Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.07.2023, Az.: 14 LC 44/22
Arzneimittel für neuartige Therapien; Eigenfetttransplantation; Herstellungserlaubnis; Rhizarthrose; Erfordernis einer arzneimittelrechtlichen Herstellungserlaubnis für die Eigenfetttransplantation
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.07.2023
- Aktenzeichen
- 14 LC 44/22
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2023, 26494
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2023:0711.14LC44.22.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 10.06.2021 - AZ: 7 A 2258/18
Rechtsgrundlagen
- AMG § 13 Abs 1 S 1 Nr 1
- AMG § 13 Abs 2b
- AMG § 4a
Fundstelle
- NordÖR 2023, 676
Amtlicher Leitsatz
Die ärztliche Interposition von autologem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose (Eigenfetttransplantation) bedarf einer Herstellungserlaubnis nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 7. Kammer - vom 10. Juni 2021 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Anordnung des Beklagten, die ihm die Anwendung des Verfahrens der Interposition von autologem, nicht modifiziertem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose (Eigenfetttransplantation) untersagt.
Der Kläger war u.a. als Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie mit den Zusatzbezeichnungen Handchirurgie und Notfallmedizin in der F. B-Stadt (F.) tätig. Dort führte er zur Behandlung der Rhizarthrose (Knorpelverschleiß der Daumensattelgelenke) auch sog. Eigenfetttransplantationen durch. Dazu injizierte er dem Patienten an einer fettreichen Körperstelle (Bauch, Oberschenkel) zunächst eine Lösung aus sterilem Wasser, Kochsalzlösung, einem Vasokonstriktivum sowie einem Betäubungsmittel (sog. Tumeszenzlösung) in das Fettgewebe unter der Haut. Die beigemischten örtlichen Betäubungsmittel und die gefäßverengenden Substanzen sollten den folgenden Eingriff schmerzfrei machen und die Blutungen verringern. Anschließend entnahm er ein Gemisch aus Fett und Tumeszenzlösung mit einer sterilen Einmal-Standard-Spritze. Das Gemisch wurde sodann zentrifugiert, um das Fettgewebe wieder von der Tumeszenzlösung zu trennen. Sodann reimplantierte der Kläger dem Patienten das Fettgewebe in das Daumensattelgelenk der Hand. Ziel der Behandlung war es, einen Gleiteffekt hervorzurufen, der die Schmerzen des Patienten lindern sollte. Der Kläger arbeitete parallel zudem am E. in A-Stadt. Mittlerweile ist er nur noch in A-Stadt tätig, weiterhin am E. und in eigener Praxis.
Die vom Kläger durchgeführte Eigenfetttransplantation zur Behandlung der Rhizarthrose untersagte ihm der Beklagte nach Anhörung mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 9. Mai 2018 auf der Grundlage von § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG). Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, durch die vom Kläger durchgeführte Eigenfetttransplantation werde das entnommene Fettgewebe zu einem Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, und zwar in Form eines Arzneimittels für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMP) im Sinne des § 4 Abs. 9 AMG. Das Fettgewebe werde an einer fettreichen Körperstelle des Patienten (bspw. am Bauch oder Oberschenkel) entnommen und nach Bearbeitung in den intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks appliziert. Die neue Umgebung des Fettgewebes unterscheide sich somit anatomisch und histologisch von der Entnahmeumgebung. Der Gebrauch des Fettgewebes erfolge zudem nicht homolog, denn die Wirkungsweise der übertragenen Fettzellen verändere sich von einer reinen Volumenfüllung im Entnahmegewebe zur Bildung eines Gleitlagers im Gelenkspalt. Zudem habe der Kläger im Internetauftritt der F. und in einem wissenschaftlichen Artikel die regenerative Wirkung der im Fettgewebe enthaltenen Stammzellen und deren Auswirkung auf die Rückbildung der Arthrose postuliert. Die Einstufung als ATMP sei durch das Paul-Ehrlich-Institut - Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel - unter dem 26. Februar 2018 bestätigt worden. Für die Herstellung eines solchen Arzneimittels bedürfe es einer Herstellungserlaubnis gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG, über die der Kläger nicht verfüge. Ein Ausnahmetatbestand nach § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG liege hier nicht vor, da dieser gemäß § 13 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1 AMG gerade keine Anwendung auf Arzneimittel für neuartige Therapien finde. Auch die Ausnahmeregelung des § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG (a.F., jetzt: § 4a AMG) greife hier nicht. Die Vorschrift sei nur anwendbar, wenn ein Gewebe innerhalb eines Behandlungsvorgangs entnommen und rückübertragen werde. Eine Rückübertragung im Sinne dieser Regelung liege aber dann nicht vor, wenn das Gewebe im Empfänger an einen anderen Ort übertragen werde.
Die zuständige Behörde in A-Stadt teilte dem Kläger mit, dass sie die Rechtsauffassung des Beklagten teile. Der Kläger erklärte daher, auf die Anwendung der Methode vorerst - mit Blick auf eine ausstehende gerichtliche Klärung - zu verzichten.
Gegen den Bescheid des Beklagten hat der Kläger am 29. Mai 2018 vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg Klage erhoben und zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage wiederherzustellen. Das Eilverfahren blieb ohne Erfolg (vgl. VG Oldenburg, Beschl. v. 21.6.2018 - 7 B 2260/18 -, juris; NdsOVG, Beschl. v. 26.2.2019 - 13 ME 289/18 -, juris). Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, dass die von ihm vorgenommene Eigenfetttransplantation keine arzneimittelrechtlich erlaubnispflichtige Herstellung im Sinne des Arzneimittelgesetzes darstelle. Das Arzneimittelgesetz sei gemäß dessen § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG a.F. schon nicht anwendbar. Denn das Fettgewebe werde innerhalb eines Behandlungsvorgangs einer Person entnommen und dieser ohne Änderung der stofflichen Beschaffenheit auch wieder rückübertragen. Eine stoffliche Veränderung der entnommenen Fettzellen finde nicht statt. Die Eigenfetttransplantation unterscheide sich insoweit nicht von anderen autologen Spongiosa-, Knochen-, Haut- oder Weichgewebstransplantationen, bei denen das bloße Schneiden, Zentrifugieren, Filtern, Separieren und Reinigen des entnommenen Gewebes auch keine substanzielle Bearbeitung bewirke. Es handele sich um ein chirurgisches Standardverfahren und eine bloße operative Prozedur, bei der das Gewebe innerhalb eines Behandlungsvorgangs ein- und demselben Patienten entnommen und ohne Änderung der stofflichen Beschaffenheit wieder übertragen werde. Diese Prozedur sei zunächst nach traumatischem, krankheits- oder altersbedingten Volumenverlust von Weichteilen und zur Weichteilaugmentation eingesetzt worden. Nunmehr werde das Eigenfetttransplantat auch zur Pufferung und Bildung einer Gleitschicht bei Gelenksarthrosen verwendet. Jedenfalls sei die Eigenfetttransplantation keine Herstellung von ATMP im Sinne des § 4 Abs. 9 AMG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EF und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ATMP-VO). Nach Auffassung der Europäischen Arzneimittelagentur stellten (Eigen-)Fettzellen und -transplantate keine ATMP dar, wenn sie nur mit einem der einfachen Bearbeitungsverfahren des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 bearbeitet worden seien. Die von ihm durchgeführte Eigenfetttransplantation wende aber nur einfache Bearbeitungsverfahren an, insbesondere das Zentrifugieren. Auch bei der Entnahme des Fettgewebes verwende er in der Tumeszenzlösung lediglich in Wasser gelöstes Adrenalin, Natriumbicarbonat und Schmerzmittel. Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie sowie eine Expertengruppe, die auch die Leitlinie "Eigenfetttransplantation" erstellt habe, hätten festgestellt, dass das autologe und nicht substanziell veränderte Fettgewebetransplantat kein Arzneimittel sei. Im entnommenen Bereich habe das Eigenfett zudem die gleichen Eigenschaften wie im Empfängerbereich. Auch im Gelenk gebe es Fett in der sogenannten Synovia (Synovialflüssigkeit oder Gelenkschmiere). Entgegen der Darstellung des Beklagten behaupte er auch eine regenerative Wirkung der im Fettgewebe enthaltenen Stammzellen mit Blick auf die Arthrose nicht.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2018 aufzuheben.
Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat im Wesentlichen geltend gemacht, § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG sei anwendbar. Es liege zunächst kein Ausnahmefall nach § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG (a.F.) vor. Durch die Zentrifugation werde das entnommene Gewebe bearbeitet. Es erfolge eine Trennung von Fett- und Stammzellen einerseits und Gewebeflüssigkeit, Lokalästhetikum und Gefäßresten andererseits. Die injizierte Gewebezubereitung entspreche nicht mehr vollständig der Zusammensetzung des ursprünglich entnommenen Fettgewebes. Der Gesetzgeber betrachte Gewebe nur dann als unbearbeitet, wenn ausschließlich geringfügige Arbeitsschritte ausgeführt würden. Dies ergebe auch die Gesetzesbegründung zur deckungsgleichen Regelung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Transplantationsgesetzes (TPG). Das injizierte Fettgewebe sei zudem auch ein Arzneimittel für neuartige Therapien i.S.d. § 4 Abs. 9 AMG i.V.m. in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 ATMP-VO, so dass auch die Ausnahmevorschrift des § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG keine Anwendung finde. Nach Ansicht der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sei eine im Wesentlichen gleiche Funktion nur dann gegeben, wenn die Zellen so verwendet würden, dass sie ihre ursprünglichen Funktionen in der gleichen anatomischen und histologischen Umgebung beibehalten, was hier nicht der Fall sei. Das Gewebe werde auch nicht zur reinen Volumenfüllung, sondern vor allen zur Schaffung eines Gleitlagers im Gelenkspalt verwendet. Der Kläger habe zudem mehrfach in verschiedenen Veröffentlichungen die regenerative Wirkung der in dem Gewebe enthaltenen Stammzellen und deren Auswirkung auf die Rückbildung der Arthrose beschrieben.
Mit Urteil vom 10. Juni 2021 hat das Verwaltungsgericht Oldenburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2018 mit dem dem Kläger die Eigenfetttransplantation zur Behandlung der Rhizarthrose untersagt worden sei, sei rechtmäßig und verletze den Kläger daher auch nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Untersagungsverfügung im Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2018 beruhe auf der Ermächtigungsgrundlage in § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG in der zuletzt durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2757) geänderten Fassung. Danach träfen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Diese Befugnis ermächtige die zuständigen Behörden insbesondere bei Missachtung arzneimittelrechtlicher Vorschriften zum Einschreiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 27.07 -, BVerwGE 131, 1, 3 -, juris Rn. 15).
Eine solche Missachtung arzneimittelrechtlicher Vorschriften sei hier gegeben. Der Kläger wende das Verfahren der Interposition von autologem, nicht modifiziertem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose (Eigenfetttransplantation) an, ohne dass ihm die hierfür nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG erforderliche Erlaubnis erteilt worden sei. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG (a.F.) bedürfe einer Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG (a.F.) gewerbs- oder berufsmäßig herstelle. Mit der Entnahme von Fettgewebe an fettreichen Körperstellen sowie dessen Bearbeitung zum Zwecke der Transplantation in den intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks werde ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG hergestellt im Sinne des § 4 Abs. 14 AMG, und zwar berufsmäßig durch den Kläger. Die Anwendung der Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes sei auch nicht nach § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG (a.F.) ausgeschlossen. Danach finde das Arzneimittelgesetz keine Anwendung auf Gewebe, die innerhalb eines Behandlungsvorgangs einer Person entnommen werden, um auf diese ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit rückübertragen zu werden. Die hier vorgenommene Zentrifugation stelle eine erhebliche Be- oder Verarbeitung des Fettgewebes dar, die es ausschließe, eine Rückübertragung der Gewebe "ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit" im Sinne des § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG (a.F.) anzunehmen. Durch die Zentrifugation werde ein, wenn auch geringer, Teil von Fettgewebe und -zellen zerstört und es bilde sich neben der zellulären Phase (intakte Fettzellen nebst Stammzellen) eine ölige Phase (Fett zerstörter Fettzellen). Zudem bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die darüber hinaus entstehende wässrige Phase nicht nur die abzuschneidende Tumeszenzlösung, sondern auch Gewebereste und Gewebsflüssigkeit enthalte.
Der Anwendungsbereich des § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG (a.F.) sei auch nicht entgegen seines "Ausnahmecharakters" auszudehnen und in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1 Buchst. b 1. Tiret der ATMP-VO nur solche Gewebe der Anwendung des Arzneimittelgesetzes zu unterstellen, die "substantiell bearbeitet" worden seien, "so dass biologische Merkmale, physiologische Funktionen oder strukturelle Eigenschaften, die für die beabsichtigte Regeneration, Wiederherstellung oder den Ersatz relevant sind, erzielt" würden.
Die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG bestehende Erlaubnispflicht sei auch nicht ausnahmsweise nach § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG entfallen. Nach dieser Bestimmung bedürfe einer Erlaubnis nach § 13 Abs. 1 AMG nicht eine Person, die Arzt oder sonst zur Ausübung der Heilkunde bei Menschen befugt sei, soweit die Arzneimittel unter ihrer unmittelbaren fachlichen Verantwortung zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten hergestellt würden. Eine Anwendung dieser Ausnahmeregelung sei hier gemäß § 13 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 AMG ausgeschlossen. Danach finde § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG keine Anwendung auf Arzneimittel für neuartige Therapien. Arzneimittel für neuartige Therapien seien gemäß § 4 Abs. 9 AMG u.a. biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte. Um ein solches handele es sich bei dem in Rede stehenden Fettgewebe. Für die Annahme biotechnologisch bearbeiteter Geweben oder Zellen sei es ausreichend, dass eine der in Art. 2 Abs. 1 Buchst. c ATMP-VO alternativ genannten Voraussetzungen erfüllt sei. Die hier streitrelevanten Fettzellen gälten schon deshalb als "biotechnologisch bearbeitet", weil sie im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Buchst. c 2. Tiret ATMP-VO nicht dazu bestimmt seien, im Empfänger "im Wesentlichen dieselbe(n) Funktione(n) auszuüben" wie im Spender. Sie würden vielmehr in eine andere anatomische und auch andere histologische Umgebung verpflanzt. Sie erfüllten nach der Transplantation zudem eine andere als die ursprüngliche Funktion.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers. Zur Begründung der Berufung führt er im Wesentlichen aus, das in Streit stehende Verfahren der Interposition von autologem, nicht modifiziertem Fettgewebe stelle keine erlaubnisbedürftige Herstellung von Arzneimitteln nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG dar. Das Verfahren sei schon keine Herstellung eines Arzneimittels i.S.d. § 2 AMG. Die Eigenfetttransplantation sei keine Medikamententherapie, sondern ein operativer Eingriff, bei dem menschliches Fettgewebe bei einem Patienten entnommen werde, um es unverändert an einer anderen Stelle desselben Patienten wieder einzusetzen. Auch diene die Verwendung des Eigenfettes im Daumengelenk nicht einer Heilung oder Linderung oder Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden. Das Eigenfett verhindere als Puffer im Gelenkspalt lediglich einen weiteren Verschleiß.
Die Anwendung des Arzneimittelgesetzes sei außerdem nach § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG (a.F.) ausgeschlossen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift seien erfüllt. Unstreitig werde bei dem streitgegenständlichen Verfahren Gewebe innerhalb eines Behandlungsvorgangs einer Person entnommen, um es auf diese Person zurück zu übertragen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das nach der Entnahme durchgeführte Zentrifugieren eine Änderung der stofflichen Beschaffenheit des Eigenfettes bewirken würde, sei unzutreffend.
Im Rahmen des von ihm bisher praktizierten Vorgehens werde vor der Entnahme des Fettgewebes in den entsprechenden Körperbereich (Unterhautfettgewebe vom Bauch oder vom Oberschenkel) zunächst Adrenalin in einem Verhältnis von 1:1.000.000 sowie ein Schmerzmittel (i.d.R. Lidocain) in sterilem Wasser gelöst in einem Volumen von ca. 50 ml (Tumeszenzlösung) eingespritzt. Das Adrenalin habe die Wirkung, dass sich insbesondere die Blutgefäße zusammenziehen könnten und hiernach Fettgewebe und nicht Blut abgesaugt werde. Bevor das Fettgewebe wieder in den Körper eingebracht werde, müsse die zuvor eingebrachte Tumeszenzlösung wieder herausgefiltert werden, um genau das Fettgewebe zu erhalten, welches ursprünglich aus dem Körper des Patienten entnommen worden sei. Hierzu verwende der Kläger das Standardverfahren des Zentrifugierens. Hierbei bleibe das Fettgewebe unverändert. Der Vorteil des Zentrifugierens bestehe darin, dass dieser Vorgang lediglich 30 Sekunden dauere, um die gewünschte Ablösung der Tumeszenzlösung von dem Fettgewebe zu bewirken. Als Alternative zum Zentrifugieren könnte er die Tumeszenzlösung auch sedimentieren lassen oder über eine Kompresse ausfiltern. Zentrifugieren führe genauso wenig wie Sedimentieren oder Filtern zu einer Veränderung der stofflichen Beschaffenheit des entnommenen Materials. Ähnliche Schritte würden nach Anhang I der europäischen ATMP-Verordnung nur als einfache Bearbeitungsverfahren eingestuft. Das Sedimentieren werde in keiner rechtlichen Regelung angeführt. Ihm, dem Kläger, müsse das Verfahren der Interposition von autologem, nicht modifiziertem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung der Rhizarthrose zumindest mit der Maßgabe gestattet werden, statt zu zentrifugieren das Verfahren des Filterns oder der Sedimentierung anzuwenden.
Das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass in einer Vielzahl von ähnlichen Verfahren die Anwendbarkeit des Arzneimittelgesetzes als nicht gegeben angesehen werde. Ein ähnliches Verfahren stelle beispielsweise die Gefäßtransplantation dar. Bei anderen Gewebetypen seien im Gegensatz zum streitgegenständlichen Verfahren weitgehende Verarbeitungen, z.B. zum Zwecke der Reinigung oder der Zerkleinerung üblich, ohne dass der Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes als eröffnet angesehen werde. Dazu zählten insbesondere Knochentransplantationen, Ersetzung der Mundschleimhaut durch Unterhautfettgewebe und Haut, Ersetzung des Kehlkopfanteils des Halses durch Haut-Unterhautgewebe vom Unterarm oder Oberschenkel, Hautverpflanzungen, Entnahme und Verarbeitung von Rippenknorpeln zur Rekonstruktion der Nase oder des Ohres oder als Ersatz von Gelenkknochen, Einbringen von Sehnengewebe in Gelenke im Rahmen von operativer Arthrosebehandlung.
Anders als das Verwaltungsgericht meine, sei die Erlaubnispflicht jedenfalls nach § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG entfallen. Die Rückausnahme des § 13 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1 AMG sei nicht anwendbar, da das Verfahren keine neuartige Therapie i.S.d. § 4 Abs. 9 AMG darstelle. Insbesondere handele es sich bei dem gegenständlichen Fettgewebe nicht um biotechnologisch bearbeitetes Gewebe i.S.d. Art. 2 Abs. 1b ATMP-VO. Das Fettgewebe sei weder i.S.d. Art. 2 Abs. 1c der ATMP-VO substantiell bearbeitet worden noch nicht dazu bestimmt, im Empfänger im Wesentlichen dieselbe(n) Funktion(en) auszuüben wie im Spender. Die zweite alternative Voraussetzung sei schon deshalb nicht gegeben, weil diese Vorschrift von einem "Empfänger" und einem "Spender" spreche, also von zwei unterschiedlichen Personen, die es bei dem vom Kläger geführten Verfahren unstreitig nicht gebe.
Darüber hinaus sei auch keine Funktionsänderung gegeben. Das Verfahren betreffe weißes Fettgewebe. Dieses erfülle im Körper unterschiedliche Funktionen, nämlich Polster, Volumen, Isolierung, Energiespeicher, Gleitschicht, Gelenkschmiere. Werde weißes Fettgewebe vom Bauch, wo es eine Speicherfunktion habe, in Bauch oder Gesäß transferiert, wo es eine Polster- und Volumenfunktion erfülle, werde keine Funktionsänderung vorgenommen. Nichts anders könne im vorliegenden Verfahren gelten. Die Hauptfunktion des weißen Fettgewebes, auch des Unterhautfettgewebes, bestehe in der Polsterung. Bei der Arthrose rieben Gelenksflächen schmerzhaft aufeinander. Das dort hineingegebene Eigenfett führe dazu, die aneinanderreibenden Gelenkflächen voneinander zu trennen. Zwischen den Gelenkflächen befinde sich dann das Eigenfett und entfalte dort in der Hauptsache die gleiche Polsterwirkung wie ursprünglich an der Entnahmestelle im Unterhautfettgewebe.
Das Einbringen von Fremdgewebe in ein erkranktes Gelenk sei ein Standardverfahren zur Behandlung von schmerzhaften Bewegungsstörungen. Hierfür würden seit Jahrzehnten Sehnengewebe und Hautgewebe verpflanzt, ohne dass hierbei eine Funktionsänderung und eine damit verbundene Anwendbarkeit des Arzneimittelgesetzes diskutiert werde.
Das von ihm angewandte Verfahren diene nicht dazu, dass sich der Knorpel in dem fraglichen Gelenkbereich regeneriere. Es müsse deutlich unterschieden werden zwischen dem streitgegenständlichen praktizierten Verfahren und einem sehr viel komplexeren Verfahren, bei dem das entnommene Fett durch Hinzugabe einer Einzelsuspension (Stromafraktion) aufgebrochen werden und diese Lösung durch verschiedene Kultivierungspassagen im Labor sowie weitere Selektionsprozesse zu einem Fettstammzellpräparat entwickelt werde. Bei einer derart hergestellten Lösung gebe es durchaus Studien, bei der eine Regeneration und eine Änderung des Knorpels nachgewiesen sei. Ein solches Verfahren werde aber vorliegend gerade nicht angewandt.
Anders als das Verwaltungsgericht annehme, habe der Beklagte auch sein Ermessen nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG nicht richtig ausgeübt. Der Beklagte habe einen Verstoß gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 AMG deshalb angenommen, weil das Zentrifugieren aus seiner Sicht eine stoffliche Veränderung darstelle. Dann hätte er aber lediglich das Zentrifugieren und nicht das gesamte Verfahren untersagen dürfen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2018 (Az. 41401-A.) aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, die Berufung sei bereits unzulässig. Die Berufungsbegründung setze sich nicht mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinander, sondern wiederhole lediglich den erstinstanzlichen Vortrag.
Zudem sei die Berufung unbegründet. Das transplantierte Fettgewebe sei entgegen der Auffassung des Klägers als Arzneimittel gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG einzustufen. Das Argument des Klägers, die Verwendung des Eigenfettes im Daumensattelgelenk diene nicht einer Heilung, Linderung oder Verhütung menschlicher Krankheiten sei nicht nachvollziehbar. Das vorher als Depotfett eingelagerte Eigenfett solle in dem Daumensattelgelenk als Gleitlager dienen, um die Schmerzen der Arthrose zu lindern.
Die Anwendbarkeit des Arzneimittelgesetzes sei nicht aufgrund des § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG (a.F.) ausgeschlossen. Es sei schon zweifelhaft, ob hier von einer Rückübertragung im Sinne dieser Vorschrift auszugehen sei. Denn nach Ansicht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) sei eine Rückübertragung des Gewebes im Sinne des § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG (a.F.) "nicht automatisch durch eine autologe Anwendung bei demselben Patienten gegeben. Vielmehr muss das Fettgewebe in vergleichbaren anatomischen Zielgeweben und mit vergleichbarer physiologischer Funktion angewendet werden." Hier würden die Zellen jedoch in eine andere anatomische Umgebung mit anderer physiologischer Funktion appliziert.
Jedenfalls fehle es aber an der zweiten Voraussetzung, dass die Transplantation der Gewebe ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit erfolgen müsse. Mit dieser Formulierung habe der Gesetzgeber lediglich geringfügige Arbeitsschritte innerhalb eines Behandlungsvorgangs von der arzneimittelrechtlichen Relevanz ausnehmen wollen. Zu solchen geringfügigen Arbeitsschritten gehörten Tätigkeiten wie das Säubern oder Spülen des autologen Gewebes, nicht jedoch das Zentrifugieren. Dieses stelle gemäß Gesetzentwurf zur Änderung des Transplantationsgesetzes (BT-Drs. 18/11488, S. 45) eine erhebliche Be- oder Verarbeitung dar, die eine Änderung der stofflichen Beschaffenheit mit sich bringe und damit weit über eine geringfügige Tätigkeit hinausgehe.
Sofern der Kläger darauf hinweise, dass das Fettgewebe mit der identischen Beschaffenheit in den Körper des Patienten zurückübertragen werden, werde auf die Ansicht des PEI verwiesen, nach der die Zentrifugation durchaus die stoffliche Beschaffenheit des Fettgewebes ändere: "Histologische Bindegewebs- und Kapillarstrukturen würden zerstört, es gebe Volumeneffekte (...), aber vor allem eine separationsbedingte An-/Abreicherung verschiedener Zellfraktionen, was die biologisch-pharmakologischen Eigenschaften verändere." Der Verarbeitungsschritt der Zentrifugation führe somit zu einer Trennung der Fettzellen und Stammzellen in der öligen Phase von Gewebsflüssigkeit, Lokalanästhetikum und Gefäßresten in der wässrigen Phase. Im Ergebnis entspreche damit die injizierte Gewebszubereitung nicht mehr vollständig der Zusammensetzung des ursprünglich entnommenen Fettgewebes.
Soweit der Kläger meine, sein Behandlungsverfahren könne auch ohne Zentrifugieren durchgeführt werden, sei diese Argumentation bereits deshalb irrelevant, weil aufgrund der Applikation in eine unterschiedliche anatomische Zielumgebung mit einer physiologischen Funktion schon keine Rückübertragung im Sinne der Norm durchgeführt werde. Darüber hinaus könne Gegenstand der Überwachung nur das von dem Kläger tatsächlich angewandte Verfahren sein. Andere Verfahrensarten seien nicht Gegenstand dieser Untersagung oder des Gerichtsverfahrens und wären entsprechend neu zu prüfen und zu bewerten. Zudem könne nicht ein einzelner Verfahrensschritt der Behandlung - wie das Zentrifugieren - isoliert betrachtet werden, sondern vielmehr sei das gesamte Herstellungsverfahren Gegenstand der Prüfung.
Entgegen der Auffassung des Klägers seien auch andere ähnlich gelagerte Behandlungsverfahren im hiesigen Verfahren nicht relevant, da diese schon nicht exakt mit der hier gegenständlichen Therapie zu vergleichen seien. Bei der arzneimittelrechtlichen Einstufung von Eigenfettpräparaten handele es sich um Einzelfallentscheidungen, bei denen jeweils eine Betrachtung u.a. des Herstellungsverfahrens, der Indikation, der Wirkung sowie der Anwendung vorzunehmen sei. Eine generelle Aussage zu anderen Anwendungen von Eigenfett könne dementsprechend nicht getroffen werden. Auch habe der Kläger seine Behauptung, dass "in einer Vielzahl von identischen Verfahren wie der Eigenfetttransplantation die Anwendbarkeit des Arzneimittelgesetzes als nicht gegeben angesehen" werde, nicht belegt.
Die Erlaubnispflicht sei auch nicht gemäß § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG entfallen. Diese Ausnahme gelte gemäß Satz 2 Nr. 1 unter anderem nicht für Arzneimittel für neuartige Therapien. Als ein solches sei das gegenständliche Fettgewebe jedoch einzustufen. Arzneimittel für neuartige Therapien seien nach § 4 Abs. 9 AMG u.a. biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Art. 2 Abs. 1 lit. a ATMP-VO. Nach Art. 2 Abs. 1 lit. b sei ein "biotechnologisch bearbeitetes Gewebeprodukt" ein Produkt, das biotechnologisch bearbeitete Zellen oder Gewebe enthalte oder aus ihnen bestehe und dem Eigenschaften zur Regeneration, Wiederherstellung oder zum Ersatz menschlichen Gewebes zugeschrieben würden oder das zu diesem Zweck verwendet oder Menschen verabreicht werde. Zellen oder Gewebe gälten gem. Art. 2 Abs. 1 lit. c ATMP-VO u.a als "biotechnologisch bearbeitet", wenn sie nicht dazu bestimmt seien, im Empfänger im Wesentlichen dieselbe(n) Funktion(en) auszuüben wie im Spender. So liege es hier: Das Fettgewebe werde aus einer fettgewebereichen Umgebung wie Bauch oder Oberschenkel entnommen und nach der Zentrifugation in das Daumensattelgelenk und damit eine andere anatomische Umgebung transplantiert. Gleichzeitig verändere sich auch die histologische Umgebung, indem das Gewebe als Fettgewebe in der Unterhaut in das Knorpelgewebe des Gelenks transplantiert werde. Damit ändere sich schließlich auch die Funktion des Gewebes von Speicher-, Depot- oder Isolierfett im Bauch oder Oberschenkel zum mechanischen Schutz in Form eines druckelastischen Polsters im intraartikulären Gelenkspalt des Daumensattelgelenks.
Entgegen der Auffassung des Klägers sei es außerdem unerheblich, ob Spender und Empfänger personenidentisch seien. Die Norm treffe keine Unterscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I. Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch ansonsten zulässig.
Entgegen den Ausführungen des Beklagten genügt die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO.
Gemäß § 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO muss die Berufungsbegründung einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils (Berufungsgründe) enthalten.
Dem Antragserfordernis und dem Formerfordernis einer gesonderten Berufungsbegründung wird nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig entsprochen, wenn in dem einzureichenden Schriftsatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass, in welchem Umfang und weshalb der Berufungsführer die zugelassene Berufung durchführen will. Die Berufungsbegründung muss substantiiert und konkret auf den zu entscheidenden Fall bezogen sein. Sie hat in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Einzelnen auszuführen, weshalb das angefochtene Urteil nach der Auffassung des Berufungsführers unrichtig ist und geändert werden muss. Welche Mindestanforderungen in Anwendung dieser Grundsätze jeweils an die Berufungsbegründung zu stellen sind, hängt wesentlich von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab (vgl. BVerwG, Beschl. v. 2.6.2005 - 10 B 4.05 -, juris Rn. 3 m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt die Berufungsschrift vom 15. September 2021. Mit ihr beantragt der Kläger, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Bescheid der Beklagten vom 9. Mai 2018 aufzuheben, zudem setzt er sich im Einzelnen mit den Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinander, die er für fehlerhaft hält und stellt dem jeweils seine Auffassung entgegen. Aus der Begründung wird hinreichend deutlich, weshalb er abweichend vom Verwaltungsgericht den angegriffenen Bescheid für rechtswidrig hält.
Eine darüber hinausgehende substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen des verwaltungsgerichtlichen Urteils verlangt § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO, anders als der Beklagte meint, hingegen nicht. Der Berufungsführer genügt grundsätzlich seiner gesetzlichen Begründungspflicht, wenn er in der Berufungsbegründung an seiner in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht hinreichend erläuterten Auffassung festhält, durch den angegriffenen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein, und dadurch zum Ausdruck bringt, dass er von den gegenteiligen Erwägungen des angefochtenen Urteils nicht überzeugt ist. § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO verlangt demgegenüber nicht, dass der Berufungsführer hierzu auf die Begründungserwägungen des angefochtenen Urteils im Einzelnen eingeht. Indem der Beklagte dies fordert, lehnt er sich zu eng an die Rechtsprechung zur Berufungsbegründung im Zivilprozess und zur Revisionsbegründung im Verwaltungsprozess an und berücksichtigt dabei zu wenig die Unterschiede zwischen diesen Verfahren (vgl. BVerwG Beschl. v. 2.6.2005 - 10 B 4.05 -, juris Rn. 5 m.w.N.).
II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Anfechtungsklage des Klägers ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
1. Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2018 ist zulässig.
Insbesondere fehlt dem Kläger nach der Verlagerung der beruflichen Tätigkeit aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten (nach Bremen) nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der angegriffene Verwaltungsakt entfaltet weiter Wirkungen. Verwaltungsakte, die von Landesbehörden - wie hier dem Beklagten - bei der Anwendung von Bundesrecht - hier des Arzneimittelgesetzes und ergänzender (europarechtlicher und nationaler) Verordnungen - erlassen werden, gelten im gesamten Bundesgebiet (vgl. Knauf, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Werkstand: 3. EL August 2022, § 35 Rn. 184).
Auch ist der Kläger nicht verpflichtet, vorrangig bei der nunmehr zuständigen A-Stadt Behörde die Aufhebung des Verwaltungsaktes zu beantragen. Die A-Stadt Behörde hat dem Kläger zudem bereits mitgeteilt, dass sie die Rechtsauffassung des Beklagten teilt.
2. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2018 mit dem dem Kläger die Anwendung des Verfahrens der Interposition von autologem, nicht modifizierten Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose (Eigenfetttransplantation) untersagt wird, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Die Untersagungsverfügung im Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2018 beruht auf der Ermächtigungsgrundlage in § 69 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das zuletzt durch Art. 8c des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2793) geändert worden ist. Bei dem angefochtenen Bescheid handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt; für seine Rechtmäßigkeit ist somit - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sowie des erkennenden Gerichts noch im parallelen Eilverfahren - auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen, jedenfalls wenn es dem jeweiligen Kläger - wie hier - ersichtlich um die Aufhebung des Verwaltungsaktes im gegenwärtigen Zeitpunkt (und für die weitere Zukunft) geht (vgl. bereits NdsOVG, Beschl. v. 8.6.2022 - 14 LB 2/22 -, juris Rn. 53 m.w.N.; Beschl. v. 10.8.2006 - 11 ME 74/05 -, juris Rn. 6 m.w.N.; vgl. auch: BVerwG, Urt. v. 10.12.2015 - 3 C 7.14 -, juris Rn. 10 m.w.N.; Urt. v. 19.9.2013 - 3 C 15.12 -, juris Rn. 9 m.w.N.; Beschl. v. 5.1.2012 - 8 B 62.11 -, juris Rn. 13 f.). Die maßgeblichen Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und der europarechtlichen Vorschriften sind seit dem Erlass der angegriffenen Untersagungsverfügung jedoch nicht relevant verändert worden. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Diese Befugnis ermächtigt die zuständigen Behörden insbesondere bei Missachtung arzneimittelrechtlicher Vorschriften zum Einschreiten (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.2008 - BVerwG 3 C 27.07 -, BVerwGE 131, 1, 3 - juris Rn. 15).
b) Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Der Beklagte hat den Kläger vor Erlass des Verwaltungsakts angehört, § 1 NVwVfG i.V.m. § 28 Abs. 1 VwVfG.
Die während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgte Verlagerung der beruflichen Tätigkeit des Klägers aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten (nach A-Stadt) führt nicht zu dessen örtlicher Unzuständigkeit. Das Verwaltungsverfahren war mit Erlass des angegriffenen Verwaltungsakts abgeschlossen, § 1 NVwVfG i.V.m. § 9 VwVfG. Der danach erfolgte Umzug ändert an der örtlichen Zuständigkeit zum Erlass des angegriffenen Dauerverwaltungsakts nichts mehr und ist insbesondere kein Anwendungsfall des § 1 NVwVfG i.V.m. § 3 Abs. 3 VwVfG (vgl. OVG NRW, Urt. v. 17.2.2020 - 5 A 3227/17 -, juris Rn. 21; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 3 Rn. 38).
c) Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG sind erfüllt. Eine Missachtung arzneimittelrechtlicher Vorschriften ist hier gegeben. Der Kläger wendet das Verfahren der Interposition von autologem, nicht modifizierten Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose (Eigenfetttransplantation) an, ohne dass ihm die hierfür nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG erforderliche Herstellungserlaubnis erteilt worden ist.
aa) Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG bedarf einer Erlaubnis der zuständigen Behörde, wer Arzneimittel gewerbs- oder berufsmäßig herstellt. Mit der Entnahme von Fettgewebe an fettreichen Körperstellen sowie dessen Bearbeitung zum Zwecke der Transplantation in den intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks wird ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG hergestellt gemäß § 4 Abs. 14 AMG, und zwar berufsmäßig durch den Kläger.
(1) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG sind Arzneimittel auch Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind.
Stoffe in diesem Sinne sind gemäß § 3 Nr. 3 AMG auch Körperbestandteile des Menschen, gleich ob sich diese in bearbeitetem oder in unbearbeitetem Zustand befinden. Körperbestandteile sind die Stoffe, aus denen der Körper besteht, insbesondere Zellen, Gewebe und Blut (vgl. Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Aufl. 2022, § 3 Rn. 24 m.w.N.), mithin auch die hier streitrelevanten Fettgewebe und -zellen.
Diese sind auch - entgegen der Auffassung des Klägers - als Mittel mit Eigenschaften jedenfalls zur Linderung krankhafter Beschwerden bestimmt. Denn die Transplantation der Fettgewebe und -zellen in den intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks erfolgt auch mit dem Ziel, die mit einer Rhizarthrose (Gelenkverschleiß (Arthrose) im Daumensattelgelenk) verbundenen gesundheitlichen Störungen wenigstens abzumildern. Lindern ist die Verminderung der durch eine Krankheit, ein Leiden oder einen Körperschaden hervorgerufenen objektiven und subjektiven Beschwerden (Wesser, in: Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: Jan. 2022, AMG, § 2 Rn. 40; Rehmann, AMG, 5. Aufl. 2020, § 2 Rn. 14). Unerheblich ist daher der Einwand des Klägers, dass durch die von ihm vorgenommene Eigenfetttransplantation die Arthrose, d.h. der Abbau der schützenden Knorpelschicht im Gelenk, nicht (teilweise) rückgängig gemacht werden kann und soll. Ausreichend ist vielmehr, dass die mit dieser Veränderung einhergehenden Schmerzen und schmerzhaften Bewegungseinschränkungen gelindert werden sollen.
(2) Der Annahme der Arzneimitteleigenschaft steht entgegen der Auffassung des Klägers auch § 2 Abs. 3 Nr. 8 AMG nicht entgegen. Danach sind Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes (TPG) keine Arzneimittel, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.
Den hier streitrelevanten Fettgeweben und -zellen fehlen die Eigenschaften eines Organs im Sinne des § 1a Nr. 1 TPG. Organe sind nach dieser Bestimmung, mit Ausnahme der Haut, alle aus verschiedenen Geweben bestehenden, differenzierten Teile des menschlichen Körpers, die in Bezug auf Struktur, Blutgefäßversorgung und Fähigkeit zum Vollzug physiologischer Funktionen eine funktionale Einheit bilden, einschließlich der Organteile und einzelnen Gewebe eines Organs, die unter Aufrechterhaltung der Anforderungen an Struktur und Blutgefäßversorgung zum gleichen Zweck wie das ganze Organ im menschlichen Körper verwendet werden können, mit Ausnahme solcher Gewebe, die zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne des § 4 Abs. 9 AMG bestimmt sind.
Die Fettgewebe und -zellen sind ersichtlich schon keine aus verschiedenen Geweben bestehenden, differenzierten Teile des menschlichen Körpers, die in Bezug auf Struktur, Blutgefäßversorgung und Fähigkeit zum Vollzug physiologischer Funktionen eine funktionale Einheit bilden. Ebenso wenig sind sie einzelnes Gewebe eines Organs (oder besser: bloßer Bestandteil eines solchen Organgewebes), das unter Aufrechterhaltung der Anforderungen an Struktur und Blutgefäßversorgung zum gleichen Zweck wie das ganze Organ im menschlichen Körper verwendet werden kann (vgl. zu den Anforderungen an das Vorliegen eines Organs im Sinne des § 1a Nr. 1 TPG im Einzelnen: Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen [Gewebegesetz], BT-Drs. 16/3146, S. 24; Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Aufl. 2022, § 2 Rn. 224 ff. und § 4 Rn. 234; Spickhoff, Medizinrecht, 4. Aufl. 2022, TPG, § 1a Rn. 3).
Unabhängig davon sind die entnommenen Fettgewebe und -zellen zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien im Sinne des § 4 Abs. 9 AMG bestimmt (siehe im Einzelnen unten (3) (c)).
(3) Die Anwendung der Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes ist nicht nach § 4a AMG (entspricht § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG in der bis zum 27.1.2022 geltenden Fassung) ausgeschlossen.
Hiernach findet das Arzneimittelgesetz keine Anwendung auf Gewebe, die innerhalb eines Behandlungsvorgangs einer Person entnommen werden, um auf diese ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit rückübertragen zu werden.
(a) Bei dem streitgegenständlichen Fettgewebe handelt es sich zwar um "Gewebe" im Sinne des § 4a AMG. Darunter fallen in Anlehnung an § 1a Nr. 4 TPG alle aus Zellen bestehenden Bestandteile des menschlichen Körpers, die keine Organe nach § 1a Nr. 1 TPG sind, einschließlich einzelner menschlicher Zellen (vgl. Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Aufl. 2022, § 4a Rn. 16).
(b) Auch ist hier von einer autologen Gewebetransplantation auszugehen. Die Fettzellen werden derselben Person entnommen und reimplantiert. Zudem erfolgt die autologe Gewebetransplantation "innerhalb eines Behandlungsvorgangs", d.h. Entnahme und Reimplantation stehen in einem engen fachlichen, medizinisch bedingten Zusammenhang (vgl. Wessel, in: Kloesel/Cyran, AMG, Stand: Jan. 2022, § 4a Ziff. 3 m.w.N.; Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Aufl. 2022, § 4a Rn. 16 f.; Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, in: PharmR 2015, 228, 234). Das ergibt sich hier daraus, dass während ein und desselben chirurgischen Behandlungsvorgangs die Entnahme und die Reimplantation erfolgen.
(c) Allerdings ist die tatbestandliche Voraussetzung der "Rückübertragung" nicht erfüllt. Eine "Rückübertragung" i.S.d. § 4a AMG setzt über eine autologe Anwendung bei ein und demselben Patienten hinaus voraus, dass die Gewebe in vergleichbaren anatomischen Zielgeweben und mit vergleichbarer physiologischer Funktion angewendet werden (sog. homologe Verwendung, vgl. Sanzenbacher/Frech [PEI], Wenn Gewebe zur Arznei wird, Deutsches Ärzteblatt 2019, A 28, A28 f.; vgl. auch: Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, in: PharmR 2015, 228, 234) ((aa)). An einer solchen homologen Verwendung fehlt es hier ((bb)).
(aa) Der Begriff der "Rückübertragung" in § 4a AMG erfasst lediglich die homologe Verwendung des Transplantats. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers sollten sogenannte Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP) - und um ein solches handelt es sich bei Gewebetransplantaten, die dieses Kriterium nicht erfüllen - dem Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes nicht entzogen werden. Im Einzelnen:
Bei Zellen oder Geweben, die nicht dazu bestimmt sind, im Empfänger dieselbe(n) Funktion(en) auszuüben wie im Spender (nicht homologe Verwendung) handelt es sich um ein Arzneimittel für neuartige Therapien. Arzneimittel für neuartige Therapien sind gemäß § 4 Abs. 9 AMG Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a ATMP-VO. Ein biotechnologisch bearbeitetes Gewebeprodukt ist gemäß § 4 Abs. 9 AMG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. a 3. Tiret und Buchst. b Satz 1 ATMP-VO ein Produkt, das biotechnologisch bearbeitete Zellen oder Gewebe enthält oder aus ihnen besteht und dem Eigenschaften zur Regeneration, Wiederherstellung oder zum Ersatz menschlichen Gewebes zugeschrieben werden oder das zu diesem Zweck verwendet oder Menschen verabreicht wird. Zellen oder Gewebe gelten gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. c ATMP-VO als "biotechnologisch bearbeitet", wenn sie wenigstens eine der folgenden Bedingungen erfüllen. Erstens: Die Zellen oder Gewebe wurden substanziell bearbeitet, so dass biologische Merkmale, physiologische Funktionen oder strukturelle Eigenschaften, die für die beabsichtigte Regeneration, Wiederherstellung oder den Ersatz relevant sind, erzielt werden. Nicht als substanzielle Bearbeitungsverfahren gelten insbesondere die in Anhang I der ATMP-VO aufgeführten Bearbeitungsverfahren. Zweitens: Die Zellen oder Gewebe sind nicht dazu bestimmt, im Empfänger im Wesentlichen dieselbe(n) Funktion(en) auszuüben wie im Spender. Dabei ist es für die Annahme biotechnologisch bearbeiteter Gewebe oder Zelle hinreichend, dass eine der in Art. 2 Abs. 1 Buchst. c ATMP-VO alternativ genannten Voraussetzungen erfüllt ist (vgl. EMA, Reflection paper on classification of advanced therapy medicinal products, v. 21.5.2015, S. 11 (EMA/CAT/600280/2010 rev.1); Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, in: PharmR 2015, 228, 231; Boergen/Jäkel/Spiegel: Lebende Arzneimittel - Ein Überblick über die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien, in: PharmR 2008, 357, 359).
Arzneimittel für neuartige Therapien wollte der Bundesgesetzgeber in allen Herstellungsvarianten der Gefahrenabwehr durch das Erfordernis einer Herstellungserlaubnis nach § 13 Abs. 1 Satz 1 AMG unterwerfen und somit nicht über § 4a AMG vom Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes ausnehmen. Diese Absicht des Bundesgesetzgebers zeigt sich insbesondere darin, dass durch das Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 1990) - nach der erforderlichen Änderung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG - § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394) aufgehoben worden ist, der für Arzneimittel, die unter der unmittelbaren fachlichen Verantwortung des anwendenden Arztes zur Ausübung der Heilkunde hergestellt worden sind, das Arzneimittelgesetz für unanwendbar erklärt hatte. Mit der Neufassung war ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs bezweckt worden, die Regelung des Arzneimittelgesetzes aus Gründen der Arzneimittelsicherheit auch auf die von Ärzten zur Anwendung bei eigenen Patienten hergestellten Arzneimittel zu erstrecken (BT-Drs. 16/12256 S. 42; BVerwG, Beschl. v. 20.12.2019 - 3 B 20.19 - juris Rn. 14).
Durch § 13b Abs. 2b Satz 1 AMG in der Fassung des Gesetzes vom 17. Juli 2009 ist die Herstellung von Arzneimitteln unter der unmittelbaren fachlichen Verantwortung eines Arztes zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten zwar von der hierfür grundsätzlich geltenden Erlaubnispflicht befreit worden. Die Ausnahme gilt gemäß Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift aber nicht in Bezug auf die dort benannten Arzneimittel für neuartige Therapien und xenogene Arzneimittel. Da für derartige Arzneimittel bisher nur begrenzte Erfahrungen in der Herstellung und Anwendung erforderlich seien, schien dem Gesetzgeber hierfür eine Erlaubnispflicht erforderlich (vgl. BT-Drs. 16/12256, S. 46 [linke Spalte] zu Rückausnahme in § 13 Abs. 2b; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 20.12.2019 - 3 B 20/19 -, juris Rn. 15; Faltus, Anmerkung zu NdsOVG, Beschl. v. 26.2.2019 - 13 ME 289/18, MedR 2019, 977, 978). Grundannahme des Gesetzgebers war danach erkennbar, dass - sei es auch nur für bestimmte - ATMP der Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes nicht von vorneherein (nach § 4a Satz 1 Nr. 3 AMG a.F.) ausgeschlossen sein konnte.
Der Wille des Gesetzgebers, Arzneimittel für neuartige Therapien nicht von der Anwendung des Arzneimittelgesetzes auszunehmen, ergibt sich auch aus § 63j AMG. Diese Vorschrift regelt ohne weitere Differenzierung die Dokumentations- und Meldepflichten der behandelnden Person für nicht zulassungs- oder genehmigungspflichtige Arzneimittel für neuartige Therapien. Diese Vorschrift ergäbe keinen Sinn, wenn ATMP über § 4a AMG (teilweise) dem Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes entzogen wären.
Diesen gesetzgeberischen Willen zugrunde gelegt, sollen ATMP nicht der Ausnahmevorschrift des § 4a AMG und damit nicht dem Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes entzogen sein. Daher ist der Begriff der "Rückübertragung" dahingehend auszulegen, dass auch eine homologe Verwendung der Gewebe erfolgen muss.
(bb) Bei der streitgegenständlichen Eigenfetttransplantation fehlt es an einer homologen Verwendung des entnommenen Fettgewebes, so dass von einer Rückübertragung im Sinne des § 4a AMG nicht ausgegangen werden kann.
Zu der Frage, wann therapeutisch eingesetzte Zellen homolog verwendet werden und somit ATMP sind, hat die European Medicins Agency (EMA) Empfehlungen und Leitlinien erarbeitet. Das Mandat für die Erstellung dieser Empfehlungen und Leitlinien zugunsten der EMA kommt insbesondere aus Art. 23 lit. e) ATMP-VO, wonach der Ausschuss für neuartige Arzneimittel (Committee for Advanced Therapy Medicinal Products (CAT)) innerhalb der EMA (vgl. Art. 20 ATMP-VO) u.a. die Aufgabe hat, wissenschaftliche Unterstützung bei der Ausarbeitung von Unterlagen im Zusammenhang mit der Verwirklichung der Ziele der Verordnung zu leisten. Die europäischen Leitlinien entfalten keine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung. Diese Regelwerke sind wie "antizipierte Sachverständigengutachten" bei der Anwendung arzneimittelrechtlicher Bestimmungen heranzuziehen, die sich auf außerrechtliche Erkenntnisquellen wie etwa den "jeweils gesicherte(n) Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse" (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 4 Satz 3 AMG) beziehen, weil sie regelmäßig widerspiegeln, was auf europäischer und nationaler Ebene dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht. Sie können gerichtlich nur mit dem substantiierten Vorbringen angegriffen werden, dass sie nicht (mehr) dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen (OVG NRW, Beschl. v. 30.6.2011 - 13 A 2188/10 -, juris Rn. f. 10 m.w.N.).
Nach Ansicht der EMA üben Zellen (in einer Zellpopulation) "im Wesentlichen dieselbe(n) Funktion(en)" nur aus, wenn sie nach der Entfernung aus ihrer ursprünglichen Umgebung im menschlichen Körper dazu verwendet werden, die ursprüngliche(n) Funktion(en) an anderer Stelle im menschlichen Körper, aber in derselben anatomischen oder histologischen Umgebung aufrechtzuerhalten. Z.B. gälten nicht substantiell veränderte Fettzellen, die in anderes Gewebe als Fettgewebe transplantiert würden, als ATMPs (vgl. EMA, Reflection paper on classification of advanced therapy medicinal products, v. 21.5.2015, S. 11 f. (EMA/CAT/600280/2010 rev.1): "The same essential function for a cell population means that the cells when removed from their original environment in the human body are used to maintain the original function(s) in the same anatomical or histological environment. Examples of this category are bone marrow cells or peripheral blood cells used for haematopoietic or immune reconstitution. Other clinical uses of bone marrow cells would be considered to be ATMPs, unless the same essential function(s) and the same anatomical/histological environment can be demonstrated fort he cells/tissues both at the donor and administration site (tissue). The same principal applies to other non-substantially manipulated cells from various origins, for example adipose cells transplanted to other than fat tissue are considered to be ATMPs"). Entgegen der Auffassung des Klägers ist dabei unerheblich, ob Empfänger und Spender identisch sind, mithin die Zelltransplantation autolog erfolgt (vgl. EMA, Reflection paper on classification of advanced therapy medicinal products, v. 21.5.2015, S. 16, EMA/CAT/600280/2010 rev.1).
Dies zugrunde gelegt ist eine homologe Verwendung der hier streitrelevanten Fettgewebe und -zellen in doppelter Hinsicht nicht gegeben (vgl. im Einzelnen die Stellungnahme des PEI - v. 26.2.2018, Blatt 20 ff. der Beiakte 1; vgl. auch Faltus, Anmerkung zu Nds. OVG, Beschl. v. 26.2.2019 - 13 ME 289/18 (VG Oldenburg), MedR 2019, 977, 979). Diese werden zum einen in eine andere anatomische (vor der Transplantation: Bauch oder Oberschenkel; nach der Transplantation: Daumengelenk) und auch andere histologische (vor der Transplantation: Fettgewebe in der Unterhaut; nach der Transplantation: Knorpelgewebe) Umgebung verpflanzt. Sie erfüllen zum anderen nach der Transplantation auch offensichtlich eine andere als die ursprüngliche Funktion (vor der Transplantation: Fettgewebe als Speicher-, Depot- oder Isolierfett; nach der Transplantation: Bau-, Struktur-, Gelenkschmiere; Fettzellen als Gleitlager im intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks).
Gegen eine danach wesentliche Funktionsänderung spricht entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass Fettgewebe an bestimmten Stellen des Körpers auch als mechanischer Schutz in Form eines druckelastischen Polsters wirkt, etwa im Kniegelenk (Hoffa-Fettkörper), im Nierenlager (Capsula adiposa) oder unter dem Augapfel (Corpus adiposum orbitae), und dass diese Funktion der des Gleitlagers im intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks durchaus vergleichbar ist. Denn der Kläger entnimmt nicht solches "Baufett", um die Eigenfetttransplantation durchzuführen, sondern ausschließlich subkutanes "Speicher-, Depot- oder Isolierfett", das als solches dem mechanischen Schutz in Form eines druckelastischen Fettpolsters gerade nicht dient. Aufgrund der wesentlichen Funktionsänderung der transplantierten Zellen unterscheidet sich die vom Kläger vorgenommene Interposition von autologem, nicht modifiziertem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose auch signifikant von den meisten in der Berufungsbegründungsschrift vom 25. September 2021, dort S. 6 ff., skizzierten anderen Transplantationsverfahren, in denen eine wesentliche Funktionsänderung des verwendeten Transplantats gerade nicht ersichtlich ist.
Unerheblich ist auch, ob natürlicherweise bereits Fettzellen in der Gelenkflüssigkeit (Synovia) vorkommen. Der Kläger entnimmt für sein Transplantat weder Synovia noch Fettzellen aus der Gelenkflüssigkeit. Die entnommenen Fettzellen aus dem Bauch oder Oberschenkel sollen vielmehr im Gelenk Wirkungen hervorrufen, die sie ohne die Entnahme und Reapplikation im Gelenk im Spender offensichtlich nicht gehabt hätten.
Stellt sich danach der Wechsel von der ursprünglichen Speicher-, Depot- oder Isolierfunktion hin zur Funktion als mechanisches Gleitlager im intraartikulären Gelenkspalt des Daumengelenks als wesentlich dar, bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob das Eigenfetttransplantat (oder besser: die in diesem enthaltenen Stammzellen) über die Funktion eines mechanischen Gleitlagers hinaus auch eine regenerative Wirkung für das Knorpelgewebe im Daumengelenk entfaltet (vgl. hierzu die Publikation des Klägers u.a., Eigenfettinjektion in das Sattelgelenk zur Behandlung der Rhizarthrose - eine vielversprechende Therapieoption, in: Handchir Mikrochir Plast Chir 2014, 46: 108, 109).
(d) Es fehlt zudem an der weiteren Voraussetzung des § 4a AMG, dass die Transplantation der Gewebe "ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit" erfolgen muss. Während der Regierungsentwurf noch vorsah, dass nur die Transplantation des gänzlich "unbearbeiteten" Gewebes vom Anwendungsbereich des Arzneimittelgesetzes ausgenommen sein sollte (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, BT-Drs. 16/12256, S. 10 und 43), hat der Bundesgesetzgeber festgelegt, dass im Rahmen eines Behandlungsvorgangs vorgenommene Bearbeitungen der Gewebe "ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit" ausnahmsweise arzneimittelrechtlich irrelevant sein sollen. Als solche Bearbeitungen sieht der Gesetzgeber indes lediglich geringfügige Arbeitsschritte innerhalb eines Behandlungsvorgangs an, die im Hinblick auf die Anwendungsfähigkeit des Gewebes erforderlich sein können. Dies betrifft etwa das Säubern und Spülen des autologen Gewebes, das Glätten seiner Schutzränder oder seine sachgerechte Aufbewahrung bis zur Anwendung (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, BT-Drs. 16/12256, S. 43; vgl. auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, BT-Drs. 16/13428, S. 84). Die Zentrifugation von Gewebe stellt hingegen nach dem Willen des Gesetzgebers eine erhebliche Be- oder Verarbeitung dar, die es ausschließt, eine Rückübertragung der Gewebe "ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit" im Sinne des § 4a AMG anzunehmen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften, BT-Drs. 18/11488, S. 45 (zu § 1 Abs. 3 Nr. 1 TPG); Brucklacher/Walles, Nationale und europäische Rahmenbedingungen für Tissue Engineering, in: PharmR 2010, 581, 583 f.; Scherer/Seitz/Cichutek, Wenn Ärzte "Arzneimittel" im OP oder am Krankenbett herstellen - Autologe Zellpräparationen am Point of Care: Rechtliche Verpflichtungen und notwendige Interaktionen mit den Behörden, in: Dt. Ärzteblatt 2013, A-872 f.; Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3. Auflage 2022, § 4a AMG, Rn. 18; Weber, in: Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Auflage 2021, § 4a AMG Rn. 4). Aus Gründen der Sicherheit der Patientinnen und Patienten hielt der Gesetzgeber eine Unterstellung dieser Verfahren sowohl unter das Arzneimittelgesetz als auch unter das Transplantationsgesetz für geboten (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften, BT-Drs. 18/11488, S. 45, zu § 1 Abs. 3 Nr. 1 TPG).
Der Senat sieht auch keinen Anlass, den so verstandenen Anwendungsbereich des § 4a AMG entgegen seinem "Ausnahmecharakter" (so ausdrücklich Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, BT-Drs. 16/12256, S. 43) auszudehnen und in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1 Buchst. b 1. Tiret der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien - ATMP-VO - und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121) nur solche Gewebe der Anwendung des Arzneimittelgesetzes zu unterstellen, die "substanziell bearbeitet" worden sind, "so dass biologische Merkmale, physiologische Funktionen oder strukturelle Eigenschaften, die für die beabsichtigte Regeneration, Wiederherstellung oder den Ersatz relevant sind, erzielt werden", wobei nicht als substanzielle Bearbeitungsverfahren insbesondere die in Anhang I zur ATMP-VO aufgeführten Bearbeitungsverfahren gelten (vgl. dahin tendierend: Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, in: PharmR 2015, 228, 233 f.). Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Auslegung unionsrechtlich geboten wäre, bestehen derzeit nicht, zumal es in Art. 2 der ATMP-VO auch ausdrücklich heißt, dass die Begriffsbestimmungen (nur) "für die Zwecke dieser Verordnung gelten". Der Bundesgesetzgeber hat sich in Kenntnis der Diskrepanz zu den unionsrechtlichen Anforderungen an das Vorliegen eines ATMP für die nationale restriktive Regelung entschieden (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, BT-Drs. 16/13428, S. 78, und den dort abgelehnten Vorschlag, die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Ausnahmevorschrift in § 4a AMG mangels unionsrechtlicher Erforderlichkeit zu streichen).
Dies zugrunde gelegt, erfolgt die vom Kläger vorgenommene Interposition von autologem, nicht modifiziertem Fettgewebe im Sinne des Einhandprinzips zur Behandlung von Rhizarthrose nicht ohne Änderung der stofflichen Beschaffenheit des Fettgewebes. Die vom Kläger im Rahmen der Methode nach Sydney Coleman (vgl. die Beschreibung auf Blatt 91 ff. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts) vorgenommene Zentrifugation des Fettgewebes stellt nach dem Willen des Gesetzgebers eine signifikante, den Anwendungsbereich des § 4a AMG überschreitende Bearbeitung des Gewebes dar. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber sich bei seiner Einschätzung, dass die Zentrifugation einen Bearbeitungsschritt darstellt, die zu einer Änderung der stofflichen Beschaffenheit führt, einem grundlegenden Irrtum unterlegen ist. Vielmehr führt die Zentrifugation auch im konkreten Fall ersichtlich zu einer Änderung der stofflichen Beschaffenheit des zentrifugierten Fettgewebes. So hat der Kläger selbst in einer vom Beklagten vorgelegten Veröffentlichung (vgl. Bl. 91 ff. der Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts) ausgeführt, dass sich bei der Zentrifugation des entnommenen Fettgewebes drei Phasen bildeten: oben eine ölige, in der Mitte eine zelluläre und unten eine wässrige Phase. Die ölige Phase enthalte ausgetretenes Fett, das beim Zentrifugieren frei geworden sei, da einige Fettzellen durch die Zentrifugalkräfte zerstört würden, in der Mitte lägen die intakten Fettzellen mit den Stammzellen, und die wässrige Phase bestehe aus Gewebsflüssigkeit, Lokalanästhetikum, Gefäßresten und auch einigen Stammzellen, die sich beim Zentrifugieren aus dem Fettverband gelöst hätten. (vgl. auch Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, in: PharmR 2015, 228, 233).
Auch das Paul-Ehrlich-Institut vertritt die Auffassung, dass eine weitergehende Bearbeitung des Gewebes zu einer Zellsuspension (Homogenisierung) führe, sei es mechanisch oder enzymatisch, die stoffliche Beschaffenheit des Fettgewebes ändere: Histologische Bindegewebs- und Kapillarstrukturen würden zerstört, es gebe Volumeneffekte (Macro-, Micro-, Nanofat), aber vor allein eine seperationsbedingte An-/Abreicherung, was die biologisch-pharmakologische Eigenschaft verändere. Das originär entnommene Gewebe sei nun eine Gewebezubereitung (vgl. Sanzenbacher/Frech, Wenn Gewebe zur Arznei wird, Deutsches Ärzteblatt 2019, A28).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch eine weitere Aufklärung der Auswirkungen des Zentrifugierens auf das Fettgewebe nicht erforderlich. Der Kläger selbst geht von einer Zerstörung eines, wenn auch geringen, Teils der Fettzellen aus. Daraus ergibt sich bereits die Veränderung des Fettgewebes. Soweit der Kläger meint, darin liege keine substantielle Veränderung der Fettzellen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Wie bereits dargelegt, muss die Veränderung nicht substantiell sein, jede Veränderung des Gewebes, die über das Säubern und Spülen des autologen Gewebes, das Glätten seiner Schutzränder oder seine sachgerechte Aufbewahrung hinausgeht, genügt bereits. Dies ist hier mit der Zerstörung einiger Fettzellen und von Blutgefäßen sowie dem Auslösen einzelner Stammzellen der Fall.
Auch die Ausführung des Klägers, er könne das Zentrifugieren durch Filtern oder Sedimentieren ersetzen, was jedenfalls zu keiner Änderung der stofflichen Beschaffenheit des Gewebes führe, vermag dies an der Einschätzung nichts zu ändern. Der Beklagte hat dem Kläger das von ihm dargelegte und im Einzelnen beschriebene Verfahren untersagt. Das Zentrifugieren, nicht das Filtern oder Sedimentieren des entnommenen Gewebes ist Bestandteil dieses Verfahrens. Sollte der Kläger ein anderes Verfahren anwenden wollen, wäre dies ggf. erneut zu prüfen. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass es auch unter Anwendung einer solchen Methode an der homologen Verwendung des Transplantats fehlen dürfte.
Für die Bewertung des streitgegenständlichen Verfahrens spielt schließlich keine Rolle, ob vergleichbare Verfahren von den zuständigen Behörden bereits unter den Ausnahmetatbestand des § 4a AMG subsumiert worden sind. Ob eine solche Einschätzung durch die Behörden getroffen worden ist und ggf. ob diese zutreffend ist, ließe sich nur bei genauer Kenntnis der betreffenden Verfahren beurteilen. Im Übrigen würde sich aus einer fehlerhaften Einschätzung der Behörden kein Anspruch für den Kläger ableiten.
bb) Die danach gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG bestehende Erlaubnispflicht ist auch nicht ausnahmsweise nach § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG entfallen.
Nach dieser Bestimmung bedarf einer Erlaubnis nach § 13 Abs. 1 AMG nicht eine Person, die Arzt oder Zahnarzt oder sonst zur Ausübung der Heilkunde bei Menschen befugt ist, soweit die Arzneimittel unter ihrer unmittelbaren fachlichen Verantwortung zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten hergestellt werden. Es liegt zwar nahe, dass diese Voraussetzungen bei einer autologen Fetttransplantation durch den Arzt grundsätzlich erfüllt sein können.
Eine Anwendung dieser Ausnahmeregelung ist hier aber gemäß § 13 Abs. 2b Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 AMG ausgeschlossen. Danach findet § 13 Abs. 2b Satz 1 AMG - wie bereits ausgeführt (siehe oben aa) (3) (c) (aa)) - keine Anwendung auf Arzneimittel für neuartige Therapien. Die hier streitrelevanten Fettgewebe und -zellen sind solche Arzneimittel für neuartige Therapien (vgl. bereits aa) (3) (c)).
Unerheblich ist zudem, ob die Eigenfetttransplantation mangels Abgabe einer Genehmigung nach § 4b Abs. 3 AMG nicht bedarf. Denn das allein an die Herstellung anknüpfende Erlaubniserfordernis nach § 13 Abs. 1 Satz 1 AMG bleibt hiervon unberührt (vgl. § 4b Abs. 1 Satz 2 AMG; Faltus/Schulz, Die arzneimittelrechtliche Handhabung zellbasierter Therapien in Point-of-Care-Behandlungsmodellen, in: PharmR 2015, 228, 234 f.).
cc) Der Beklagte hat das gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG eröffnete Ermessen erkannt und ausgeübt. Nach § 114 Satz 1 VwGO relevante Ermessensfehler sind für den Senat nicht ersichtlich. Der Beklagte hat zutreffend ausgeführt, dass das gesamte vom Kläger geschilderte Verfahren zur Überprüfung stehe und er nicht lediglich einzelne Schritte, wie das Zentrifugieren, untersagen könne. Es ist dem Kläger unbenommen, ein anderes Verfahren bei dem Beklagten (bzw. der nunmehr zuständigen Behörde) anzuzeigen und die Reaktion abzuwarten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.