Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.07.2023, Az.: 10 ME 86/23

Anwendungsbestimmung; Pflanzenschutzmittel; Rechtsschutz, effektiver; Rechtsschutzbedürfnis; Zulassung, pflanzenschutzrechtliche

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
18.07.2023
Aktenzeichen
10 ME 86/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 26517
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0718.10ME86.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 06.06.2023 - AZ: 1 B 163/23

Fundstelle

  • DÖV 2023, 872

Amtlicher Leitsatz

Rechtsschutzbedürfnis für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei einer behördlichen befristeten Aussetzung der Vollziehung bis nach dem Termin zur mündlichen Verhandlung in der Hauptsache.

Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entfällt jedenfalls dann, wenn die gerichtliche Eilentscheidung für den Antragsteller von vornherein nutzlos erscheint, weil die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu keiner Verbesserung seiner Rechtsstellung führen könnte oder auch ohne eine Entscheidung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO eine Vollziehung des Verwaltungsakts ausgeschlossen ist.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 1. Kammer - vom 6. Juni 2023 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 25.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die sofortige Vollziehbarkeit der im pflanzenschutzrechtlichen Zulassungsbescheid der Antragsgegnerin letztlich festgesetzten Anwendungsbestimmung NT306-0/1.

Am 31. August 2018 beantragte die Antragstellerin die Zulassung für das Pflanzenschutzmittel "Questar". Am 27. August 2021 erhob sie bei dem Verwaltungsgericht Braunschweig Klage auf Erlass der begehrten pflanzenschutzrechtlichen Zulassung (Az.: 1 A 536/21).

Mit Bescheid vom 22. Februar 2022 erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Zulassung für das Pflanzenschutzmittel Questar, unter anderem versehen mit der Anwendungsbestimmung NT306-0, deren Vorgaben ab dem 1. Mai 2023 zu erfüllen seien. Danach darf insbesondere die Anwendung des Pflanzenschutzmittels nur auf maximal 9/10 der zu behandelnden Anbaufläche erfolgen.

Am 22. März 2022 wandte sich die Antragstellerin mit einem Widerspruch gegen die Anwendungsbestimmung.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2022 ersetzte die Antragsgegnerin die bisherige Anwendungsbestimmung durch die Anwendungsbestimmung NT306-0/1, die vorsieht, dass ihre Rechtswirkung ab dem 1. Dezember 2023 eintritt.

Gegen diese Anwendungsbestimmung erhob die Antragstellerin am 4. Juli 2022 Widerspruch. Ihre ursprünglich erhobene Klage stellte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 18. Juli 2022 dahingehend um, dass sie insbesondere die gerichtliche Aufhebung der Anwendungsbestimmung NT306-0/1 begehrt.

Am 19. April 2023 beantragte die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die im Zulassungsbescheid und im Änderungsbescheid festgesetzte Anwendungsbestimmung. Sie wolle das Pflanzenschutzmittel in der kommenden Verkaufssaison 2024 ohne die Anwendungsbestimmung vermarkten und dazu müsse sie den Beschaffungs- und Bestellprozess der Inhaltsstoffe spätestens im Juni 2023 abschließen.

Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht durch den mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss mangels Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin abgelehnt. Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sei die Vollziehung der Anwendungsbestimmung auch ohne eine gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausgeschlossen, da die innere Wirksamkeit erst ab dem 1. Dezember 2023 eintrete. Die Anwendungsbestimmung sei noch nicht sofort vollziehbar. Da der Zeitpunkt des Eintritts der Vollziehbarkeit nicht unmittelbar bevorstehe, sei es mit dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes zu vereinbaren, die Antragstellerin auf die Möglichkeit der erneuten Stellung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zu einem späteren Zeitpunkt zu verweisen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Termin zur mündlichen Verhandlung im Hauptsacheverfahren für August 2023 anberaumt sei. Der Antragstellerin sei es daher zumutbar, abzuwarten, ob im Hauptsacheverfahren die angegriffene Anwendungsbestimmung bis zum 1. Dezember 2023 aufgehoben werde und dann gegebenenfalls einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu stellen. Die von der Antragstellerin letztlich begehrte Planungssicherheit weise einen vorbeugenden Charakter auf, der nicht vom Schutzzweck des § 80 Abs. 5 VwGO erfasst werde.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 6. Juni 2023 hat keinen Erfolg. Denn die von ihr dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung sich die Entscheidung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 18.1.2023 - 10 ME 119/22 -, juris Rn. 6 m. w. N.), lassen nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin ausgegangen ist und deshalb ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO abgelehnt hat.

Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entfällt jedenfalls dann, wenn die gerichtliche Eilentscheidung für den Antragsteller von vornherein nutzlos erscheint, weil die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu keiner Verbesserung seiner Rechtsstellung führen könnte oder auch ohne eine Entscheidung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO eine Vollziehung des Verwaltungsakts ausgeschlossen ist (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 10.6.2020 - 2 BvR 297/20 -, juris Rn. 14). Beides ist vorliegend der Fall.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass derzeit eine Vollziehung der von der Antragstellerin angegriffenen Anwendungsbestimmung ausgeschlossen ist. Denn die Antragsgegnerin hat in ihrem Bescheid insoweit bestimmt: "Die Vorgaben dieser Anwendungsbestimmung sind vom 1.12.2023 an zu erfüllen. Ihre Rechtswirkungen treten erst ab dem genannten Datum ein." Sie hat die Vollziehung damit bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgesetzt, wie es ihr § 80 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 4 PflSchG gestattet (vgl. auch Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 319, 322). Dadurch wird die Antragstellerin im Ergebnis so gestellt, als hätte ihr Widerspruch aufschiebende Wirkung (vgl. Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 317 m. w. N.). Im Falle der aufschiebenden Wirkung soll der Bürger vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens von Vollzugsmaßnahmen verschont bleiben (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 24). Mit der behördlichen Aussetzung der Vollziehung ist die Antragstellerin vor einer Vollziehung der Anwendungsbestimmung auch ohne gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls bis zum 1. Dezember 2023 geschützt. Daher besteht im Falle einer behördlichen Aussetzung der Vollziehung in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 498a m. w. N.; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 80 Rn. 132; vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 63a), da auch ohne eine Entscheidung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO eine Vollziehung des Verwaltungsakts ausgeschlossen ist (vgl. dazu BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 10.6.2020 - 2 BvR 297/20 -, juris Rn. 14). Eine gerichtliche Entscheidung wäre daher hinsichtlich der Rechtsfolgen für den Betroffenen angesichts der bereits erfolgten behördlichen Aussetzung der Vollziehung nutzlos (vgl. dazu Hopp in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 82 f.; Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 492).

Soweit die Antragstellerin unter Berufung auf das Grundrecht des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. dazu BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 8.11.2017 - 2 BvR 809/17 -, juris Rn. 11, und Beschluss vom 19.6.1973 - 1 BvL 39/69 -, juris Rn. 36) ein Rechtsschutzbedürfnis daraus herleiten will, dass sie im Unklaren darüber sei, ob die Anwendungsbestimmung ab dem 1. Dezember 2023 greifen werde und ihr deshalb ökonomische Entscheidungen erschwert seien, führt sie nicht in nachvollziehbarer Weise aus und ist auch sonst nicht ersichtlich, weshalb ihr - wie für die Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses erforderlich - derzeit trotz der behördlichen Aussetzung der Vollziehung ein Vollzug der Anwendungsbestimmung drohen würde, den es durch eine gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuwenden gelten könnte.

Die von ihr geltend gemachten Unsicherheiten beruhen nicht auf einer durch Art. 80 Abs. 5 VwGO zu verhindernden derzeit drohenden Vollziehung der Anwendungsbestimmung, sondern auf der aktuell noch fehlenden gerichtlichen Klärung der Rechtmäßigkeit der Anwendungsbestimmung zu einem Zeitpunkt, in dem sie, nach ihrem Vorbringen, ihre wirtschaftlichen Entscheidungen hinsichtlich der Vermarktung des Pflanzenschutzmittels (im Juni / Juli 2023) sinnvollerweise treffen müsste. Unabhängig davon, dass bereits deshalb kein Bedürfnis der Antragstellerin ersichtlich ist, vor einer Vollziehung der derzeit nicht vollziehbaren Anwendungsbestimmung geschützt zu werden, und ihr Antrag nach Art. 80 Abs. 5 VwGO damit unzulässig ist, würde auch eine Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verbunden mit einer summarischen Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anwendungsbestimmung der Antragstellerin nicht die von ihr begehrte Sicherheit für die von ihr zu treffenden Entscheidungen bringen, zumal das Verwaltungsgericht den Termin für eine mündliche Verhandlung und Entscheidung in der Hauptsache bereits für August 2023 anberaumt hat. Die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung wäre für die Antragstellerin daher derzeit auch mit keinen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteilen verbunden (vgl. dazu Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 439), die über die der bereits erfolgten behördlichen Aussetzung hinausgehen (vgl. auch § 80b Abs. 1 VwGO). Die Antragstellerin würde gegebenenfalls lediglich eine vorläufige Einschätzung der Rechtslage nach summarischer Prüfung durch das Gericht erhalten, an die dieses bei der Entscheidung im Hauptsachverfahren im nächsten Monat nicht gebunden wäre. Hätte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Anwendungsbestimmung im Juni angeordnet und sie daraufhin entsprechende Investitionsentscheidungen getroffen, wäre ihr damit noch weniger geholfen, wenn das Verwaltungsgericht dann in einem Hauptsachverfahren im August zu einer gegenteiligen Auffassung kommen würde. Nach ihrem Vorbringen wären die Investitionen dann nutzlos. Letztlich kann den von der Antragstellerin angeführten Interessen nur eine zügige (abschließende) gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache dienen, die aufgrund der Terminierung im August 2023 nunmehr auch unmittelbar bevorsteht.

Aus diesen Gründen ist auch in Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten effektiven Rechtsschutz eine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO weder geboten noch erforderlich. Dies gilt auch im Hinblick auf die Befristung der behördlichen Aussetzung bis zum 1. Dezember 2023 (vgl. Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 498a) bzw. für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab dem 1. Dezember 2023 (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 109 zu zeitlichen Begrenzungen der Anordnung der aufschiebenden Wirkung).

Im Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes kommt dem Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG insbesondere die Aufgabe zu, irreparable Entscheidungen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme und damit der Schaffung vollendeter Tatsachen eintreten können, soweit als möglich auszuschließen (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 14.9.2016 - 1 BvR 1335/13 -, juris Rn. 19; Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 13 m. w. N.). Der ungerechtfertigte Eintritt vollendeter und damit nicht mehr rückgängig zu machender Tatsachen vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens durch Vollziehung des noch nicht bestandskräftigen Verwaltungsakts soll verhindert werden (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 66; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 16.5.1995 - 1 BvR 1087/91 -, juris Rn. 28). Der Betroffene muss daher grundsätzlich eine gerichtliche Sachprüfung vor einem nicht mehr rückgängig zu machenden Vollzug erreichen können (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 8.11.2017 - 2 BvR 809/17 -, juris Rn. 13). Das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes soll den von einem Verwaltungsakt Betroffenen davor bewahren, dass durch die Verwaltung oder durch ihre Mitwirkung nicht mehr reparable Zustände geschaffen werden, ehe das Gericht über die Hauptsache entschieden hat (BVerfG, Beschluss vom 19.6.1973 - 1 BvL 39/69 -, juris Rn. 34).

Das Verwaltungsgericht wird im August 2023 die Rechtmäßigkeit der Anwendungsbestimmung im Hauptsacheverfahren klären. Der Antragstellerin droht bis dahin kein Vollzug der Anwendungsbestimmung, durch den vollendete Tatsachen im Sinne nicht mehr reparabler Zustände geschaffen würden.

Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist offen. Kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Anwendungsbestimmung rechtswidrig ist und legt die Antragsgegnerin gegen die Entscheidung kein Rechtsmittel ein, so wird die Anwendungsbestimmung, unter der Annahme, dass die Rechtskraft der Entscheidung noch vor dem 1. Dezember 2023 eintritt, nie vollzogen. Die Antragstellerin bedürfte in diesem Fall keinen Schutz vor einer Vollziehung nach dem 1. Dezember 2023. Das gleiche gilt, wenn die Antragsgegnerin zwar ein Rechtsmittel einlegt, aber im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache, die Vollziehung der Anwendungsbestimmung (weiter) aussetzt. Sieht die Antragsgegnerin in diesem Fall von einer weiteren Aussetzung der Vollziehung ab, vermag die Antragstellerin durch einen Antrag nach Art. 80 Abs. 5 VwGO noch rechtzeitig vor der Vollziehung der Anwendungsbestimmung ab dem 1. Dezember 2023 eine Entscheidung über einen vorläufigen Schutz vor der Vollziehung zu erhalten. Sie müsste nicht, wie sie in der Beschwerdebegründung meint, einen neuerlichen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nach dem 1. Dezember 2023 stellen. Dies gilt auch in dem Fall, dass das Verwaltungsgericht die Anwendungsbestimmung als rechtmäßig erachtet und die Antragstellerin gegen die Entscheidung in der Hauptsache Rechtsmittel einlegt. Eine Entscheidung über vorläufigen Rechtsschutz bereits im jetzigen Zeitpunkt gegen die Vollziehung der Anwendungsbestimmung nach der im nächsten Monat anstehenden Entscheidung im Hauptsachverfahren ist daher zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes im oben dargestellten Sinne nicht erforderlich. In der vorliegenden Konstellation entspricht es, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht dem Sinn und Zweck einer Entscheidung nach Art. 80 Abs. 5 VwGO die Vollziehbarkeit einer behördlichen Maßnahme zu einem Zeitpunkt nach der Entscheidung in der Hauptsache bereits vor der Hauptsachentscheidung vorläufig zu regeln und damit eine vorbeugende Entscheidung für den nur möglichen Fall des den Vorstellungen der Antragstellerin nicht entsprechenden Ausgangs des Hauptsacheverfahrens zu treffen. Die Antragstellerin hat vielmehr zunächst die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten und ob sie nicht durch die Hauptsacheentscheidung rechtzeitig effektiven Rechtsschutz erlangt. Nur wenn dies nicht der Fall ist, besteht ein Bedürfnis für vorläufigen Rechtsschutz (vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 29.7.2008 - 9 CS 08.1347 -, juris Rn. 4). Nachteile aufgrund einer Vollziehung, die durch eine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO verhindert werden sollen, drohen ihr vorliegend durch ein Abwarten nicht. Unter dem Begriff der "Vollziehung" ist zum einen die Vollstreckung im eigentlichen Sinne zu verstehen, zum anderen aber auch Maßnahmen, die auf dem Bescheid aufbauen und seiner Durchsetzung im weiteren Sinne dienen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 12 m. w. N.), damit auch sonstige Vollziehungsmaßnahmen oder Folgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art im Sinne eines umfassenden Verwirklichungs- und Ausnutzungsverbots (BVerwG, Urteil vom 20.2.2020 - 1 C 1.19 -, juris Rn. 19). Solche hat die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung weder dargelegt noch sind sie sonst ersichtlich, zumal sie an der Produktion und dem Vertrieb des Pflanzenschutzmittels im Jahr 2024 durch die Anwendungsbestimmung nicht gehindert ist. Bei den von der Antragstellerin angeführten aus ihrer Sicht bereits gegenwärtigen (wirtschaftlichen) Auswirkungen der ab dem 1. Dezember 2023 geltenden Anwendungsbestimmung handelt es sich nicht um behördliche Maßnahmen, die vom Vollziehungsbegriff umfasst wären, sondern um unternehmerische wirtschaftliche Risiken bei der (hier wohl langwierigen) Markteinführung eines neuen Pflanzenschutzmittels.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG. Das Interesse an einer erstrebten pflanzenschutzrechtlichen Zulassung ist mit 100.000 EUR in der Regel ausreichend bemessen (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 3.7.2023 - 10 LA 116/22 -, juris Rn. 59 m. w. N.). Vorliegend geht es nicht um eine Zulassungsentscheidung als solche, sondern lediglich um die Rechtmäßigkeit einer mit der Zulassung verbundenen Anwendungsbestimmung. Der Vertrieb des Pflanzenschutzmittels wird der Antragstellerin damit nicht unmöglich gemacht. Da nach ihrem Vorbringen jedoch die "Verbindung der Zulassung mit der Anwendungsbestimmung NT306-0/1 den Verkauf des Pflanzenschutzmittels Questar praktisch unmöglich machen würde", erscheint ein Streitwert in Höhe von 50.000 EUR im vorliegenden Fall sachgerecht. Da die von der Antragstellerin mit ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz erstrebte Entscheidung die Hauptsache nicht vorwegnehmen würde, wird der Streitwert in Orientierung an Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11) auf 25.000 EUR halbiert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).