Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.04.2022, Az.: 5 ME 152/21

Auswahlverfahren, Fortsetzung; Bewerberkreis; Maßgeblicher Zeitpunkt

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.04.2022
Aktenzeichen
5 ME 152/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59883
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 11.11.2021 - AZ: 5 B 9/21

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Wird ein Auswahlverfahren über eine Beförderung fortgesetzt, nachdem eine fehlerhafte Auswahlentscheidung aufgehoben wurde, so ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der zu treffenden neuen Auswahlentscheidung maßgeblich

Dabei ist die Auswahl bei der neuen Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht auf den bei der früheren Auswahlentscheidung betrachteten Bewerberkreis begrenzt.

Tenor:

Die Beschwerde des Beigeladenen zu 3. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 5. Kammer - vom 11. November 2021 wird zurückgewiesen.

Der Beigeladene zu 3. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beigeladenen zu 1., 4. bis 5., 7. bis 11., 14. und 15. sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 34.799,76 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Beigeladene zu 3. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 11. November 2021, mit welchem es auf den Antrag des Antragstellers der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt hat, die ihr in der Beförderungsrunde 2016 zugewiesenen Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 13 vz auf der Beförderungsliste „Beteiligung intern_TSI_T“ mit den Beigeladenen zu 1., 3. bis 5., 7. bis 11., 14. und 15. zu besetzen und diese nach Besoldungsgruppe A 13 zu befördern, solange nicht über die Beförderung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts bestandskräftig entschieden worden ist.

Der Antragsteller ist Bundesbeamter auf Lebenszeit und bekleidet seit dem 1. Januar 2004 das Statusamt eines Technischen Fernmeldeamtsrates (Besoldungsgruppe A 12). Er ist unter Wegfall der Bezüge beurlaubt, um bei Unternehmen der V. einer Tätigkeit nachzugehen. Für die Beförderungsrunde 2016 waren dem betreffenden Unternehmen zunächst 35 Planstellen der Besoldungsgruppe A 13 vz zugewiesen worden. Auf der Grundlage von dienstlichen Beurteilungen für 884 in Betracht kommende Beamten wurden 35 Beamte ausgewählt. Der Antragsteller hatte den Ranglistenplatz 668 erreicht. Er suchte im Hinblick auf diese Auswahlentscheidung um vorläufigen Rechtsschutz nach. Im Beschwerdeverfahren untersagte der Senat durch Beschluss vom 1. Dezember 2017 - 5 ME 80/17 - unter Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts der Antragsgegnerin, die zugewiesenen Beförderungsplanstellen mit den ausgewählten Beamten zu besetzen und diese zu befördern, solange über die Beförderung des Antragstellers nicht unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats bestandskräftig entschieden ist. Daraufhin hob die Antragsgegnerin diese Auswahlentscheidung teilweise auf und traf unter dem 5. Dezember 2018 eine neue Auswahlentscheidung. Die Antragsgegnerin wählte den Antragsteller wiederum nicht aus. Auf Antrag des Antragstellers untersagte das Verwaltungsgericht Lüneburg der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 14. Februar 2020 - 8 B 24/19 - vorläufig, die ihr in der Beförderungsrunde 2016 zugewiesenen Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 13 vz auf der Beförderungsliste „Beteiligung intern TSI“ mit den damaligen Beigeladenen zu besetzen und diese zu befördern, solange nicht über die Beförderung des Antragstellers bestandskräftig neu entschieden worden ist. Infolgedessen hob die Antragsgegnerin unter dem 16. Oktober 2020 ihre Auswahlentscheidung vom 5. Dezember 2018 zu 17 näher bezeichneten Beamten auf. Zugleich traf sie nach Teilung der Beförderungsliste eine neue Auswahlentscheidung über die Beförderungsrunde 2016 und wählte die Beigeladenen zur Beförderung aus. Dabei legte sie die Beurteilungen der am Auswahlverfahren beteiligten Beamten zum Beurteilungsstichtag 1. September 2015 zugrunde.

Der Antragsteller hat am 9. November 2020 Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung und gegen den eventuellen faktischen Abbruch des Auswahlverfahrens eingelegt und um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.

Dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Lüneburg durch Beschluss vom 11. November 2021 - 5 B 9/21 - stattgegeben. Es hat der Antragsgegnerin vorläufig untersagt, die ihr in der Beförderungsrunde 2016 zugewiesenen Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 13 vz auf der Beförderungsliste „Beteiligung intern_TSI_T“ mit den Beigeladenen zu 1., 3. bis 5., 7. bis 11., 14. und 15. zu besetzen und diese zu befördern, solange nicht über die Beförderung des Antragstellers bestandskräftig neu entschieden worden ist. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es maßgeblich auf Folgendes abgestellt: Der Antrag sei zulässig und habe in der Sache Erfolg. Dem Antragsteller stehe ein Anordnungsanspruch zur Seite. Die Auswahlentscheidung sei fehlerhaft und verletze den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers, weil sie nicht auf der im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellen Beurteilungslage beruht habe. Nach Aufhebung einer Auswahlentscheidung sei für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der neuen Auswahlentscheidung der Zeitpunkt maßgeblich, in der die neue Auswahlentscheidung ergangen sei. Mithin hätte die Antragsgegnerin ihrer Auswahlentscheidung vom Oktober 2020 das zu diesem Zeitpunkt aktuelle Leistungsbild der Beamten, nicht jedoch - wie geschehen - deren Beurteilungen für den Beurteilungszeitraum 2013 bis 2015 zugrunde legen müssen. Außerdem sei nicht vollkommen ausgeschlossen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung ausgewählt werden könne, weil sich nicht absehen lasse, wie die Antragsgegnerin das weitere Verfahren und den Leistungsvergleich im Hinblick auf die Beförderungsrunde 2016 ausgestalten werde. So stehe nicht fest, welchen Bewerberkreis die Antragsgegnerin bei einer erneuten Auswahlentscheidung berücksichtigen werde. Das Bewerberfeld bei der zu wiederholenden Auswahlentscheidung könne sich gegenüber der ersten Auswahlentscheidung erweitern oder reduzieren. Der Bewerberkreis sei derart offen, dass es nicht ausgeschlossen erscheine, dass der Antragsteller ausgewählt werden könne. Ferner sei ein Anordnungsgrund gegeben, weil durch die beabsichtigte Beförderung der ausgewählten Konkurrenten der Anspruch des Antragstellers auf fehlerfreie Auswahlentscheidung vereitelt würde.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beigeladene zu 3. mit seiner Beschwerde, der der Antragsteller entgegentritt. Die Antragsgegnerin hat selbst keine Beschwerde eingelegt, trägt aber - ohne eigene Antragstellung - vor, dem Beschwerdevortrag, eine Beförderung des Antragstellers sei im Wege des Nachrückens möglich, sei nicht zu folgen.

Die weiteren Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich zur Beschwerde geäußert.

II.

Die Beschwerde des Beigeladenen zu 3. hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht.

Zunächst wendet der Beigeladene zu 3. ein: Der Antragsteller habe im „Nachrückverfahren“ befördert werden können, weil aufgrund anderweitiger Beförderungen von Kandidaten auf der Beförderungsliste weitere vier Planstellen zur Verfügung stünden. In diesem Zusammenhang sei die Antragsgegnerin gehindert, unter Berufung auf ein Organisationsermessen die Planstellen, welche aufgrund laufender Konkurrentenverfahren im jeweiligen Beförderungsjahr nicht hätten besetzt werden können, zum Jahresende an das Bundesfinanzministerium zurückzugeben und im neuen Haushaltsjahr neu zu beantragen. Ein solches Vorgehen sei rechtswidrig, wenn das Stellenbesetzungsverfahren hinsichtlich der frei gewordenen Planstellen aus einer Beförderungsrunde nicht ordnungsgemäß abgebrochen worden sei, und verletzte die Bewerber des ursprünglichen Auswahlverfahrens in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch. In diesem Fall müsse das Stellenbesetzungsverfahren bezüglich der frei gewordenen Stellen fortgeführt werden. Mithin seien die vier frei gewordenen Planstellen der Beförderungsrunde 2016 weiterhin „offen“ und müssten vergeben werden. Dies habe auch der Antragsteller zu Recht geltend gemacht. Der Anspruch auf Beförderung im Nachrückverfahren müsse „zumindest denjenigen Konkurrenten“ zustehen, die ihren Bewerbungsverfahrensanspruch gerichtlich erfolgreich geltend gemacht hätten. Beamte, die von dieser Möglichkeit keinen bzw. erfolglos Gebrauch gemacht hätten, verlören ihre Ansprüche und schieden aus dem Auswahlverfahren aus; sie könnten nicht nachrücken. Hier habe der Antragsteller seinen Anspruch im Konkurrentenrechtsstreit erfolgreich geltend gemacht. Auf den Einwand der Antragsgegnerin, die Vergabe frei gewordener Stellen liege in ihrem Organisationsermessen, sei zu erwidern, dass das Beförderungssystem der V. selbst verfassungsrechtliche Bewertungsverfahrensgrundsätze nicht einhalte. So bestehe dort kein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Anforderungen des neuen funktionalen Amtes und dem Leistungsvermögen des Bewerbers, weil es im Falle einer Beförderung nicht zur einer Funktionsänderung komme. Die Beförderungschance hänge allein vom Ranking bzw. der Position des Bewerbers auf der Beförderungsliste ab. Mithin verbleibe ein Bewerber, der - wie der Antragsteller - im Ergebnis des Gerichtsverfahrens als letzter nicht ausgewählter Bewerber für eine Beförderungsplanstelle eine Beförderungsliste übrig bleibe, im Ranking auf der verbliebenen Stelle und müsse deshalb befördert werden. Das Auswahlverfahren bezüglich der vier frei gewordenen Stellen sei mangels Verfahrensabbruchs weiterhin offen.

Diese Einwände vermögen eine Änderung des angegriffenen Beschlusses nicht zu rechtfertigen. Selbst unter der Annahme, dass das Auswahlverfahren hinsichtlich der frei gewordenen Planstellen der Beförderungsrunde für das Jahr 2016 nicht durch „Zurückgabe der Planstellen“ an das Bundesministerium der … abgebrochen worden wäre (ablehnend: Bay. VGH, Beschluss vom 23.7.2020 - 6 CE 20.1290 -, juris Rn. 12), folgt daraus nicht, dass der Antragsteller aufgrund eines unveränderten Bewerberfeldes die Beförderung auf einer frei gewordenen Planstelle mit der Folge beanspruchen könnte, dass ein Anordnungsgrund für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entfallen wäre. Dem liegt zugrunde, dass das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG einen tatsächlich wirksamen Rechtsschutz garantiert. Das bedeutet bei mehreren beabsichtigten Beförderungen, etwa wenn - wie hier - eine Beförderungsrangliste nach und nach durch Beförderungen „abgearbeitet“ wird, dass der Beamte bezüglich aller zur Beförderung konkret anstehenden Beamten seinen Bewerbungsverfahrensanspruch geltend machen kann. Er hat Anspruch darauf, dass über jede einzelne Beförderung rechtsfehlerfrei entschieden wird. Der Anspruch verändert sich nicht dadurch, dass über mehrere Beförderungen nicht nacheinander, sondern zusammen entschieden wird. Die gilt unabhängig davon, dass der Beamte für sich selbst letztlich nur eine einzige Beförderung anstrebt und erstreben kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - BVerwG 2 VR 5.12 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Kann eine Planstelle nicht wie in der Auswahlentscheidung vorgesehen mit dem ausgewählten Beamten im Wege der Beförderung besetzt werden, etwa weil der Beamte bereits anderweitig befördert oder in den Ruhestand versetzt worden ist, hat sich die hinsichtlich dieser Stelle getroffene Auswahlentscheidung erledigt und sie ist daher - sofern das Verfahren fortgesetzt wird - neu zu treffen. Denn die bei der neuen Auswahlentscheidung nicht ausgewählten Beamten müssen Gelegenheit erhalten, ihren Bewerbungsverfahrensanspruch in Bezug auf den neu ausgewählten Beamten effektiv geltend zu machen. Dabei ist zu berücksichtigten, dass im Falle der Fortsetzung eines Auswahlverfahrens die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der zu treffenden neuen Auswahlentscheidung maßgeblich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.1.2017 - 2 BvR 2076/16 -, juris Rn. 26; BVerwG, Beschluss vom 29.4.2016 - BVerwG 1 WB 27.15 -, juris Rn. 18). Entgegen der Annahme des Beigeladenen zu 3. ist die neue Auswahlentscheidung nicht auf den Bewerberkreis der vorangegangenen (erledigten) Auswahlentscheidung beschränkt. Vielmehr ist - wie das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Recht zugrunde gelegt hat - die Auswahlentscheidung auch bei Fortsetzung eines Auswahlverfahrens nach dem Leistungsprinzip grundsätzlich nicht auf den bei der vorangegangenen Auswahlentscheidung betrachteten Bewerberkreis beschränkt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.4.2016, a. a. O., Rn. 21). Auch das Bundesverfassungsgericht hat hervorgehoben, dass es mit dem Prinzip der Bestenauslese nach Art 33 Abs. 2 GG grundsätzlich unvereinbar wäre, wenn der Bewerbungsverfahrensanspruch bezogen auf das vorangegangene (nunmehr fortzusetzende) Auswahlverfahren einen Anspruch darauf umfasste, dass das ursprüngliche Bewerberfeld bei der zu treffenden neuen Auswahlentscheidung unverändert bliebe. Denn für die neue (zu treffende) Auswahlentscheidung ist nicht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der ersten Auswahlentscheidung maßgeblich. Mithin kann sich das Bewerberfeld bei der neuen Auswahlentscheidung gegenüber der vorangegangenen Auswahlentscheidung ändern, etwa sich erweitern oder reduzieren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.1.2017, a. a. O., Rn. 26 m.w.N.). Steht nach dem Vorstehenden bei der Fortsetzung des Auswahlverfahrens in Bezug auf die frei gewordenen Planstellen der Bewerberkreis aber nicht fest, kann entgegen der Annahme des Beigeladenen zu 3. nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller bei der anstehenden Auswahlentscheidung zwingend zu befördern und damit dessen Bewerbungsverfahrensanspruch in der Beförderungsrunde für das Jahr 2016 bereits anderweitig gesichert wäre.

Weiter wendet der Beigeladene zu 3. ein: Dem Antragsteller fehle ein Anordnungsanspruch. Denn der Antragsteller habe keine Chance, sich im Falle einer Neuentscheidung gegen ihn - den Beigeladenen zu 3. - durchzusetzen. Da das Auswahlverfahren in Bezug auf die streitgegenständliche Beförderungsliste nicht abgebrochen werden dürfe, sei die Antragsgegnerin gehindert, für eine Neuentscheidung den Bewerberkreis zu erweitern oder einzuschränken. Soweit das Verwaltungsgericht angenommen habe, dass die Antragsgegnerin im Falle einer Neuentscheidung bei der Ausgestaltung des Beförderungsverfahrens frei sei, stehe diese Annahme im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Der Verweis des Verwaltungsgerichts auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2017, a. a. O., Rn. 26 - gehe fehl, weil sie zu einem anders gelagerten Sachverhalt ergangen sei. Deshalb müsse es dabei bleiben, dass sich die zu wiederholende Auswahlentscheidung auf den verbliebenen Bewerberkreis der Beförderungsrunde 2016 beschränke. In dieser Konstellation habe der Antragsteller keine Chance, sich gegen ihn - den Beigeladenen zu 3. - durchzusetzen. Insoweit verweise er auf den rechtskräftig gewordenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 14. Oktober 2021 - 5 B 8/21 -, worin festgestellt worden sei, dass auch die aktuelle Beurteilung des Antragstellers nicht ausreiche, eine Beförderung zu erreichen, sofern diese im Konkurrenzverhältnis zu ihm - dem Beigeladenen zu 3. - zu berücksichtigen sei.

Mit diesem Vorbringen dringt der Beigeladene zu 3. nicht durch. Auf dessen Grundlage kann nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass bei der noch zu treffenden Auswahlentscheidung eine Auswahl des Antragstellers im Verhältnis zum Beigeladenen zu 3. unmöglich erscheint. Wie bereits vorstehend ausgeführt, kann sich das Bewerberfeld bei der neuen Auswahlentscheidung gegenüber der vorangegangenen Auswahlentscheidung ändern. Dagegen kann der Beigeladene zu 3. nicht mit Erfolg einwenden, die angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei zu einem anders gelagerten Sachverhalt ergangen und könne deshalb nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Denn das Bundesverfassungsgericht hat seine Schlussfolgerung, dass sich der Bewerberkreis bei der neuen (noch zu treffenden) Auswahlentscheidung von dem der früheren Auswahlentscheidung unterscheiden kann, nicht auf die Besonderheiten des zugrunde liegenden Streitfalls im Tatsächlichen, sondern aus dem in Art. 33 Abs. 2 GG normierten Prinzip der Bestenauslese sowie dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage abgeleitet (ebenso zum Letzteren: BVerwG, Beschluss vom 29.4.2016, a. a. O., Rn. 21).

Ebenso wenig vermag der Vortrag des Beigeladenen zu 3. zu den Auswahlchancen des Antragstellers zu überzeugen. Der Verweis auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg in dessen Beschluss vom 14. Oktober 2021 - 5 B 8/21 - ist untauglich. Dieser Beschluss ist zu der Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin in der Beförderungsrunde 2020/21 ergangen. Die Antragsgegnerin legte dieser Auswahlentscheidung die über die Beamten erstellten Beurteilungen zum Stichtag 1. September 2019 (Beurteilungszeitraum 1. September 2017 bis 31. August 2019) zugrunde. Das Verwaltungsgericht hat seine Annahme, es sei für die Beförderungsrunde 2020/21 ausgeschlossen, dass der Antragsteller auch unter Berücksichtigung des weiten Beurteilungsermessens der Beurteiler im Falle fehlender Neubeurteilungen besser oder zumindest gleich gut beurteilt werden könnte wie die betreffenden Mitbewerber, auf Leistungseinschätzungen der unmittelbaren Führungskräfte gestützt. Diese Einschätzung des Verwaltungsgerichts kann auf die von der Antragsgegnerin noch zu treffende Auswahlentscheidung der Beförderungsrunde für das Jahr 2016 nicht übertragen werden. Insoweit kann nicht auf die Leistungsbewertung eines früheren Beurteilungszeitraums abgestellt werden. Wie bereits dargelegt, ist im Falle der Fortsetzung eines Auswahlverfahrens die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der zu treffenden neuen Auswahlentscheidung maßgeblich. Da es dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen, sind bei der Auswahlentscheidung regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen heranzuziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - BVerwG 2 C 16.02 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 20.6.2013, BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21), weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auf den aktuellen Stand abzustellen ist. Selbst im Falle einer zügigen neuen Auswahlentscheidung wären die Beurteilungen zum Beurteilungsstichtag 1. September 2021 (Beurteilungszeitraum 1. September 2019 bis 31. August 2021) heranzuziehen. Diese waren aber nicht Gegenstand der vom Beigeladenen zu 3. angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, Abs. 3 VwGO. Die Vorschrift des § 154 Abs. 2 VwGO gilt auch zulasten eines drittbeteiligten Rechtsmittelführers wie dem Beigeladenen zu 3. (Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 154 Rn. 6). Legt der in der Vorinstanz unterlegene Hauptbeteiligte - wie hier die Antragsgegnerin - kein eigenes Rechtsmittel ein, so trägt der rechtsmittelführende Beigeladene auch dann dessen Kosten aus dem Rechtsmittelverfahren, wenn der in erster Instanz unterlegene Hauptbeteiligte den rechtsmittelführenden Beigeladenen, allerdings ohne eigenen Antrag, unterstützt hat, oder anders ausgedrückt: erhebt ein unterlegener Hauptbeteiligter kein eigenes Rechtsmittel und lässt im Rechtsmittelverfahren einen Beigeladenen „für sich kämpfen“, so kann er sich - wie im Streitfall - durch das Nichtstellen eines Antrags vor Kosten bewahren (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 1. Februar 2018 - 5 ME 231/17 -, n.v.; im Fall, in dem der Vertreter des öffentlichen Interesses Revision einlegt: BVerwG, Urteil vom 11.11.1993 - BVerwG 3 C 45.91 -, juris Rn. 45; Rennert, a. a. O., Rn. 6). Die außergerichtlichen Kosten der weiteren am Beschwerdeverfahren beteiligten Beigeladenen waren nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen dem Beigeladenen zu 3. aufzuerlegen, weil sie keinen Antrag gestellt und sich deshalb keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG. Der Streitwert für den zweiten Rechtszug beträgt demnach die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen. Auszugehen ist insoweit von den im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszugs maßgeblichen Bezügen der Besoldungsgruppe A 13 in Höhe von 5.799,96 EUR monatlich (vgl. Anlage IV zu § 20 Abs. 2 Satz 2 BBesG in am 30. November 2021 geltenden Fassung). Dementsprechend errechnet sich ein Streitwert in Höhe von 34.799,76 EUR. Eine Halbierung für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes findet nicht statt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.5.2013 - 5 ME 92/13 -, juris Rn. 28).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).