Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 09.06.2022, Az.: 5 ME 160/21

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.06.2022
Aktenzeichen
5 ME 160/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59601
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 19.11.2021 - AZ: 3 B 47/21

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

- Dienstliche Beurteilungen sind zwar keine Verwaltungsakte; die für die Wirksamkeit von Verwaltungsakten geltende Vorschrift des § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gilt jedoch entsprechend mit der Folge, dass auch dienstliche Beurteilungen gegenüber denjenigen, für die sie bestimmt sind, im Zeitpunkt der Bekanntgabe wirksam werden und damit rechtlich existent sind
- Die Änderung der personellen Zusammensetzung der maßgeblichen Vergleichsgruppe, verbunden mit einem erheblichen Leistungs- und Befähigungsanstieg, bei Veränderung des Beurteilungssystems sowie veränderten Quotierungen kann eine abweichende Bewertung der Einzelleistungsmerkmale durch die Beurteiler im Verhältnis zu den Bewertungen der Ersteller von Beurteilungsbeiträgen rechtfertigen
- Nicht nur eine erhebliche Verschlechterung des Gesamturteils einer dienstlichen Beurteilung im Verhältnis zum Gesamturteil der Vorbeurteilung, sondern auch eine erhebliche Verbesserung des Gesamturteils im Verhältnis zum Gesamturteil der Vorbeurteilung - und dementsprechend, weil das Gesamturteil mit den Einzelbewertungen zu korrespondieren hat, auch eine erhebliche Verbesserung der Mehrzahl der Einzelleistungsmerkmale der dienstlichen Beurteilung im Verhältnis zu der Mehrzahl der Einzelleistungsmerkmale der Vorbeurteilung - ist begründungsbedürftig.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 19. November 2021 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 34.799,76 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Ziel weiter, den nach Besoldungsgruppe A 13g (t) bewerteten Dienstposten „Sachbearbeiterin/Sachbearbeiter (m/w/d)“ im Aufgabenfeld 140 (Lehrstab für Munition und Explosivstoffe) bei der E. in B-Stadt mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Der im Jahr 1959 geborene Antragsteller steht im Statusamt eines Technischen Regierungsamtsrats (Besoldungsgruppe A 12) im Dienste der Beklagten und ist bei der F. der Bundeswehr eingesetzt. Der im Jahr 1958 geborene Beigeladene ist als Technischer Regierungsamtsrat ebenfalls dort tätig.

Ende des Jahres 2020 schrieb die Antragsgegnerin den o. g. Dienstposten aus, auf den sich u. a. der Antragsteller und der Beigeladene bewarben.

In seiner dienstlichen (Regel-)Beurteilung zum Stichtag 31. Januar 2018 (Beurteilungszeitraum: 1. April 2015 bis 31. Januar 2018; Beiakte 005) hatte der Antragsteller - schon seinerzeit im Statusamt eines Technischen Regierungsamtsrats stehend - durch den damaligen Beurteiler, EDirBAAINBw G., das Gesamturteil „1“ (sehr gut), textliche Zuordnung: „Die Mitarbeiterin/Der Mitarbeiter übertrifft regelmäßig die Anforderungen in erheblichem Umfang. Ihre/Seine Leistungen/Fähigkeiten ragten während des gesamten Beurteilungszeitraums deutlich heraus“, erhalten; hierbei handelte es sich um die zweithöchste Bewertungsstufe der seinerzeit geltenden siebenstufigen Skala des damaligen Beurteilungssystems, in dessen Rahmen bei der Leistungsbeurteilung insgesamt 18 Leistungsmerkmale auf der insoweit siebenstufigen Skala sowie 5 Befähigungsmerkmale auf der insoweit fünfstufigen Skala bewertet worden waren.

Der Beigeladene war in seiner dienstlichen (Regel-)Beurteilung zum Stichtag 31. Januar 2018 (Beurteilungszeitraum: 1. Februar 2015 bis 31. Januar 2018; Beiakte 004) durch den damaligen Beurteiler, ebenfalls EDirBAAINBw G., unter Anwendung des seinerzeit geltenden Beurteilungssystems mit dem Gesamturteil „3“ (befriedigend), textliche Zuordnung: „Die Anforderungen werden von der Mitarbeiterin/dem Mitarbeiter in vollem Umfang erfüllt. Sie/Er erbringt stets anforderungsgerechte Leistungen - eine gänzlich zufriedenstellende Aufgabenerledigung. (Normalleistung)“, bewertet worden. Der Beigeladene war erst während dieses Beurteilungszeitraums - nämlich am 19. Dezember 2016, d. h. etwa 1 Jahr und 11 Monate nach Beginn des Beurteilungszeitraums - zum Technischen Regierungsamtsrat (Besoldungsgruppe A 12) befördert worden; zuvor war er als Technischer Regierungsamtmann (Besoldungsgruppe A 11) eingesetzt gewesen.

Im Auswahlvermerk des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr, Abteilung Personalführung Zivilpersonal, vom 15. April 2021 (Bl. 45 bis 46/Beiakte 001) führte die Antragsgegnerin in Bezug auf den ausgeschriebenen Dienstposten aus, für dessen Besetzung sei der Beigeladene - „aktuelle Beurteilung: A1 (2021)“ am besten geeignet. Der Antragsteller - „aktuelle Beurteilung: B (2021)“ - sei nachrangig geeignet. Er sei dem Beigeladenen „aus Leistungsgründen nachzuordnen“, so dass vorgeschlagen werde, dem Beigeladenen den ausgeschriebenen Dienstposten zu übertragen und diesen nach erfolgreich abgeschlossener Erprobungszeit im Rahmen der besetzbaren Planstellen zum Technischen Regierungsoberamtsrat zu befördern.

Unter dem 7. Juni 2021 (Bl. 60/Beiakte 001) teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass seiner Bewerbung nicht entsprochen werden könne; er sei dem Beigeladenen „aus Leistungsgründen nachzuordnen“.

Gegen diese Auswahlentscheidung erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 9. Juni 2021 (Bl. 3/Beiakte 002) Widerspruch. Es sei fraglich, ob der Beigeladene die nach der ZDv A-1340/16 erforderlichen zwei Vorverwendungen von jeweils zweijähriger Dauer im Statusamt A 12 erfülle. Außerdem habe sich der Beigeladene - wie er selbst auch - vor kurzer Zeit schon einmal auf den ausgeschriebenen Dienstposten beworben, sei aber seinerzeit „unter ferner liefen überhaupt nicht berücksichtigt worden“. Ihm erschließe sich daher nicht, warum der Beigeladene nunmehr der leistungsstärkste Bewerber sein solle.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2021 (Bl. 12/Beiakte 002) wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Die in der Stellenausschreibung festgelegten konstitutiven Qualifikationserfordernisse sowie die maßgeblichen Vorgaben der Personalentwicklung würden sowohl von dem Antragsteller als auch von dem Beigeladenen erfüllt. Die weitere Auswahlentscheidung sei daher auf Grundlage der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber zu treffen gewesen. Da der Antragsteller in seiner aktuellen dienstlichen Beurteilung (2021) mit dem Gesamturteil „B“ (Normalleistung) bewertet worden sei, der Beigeladene hingegen mit dem Gesamturteil „A 1“ (Spitzenstufe), komme dem Beigeladenen unter Leistungsgesichtspunkten der Vorrang zu.

Der Antragsteller hat am 5. Juli 2021 bei dem Verwaltungsgericht Osnabrück (Aktenzeichen: 3 A 135/21) Verpflichtungsklage mit dem Ziel erhoben, über seine Bewerbung um den ausgeschriebenen Dienstposten erneut zu entscheiden, und dort zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung hat er zunächst eingewandt, eine dienstliche Beurteilung aus dem Jahr 2021 sei ihm nicht bekannt; dementsprechend habe sich der Leistungsvergleich nicht auf eine solche stützen können. Im weiteren Verlaufe des Verfahrens hat er dann geltend gemacht, ihm sei nunmehr - nämlich am 23. August 2021 - seine aktuelle dienstliche Regelbeurteilung zum Stichtag 31. Januar 2021 zugestellt worden. Es stelle sich insoweit die Frage, warum er sich im Verhältnis zu seiner Vorbeurteilung „objektiv so gravierend wie hier verschlechtert habe“, ohne dass es Kritikgespräche oder Vergleichbares gegeben habe. Im Rahmen seiner vorherigen Bewerbung auf den in Rede stehenden Dienstposten sei er mit seiner damals noch aktuellen Beurteilung - der Vorbeurteilung zum Stichtag 31. Januar 2018 - trotz des dortigen Gesamturteils „1“ (sehr gut) nicht zum Zuge gekommen. Überdies sei die Besetzung des Personalrats, der im Rahmen der Auswahlentscheidung beteiligt worden sei, auffällig. Der Beigeladene sei Mitglied des Personalrats, während die stellvertretende Personalratsvorsitzende zugleich Aufgabenfeldmanagerin desjenigen Lehrstabs sei, in dem der ausgeschriebene Dienstposten wahrzunehmen sein werde. In dieser Situation bzw. wegen der eigenen Interessen von Beigeladenem und Personalratsvorsitzender wäre es angezeigt gewesen, jedem Verdacht auf unangemessene Einflussnahme durch Zurückhaltung aus dem Wege zu gehen.

In der aktuellen Regelbeurteilung zum Stichtag 31. Januar 2021 (Beurteilungszeitraum: 1. Februar 2018 bis 31. Januar 2021; Bl. 89 bis 102/Gerichtsakte - GA -), vom Beurteiler - DirBAAINBw H. - unterzeichnet am 27. Juli 2021 und dem Antragsteller am 23. August 2021 zugegangen (vgl. Bl. 88/GA), ist dieser mit dem Gesamturteil „B“, textliche Zuordnung: „Die Anforderungen werden von der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter in vollem Umfang erfüllt und gelegentlich übertroffen. Sie bzw. er erbringt stets anforderungsgerechte Leistungen - eine gänzlich zufriedenstellende Aufgabenerledigung. (Normalleistung)“, belegt worden; hierbei handelt es sich um die dritthöchste Bewertungsstufe auf der im Rahmen des neuen Beurteilungssystems nur noch fünfstufigen Skala. Bei der Leistungsbeurteilung - nach dem neuen System beinhaltet diese nur noch 14 Einzelleistungsmerkmale, wobei bei dem Antragsteller nur 13 beurteilt wurden, weil das Einzelleistungsmerkmal 12) „Umgang mit Chancengerechtigkeit, Vielfalt und Inklusion“ als „nicht beobachtbar“ gekennzeichnet und daher nicht bewertet wurde; die Leistungsbeurteilung ist ebenfalls anhand der fünfstufigen Skala vorzunehmen - weist die dienstliche Beurteilung des Antragstellers

o 10 x die Bewertungsstufe „B“, textliche Zuordnung: „erfüllt die Leistungserwartungen in vollem Umfang und übertrifft sie gelegentlich“ (= dritthöchste der 5 Bewertungsstufen) und

o 3 x die Bewertungsstufe „A2“, textliche Zuordnung: „übertrifft die Leistungserwartung regelmäßig“ (= zweithöchste der 5 Bewertungsstufen)

auf. In den 5 Merkmalen der Befähigungsbeurteilung ist der Antragsteller auf der auch insoweit fünfstufigen Skala

o 4 x mit der Bewertungsstufe „C“, textliche Zuordnung: „ausgeprägt“ (= dritthöchste der 5 Bewertungsstufen) und

o 1 x mit der Bewertungsstufe „B“, textliche Zuordnung: „stark ausgeprägt“ (= zweithöchste der 5 Bewertungsstufen)

bewertet. Im Vorfeld dieser dienstlichen Beurteilung hatte der vormals zuständige Berichterstatter - LTRDir I. - unter dem 10. Juni 2020 einen Beurteilungsbeitrag, betreffend den Zeitraum vom 1. Februar 2018 bis zum 31. Oktober 2019, gefertigt. In diesem war der Antragsteller im Hinblick auf 11 der 14 Einzelleistungsmerkmale - zwar ohne konkrete Notenvergabe, aber unter Verwendung der nach dem neuen Beurteilungssystem den jeweiligen Bewertungsstufen zugeordneten textlichen Beschreibung - bewertet worden, und zwar durchgängig mit der Bewertungsstufe „A2“ (Bl. 96 Rs. bis 97 Rs./GA); er ist also hinsichtlich der 9 Einzelleistungsmerkmale 3) bis 11) um eine Bewertungsstufe besser - nämlich mit „A2“ - bewertet worden als durch seinen Beurteiler, der insoweit die Bewertungsstufe „B“ vergeben hat. In der Befähigungsbeurteilung war LTRDir I. 5 x zu der Einschätzung „stark ausgeprägt“ (entspricht der zweithöchsten der 5 Bewertungsstufen) gelangt. Ferner hatte ein weiterer ehemaliger Berichterstatter - LTRDir J. - unter dem 15. September 2020 für den Zeitraum vom 1. November 2019 bis zum 31. Januar 2020 einen Beurteilungsbeitrag gefertigt, der in Aufbau und Wortlaut mit dem Beurteilungsbeitrag des LTRDir I. vollumfänglich übereinstimmt (Bl. 99 Rs. bis 100 Rs./GA).

Dem Beigeladenen ist seine aktuelle dienstliche Beurteilung - die Regelbeurteilung zum Stichtag 31. Januar 2021 (Beurteilungszeitraum: 1. Februar 2018 bis 31. Januar 2021; Bl. 64 bis 77/GA) - am 5. August 2021 eröffnet worden (Bl. 70/GA). Er ist hierin durch den Beurteiler, ebenfalls DirBAAINBw H., mit dem - im Vergleich zur dienstlichen Beurteilung des Antragstellers um 2 Bewertungsstufen besseren - Gesamturteil „A1“, textliche Zuordnung: „Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter übertrifft die Anforderungen regelmäßig in erheblichem Umfang. Schwächen in der Aufgabenwahrnehmung sind nicht erkennbar. Sie bzw. er gehört zur Spitzengruppe der Angehörigen ihrer bzw. seiner Vergleichsgruppe“ (= höchste von 5 Bewertungsstufen), bewertet worden. Die auch hier beurteilten 13 Einzelleistungsmerkmale - das Einzelleistungsmerkmal 12) „Umgang mit Chancengerechtigkeit, Vielfalt und Inklusion“ ist ebenfalls als „nicht beobachtbar“ gekennzeichnet und nicht bewertet worden – sind nach der fünfstufigen Notenskala

o 8 x mit „A1“, textliche Zuordnung: „erfüllt die Leistungserwartungen regelmäßig in erheblichem Umfang“ (= höchste der 5 Bewertungsstufen) sowie

o 5 x mit „A2“, textliche Zuordnung: „übertrifft die Leistungserwartung regelmäßig“ (= zweithöchste der 5 Bewertungsstufen)

bewertet worden. In den 5 Merkmalen der Befähigungsbeurteilung ist der Beigeladene nach der auch insoweit fünfstufigen Skala

o 3 x mit der Bewertung „A“, textliche Zuordnung: „besonders stark ausgeprägt“ (= höchste der 5 Bewertungsstufen) und

o 2 x mit der Bewertung „B“, textliche Zuordnung: „stark ausgeprägt“ (= zweithöchste der 5 Bewertungsstufen)

Bewertet worden. Im Vorfeld dieser dienstlichen Beurteilung hatte der vormals zuständige Berichterstatter - ebenfalls LTRDir I. - unter dem 10. Juni 2020 einen Beurteilungsbeitrag betreffend den Zeitraum vom 1. Februar 2018 bis zum 31. Oktober 2019 gefertigt. In diesem Beurteilungsbeitrag war der Beigeladene im Hinblick auf dieselben 11 der 14 Einzelleistungsmerkmale wie der Antragsteller - ebenfalls ohne konkrete Notenvergabe, aber unter Verwendung der den jeweiligen Bewertungsstufen zugeordneten textlichen Beschreibung - bewertet worden, und zwar durchgängig mit der Notenstufe „A1“ (Bl. 71 Rs. bis 72 Rs./GA); er ist also hinsichtlich der 5 Einzelleistungsmerkmale 4), 5), 8), 9) und 11) um eine Bewertungsstufe besser - nämlich mit „A1“ - bewertet worden als durch seinen Beurteiler, der insoweit die Bewertungsstufe „A2“ vergeben hat. In der Befähigungsbeurteilung war LTRDir I. 5 x zu der Einschätzung „besonders stark ausgeprägt“ (entspricht der höchsten der 5 Bewertungsstufen) gelangt. Ferner hatte ein weiterer ehemaliger Berichterstatter - LTRDir J. - unter dem 15. September 2020 für den Zeitraum vom 1. November 2019 bis zum 31. Januar 2020 einen Beurteilungsbeitrag gefertigt, der in Aufbau und Wortlaut mit dem Beurteilungsbeitrag des LTRDir I. vollumfänglich übereinstimmt (Bl. 74 Rs. bis 75 Rs./GA).

Die Antragsgegnerin ist dem Eilantrag entgegengetreten. Der Beigeladene habe an der maßgeblichen Personalratssitzung nicht teilgenommen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Auswahlentscheidung vom 15. April 2021 mangels tragfähiger Grundlage fehlerhaft sei. Denn jedenfalls wäre der Antragsteller im Falle einer erneuten Auswahlentscheidung auf der Grundlage der nunmehr bekannt gegebenen bzw. eröffneten aktuellen Regelbeurteilungen gegenüber dem Beigeladenen chancenlos, weil dieser das um zwei Beurteilungsstufen bessere Gesamturteil „A1“ erhalten habe.

Der Beigeladene hat sich im erstinstanzlichen Verfahren nicht geäußert.

Das Verwaltungsgericht hat der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 19. November 2021 im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den in Rede stehenden Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen und diesen „in die Besoldungsgruppe A 13g BBesO einzuweisen, bis über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden worden ist“. Der Antragsteller habe sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch des Antragstellers ergebe sich aus drei selbständig tragenden Gründen.

Zum einen sei die Auswahlentscheidung fehlerhaft, weil die Regelbeurteilung des Antragstellers vom 27. Juli 2021 fehlerhaft sei. Für die Verschlechterung des Gesamturteils einer dienstlichen Beurteilung um zwei Notenstufen habe das Bundesverwaltungsgericht eine nachvollziehbare Begründung für erforderlich gehalten, an der es hier fehle. Der Antragsteller habe im Vergleich zu seiner Vorbeurteilung ein „um umgerechnet mehr als zwei Notenstufen verschlechtertes Gesamturteil“ erhalten. Die in der dienstlichen Beurteilung enthaltene Begründung dieser Verschlechterung - der Beurteilungsmaßstab habe sich aufgrund einer Änderung der personellen Zusammensetzung der Vergleichsgruppe erheblich verschärft, was zu einem erheblichen Leistungs- und Befähigungsanstieg innerhalb der Vergleichsgruppe geführt habe, weshalb die Beurteilungsbeiträge zu relativieren gewesen seien - sei für die Kammer nicht nachvollziehbar. „Darüber hinaus und insoweit selbständig tragend“ sei auch die Abweichung von den Beurteilungsbeiträgen nicht nachvollziehbar begründet worden. Der schlichte, nicht näher substantiierte Hinweis auf eine Veränderung der personellen Zusammensetzung der Vergleichsgruppe reiche ebenso wie im Fall des Gesamturteils zur Begründung nicht aus. Für eine nachvollziehbare Begründung wäre es erforderlich gewesen, im Einzelnen durch Beispiele bzw. Nachweise zu belegen, weshalb von den Einschätzungen der Ersteller der Beurteilungsbeiträge abgewichen worden sei. Die schlichte Behauptung des Beurteilers sei weder für den Antragsteller noch für das Gericht nachvollziehbar und lasse eine gerichtliche Überprüfung nicht zu.

Auch die Beurteilung des Beigeladenen sei rechtswidrig. Der Umstand, dass sich der Beigeladene in seiner aktuellen Beurteilung im Vergleich zur Vorbeurteilung erheblich verbessert habe, sei nicht nachvollziehbar.

Und schließlich sei die Auswahlentscheidung fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin sie auf die aktuellen Regelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen gestützt habe, obwohl diese zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung weder erstellt noch den Bewerbern eröffnet worden seien. Aufgrund der drei aufgezeigten Mängel sei ein Obsiegen des Antragstellers bei einer erneuten Auswahlentscheidung möglich.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, der der Antragsteller entgegentritt. Der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin bleibt ohne Erfolg. Die von ihr in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beschränkt ist, rechtfertigen die begehrte Änderung der vorinstanzlichen Entscheidung nicht.

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgehoben (Beschlussabdruck - BA -, S. 5), dass Auswahlentscheidungen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 15.11.2010 - 5 ME 244/10 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 6.10.2011 - 5 ME 296/11 -, juris Rn. 3). Erweist sich die Auswahlentscheidung anhand dieses Maßstabs als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, erscheint eine Auswahl des jeweiligen Antragstellers also jedenfalls möglich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn. 11 ff.; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.9.2011 - 5 ME 234/11 -, juris Rn. 27), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. Dabei darf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32). Das bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl vornehmen müssen.

Der im Streitfall zu beachtende rechtliche Rahmen ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes - GG -, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 19). Dementsprechend darf die Bewerbung des Konkurrenten nur aus Gründen zurückgewiesen werden, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 21; Urteil vom 29.11.2012 - BVerwG 2 C 6.11 -, juris Rn. 10).

Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - BVerwG 2 C 16.02 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 10.10.2012 - 5 ME 235/12 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 14.11.2013 - 5 ME 228/13 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 11.5.2022 - 5 ME 161/21 -, juris Rn. 18), weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auf den aktuellen Stand abzustellen ist. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21). Ist aufgrund dieser aktuellen Beurteilungen von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen, ist für die Auswahlentscheidung (zunächst) auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 -, juris Rn. 22 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.5.2005 - 5 ME 57/05 -, juris Rn. 20), ehe die Heranziehung nicht leistungsbezogener Hilfskriterien in Betracht kommt. Sofern Bewerber in der aktuellen dienstlichen Beurteilung mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, hat der Dienstherr (als weiteres unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium) zunächst die aktuellen Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (BVerwG, Beschluss vom 19.12.2014 - BVerwG 2 VR 1.14 -, juris Rn. 35; Nds. OVG, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 ME 151/16 -, juris Rn. 19). Sind die Bewerber auch nach der umfassenden inhaltlichen Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen („ausschärfende Betrachtung“) als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann die zuständige Behörde auf andere leistungsbezogene Gesichtspunkte - wie etwa die Vorbeurteilung - abstellen (Nds. OVG, Beschluss vom 27.11.2019 - 5 ME 158/19 -) oder auf das leistungsbezogene Erkenntnismittel eines strukturierten Auswahlgesprächs zurückgreifen (Nds. OVG, Beschluss vom 16.9.2019 - 5 ME 126/19 -, juris Rn. 41 m. w. Nw.).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Antragsgegnerin die verwaltungsgerichtliche Feststellung, die streitgegenständliche Auswahlentscheidung begegne unter drei selbständig tragenden Gesichtspunkten rechtlichen Bedenken, mit ihrem Beschwerdevorbringen letztlich nicht erfolgreich in Frage gestellt.

a) Der Feststellung des Veraltungsgerichts, die Auswahlentscheidung sei fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin sie auf Regelbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen gestützt habe, die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung weder erstellt noch den Bewerbern eröffnet worden seien (Beschlussabdruck - BA -, S. 17 f.), ist die Antragstellerin nicht entgegengetreten. Soweit sie ausführt, der Inhalt der aktuellen dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen für den Beurteilungszeitraum vom 1. Februar 2018 bis 31. Januar 2021 sei im Rahmen der Beurteilungskonferenz gebilligt worden (Beschwerdebegründung - BB - vom 28.12.2021, S. 2 [Bl. 156/GA]), erläutert sie lediglich den Umstand, warum ihr der genaue Inhalt der dienstlichen Beurteilungen beider Bewerber zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung am 15. April 2021 bereits bekannt war, den Bewerbern selbst hingegen noch nicht. Der unter Bezugnahme auf obergerichtliche Rechtsprechung vertretenen Auffassung des Verwaltungsgerichts, die erst am 27. Juli 2021 vom Beurteiler unterzeichneten und den Bewerbern erst am 5. August 2021 (Beigeladener) bzw. am 23. August 2021 (Antragsteller) bekannt gegebenen aktuellen Regelbeurteilungen der Bewerber seien zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung noch nicht wirksam und damit als Grundlage für eine Auswahlentscheidung noch nicht verwendbar gewesen (BA, S. 17 f.), tritt die Antragsgegnerin vielmehr ausdrücklich bei (so BB vom 28.12.2021, S. 15 [Bl. 169/GA]).

Die Antragsgegnerin (so BB vom 28.12.2021, S. 15 [Bl. 169/GA]) wendet sich jedoch zu Recht gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass dieser Gesichtspunkt „selbständig tragend“ eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers begründe (so BA, S. 13). Denn eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des unterlegenen Bewerbers - und dementsprechend das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs - liegt, wie ausgeführt, nur vor, wenn die Auswahlentscheidung fehlerhaft ist und sich nicht ausschließen lässt, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt. Bei diesem (zweiten) Prüfungsschritt ist zu fragen, ob die Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung, welche den/die jeweils festgestellten Fehler meidet, im Verhältnis zum Beigeladenen ausgewählt wird. Diese Kausalitätsprüfung ist - worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist (BB vom 28.12.2021, S. 16 [Bl. 170/GA]) - auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen (Beschwerde-)Entscheidung vorzunehmen (so ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 29.7.2021 - 1 B 1072/21 -, juris Rn. 21 bis 23). Insoweit gilt, dass die aktuellen dienstlichen Regelbeurteilungen beider Bewerber bereits zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung wirksam waren, weil sie dem Beigeladenen am 5. August 2021 eröffnet worden und dem Antragsteller am 23. August 2021 auf dem Postweg zugegangen war. Denn dienstliche Beurteilungen sind zwar keine Verwaltungsakte, so dass die für die Wirksamkeit von Verwaltungsakten geltende Vorschrift des § 43 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) nicht unmittelbar anwendbar ist. Sie gilt jedoch entsprechend mit der Folge, dass auch dienstliche Beurteilungen gegenüber denjenigen, für die sie bestimmt sind, im Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe wirksam werden und damit rechtlich existent sind (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 27.8.1998 - BVerwG 1 WB 15.98 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 24.5.2011 - BVerwG 1 WB 59.10 -, juris Rn. 40; OVG NRW, Beschluss vom 15.3.2013 - 1 B 133/13 -, juris Rn. 7; Thür. OVG, Beschluss vom 28.7.2021 - 2 EO 48/21 -, juris Rn. 34). Somit sind im Rahmen der Prüfung, ob der Antragsteller im Verhältnis zum Beigeladenen die Chance hat, in einem erneuten Auswahlverfahren ausgewählt zu werden, die nunmehr wirksamen aktuellen Regelbeurteilungen beider Bewerber zum Stichtag 31. Januar 2021 zugrunde zu legen. Vor diesem Hintergrund rügt die Antragsgegnerin zu Recht (so BB vom 28.12.2021, S. 15 [Bl. 169/GA]), dass ein Anordnungsanspruch nicht „für sich genommen“ - also selbständig tragend - darauf gestützt werden kann, dass zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung keine rechtlich existenten aktuellen Regelbeurteilungen der Bewerber zum Stichtag 31. Januar 2021 vorlagen.

b) Der beschließende Senat folgt der Antragsgegnerin allerdings nicht in ihrer Auffassung, es sei ausgeschlossen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung unter Zugrundelegung der aktuellen Regelbeurteilungen der Bewerber zum Stichtag 31. Januar 2021 im Verhältnis zum Beigeladenen zum Zuge komme (so BB vom 28.12.2021, S. 16 [Bl. 170/GA]).

Zwar unterliegt die Annahme des Verwaltungsgerichts die aktuelle dienstliche Regelbeurteilung des Antragstellers sei rechtswidrig, mit der gegebenen Begründung rechtlichen Bedenken - dazu unter aa) -. Die Vorinstanz hat jedoch im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen an einem Beurteilungsfehler leidet und deshalb in ihrer jetzigen Form einer erneuten Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden kann - dazu unter bb) -. Da sich nicht vollständig ausschließen lässt, dass der Beigeladene bei einer Neubeurteilung ebenfalls das Gesamturteil „B“ erlangt, kam die von der Antragsgegnerin begehrte Änderung der vorinstanzlichen Entscheidung nicht in Betracht - dazu unter cc) -.

aa) Die Verwaltungsgerichte haben im Streit über die Auswahl für ein Beförderungsamt auch die der Auswahl zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen zu überprüfen. Einwendungen gegen eine dienstliche Beurteilung, die als solche kein Verwaltungsakt und deshalb auch nicht der Bestandskraft fähig ist, können unmittelbar in einem Bewerbungsverfahren wie auch in einem gegebenenfalls anschließenden verwaltungsgerichtlichen „Konkurrentenstreit“ geltend gemacht werden. Der Beamte braucht also nicht den Ausgang des isolierten Streites um die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung abzuwarten. Andererseits ist der Dienstherr nicht verpflichtet, Beförderungsverfahren nur deshalb „auszusetzen“, weil einer der Bewerber eine für die Auswahlentscheidung bedeutsame dienstliche Beurteilung angreift (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 - BVerwG 2 C 19.01 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 14). Erweist sich eine dienstliche Beurteilung, welche Grundlage eines Vergleichs zwischen den Bewerbern um ein Beförderungsamt ist, als fehlerhaft, so hat das Gericht den Dienstherrn in einem etwaigen Hauptsacheverfahren zur Ernennung, jedenfalls aber zur Neubescheidung zu verpflichten, wenn das Ergebnis des Auswahlverfahrens auf der fehlerhaften Grundlage beruhen kann. Dementsprechend ist die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung bereits im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten, wenn sie Einfluss auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens haben kann (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 - BVerwG 2 C 19.01 -, juris Rn. 16; Beschluss vom 20.1.2004 - BVerwG 2 VR 3.03 -, juris Rn. 10 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2020 - 5 ME 153/19 -, juris Rn. 33; Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 10.8.2020 - 5 ME 99/20 -, juris Rn. 20). Aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Bewerbungen folgt, dass jeder Bewerber im Stande sein muss, sowohl eigene Benachteiligungen als auch Bevorzugungen eines anderen zu verhindern, die nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Daher kann sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs insbesondere aus der Beurteilung eines Mitbewerbers oder aus dem Leistungsvergleich zwischen ihnen ergeben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 -, juris Rn. 13). Der Antragsteller eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Stellenbesetzung kann im Rahmen dieses Verfahrens also auch die dienstliche Beurteilung des ausgewählten Bewerbers angreifen (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 24). Voraussetzung ist aber, dass sich ein derartiger Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Deren Erfolg muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 -, juris Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 24).

Gemessen an diesen Grundsätzen hält die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die dienstliche Regelbeurteilung des Antragstellers vom 27. Juli 2021 sei rechtswidrig und eigne sich daher nicht für den Leistungsvergleich (so BA, S. 13), nach den bisherigen Vorbringen der Beteiligten der beschwerdegerichtlichen Überprüfung nicht stand.

aaa) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Senats, dass dienstliche Beurteilungen nur eingeschränkt überprüfbar sind mit der Folge, dass sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf beschränken muss, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 18.6.2009 - BVerwG 2 B 64.08 -, juris Rn. 6; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 9; Nds. OVG, Beschluss vom 28.11.2012 - 5 ME 240/12 -, juris Rn. 26). Wenn der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, so sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzuwendenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden (BVerwG, Beschluss vom 18.6.2009 - BVerwG 2 B 64.08 -, juris Rn. 6). Das Gericht hat dann auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen - speziell denen der maßgeblichen Laufbahnverordnung - sowie mit sonstigen gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17.12.2003 - BVerwG 2 A 2.03 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 19.10.2009 - 5 ME 175/09 -, juris Rn. 8). Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche und persönliche Beurteilung des Beamten oder Richters durch seinen Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 18; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 9).

bbb) Unter Berücksichtigung dieser beschränkten gerichtlichen Kontrollmöglichkeit liegen die vom Verwaltungsgericht festgestellten Beurteilungsfehler im Hinblick auf die dienstliche Beurteilung des Antragstellers nicht vor.

(1) Das Gebot, bei der Erstellung der Beurteilung von einem richtigen Sachverhalt auszugehen und allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe zu beachten, erfordert es, nachvollziehbar darzulegen, aus welchem Grund der betroffene Beamte das ihm durch die dienstliche Beurteilung erteilte Gesamturteil erhalten hat (Nds. OVG, Beschluss vom 10.1.2008 - 5 LA 102/04 -, juris Rn. 4; Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 44). Das gefundene Gesamturteil muss mit den Einzelbewertungen vereinbar sein und darf nicht in einem unlösbaren Widerspruch hierzu stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.5.1965 - BVerwG 2 C 146.62 -, juris Rn. 42; Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2020 - 5 ME 153/19 -, juris Rn. 37), wobei die Einzelbewertungen ihrerseits hinreichend plausibel sein müssen.

Der Grundsatz, dass das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung nach außen erkennbar aus der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Leistungs- und Befähigungsmerkmale zu entwickeln und hinreichend plausibel zu machen ist, verlangt jedoch nicht, dass die tatsächlichen Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, notwendigerweise in die dienstliche Beurteilung selbst aufzunehmen sind (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 20; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 17). Der Dienstherr kann einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im Beurteilungszeitraum aufgreifen und aus ihnen wertende Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur Charakterisierung des Beamten für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke und Einzelbeobachtungen während des Beurteilungszeitraums beschränken. Schließlich kann er die aufgezeigten verschiedenen Möglichkeiten, über Eignung und Leistung des Beamten ein aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil abzugeben, in abgestufter Form nebeneinander verwenden bzw. miteinander verbinden (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 20; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 17; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, Rn. 45). Das Absehen von weitergehenden Begründungsanforderungen - namentlich bei den Einzelmerkmalen einer dienstlichen Beurteilung - ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass sich das Werturteil des Dienstherrn über das Leistungsbild eines Beamten im Laufe eines Beurteilungszeitraums aus einer Vielzahl tatsächlicher Vorgänge und Einzelmomente zusammensetzt, die zu einem Gesamteindruck verschmelzen. Wäre der Dienstherr gehalten, solche Vorgänge (jedenfalls beispielhaft) zu benennen, könnten hierdurch Einzelergebnisse, die für das Werturteil ohne selbstständig prägendes Gewicht waren, nachträglich eine Bedeutung gewinnen, die ihnen in Wahrheit nach der wertenden Erkenntnis des Dienstherrn nicht zukommen sollte. Zudem würde dies zu einem dauernden „Leistungsfeststellungsverfahren“ führen, das einen gänzlich unangemessenen und unvertretbaren Verwaltungsaufwand zur Folge hätte und dem gegenseitigen Vertrauensverhältnis zwischen dem Beamten oder Richter und dem Dienstherrn abträglich wäre (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 18).

Dies bedeutet aber nicht, dass der Beamte Werturteile in dienstlichen Beurteilungen ohne wirksame Abhilfemöglichkeit hinnehmen muss. Schon die dienstliche Beurteilung selbst muss in einer die gerichtliche Nachprüfung ermöglichenden Weise klar abgefasst werden. Sodann gibt die Eröffnung und Besprechung der dienstlichen Beurteilung Gelegenheit, dem Beamten die Ergebnisse der dienstlichen Beurteilung sowie einzelne Werturteile und ihre Grundlagen näher zu erläutern. Hält der Beamte die Beurteilung oder einzelne in ihr enthaltene Werturteile danach noch für sachlich nicht gerechtfertigt, so kann er die Beseitigung oder Änderung der Beurteilung oder die Erstellung einer neuen Beurteilung beantragen und - sofern nicht landesgesetzlich ausgeschlossen - einen entsprechenden Widerspruch erheben. Der Dienstherr muss dann allgemeine und pauschal formulierte Werturteile erläutern, konkretisieren und dadurch plausibel machen. Dies kann er durch Anführung von tatsächlichen Vorgängen, aber auch von weiteren konkretisierenden (Teil-)Werturteilen tun. Entscheidend ist, dass das Werturteil keine formelhafte Behauptung bleibt, sondern dass es für den Beamten einsichtig und für außenstehende Dritte nachvollziehbar wird, dass der Beamte die tragenden Gründe und Argumente des Dienstherrn erfährt und für ihn der Weg, der zu dem Werturteil geführt hat, sichtbar wird. Erst dann kann der Beamte beurteilen, ob er mit Aussicht auf Erfolg um gerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen kann. Nur auf der Grundlage solcher Erläuterungen und Konkretisierungen können die Gerichte nachprüfen, ob der Dienstherr bei der Abgabe der dienstlichen Beurteilung bzw. einzelner in ihr enthaltener Werturteile von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, sachfremde Erwägungen angestellt oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verletzt hat. Macht der Dienstherr in der geschilderten Weise seine Werturteile plausibel und nachvollziehbar, so wird dadurch dem Anspruch des Beamten auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) in einem ausreichenden und zugleich praktikablen, d. h. eine Überforderung des Dienstherrn vermeidenden, Umfang genügt (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 25; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 46). Hat der Dienstherr auch im Verwaltungsverfahren allgemein gehaltene Werturteile in Bezug auf Einzelleistungsmerkmale nicht oder nicht ausreichend erläutert oder erhebt der Betroffene erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Einwände gegen Einzelbewertungen in der dienstlichen Beurteilung, so kann der Dienstherr diese Plausibilisierung noch im Verwaltungsstreitverfahren nachholen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 26; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 21; Urteil vom 2.3.2017 - BVerwG 2 C 51.16 -, juris Rn. 18), während eine nachträgliche Plausibilisierung des Gesamturteils nicht möglich ist (so BVerwG, Urteil vom 2.3.2017 - BVerwG 2 C 51.16 -, juris Rn. 18; Urteil vom 1.3.2018 - BVerwG 2 A 10.17 -, juris Rn. 48). In Bezug auf die Begründung des Gesamturteils ist nur eine nachträgliche Intensivierung (im Sinne einer ergänzenden Anreicherung) einer schon in der dienstlichen Beurteilung selbst enthaltenen Begründung zulässig, nicht aber, die Begründung auszutauschen oder ihr einen weiteren, eigenständigen Argumentationsstrang hinzuzufügen (BVerwG, Urteil vom 1.3.2018 - BVerwG 2 A 10.17 -, juris Rn. 48; Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2020 - 5 ME 153/19 -, juris Rn. 39).

(2) Zu berücksichtigen ist weiter, dass dienstliche Beurteilungen die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen müssen (vgl. statt vieler: BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 47; Urteil vom 26.9.2012 - BVerwG 2 A 2.10 -, juris Rn 10; Nds. OVG, Urteil vom 10.2.2015 - 5 LB 100/14 -, juris Rn. 70). War der für die Beurteilung Zuständige nicht in der Lage, sich während des ganzen Beurteilungszeitraums ein eigenes vollständiges Bild von den zur Beurteilung anstehenden Merkmalen zu verschaffen, ist er auf weitere Erkenntnisse, insbesondere Beurteilungsbeiträge sachkundiger Dritter, angewiesen, um die Beurteilung auf einen zutreffenden und vollständigen Sachverhalt stützen zu können (BVerwG, Urteil vom 5.11.1998 - BVerwG 2 A 3.97 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 8.3.2006 - BVerwG 1 WB 23.05 -, juris Rn. 3; Urteil vom 21.3.2007 - BVerwG 2 C 2.06 -, juris Rn. 10; Urteil vom 27.11.2014 - BVerwG 2 A 10.13 -, juris Rn. 22 f.; Urteil vom 28.1.2016 - BVerwG 2 A 1.14 -, juris Rn. 21 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 1.10.2007 - 5 LA 115/05 -, juris Rn 5; Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 36). Hierfür kommen vorrangig - aber nicht ausschließlich - die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Beamten aus eigener Anschauung kennen (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 47; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 36). In diesen Fällen müssen die Beurteilungsbeiträge der sachkundigen Personen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraums berücksichtigt - das heißt zur Kenntnis genommen und bedacht - werden (BVerwG, Urteil vom 27.11.2014 - BVerwG 2 A 10.13 -, juris Rn. 24; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 36). Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Beurteilers unverzichtbare Grundlage der Beurteilung (BVerwG, Urteil vom 27.11.2014 - BVerwG 2 A 10.13 -, juris Rn. 24; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 36). Der Beurteiler darf nicht davon absehen, Beurteilungsbeiträge einzuholen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Beamten zutreffend einzuschätzen (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 - juris Rn. 47; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 36). Zwar ist er an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen (Nds. OVG, Beschluss vom 10.8.2020 - 5 ME 99/20 -, juris Rn. 30). Der Beurteiler übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge würdigt und in seine Überlegungen einbezieht (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 47; Urteil vom 28.1.2016 - BVerwG 2 A 1.14 -, juris , a. a. O., Rn. 23; Nds. OVG, Beschluss vom 13.10.2017 - 5 ME 153/17 -, juris Rn. 48; Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 36; Beschluss vom 10.8.2020 - 5 ME 99/20 -, juris Rn. 30). Abweichungen von den in Beurteilungsbeiträgen enthaltenen Tatsachen oder Werturteilen müssen nachvollziehbar begründet werden (BVerwG, Urteil vom 28.1.2016 - BVerwG 2 A 1.14 -, juris Rn. 23; Urteil vom 1.3.2018 - BVerwG 2 A 10.17 -, juris Rn. 33; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 36; Beschluss vom 10.8.2020 - 5 ME 99/20 -, juris Rn. 30).

(3) Mit Blick auf diese Grundsätze ist der beschließende Senat der Auffassung, dass der verwaltungsgerichtliche Vorhalt, die Antragsgegnerin habe Einzelleistungsmerkmale in der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers nicht hinreichend plausibel begründet, nicht zutrifft.

Im Falle des Antragstellers sind für zwei Abschnitte des Beurteilungszeitraums - nämlich für den Zeitraum vom 1. Februar 2018 bis 31. Oktober 2019 und für den Zeitraum vom 1. November 2019 bis zum 31. Januar 2020 - jeweils schriftliche Beurteilungsbeiträge der seinerzeit zuständigen Berichterstatter erstellt worden, die inhaltlich identisch sind; für den weiteren Zeitraum vom 1. Februar 2020 bis zum 31. Januar 2021 verfügte der zuständige Berichterstatter, K., also über eigene Erkenntnisse. Die vormaligen Vorgesetzten des Antragstellers - LTRDir I. und LTRDir J. - haben 12 der insgesamt 14 Einzelleistungsmerkmale - nämlich die Einzelleistungsmerkmale 1) bis 11) - bewertet. Sie haben insoweit zwar nicht die Notenbezeichnungen „A1“ bis „C2“ auf der fünfstufigen Bewertungsskala verwendet, jedoch die im Beurteilungsvordruck enthaltenen und den jeweiligen Bewertungsstufen zugeordneten textlichen Beschreibungen, so dass die Erwägungen jeweils einer bestimmten Bewertungsstufe der fünfstufigen Skala entsprechen. Hieraus ergibt sich, dass der Antragsteller von beiden ehemaligen Berichterstattern durchgängig mit der Notenstufe „A2“: „übertrifft die Leistungserwartungen regelmäßig“ (= zweithöchste der 5 Bewertungsstufen) belegt worden ist. Dieser Bewertung sind der Berichterstatter, K., sowie der Beurteiler bezüglich der Einzelleistungsmerkmale 1), 2) und 13) auch gefolgt; hinsichtlich der Einzelleistungsmerkmale 3) bis 11) sind sie hiervon allerdings abgewichen und haben stattdessen die nächstschlechtere Bewertungsstufe „B“: „erfüllt die Leistungserwartungen in vollem Umfang und übertrifft sie gelegentlich“ vergeben. Ferner haben die vormaligen Berichterstatter den Antragsteller in der Befähigungseinschätzung 5 x entsprechend der zweithöchsten Stufe der 5 Bewertungsstufen („B“) belegt, während er durch seinen aktuellen Berichterstatter sowie den Beurteiler lediglich 1 x die Stufe „B“ und viermal die um eine Stufe schlechtere Stufe „C“ erhalten hat.

Diese Abweichung ist in der Begründung des Gesamturteils der aktuellen dienstlichen Beurteilung des Antragstellers wie folgt erläutert worden (Bl. 95 Rs./GA):

„Die Beurteilungsbeiträge für den Zeitraum vom 01.02.2018 bis 31.10.2019 und 01.11.2019 bis 31.01.2020, die die Leistungen und Befähigungen anders beschreiben, als das in der Beurteilung dargestellt wird, sind bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden. Allerdings hat eine Änderung der personellen Zusammensetzung der Vergleichsgruppe zu einem erheblichen Leistungs- und Befähigungsanstieg innerhalb der Vergleichsgruppe geführt, was wiederum eine ganz erhebliche Verschärfung des Beurteilungsmaßstabs zur Folge hat. Dieser erst auf der Beurteilungskonferenz gebildete Maßstab konnte bei der Erstellung der Beurteilungsbeiträge nicht bekannt sein und folglich nicht berücksichtigt werden. Daher waren die in den Beiträgen dargestellten Leistungen und Befähigungen zu relativieren.“

Soweit das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten hat, diese Begründung reiche nicht aus, um die Abweichungen von den entsprechenden Wertungen in den Beurteilungsbeiträgen nachvollziehbar zu begründen (so BA, S. 16), hat es nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Verpflichtung zur Plausibilisierung der in einer dienstlichen Beurteilung enthaltenen Werturteile einerseits und die Darlegung von Zweifeln an der Richtigkeit dieser Werturteile andererseits in einer Wechselbeziehung zueinander stehen (BVerwG, Urteil vom 1.3.2018 - BVerwG 2 A 10.17 -, juris Rn. 37; Beschluss vom 7.1.2021 - 2 VR 4.20 -, juris Rn. 34). Hält der Beamte die dienstliche Beurteilung trotz einer Erläuterung durch den Dienstherrn für nicht hinreichend plausibel, liegt es an ihm, konkrete Punkte zu benennen, die er entweder für unklar oder für unzutreffend hält (BVerwG, Urteil vom 1.3.2018 - BVerwG 2 A 10.17 -, juris Rn. 37). Der Antragsteller hatte indes in Bezug auf die Einzelbewertungen in seiner dienstlichen Beurteilung keinerlei konkrete Punkte gerügt und insbesondere auch nicht geltend gemacht, dass einzelne Bewertungen des Berichterstatters und des Beurteilers von den übereinstimmenden Bewertungen der vormaligen Berichterstatter für den Zeitraum vom 1. Februar 2018 bis zum 31. Januar 2020 abwichen. Vielmehr hat er lediglich die Frage aufgeworfen, warum er sich im Verhältnis zu seiner Vorbeurteilung „objektiv so gravierend“ verschlechtert haben solle, ohne dass es Kritikgespräche oder Vergleichbares gegeben habe, bzw. die im Verhältnis zu seiner Vorbeurteilung „insgesamt schlechtere Benotung“ kritisiert (Antragsbegründung - AB - vom 29.8.2021, S. 2 [Bl. 40/GA]; AB vom 14.10.2021, S. 2 [Bl. 105/GA]). In Anwendung der oben dargestellten Grundsätze („Wechselwirkung“) hätte es aber zunächst dem Antragsteller oblegen, eine nicht nachvollziehbare Begründung der Abweichung von Bewertungen in den Beurteilungsbeiträgen geltend zu machen; erst dann wäre die Antragsgegnerin gehalten gewesen, auf die entsprechenden Rügen im Einzelnen einzugehen.

Ungeachtet dessen hat die Antragsgegnerin - bezogen auf den verwaltungsgerichtlichen Einwand der fehlenden Nachvollziehbarkeit der Abweichung von Bewertungen in den Beurteilungsbeiträgen - in ihrer Beschwerdebegründung vom 28. Dezember 2021 - und damit innerhalb der maßgeblichen Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1, Satz 6 VwGO - das Folgende ausgeführt (BB vom 28.12.2021, S. 8 [Bl. 162/GA]):

„Der für die Beurteilung des Antragstellers zuständige Beurteiler, DirBAAINBw H., hat mitgeteilt, dass im Hinblick auf die Vergleichsgruppe zwischen den Beurteilungsstichtagen der Vorbeurteilung des Antragstellers und seiner aktuellen Beurteilung eine signifikante zahlenmäßige Änderung der nach BesGr A 12 BBesO zu beurteilenden Beamten erfolgt ist. Zum Beurteilungsstichtag 31.01.2018 wurden in der Vergleichsgruppe des Antragstellers noch 895 Beamte beurteilt, von denen u. a. 86 mit 'S' und 449 mit '3' beurteilt wurden. Zum Beurteilungsstichtag 31.01.2021 waren demgegenüber 1018 Beamte zu beurteilen, von denen 103 mit 'A1' und 705 mit 'B' beurteilt wurden.

Bereits vor dem Hintergrund dieser signifikanten zahlenmäßigen Änderung der Vergleichsgruppe ist die Veränderung des Beurteilungsmaßstabs nachvollziehbar.“

Mit diesen Ausführungen hat die Antragsgegnerin die Änderung der personellen Zusammensetzung der maßgeblichen Vergleichsgruppe des Antragstellers - nämlich die Vergrößerung um 123 Beamte - nachvollziehbar dargelegt.

Im Zusammenhang mit ihren weiteren Erwägungen zur Veränderung des Beurteilungssystems (BB vom 28.12.2021, S. 5 f. [Bl. 159 f./GA]) hat die Antragsgegnerin mit den oben dargestellten Ausführungen ferner nachvollziehbar begründet, warum der Anstieg der zu beurteilenden Beamten der maßgeblichen Vergleichsgruppe zu einem erheblichen Leistungs- und Befähigungsanstieg innerhalb dieser Gruppe geführt hat, was wiederum eine ganz erhebliche Verschärfung des Beurteilungsmaßstabs notwendig machte. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Beurteilungen zu den Stichtagen 31. Januar 2018 und 31. Januar 2021 nicht aufgrund desselben Beurteilungssystems erstellt wurden; vielmehr hatte sich das Beurteilungssystem von einem System mit siebenstufiger Notenskala im Gesamturteil bei 18 zu bewertenden Einzelleistungsmerkmalen dahingehend verändert, dass die Beurteilung zum Stichtag 31. Januar 2021 nunmehr unter Zugrundelegung einer fünfstufigen Notenskala bei 14 zu bewertenden Einzelleistungsmerkmalen erfolgt. Die Antragsgegnerin hat zum Verhältnis beider Systeme zueinander wie folgt vorgetragen (BB vom 28.12.2021, S. 5 f. [B. 159 f./GA]):

„Zwischen der aktuellen Beurteilung und der Vorbeurteilung des Antragstellers erfolgte zum 20.01.2020 eine Neufassung der ZDv A-1340/83. Im Rahmen der Neufassung ist die Anzahl der Bewertungsstufen von vorher sieben ('S', '1', '2', '3', '4', '5', '6', wobei 'S' die höchste und '6' die niedrigste Bewertungsstufe darstellt) auf jetzt fünf ('A1', 'A2', 'B', 'C1', 'C2', 'C2', wobei 'A1' die höchste und 'C2' die niedrigste Bewertungsstufe darstellt) reduziert worden.

Insbesondere gibt es, § 50 Abs. 2 Satz 1 BLV entsprechend, nunmehr nur noch zwei quotierte Bewertungsstufen ('A1' und 'A2') (vgl. Ziffer 1083 der ZdV A-1340/83 in der zum hier maßgeblichen Beurteilungsstichtag 31.01.2021 geltenden Fassung) an Stelle von vorher drei ('S', '1' und '2') (vgl. Ziffer 157 der ZdV A-1340/83 in der zum vorhergehenden Beurteilungsstichtag 31.01.2018 maßgeglichen Fassung).

Ein Vergleich dieser Richtwertvorgaben zeigt zum einen, dass sich die Bewertungsstufen 'A1' und 'S' (jeweils 10 %) sowie 'A2' und '1' (jeweils 20 %) wegen der gleichen Quotierung entsprechen. Zum anderen ergibt sich, dass die vorher mit 20 % quotierte Bewertungsstufe 2' , mit der leicht überdurchschnittliche Leistungen bewertet wurden, ersatzlos entfallen ist.

Daraus folgt, dass vorher mit dem Gesamturteil '2' bewertete Leistungen nun mit der Bewertungsstufe 'B' zu bewerten sind.“

Diesen - in sich nachvollziehbaren - Vortrag zugrunde gelegt, hat die Antragsgegnerin mit dem Vergleich zwischen den mit „S“ und „3“ (= altes System) sowie den mit „A1“ und „B“ (= neues System) bewerteten Beamten der Vergleichsgruppe deutlich gemacht, dass im vorherigen Beurteilungszeitraum 9,61 % der Beamten die absolute Spitzennote erhalten haben (100 % x 86 Beamte : 895 Beamte), im aktuellen Beurteilungszeitraum hingegen mehr, nämlich 10,1 % der Beamten (100 % x 103 : 1.018 Beamte). Schon diese Gegenüberstellung belegt die Leistungssteigerung innerhalb der Gruppe. Dieser Gesichtspunkt ist in dem weiteren Vorbringen der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 10. Mai 2022 - dieser beinhaltet insoweit lediglich eine Vertiefung der bisherigen Ausführungen, weshalb deren Berücksichtigung die Vorschrift des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht entgegensteht - noch einmal näher erläutert worden (S. 2 f. [Bl. 232 f./GA]). Weil die Änderung des Beurteilungssystems neben der Neufassung der Anzahl der Bewertungsstufen zu einer veränderten Quotierung (vgl. § 50 Abs. 2 Satz 1 der Bundeslaufbahnverordnung - BLV -) geführt hat - von nunmehr nur noch zwei Bewertungsstufen („A1“ und „A2“) mit insgesamt 30 % statt der bisherigen Quotierung von drei Bewertungsstufen (S“, „1“ und „2“ mit insgesamt 50 %) - und weil sich zudem die Größe der Vergleichsgruppe geändert hat, ist die Veränderung des Beurteilungsmaßstabs nachvollziehbar. Schon die erhebliche Reduzierung der quotierten Bewertungsstufen von 50 % auf 30 % zeigt, dass es für einen Beamten der Vergleichsgruppe 2021 erheblich schwieriger war als noch im Jahr 2018, eine quotierte Bewertungsstufe zu erreichen. Der Antragsteller konkurrierte damit im aktuellen Beurteilungszeitraum mit einer größeren Anzahl von Beamten als im vorhergehenden Beurteilungszeitraum um einen faktisch und prozentual kleineren quotierten Bereich.

Dass sich diese Auswirkungen des Systemwechsels nach der in der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers gegebenen Begründung noch nicht bei Erstellung der Beurteilungsbeiträge, sondern erst aufgrund des auf der Beurteilungskonferenz gebildeten Maßstabs gezeigt haben sollen, ist ebenfalls nachvollziehbar. Die Beurteilungsbeiträge sind vergleichsweise kurz nach Einführung des neuen Systems - nämlich am 10. Juni 2020 und am 15. September 2020 - gefertigt worden. Es ist gerade die Aufgabe von Beurteilerkonferenzen, den vorgegebenen Beurteilungsmaßstab zu verdeutlichen und auf leistungsgerecht abgestufte und untereinander vergleichbare Beurteilungsergebnisse unter Beachtung festgelegter Richtwerte hinzuwirken (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 30.5.2007 - 5 LC 44/06 -, juris Rn. 43; Beschluss vom 25.6.2008 - 5 LA 168/05 -, juris Rn. 3).

(4) Aus den dargestellten Erwägungen folgt, dass auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, das Gesamturteil in der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers sei nicht hinreichend plausibilisiert, weil die Begründung dafür, dass sich der Antragsteller im Vergleich zur Vorbeurteilung „um umgerechnet mehr als zwei Notenstufen verschlechtert“ habe (BA, S. 14), der beschwerdegerichtlichen Überprüfung nicht standhält.

Zutreffend ist zwar, dass das Bundesverwaltungsgericht in der von der Vorinstanz in Bezug genommenen Entscheidung (BA, S. 13 f.) ausgeführt hat, das Erfordernis eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes für alle Beamte der Behörde mit demselben Statusamt gelte auch in den Fällen, in denen sich die Person von Erst- oder Zweitbeurteiler aus organisatorischen oder personellen Gründen geändert habe (BVerwG, Beschluss vom 21.12.2016 - BVerwG 2 VR 1.16 -, juris Rn. 25, 32). Die Leistung eines Beamten könne daher nicht ohne Weiteres von einem Beurteiler mit der Höchststufe bewertet, nachfolgend aber von einem neuen Beurteiler mit einem um zwei Stufen niedrigeren Gesamturteil versehen werden. Sodann heißt es wörtlich (BVerwG, Beschluss vom 21.12.2016 - BVerwG 2 VR 1.16 -, juris Rn. 33):

„Eine derartig erhebliche Verschlechterung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung ist vielmehr nur dann denkbar, wenn entweder die vorangegangene dienstliche Beurteilung fehlerhaft war, die im aktuellen Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen nicht mehr den vorherigen entsprachen oder generell ein geänderter Beurteilungsmaßstab angewandt wurde. In jedem Falle aber bedarf eine derartige Herabstufung einer Begründung, weil nur so das neue, in erheblichem Ausmaß verschlechterte Gesamturteil vom betroffenen Beamten nachvollzogen werden kann“.

Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin (BB vom 28.12.2021, S. 5 f. [Bl. 159 f./GA]), dass diese Rechtsprechung im Streitfall schon deshalb nicht unmittelbar einschlägig ist, weil sie die Anwendung desselben Beurteilungssystems durch unterschiedliche Beurteiler betrifft. Hier hat jedoch ein Wechsel des Beurteilungssystems - von einem System mit siebenstufiger Notenskala im Gesamturteil bei 18 zu bewertenden Einzelleistungsmerkmalen in der Vorbeurteilung hin zu einem System unter Zugrundelegung einer fünfstufigen Notenskala bei 14 zu bewertenden Einzelleistungsmerkmalen in der aktuellen Regelbeurteilung bei veränderter Quotierung - stattgefunden. Der Beurteiler der Vorbeurteilung, EDirBAAINBw G., hat also ein anderes Beurteilungssystem angewendet als der Beurteiler der aktuellen Regelbeurteilung, DirBAAINBw H.. Diese Veränderung hat letztlich auch das Verwaltungsgericht erkannt, wenn es feststellt, das Gesamturteil in der aktuellen Regelbeurteilung des Antragstellers habe sich gegenüber dem Gesamturteil seiner Vorbeurteilung „um umgerechnet mehr als zwei Notenstufen verschlechtert“. Eine Begründung für dieses „Umrechnungsergebnis“ lässt sich den vorinstanzlichen Ausführungen indes nicht entnehmen. Es ist auch nicht nachvollziehbar. Vielmehr hat die Antragsgegnerin, die Richtwertvorgaben in Bezug auf beide Systeme vergleichend, für den Senat schlüssig erläutert (BB vom 28.12.2021, S. 6 [Bl. 160/GA]),

o dass sich die Bewertungsstufen „A1“ (neues System) und „S“ (altes Sy-stem) mit jeweils 10 % sowie „A2“ (neues System) und „1“ (altes System) mit jeweils 20 % wegen der gleichen Quotierung entsprechen,

o dass die Quotierung der vormals vorgesehenen Bewertungsstufe „2“ für die Bewertung einer leicht überdurchschnittlichen Leistung ersatzlos entfallen ist,

o dass daher die vormals mit dem Gesamturteil „2“ bewerteten Leistungen nunmehr der Bewertungsstufe „B“ entsprechen,

o und dass sich der nach dem alten System mit der Bewertungsstufe „1“ bewertete Antragsteller der im neuen System die Bewertungsstufe „B“ erhalten hat, lediglich um eine Bewertungsstufe - und damit nicht erheblich im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung - verschlechtert hat.

Dass die Vergabe der Gesamtnote „B“ unter Zugrundelegung der zuerkannten Bewertungen im Hinblick auf die Leistungs- und Befähigungsbeurteilung nicht hinreichend plausibel sei, hat der Antragsteller bereits nicht gerügt und das Verwaltungsgericht auch nicht festgestellt. Gegen die Bewertung der Einzelleistungs- und Befähigungsmerkmale ist beschwerdegerichtlich nichts zu erinnern (s. o.).

bb) Allerdings hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen mangels hinreichender Begründung der erheblichen Verbesserung im Verhältnis zur Vorbeurteilung fehlerhaft ist (so BA, S. 16 f.).

Der beschließende Senat teilt die Rechtsauffassung der Vorinstanz, dass nicht nur eine erhebliche Verschlechterung des Gesamturteils im Verhältnis zum Gesamturteil der Vorbeurteilung, sondern auch eine erhebliche Verbesserung des Gesamturteils im Verhältnis zum Gesamturteil der Vorbeurteilung - und dementsprechend, weil das Gesamturteil mit den Einzelbewertungen zu korrespondieren hat, auch eine erhebliche Verbesserung der Mehrzahl der Einzelmerkmale der aktuellen Beurteilung im Verhältnis zu der Mehrzahl der Einzelmerkmale der Vorbeurteilung - begründungsbedürftig ist. Anders als bei der erheblichen Verschlechterung des Gesamturteils im Verhältnis zum Gesamturteil der Vorbeurteilung folgt dieses Erfordernis zwar zunächst nicht im unmittelbaren Interesse des Betroffenen selbst, ist dieser doch gerade nicht von einem Leistungsabfall, sondern von einer ihn begünstigenden Leistungssteigerung betroffen. Da die entsprechende Beurteilung jedoch Gegenstand eines Stellenbesetzungsverfahrens bzw. eines sich ggf. anschließenden verwaltungsgerichtlichen „Konkurrentenstreitverfahrens“ sein kann, in dem der unterlegene Bewerber - wie ausgeführt - auch die dienstliche Beurteilung des ausgewählten Konkurrenten angreifen kann, besteht im Interesse beider Bewerber - des unterlegenen, um die Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Überprüfung abschätzen zu können, und des ausgewählten, um seine dienstliche Beurteilung im gerichtlichen Verfahren mit Erfolg verteidigen zu können - ein (mittelbares) Interesse nach einer hinreichenden Begründung des vergebenen, im Verhältnis zur Vorbeurteilung deutlich besseren Gesamturteils. Die Gegenposition der Antragsgegnerin (BB vom 28.12.2021, S. 12 f. [Bl. 166 f./GA]), im Falle einer erheblichen Leistungssteigerung sei eine gesonderte Begründung nicht erforderlich, überzeugt somit nicht. Ob in einer dienstlichen Beurteilung ein erheblicher - und damit besonders begründungsbedürftiger - Leistungssprung anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls; hierbei sind insbesondere der Umfang der attestierten Leistungssteigerung und die Dauer des Beurteilungszeitraums zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 7.1.2021 – BVerwG 2 VR 4.20 -, juris Rn. 39 f.).

Die Konstellation einer erheblichen Leistungssteigerung im Vergleich zur Vorbeurteilung liegt hier auch vor. Zwar hat sich das Gesamturteil in der dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen nicht - wie das Verwaltungsgericht meint (BA, S. 17) - im Verhältnis zum Gesamturteil der Vorbeurteilung um drei Stufen verbessert, sondern „lediglich“ um zwei Stufen. Dies ergibt sich aus der nachvollziehbaren „Umrechnung“ der Antragsgegnerin (vgl. BB vom 28.12.2021, S. 6 [Bl. 160/GA]), wonach die vorherige Bewertungsstufe „3“ der nunmehrigen Bewertungsstufe „B“ entspricht, was zur Folge hat, dass sich der Beigeladene im Gesamturteil von der Notenstufe „B“ um zwei Stufen zur Notenstufe „A1“ verbessert hat. Schon bei einem Leistungssprung von zwei Notenstufen bei einem - wie hier - dreijährigen Beurteilungszeitraum ist jedoch eine erhebliche, begründungsbedürftige Leistungssteigerung gegeben.

Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass diese erhebliche Leistungssteigerung nicht hinreichend plausibilisiert worden ist.

Eine solche Plausibilisierung hätte zwar - weil der Beigeladene bereits auf der Ebene der Einzelleistungsmerkmale in den Beurteilungsbeiträgen ausschließlich und in seiner dienstlichen Beurteilung überwiegend mit der Spitzennote „A1“ bewertet worden ist - noch nachträglich im Beschwerdeverfahren erfolgen können. Eine hinreichende Begründung dafür, warum der Beigeladene, der in seiner Vorbeurteilung im Hinblick auf die ganz überwiegende Anzahl der Einzelleistungsmerkmale noch die Bewertungsstufe „3“ - entspricht der jetzigen Bewertungsstufe „B“ - erhalten hatte, im streitgegenständlichen Beurteilungszeitraum nunmehr die bezeichnete erhebliche Leistungssteigerung erkennen ließ, ist dem Beschwerdevortrag der Antragsgegnerin jedoch nicht zu entnehmen (nach dem früheren Beurteilungssystem entspräche diese Leistungsentwicklung unter Berücksichtigung der Quotierung von 10 % für die höchste Bewertungsstufe sogar einen Leistungssprung von der Bewertungsstufe 3 auf die Bewertungsstufe S, mithin einem Überspringen der früheren Bewertungsstufen 1 und 2). In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die Einbeziehung des Beschwerdevortrags vom 27. Januar 2022 im Wege der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu berücksichtigen gewesen wäre (vgl. BB vom 27.1.2022, S. 1 [Bl. 205/GA]) oder sich als zulässige Vertiefung des innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist geltend gemachten Vorbringens der Antragsgegnerin darstellt, sie habe den für die Beurteilung des Antragstellers und des Beigeladenen zuständigen Berichterstatter, K., um Plausibilisierung gebeten, dieser sei aber aufgrund seiner bis zum 31. Dezember 2021 bzw. bis zum 28. Januar 2022 ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit an einer Stellungnahme innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist gehindert (so BB vom 28.12.2021, S. 7 f., 11 [Bl. 161, 165/GA]; BB vom 7.1.2022 [Bl. 199/GA]). Denn die von der Antragsgegnerin wiedergegebenen bzw. vorgelegten Ausführungen des K. enthalten keine nachvollziehbare Begründung für eine erhebliche Leistungsverbesserung des Beigeladenen.

Soweit die Antragsgegnerin ausführt (BB vom 27.1.2022, S. 1 [Bl. 205/GA]),

K. habe mitgeteilt, im Rahmen seiner Übernahme der Position als Geschäftsfeldmanager sei er bei der Einarbeitung und Einführung innerhalb des Geschäftsfeldes administrativ wie fachtechnisch sowohl durch den Antragsteller als auch durch den Beigeladenen unterstützt worden,

hat sie lediglich den Umstand beschrieben, dass sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene ihm zugearbeitet haben bzw. ihm untergeordnet waren. Dies verdeutlicht den Umstand, dass K. - auch - eigene Erkenntnisse im Hinblick auf die Leistungen des Antragstellers und des Beigeladenen gewonnen hat (hierauf hinweisend auch BB vom 27.1.2022, S. 3 [Bl. 207/GA], ebenso BB vom 10.5.20222, S. 4 [Bl. 234/GA]), trifft aber noch keine Aussage zu der Frage, warum der Beigeladene im Hinblick auf seine Vorbeurteilung die bezeichnete, Leistungsentwicklung genommen haben soll.

Die weitere Darstellung (BB vom 27.1.2022, S. 2 f. [Bl. 205 f./GA]),

„Im Vergleich zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen nahm er, K., dabei hinsichtlich der fachpraktischen wie -theoretischen Belange und Interaktion sowie im Bereich der Aufgabenwahrnehmung die Leistung des Beigeladenen in der Gesamtheit als dominierend wahr“,

enthält lediglich die Aussage des K., dass er den Beigeladenen im Verhältnis zum Antragsteller als den leistungsstärkeren („dominierenden“) Beamten wahrgenommen habe, belegt aber noch nicht, warum er den Beigeladenen im Verhältnis zu den von ihm im Vorbeurteilungszeitraum gezeigten Leistungen nunmehr als einen Beamten des (absoluten) Spitzenbereichs („A1“) der besten 10 % der Beamten der Vergleichsgruppe eingestuft hat. Das gesonderte Begründungserfordernis im vorliegenden Fall resultiert gerade nicht aus einer „normalen“, sondern aus einer erheblichen Leistungssteigerung. Auch die weiteren Ausführungen des K., welche auf die Einwendungen des Antragstellers in dessen Beschwerdeerwiderung vom 10. April 2022 eingehen, geben insoweit nichts her.

cc) Angesichts des aufgezeigten Mangels im Hinblick auf die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen erscheint es jedenfalls nicht vollständig ausgeschlossen - und dies ist für den Erlass der vom Antragsteller begehrten einstweiligen Anordnung ausreichend -, dass er bei einer erneuten Auswahlentscheidung unter Zugrundelegung einer neu zu erstellenden Regelbeurteilung des Beigeladenen zum Zuge kommt.

Hierbei wird vor allem im Hinblick auf denjenigen Teil des Beurteilungszeitraums, der vom ersten Beurteilungsbeitrag umfasst ist, auf den Gesichtspunkt einer nachvollziehbaren Begründung der erheblichen Leistungssteigerung um mehrere Bewertungsstufen im Verhältnis zur Vorbeurteilung ein besonderes Augenmerk zu richten sein. Würden die Leistungen insoweit nicht bzw. nicht - wie bisher erfolgt - durchgängig mit der Bewertungsstufe „A1“ belegt, sondern mangels diesbezüglicher Begründbarkeit durchgängig oder teilweise „nur“ mit der Notenstufe „A2“ oder gar „B“, so dürften für K. - insbesondere, weil der zweite Beurteilungsbeitrag bisher - ebenso wie im Falle des Antragstellers - vollumfänglich mit dem ersten Beurteilungsbeitrag übereinstimmte, deutlich veränderte Entscheidungsgrundlagen vorliegen. Berücksichtigt man weiter, dass der Beurteiler - offenbar mit Blick auf die geänderte personelle Zusammensetzung der Vergleichsgruppe und die Verschärfung des Beurteilungsmaßstabs - auch bei der Regelbeurteilung des Beigeladenen „Relativierungen“ vorgenommen hat, erscheint letztlich eine Gesamtbewertung entsprechend der des Antragstellers jedenfalls nicht gänzlich ausgeschlossen.

dd) Soweit das Verwaltungsgericht den Tenor dahingehend gefasst hat, dass sich die einstweilige Anordnung bis zum Zeitpunkt der „rechtskräftigen“ Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers (vom 10. Dezember 2020) in Bezug auf die ausgeschriebene Stelle erstreckt, entspricht diese Tenorierung der Sache nach der Formulierung, die einstweilige Anordnung bis zu einer „bestandskräftigen“ Entscheidung über die Bewerbung zu erstrecken (vgl. etwa Nds. OVG, Beschluss vom 11.5.2021 - 5 ME 161/21 -, juris). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Dienstherr den in einem Auswahlverfahren ausgewählten Bewerber erst ernennen kann, wenn er dem unterlegenen Bewerber das für ihn ungünstige Ergebnis der Auswahlentscheidung mitgeteilt und danach eine angemessene Zeit - insoweit hat sich in der verwaltungsgerichtlichen Praxis eine Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung als angemessen herausgebildet - zugewartet hat. Beantragt ein unterlegener Bewerber rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, darf der Dienstherr die Ernennung erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens und - falls er in der abschließenden Beschwerdeinstanz obsiegt hat - erst nach weiterem Zuwarten während eines angemessenen Zeitraums, um dem unterlegenen Bewerber Gelegenheit zu geben, zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs das Bundesverfassungsgericht anzurufen -, vornehmen (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 34 f.). Die von der Antragsgegnerin begehrte zeitliche Erstreckung der einstweiligen Anordnung lediglich bis zum Erlass einer erneuten Auswahlentscheidung (so BB vom 28.12.2021, S. 18 [Bl. 172/GA]) trüge diesen Gesichtspunkten nicht hinreichend Rechnung, so dass eine diesbezügliche Abänderung des vorinstanzlichen Tenors nicht in Betracht kommt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Ko-sten des Beigeladenen im Beschwerdeverfahren waren nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen dem Antragsteller aufzuerlegen, weil der Beigeladene im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und sich deshalb auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der zum Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszuges (10. Dezember 2021) geltenden Fassung vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202), beträgt also die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen. Auszugehen ist insoweit von dem im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs maßgeblichen Endgrundgehalt (hierzu: Nds. OVG, Beschluss vom 11.11.2014 - 5 ME 157/14 - m. w. Nw. -) der Besoldungsgruppe A 13 in Höhe von 5.799,96 EUR (Anlage IV zum Bundesbesoldungsgesetz - BBesG - ). Dementsprechend ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 34.799,76 EUR (5.799,96 EUR x 6); eine Halbierung für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes findet nicht statt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 20.4.2022 - 5 ME 152/21 -, juris Rn. 14).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).