverzeichnis nur innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich erhoben werden können,

- ortsüblich bekanntzumachen

- und außerdem in dem amtlichen Mitteilungsblatt der Gemeinde oder des Landkreises, dem die Gemeinde angehört, zu veröffentlichen.

Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind.

Unstreitig sind Zeiten und der Ort der Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses mit dem Hinweis auf die Erhebung von Einwendungen innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist am 2. September 1969 in dem amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises Nienburg veröffentlicht worden.

Sie sind zudem auch ortsüblich bekanntgemacht worden.

Was unter einer „ortsüblichen“ Bekanntmachung gemäß § 63 Abs. 2 Satz 2 NStrG a. F. zu verstehen ist, ergibt sich aus der im maßgeblichen Zeitpunkt einschlägigen Hauptsatzung der Beklagten (vgl. auch NdsOVG, Beschlüsse vom 29.11.2013 – 1 MN 157/13 – juris Rn. 16 und vom 4.5.2012 – 1 MN 218/11 – juris Rn. 15).

Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 HS wurden Satzungen, Abgabenordnungen und Verordnungen im amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises Nienburg/Weser sowie in den drei Nienburger Tageszeitungen „Die Harke“, „Hannoversche Presse“ und „Nienburger Rundschau“ veröffentlicht. Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 3 HS waren „andere Angelegenheiten“, deren Bekanntmachung gesetzlich vorgeschrieben ist, durch Anschlag oder Auslegung bekannt zu machen. Nach Satz 4 erfolgte der Anschlag an der Bekanntmachungstafel im Rathaus, die Auslegung an der durch Aushang an der Bekanntmachungstafel im Rathaus bezeichneten Stelle.

Da es sich bei dem Straßenbestandsverzeichnis nicht um eine Satzung, Abgabenordnung oder Verordnung, sondern um eine „andere Angelegenheit“ handelt, waren gemäß § 63 Abs. 2 Satz 2 NStrG a. F. i. V. m. § 13 Abs. 3 Sätze 3 und 4 HS Zeit und Ort der Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses mit dem Hinweis auf die Erhebung von Einwendungen innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist grundsätzlich durch Anschlag an der Bekanntmachungstafel im Rathaus bekannt zu machen.

Das Verwaltungsgericht konnte allerdings nach den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht nachvollziehen, dass ein entsprechender Anschlag an der Bekanntmachungstafel erfolgt ist. Vielmehr sind Zeit und Ort der Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses entsprechend der Bekanntmachungsform für Satzungen, Abgabeordnungen und Verordnungen gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 HS im amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises Nienburg/Weser sowie in den drei Tageszeitungen „Die Harke“, „Hannoversche Presse“ und „Nienburger Rundschau“ jeweils am 2. September 1969 bekanntgemacht worden. Dies wird auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen.

Das Verwaltungsgericht hat diese Bekanntmachungsform für unschädlich gehalten, weil die Beklagte damit die deutlich höherwertigere Form der Bekanntmachung für bedeutsamere Maßnahmen gewählt habe und es durchaus wahrscheinlicher erscheine, mit dieser Form einen viel größeren Kreis von betroffenen Bürgern zu erreichen (S. 13 des Urteilsabdrucks).

Demgegenüber meint der Kläger, es komme nicht darauf an, ob die Beklagte eine höherstufige oder höherwertigere Form der Bekanntmachung gewählt habe, sondern darauf, dass sie nicht „ortsüblich“ bekannt gemacht habe, also so verfahren sei, wie dies diejenigen hätten erwarten dürfen, die auf die Einhaltung der Hauptsatzung vertraut hätten. Es sei nicht entscheidend, ob eventuell eine größere Zahl von Einwohnern auf anderem Wege habe erreicht werden können, sondern ob der richtige Weg gewählt worden sei.

Die Bekanntmachungsregelung in § 13 Abs. 3 Sätze 3 und 4 HS für „andere Angelegenheiten“ durch Anschlag/Aushang ist jedoch unwirksam und schon deshalb nicht für die Bekanntmachung der Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses maßgeblich gewesen.

Zwar ist die Bekanntmachung durch Aushang als solche eine zulässige Form der ortsüblichen Bekanntmachung (NdsOVG, Beschluss vom 4.5.2012, a. a. O., zur Auslegungsbekanntmachung nach § 3 Abs. 2 BauGB). Soweit Zweifel geäußert werden, ob das auch noch für große Kommunen, jedenfalls für Gemeinden mit mehr als 35.000 Einwohnern, gelten kann (OVG NRW, Urteil vom 7.7.2011 – 2 D 137/09.NE – juris Rn. 43), bedarf dies keiner abschließenden Erörterung, denn die Beklagte hat diese Einwohnerzahl in den hier maßgeblichen Jahren 1969 und 1970 jedenfalls nicht erreicht.

Die Bekanntmachungsregelungen in § 13 Abs. 3 Sätze 3 und 4 HS sind aber unwirksam, weil darin nicht die Dauer des Aushangs geregelt ist.

Will die Gemeinde Normen (insbesondere: Satzungen) durch Aushang bekannt machen, muss ihre Hauptsatzung die Dauer des Aushangs regeln, damit das Inkrafttreten des durch Aushang bekannt gemachten Ortsrechts festgestellt werden kann (OVG Lüneburg, Urteile vom 1.4.1971 – 1 OVG A 144/69 – DÖV 71, 821 und vom 28.1.1971 – 1 OVG A 134/69 – MüLü 27, 371). Weil es sich um einen „Vorgang“ handelt, der sich über eine gewisse Zeit erstreckt und erst nach deren Ablauf abgeschlossen ist, ist es notwendig, Anfangs- und Endpunkt des Vorgangs zu fixieren. Erst mit Abschluss des Vorgangs kann dann das Ortsrecht Gültigkeit beanspruchen. Zweck der öffentlichen Bekanntmachung ist, dass jedermann Gelegenheit haben soll, vom Wortlaut der Satzung Kenntnis zu nehmen. Dies verlangt einmal, dass nicht eine vom jeweiligen oder zufälligen Belieben der aushängenden Gemeinde abhängige Zeit festgelegt wird, sowie dass so lange ausgehängt ist, bis die Kenntnisnahme nicht allein vom Zufall abhängig ist. Dazu ist erforderlich, dass erstens eine entsprechende Frist in der Hauptsatzung festgelegt ist, auf die sich der Bürger einstellen und verlassen kann, und zweitens, dass diese Frist auch jeweils eingehalten wird. Erst mit Ablauf dieser Frist ist die Bekanntmachung endgültig vollzogen (NdsOVG, Urteil vom 14.8.2009 – 1 KN 219/07 – juris Rn. 36 m. w. N. zu § 2 Abs. 6 Satz 2 BBauG).

Dieser Zweck, der Bevölkerung die Möglichkeit der Kenntnisnahme tatsächlich zu geben und zwar auch in Übereinstimmung mit der vorher festgelegten Zeitspanne, ist nicht begrenzt auf die Bekanntmachung von Satzungen, sondern gilt in gleicher Weise auch für sonstige Bekanntmachungen durch Aushang im Sinne der Hauptsatzung. Diese sollen der Bevölkerung in gleicher Weise nahegebracht werden. Ihre Wirksamkeit hängt damit von der Möglichkeit der Kenntnisnahme durch die betroffene Bevölkerung ab. Es besteht kein Grund, für diese Bekanntmachungen etwas Anderes gelten zu lassen als für die Dauer der Bekanntmachung von Satzungen (vgl. NdsOVG, Urteil vom 14.8.2009, a. a. O., Rn. 37).

Eine solche Aushangfrist enthält § 13 Abs. 3 Satz 4 HS nicht.

Die Festlegung der Dauer des Aushangs in § 13 Abs. 3 Satz 4 HS ist hier auch nicht entbehrlich.

Zwar ist in § 63 Abs. 2 Satz 2 NStrG a. F. bestimmt, dass Straßenbestandsverzeichnisse nach Fertigstellung sechs Monate lang zur Einsicht auszulegen sind. Von dieser Auslegungsfrist ist jedoch die Aushangfrist zu unterscheiden. Letztere schreibt nur die Dauer des Anschlags an der Bekanntmachungstafel vor. Das bedeutet, dass im vorliegenden Fall Zeit und Ort der Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses mit dem Hinweis auf die Erhebung von Einwendungen nicht entsprechend der Auslegungsfrist des Straßenbestandsverzeichnisses sechs Monate lang an der Bekanntmachungstafel im Rathaus hätten angeschlagen werden müssen, sondern nur für die Dauer der ortsüblichen Aushangfrist. Die Aushangfrist tritt an die Stelle des Erscheinungstages eines amtlichen Mitteilungsblattes oder Presseorgans. Satzungen, Abgabenordnungen und Verordnungen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 HS müssen daher im amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises Nienburg und in den drei Nienburger Tageszeitungen nur an einem Tag veröffentlicht werden. Dieser Vorschrift entsprechend sind vorliegend Zeit und Ort der Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses einmalig jeweils in den Tageszeitungen und im amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises Nienburg bekanntgegeben worden, nicht dagegen täglich sechs Monate lang.

Das Fehlen der Aushangfrist führt zur Unwirksamkeit der Bekanntmachungsregelungen in § 13 Abs. 3 Sätze 3 und 4 HS. Die Beklagte hätte daher Zeit und Ort der Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses mit dem Hinweis auf die Erhebung von Einwendungen nicht wirksam durch Anschlag/Aushang bekanntgeben können. Die Unwirksamkeit führt jedoch nur zur Teilunwirksamkeit der Bekanntmachungsregelung für andere Angelegenheiten in § 13 Abs. 3 Sätze 3 und 4 HS, nicht zur Unwirksamkeit der übrigen Regelungen über die Bekanntmachung von Satzungen etc. in § 13 Abs. 3 HS (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 9.4.2019 – 2 R 123/18 – juris Rn. 45; BVerwG, Urteil vom 11.10.2006 – 10 C CN 2.05 – juris Rn. 13). Etwas Anderes ist im Zulassungsverfahren weder vorgetragen noch ersichtlich.

Fehlt eine wirksame Bekanntmachungsregelung für Verwaltungsakte und andere Angelegenheiten, kann für deren ortsübliche Bekanntmachung auf die Regelung über die Bekanntmachung von Ortsrecht wie Satzungen und Verordnungen zurückgegriffen werden, wenn dies der Veröffentlichungspraxis der Gemeinde entspricht (offengelassen: NdsOVG, Urteil vom 12.12.2002 – 1 KN 1177/01 – juris Rn. 16; zur Bekanntmachung eines Flurbereinigungsbeschlusses: BVerwG, Beschluss vom 27.5.1986 – 5 B 56.84 – juris Rn. 10; zur Veröffentlichungspraxis am Sitz der Behörde OVG NRW, Beschluss vom 19.1.2010 – 13 A 841/09 – juris Rn. 11).

Die Veröffentlichungspraxis der Beklagten ergibt sich hier aus der verbleibenden Regelung des § 13 Abs. 3 Satz 1 HS, wonach Satzungen, Abgabenordnungen und Verordnungen im amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises Nienburg/Weser sowie in den drei Nienburger Tageszeitungen „Die Harke“, „Hannoversche Presse“ und „Nienburger Rundschau“ veröffentlicht werden.

Diese Regelung ist in Ermangelung einer gültigen Bekanntmachungsregelung für „andere Angelegenheiten, deren Bekanntmachung vorgeschrieben ist“ auch auf solche Angelegenheiten anwendbar gewesen.

Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, dass bestehende Vorschriften über Bekanntmachungsformen eingehalten werden müssen, soweit das tatsächlich möglich ist. Nur so ist zu gewährleisten, dass die rechtsbetroffenen Bürger Bekanntmachungen in zumutbarer Weise auffinden können (BVerwG, Urteil vom 11.10.2006 – 10 CN 2.05 – juris Rn. 20). Hierbei ist auf den orientierungswilligen Bürger abzustellen, der sich über die Art der Veröffentlichung von Ortsrecht in der Hauptsatzung unterrichtet hat (NdsOVG, Urteil vom 1.4.1971, a. a. O.).

Zwar musste sich der Bürger in Nienburg, der sich über die Art der Veröffentlichung „anderer Angelegenheiten“ informiert hat, hier grundsätzlich darauf verlassen können, dass er von diesen Angelegenheiten Kenntnis erlangt, wenn er den Anschlag an der Bekanntmachungstafel im Rathaus verfolgt. Für ihn ist auch nicht erkennbar gewesen, dass die Bekanntmachungsform in § 13 Abs. 3 Sätze 3 und 4 für „andere Angelegenheiten“ nichtig gewesen ist. Darauf kommt es aber nicht an. Es ist nicht Aufgabe und Zweck der Bekanntmachung, dem Bürger ohne weitere Nachforschung oder Rückgriff auf andere Umstände die Beurteilung zu ermöglichen, ob die Bekanntmachungsvoraussetzungen im Einzelfall eingehalten worden sind. Maßgeblich ist vielmehr die verlässliche Kenntnisnahme (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2006, a. a. O., Rn. 18, 19)

Vor diesem Hintergrund ist der orientierungswillige Bürger über die Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 HS unterrichtet gewesen und hat sich regelmäßig im amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises sowie in einer der drei genannten Tageszeitungen informieren können, ob dort Satzungen, Abgabeordnungen und Verordnungen veröffentlicht würden. Die Veröffentlichungspraxis der Beklagten beschränkte dabei offensichtlich den Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3 Satz 1 HS nicht nur auf die Bekanntmachung von Ortsrecht, sondern bezog auch die Bekanntmachung anderer Angelegenheiten ein, wie die Veröffentlichungen vom 2. September 1969 – gerade auch im amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises Nienburg vom 2. September 1969 – belegen. Einem am Ortsrecht der Beklagten und an sonstigen amtlichen Bekanntmachungen interessierten Bürger war es somit hinreichend möglich, die Bekanntmachung von Zeit und Ort der Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses mit dem Hinweis auf die Erhebung von Einwendungen in einer der Tageszeitungen zur Kenntnis zu nehmen. Mithin hat die verbleibende Restregelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 HS die Forderung nach hinreichender Unterrichtungsmöglichkeit für den Bürger auch über Auslegungszeit und Auslegungsort des Straßenbestandsverzeichnisses erfüllt.

Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die Anwendung des § 13 Abs. 3 Satz 1 HS auf die Bekanntmachung von Zeit und Ort der Auslegung des Straßenbestandsverzeichnisses mit dem Hinweis auf die Erhebung von Einwendungen auch der Anstoßfunktion einer Bekanntmachung gerecht wird. Die Bekanntmachung soll die möglicherweise Betroffenen auf die Auslegung und die Möglichkeit der Einsichtnahme hinweisen, sie sozusagen „anstoßen“, sich durch Einsicht in das ausgelegte Verzeichnis Gewissheit darüber zu verschaffen, ob und welche ihrer Grundstücke von der Eintragung der Straßen bzw. Wege erfasst werden (vgl. NdsOVG vom 4.11.2014 – 7 LA 68/13 – juris Rn. 16). Nach dem von der Beklagten gewählten abgestuften System der Bekanntmachung war es ortsüblich, über die besonders bedeutsamen Maßnahmen wie Satzungen, Abgabenordnungen und Verordnungen und ggfs. sonstige Bekanntmachungen von besonderem Interesse einen möglichst großen Adressatenkreis durch Veröffentlichungen in der Presse zu informieren. Hat die Beklagte diese ortübliche Art der Bekanntgabe bei der Bekanntgabe über Zeit und Ort der Auslegung des Bestandsverzeichnisses gewählt, hat sie demnach einen möglichst großen Adressatenkreis hinreichend in die Lage versetzt, sich über den Inhalt des Bestandsverzeichnisses zu unterrichten.

Soweit das Verwaltungsgericht Zweifel angedeutet hat, ob die Bekanntmachung durch einen Anschlag an der Bekanntmachungstafel den Anforderungen des § 63 Abs. 2 Satz 2 NStrG a. F. genügt hätte, weil § 63 Abs. 2 Satz 2 NStrG a. F. die Veröffentlichung im amtlichen Mitteilungsblatt des Landkreises vorgesehen habe und daher der Gesetzgeber in der Bekanntgabe des Straßenbestandsverzeichnisses eine für die Bürger sehr bedeutsame Maßnahme gesehen habe, bedarf dies keiner Klärung, weil die Bestimmungen in § 13 Abs. 3 Sätze 3 und 4 HS bereits aus den dargestellten Gründen unwirksam sind.

b) Der Kläger erhebt außerdem ernstliche Zweifel an der Bestimmung der maßgeblichen öffentlichen Einrichtung.

Das Verwaltungsgericht ist unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 9. April 2015 zu Vorausleistungen auf den Straßenausbaubeitrag für den Straßenzug „Marienstraße/Hafenstraße“ (– 9 LC 320/13 – juris) davon ausgegangen, dass die Beklagte zutreffend bestimmt habe, dass die hier maßgebliche öffentliche Einrichtung an der Kreuzung Brückenstraße/Lange Straße/Verdener Straße/Hafenstraße beginne und an der Kreuzung Friedrichstraße/Leinstraße ende.

Der Kläger meint, die von ihm vorgelegten Lichtbilder und Karten belegten nach der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise und den Abgrenzungskriterien wie Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge und Straßenausstattung, dass der Goetheplatz den Straßenverlauf trenne.

Der Senat hat sich in seinem Urteil vom 9. April 2015 (a. a. O., Rn. 29) in dem Verfahren anderer Beitragspflichtiger jedoch mit diesem Einwand des Klägers bereits auseinandergesetzt und nach der Augenscheinnahme der Örtlichkeiten festgestellt, dass die von der Kreuzung „Brückenstraße/Lange Straße/Verdener Straße/Hafenstraße“ nach Südosten verlaufende öffentliche Einrichtung durch den Goetheplatz nicht unterbrochen werde, sondern dass sich der Straßenzug in Form einer Kurve nach Süden neben dem dort befindlichen Goetheplatz „in einem Fluss“ fortsetze, ohne dass der Eindruck der Geschlossenheit durch äußere Gegebenheiten gestört werde. Das Verwaltungsgericht hat sich der Betrachtung des Senats anhand der vorliegenden Fotos angeschlossen. Im Zulassungsverfahren ergibt sich aus den vorliegenden Fotos nichts Anderes. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die unterschiedliche Ausgestaltung der Straßenbeleuchtung gerade im innerstädtischen Bereich an vielen Straßen vorkommt und sich dies auf die Wahrnehmung eines als einheitliche Erschließungsanlage zu bewertenden Straßenverlaufs nicht auswirkt. Die vom Kläger hervorgehobene Verengung der Fahrbahn um 4 m und der Wegfall der Parkstreifen vermögen ebenfalls nichts daran zu ändern, dass sich der Straßenverlauf einem unbefangenen Beobachter auch nach dem Goetheplatz als gleichförmig einheitlich darstellt. Im Übrigen beruht die unterschiedliche Ausgestaltung hier auf dem realisierten Teilstreckenausbau, der jedoch nach den Einschätzungen des Senats in dem o. g. Verfahren, denen sich das Verwaltungsgericht angeschlossen hat, nicht nur einen untergeordneten Teilbereich erfasst. Eine trennende Wirkung ergibt sich daraus nicht.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

Eine Streitsache weist besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, wenn ihre Entscheidung voraussichtlich in tatsächlicher bzw. rechtlicher Hinsicht größere, d. h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursachen wird. Jedenfalls keine „besonderen Schwierigkeiten“ im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bereiten solche Rechtsstreitigkeiten, die ohne weiteres durch einfache Anwendung einer eindeutigen Rechtsvorschrift auf einen klar zu Tage liegenden Sachverhalt gelöst werden können.

Mit seinem Einwand, das Verwaltungsgericht habe Jahre zuvor in anderer Besetzung die Örtlichkeit in Augenschein genommen und sei zu einer anderen Einschätzung gekommen als der Senat in seinem Urteil vom 9. April 2015, auch die Zusammensetzung des Senats habe sich seit diesem Urteil geändert, hat er besondere tatsächliche Schwierigkeiten des vorliegenden Falls nicht dargetan. Vielmehr lassen sich die seinerzeit durch Augenschein erworbenen Erkenntnisse des Senats in anderer Besetzung durch die vorliegenden Fotos und Karten ohne Schwierigkeiten nachvollziehen und werden im Zulassungsverfahren nicht durch nachvollziehbare Gegenargumente hinreichend in Zweifel gezogen.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).