Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.06.2022, Az.: 4 KN 195/19

Arrondierung; Bestimmtheit; Einbeziehung (Flächen); Grenze; Puffer; Schutzbedürftigkeit; Schutzwürdigkeit; Verhältnismäßigkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
21.06.2022
Aktenzeichen
4 KN 195/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59622
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Einbeziehung von Flächen in das Naturschutzgebiet, die für sich genommen nicht schutzwürdig sind, kann zur klaren Abgrenzung und Erkennbarkeit des Naturschutzgebietes gerechtfertigt sein. An die Verhältnismäßigkeit sind dabei umso strengere Anforderungen zu stellen, je größer die einbezogene, für sich genommen nicht schutzwürdige Fläche im Vergleich zu dem schützenswerten Kerngebiet ist.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen Verordnung des Landkreises Harburg über das Naturschutzgebiet „Seeve“ in den Samtgemeinden Tostedt, Hanstedt und Jesteburg, der Gemeinde Seevetal und der Stadt Buchholz in der Nordheide vom 13. Juni 2019, soweit die auf dem Grundstück der Antragsteller Gemarkung H. Flur x Flurstück x weiß kartierte Fläche und die als Waldflächen A kartierten Flächen in das Naturschutzgebiet einbezogen worden sind.

Die Antragsteller sind Eigentümer eines etwa 3,5 ha großen Grundstücks, welches im Bereich des Naturschutzgebietes (NSG) liegt. Im nördlichen Grundstücksbereich ist dieses mit einem Wochenendhaus bebaut. Daran grenzt ein Garten von insgesamt etwa 500 m² Größe mit einer Gemüseanbaufläche, einer Grasfläche, mit Obstbäumen und –sträuchern sowie zwei kleinen Gewächshäusern an. Ferner ist ein Holzschuppen als Werkstatt und Holzlager vorhanden. An der östlichen Grundstücksgrenze befindet sich ein Zaun und eine Baumreihe von Eiben, an der westlichen und nördlichen Grundstücksgrenze ein Zaun und ein Baumbewuchs aus Koniferen, Ebereschen, Holunder, Eiben und Haselnuss. Im südlichen Grundstücksteil befindet sich eine Waldfläche. Auf dem Grundstück der Antragsteller befindet sich ein kleiner nach Norden fließender Bachlauf (Handeloher Bach) sowie westlich davon entlang der Grundstücksgrenze auf den benachbarten Wohngrundstücken ein zweiter kleiner Bachlauf. Beide Bachläufe fließen außerhalb des Grundstücks der Antragsteller zusammen.

Der Antragsgegner erließ am 13. Juni 2019 die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Seeve“ in den Samtgemeinden Tostedt, Hanstedt und Jesteburg, der Gemeinde Seevetal und der Stadt Buchholz in der Nordheide (VO), die im Amtsblatt Nr. 25 des Antragsgegners am 20. Juni 2019 bekanntgemacht wurde. Sie trat nach § 11 Abs. 1 VO am 1. Juli 2019 in Kraft; gleichzeitig trat nach § 11 Abs. 2 VO die Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über das Naturschutzgebiet „Hangquellmoor bei Weihe“ in der Gemeinde Hanstedt, Samtgemeinde Hanstedt, Landkreis Harburg, vom 3. Mai 1988 und die Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über das Naturschutzgebiet „Altes Moor“ in der Gemeinde Seevetal, Landkreis Harburg, vom 11. Dezember 1986 außer Kraft. Ferner trat nach § 11 Abs. 3 VO das Naturschutzgebiet Lü 002 „Lüneburger Heide“ vom 17. Juni 1993, zuletzt geändert durch die Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg vom 11. Juli 2002 zur Änderung der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Lüneburger Heide" in den Landkreisen Harburg und Soltau-Fallingbostel, im Geltungsbereich dieser Verordnung und nach § 11 Abs. 4 VO das Landschaftsschutzgebiet WL 3 „Landschaftsteile an der Reichsautobahn Hamburg-Hannover von km 11 bis km 18 im Landkreis Harburg“ vom 07. März1939, geändert durch Verordnung vom 17. Juli1978 im Geltungsbereich dieser Verordnung außer Kraft. Das Grundstück der Antragsteller ist nicht in den Geltungsbereich einer der außer Kraft getretenen Verordnungen einbezogen gewesen.

Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von etwa 533 Hektar und liegt in der naturräumlichen Einheit Stader Geest. Es befindet sich in der Gemeinde A-Stadt der Samtgemeinde Tostedt, dem Ortsteil Holm-Seppensen der Stadt Buchholz (i.d.N.), den Gemeinden Jesteburg, Bendestorf und Harmstorf der Samtgemeinde Jesteburg, den Gemeinden Hanstedt, Asendorf und Marxen der Samtgemeinde Hanstedt sowie den Ortsteilen Ramelsloh, Helmstorf, Horst, Lindhorst, Hittfeld, Maschen, Glüsingen und Hörsten der Gemeinde Seevetal im Landkreis Harburg. Es umfasst einen rd. 30 km langen Abschnitt der Seeve und erstreckt sich von A-Stadt bis knapp unterhalb des Durchlasses bei Hörsten am Rangierbahnhof Maschen. Abschnittsweise ist die Aue in das Gebiet einbezogen. Das geschützte Gebiet zeichnet sich insbesondere durch seine Strukturvielfalt und den in weiten Abschnitten naturnahen Verlauf des sommerkühlen Tieflandflusses Seeve mit Nebenbächen und einem Mosaik verschiedener Biotoptypen in der Talniederung aus (§ 1 Abs. 2 VO).

Gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 VO liegt das Naturschutzgebiet vollständig im Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet „Seeve“ Nr. 41 (DE 2526-331). In der Übersichtskarte ist die Teilfläche des Naturschutzgebiets, die im FFH-Gebiet liegt und der Umsetzung der FFH-Richtlinie dient, gesondert gekennzeichnet (§ 1 Abs. 4 Satz 2 VO).

Die Grenze des Naturschutzgebiets ergibt sich aus den maßgeblichen und mitveröffentlichten Karten 1-5 im Maßstab 1:5.000 und aus der mitveröffentlichten Übersichtskarte im Maßstab 1:50.000, die als Anlage 1 Bestandteil der Verordnung sind (§ 1 Abs. 3 Sätze 1, 4 und 5 VO).

Der allgemeine Schutzzweck der Unterschutzstellung ist gemäß § 2 Abs. 1 VO nach Maßgabe der §§ 23 Abs. 1 und 32 Abs. 3 BNatSchG i.V.m. § 16 NAGBNatSchG die Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen und Lebensgemeinschaften wild lebender, schutzbedürftiger Tier- und Pflanzenarten in der Seeve als sommerkühlem Tieflandbach, in den Nebengewässern und in den angrenzenden Niederungsbereichen.

Zu den unter § 2 Abs. 2 VO genannten besonderen Schutzzwecken zählen im Einzelnen:

1. die Erhaltung und Entwicklung eines von natürlicher Dynamik geprägten, ökologisch durchgängigen Fließgewässersystems der Seeve und ihrer Nebenbäche mit flutender Wasservegetation sowie flachen kiesigen Ufer- und Sohlbereichen, von feuchten Hochstaudenfluren, Röhrichten, Seggenriedern und gewässerbegleitenden Gehölzbeständen geprägten, naturnahen Uferstrukturen sowie mit herausragender Bedeutung als (Teil-) Lebensraum, insbesondere für wandernde Fische (Pisces) und Rundmäuler (Cyclostoma) sowie für den Fischotter (Lutra lutra),

2. die Erhaltung und Entwicklung eines naturnahen Gewässersystems mit flachen Uferbereichen als Lebensraum und Laichbiotop von Groppe (Cottus gobio), Äsche (Thymallus thymallus), Bach-, Fluss- und Meerneunauge, (Lampetra planeri, L. fluviatilis, Petromyzon marinus) sowie strömungsliebenden Köcher-, Eintags- und Steinfliegen (Trichoptera, Ephemeroptera, Plecoptera),

3. die Erhaltung und Entwicklung der Auenlandschaft der Seeve und ihrer Nebenbäche mit ihren von hohen Grundwasserständen und zeitweiligen Überflutungen geprägten Niederungen und auentypischen Biotopen, wie naturnaher Stillgewässer, Feuchtgrünländer, Röhrichte, Rieder und Feuchtwälder, als Lebensraum auentypischer Tier und Pflanzenarten insbesondere der Vogel-, Säugetier-, Reptilien-, Amphibien und Libellenarten, sowie ihrer Lebensgemeinschaften, Lebensstätten und Wuchsstandorte,

4. die Erhaltung und Entwicklung niederungstypischer naturnaher Quell-, Bruch und Moorwälder mit Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) und Moorbirke (Betula pubescens) insbesondere in den Geesträndern (z. B. Altes Moor im Norden des NSG),

5. die Erhaltung und Entwicklung von Moorbiotopen wie waldfreier Niedermoore, Rieder, Sümpfe und insbesondere des Hangquellmoores bei Weihe,

6. die Erhaltung und Entwicklung von Eichen und Buchen dominierten Wäldern an den Talrändern,

7. die Erhaltung und Entwicklung von artenreichem und mäßig nährstoffreichem Grünland, insbesondere Feucht- und Nasswiesen als Lebensraum für u.a. Wiesenpieper (Anthus pratensis) und Feldlerche (Alauda arvensis) und als Wuchsort für beispielsweise Breitblättriges und Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza majalis und D. maculata), kleinflächig auch im Komplex mit Heiden und Borstgrasrasen,

8. die Förderung der Ruhe und Ungestörtheit im NSG,

9. die Bewahrung und Wiederherstellung der besonderen Vielfalt, Eigenart und Schönheit des NSG.

Als Teil des kohärenten europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ dient die Unterschutzstellung der Erhaltung des FFH-Gebiets „Seeve“ Nr. 41 (§ 2 Abs. 3 VO). Weiterer besonderer Schutzzweck (Erhaltungsziele) ist nach § 2 Abs. 4 VO die Erhaltung und Wiederherstellung günstigen Erhaltungszustandes

1. insbesondere der prioritären Lebensraumtypen (Anhang I FFH-Richtlinie) einschließlich seiner typischen und charakteristischen Tier- und Pflanzenarten

a) 6230 Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden als arten- und strukturreicher, überwiegend gehölzfreier Borstgrasrasen auf nährstoffarmen, feuchten Standorten, insbesondere bei A-Stadt,

b) 91D0 Moorwälder als naturnahe, torfmoosreiche Birkenwälder, insbesondere am Fuß der Talkanten und auf kleinen Vermoorungen, außerhalb des Talraumes auf nährstoffarmen, nassen Moorböden mit einem naturnahen Wasserhaushalt und allen Altersphasen in mosaikartigem Wechsel, mit lebensraumtypischen, autochthonen Baumarten, einem hohem Alt- und Totholzanteil, Höhlenbäumen, natürlich entstandenen Lichtungen und strukturreichen Waldrändern,

c) 91E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae) als naturnahe, feuchte bis nasse Erlen- und Eschenwälder aller Altersstufen einschließlich kleinflächiger Übergänge zu feuchten Eichen-Hainbuchenwäldern in Quellbereichen, entlang der Seeve und ihrer Nebenbäche mit einem naturnahen Wasserhaushalt, lebensraumtypischen autochthonen Baumarten, einem hohen Anteil an Alt- und Totholz, Höhlenbäumen sowie spezifischen Habitatstrukturen, wie z. B. Flutrinnen, Tümpel, Verlichtungen,

2. insbesondere der übrigen Lebensraumtypen (Anhang I FFH-Richtlinie) jeweils einschließlich der typischen und charakteristischen Tier- und Pflanzenarten u.a.

a) 3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions als naturnahe Stillgewässer mit klarem bis leicht getrübtem, eutrophem Wasser sowie gut entwickelter Wasser- und Verlandungsvegetation u.a. mit Vorkommen submerser Großlaichkraut-Gesellschaften und/oder Froschbiss-Gesellschaften, insbesondere in der Seeveaue bei A-Stadt,

b) 3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion als naturnahe Fließgewässer mit unverbauten Ufern, vielfältigen typischen Sedimentstrukturen aus feinsandigen, kiesigen und grobsteinigen Bereichen, guter Wasserqualität, natürlicher Dynamik des Abflussgeschehens, einem durchgängigen, unbegradigtem Verlauf und abschnittsweise lückigem, naturnahem Auwaldund Gehölzsaum sowie gut entwickelter flutender Wasservegetation an besonnten Stellen, insbesondere an der Seeve und ihren Nebenbächen,

[…]

h) 9190 Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen mit Quercus robur als naturnahe bzw. halbnatürliche, strukturreiche Eichenmischwälder auf nährstoffarmen Sandböden, insbesondere am Oberlauf der Seeve und am Rande der Seeveaue unterhalb Jesteburgs, mit allen Altersphasen in mosaikartigem Wechsel, mit lebensraumtypischen, autochthonen Baumarten, einem hohem Tot- und Altholzanteil, Höhlenbäumen und vielgestaltigen, gestuften Waldrändern, einschließlich kleinflächiger Übergänge zu feuchten Eichen-Hainbuchenwäldern,

3. insbesondere der Tierarten (Anhang II FFH-Richtlinie)

a) Fischotter (Lutra lutra) als vitale, langfristig überlebensfähige Population im Talraum der Seeve und ihrer Nebengewässer u.a. durch Sicherung und Entwicklung naturnaher Gewässer und Auen einschließlich der natürlichen, nachhaltigen Nahrungsgrundlagen mit zumindest abschnittsweiser Sicherung von Ruhe und Störungsarmut, insbesondere durch die Gewährleistung einer natürlichen Gewässerdynamik mit strukturreichen Gewässerrändern, Auenwäldern und hoher Gewässergüte, mit ausreichend breiten und durchgängigen Ufern zur Gewährleistung und Förderung sowie Wiederherstellung der Wandermöglichkeiten des Fischotters entlang der Fließgewässer (z. B. Bermen, Umfluter, Gewässerrandstreifen) im Sinne des Biotopverbundes,

b) Groppe (Cottus gobio) als eine vitale, langfristig überlebensfähige Population in einer durchgängigen, unbegradigten Seeve als schnellfließendes, sauerstoffreiches und sommerkühles Fließgewässer der Gewässergüte II oder besser mit vielfältigen strukturiertem Gewässergrund mit kiesig- steinigem Substrat, unverbauten Ufern und Verstecken unter Wurzeln, Steinen, Holz bzw. flutender Wasservegetation sowie einer naturraumtypischen Fischbiozönose,

c) Meerneunauge (Petromyzon marinus), Flussneunauge (Lampetra fluviatilis), Bachneunauge (Lampetra planeri) als eine vitale, langfristig überlebensfähige Population in der bis zu den Laichgebieten durchgängigen Seeve als sauerstoffreiches, sommerkühles Fließgewässer mit unverbauten und unbelasteten, vielfältig strukturierten Gewässerabschnitten, mit Neben- und Altarmen sowie mit flachen Flussabschnitten und stark überströmten Kiesbänken mit größeren Steinen als Laichgebiete sowie stabilen, feinsandigen Sedimentbänken als Aufwuchsgebiete sowie einer sonstigen naturraumtypischen Fischbiozönose.

Von besonderer Bedeutung für die langfristige Sicherung des gesamten Naturschutzgebiets sind gem. § 2 Abs. 5 VO:

1. die Erhaltung und Entwicklung einer von naturnahen Grundwasserverhältnissen und standorttypischen Wasserverhältnissen geprägten Aue,

2. das Zulassen eigendynamischer Prozesse insbesondere im Bereich der Fließgewässer und Wälder,

3. die Erhaltung und Entwicklung einer extensiven Grünlandbewirtschaftung,

4. die Renaturierung der Gewässer, die Reduzierung der Gewässerunterhaltung,

5. die Vermeidung und Reduzierung anthropogener Störeinflüsse sowie von Schad- und Nährstoffeinträgen und

6. die Verbesserung der Durchgängigkeit der Seeve, insbesondere für Schwachschwimmer.

§ 3 Abs. 1 Satz 1 VO verbietet gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können. § 3 Abs. 1 Satz 2 VO enthält eine Aufzählung der insbesondere untersagten Handlungen. Danach ist es unter anderem untersagt:

1. bauliche Anlagen, auch wenn sie keiner Genehmigung bedürfen, zu errichten oder wesentlich zu ändern,

2. ober- und unterirdische Leitungen zu verlegen,

[…]

4. Bohrungen aller Art niederzubringen,

[…]

19. wild wachsende Pflanzen zu beschädigen, auszureißen, auszugraben oder Teile

davon abzupflücken, abzuschneiden, abzureißen oder auf andere Weise zu beeinträchtigen,

[…]

Gemäß § 3 Abs. 2 VO darf nach § 16 Abs. 2 Satz 1 NAGBNatSchG das NSG außerhalb der Wege nicht betreten, befahren oder auf sonstige Weise aufgesucht werden, soweit dies nicht in § 4 dieser Verordnung freigestellt ist.

§ 4 VO enthält Freistellungen von den Verboten des § 3 VO. Nach § 4 Abs. 2 VO sind beispielweise allgemein freigestellt das Betreten und Befahren des Gebietes durch die Eigentümerinnen, Eigentümer, Nutzungsberechtigte sowie deren Beauftragte zur rechtmäßigen Nutzung oder Bewirtschaftung der Grundstücke (Nr. 1) sowie die Nutzung, Unterhaltung und Instandsetzung der bestehenden rechtmäßigen Anlagen und Einrichtungen (Nr. 8).

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 VO sind erforderliche Zustimmungen nach den §§ 3 und 4 dieser Verordnung auf schriftlichen Antrag zu erteilen, wenn und soweit keine Beeinträchtigungen oder nachhaltigen Störungen des NSG oder seiner für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile zu befürchten sind.

§ 6 VO enthält eine Regelung zur Befreiung von den Verboten der Verordnung und § 7 VO eine Anordnungsbefugnis zur Wiederherstellung des bisherigen Zustands. § 8 VO regelt u.a. die Duldung von Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen und § 9 VO betrifft die Umsetzung von Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen der im Naturschutzgebiet vorkommenden FFH-Lebensraumtypen/Anhang II-Arten.

Am 29. August 2019 haben die Antragsteller gegen die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Seeve“ einen Normenkontrollantrag gestellt. Sie begründen diesen im Wesentlichen wie folgt: Entgegen der Formulierung in § 1 Abs. 4 VO liege das Naturschutzgebiet nicht vollständig innerhalb des FFH-Gebietes Nr. 41 „Seeve“. Das Naturschutzgebiet sei deutlich größer als das FFH-Gebiet und schließe zusätzliche Flächen ein. Die Karte des FFH-Gebietes zeige, dass ihr Grundstück keineswegs vollständig innerhalb der Grenzen des FFH-Gebietes liege, sondern das FFH-Gebiet auf ihrem Grundstück schmaler als die Grundstücksgrenze sei. Der bebaute und befestigte Bereich im nordöstlichen Grundstücksteil - weiß markierte Fläche - liege mindestens zu einem Drittel außerhalb des FFH-Gebietes. Auch gäbe es im mit Obstbäumen bepflanzten Bereich - ausgewiesen mit Waldfläche A - an der östlichen Grundstücksgrenze eine Einbuchtung des FFH-Gebietes dort, wo sich ihre Gartenfläche befindet, während die Naturschutzgebietsgrenze diese Einbuchtung nicht aufweise und gerade verlaufe, also den Garten einschließe. Entgegen der Begründung zu der Verordnung sei die Grenze des FFH-Gebietes nachvollziehbar: sie folge auf der westlichen Seite dem Verlauf der Grundstücksgrenze (parallel verschoben etwas nach Westen) und auf der östlichen Seite dem Waldrand (Waldfläche C). Die Unterschutzstellung des bebauten und befestigten Grundstücksbereiches und des Gartens sei nicht gerechtfertigt, weil dort die in dem Standarddatenbogen zum FFH-Gebiet angegebenen Voraussetzungen nicht vorlägen. Insbesondere gäbe es dort keine Lebensraumtypen nach Anhang I oder Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie. Die Unterschutzstellung könne allenfalls wegen des Bachlaufes (Handeloher Bach) gerechtfertigt sein. Dieser Bachlauf befinde sich jedoch innerhalb der Waldfläche C, deren Einbeziehung in das Schutzgebiet akzeptiert werde. Ferner lägen die bebaute und befestigte Grundstücksfläche mit Garten außerhalb eines kartierten Biotops, so dass auch insoweit ein Schutz nicht erforderlich sei. Die Voraussetzungen des § 23 BNatSchG lägen im Bereich der weiß markierten Fläche und der Waldfläche A ebenfalls nicht vor. Der besondere Schutz von Natur und Landschaft sei dort nicht erforderlich. Die Nutzungsverbote aus § 3 VO, insbesondere das Bebauungsverbot nach Nr. 1, das Verbot zur Verlegung von Leitungen nach Nr. 2, das Verbot von Bohrungen nach Nr. 4 und das Verbot, wild wachsende Pflanzen zu beschädigen, auszureißen, auszugraben oder Teile davon abzupflücken, abzuschneiden, abzureißen oder auf andere Weise zu beeinträchtigen nach Nr. 19, schränkten sie bezogen auf die Wochenendhaus- und Gartennutzung übermäßig und unzumutbar in ihren Eigentümerrechten ein und stellten eine unverhältnismäßige Belastung dar. Nach dem Wortlaut der Verordnung sei die freigestellte Grundstücksnutzung ausschließlich den Eigentümern erlaubt, nicht aber Nicht-Eigentümern wie etwa Verwandten, Bekannten oder anderen Besuchern. Die westlich angrenzenden Nachbarbereiche, auf denen sich ebenfalls ein Bachlauf befindet, seien nicht in das Naturschutzgebiet einbezogen worden. Dies stelle eine Ungleichbehandlung zulasten der Antragsteller dar.

Die Antragsteller beantragen,

die Verordnung des Landkreises Harburg über das Naturschutzgebiet „Seeve“ in den Samtgemeinden Tostedt, Hanstedt und Jesteburg, der Gemeinde Seevetal und der Stadt Buchholz in der Nordheide vom 13. Juni 2019 aufzuheben, soweit die auf dem Grundstück der Antragsteller Gemarkung H. Flur x Flurstück x weiß kartierte Fläche und die als Waldflächen A kartierte Fläche in das Naturschutzgebiet einbezogen worden sind.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er erwidert im Wesentlichen, dass bei nicht nachvollziehbaren Verläufen der FFH-Gebietsgrenze die Naturschutzgebietsgrenze auf Flurstücksgrenzen gelegt, oder, wenn dies fachlich nicht geboten oder nicht verhältnismäßig gewesen sei, an markante Landschaftsbestandteile wie Gräben, Wege, Hangkanten oder Nutzungsgrenzen angepasst worden sei. In diesen Bereichen hätten die notwendigen Anpassungen in der Regel zu einer Vergrößerung des Naturschutzgebietes im Vergleich zum FFH-Gebiet geführt. Eine Verkleinerung hätte faktische FFH-Gebiete und somit rechtsunsichere Räume geschaffen. Im Fall der Antragsteller habe das FFH-Gebiet den überwiegenden Teil der Flurstücksfläche abgedeckt, so dass das gesamte Grundstück in das Naturschutzgebiet aufgenommen worden sei. Zwar sei es korrekt, dass die Grenze des FFH-Gebietes im Bereich des Grundstücks der Antragsteller augenscheinlich leicht nach Osten verschoben sei. Weiter im Norden sei die Grenze des FFH-Gebietes sowie die des Naturschutzgebietes jedoch wieder nahezu deckungsgleich. Eine Ungleichbehandlung mit den westlich gelegenen Grundstücken liege nicht vor, da diese außerhalb des FFH-Gebietes lägen und, im Gegensatz des Grundstückes der Antragsteller, teilweise Bestandteil der geschlossenen Ortsbebauung von A-Stadt seien. Ferner seien im südlichen Teil des Grundstücks der Antragsteller vor allem die Biotoptypen „Eichenmischwald feuchter Sandböden“ mit „Pfeifengras-Birken- und Kiefern-Moorwald“ festgestellt worden, welche in der dortigen Ausprägung dem LRT 9190 zuzuordnen seien. Das Vorkommen des Lebensraumtyps rechtfertige die Ausweisung als Wald C. Im nördlichen Bereich seien zwar weniger wertvolle Bereiche - in der VO-Karte als weißer Bereich dargestellt - festgestellt worden. Nordwestlich des Wochenendhauses sei jedoch ein Bereich als „sonstiger Erlenbruchwald nährstoffreicher Standorte“ erfasst worden. Dabei handele es sich zwar nicht um einen FFH-Lebensraumtyp, aber dennoch um ein Biotop nach § 30 BNatSchG. Dieser Bereich sei als Wald A eingestuft worden. Bei dem als Wald A eingestuften Bereich an der östlichen Grundstücksgrenze handele es sich beim nördlichen Teil um „Laubwald-Jungbestand“ und beim südlichen um „Fichtenforst“. Diese Bestände erfüllten eine Pufferfunktion für die westlich angrenzenden LRT-Flächen. Eine Einstufung als Wald A sei somit aus naturschutzfachlicher Sicht sinnvoll und angemessen. Für die Einordnung des Waldes in die verschiedenen Waldkategorien und die Festlegung von Bewirtschaftungsauflagen sei der sog. „Walderlass“ des Landes Niedersachsen maßgeblich. Im Übrigen seien Nachweise über das Vorkommen des Fischotters im Bereich von Inzmühlen vorhanden. Da der Fischotter eine hochmobile Art darstelle, könne davon ausgegangen werden, dass auch der Handeloher Bach als Lebensraum genutzt werde. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 8 VO sei die Nutzung, Unterhaltung und Instandsetzung der bestehenden rechtmäßigen Anlagen und Einrichtungen freigestellt. Diese Freistellungen seien ausreichend, um der bisherigen Nutzung auch in Zukunft zu entsprechen. Es handele sich auch nicht um eine unzumutbare Belastung. Schließlich sei eine weitere Bebauung oder intensivere Nutzung des nördlichen Grundstückteils aus naturschutzfachlicher Sicht bedenklich, da sowohl waldrechtliche Belange als auch der gesetzliche Biotopschutz des Handeloher Bachs (§ 30 BNatSchG) dem entgegenstünden. Alle bisher beabsichtigten Vorhaben seien aufgrund ihrer Lage im Außenbereich nicht genehmigungsfähig gewesen. Genehmigungen oder Erlaubnis für die bestehenden Anlagen auf dem Grundstück lägen nicht vor und seien von den Antragstellern nicht vorgebracht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig, aber unbegründet.

I. Der Antrag ist statthaft, weil die angegriffene Verordnung über das Naturschutzgebiet „Seeve“ vom 13. Juni 2019 nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 75 NJG der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt.

Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Er ist insbesondere innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Verordnung und damit innerhalb der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden. Die Antragsteller sind überdies i.S.d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Danach kann den Antrag jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, stellen. Die Antragsteller können als Eigentümer eines Grundstückes in dem unter Naturschutz gestellten Gebiet geltend machen, durch die Bestimmungen der Naturschutzgebietsverordnung, die die Grundstücksnutzung einschränken, in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antrag ist auch gegen den richtigen Antragsgegner gerichtet, weil er nach § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gegen die Körperschaft zu richten ist, die die Verordnung erlassen hat.

II. Der demnach zulässige Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet. Denn die Naturschutzverordnung steht mit höherrangigem Recht im Einklang.

1. Formelle Mängel der Verordnung sind im vorliegenden Verfahren weder geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.

2. Die angegriffene Verordnung steht auch materiell-rechtlich mit höherem Recht in Einklang.

a. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG erfolgt die Unterschutzstellung von Teilen von Natur und Landschaft durch Erklärung. Die Erklärung bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen oder enthält die erforderlichen Ermächtigungen hierzu (§ 22 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG). Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG werden der geschützte Teil von Natur und Landschaft und der Geltungsbereich von Vorschriften zeichnerisch in Karten bestimmt.

Diese Anforderungen an die Mindestinhalte einer Erklärung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG werden von der streitgegenständlichen Verordnung erfüllt.

Der Schutzgegenstand der Verordnung ist hinreichend bestimmt. Schutzgegenstand ist das in den Absätzen 2 und 3 VO näher bezeichnete Gebiet (§ 1 Abs. 1 VO). Der Schutzgegenstand wird in § 1 Abs. 2 VO textlich beschrieben und die zur hinreichend genauen Bezeichnung des Schutzgegenstandes erforderliche konkrete und nachvollziehbare Festlegung der Grenzen des Schutzgegenstandes (vgl. Senatsurt. v. 19.7.2017 - 4 KN 29/15 -, juris Rn. 47) ist gemäß § 1 Abs. 3 Sätze 1 und 4 VO durch die maßgeblichen und mitveröffentlichten Karten im Maßstab 1:5.000 und die mitveröffentlichte Übersichtskarte im Maßstab 1:50.000, die gemäß § 1 Abs. 3 Satz 5 VO Bestandteil der Verordnung sind, erfolgt.

Der hinreichenden Bestimmtheit des Schutzgegenstandes der Verordnung steht auch § 1 Abs. 4 Satz 1 VO nicht entgegen. Danach liegt das Naturschutzgebiet „vollständig im Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Gebiet „Seeve“ (EU-Code: DE 2526-331, landesinterne Nummer 041) …“. Das unter Schutz gestellte Gebiet ist jedoch, wie sich bereits aus der Übersichtskarte ergibt, größer als das FFH-Gebiet. Das geht auch aus der Verordnungsbegründung hervor, in der ausgeführt wird, dass die notwendig gewordene Anpassung der Naturschutzgebietsgrenze aufgrund des teilweise nicht nachvollziehbaren Verlaufs der FFH-Grenze zu einer Vergrößerung des Naturschutzgebietes geführt habe. Dazu werden zahlreiche Bereiche genannt, in denen es zu einer Abweichung von der FFH-Gebietsgrenze gekommen ist (Begründung zur Verordnung, S. 3 f.). Diese Diskrepanz steht der Bestimmtheit des Schutzgebiets jedoch nicht entgegen (vgl. Urt. des Senats v. 3.11.2020 - 4 KN 214/17 -, juris Rn. 31). Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 NAGBNatSchG werden der geschützte Teil von Natur und Landschaft und der Geltungsbereich der Vorschriften zeichnerisch in Karten bestimmt. Maßgeblich für die Abgrenzung des Naturschutzgebiets und die Bestimmung des Schutzgegenstands sind gemäß § 1 Abs. 3 VO die maßgeblichen und mitveröffentlichten Karten im Maßstab 1:5.000. Diese sind aufgrund des gewählten Maßstabs ohne Weiteres hinreichend bestimmt. § 1 Abs. 4 VO enthält indessen keine zeichnerische Bestimmung des geschützten Teils von Natur und Landschaft und des Geltungsbereichs der Vorschriften. Aus § 1 Abs. 4 Satz 1 VO folgt auch nicht, dass die Bestimmung des Schutzgebiets in den nach § 1 Abs. 3 VO maßgeblichen und mitveröffentlichten Karten dem Willen des Verordnungsgebers widerspräche und in Wirklichkeit beabsichtigt gewesen sei, lediglich das FFH-Gebiet als Naturschutzgebiet auszuweisen. Dagegen spricht auch die Verordnungsbegründung, in der alle relevanten Abweichungen von der FFH-Gebietsgrenze detailliert beschrieben werden. Es ergibt sich zudem aus § 1 Abs. 4 Satz 2 VO, dass das unter Schutz gestellte Gebiet Flächen umfasst, die über das FFH-Gebiet hinausgehen. Gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2 VO ist die Teilfläche des NSG, die im FFH-Gebiet liegt und der Umsetzung der FFH-Richtlinie dient, in der Übersichtskarte gesondert gekennzeichnet. Auch wenn es sich bei § 1 Abs. 4 Satz 1 VO um eine sprachlich missglückte Formulierung handelt, steht diese einer hinreichenden Bestimmtheit des Schutzgebietes nicht entgegen.

Ferner sind die erforderlichen Mindestangaben zu den Schutzzwecken in § 2 VO enthalten. Erforderlich ist insoweit, dass sich dem Akt der Unterschutzstellung mit hinreichender Deutlichkeit und ausreichender Bestimmtheit entnehmen lässt, was konkret mit der Unterschutzstellung beabsichtigt ist bzw. angestrebt wird (Senatsurt. v. 15.10.2019 - 4 KN 185/17 -, juris Rn. 61: v. 19.7.2017 - 4 KN 29/15 -, juris Rn. 47 und v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 24). Die hier mit der Unterschutzstellung verfolgten Zwecke sind durch die Verordnung hinreichend deutlich und ausreichend bestimmt beschrieben worden.

Die Verordnung enthält auch Regelungen, die die zur Erreichung der Schutzzwecke notwendigen Verbote und Gebote betreffen (§§ 3 bis 7 VO), sowie die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (§ 8 VO).

b. Der Antragsgegner ist befugt gewesen, das Gebiet „Seeve“ zum Naturschutzgebiet zu erklären. Denn die dafür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen haben vorgelegen und liegen weiterhin vor.

Nach § 16 Abs. 1 NAGBNatSchG kann die Naturschutzbehörde Gebiete im Sinne des § 23 Abs. 1 BNatSchG durch Verordnung als Naturschutzgebiete festsetzen. Nach § 23 Abs. 1 BNatSchG sind Naturschutzgebiete rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Gesamtheit oder in einzelnen Teilen 1. zur Erhaltung und Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotoptypen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten, 2. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder 3. wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit erforderlich ist.

Diese Voraussetzungen für die Festsetzung eines Naturschutzgebiets sind in Bezug auf den durch die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Seeve“ unter Schutz gestellten Bereich erfüllt. Denn dieses ist im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG schutzwürdig und schutzbedürftig.

Der zum Naturschutzgebiet erklärte Landschaftsteil ist fast vollständig Bestandteil des FFH-Gebiets Nr. 41. Das ca. 884 ha große FFH-Gebiet Nr. 41 ist ausweislich des Standarddatenbogens des Niedersächsischen Landesamts für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz geprägt durch Marschengrünland mit Wiesenfuchsschwanz-Mähweiden, z.T. artenreich, mit Schachblume. Es handelt sich um einen kleinen, für gefährdete Fischarten bedeutsamen Fluss mit z.T. gut ausgeprägter Wasservegetation. Ferner sind u.a. Nasswiesen, Sümpfe, Erlen-Quellwälder und Birken-Moorwälder vorhanden. Das FFH-Gebiet ist vorrangig wegen der großflächigen mageren Flachland-Mähwiesen im Naturraum und der Bedeutung der Seeve als Laichgewässer des Meerneunauges und als Aufenthalts- und mögliches Laichgewässer des Flussneunauges ausgewählt worden. Es weist ausweislich des Standarddatenbogens insgesamt 12 Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie sowie 6 Arten nach Anhang II der FFH-Richtlinie auf. Nach § 2 Abs. 4 VO sind 11 dieser Lebensraumtypen im Naturschutzgebiet „Seeve“ anzutreffen. Entsprechendes gilt für 5 Tierarten nach Anhang II zur FFH-Richtlinie.

Ausgehend davon sind sowohl die Bereiche des unter Naturschutz gestellten Gebiets, die zum FFH-Gebiet Nr. 41 gehören, als auch die Bereiche des Naturschutzgebiets, die über das FFH-Gebiet Nr. 41 hinausgehen, im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG schutzwürdig. Denn auf diesen Flächen ist ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Gesamtheit oder in einzelnen Bereichen zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten und Lebensgemeinschaften wildlebender Pflanzen- und Tierarten zweifelsohne erforderlich. Bei der Seeve im Ober- und Mittellauf handelt es sich um einen sommerkühlen Tieflandfluss als Teil der Flussgebietseinheit Elbe. Der Gewässerlauf ist in großen Teilen naturnah geprägt und die Seeve ist in Abschnitten besonders strukturreich, die von Erlen-Eschen-Wäldern oder feuchten Eichenwäldern gesäumt werden. Sie durchfließt ein überwiegend durch Grünland geprägtes Gebiet. Neben intensiv landwirtschaftlich genutzten Grünländern finden sich auch größere Bereiche mit extensiv genutztem Feucht- und Nassgrünland, die in enger Verzahnung mit Feuchtbrachen, Röhrichten und Seggenriedern stehen. In den höher gelegenen, grundwasserfernen Talrändern bestehen Übergänge zu mäßig nährstoffreichen Buchen- und Eichenmischwäldern, mesophilem Grünland z.T. im Wechsel mit Borstgrasrasen und Besenheidebeständen. Ferner haben sich aufgrund wassernahen Standorten und Randvermoorungen in der Niederung Bruchwälder mit Erlen und Birken sowie von Weiden geprägte Sumpfwälder ausgebildet. Eine besondere Bedeutung hat das Gewässersystem der Seeve nicht nur für das Meerneunauge und das Flussneunauge, sondern auch für den Fischotter. Die Seeve-Niederungsflächen besitzen eine erhebliche Bedeutung für den Weißstorch als Nahrungs- und Bruthabitat. Die Seeveniederung weist durch die Vielfalt an Standortverhältnissen und Nutzungsstrukturen eine hohe Anzahl von nach § 30 BNatSchG gesetzlich geschützten Biotopen, wie z. B. naturnahe Bäche und Stillgewässer, Erlen- und Eschenwälder, Erlen-Bruchwälder, nährstoffreiche Nasswiesen sowie verschiedene Ausprägungen von Landröhrichten auf. Damit ist der unter Naturschutz gestellte Naturschutzbereich gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sowohl unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung als auch unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung von Lebensstätten, Biotoptypen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten schutzwürdig.

Eine Schutzwürdigkeit ist auch für den größten Teil der Fläche des Grundstücks der Antragsteller gegeben. Auf diesem befinden sich der Lebensraumtyp 9190 (als Waldfläche C kartiert) und der Lebensraumtyp 91D0 (als Waldfläche D kartiert) sowie mehrere gesetzlich geschützte Biotope, wie der Handeloher Bach, bei dem es sich um ein gesetzlich geschütztes Biotop gem. § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG handelt (Naturnaher Tieflandbach mit Sandsubstrat; Biotoptyp 4.4.5. nach dem Kartierschlüssel für Biotoptypen in Niedersachsen (NLWKN, von Drachenfels, Stand März 2021)) sowie der nordwestlich des Wochenendhauses gelegene und als Waldfläche A ausgewiesene Bereich, bei dem es sich es sich um ein gesetzlich geschütztes Biotop gem. § 30 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG handelt (Sonstiger Erlenbruchwald nährstoffreicher Standorte; Biotoptyp Nr. 1.11.1.3 nach dem Kartierschlüssel, a.a.O.)). Die Einbeziehung dieser Flächen - also auch der Bereich der Waldfläche A im Nordwesten - in das Naturschutzgebiet begegnet daher keinen Bedenken und wird hinsichtlich der kartierten Waldflächen C und D von den Antragstellern auch nicht angegriffen.

Ferner sind die weiteren unter Schutz gestellten Bereiche des Grundstücks der Antragsteller - die weiß kartierte Fläche, auf welcher sich die bebaute und befestigte Grundstücksfläche und der Garten befindet sowie die an der östlichen Grenze befindliche und als Waldfläche A ausgewiesene Fläche – zu Recht in das Naturschutzgebiet einbezogen worden. Die Einbeziehung dieser Flächen in das Naturschutzgebiet ist zur klaren Abgrenzung und Erkennbarkeit des Naturschutzgebietes gerechtfertigt.

Dem Verordnungsgeber kommt bei der Abgrenzung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten ein weites Gestaltungsermessen zu (Senatsurt. v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 45 m. w. N.). Eine sachlich begründete, fachlich vertretbare Festlegung der flächenhaften Ausdehnung und Grenzziehung des Schutzgebietes hat sich hauptsächlich am jeweils angestrebten Schutzzweck und an den örtlichen Gegebenheiten zu orientieren (OVG des Saarlandes, Urt. v. 7.3.2007 - 1 N 3/06 -, juris Rn. 95). Dabei kommt es nicht auf eine isolierte Betrachtung einzelner Grundstücke, sondern auf den Gesamtcharakter des schützenswerten Landschaftsraumes an (Senatsurt. v. 16.12.2009 - 4 KN 717/07 -, juris Rn. 27 m.w.N.). Das Gebiet sollte ein geschlossenes Ganzes bilden und keinen unübersichtlichen Grenzverlauf aufweisen (OVG Koblenz, Urt. v. 28.2.1996 –-8 C 13353/94 -, NuR 1996, S. 629, 630). In tatsächlicher Hinsicht sollte sich die Grenzziehung möglichst am Verlauf von Grundstücks- und Verwaltungsgrenzen sowie an etwaigen im Gelände sichtbaren Merkmalen, wie z.B. Straßen, Wegen, Böschungen oder Waldrändern orientieren (Blum/Agena, Niedersächsisches Naturschutzrecht, Stand Januar 2022, § 16 Rn. 12 u. 15 m.w.N.).

Ausgehend hiervon ist die Einbeziehung der oben genannten Flächen der Antragsteller und die Grenzziehung des Naturschutzgebiets entlang der östlichen Flurstücksgrenze nicht zu beanstanden. Im nordöstlichen Bereich des Grundstücks ist nur etwa ein Drittel der weiß kartierten Fläche von der Einbeziehung betroffen, die nicht bereits im FFH-Gebiet liegt. Zwar ist diese Fläche, wie auch die restliche weiß kartierte Fläche, für sich genommen nicht schutzwürdig, jedoch ist die Grenzziehung in diesem Fall zur besseren Erkennbarkeit der Naturschutzgebietsgrenze in der Umgebung und zur Normenklarheit gerechtfertigt. Diese wäre nicht gegeben, wenn die Grenze mitten durch den Garten bzw. das Grundstück der Antragsteller verlaufen würde und es auch sonst keine Hinweise auf weitere sichtbare Merkmale auf dem Grundstück der Antragsteller gibt, an denen der Verlauf der Grenze deutlich bestimmt werden könnte. Vielmehr stellt das Grundstück der Antragsteller insgesamt einen in der Landschaft abgegrenzten und deutlich erkennbaren zusammenhängenden Bereich dar, da dieser zu allen Seiten des Grundstücks fast durchgehend mit einer Baumreihe und einem Zaun befestigt ist und auch sonst überwiegend aus einem Wald besteht. Entsprechendes gilt für die Einbeziehung der an der östlichen Grenze gelegenen Waldfläche A. Auch wenn sich im nördlichen Bereich dieser Fläche eine Streuobstwiese befindet, so lässt sich der gesamte mit Waldfläche A kartierte Bereich nicht ohne weiteres von dem restlichen Wald (LRT 9190) abgrenzen, zumal sich im südlichen Bereich dieser Fläche eine Waldfläche (sonstiger Nadelwald) befindet, was auch auf der interaktiven Umweltkarte des NLWKN zu erkennen ist. Die hier vorgenommene Arrondierung der Grenzen des Naturschutzgebiets entlang der Grundstücksgrenze zur klaren Abgrenzung und Erkennbarkeit des Naturschutzgebietes ist jedenfalls nicht willkürlich, da der Antragsgegner an vielen Stellen des Naturschutzgebiets „Seeve“ die Naturschutzgebietsgrenze auf Flurstücksgrenzen gelegt hat, wenn der Verlauf der FFH-Grenze nicht nachvollziehbar war (siehe Begründung zur VO, S. 3 ff.).

Die Einbeziehung der genannten Flächen der Antragsteller in das Naturschutzgebiet ist auch verhältnismäßig. An die Verhältnismäßigkeit sind dabei umso strengere Anforderungen zu stellen, je größer die einbezogene, für sich genommen nicht schutzwürdige Fläche im Vergleich zu dem schützenswerten Kerngebiet ist. Die Interessen der Eigentümer und sonstiger Nutzer sind in einem solchen Fall besonders sorgfältig in den Abwägungsvorgang einzubeziehen. Andererseits darf die Abgrenzung nicht zu kleinteiligen Flächen und somit zu einem unübersichtlichen und nicht mehr ohne weiteres erkennbaren Geltungsbereich der Naturschutzgebietsverordnung führen. Im vorliegenden Fall befinden sich auf etwa 80 % der Fläche des Grundstücks der Antragsteller gesetzlich geschützte Biotope sowie der LRT 9190 bzw. 91D0. Die in die Naturschutzgebietsverordnung einbezogene weiß kartierte Fläche und die an der östlichen Grenze gelegene Waldfläche A betrifft hingegen im Vergleich dazu mit etwa 20 % der Grundstücksfläche nur einen kleinen Teil des Grundstücks der Antragsteller, wobei der größte Bereich davon bereits im FFH-Gebiet liegt. Der von den Antragstellern mit einer Größe von etwa 500 m² angegebene Garten, dessen Nutzung aufgrund des Verbotes in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 19 VO und der damit einhergehenden Verwucherung beeinträchtig werden könnte, stellt lediglich etwa 1,5 % der Gesamtfläche des Grundstücks der Antragsteller dar. Auch der nördliche Bereich der östlichen Waldfläche A, in welchem sich nach dem Vorbringen der Antragsteller und den von ihnen in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lichtbildern eine Streuobstwiese befindet, was durch die in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Luftbilder bestätigt wird, und nicht - wie in der maßgeblichen Karte dargestellt - ein Wald –, fällt mit seiner Größe von geschätzt 800 m² und somit etwa 2,5 % der Gesamtfläche des Grundstücks im Vergleich zu dem restlichen Grundstück nicht bedeutend ins Gewicht, zumal es sich bei der in der Karte dargestellten Waldfläche A an der östlichen Grundstücksgrenze nur um einen spitz zulaufenden schmalen Streifen handelt, der in seiner breitesten Ausdehnung lediglich max. 15 Meter aufweist. Damit werden die Interessen der Antragsteller durch die Einbeziehung von diesen vergleichsweise kleinen Flächen (die als Waldfläche A dargestellte Fläche und die weiß kartierte Grundstücksfläche) nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der für diese Flächen geltenden Verbote des § 3 Abs. 1 Satz 2 VO wird auf die unten stehenden Ausführungen verwiesen.

Hinzu kommt, dass die vorgenannten Bereiche des Grundstücks der Antragsteller auch eine Pufferfunktion aufweisen. Die Naturschutzbehörde kann auch Randzonen eines Gebiets unter Schutz stellen, wenn diese im Wesentlichen noch die Merkmale aufweisen, die den geschützten Bereich im Übrigen schutzwürdig machen (Senatsurt. v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 45 m.w.N.). Außerdem können am Rand gelegene Flächen, die - isoliert betrachtet - nicht schutzwürdig sind, in ein Schutzgebiet einbezogen werden, um diesem ein gewisses Vorfeld zu geben und es dadurch gegenüber der Schutzgebietsumgebung abzuschirmen, sofern dies zum Schutz des Kernbereichs des Schutzgebiets vernünftigerweise geboten ist (BVerwG, Beschl. v. 13.8.1996 - 4 NB 4.96 -, juris Rn. 8; Senatsurt. v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 45 m. w. N.). Der Sinn dieser sog. Pufferzonen besteht darin, schutzwürdige Gebiete durch einen sie umgebenden Ruhebereich zu sichern oder vor Eingriffen zu schützen, die außerhalb des Schutzgebiets erfolgen, aber in das Gebiet hineinwirken (BVerwG, Beschl. v. 13.8.1996 - 4 NB 4.96 -, juris Rn. 8; Senatsurt. v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 45.; Nds. OVG, Urt. v. 2.7.2003 - 8 KN 2523/01 -, juris Rn. 24; OVG Schleswig, Urt. v. 18.2.1992 - 1 L 2/91 -, juris Rn. 37). Angesichts der unmittelbaren räumlichen Nähe der fraglichen Bereiche zu dem quer durch das Grundstück der Antragsteller verlaufenden Handeloher Bach, dem von nördlichen bis südlichen Bereich erstreckenden Lebensraumtyp 9190 (Waldfläche C, Alte bodensauere Eichenwälder auf Sandebenen) und dem weiteren vorhandenen Biotop (sonstiger Erlenbruchwald nährstoffreicher Standorte) nordwestlich des Wochenendhauses geht der Senat davon aus, dass eine Unterschutzstellung sowohl der bebauten und befestigten Grundstücksfläche sowie des Gartens als auch der an der östlichen Grenze befindlichen, als Waldfläche A ausgewiesenen Fläche wegen ihrer Pufferfunktionen und dem damit verbundenen Schutz von negativen äußeren Einwirkungen auf den Handeloher Bach als gesetzlich geschützter Biotop und Lebensraum für den Fischotter, weitere vorhandene Biotope und den Lebensraumtyp 9190 gerechtfertigt ist. So verläuft der Handeloher Bach sowohl in unmittelbarer Nähe zu der befestigten Grundstücksfläche und dem Wochenendhaus der Antragsteller als auch zu der an der östlichen Grenze befindlichen Waldfläche A. Die befestigte Grundstücksfläche mit dem Gartenbereich und auch die an der östlichen Grenze gelegene Waldfläche A grenzt zudem zum großen Teil an den Lebensraumtyp 9190 an. Durch die Einbeziehung dieser Flächen in das Naturschutzgebiet als Pufferzonen können die Ruhe und Ungestörtheit der auf dem Grundstück der Antragsteller vorhandenen Biotope und des Lebensraumtyps gefördert und die äußeren negativen Einflüsse, die insbesondere von der im nördlichen Bereich angrenzenden Kreisstraße 27 und dem im östlichen Bereich vorhandenen Geflügelhof ausgehen können, vermindert werden.

Des Weiteren ist für das Naturschutzgebiet im Ganzen davon auszugehen, dass die unter Naturschutz gestellten Bereiche in weiten Teilen auch wegen deren besonderen Eigenart und hervorragenden Schönheit im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG schutzwürdig sind. Das Gebiet der Seeve kennzeichnet sich durch ein vielfältiges Landschaftsbild aus, welches durch Fließgewässer, Au- und Eichenwälder, Feuchtgrünwälder, Röhrichte und Rieder geprägt ist. Aufgrund der Eigenart dieses Landschaftsbildes ergibt sich unter Berücksichtigung seiner naturräumlichen Erscheinung und Ausprägung die hervorragende Schönheit des Naturschutzgebietes.

Der unter Schutz gestellte Bereich ist überdies schutzbedürftig. Da eine Ausweisung als Naturschutzgebiet ihren Zweck nur dann erfüllen kann, wenn sie vorbeugend auch mögliche Gefahren ausschließt, genügt es für die Annahme einer Schutzbedürftigkeit, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Schutzgüter, die eine Ausweisung des Naturschutzgebiets rechtfertigen, ohne die Unterschutzstellung abstrakt gefährdet wären; einer konkreten Gefahrensituation bedarf es hingegen nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -, juris Rn. 5; Senatsurt. v. 19.4.2018 - 4 KN 343/15 – n. v.; Senatsurt. v. 19.7.2017 - 4 KN 29/15 -, juris Rn. 55; Nds. OVG, Urt. v. 8.7.2004 - 8 KN 34/02 -, n. v.). Eine danach ausreichende abstrakte Gefährdung ist hier zweifelsohne gegeben. Denn es liegt auf der Hand, dass die Qualität des Gebiets als Lebensstätte wildlebender Tier-, Vogel- und Pflanzenarten und sein besonderes Entwicklungspotenzial ohne eine Unterschutzstellung des Gebiets durch verschiedene Nutzungen wie z. B. die uneingeschränkte Erholungs- und Freizeitnutzung, die Fischerei, die Jagd, die Landwirtschaft oder die Forstwirtschaft beeinträchtigt werden könnte.

c. Dass der Antragsgegner von der bestehenden Möglichkeit, die „Seeve“ in dem hier in Rede stehenden Bereich unter Naturschutz zu stellen, Gebrauch gemacht hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Liegen - wie hier - die Voraussetzungen einer Unterschutzstellung für Teile von Natur und Landschaft vor, so hat die Naturschutzbehörde grundsätzlich einen Handlungsspielraum, ob und wie sie das schutzwürdige und schutzbedürftige Gebiet unter Schutz stellt (Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 78 u. v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 – juris, Rn. 106 m. w. N.; vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.1.2007 - 7 B 68.06 -, juris Rn. 15). Dieser Grundsatz findet allerdings nach § 32 Abs. 2 BNatSchG hinsichtlich des „Ob“ einer Unterschutzstellung eine Einschränkung, wonach die in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) aufgenommenen Gebiete nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 4 dieser Richtlinie entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG zu erklären sind. Soweit das hier in Rede stehende Gebiet als FFH-Gebiet Nr. 41 in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der FFH-Richtlinie aufgenommen worden ist, hat demzufolge eine Pflicht zu einer Unterschutzstellung bestanden (vgl. Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 78, v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 – juris Rn. 106 m. w. N. u. v. 2.5.2017 - 4 KN 318/13 - juris Rn. 47 u. - 4 KN 319/13 – n. v.). Das betrifft damit auch den bebauten Grundstücksteil, den überwiegenden Teil des Gartens und der östlich gelegenen Waldfläche A der Antragsteller, da sich diese innerhalb der Grenzen des FFH-Gebiets befinden. Bei der Entscheidung darüber, wie das FFH-Gebiet Nr. 41 nach nationalem Recht unter Schutz gestellt wird, ist der Naturschutzbehörde aber ein Handlungsspielraum verblieben, der in erster Linie durch eine nach Maßgabe des naturschutzrechtlichen Abwägungsgebots im Sinne des § 2 Abs. 3 BNatSchG erfolgende, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes auf der einen und der Nutzungsinteressen der Grundeigentümer und der übrigen Beteiligten auf der anderen Seite geprägt ist (Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 78, v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, juris Rn. 106, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 61, v. 20.1.2016 - 4 KN 15/14 - n. v. und v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 42; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 -, juris Rn. 26 u. Urt. v. 6.11.2002 - 8 KN 231/01 -, juris Rn. 33, ferner BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -, juris Rn. 9, Beschl. v. 29.1.2007 - 7 B 68/06 -, juris Rn. 15 u. Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102/88 -, juris Rn. 3).

Eine solche Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen hat der Antragsgegner hier vorgenommen. Er hat sich ausweislich der Verwaltungsvorgänge eingehend mit den Nutzungsinteressen der Grundeigentümer sowie der übrigen Nutzungsberechtigten auseinandergesetzt und diese in seine Erwägungen einbezogen. Dies verdeutlicht bereits die Prüfung und Auswertung der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange sowie der Anregungen und Bedenken der betroffenen Grundeigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten, die aus den Beiakten ersichtlich ist.

Dabei haben nicht zuletzt auch die von den Antragstellern erhobenen Einwände dazu geführt, dass in der endgültigen Fassung der Verordnung die Eigentümerinteressen stärker berücksichtigt worden sind, als es im Entwurf der Naturschutzgebietsverordnung der Fall gewesen ist. So wurde der Status der Gartenfläche der Antragsteller, die in den ursprünglichen Karten als Wald dargestellt wurde, auf deren Anregung geändert. Dass den Naturschutzbelangen entgegenstehende Interessen von Grundeigentümern und sonstigen Nutzungsberechtigten Rechnung getragen worden ist, wird außerdem an den Freistellungsregelungen deutlich.

Abgesehen davon hätte eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände ohnehin nicht die Nichtigkeit der Schutzgebietsverordnung nach sich gezogen (vgl. Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 79, v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, juris Rn. 108, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 65 u. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 44; Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -, n. v.; Nds. OVG, Urt. v. 25.9.2003 - 8 KN 2072/01 -, juris Rn. 72, v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 -, juris Rn. 31 u. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -, n. v.). Dies wäre lediglich dann der Fall gewesen, wenn die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit planerischer Entscheidungen gestellt werden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 - 4 C 79.76 u.a. -, juris Rn. 43 ff. m. w. N.), auch für Verordnungen, die gemäß § 23 BNatSchG erlassen werden, gelten würden. Das ist jedoch zu verneinen, weil die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer Naturschutzgebietsverordnung den Handlungsspielraum der Naturschutzbehörde prägt (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102.88 -, juris Rn. 3), mit der Abwägung aller in Betracht kommenden Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch ist (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988, a.a.O.; Senatsurt. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 44; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 -, juris Rn. 31 u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -, n. v.). Daher kommt es lediglich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung des Gebiets im Ergebnis zu beanstanden ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2017 - 4 BN 8.17 -, juris Rn. 8; Senatsurt. v. 19.10.2021 - 4 KN 174/17 -, juris Rn. 79, v. 30.10.2017 - 4 KN 275/17 -, juris Rn. 108, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 65 u. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 44, Senatsbeschl. v. 30.8.2016 - 4 LA 352/15 -, n. v.; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 -, juris Rn. 31 u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -, n. v.). Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr steht die Unterschutzstellung des in § 1 VO näher bezeichneten Gebiets als Naturschutzgebiet - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - mit höherrangigem Recht im Einklang.

d. Bedenken an der Wahl der Schutzgebietskategorie durch den Antragsgegner bestehen nicht. Zwar ist für die Ausweisung einer höheren Schutzkategorie mit weiterreichenden Verboten kein Raum, wenn die Erklärung zu einem Schutzgebiet mit niederem Schutzstatus als weniger einschneidende Maßnahme ausreichend ist (vgl. Senatsurt. v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 68 m. w. N.). Eine Erklärung des hier in Rede stehenden Gebiets zum Landschaftsschutzgebiet wäre aber unzureichend gewesen, weil in einem Landschaftsschutzgebiet nach § 26 Abs. 2 BNatSchG nur die Handlungen, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen, verboten werden können, was für einen effektiven Schutz der dort anzutreffenden besonders schutzwürdigen, zahlreichen Lebensraumtypen und Arten sowie Biotope nicht genügt hätte. Ein effektiver Schutz der in dem Naturschutzgebiet „Seeve“ vorhandenen, in § 2 Abs. 4 VO im Einzelnen aufgeführten Lebensraumtypen und Tierarten setzt nämlich voraus, dass auch Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung, Veränderung oder nachhaltigen Störung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile führen können, bei denen also nur die Möglichkeit solcher Nachteile besteht, untersagt werden, was nur durch eine Naturschutzgebietsverordnung erfolgen kann (vgl. § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG). Insbesondere sind auch auf dem Grundstück der Antragsteller der Lebensraumtyp 9190 und mehrere gesetzlich geschützte Biotope, wie der Handeloher Bach, vorhanden.

e. Der Antragsgegner hat darüber hinaus auch nicht gegen sein bei der Abgrenzung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten bestehendes weites Gestaltungsermessen verstoßen, dass er in gleichheitswidriger Weise bei der Einbeziehung bzw. Auslassung von Flächen keine einheitliche Praxis angewandt hätte.

Da der Verordnungsgeber aufgrund des ihm zustehenden Normsetzungsermessens nicht zwingend alles Schützenswerte schützen muss, kann eine unterschiedliche Behandlung von Grundstücken mit einem ähnlich hohen Schutzwert allenfalls dann rechtlich beanstandet werden, wenn sie willkürlich ist (vgl. Senatsbeschl. v. 1.4.2008 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 57; Blum/Agena, Niedersächsisches Naturschutzrecht, Stand Januar 2022, § 16 Rn. 63). Ein derartiges willkürliches Vorgehen des Antragsgegners bei der Gebietsabgrenzung ist, wie bereits auch oben ausgeführt, indes nicht erkennbar. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist eine Ungleichbehandlung ihrer Fläche und der westlich angrenzenden Grundstücke nicht gegeben. Zum einen liegen diese bebauten Grundstücke, im Gegensatz zu dem Grundstück und dem darauf befindlichen Wochenendhaus der Antragsteller, außerhalb des FFH-Gebietes und sind Bestandteil der geschlossenen Ortsbebauung von A-Stadt. Das Grundstück der Antragsteller liegt hingegen etwas abseits der Ortsbebauung und ist von dieser durch einen größeren Baumbestand getrennt. Der überwiegende Teil davon ist Waldfläche. Auch verläuft der Handeloher Bach mittig durch das Grundstück der Antragsteller, jedoch nur am äußersten Rand der westlich bebauten Nachbargrundstücke.

f. Die in § 3 VO geregelten Verbote sind mit höherrangigem Recht vereinbar.

Das in § 3 Abs. 1 Satz 1 VO enthaltene Verbot aller Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets bzw. seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, entspricht der gesetzlichen Vorgabe in § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Danach sind alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets bzw. seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Eine verbotene Handlung in diesem Sinne setzt dabei nicht voraus, dass sie tatsächlich zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führt. Das Verbot ist vielmehr schon dann gerechtfertigt, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Handlungen solche Folgen haben können, diese also nicht gänzlich außerhalb des Möglichen liegen (Senatsurt. v. 4.3.2020 - 4 KN 226/17 -, juris Rn. 45; Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 23 Rn. 37; Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 23 Rn. 31).

Soweit die Antragsteller vortragen, dass sie aufgrund der Verbote in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1(bauliche Anlagen, auch wenn sie keiner Genehmigung bedürfen, zu errichten oder wesentlich zu ändern), Nr. 2 (ober- und unterirdische Leitungen zu verlegen) und Nr. 4 (Bohrungen aller Art niederzubringen) VO in der Nutzung ihres Wochenendhauses eingeschränkt seien, erheben sie der Sache nach keine gegen die Rechtmäßigkeit dieser Verbote gerichtete Einwendungen, sondern stellen lediglich ihre mögliche Betroffenheit dar. Unabhängig davon stehen diese Verbote im Einklang mit § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Es liegt auf der Hand, dass in dem gesamten unter Schutz gestellten Gebiet Baumaßnahmen, Verlegungen von Leitungen und Durchführungen von Bohrungen zu erheblichen Störungen der dort vorhandenen Tier- und Pflanzenwelt führen würden. Da die Landschaft der Seeve und ihrer Nebenbäche durch hohe Grundwasserstände und entsprechende Vegetationen und Lebensräume geprägt ist, könnte es durch die oben genannten Maßnahmen zudem zur Veränderung des Grundwasserhaushalts und somit zu Beeinträchtigung der Lebensraumbedingungen für die im Gebiet vorkommenden Tier- und Pflanzenarten führen, was den in § 2 Abs. 2 VO enthaltenen besonderen Schutzzwecken zuwiderliefe. Soweit die Verbote nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1, 2 und 4 VO auch in dem für das Grundstück des Klägers weiß kartierten Bereich gelten, ist dieses nicht zu beanstanden. Denn dieser Bereich liegt in unmittelbarer Nähe zu dem zu schützenden FFH-Lebensraumtyp 9190, dem darin gelegenen Handeloher Bach sowie dem zu schützenden Wald nordwestlich des Wochenendhauses (Waldflächen A und C), so dass die vorgenannten verbotenen Handlungen zu einer nachhaltigen Störung dieser Bereiche führen können.

Ebenfalls steht § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 19 VO im Einklang mit § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Danach ist es verboten, wild wachsende Pflanzen zu beschädigen, auszureißen, auszugraben oder Teile davon abzupflücken, abzuschneiden, abzureißen oder auf andere Weise zu beeinträchtigen. Diese Handlungen stellen bereits eine Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile dar und liefen damit den besonderen Schutzzwecken des § 2 Abs. 2 Nr. 3 bis 7 VO zuwider. Sofern die Antragsteller aufgrund dieses Verbotes die Überwucherung ihres Gartens und der Streuobstwiese befürchten, ist für diese Bereiche die Beseitigung und das Management von invasiven und/oder gebietsfremden Arten mit vorheriger Zustimmung der Naturschutzbehörde freigestellt (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 e) VO). Im Übrigen besteht für sie im Falle einer unzumutbaren Belastung die Möglichkeit einer Befreiung nach § 6 Abs. 1 VO.

g. Die Interessen der Eigentümer und Nutzungsberechtigter werden zudem durch die in § 4 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 8 VO enthaltenen Freistellungen berücksichtigt.

Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 VO ist allgemein freigestellt das Betreten und Befahren des Gebietes durch die Eigentümerinnen, Eigentümer, Nutzungsberechtigte sowie deren Beauftragte zur rechtmäßigen Nutzung oder Bewirtschaftung der Grundstücke. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller haben somit nicht nur die Eigentümer, sondern auch die Nutzungsberechtigten die Möglichkeit das Grundstück der Antragsteller zu betreten und das Wochenendhaus entsprechend zu nutzen. Dazu gehören auch die Verwandten, Bekannte und andere Besucher, sofern die Nutzung mit Erlaubnis der Antragsteller erfolgt.

Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 8 VO ist die Nutzung, Unterhaltung und Instandsetzung der bestehenden rechtmäßigen Anlagen und Einrichtungen freigestellt. Damit sind auch Baumaßnahmen, Verlegungen von Leitungen und Durchführungen von Bohrungen möglich, sofern sie der Unterhaltung und Instandsetzung rechtmäßiger Anlagen und Einrichtungen dienen.

h. Der Senat hat überdies keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der übrigen Verbote, die in § 3 Abs. 1 Satz 2 VO und teilweise auch in den Freistellungsregelungen des § 4 VO enthalten sind. Denn sämtliche Verbote und Beschränkungen betreffen Handlungen, die den besonderen Schutzzwecken der Verordnung entgegenstehen. Insbesondere sind diese nicht unverhältnismäßig, weil sie sich auf das zum Schutz der FFH-Lebensraumtypen Notwendige beschränken. Auch bestimmt § 5 Abs. 1 Satz 1 VO, dass erforderliche Zustimmungen nach den §§ 3 und 4 dieser Verordnung auf schriftlichen Antrag zu erteilen sind, wenn und soweit keine Beeinträchtigungen oder nachhaltigen Störungen des NSG oder seiner für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile zu befürchten sind. Damit kann in solchen Fällen besonderen Interessen der betroffenen Personen angemessen Rechnung getragen werden.

i. Die in den Verboten der Verordnung liegenden Beschränkungen der Eigentums- und Nutzungsrechte der Antragsteller verstoßen schließlich nicht gegen Art. 14 GG, weil sie sich als verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erweisen. Wenn die natürlichen oder landschaftsräumlichen Gegebenheiten eines Grundstücks im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswert sind und des Schutzes bedürfen, so ergibt sich daraus eine immanente, dem Grundstück selbst anhaftende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse, die durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen – wie die Verordnung des Antragsgegners – lediglich nachgezeichnet wird (Senatsurt. v. 25.5.2021 - 4 KN 407/17 -, juris Rn. 68, v. 30.10.2017 – 4 KN 275/17 -, juris Rn. 151, v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 88 u. v. 1.4.2007 - 4 KN 57/07 -, juris Rn. 46; ferner BVerwG, Urt. v. 24.6.1993 - 7 C 26.92 -, juris Rn. 37 ff. m. w. N.). Regelungen des Naturschutzes, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes beschränken, sind daher keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums, die als Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2001 - 6 CN 2.00 -, juris Rn. 12 ff.; Beschl. v. 18. 7.1997 - 4 BN 5.97 -, juris Rn. 12 ff.). Als unzumutbare Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse erweisen sie sich erst dann, wenn nicht genügend Raum für einen privatnützigen Gebrauch des Eigentums oder eine Verfügung über den Eigentumsgegenstand verbleibt oder wenn eine Nutzung, die bisher ausgeübt worden ist oder sich nach der Lage der Dinge objektiv anbietet, ohne jeglichen Ausgleich unterbunden wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.1.2000 - 6 BN 2.99 -, juris Rn. 11, Beschl. v. 18.7.1997, - 4 BN 5.97 -, juris Rn. 16). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Wie dargelegt hat der Antragsgegner in § 4 VO in erheblichem Umfang ermöglichende Freistellungen von den Verboten des § 3 VO getroffen. In den Fällen, in denen es durch die Verbote zu unzumutbaren Belastungen des jeweiligen Nutzungsberechtigten kommt und eine ausnahmsweise Zulassung der Nutzung nicht nach § 5 Abs. 1 VO in Betracht kommt, besteht nach § 6 Abs. 1 VO i.V.m. § 67 BNatSchG und § 41 NAGBNatSchG im Einzelfall die Möglichkeit, eine Befreiung von dem jeweiligen Verbot zu beantragen. Zur Realisierung von Plänen und Projekten enthält § 6 Abs. 2 VO unter Bezugnahme auf § 34 Abs. 3 bis 6 BNatSchG eine Befreiungsmöglichkeit. Schließlich ist, sollte eine Befreiung im Einzelfall nicht in Betracht kommen, unter den Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 BNatSchG eine Entschädigung in Geld zu leisten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.