Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.06.2022, Az.: 9 KN 15/17

Abfallgebühr; Antragsbefugnis; Aufwendungen; Ausgleich; Ausser-Kraft-Treten; Betriebsabrechnung; Betriebsabrechnungsbogen; Fixkosten; Gebührensatz; Gebührenvortrag; Grundgebühr; Grundsätze, betriebswirtschaftliche; Kalkulation; Kalkulationszeitraum; Kosten, invariable; Kosten, variable; Nachberechnung; Normenkontrolle; Periodengerechtigkeit; Prüfungsmaßstab; Rechenweg; Unterdeckung; Verwirkung; Vorauskalkulation; Überdeckung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.06.2022
Aktenzeichen
9 KN 15/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59739
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • DÖV 2022, 871
  • Gemeindehaushalt 2023, 71

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Der kommunale Abfallentsorgungsträger kann auf eine genaue Ausweisung der in Ansatz gebrachten Fixkosten für die unterschiedlichen Kostenbereiche verzichten, wenn er weniger als 30 % der Gesamtkosten der Abfallentsorgungseinrichtung über die Grundgebühr abdeckt (Festhalten an der bisherigen Senatsrechtsprechung).
2. Zur Ermittlung ausgleichspflichtiger Überdeckungen bzw. ausgleichsfähiger Unterdeckungen aus abgelaufenen mehrjährigen Kalkulationszeiträumen nach § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG (alter und neuer Fassung):
a) Ob eine Über- oder Unterdeckung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG besteht, kann regelmäßig erst nach Ablauf des Kalkulationszeitraums für diesen ermittelt werden.
b) Ausnahmsweise gilt dann etwas anderes, wenn eine Betriebsabrechnung vor Beginn des Kalkulationszeitraums, in dem die Über-/Unterdeckungen letztmalig berücksichtigt werden können, noch nicht vorliegt und deshalb auf Schätzungen zurückgegriffen werden muss.
c) Bei einem mehrjährigen Kalkulationszeitraum ist eine Über- oder Unterdeckung immer für den gesamten mehrjährigen Kalkulationszeitraum festzustellen, ohne dass die Ergebnisse der einzelnen Jahre separat ausgeglichen werden dürfen.

3. § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG (alter wie neuer Fassung) stellt darauf ab, ob die tatsächlichen von den kalkulierten Kosten abweichen, nicht dagegen auf ein Abweichen der tatsächlichen Gebühreneinnahmen von den tatsächlichen Kosten.

Tenor:

Die im Gemeinsamen Amtsblatt für die Region D-Stadt und die Landeshauptstadt D-Stadt vom 23. Dezember 2016 bekannt gemachte und zum 1. Januar 2017 in Kraft getretene 2. Satzung zur Änderung der Satzung des Antragsgegners über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung in der Region D-Stadt (Abfallgebührensatzung) in der Beschlussfassung vom 16. Dezember 2016 wird für unwirksam erklärt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Antragsgegner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die zum 1. Januar 2017 in Kraft getretene 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung des Antragsgegners, mit der insbesondere der Grundgebührensatz je Wohnung von monatlich 5,06 EUR auf nunmehr 5,70 EUR erhöht wurde.

Der Antragsteller ist Eigentümer eines Hausgrundstücks im Geltungsbereich der angegriffenen Abfallgebührensatzung. Er wurde vom Antragsgegner auf der Grundlage dieser Satzung mit Bescheid vom 9. Januar 2017 für das laufende Jahr 2017 (und die Folgejahre ab 2018) zu Abfallgebühren in Höhe von 107,88 EUR p. a. herangezogen (Grund- und Volumengebühr). Die anteilige jährliche Grundgebühr für das Jahr 2017 sowie die Folgejahre beträgt 68,40 EUR. Gegen diesen Bescheid hat er vorsorglich Klage beim Verwaltungsgericht Hannover erhoben (Az. 19 A 1416/17).

Der Antragsteller hatte bereits in einem anderen, rechtskräftig abgeschlossenen Normenkontrollverfahren gegen die Grundgebührenregelung in der zum 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Abfallgebührensatzung 2010 geklagt und erreicht, dass diese für unwirksam erklärt wurde (Senatsurteil vom 12.10.2012 – 9 KN 47/10 – juris). Er ist Mitglied der Regionsversammlung der Region D-Stadt, die Mitglied des Antragsgegners ist.

Der Antragsgegner ist ein Zweckverband, dessen Verbandsmitglieder die Region D-Stadt und die Landeshauptstadt D-Stadt sind (§ 1 Abs. 1 Verbandsordnung) und dessen Verbandsgebiet das Gebiet der Region D-Stadt umfasst (§ 3 Verbandsordnung).

Nach seinem bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Satzungsrecht hatte der Antragsgegner die Benutzungsgebühren für die Entsorgung des Rest- und Bioabfalls jeweils unterschiedlich für die Behälterabfuhr und die Sackabfuhr ausgestaltet: Während die Behälterabfuhr nur im Stadtgebiet D-Stadt und in einigen Gebieten des ehemaligen Landkreises D-Stadt betrieben wurde, erfolgte in den meisten Umlandgemeinden die Entsorgung der Restabfälle und Bioabfälle ausschließlich über die Sackabfuhr. Die Gebühren für die Behälterabfuhr bzw. die Sackabfuhr wurden gesondert kalkuliert und dementsprechend unterschiedliche Gebührensätze für diese beiden getrennten Bereiche erhoben. Nur für die durch Sackabfuhr entsorgten Grundstücke wurden Grundgebühren erhoben und zusätzlich eine (Leistungs-)Gebühr entsprechend dem Volumen der genutzten Restabfallsäcke. Demgegenüber erfolgte die Erhebung der Benutzungsgebühr für die an die Behälterabfuhr angeschlossenen Grundstücke nach der Anzahl, der Leerungshäufigkeit sowie dem Volumen der Abfallbehälter ohne die Erhebung einer monatlichen Grundgebühr. Nachdem der Senat mit Urteil vom 12. Oktober 2012 (– 9 KN 47/10 –) den Grundgebührensatz für die Sackabfuhr in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 der zum 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Abfallgebührensatzung für unwirksam erklärt hatte, stellte der Antragsgegner sein bisheriges System für die Abfuhr des Rest- und Bioabfalls um und änderte die Abfallgebührenstruktur zum 1. Januar 2014. So beschloss die Regionsversammlung u. a. mit Beschluss vom 14. Mai 2013 nach dem sog. Konsensmodell, regionsweit eine Grundgebühr i. H. v. bis zu 30 % der Gesamtkosten zu erheben, wovon 15 % grundstücksbezogen und 15 % wohnungsbezogen erhoben werden sollten.

Mit drei Urteilen vom 10. November 2014 erklärte der erkennende Senat die zum 1. Januar 2014 in Kraft getretene 12. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung (AGS 2014) für unwirksam (darunter auch die Gebührensätze in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 bis 4.3), weil u. a. der kombinierte Grundstücks- und Wohnungsmaßstab in § 3 Abs. 1 Nr. 1.1 bis 1.3, der eine kombinierte Grundgebühr mit einem Gebührenanteil je Grundstück und einem weiteren Gebührenanteil je Wohnung und je Nutzungseinheit vorsah, in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Inanspruchnahme der Vorhalteleistung stehe und deshalb gegen § 12 Abs. 6 Sätze 1 bis 3 des Niedersächsischen Abfallgesetzes – NAbfG – und gegen § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes – NKAG – verstoße (vgl. die Urteile vom 10.11.2014 – 9 KN 316/13, 9 KN 33/14 und 9 KN 37/14 – jeweils juris).

Daraufhin fasste der Antragsgegner sein Satzungsrecht abermals neu.

Nach § 1 Abs. 1 der Abfallsatzung (vom 6.1.2003 i. d. F. der am 16.12.2014 beschlossenen und zum 1.1.2015 in Kraft getretenen 13. Änderungssatzung – AS –) führt der Antragsgegner die Abfallberatung und die Abfallentsorgung in seinem Gebiet auf der Grundlage des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (nunmehr: Kreislaufwirtschaftsgesetz) und des Niedersächsischen Abfallgesetzes nach Maßgabe dieser Satzung als öffentliche Einrichtung durch. Gemäß § 3 Abs. 1 AS umfasst die Abfallentsorgung die Abfallverwertung und die Abfallbeseitigung im Sinne des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes sowie das Einsammeln, das Befördern, das Behandeln, die Lagerung, die Ablagerung und alle sonst erforderlichen Maßnahmen. Für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Abfallentsorgung einschließlich der damit verbundenen Benutzung der Abfallentsorgungsanlagen, der Wertstoffhöfe und sonstigen Annahmestellen erhebt der Antragsgegner gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 AS Gebühren nach Maßgabe einer besonderen Satzung, der Abfallgebührensatzung. Für besondere gewerbliche Leistungen kann hiervon abweichend gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 AS ein privatrechtliches Entgelt erhoben werden. Er setzt gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 AS nach Maßgabe der Abfallgebührensatzung die für die Abfallentsorgung zu erhebenden Benutzungsgebühren fest und zieht diese ein.

Nach § 1 Abs. 1 AGS in der am 16. Dezember 2014 beschlossenen und rückwirkend zum 1. Januar 2014 in Kraft gesetzten (insoweit unveränderten) Fassung – AGS 2014 – erhebt der Antragsgegner für die Inanspruchnahme der Abfallentsorgung zur Deckung der Aufwendungen Benutzungsgebühren. Dabei wird die Benutzungsgebühr für die an die Abfallentsorgung angeschlossenen Grundstücke seither gemäß § 3 Abs. 1 AGS 2014 nach einer Grundgebühr je Wohnung (Nr. 1.1) und/oder einer Grundgebühr je sonstiger Nutzungseinheit (Wohnungsgleichwert; Nr. 1.2) sowie jeweils einer Volumengebühr für Restabfälle (Nr. 1.3) und einer Volumengebühr für Bioabfälle (Nr. 1.4) bemessen. Gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2014 betrug die Grundgebühr seit ihrem rückwirkenden Inkrafttreten zum 1. Januar 2014 (§ 12 Abs. 1 AGS 2014) je Wohnung monatlich 4,98 EUR. Mit der zum 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Fassung der am 16. Dezember 2015 beschlossenen 1. Änderungssatzung – AGS 2016 – wurde die Grundgebühr in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS je Wohnung auf monatlich 5,06 EUR erhöht.

Die hier streitgegenständliche, am 16. Dezember 2016 beschlossene 2. Satzung zur Änderung der Abfallgebührensatzung vom 16. Dezember 2014 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 1. Januar 2016 – AGS 2017 – ist zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Damit wurden u. a. die Gebührensätze in § 3 Abs. 4 bis 7 AGS 2016 neu gefasst. Gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 beträgt die Grundgebühr je Wohnung ab dem 1. Januar 2017 monatlich 5,70 EUR, d. h. die monatliche Grundgebühr stieg um 0,64 EUR monatlich je Wohnung gegenüber der vorherigen Satzungsfassung.

Die 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung beruht zunächst auf der Beschlussvorlage Nr. 0107 (IV) BDs (nachfolgend: BDs 107) vom 16. November 2016 nebst 18 Anlagen, die Gegenstand der Beschlussfassung im Ausschuss für Abfallwirtschaft der Region D-Stadt vom 1. Dezember 2016, in der Sitzung des Regionsausschusses vom 6. Dezember 2016 sowie der Sitzung der Regionsversammlung vom 13. Dezember 2016 war. Die Regionsversammlung beschloss in dieser Sitzung, die Vertretung der Region D-Stadt in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes anzuweisen, die 2. Änderungssatzung der Abfallgebührensatzung in der dieser Vorlage beigefügten Fassung zu beschließen. Die Anlagen zur BDs 107 wurden zum Bestandteil des Originals der Niederschrift der Regionsversammlung erklärt. Die Verbandsversammlung des Antragsgegners beschloss in ihrer Sitzung am 16. Dezember 2016, der dortigen Beschlussvorlage Nr. B IV B 376/2016 gemäß der Weisung der Regionsversammlung zuzustimmen, und beschloss die 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung. Sie wurde unter dem 16. Dezember 2016 ausgefertigt und im gemeinsamen Amtsblatt für die Region D-Stadt und die Landeshauptstadt D-Stadt Nr. 48/2016 vom 23. Dezember 2016 bekanntgemacht.

Der Antragsteller hat am 14. Februar 2017 den Normenkontrollantrag gegen § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 erhoben. Er hat diesen Antrag mit Schriftsatz vom 15. Mai 2017 auf die 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung insgesamt erweitert, weil § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 in untrennbarem Zusammenhang mit den übrigen Regelungen der 2. Änderungssatzung stehe.

Nachdem zum 1. Januar 2020 eine neue Abfallgebührensatzung in Kraft getreten ist, mit der eine Abfallgebührensatzung vom 11. Juni 2019 und die im Normenkontrollverfahren angegriffene 2. Satzungsänderung zur Abfallgebührensatzung außer Kraft gesetzt wurden, hat der Antragsteller dem Gericht auf Nachfrage mitgeteilt, dass er das Verfahren gegen die angegriffene 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung fortführen wolle.

Zur Zulässigkeit seines aufrecht erhaltenen Normenkontrollantrages trägt der Antragsteller vor, es stehe es ihm zu, die Gültigkeit der 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung im Normenkontrollverfahren überprüfen zu lassen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners habe er sein Antragsrecht nach § 47 Abs. 2 VwGO nicht verwirkt. Er sei zwar Mitglied der Regionsversammlung, habe aber gegen die Beschlussfassung der 2. Änderungssatzung gestimmt und dies auch im Vorfeld der G. angekündigt, der er angehöre. Außerdem gehe er als Hauseigentümer gegen die 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung vor, sein Verhalten als Regionsabgeordneter stehe dem nicht entgegen.

Zur Begründung seines Normenkontrollantrages macht der Antragsteller Mängel in der Kalkulation des erhöhten Grundgebührensatzes in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 geltend. Die Festlegung des Grundgebührensatzes beruhe trotz der Erläuterungen des Antragsgegners nicht auf einer ordnungsgemäßen und nachvollziehbaren Kalkulation, insbesondere entspreche diese nicht den Vorgaben im Senatsurteil vom 12. Oktober 2012 (– 9 KN 47/10 –). Er wendet sich dabei im Einzelnen gegen die Nachvollziehbarkeit der im Text der Beschlussvorlage BDs 107 und in ihren Anlagen aufgeführten Beträge bzw. deren Zuordnung sowie gegen die Verwendung unterschiedlicher Begriffe (Kosten/Aufwand, Erträge/Erlöse/Leistungen, Vorhalte-/Bereitstellungskosten, invariable und leistungsbezogene, variable Kosten). In Anlage 7 würden „Gesamtkosten Abfallabfuhr“ angegeben, obwohl es sich nach der Beschlussvorlage um Kosten für die Abfuhr und Entsorgung handeln müsse. Zudem sei keine hinreichende Aufschlüsselung in variable und invariable Kosten vorgenommen worden. Außerdem bestünden berechtigte Zweifel, ob der Anteil der Grundgebühr an den Gesamtkosten entsprechend dem Beschluss der Regionsversammlung vom 14. Mai 2013 nur 29 % ausmache. Zudem sei diese Entscheidung der Regionsversammlung auf die Gebührenumstellung ab dem 1. Januar 2014 bezogen gewesen, betreffe aber nicht die Abfallgebühren ab dem 1. Januar 2017. Insofern habe ein neuer Beschluss gefasst werden müssen.

Die vom Antragsgegner in den Vorbemerkungen zur BDs 107 genannte Gebührenerhöhung von jährlich 18 Mio. EUR könne nicht nachvollzogen werden. Insgesamt sei die Kalkulation nicht schlüssig und weise handwerkliche Fehler auf. Insofern verweise er auf eigene Berechnungen.

Die Höhe der in der Gebührenkalkulation zu Grunde gelegten Mindestmenge als solche werde nicht bestritten. Zu hinterfragen sei jedoch, ob die Mindestmenge neben dem Wohnungsbezug nicht eine „2. Grundgebühr“ darstelle.

Ferner erschließe sich nicht, dass der Gebührenvortrag 2014 bis 2016 korrekt vorgenommen worden sei. Die Unterdeckung im Jahr 2015 in Höhe von 7,4 Mio. EUR widerspreche dem Jahresabschluss für 2015 in der Beschlussvorlage Nr. 3137, wonach sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung ein Fehlbedarf von 7,9 Mio. EUR ergebe. Aus dem Jahresabschluss 2015 folge auch, dass die Gewinn- und Verlustrechnung für 2015 einen Fehlbetrag in Höhe von 7.952 TEUR ausweise, der mit dem Gewinnvortrag des Vorjahres in Höhe 13.798 TEUR verrechnet werden solle. Dann habe für 2016 ein Gewinnvortrag von 5.846 TEUR übrigbleiben müssen.

Der Antragssteller beantragt,

die im Gemeinsamen Amtsblatt für die Region D-Stadt und die Landeshauptstadt D-Stadt vom 23. Dezember 2016 bekannt gemachte und zum 1. Januar 2017 in Kraft getretene 2. Satzung zur Änderung der Satzung des Antragsgegners über die Erhebung von Gebühren für die Abfallentsorgung in der Region D-Stadt (Abfallgebührensatzung) in der Beschlussfassung vom 16. Dezember 2016 für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er macht zunächst Zweifel an der Antragsbefugnis des Antragstellers geltend. Der Antragsteller sei Mitglied der Regionsversammlung, die über die Gebührenkalkulation beraten und entschieden habe. Er habe als Regionsabgeordneter weder im Fachausschuss von seinem Recht nach § 72 Abs. 2 NKomVG Gebrauch gemacht noch von seinem Fragerecht in der Regionsversammlung am 13. Dezember 2016. Deshalb bestünden Zweifel, ob der Antragsteller sein Antragsrecht nicht verwirkt habe. Zwar sei nicht erkennbar, ob er gegen die 2. Änderungssatzung gestimmt habe, aber es sei widersprüchlich, dass er vor der Abstimmung keine Verständnis- und Zweifelsfragen habe klären lassen, sondern dies nun durch den Senat klären lassen wolle. Daher sei die Frage zu stellen, ob das Verfahren einer rechtlichen Klärung diene oder einer fortgesetzten politischen Auseinandersetzung. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der Antragsteller gegen die Änderungssatzung gestimmt habe. Unklarheiten der Kalkulation hätten vor der Abstimmung geklärt werden können. Es sei fraglich, wie der Antragsteller habe abstimmen können, wenn er die Kalkulation nicht habe nachvollziehen können.

Jedenfalls sei der Normenkontrollantrag unbegründet. Die Satzungsänderung sei rechtmäßig und die Gebührenkalkulation entspreche höherrangigem Recht.

Die Gebührenerhöhung in der 2. Änderungssatzung beruhe auf mehreren Faktoren. Das Abfuhr- und Gebührensystem sei nicht zuletzt auf Grund der Entscheidungen des Senats vom 12. Oktober 2012 und 10. November 2014 umgestellt worden. Diese Umstellung sei zu Beginn des Jahres 2017 zwar abgeschlossen gewesen, trotzdem sei in den Folgejahren noch ein erheblicher Aufwand die Konsequenz dieser Umstellung gewesen. Weiter sei in der Kalkulation zu berücksichtigen gewesen, dass die Abfuhrlogistik sowie die Personalbesetzung auf den Wertstoffhöfen in Folge höherer Sicherheitsanforderungen habe geändert werden müssen. Außerdem hätten sich die Rohstoffpreise drastisch verringert, sodass die erwarteten Erlöse geringer ausgefallen seien als in den Vorjahren.

Die Kalkulation sei so aufgebaut, dass zwischen den Kosten für die Abfuhr und denen für die Entsorgung eine getrennte Ermittlung vorgenommen werde. Innerhalb des Abfallbetriebs gebe es übergreifende Bereiche, die nur die Entsorgung oder Abfuhr betreffen und unterschiedlich genutzt würden. Einige Kosten fielen nur in diesen unterschiedlichen Bereichen an und müssten dann intern für die Gesamtkosten verrechnet werden. Da in der Abfallgebühr aber sowohl die Kosten der Abfuhr als auch der Entsorgung enthalten seien, müssten für den Bereich der Entsorgung die ermittelten Kosten im Wege einer internen Leistungsverrechnung (ILV) der Betriebsabrechnung und Kalkulation der Abfallabfuhr hinzugerechnet werden, um die Abfallgebühr ermitteln zu können.

Daher folgten die Anlagen zur BDs 107 folgendem inneren Aufbau:

Die Anlagen 1 und 2 enthielten allgemeine Datengrundlagen, die Anlagen 3 bis 7 die Ermittlung des Gebührenbedarfs der Abfallabfuhr, die Anlagen 8 bis 12 die Kalkulation der Entsorgungskosten, die Anlagen 13 bis 15 hieraus abgeleitete Berechnungen der jeweiligen Gebührensätze, die Anlagen 16 bis 18 die Abfallgebührensatzung, die Änderungssatzung sowie eine Synopse und die Lesefassung der Abfallgebührensatzung. Die Anlagen bauten insofern aufeinander auf. Eine Durchbrechung ergebe sich bezüglich der Position „interne Leistungsverrechnung“ (ILV). Denn für die Betriebsabrechnung der Abfallabfuhr (Anlage 4) seien neben den Kosten der Abfuhr auch die Kosten der Entsorgung (ermittelt in Anlagen 8 ff.) zu berücksichtigen. Hierzu werde in der Anlage 4 u. a. eine Position „ILV“ (mit den jeweiligen Kostenstellen, z. B. Entsorgung) berücksichtigt.

Die Anlage 5 enthalte eine Darstellung der Kostenstellen für die Abfuhr 2017 bis 2019 einschließlich einer Darstellung der variablen und invariablen Anteile der jeweiligen Kostenarten (die variablen und invariablen Bestandteile entsprächen den Prozentsätzen in Anlage 3), ebenfalls mit „ILV“ für die Entsorgung.

In der Anlage 6 erfolge eine Zusammenstellung der Kostenstellen für die Hauptleistungen Restabfallabfuhr und Bioabfall. In der Anlage 7 werde der Gebührenbedarf für die grund- und leistungsbezogene Gebühr ermittelt, die auf den vorherigen Anlagen aufbaue. Der dort ausgewiesene Mittelwert für die Gebührenveranlagung werde dann in der Anlage 13 für die Berechnung der Gebühr herangezogen. Die Ermittlung der Grundgebühr ergebe sich aus dieser Anlage 13. Hierfür würden die ermittelten durchschnittlichen Gesamtkosten der Abfallabfuhr in Höhe von 142.691.828 EUR auf die privaten und gewerblichen Gebührenpflichtigen verteilt. Da die gewerblichen Gebührenpflichtigen die Leistungen des Wertstoffhofs und der Grüngutannahme nicht in Anspruch nehmen dürften, finde eine Verrechnung dieser Leistungen zwischen diesen beiden Gruppen statt. Entsprechend der Beschlusslage der Region D-Stadt werde hiervon ein Anteil in Höhe von 29 % auf die jeweiligen Gebührenpflichtigen umgelegt. Im Hinblick auf die durchschnittlich prognostizierten 557.054 Wohnungseinheiten im Gebiet des Antragsgegners ergebe sich daraus eine wohnungsbezogene Jahresgrundgebühr in Höhe von 68,41 EUR, also 5,70 EUR Grundgebühr pro Monat.

Die Kalkulation spiegele die kalkulatorischen Leitentscheidungen wieder und werde den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen gerecht. Danach sei eine gleich hohe Grundgebühr nicht zu beanstanden, wenn diese nicht mehr als 30 % der Gesamtkosten der Abfallbeseitigung abdecke. So sei es hier: Die Regionsversammlung habe mit Beschluss vom 14. Mai 2013 entschieden, dass der Anteil der Grundgebühr nicht höher sein solle als 30 % des Gesamtaufwandes. Dies werde in der maßgeblichen BDs 107 wiederholt. Richtig sei hiernach auch, dass die variablen Kosten der Sperrmüllabfuhr sowie die variablen Kosten aller übrigen Leistungen in der Kalkulation getrennt erfasst und letztlich über die Leistungsgebühr erhoben würden. Der Antragsteller verkenne, dass bei der Ermittlung der Abfallgebühren insbesondere die „interne Leistungsverrechnung Entsorgung“ (ILV Entsorgung) zu berücksichtigen sei. Dies werde in der Begründung der Beschlussvorlage auch erläutert. Die Position „ILV Entsorgung“ sei auch in der Anlage 6 enthalten; sie sei in der Anlage 12 ermittelt worden.

Zu den Verständnisfragen des Antragstellers zur Kalkulation sei anzumerken:

Die Anlage 5 baue auf der Anlage 4 auf, wo die Kostenstellengruppen einschließlich der Kosten für die Entsorgung (ILV Entsorgung) dargestellt würden. Die Anlage 8 enthalte die Betriebsabrechnung der Abfallentsorgung. Sie enthalte u. a. auch die Kosten der Deponien.

Zur hinreichenden Aufschlüsselung der variablen und invariablen Kosten, die vom Antragsteller bemängelt werde, werde darauf verwiesen, dass die Darstellung in den Anlagen 3 und 10 lediglich die verschiedenen Kostenarten und Gruppen beinhalte, für welche die Fixkostenanteile dort nicht präzise ausgewiesen worden seien. Die Anlagen 3 und 10 dienten der Grundlagenermittlung, die tatsächlichen variablen und invariablen Kosten seien in den Anlagen 5 (Abfuhr, einschließlich ILV) und 12 (Entsorgung) dargestellt.

Der Antragsteller verkenne auch den Aufbau der Anlagen 9, 10 und 12. In der Anlage 9 würden die Kostenstellen und Kostenarten Abfallentsorgung von 2017 bis 2019 fix ausgewiesen und nach der Anlage 10 prozentual je Kalkulationsjahr in variable und invariable Kosten unterteilt. In der Anlage 12 würden die in der Anlage 9 ermittelten Beträge je Kalkulationsjahr entsprechend den Abfallmengen (Anlage 11) den einzelnen Leistungsbereichen der Entsorgung zugeordnet. Der hierbei je Kalkulationsjahr ermittelte Betrag werde auf die einzelnen Leistungen (Restabfall, Bio, Sperrmüll etc.) verteilt.

Zu dem Vorwurf des Antragstellers, dass mit der Grundgebühr neben den Vorhaltekosten weitere Kosten abgedeckt werden sollten, sei darauf hinzuweisen, dass die Grundgebühr selbst nur maximal 30 % betrage und die Vorhaltekosten sehr viel höher seien (hierzu Anlage 7 zur BDs 107). Der Einwand des Antragstellers, dass die Grundgebühr mehr als 30 % der Gesamtkosten ausmache, sei unzutreffend. Die Berechnung der Grundgebühr mit dem Ergebnis, dass diese 29 % der Gesamtkosten abdecke, befinde sich in Anlage 13 zur BDs 107.

Der Anteil der variablen und invariablen Kosten werde in der BDs 107 in den Anlagen 5 (Aufteilung Kostenstellen), 6 (Aufteilung Hauptleistungen) und 7 (Zusammenfassung) dargestellt. Die Höhe, in welcher die invariablen Kosten von der Grundgebühr abgedeckt würden, ergebe sich aus Anlage 13, Seiten 1 bis 3. Damit entspreche die Kalkulation den vom Antragsteller genannten Anforderungen an eine Gebührenkalkulation.

Aus der Kalkulation ergebe sich hinlänglich die Notwendigkeit einer Gebührenerhöhung von jährlich 18 Mio. EUR. Neben einzelnen, sehr prägnanten Kostensteigerungen hätten hierzu eine Vielzahl von erwarteten Änderungen bei Kosten (z.B. tarifliche Steigerungen, Inflationsrate, Änderungen von Leistungen u. a.) und Erträgen (Marktsituationen, Konjunktur) beigetragen, was in der BDs 107 ausführlich erläutert werde. Dies sei in der Kalkulation für einen Zeitraum von drei Jahren nach bestem Wissen berücksichtigt worden.

Die personenbezogene Mindestmenge von 10 Litern pro Person sei keine zweite Grundgebühr. Insoweit werde auf das Urteil des Senats vom 10. November 2014 (– 9 KN 316/13 –) verwiesen. Bei der Mindestmenge handele es sich um eine Bemessungsgröße für die Erhebung einer Volumengebühr für die Restabfallentsorgung nach dem Behältervolumen. Das Abstellen auf ein Mindestbehältervolumen bedeute nicht, dass eine Mindestgebühr erhoben werde. Die von der Mindestmenge erfassten Personen ergäben sich aus der Anlage 1, die Behälter mit ihren Volumina nebst Leerungshäufigkeit und der dadurch erzielten Einnahmen ergäben sich aus Anlage 13.

Auf die richterliche Hinweis- und Aufklärungsverfügung vom 12. Februar 2019 hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 12. April 2019 u. a. eine Nachberechnung der Kalkulationszeiträume 2014, 2015 und 2016 nebst Übersicht der (ungewollten) Über- und Unterdeckungen vorgelegt (dortige Anlage 5) und ergänzend erläutert, dass den Jahren 2014 und 2015 eine zweijährige Kalkulationsperiode zu Grunde gelegen habe. Ende 2015 sei ein Gebührensatz für einen nur einjährigen Kalkulationszeitraum (2016) beschlossen worden. Als vor Ablauf dieses einjährigen Kalkulationszeitraums 2016 die Gebührensätze für die Jahre 2017 – 2019 beschlossen worden seien, habe es folglich nur eine auszugleichende Unterdeckung gegeben, die ausschließlich aus dem einjährigen Kalkulationszeitraum 2016 hergerührt habe, bis 2019 ausgleichsfähig gewesen und in der Gebührenkalkulation für 2017 – 2019 berücksichtigt worden sei.

Auf eine weitere richterliche Hinweisverfügung vom 28. April 2022 hat der Antragsgegner die bereits vorgelegte Nachberechnung von (ungewollten) Über- und Unterdeckungen aus den Kalkulationszeiträumen 2014/2015 und 2016 in der mündlichen Verhandlung nochmals näher erläutert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag des Antragstellers hat Erfolg. Er ist zulässig (hierzu unter 1.) und begründet, weil die in der angegriffenen 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung des Antragsgegners enthaltene Regelung des Grundgebührensatzes von 5,70 EUR monatlich je Wohnung in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 nicht mit höherrangigem Recht vereinbar ist und aufgrund des untrennbaren Gesamtzusammenhangs dieser Satzungsbestimmung mit den übrigen Satzungsregelungen die 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung insgesamt gemäß § 47 Abs. 5 VwGO für unwirksam zu erklären ist (hierzu unter 2.).

1. Der statthafte Normenkontrollantrag des Antragstellers ist zulässig.

Dem steht nicht entgegen, dass insbesondere der in der 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung enthaltene und vom Antragsteller angegriffene Grundgebührensatz in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 mit dem Inkrafttreten der neuen, am 18. Dezember 2019 beschlossenen und zum 1. Januar 2020 in Kraft gesetzten Abfallgebührensatzung aufgehoben worden ist. Zwar geht § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von dem Regelfall der noch geltenden Rechtsvorschrift aus. Ist die angegriffene Norm während der Anhängigkeit des Normenkontrollantrags außer Kraft getreten, bleibt dieser aber zulässig, wenn der Antragsteller weiterhin geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt (worden) zu sein. Dieses Ergebnis folgt unmittelbar aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Einer entsprechenden Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bedarf es nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 – 7 CN 1.03 – juris Rn. 13). Folglich bleibt ein Normenkontrollantrag auch nach Außer-Kraft-Treten der angegriffenen Norm weiter zulässig, wenn diese Norm noch Rechtswirkungen entfaltet. Dies wiederum ist etwa der Fall, wenn über in der Vergangenheit liegende Sachverhalte noch nach der außer Kraft getretenen Vorschrift zu entscheiden ist, z. B. weil noch über die Rechtmäßigkeit eines gegenüber dem Antragsteller ergangenen, noch nicht bestandskräftigen Gebührenbescheides zu entscheiden ist (vgl. NdsOVG, Urteil vom 8.12.2005 – 8 KN 123/03 – juris Rn. 18; ebenso Senatsurteil vom 2.11.2000 – 9 K 2785/98 – juris Rn. 6). Da der gegenüber dem Antragsteller erlassene Gebührenbescheid vom 9. Januar 2017 für das Jahr 2017 und die Folgejahre aufgrund der noch anhängigen Klage beim Verwaltungsgericht Hannover (– 19 A 1416/17 –) noch nicht bestandskräftig ist, hängt seine Rechtmäßigkeit von der Gültigkeit u. a. des Grundgebührensatzes in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 ab. Diese Regelung entfaltet somit noch Rechtswirkungen, und der Normenkontrollantrag bleibt zulässig. Nach der vorgenannten Rechtsprechung kann der Antragsteller auch weiterhin beantragen, die 2. Änderungssatzung zur AGS für unwirksam zu erklären, und brauchte seinen Antrag nicht darauf umstellen, nur festzustellen, dass sie unwirksam gewesen ist (auch insoweit NdsOVG, Urteil vom 8.12.2005, a. a. O., Rn. 18 und Senatsurteil vom 2.11.2000, a. a. O., Rn. 6; a. A. wohl BayVGH, Urteil vom 21.12.2012 – 2 N 10.230 – juris Rn. 17 ff.; vgl. auch Panzer in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht VwGO, Band 1, Stand: 42. Erg.Lfg. Februar 2022, § 47 Rn. 16).

Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, da er als gebührenpflichtiger Eigentümer eines Grundstücks im Geltungsbereich der angegriffenen 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung zu deren Adressatenkreis gehört und zu Abfallgebühren herangezogen wird (siehe den Gebührenbescheid vom 9.1.2017; vgl. entsprechend das Senatsurteil vom 10.11.2014 – 9 KN 316/13 – juris Rn. 33).

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist für die Antragsbefugnis unerheblich, ob und ggfs. wie der Antragsteller in seiner Funktion als Abgeordneter der Regionsversammlung der Region D-Stadt bei der Beschlussfassung über die 2. Änderungssatzung abgestimmt hat, und ob er in diesem Zusammenhang die mit der Beschlussvorlage vorgelegte Gebührenkalkulation als nicht nachvollziehbar gerügt hat. Zwar ist dem Antragsgegner darin beizupflichten, dass ein Normenkontrollverfahren gegen eine Abgabensatzung nicht der Fortsetzung einer politischen Auseinandersetzung durch Mitglieder einer bei der Abstimmung über den Beschluss der Satzung unterlegenen Fraktion dient. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind aber keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Deshalb genügt es, wenn ein Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem eigenen subjektiven Recht verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt daher – negativ formuliert – nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 28.3.2019 – 5 CN 1.18 – juris Rn. 11 m. w. N.). Hier folgt die Antragsbefugnis – wie zuvor ausgeführt – aus der möglichen Verletzung der subjektiv-öffentlichen Rechte des Antragstellers als gebührenpflichtiger Grundstückseigentümer und nicht als Mitglied der Regionsversammlung.

Eine Verwirkung der Antragsbefugnis des Antragstellers als Gebührenpflichtiger durch sein Verhalten als Regionsabgeordneter bei der Beschlussfassung der Satzung kommt nicht in Betracht, zumal die entscheidende Abstimmung über die 2. Änderungssatzung nicht durch die Regionsversammlung erfolgte, sondern durch die Verbandsversammlung des Antragsgegners. Dieser gehört der Antragsteller nicht an. Zwar kann auch im Normenkontrollverfahren die Antragsbefugnis im Einzelfall verwirkt sein (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 23.1.1992 – 4 NB 2.90 – juris Rn. 14; NdsOVG, Urteil vom 14.7.1997 – 6 K 7559/95 – juris Rn. 9; zur Verwirkung vor der Geltung der mit dem 6. VwGOÄndG zum 1.1.1997 eingeführten Antragsfrist in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO: NdsOVG, Beschluss vom 26.7.1990 – 3 C 12/88 – NuR 1991, 192; OVG RP, Urteil vom 7.6.1983 – 10 C 26/82 – AS RP-SL 18, 159). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegt die Ausübung prozessualer Rechte den Geboten von Treu und Glauben, und deshalb kann die Befugnis zur Anrufung der Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. Nach dieser Rechtsprechung darf wegen Verwirkung nicht mehr in die Prüfung eines Normenkontrollantrages eingetreten werden, wenn sich der Antragsteller dadurch, dass er zur Durchsetzung eines geltend gemachten Rechts das Gericht anruft, zu seinem eigenen früheren Verhalten in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch setzt (vgl. etwa OVG SH, Urteil vom 19.6.1997 – 1 K 21/95 – juris Rn. 50 f. unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 18.12.1989 – 4 NB 14.89BRS 49 Nr. 42). Danach kommt eine Verwirkung des Antragsrechts nach § 47 Abs. 2 VwGO etwa dann in Betracht, wenn der Antragsteller zunächst die ihm günstigen Festsetzungen eines Bebauungsplanes ausnutzt und sich erst dann gegen die ihm ungünstigen Festsetzungen wendet oder wenn sich die Antragsteller zunächst mit der vom Bebauungsplan vorgesehenen wegemäßigen Erschließung zufriedengegeben haben und erst später eine bessere Erschließung fordern. Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang aber auch darauf hingewiesen, dass einem Antragsteller mit der Verwirklichung einer ihm – unter Umständen rechtswidrig – erteilten Baugenehmigung nicht generell die Möglichkeit abgeschnitten werden könne, seine weitergehenden Interessen später im Wege eines gegen den Bebauungsplan gerichteten Normenkontrollverfahrens durchzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.1.1992, a. a. O., Rn. 14).

Vor diesem Hintergrund hat der Antragsteller sein Antragsrecht nicht verwirkt, weil er sich durch seinen Normenkontrollantrag als gebührenpflichtiger Hauseigentümer nicht in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch zu seinem Abstimmungsverhalten als Regionsabgeordneter setzt. Beiden Vorgängen liegen völlig unterschiedliche Interessen zugrunde. Während der Antragsteller mit seinem Normenkontrollantrag seine eigenen subjektiv-öffentlichen Rechte als Gebührenpflichtiger verfolgt, üben gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 NKomVG die Mitglieder der kommunalen Vertretung ihre Tätigkeit im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl geleiteten Überzeugung aus, wobei sie unter bestimmten Umständen bei unmittelbaren Vor- oder Nachteilen an einer Abstimmung gehindert sind (zum Mitwirkungsverbot: § 41 Abs. 1 NKomVG). Der Antragsgegner kann daher aus dem Verhalten eines gewählten Abgeordneten in einer kommunalen Vertretung im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über eine kommunale Abgabensatzung keine Rückschlüsse auf dessen Ausübung prozessualer Rechte als Privatperson ziehen.

Der Normenkontrollantrag ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben. Der Antragsteller hat den Ausgangsantrag gegen § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO am 14. Februar 2017 und somit innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der AGS 2017 am 23. Dezember 2016 gestellt. Auch die Erweiterung des Antrags mit Schriftsatz vom 15. Mai 2017 auf die 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung insgesamt ist innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntmachung der AGS 2017 erfolgt und nach rügeloser Einlassung des Antragsgegners als Klageänderung gemäß § 91 VwGO zulässig (vgl. etwa Senatsurteil vom 3.5.2021 – 9 KN 162/17 – juris Rn. 98, 100).

2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die am 16. Dezember 2016 von der Verbandsversammlung des Antragsgegners beschlossene 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung weist zwar keine vom Antragsteller geltend gemachten oder für den Senat ersichtlichen Form- oder Verfahrensfehler auf. Sie ist jedoch unwirksam, weil der vom Antragsteller angegriffene Grundgebührensatz von 5,70 EUR monatlich je Wohnung in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 gegen höherrangiges Recht verstößt und dies die Unwirksamkeit der 2. Änderungssatzung insgesamt zur Folge hat.

Zum Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren gilt nach der Senatsrechtsprechung Folgendes: Bei der Prüfung der Begründetheit des Normenkontrollantrags ist der Senat nicht auf die vom Antragsteller geltend gemachten Mängel beschränkt. Er kann demgemäß die angegriffene Satzung auch aus Gründen als rechtsfehlerhaft ansehen, welche der Antragsteller nicht vorgetragen hat (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2001 – 4 BN 21.01 – juris Rn. 12 f.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich nicht um eine „ungefragte Fehlersuche“ handelt, weil der Fehler sich schon bei Durchsicht der angefochtenen Satzungen aufdrängt (vgl. Senatsurteile vom 3.5.2021 – 9 KN 162/17 – juris Rn. 102 und vom 16.2.2016 – 9 KN 288/13 – juris Rn. 14 unter Bezug auf BVerwG, Urteil vom 17.4.2002 – 9 CN 1.01 – juris Rn. 43 f.).

Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs ist die vom Antragsteller angegriffene Regelung des Grundgebührensatzes von 5,70 EUR monatlich je Wohnung in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 unwirksam. Die Festlegung einer monatlichen Grundgebühr je Wohnung steht zwar in Einklang mit den satzungsrechtlichen Vorgaben des Antragsgegners über die Erhebung von Grund- und Leistungsgebühren im Verbandsgebiet und ist als solche nicht zu beanstanden (hierzu unter a). Der Grundgebührensatz beruht jedoch auf einer Kalkulation, die den landesrechtlichen Vorgaben des § 12 NAbfG i. V. m. § 5 NKAG nicht entspricht (hierzu unter b). Aufgrund des untrennbaren Gesamtzusammenhangs, in dem die unwirksame Regelung des Grundgebührensatzes in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 mit den übrigen Regelungen in der 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung des Antragsgegners steht, ist diese Änderungssatzung insgesamt unwirksam (hierzu unter c).

a) Die Festlegung einer monatlichen Grundgebühr je Wohnung in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 folgt den satzungsrechtlichen Vorgaben des Antragsgegners über die Erhebung von Grund- und Leistungsgebühren nach der rückwirkend zum 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Abfallgebührensatzung (AGS 2014) und ist als solche nicht zu beanstanden.

Nach § 3 AGS 2014 werden die Benutzungsgebühren für die an die Abfallentsorgung angeschlossenen Grundstücke nach einer Grundgebühr je Wohnung (Nr. 1.1) und/oder einer Grundgebühr je sonstiger Nutzungseinheit (Nr. 1.2) sowie einer Volumengebühr für Restabfälle (Nr. 1.3) und einer weiteren Volumengebühr für Bioabfälle (Nr. 1.4) bemessen. Die Aufspaltung der Abfallbenutzungsgebühr in eine nutzungsabhängige Volumengebühr und eine die Vorhalteleistung abbildende Grundgebühr ist gemäß § 12 Abs. 6 Satz 3 NAbfG und § 5 Abs. 4 NKAG zulässig und grundsätzlich nicht zu beanstanden (hierzu das Senatsurteil vom 12.10.2012 – 9 KN 47/10 – juris Rn. 44 ff.). Der Antragsgegner hat mit der Neuregelung der Benutzungsgebühren in § 3 AGS 2014 auf die Senatsrechtsprechung reagiert und die vom Senat beanstandete unterschiedliche Ausgestaltung der Abfallentsorgungsgebühren innerhalb der einheitlichen öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung für die Behälterabfuhr einerseits (ohne Grundgebühren) und die Sackabfuhr andererseits (mit Grundgebühren) abgeschafft.

Der Antragsgegner hat in § 3 Abs. 4 AGS 2017 auch zulässig in eine wohnungsbezogene Grundgebühr (Nr. 4.1) und in eine Grundgebühr für sonstige Nutzungseinheiten (Nr. 4.2) unterschieden, obwohl er hierzu rechtlich nicht verpflichtet war. Denn eine Differenzierung der Grundgebühr nach unterschiedlichen Benutzergruppen kann entfallen, wenn der Anteil der Grundgebühr – wie hier – weniger als 30 % der Gesamtkosten ausmacht (hierzu das Senatsurteil vom 10.11.2014 – 9 KN 316/13 – juris Rn. 75, 76). Die dennoch vorgenommene Differenzierung der Grundgebührensätze in eine wohnungsbezogene und eine auf sonstige, gewerbliche Nutzungseinheiten bezogene Grundgebühr beruht nach dem Text der BDs 107 (S. 8) und der Anlage 13 auf dem Umstand, dass die in den Gesamtkosten enthaltenen Sonderleistungen für die Nutzung der Wertstoffhöfe und der Grüngutannahme nur Privathaushalten zur Verfügung stehen, eine Nutzung durch Gewerbebetriebe aber nicht zulässig ist. Dies entspricht den Regelungen in §§ 18 Abs. 3, 19 Abs. 7, 20 Abs. 3, 22 Abs. 5 AS. Die rechnerisch auf den Anteil der gewerblichen Gebührenzahler entfallenden Kostenanteile sind dort abgezogen und auf die privaten Nutzer umgelegt worden, wodurch für die sonstigen Nutzungseinheiten/gewerblichen Nutzer eine gesonderte (geringere) Grundgebühr ermittelt wurde. Dies ist weder vom rechtlichen Ansatz her noch vom dargestellten Rechenweg in Nr. 2.2 der Anlage 13 zu beanstanden. Einwände hiergegen hat der Antragsteller auch nicht erhoben.

b) Der in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 festgelegte Grundgebührensatz je Wohnung beruht jedoch nicht auf einer Gebührenkalkulation, die den landesrechtlichen Vorgaben gemäß § 12 NAbfG i. V. m. § 5 NKAG für die Kalkulation von Abfall(grund-)gebühren entspricht.

Nach der Senatsrechtsprechung setzt die Festlegung des (Grund-)Gebührensatzes einer Abfallgebühr gemäß § 12 Abs. 6 Satz 3 NAbfG und § 5 Abs. 4 NKAG eine Gebührenkalkulation voraus, die der Ermittlung der zulässigen Gebührensatzobergrenze innerhalb des Kalkulationszeitraums dient. Sie muss die rechtlichen Anforderungen, die das Niedersächsische Abfallgesetz und das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz an eine Gebührenkalkulation stellen, erfüllen und fällt formell in die Kompetenz des Kreistags bzw. – wie hier – der Verbandsversammlung eines Zweckverbandes (vgl. Senatsurteil vom 12.10.2012 – 9 KN 47/10 – juris Rn. 48). Das bedeutet, dass der Satzungsgeber die Gebührensätze nur auf der Grundlage einer Kalkulation, die er sich zu eigen macht, ermessensfehlerfrei durch Satzung festlegen kann. Aus der Gebührenkalkulation müssen sich dabei die Gründe für die Festlegung der Gebührensätze ergeben. Das setzt voraus, dass die Kalkulation die kalkulatorischen Leitentscheidungen widerspiegelt (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsurteile vom 3.5.2021 – 9 KN 162/17 – juris Rn. 239; vom 24.9.2013 – 9 LB 22/11 – juris Rn. 41; vom 12.10.2012, a. a. O., Rn. 48 f.; vom 22.6.2009 – 9 LC 409/06 – juris Rn. 27; vom 20.1.2000 – 9 K 2148/99 – juris Rn. 5; vom 13.11.1990 – 9 K 11/89 – juris Rn. 55 ff.).

Eine diesen Anforderungen entsprechende Gebührenkalkulation setzt auf der ersten Stufe voraus, dass für den ein- oder mehrjährigen Kalkulationszeitraum die ansatzfähigen Kosten der öffentlichen Einrichtung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG i. V. m. § 12 Abs. 2 – 5 NAbfG ermittelt werden (vgl. etwa die Senatsurteile vom 3.5.2021 – 9 KN 162/17 – juris Rn. 239 und vom 12.10.2012 – 9 KN 47/10 – juris Rn. 48). Dies verlangt in einem ersten Schritt die Ermittlung der nach den genannten Vorschriften ansatzfähigen Kosten, die voraussichtlich in dem gewählten Kalkulationszeitraum für die gebührenpflichtigen Leistungen entstehen werden (= Vorauskalkulation). Insofern sind in die ansatzfähigen Kosten diejenigen Kosten einzustellen, die sich als nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermittelnde Kosten der öffentlichen Einrichtung erweisen. Auszusondern sind diejenigen Kosten, die nicht durch die gebührenpflichtige Leistungserstellung bedingt sind, sei es, weil es sich um Kosten von Leistungen an andere Verwaltungseinheiten oder weil es sich um Kosten für sonstige sachfremde Leistungen handelt (zu letzterem: Senatsurteil vom 3.5.2021, a. a. O., Rn. 242). Sodann ist in einem zweiten Schritt durch eine Nachberechnung zu ermitteln, ob in vergangenen Kalkulationszeiträumen Über- oder Unterdeckungen entstanden sind, die gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG im künftigen Kalkulationszeitraum ausgeglichen werden müssen oder sollen und deshalb zusätzlich in die Kalkulation einzubeziehen wären. Schließlich sind auf der zweiten Stufe die umlagefähigen Kosten nach Maßgabe des in der Satzung vorgesehenen gültigen Gebührenmaßstabs auf alle Benutzer der Einrichtung leistungsgerecht zu verteilen, wobei die satzungsrechtlich ermittelten Maßstabseinheiten zugrundezulegen sind (vgl. Senatsurteile vom 16.7.2015 – 9 LB 117/12 – juris Rn. 26; vom 12.10.2012, a. a. O., Rn. 48 f.; vom 27.6.2011 – 9 LB 168/09 – juris Rn. 21 m. w. N.).

Die Kalkulation einer Benutzungsgebühr, die – wie hier – neben einer Leistungsgebühr auch eine Grundgebühr umfasst, erfordert jeweils eine gesonderte Gebührenkalkulation für die Grundgebühr einerseits und die Leistungsgebühr(en) andererseits, die erkennen lässt, wie hoch der Anteil der variablen und der invariablen Kosten (sog. Fixkosten) an den veranschlagten Gesamtkosten ist und in welcher Höhe die invariablen Kosten über die Grundgebühr abgedeckt werden sollen. Denn unter einer Grundgebühr ist eine Benutzungsgebühr zu verstehen, die für die Inanspruchnahme der Lieferungs- bzw. Betriebsbereitschaft einer Einrichtung erhoben wird. Mit ihr sollen die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (Fixkosten) ganz oder teilweise abgegolten werden. Dazu rechnen etwa die Kosten für das Vorhalten von Fahrzeugen, die Kosten für Abfallbehälter und Mülldeponien, Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten, kalkulatorische Kosten (Abschreibungen, Zinsen), Verwaltungskosten und insoweit anteilig Personalkosten. Diese Kosten dürfen ganz oder teilweise bei der Aufwandsermittlung berücksichtigt werden. Nicht hingegen dürfen in die Kalkulation der Grundgebühr abfallmengenabhängige, sogenannte variable Kosten eingestellt werden. Dies gilt auch in den Fällen einer Quersubventionierung nach § 12 Abs. 5 NAbfG. Nach dieser Vorschrift (früher: § 12 Abs. 4 NAbfG) können die Aufwendungen für die Entsorgung getrennt überlassener Abfälle – wie etwa Sperrabfall – einbezogen werden in die Ermittlung der Aufwendungen für die Entsorgung ungetrennt überlassener Abfälle, also der Restabfälle. Nicht darin enthalten ist jedoch die Ermächtigung des Trägers der Abfallentsorgungseinrichtung, variable, also abfallmengenabhängige Kosten der nicht über einen getrennten Gebührensatz refinanzierten Teilleistungsbereiche in die Kalkulation der Grundgebühr einzustellen. Vielmehr ist hinsichtlich jedes Teilleistungsbereichs der Fixkostenanteil nachvollziehbar zu bestimmen. Nur dieser Teil der Kosten kann dann (ganz oder teilweise) den sog. Fixkosten zugeordnet und über die Grundgebühr als Teil der einheitlichen Abfallgebühr abgerechnet werden (vgl. auch hierzu die Senatsurteile vom 12.10.2012 – 9 KN 47/10 – juris Rn. 49 und vom 27.6.2011 – 9 LB 168/09 – juris Rn. 21 m. w. N.).

Vorliegend beruht die Regelung des Grundgebührensatzes von 5,70 EUR monatlich je Wohnung in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 auf einer Gebührenkalkulation, die in der Beschlussdrucksache Nr. B IV B 376/2016, die der Verbandsversammlung des Antragsgegners als Grundlage für ihre Beschlussfassung am 16. Dezember 2016 vorlag, eingehend textlich dargestellt ist. Diese Beschlussvorlage entspricht inhaltlich der BDs 107, die der Beschlussfassung der Regionsversammlung und der von dieser erteilten Weisung in der Sitzung vom 13. Dezember 2016 zugrunde lag. Beide Beschlussvorlagen nehmen wegen der Details der Gebührenkalkulation auf die Anlagen zur BDs 107 Bezug. Wegen der inhaltlichen Entsprechung beider Beschlussvorlagen, der Bezugnahme auf die Details in den Anlagen zur BDs 107 und wegen des ausschließlich auf die BDs 107 bezogenen Vortrags der Beteiligten wird in den nachfolgenden Ausführungen auf diese abgestellt.

Die sich aus den vorgenannten Unterlagen ergebende Gebührenkalkulation entspricht im Ergebnis nicht den dargestellten landesrechtlichen Vorgaben. Sie ist zwar zulässig auf einen mehrjährigen Kalkulationszeitraum von drei Jahren bezogen, spiegelt die kalkulatorischen Leitentscheidungen der Verbandsversammlung des Antragsgegners wieder und ist entgegen der Auffassung des Antragstellers hinsichtlich des Rechenwerks für die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen im Rahmen der Vorauskalkulation ansatzfähigen Kosten gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG unter Beachtung der besonderen Maßgaben des § 12 Abs. 2 – 8 NAbfG nachvollziehbar (hierzu unter aa). Die Kalkulation des Grundgebührensatzes in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 verstößt jedoch gegen höherrangiges Recht, weil die gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG ausgleichspflichtigen bzw. -fähigen Über- bzw. Unterdeckungen aus den vorhergehenden Kalkulationszeiträumen 2014/2015 sowie 2016 nicht den landesgesetzlichen Vorgaben entsprechend ermittelt und in der Kalkulation berücksichtigt worden sind, sodass der Satzungsgeber bei der Beschlussfassung über die Gebührensätze die wirkliche Höhe der in der Gebührenkalkulation für 2017 – 2019 ausgleichspflichtigen bzw. -fähigen Über- oder Unterdeckungen nicht kannte (hierzu unter bb). Dieser Fehler in der Entscheidungsfindung führt dazu, dass es an einer wirksamen Festlegung nicht nur des streitigen Grundgebührensatzes in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 fehlt, sondern auch aller anderen Gebührensätze in der 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung für den Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 (hierzu unter cc).

aa) Soweit es die auf der ersten Stufe der Gebührenkalkulation in einem ersten Schritt zu erstellende Vorauskalkulation für die im Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 voraussichtlich anfallenden Kosten für die Abfallabfuhr und -entsorgung betrifft, hat die Verbandsversammlung des Antragsgegners in der Beschlussdrucksache Nr. B IV B 376/2016 entsprechend der Beschlussdrucksache BDs 107 die maßgeblichen Erwägungen für die Gebührenkalkulation textlich und durch die Verweisung auf die Details in den dazugehörigen Anlagen der BDs 107 auch rechnerisch dargestellt.

Aus diesen Ausführungen und den nachträglichen Erläuterungen des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung des Senats können die Leitlinien der Gebührenkalkulation für die Vorauskalkulation der Jahre 2017 – 2019 nachvollzogen werden.

Der Grundgebührensatz in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 ist ebenso wie die weiteren Gebührensätze der 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung für einen dreijährigen Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 kalkuliert (S. 4, 5 ff. BDs 107). Dies entspricht der zeitlichen Regelbegrenzung auf drei Jahre in § 5 Abs. 2 Satz 2 NKAG (hierzu etwa Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 66. Erg.Lfg. März 2022, § 6 Rn. 726 b) und ist nicht zu beanstanden.

Die Berechnung der Grundgebührensätze ergibt sich aus Anlage 13, Nr. 1.1 und 1.3. Dabei ist nach dem Text der BDs 107 als jährlicher Mittelwert für den dreijährigen Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 ein pauschaler Anteil von 29 % der ermittelten ansatzfähigen Gesamtkosten der Abfallabfuhr und -entsorgung (142.691.828 EUR) als durch die Grundgebühr zu decken in Ansatz gebracht worden (= 41.380.630 EUR).

Dieser jährliche Mittelwert der Gesamtkosten von 142.691.828 EUR ergibt sich aus der Berechnung in Anlage 7 (= Zeile Gebührenbedarf). Hierfür wurden die in der Zeile „Gesamtkosten der Abfallabfuhr“ erwarteten Gesamtkosten der Jahre 2017 bis 2019 addiert (136.707.969,99 EUR für 2017 + 141.632.094 EUR für 2018 und 147.809.026,13 EUR für 2019). Daraus folgt ein (nicht in Anlage 7 ausdrücklich aufgeführter) Gesamtbetrag von 426.149.090,12 EUR für die drei Kalkulationsjahre 2017 – 2019, der bei einer Teilung durch drei Jahre den in der Zeile „Gesamtkosten der Abfallabfuhr“ genannten jährlichen Mittelwert von 142.049.696,71 EUR ergibt. Von diesem Mittelwert hat der Antragsgegner für die Ermittlung des Gebührenbedarfs der Grund- und Behältergebühren den Mittelwert der prognostizierten Einnahmen aus speziellen oder sonstigen Gebühren (außer Behältergebühren für Restmüll und Bioabfall) von 1.278.413 EUR abgezogen (Zwischensumme: 140.771.284 EUR) und hat zu dieser Zwischensumme schließlich den Mittelwert der seines Erachtens auszugleichenden Unterdeckung aus vorherigen Kalkulationszeiträumen (Zeile „Ausgleich Gebührenvortrag aus 2016“) in Höhe von 1.920.544 EUR addiert, sodass er auf über Grund- und Behältergebühren zu deckende Gesamtkosten (= Zeile Gebührenbedarf) in Höhe von 142.691.828 EUR kam.

Die in Anlage 7 genannten „Gesamtkosten der Abfallabfuhr“ für 2017 – 2019 sind übernommen aus der Kostenzusammenstellung in dem Betriebsabrechnungsbogen in Anlage 4 zur BDs 107.

Die Anlage 4 enthält ungeachtet der missverständlichen Bezeichnung in der Anlagenübersicht (S. 17 BDs 107) als „Betriebsabrechnung Abfallabfuhr“ alle Erträge und Kosten (hier bezeichnet als Aufwendungen) der Abfallentsorgungseinrichtung des Antragsgegners sowie das daraus abgeleitete betriebswirtschaftliche Jahresergebnis (= Ergebnis BAB), unterteilt in die Bereiche „Prognose 2016“, „Plan 2017“, „Hochrechnung 2018“ und „Hochrechnung 2019“. In den oberen vertikalen Zeilen finden sich jeweils die Gebühreneinnahmen und sonstigen Einnahmen (bezeichnet als Erträge/Erlöse) sowie ihre Summe (jeweils versehen mit Minuszeichen), von denen in den nachfolgenden Zeilen zunächst die (ohne Minuszeichen aufgeführten) Kosten der Abfallabfuhr, unterteilt in verschiedene Kostenarten, abgezogen werden. Nach der Zwischensumme aus Erträgen abzüglich Aufwendungen folgen in den weiteren Zeilen jeweils unter der Bezeichnung „ILV“ (unterteilt nach Kostenarten) die Kosten der Abfallentsorgung, die als interne Leistungsverrechnung (= ILV) aus den angesetzten Kosten für diesen Bereich laut der Betriebsabrechnung der Abfallentsorgung (Anlagen 8 ff.) in die Gesamtkostenaufstellung in Anlage 4 übernommen wurden, zzgl. in Ansatz gebrachter Umlagen (= Ergebnis ILV + Umlagen). Nach einer erneuten Zwischensumme in der Zeile „Ergebnis Sparten“, die das Ergebnis der Gesamterträge abzgl. der bisher aufgeführten Gesamtkosten wiedergibt, werden in den nachfolgenden Zeilen noch die kalkulatorischen Kosten für Abschreibungen und Zinsen angegeben und abgezogen.

Allerdings fehlt in den Betriebsabrechnungsbögen in Anlage 4 eine Zeile über die Zwischensumme der ansatzfähigen Gesamtkosten/Aufwendungen, wie sie sich aus der Addition aller zuvor aufgeführten Kostenarten ergibt. Stattdessen wird sogleich in der Zeile „Ergebnis (BAB)“ das rechnerische Ergebnis aus den (mit Minuszeichen versehenen) Erträgen abzüglich der Kosten/Aufwendungen angegeben. Addiert man allerdings die in Anlage 4 jeweils angegebenen Aufwendungen in den Bereichen Plan 2017, Hochrechnung 2018 und Hochrechnung 2019, zieht von den daraus folgenden Gesamtkosten jeweils Einnahmen aus sonstigen Gebühren ab und addiert den vom Antragsgegner angesetzten Ausgleich einer angenommenen Unterdeckung aus 2016, ergibt dies den in den Anlagen 7 und 13 angegebenen Betrag der gebührenfähigen Gesamtkosten von 142.691.828 EUR als Basis für die Berechnung des Kostenanteils von 29 % für die Grundgebührensätze. Der in Anlage 13 zugrunde gelegte Betrag der voraussichtlichen gebührenfähigen Gesamtkosten und insoweit die Vorauskalkulation für den Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 ist somit rechnerisch nachvollziehbar ermittelt. Zu den Einzelheiten wird auf die nachfolgende, den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausgehändigte, eingehend erörterte und von den Vertretern des Antragsgegners bestätigte tabellarische Übersicht über den Rechenweg verwiesen:

Plan 2017

Hochrechnung 2018

Hochrechnung 2019

Summe Aufwendungen (aus Bereich Abfuhr)

59.976.270

62.244.631

65.388.150

Summe ILV + Umlagen

79.036.437

82.732.990

85.757.085

Kalk. Abschreibungen

8.766.394

8.766.394

8.766.394

Kalk. Zinsen

779.980

789.190

798.508

Summe der Aufwendungen nach eigener Berechnung (nicht in Anlage 4 enthalten):

= 148.559.081

= 154.533.205

= 160.710.137

Abzgl.
Sonstige Umsatzerlöse
Aus Anlage 4

- 10.617.569

- 11.667.569

- 11.667.569

Abzgl. Sonstige Erträge
Aus Anlage 4

- 1.233.542

- 1.233.542

- 1.233.542

= Gesamtkosten
= Gebührenbedarf in Anlage 4

136.707.970

141.632.094

147.809.026

Abzgl. jährliche Einnahmen aus sonstigen Gebühren (Anlagen 7, 14)

- 1.278.413

- 1.278.413

- 1.278.413

= Zwischensumme ansatzfähiger Gesamtkosten

135.429.557

140.353.681

146.530.613

Zzgl. Ausgleich Unterdeckung aus 2016

+ 1.920.544

+ 1.920.544

+ 1.920.544

= insgesamt kalkulierte Gebühreneinnahmen
für Grund- und Behältergebühren ohne sonstige Gebühren
(= 1. Zeile in Anlage 4 *;
= Zeile Gebührenbedarf in Anlage 7)

137.350.101

142.274.225

148.451.157

 Mittelwert 2017 – 2019
= jährlicher Gebührenbedarf im Kalkulationszeitraum

 428.075.483
: 3
= 142.691.827,67

Die Rügen des Antragstellers, wonach die Gebührenvorauskalkulation aus verschiedenen Gründen nicht nachvollziehbar sei, haben demgegenüber keinen Erfolg.

(1) Soweit der Antragsteller pauschal vorträgt, es genüge nicht, mit großen Datenmengen und Tabellen zu jonglieren, die Zahlen der Kalkulation seien nicht nachvollziehbar oder wegen fehlender Strukturierung, Übersichtlichkeit und Nachprüfbarkeit nicht zuzuordnen, z. B. hinsichtlich der internen Verrechnungen und wegen der Zusammenfassung von Teilleistungsbereichen, ist dies nicht hinreichend substantiiert und zudem durch die vorherigen Ausführungen zur Nachvollziehbarkeit des Rechenweges der Gebührenkalkulation widerlegt.

Die Kalkulation von Gebühren einer öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung mit einem so großen Einzugsbereich wie dem des Antragsgegners, in der nicht nur Gebühren als Grund- und Volumengebühren für die Entsorgung von Rest- und Bioabfällen erhoben werden (§ 3 AGS 2017), sondern u. a. auch Zusatzgebühren für Sonderleerungen (§ 3 Abs. 7 AGS 2017), Sonderaufstellungen (§ 3 Abs. 8 AGS 2017), den Austausch von Abfallbehältern (§ 3 Abs. 9 AGS 2017) oder die Reinigung von Abfallbehältern (§ 3 Abs. 10 AGS 2017) sowie eine Vielzahl von Sondergebühren (§§ 4 – 9 AGS 2017), für die die anteiligen Kosten jeweils auszusondern bzw. gesondert zu kalkulieren sind, ist schon von der Natur der Sache her komplex. Die Kalkulation für eine Abfallentsorgungseinrichtung hat außerdem gemäß § 12 Abs. 1 ff. NAbfG i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG alle nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten zu ermitteln, soweit sie der Wahrnehmung der abfallwirtschaftlichen Aufgabe zuzuordnen sind, unter Einbeziehung der in § 12 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 – 5 NAbfG genannten Aufwendungen, was ebenfalls die Durchschaubarkeit für den Laien erschwert. Die Nachvollziehbarkeit einer nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen erstellten Gebührenkalkulation über die betriebsbedingten Kosten unter Auswertung von Jahresabschlüssen, Wirtschafts- und Haushaltplänen sowie einer auf ihrer Grundlage erstellten Betriebsabrechnung ist aber nicht aus der Sicht eines Laien zu bewerten, sondern aus der Sicht eines verständigen Dritten nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben und nach den durch § 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG vorgegebenen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen.

Soweit sich der Antragsteller auf handwerkliche Rechen- und Übertragungsfehler beruft und der Kalkulation seine eigenen Berechnungen entgegenstellt, ist dies nach den voranstehenden Ausführungen nicht geeignet, den Rechenweg für die in der Kalkulation angesetzten gebührenfähigen Kosten substantiiert in Frage zu stellen. Im Normenkontrollverfahren zu überprüfen sind nicht die eigenen, alternativen Berechnungen des Antragstellers, sondern diejenigen, die der Kalkulation der beschlossenen Gebührensätze zugrunde liegen.

Auch die im Zusammenhang mit einer angeblich widersprüchlichen Begriffsverwendung vorgetragenen Rügen zur Unübersichtlichkeit der Anlagen bzw. zu den in ihnen vorgenommenen Berechnungen greifen nicht durch. Insofern wird darauf hingewiesen, dass die gerügte unterschiedliche Verwendung der Begriffe „Kosten“ und „Aufwendungen“ bereits den Unschärfen in der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage geschuldet ist: während § 5 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 NKAG auf die nach betriebswirtschaftlichen Grund-sätzen zu ermittelnden Kosten der jeweiligen Einrichtung abstellen, spricht der Landesgesetzgeber in § 12 Abs. 2 ff. NAbfG von den über das Gebührenaufkommen zu deckenden Aufwendungen. Ein Unterschied in der Sache ergibt sich aus der Verwendung dieser beiden Begriffe für die Gebührenkalkulation nicht, und es kann daher auch dem Antragsgegner nicht angelastet werden, dass er beide Begriffe verwendet. Im Übrigen kommt es – wie zuvor bereits dargestellt – nicht auf die verwendeten Begriffe, sondern die Ansatzfähigkeit der eingestellten Kosten (nach Beträgen) an.

Der vom Antragsteller ferner gerügte Widerspruch zwischen den angegebenen Gesamtkosten in Anlage 7 von 142.049.696,71 EUR (Mittelwert, 1. Zeile) und den angegebenen Kosten für die Abfallsammlung und -entsorgung im Text der BDs 107 (143.970 TEUR, S. 16) ist nach den voranstehenden Ausführungen ohne weiteres auszuräumen, wie auch der Antragsgegner zutreffend dargelegt hat: Der in der Zeile „Gesamtkosten der Abfallabfuhr“ in Anlage 7 als Mittelwert in Zeile 1 genannte Betrag von 142.049.696,71 EUR entspricht dem jährlichen Mittelwert der Gesamtkosten vor Abzug der Gebühreneinnahmen für sonstige Nebenleistungen und vor Addition der ausgeglichenen Unterdeckung (= „Ausgleich Gebührenvortrag aus 2016“, vorletzte Zeile in Anlage 7). Demgegenüber setzt sich der im Text der BDs 107 (S. 16) genannte Betrag der Kosten der Abfallsammlung und -entsorgung von 143.970 TEUR aus den dort zuvor tabellarisch aufgeführten Grundgebühren (41.381 TEUR), Restabfallgebühren (96.929 TEUR), Bioabfallgebühren (4.382 TEUR) und Gebühren für Nebenleistungen (1.278 TEUR) zusammen. Der Betrag ist identisch mit dem anfangs in der BDs 107 angegebenen Betrag der gesamten jährlichen Gebühreneinnahmen von 143.970 TEUR für 2017, 2018 und 2019 (S. 6). Dieser setzt sich zusammen aus dem in den Anlagen 13, 7 und 4 genannten und ermittelten Gebührenbedarf für die Grund- und Behältergebühren (Mittelwert 142.691.828 EUR gerundet, ohne Gebühren für Nebenleistungen) und dem nachfolgend in der BDs 107 gesondert ausgewiesenen „Fehlbetrag“, der durch jährliche Gebührenvorträge von 1.921 TEUR (gerundet) ausgeglichen werden sollte (BDs 107, S. 7 oben: 143.970 TEUR abzgl. 1.921 TEUR = 142.049 TEUR = gerundeter Mittelwert der Gesamtkosten der Abfallabfuhr in Anlage 7, Zeile 1). Selbst wenn die Darstellung in der Beschlussvorlage missverständlich sein sollte, ändert dies nichts daran, dass im Text der Beschlussvorlage hinsichtlich der Details der Kalkulation auf die Anlagen verwiesen wird (S. 6, 7) und diese – wie bereits dargestellt – letztlich rechnerisch nachvollziehbar ist.

(2) Soweit sich der Antragsteller gegen die Berücksichtigung von 29 % der ermittelten ansatzfähigen Gesamtkosten der Abfallabfuhr und -entsorgung als Grundlage für die Ermittlung der Grundgebührensätze wendet, indem er meint, die Entscheidung der Regionsversammlung vom 14. Mai 2013 über die Obergrenze von 30 % der Gesamtkosten als Anteil für die Grundgebühr sei auf die Gebührenumstellung ab dem 1. Januar 2014 bezogen gewesen und habe für 2017 neu gefasst werden müssen, geht er von falschen Voraussetzungen aus. Die Entscheidung über den Anteil an den Gesamtkosten, der über Grundgebühren finanziert werden soll, ist nicht von der Regionsversammlung zu treffen, sondern von der Verbandsversammlung des Antragsgegners als Satzungsgeber. Eine solche Entscheidung hat die Verbandsversammlung ausweislich der maßgeblichen Beschlussvorlage Nr. B IV B 376/2016, die ihrerseits Bezug nimmt auf die BDs 107 der Regionsversammlung sowie die dortigen Anlagen über die Kalkulation der Gebühren-sätze, auch getroffen. Unter Bezugnahme auf den Beschluss der Regionsversammlung vom 14. Mai 2013, wonach eine Grundgebühr in Höhe von maximal 30 % der Gesamtkosten erhoben werden solle, wird ausgeführt, dass sich die Ermittlung der kalkulierten Grundgebühr je Wohnung/sonstige Nutzungseinheit aus Anlage 13 zur BDs 107 ergebe. Die Grundgebühr werde, um die 30 %-Grenze nicht zu überschreiten, mit 29 % ermittelt und betrage insgesamt 41.381 TEUR (S. 13, 14 BDs 107). In Anlage 13 heißt es unter Nr. 1.3, dass 29 % der Gesamtkosten der Müllabfuhr die Grundlage für die Grundgebühr bildeten (= 41.380.630 EUR von 142.691.828 EUR). Damit hat die Verbandsversammlung den Beschluss vom 14. Mai 2013 ausdrücklich in ihre Entscheidung über die Festlegung der Gebührensätze und in die Erwägungen zur Kalkulation 2017 – 2019 einbezogen und selbst eine entsprechende Entscheidung getroffen.

(3) Der Senat teilt auch nicht die Bedenken des Antragstellers, wonach die Gebührenkalkulation keine den Senatsanforderungen genügende Aufschlüsselung in variable und invariable Kosten (Fixkosten) enthalte und nicht hinreichend erkennen lasse, wie hoch der Anteil variabler und invariabler Kosten sei sowie in welcher Höhe invariable Kosten über die Grundgebühr abgedeckt werden sollten.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner bei der Grundgebührenkalkulation auf eine genaue Ausweisung der in Ansatz gebrachten Fixkosten für die unterschiedlichen Kostenbereiche hätte verzichten können, weil er weniger als 30 % der Gesamtkosten der Abfallentsorgungseinrichtung über die Grundgebühr abdeckt (hierzu die Senatsurteile vom 10.11.2014 – 9 KN 316/13 – juris Rn. 94 und vom 24.6.1998 – 9 L 2722/96 – OVGE MüLü 47, 471 = juris Rn. 46). An dieser Rechtsprechung hält der Senat weiterhin ausdrücklich fest. Wie sich aus der vorliegenden Gebührenkalkulation ergibt, ist der Anteil der Fixkosten an den Gesamtkosten, den der Antragsteller in der BDs 107 (S. 14) mit 123.102 TEUR angibt (Mittelwert nach Anlage 7 für 2017 – 2019: 122.461.352 EUR), um ein Mehrfaches höher als der über die Grundgebühren finanzierte Kostenanteil von 41.380.630 EUR (= 29 %). Insofern ist die Behauptung des Antragstellers, in die Grundgebühr seien variable Kostenanteile eingeflossen, nicht haltbar.

Im Übrigen verweist der Antragsgegner zu Recht darauf, dass der Anteil der variablen und Fixkosten in den Anlagen 3 und 10 bezogen auf die einzelnen Kostenarten in den Bereichen Abfallabfuhr bzw. Entsorgung prozentual aufgeschlüsselt wird sowie in den Anlagen 5 – 7, 9 und 12 jeweils die anteiligen Beträge angegeben werden. Die dortige Aufteilung in variable und invariable Kostenanteile hat der Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Welche noch genauere Aufschlüsselung der einzelnen Kostenarten und Kostenstellen in fixe und variable Kostenanteile der Antragsteller glaubt, verlangen zu können, erschließt sich dem Senat nicht.

Vor diesem Hintergrund kommt es auch auf die weiteren einzelnen Rügen des Antragstellers im Hinblick auf die angeblich nicht transparente Aufteilung in fixe und variable Kosten nicht an. Auch die Annahme des Antragstellers, neben reinen Vorhaltekosten wolle der Antragsgegner noch weitere Kosten abdecken, wie sich aus einem Vergleich mit dem „aha-Planer“ ergebe, weshalb zu vermuten sei, dass über die Grundgebühr auch quersubventionierte Positionen abgedeckt werden sollten, ist durch nichts belegt. Insofern hat schon der Antragsgegner zutreffend darauf hingewiesen, dass hier nicht maßgeblich ist, was im „aha-Planer“ steht, sondern wie die Grundgebühr nach der maßgeblichen Gebührenkalkulation berechnet wurde.

(4) Die Rüge des Antragstellers, die vorgeschriebene Mindestmenge sei neben dem Wohnungsbezug für die Grundgebühr eine zweite Grundgebühr, ist schon im Ansatz nicht geeignet, Mängel bei der Kalkulation des Grundgebührensatzes zu begründen. Mit seinen sinngemäßen Bedenken gegen die Festlegung des Mindestbehältervolumens wendet sich der Antragsteller in der Sache nicht gegen die hier angegriffene Grundgebührenregelung, sondern gegen die Regelung in § 10 Abs. 4 AS. Diese Regelung betrifft die Zugrundelegung einer wöchentlichen Abfallmenge von 20 Litern je auf dem Grundstück lebender oder gemeldeter Person, die auf Antrag auf 10 Liter reduziert werden kann und Grundlage für die vom Zweckverband zu bestimmende Art und Anzahl der Abfallbehälter ist. Diese Regelung ist aber nicht Gegenstand des Normenkontrollverfahrens. Sie berührt mittelbar die hier nicht angegriffene Volumengebühr für Restabfälle, die sich gemäß § 3 Abs. 5 AGS 2017 nach der Anzahl, Leerungshäufigkeit und dem Volumen der Abfallbehälter richtet.

Im Übrigen hat der Senat im Urteil vom 10. November 2014 im Einzelnen dargestellt, dass die Festlegung einer Mindestbehältervolumenregelung in der Abfallsatzung grundsätzlich zulässig ist. Es handelt sich dabei um eine Benutzungsregelung, die ihre Rechtsgrundlage zunächst in § 11 Abs. 1 NAbfG findet, wonach die öffentlichen Entsorgungsträger durch Satzung u. a. die Benutzung ihrer Einrichtungen regeln. Die Verpflichtung zum Vorhalten eines Mindestbehältervolumens für häuslichen Restabfall ist außerdem eine zulässige Bemessungsgröße für die Erhebung einer Volumengebühr für die Restabfallentsorgung nach dem Behältervolumenmaßstab. Das Abstellen auf ein Mindestbehältervolumen bedeutet nach der Senatsrechtsprechung nicht, dass eine Mindestgebühr i. S. d. § 12 Abs. 6 Satz 3 NAbfG erhoben wird. Vielmehr handelt es sich bei einer Regelung über ein Mindestbehältervolumen bzw. eine Mindestentleerungszahl pro Jahr um eine Vereinheitlichung (Typisierung) des tatsächlich zur Verfügung gestellten Behältervolumens, bei der pauschal von einer bestimmten Mindestinanspruchnahme ausgegangen wird und die sich lediglich im Ergebnis (mittelbar) wie eine Mindestgebührenregelung auswirkt (hierzu im Einzelnen das Senatsurteil vom 10.11.2014 – 9 KN 316/13 – juris Rn. 37).

Hiervon ausgehend handelt es sich bei der Festlegung eines Mindestbehältervolums erst recht nicht um eine allein auf die Vorhalteleistung abstellende und unabhängig von der Benutzung eines Restabfallbehälters erhobene Grundgebühr, mithin auch nicht um eine zweite Grundgebühr.

(5) Das weitere Vorbringen des Antragstellers zur angeblich nicht nachvollziehbaren Gebührenerhöhung um 18 Mio. EUR ist nicht hinreichend substantiiert und zudem für die Entscheidung nicht erheblich. Die in Ansatz gebrachten Kostensteigerungen für einzelne Kostenarten und Kostenstellen gehen aus einem Abgleich der in Anlage 4 für die einzelnen Kostenarten genannten Beträge in den Spalten für die tatsächlichen Kosten im Jahr 2015, die Prognose für 2016 und die erwarteten Kosten für 2017, 2018 und 2019 hervor. Die angenommenen Teuerungsraten werden prozentual in Anlage 3 genannt. Hierauf geht der Antragsteller aber nicht im Einzelnen ein. Sein Vortrag bleibt insofern nur pauschal und ohne hinreichende Substanz.

Im Übrigen käme es auf die einzelnen Einwände des Antragstellers gegen einzelne Kostenpositionen aber auch nicht entscheidend an, weil sich der angegriffene Grundgebührensatz jedenfalls aus den nachfolgenden Gründen (hierzu unter bb) als unwirksam erweist.

bb) Die Regelung des Grundgebührensatzes in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 verstößt gegen höherrangiges Recht, weil in der Gebührenkalkulation die auf der ersten Stufe in einem zweiten Schritt gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG ausgleichspflichtigen bzw. -fähigen Über- bzw. Unterdeckungen aus den vorhergehenden Kalkulationszeiträumen 2014/2015 sowie 2016 nicht den landesgesetzlichen Vorgaben entsprechend ermittelt und berücksichtigt worden sind, sodass der Satzungsgeber bei der Beschlussfassung über die Gebührensätze die wirkliche Höhe der in der Gebührenkalkulation für 2017 – 2019 ausgleichspflichtigen bzw. -fähigen Über- oder Unterdeckungen nicht kannte.

Der Antragsgegner hat ausweislich der Anlage 13 zur BDs 107 (Nr. 1.1) in den jährlichen Mittelwert der Gesamtkosten für die Jahre 2017 – 2019 in Höhe von 142.691.828 EUR einen „Ausgleich Gebührenvortrag 2016“ in Höhe von 1.920.544 EUR einbezogen. In Anlage 7 wird in der Berechnung des „Gebührenbedarfs“ ebenfalls für die Jahre 2017, 2018 und 2019 jeweils ein „Ausgleich Gebührenvortrag aus 2016“ in Höhe von 1.920.544 EUR aufgeführt und zu den zuvor aufgeführten Gesamtkosten addiert (3 x 1.920.544 EUR = 5.761.632 EUR : 3 Jahre = jährlicher Mittelwert von 1.920.544 EUR). Dieser Betrag von 1.920.544 EUR wird auch in den Betriebsabrechnungsbögen in Anlage 4 für den Plan 2017 und die Hochrechnungen für 2018 und 2019 angegeben, dort in der jeweils letzten Zeile als „Überdeckung“ und mit einem Minus-Zeichen versehen. Im Text der BDs 107 wird nicht dieser Betrag erwähnt, sondern ein Fehlbetrag in Höhe von insgesamt ca. 6,4 Mio. EUR aus dem Wirtschaftsjahr 2016, der sich durch den Gebührenvortrag aus 2015 in Höhe von 0,6 Mio. EUR auf 5,8 Mio. EUR reduziere (S. 3, 4), bzw. dass die Gebührenvorträge aus den Vorjahren mit dem Jahresabschluss 2016 aufgebraucht würden, weshalb davon auszugehen sei, dass sich nach deren Verrechnung für 2016 noch ein Fehlbedarf in Höhe von ca. 5.700 TEUR ergeben werde, dessen Ausgleich daher zusätzlich über die Kalkulation 2017 – 2019 erfolgen müsse (S. 6). Schließlich heißt es an anderer Stelle, in der Kalkulation werde ein Gebührenvortrag in Höhe von -5.839 TEUR (Abfallabfuhr -5.762 TEUR; Abfallentsorgung -77 TEUR) aus Vorjahren berücksichtigt, der im Kalkulationszeitraum ausgeglichen werde (S. 8).

Auf Nachfrage des Gerichts hat der Antragsgegner eine „Nachberechnung der Kalkulationszeiträume 2014, 2015 und 2016 nebst Übersicht der (ungewollten) Über- und Unterdeckungen im Vergleich zur jeweiligen Gebührenkalkulation“ vorgelegt und hierzu ausgeführt, dass den Jahren 2014 und 2015 eine zweijährige Kalkulationsperiode zu Grunde gelegen habe, während Ende 2015 für das Jahr 2016 ein nur einjähriger Kalkulationszeitraum zu Grunde gelegt worden sei. Als vor Ablauf des einjährigen Kalkulationszeitraums 2016 die Gebührensätze für die Jahre 2017 – 2019 beschlossen worden seien, habe es nur eine auszugleichende Unterdeckung gegeben, die ausschließlich aus dem einjährigen Kalkulationszeitraum 2016 hergerührt habe, und die bis 2019 ausgleichungsfähig gewesen sei. Das Jahr 2015 (aus dem Kalkulationszeitraum 2014/2015) habe mit einer Unterdeckung in Höhe von 7.443.813,39 EUR abgeschlossen. Damit sei der Gebührenvortrag aus dem Vorjahr 2014 in Höhe von 8.022.085,05 EUR bis auf einen Rest in Höhe von 578.271,66 EUR aufgebraucht worden. Das Jahr 2016 habe daher mit einem (positiven) Gebührenvortrag in Höhe von 578.271,66 EUR begonnen. Diese Zahl habe erst mit Vorlage der Kalkulation für den Zeitraum 2017 – 2019 in der zweiten Jahreshälfte 2016 bekannt sein können und sei in der BDs 107 (S. 3 und 4) erwähnt worden, indem erläutert worden sei, dass sich im Wirtschaftsjahr 2016 ein Fehlbetrag in Höhe von insgesamt 6,4 Mio. EUR ergeben werde, der sich durch den Gebührenvortrag aus 2015 in Höhe 0,6 Mio. EUR auf 5,8 Mio. EUR reduziere. Da für das Jahr 2016 eine weitere Unterdeckung in Höhe von 6.339.902,88 EUR prognostiziert worden sei (vgl. Anlage 4 zur BDs 107), sei zum Ende des Kalkulationszeitraums 2016 und zum Beginn der Kalkulationsperiode 2017 – 2019 ein (negativer) Gebührenvortrag in Höhe von 5.761.631,23 EUR verblieben. Dieser negative Vortrag habe dann in den folgenden drei Jahren bis 2019 mit jeweils 1.920.543,74 EUR jährlich ausgeglichen werden sollen. Bei der Beschlussfassung über den Gebührensatz für den Zeitraum 2017 – 2019 habe es demzufolge keine ausgleichspflichtigen Über- oder Unterdeckungen aus den Jahren 2014 und 2015 gegeben, die hätten dargestellt werden können oder müssen. Deshalb sei in der BDs 107 (S. 6) zutreffend darauf hingewiesen worden, dass die Gebührenvorträge aus den Vorjahren mit dem Jahresabschluss 2016 aufgebraucht worden seien.

Es ist jedoch weder den Angaben in der Beschlussdrucksache Nr. B IV B 376/2016 bzw. der BDs 107 zu einem im Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 auszugleichenden Fehlbetrag von 5,8 Mio. EUR bzw. ca. 5.700 TEUR noch den Anlagen 13, 7 oder 4 zur BDs 107 über den Ausgleich eines Gebührenvortrags aus 2016 von jährlich 1.920.544 EUR noch den nachträglichen Erläuterungen des Antragsgegners im Normenkontrollverfahren über eine ausgeglichene Unterdeckung aus 2016 in Höhe von 5.761.631,23 EUR zu entnehmen, dass es sich bei dem in der Gebührenkalkulation als Fehlbetrag/Gebührenvortrag/Unterdeckung berücksichtigten Betrag von jährlich 1.920.544 EUR um eine Unterdeckung aus den vorherigen Kalkulationszeiträumen 2014/2015 (zweijährig) bzw. 2016 (einjährig) handeln würde, bei deren Ermittlung die Vorgaben des § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG erfüllt wurden:

(1) Abzustellen ist insoweit auf § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG in der im Zeitpunkt der Beschlussfassung der 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung am 16. Dezember 2016 sowie ihres Inkrafttretens zum 1. Januar 2017 geltenden Fassung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung zum 1. April 2017:

Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG in der bis zum 31. März 2017 geltenden Fassung (a. F.) sind die Gemeinden verpflichtet gewesen, Kostenüberdeckungen innerhalb der nächsten drei Jahre auszugleichen, wenn am Ende des Kalkulationszeitraums die tatsächlichen von den kalkulierten Kosten mit der Folge einer Überdeckung abweichen; Kostenunterdeckungen sollten innerhalb dieses Zeitraums ausgeglichen werden. Der erstmals durch das Dritte Gesetz zur Änderung des NKAG vom 17. Dezember 1991 (NdsGVBl. 1991, S. 363) eingeführte § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. stellt eine Ausnahme zur strikten Periodengerechtigkeit von Gebühren dar. Diese Regelung geht davon aus, dass nach Ablauf des gewählten Kalkulationszeitraums, der in der Regel bis zu drei Jahre betragen kann (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 NKAG), eine Nachberechnung (Betriebsabrechnung) vorgenommen wird, die nicht mehr von den voraussichtlichen Kosten und Maßstabseinheiten der Gebührenkalkulation, sondern von den tatsächlichen Kosten (bei kalkulatorischen Kosten von den rechtsfehlerfrei prognostizierten Ansätzen) und den tatsächlichen Maßstabseinheiten des zurückliegenden und abgeschlossenen Kalkulationszeitraums ausgeht (vgl. zuletzt das Senatsurteil vom 3.5.2021 – 9 KN 162/17 – juris Rn. 274 – 282; grundlegend auch die Senatsurteile vom 17.7.2012 – 9 LB 187/09 – juris Rn. 25 und vom 15.4.2011 – 9 LB 146/09juris 35; Lichtenfeld in Driehaus, a. a. O., § 6 Rn. 726d).

Die ermittelten Kostenüber- bzw. -unterdeckungen müssen bzw. sollen innerhalb von drei Jahren nach Ende des Kalkulationszeitraums dergestalt ausgeglichen werden, dass der Ausgleich innerhalb der Frist wirksam wird. Dabei sind ansatzfähige Kostenunterdeckungen in diesem Sinne nur solche, die ungewollt (d. h. nur schätzungs- bzw. prognosebedingt) sind, sei es, dass die tatsächlich angefallenen Kosten höher als die kalkulierten gewesen sind (z. B. unvorhersehbare Kostensteigerungen) und/oder die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung – Summe der Maßstabseinheiten – niedriger als die kalkulierte Nutzungsmenge gewesen ist. Keine ansatzfähige Unterdeckung liegt hingegen vor, soweit bestimmte „an sich" ansatzfähige Kostenpositionen bewusst oder irrtümlich überhaupt nicht in die Gebührenkalkulation eingestellt worden sind. Solche Kosten, die nicht in die Gebührenkalkulation eingestellt wurden, können nicht erstmals in folgenden Rechnungsperioden als Unterdeckung berücksichtigt werden (vgl. die Senatsurteile vom 3.5.2021 – 9 KN 162/17 – juris Rn. 274 – 282; vom 17.7.2012 – 9 LB 187/09 – juris Rn. 30 f.; vom 15.4.2011 – 9 LB 146/09juris 35; im Einzelnen auch: Lichtenfeld in Driehaus, a. a. O., § 6 Rn. 726d - h; Brüning in Driehaus, a. a. O., § 6 Rn. 103 ff.; von Waldthausen in Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, NKAG, Stand: Februar 2022, § 5 Rn. 190 ff.; Becker, Abwassergebührenkalkulation in der Praxis, KStZ 2000, 8, 9; Quaas, Rechtsprobleme der Abwassergebühr, KStZ 2000, 181, 187 f.; Giebler, Gebührenrechtliche Überdeckungen im Kommunalabgabenrecht, KStZ 2007, 167, 169; Nds. Landtag, Drucks. 12/2275, S. 13).

Danach wäre z. B. bei einer Einjahreskalkulation eine Überdeckung aus dem Jahr 2014 spätestens im Jahr 2017 auszugleichen, d. h. eine Kommune hätte spätestens zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gebührensätze 2017 eine Überdeckung aus dem Jahr 2014 in Ausgleich zu bringen, um die Gebührensätze für das Jahr 2017 wirksam festzulegen (vgl. Senatsurteile vom 3.5.2021 – 9 KN 162/17 – juris Rn. 281 und vom 17.7.2012 – 9 LB 187/09 – juris Rn. 31).

§ 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. wurde durch das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes und anderer Gesetze vom 2. März 2017 (Nds. GVBl. 2017, 48) dahingehend geändert, dass die ermittelten Kostenüber- bzw. -unterdeckungen nicht mehr innerhalb von drei Jahren nach Ende des Kalkulationszeitraums dergestalt ausgeglichen werden müssen bzw. sollen, dass der Ausgleich innerhalb der Frist wirksam wird. Ausreichend ist nunmehr vielmehr, dass eine Kostenüberdeckung innerhalb der auf ihre Feststellung folgenden drei Jahre ausgeglichen wird. In Ermangelung einer gesetzlichen Übergangsbestimmung gilt § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes und anderer Gesetze gemäß § Art. 7 Satz 1 des Gesetzes zum 1. April 2017. Daraus folgt aber nicht, dass § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG für alle am 1. April 2017 noch nicht abgelaufenen Ausgleichsfristen gelten soll, also bei Einjahreskalkulationen ab 2014, bei Zweijahreskalkulationen ab 2013/2014 und bei Dreijahreskalkulationen ab 2012/2013/2014. Denn weder dem Wortlaut der Bestimmung noch der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen, dass durch die Neufassung von § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG ein wegen des Verstoßes gegen die Ausgleichspflicht nach § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. zum 1. Januar 2017 bereits unwirksamer Gebührensatz nunmehr rechtmäßig bliebe. Eine solche Heilungsfunktion kommt § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG n. F. nicht zu. Vielmehr hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, die Anwendbarkeit von § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG n. F. auf den bei Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung bereits laufenden Kalkulationszeitraum 2017 zu erstrecken (vgl. Senatsurteil vom 3.5.2021 – 9 KN 162/17 – juris Rn. 277 – 282; nunmehr auch Lichtenfeld in Driehaus, a. a. O., § 6 Rn. 726d).

Übertragen auf die Gebührenkalkulation für die Gebührensätze des Antragsgegners im Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 bedeutet dies:

Über-/bzw. Unterdeckungen aus dem zweijährigen Kalkulationszeitraum 2014/2015 waren gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. innerhalb von drei Jahren nach Ende des Kalkulationszeitraums auszugleichen, also spätestens im Jahr 2018. Über-/bzw. Unterdeckungen aus dem einjährigen Kalkulationszeitraum 2016 waren spätestens im Jahr 2019 auszugleichen. Da die Jahre 2018 und 2019 von dem dreijährigen Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 erfasst werden und der Ausgleich daher innerhalb dieses Zeitraums wirksam werden musste, hatte der Antragsgegner bei seiner Beschlussfassung über die Gebührenkalkulation für diesen Zeitraum im Dezember 2016 – und somit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung – etwaige Überdeckungen bzw. Unterdeckungen aus den Kalkulationszeiträumen 2014/2015 und 2016 kennen und eine Entscheidung über ihren Ausgleich treffen müssen (falls er es bezogen auf die Jahre 2014/2015 noch nicht bei der Gebührenkalkulation für 2016 getan hatte), um die Gebührensätze 2017 – 2019 wirksam festzulegen. Denn nur bei Kenntnis etwaiger Kostenüber- oder Unterdeckungen kann der Satzungsgeber die nach § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. gebotene und ihm vorbehaltene Entscheidung darüber treffen, wie der fristgerechte Ausgleich erfolgen soll (im Einzelnen Senatsurteil vom 17.7.2012 – 9 LB 187/09 – juris Rn. 25 ff.; hierzu auch Lichtenfeld in Driehaus, a. a. O., § 6 Rn. 729).

(2) Die in der Gebührenkalkulation in Ansatz gebrachten Unterdeckungen aus Vorjahren in Höhe von 5.761.632 EUR (3 x 1.920.544 EUR) beruhen jedoch nicht auf einer den Vorgaben des § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. entsprechenden Nachberechnung (Betriebsabrechnung). Die BDs 107 enthält bereits keine Nachberechnung, die nicht mehr von den voraussichtlichen Kosten und Maßstabseinheiten der Gebührenkalkulationen für die Kalkulationszeiträume 2014/2015 (zweijährig) sowie 2016 (einjährig) ausgehen würde, sondern von den tatsächlichen Kosten und Maßstabseinheiten des jeweiligen Kalkulationszeitraums, und die sodann die sich aus der Abweichung ergebenden Über- bzw. Unterdeckungen zutreffend ausweisen würde. Die nachträglichen Erläuterungen des Antragsgegners im gerichtlichen Verfahren lassen ebenfalls keine den vorgenannten Maßgaben der Senatsrechtsprechung entsprechende Nachberechnung erkennen, die es der Verbandsversammlung des Antragsgegners ermöglicht hätte, die zutreffende Höhe etwaiger ausgleichsfähiger Unterdeckungen aus den beiden vorangegangenen Kalkulationszeiträumen zu kennen und diese im Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 auszugleichen bzw. auf die Ermittlung ausgleichspflichtiger Überdeckungen aus dem Kalkulationszeitraum 2014/2015 zu verzichten, weil ein Ausgleich bereits in der Kalkulation für 2016 vorgenommen worden wäre.

(a) Die zum Ausgleich gebrachte Unterdeckung von jährlich 1.920.544 EUR beinhaltet entgegen den Ausführungen des Antragsgegners auch eine aus dem zweijährigen Kalkulationszeitraum 2014/2015 vermeintlich verbliebene Überdeckung von 578.271,66 EUR. Diese wurde aber nicht den Maßgaben des § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. entsprechend ermittelt:

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist in der Gebührenkalkulation für den Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 eine sich aus dem zweijährigen Kalkulationszeitraum 2014/2015 angeblich ergebende Überdeckung von 578.271,66 EUR berücksichtigt worden und wurde nicht schon bei der Gebührenkalkulation für 2016 ausgeglichen. Der Antragsgegner hat nach eigener Darstellung für die Berechnung der auf drei Jahre verteilten Unterdeckung von 5.761.631,23 EUR nicht nur die für 2016 prognostizierte Unterdeckung in Höhe von 6.339.902,88 EUR berücksichtigt, sondern diese Unterdeckung unter Abzug einer restlichen Überdeckung aus 2014/2015 in Höhe von 578.271,66 EUR (Gebührenvortrag 31.12.2015 = Überdeckung) in die Gebührenkalkulation für 2017 – 2019 eingestellt (6.339.902,88 EUR abzgl. 578.271,66 EUR = 5.761.631,22 EUR). Dies bedeutet nichts anderes als die Berücksichtigung einer verbliebenen Überdeckung aus dem Kalkulationszeitraum 2014/2015 durch Verrechnung mit einer prognostizierten Unterdeckung aus dem noch nicht abgelaufenen Kalkulationszeitraum 2016 in der Kalkulationsperiode 2017 – 2019. Hätte er dagegen die verbleibende restliche Überdeckung aus 2014/2015 in der Gebührenkalkulation für 2016 eingestellt, hätte er sie bereits vor Ablauf des zweijährigen Kalkulationszeitraums lediglich prognostizieren und für 2016 als Ertrag in Ansatz bringen können. Dies ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Jedenfalls hätte diese Überdeckung dann aber nicht (nochmals) für den Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 berücksichtigt werden dürfen.

Die angegebene Überdeckung aus dem zweijährigen Kalkulationszeitraum 2014/2015 in Höhe von 578.271,66 EUR wurde jedoch in der Gebührenkalkulation für den Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 nicht den landesrechtlichen Vorgaben entsprechend ermittelt.

Ob eine ausgleichspflichtige Über- oder ausgleichsfähige Unterdeckung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. besteht, kann regelmäßig erst nach Ablauf des Kalkulationszeitraums für diesen ermittelt werden (z. B. im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss). Denn Kostenüber- bzw. -unterdeckungen im ausgleichsrechtlichen Sinne sind nur kalkulationsbedingte Differenzen zwischen Soll- und Ist-Ergebnissen (vgl. Lichtenfeld in Driehaus, a. a. O., Rn. 726d). Sie entstehen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass entweder die kalkulierten Kosten oder aber die tatsächliche Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung (Maßstabseinheiten) höher oder niedriger als geplant ausfallen und daher die kalkulierten von den tatsächlichen Kosten bzw. Maßstabseinheiten abweichen. Um diese Feststellung treffen zu können, müssen die tatsächlichen Kosten bzw. Maßstabseinheiten feststehen. Dies aber ist erst dann der Fall, wenn der Zeitraum, für den die Prognose erstellt worden ist, abgelaufen ist. § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG alter wie neuer Fassung stellt daher ausdrücklich auf das Ende des Kalkulationszeitraums ab, weil zu diesem Zeitpunkt auch der Prognosezeitraum endet. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass vor Ablauf des Kalkulationszeitraums grundsätzlich keine Kostenüber- oder -unterdeckung entstehen kann. Daraus folgt weiter, dass sich die Prüfung einer Kostenüber- oder -unterdeckung auf den gesamten, ggfs. mehrjährigen Kalkulationszeitraum beziehen muss (ebenso zu § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG MV: OVG MV, Beschluss vom 15.7.2021 – 3 LZ 553/19 OVG – juris Rn. 13; zu § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG BW: VGH BW, Urteil vom 18.2.2020 – 2 S 1504/18 – juris Rn. 91). Dementsprechend verlangt etwa das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein ausdrücklich eine mit der Vorauskalkulation kongruente Betriebsabrechnung, denn der Betriebsabrechnung für den (abgelaufenen) Kalkulationszeitraum kommt eine besondere Bedeutung zu. Ihr müssen dieselben Grundsätze (Leitentscheidungen) zugrunde gelegt werden, wie dies bei der Vorauskalkulation der Fall war. Sinn und Zweck der gebührenrechtlichen Betriebsabrechnung ist es, die Prognoseabweichungen gegenüber der Gebührenvorauskalkulation festzustellen, und nicht eine „Gebührennachkalkulation“ zu erstellen (vgl. OVG SH, Beschluss vom 15.5.2017 – 2 KN 1/16 – juris Rn. 49 ff. m. w. N.).

Bei einem mehrjährigen Kalkulationszeitraum ist folglich eine ausgleichspflichtige Überdeckung oder ausgleichsfähige Unterdeckung immer für den gesamten mehrjährigen Kalkulationszeitraum festzustellen, ohne dass die Ergebnisse der einzelnen Jahre separat ausgeglichen werden dürfen. Das bedeutet, dass Überschüsse oder Defizite/Fehlbeträge, die sich innerhalb eines mehrjährigen Kalkulationszeitraums ergeben, unbeachtlich sind, denn auch bei mehrjährigen Kalkulationszeiträumen beginnt die Ausgleichsfrist erst mit dem Ende der jeweiligen Kalkulationsperiode (hierzu auch Lichtenfeld in Driehaus, a. a. O., Rn. 726h; Brüning in Driehaus, a. a. O., Rn. 105a). Ausnahmsweise muss lediglich dann anderes gelten, wenn eine Betriebsabrechnung, aus der sich die tatsächlichen Kosten und Maßstabseinheiten ergeben können, vor Beginn des Kalkulationszeitraums, in dem die Über-/Unterdeckungen letztmalig berücksichtigt werden können, noch nicht vorliegt und deshalb auf Schätzungen zurückgegriffen werden muss (vgl. Brüning in Driehaus, a. a. O., Rn. 105b).

Dies bedeutet hier für die zweijährige Kalkulationsperiode 2014/2015: Die Ausgleichsfrist begann erst mit dem Ende des abgelaufenen zweijährigen Kalkulationszeitraums 2014/2015. Im Jahr 2016 waren etwaige Über- und Unterdeckungen für den abgelaufenen Kalkulationszeitraum feststellbar und ein Ausgleich konnte innerhalb des folgenden Kalkulationszeitraums 2017 – 2019 fristgerecht erfolgen.

Für die Ermittlung ausgleichspflichtiger bzw. -fähiger Über- oder Unterdeckungen nach Ablauf eines ggfs. mehrjährigen Kalkulationszeitraums gilt dabei: Auf einen Abgleich des im Voraus kalkulierten mit dem tatsächlichen Gebührenaufkommen oder auf das Ergebnis einer Einnahme-/Überschussrechnung als Abgleich von tatsächlich erzielten Einnahmen und tatsächlichen Ausgaben ein- und desselben Jahres kommt es schon nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG (alter wie neuer Fassung) nicht an. Denn die niedersächsische Vorschrift stellt ausdrücklich – ähnlich wie die meisten vergleichbaren Vorschriften in anderen Bundesländern – darauf ab, ob die tatsächlichen von den kalkulierten Kosten abweichen, nicht dagegen auf ein Abweichen der tatsächlichen Gebühreneinnahmen von den tatsächlichen Kosten (ebenso etwa zur entsprechenden Rechtslage in Nordrhein-Westfalen: OVG NRW, Urteil vom 20.1.2010 – 9 A 1469/08 – juris Rn. 31; Brüning in Driehaus, a. a. O., Rn. 105a; zur Rechtslage in Sachsen: SächsOVG, Urteil vom 11.4.2018 – 5 A 293/15 – juris Rn. 26). Insofern darf eine Kostenunterdeckung nicht mit einem „negativen Betriebsergebnis“ gleichgesetzt werden (vgl. Lichtenfeld in Driehaus, a. a. O., Rn. 726e).

Diese Auslegung des Wortlautes der niedersächsischen Vorschrift wird im Übrigen durch die Entstehungsgeschichte ebenso gestützt wie durch ihren in der Gesetzesbegründung betonten Sinn und Zweck:

Wie sich aus der Begründung der Landesregierung zu den damals neu eingefügten Regelungen in § 5 Abs. 2 Satz 2 – 4 NKAG durch das Dritte Gesetz zur Änderung des NKAG vom 17. Dezember 1991 (Nds. GVBl. 1991, S. 363; zur Einführung von § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG vgl. Senatsurteil vom 3.5.2021 – 9 KN 162/17 – juris Rn. 276) ergibt, impliziert der betriebswirtschaftliche Kostenbegriff grundsätzlich eine zeitliche Begrenzung auf die (damals übliche) Rechnungsperiode von einem Jahr. Dass einer Gebührenkalkulation keine unbegrenzte Geltungsdauer beigelegt werden könne, folge schon aus dem Wesen der Gebühr, wonach der jeweiligen Gebührenbelastung eine zeitlich in etwa entsprechende Benutzung der öffentlichen Einrichtung gegenüberstehen müsse. Da sich die Kosten einer öffentlichen Einrichtung trotz gewissenhafter Schätzung im Voraus nie exakt ermitteln ließen, brächten es die Unwägbarkeiten jeder Kalkulation zwangsläufig mit sich, dass nach Ablauf eines Kalkulationszeitraums Gebührenüber- oder -unterdeckungen nicht zu vermeiden seien. In der Praxis hätten sich verschiedene Verfahren des Vortrags von Überschüssen und Fehlbeträgen in der Kalkulation der Benutzungsentgelte zur Versachlichung der entgeltpolitischen Situation bewährt. Nachdem das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in mehreren Entscheidungen (Urteile vom 25.10.1989 – 9 L 32-35/89 – und vom 24.1.1990 – 9 L 43/89 –) auf das Fehlen einer gesetzlichen Regelung hinsichtlich der zulässigen Kalkulationsperiode sowie der rechtlichen Anforderungen an den zeitlichen Ausgleich der aufgrund der Unsicherheit von Prognosen eintretenden Kostenüber- bzw. -unterdeckungen hingewiesen habe, solle die aufgezeigte Regelungslücke im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dahingehend geschlossen werden, dass zunächst das für den betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff geltende Jahresprinzip gelockert und den Kommunen die Möglichkeit eines Kalkulationszeitraums von bis zu drei Jahren gegeben werde. Innerhalb des gewählten Kalkulationszeitraums seien auch Überschüsse aus der abgelaufenen Kalkulationsperiode auszugleichen bzw. sollten Fehlbeträge ausgeglichen werden. Daraus folge, dass nach Ablauf des gewählten Kalkulationszeitraums „im Wege einer Nachkalkulation festzustellen ist, inwieweit die tatsächlich entstandenen von den ursprünglich kalkulierten gebührenfähigen Kosten abweichen, damit die danach festgestellten Kostenüber- oder -unterdeckungen im Rahmen der nächsten Gebührenkalkulation ausgeglichen werden“. Dabei obliege es dem kommunalen Ermessen zu bestimmen, in welchem zeitlichen Rahmen und mit welchen Beträgen innerhalb der gewählten (mehrjährigen) Kalkulationsperiode jeweils ein Ausgleich des Ergebnisses des abgelaufenen Kalkulationszeitraums erfolgen solle. Dabei wurde auch auf (damals geltende) ähnliche Regelungen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hingewiesen, sich hiervon aber auch abgegrenzt (hierzu im Einzelnen: LT-Ds. 12/2275 S. 16 ff.).

Danach war dem Gesetzgeber bekannt, dass für den Ausgleich von Über- oder Unterdeckungen aus vergangenen Kalkulationsperioden in der Praxis verschiedene Verfahren zur Anwendung kamen (zum sog. Fehlbetragsvortrag: OVG Lüneburg, Urteil vom 25.10.1989 – 9 L 32-35/89 –), er hat sich jedoch bewusst für eine notwendige „Nachkalkulation“ zum Abgleich der tatsächlich entstandenen gegenüber den ursprünglich kalkulierten gebührenfähigen Kosten entschieden, statt für die Ermittlung auszugleichender Über- oder Unterdeckungen auf die Differenz von tatsächlichen Gebühreneinnahmen und ansatzfähigen Kosten (betriebswirtschaftliche Überschüsse oder Fehlbeträge) abzustellen.

Ein anderes Verständnis von § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG hätte im Übrigen zur Folge, dass die Gebührenpflichtigen im neuen Kalkulationszeitraum sämtliche Verluste aus früheren Kalkulationsperioden ausgleichen müssten, in denen sie selbst keine gebührenpflichtigen Leistungen erhalten haben. Dies ist gerade unter Beachtung des bereits genannten Grundsatzes der Periodengerechtigkeit ersichtlich nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen, der einen Ausgleich zu Lasten der Gebührenpflichtigen einer späteren Gebührenperiode eben nur zum Ausgleich des Prognoserisikos einer Vorauskalkulation für eine abgelaufene Gebührenperiode im Fall des Abweichens der tatsächlichen und von den zuvor kalkulierten Kosten (und Maßstabseinheiten) vorgesehen hat (in diesem Sinne zum insoweit vergleichbaren Landesrecht auch OVG NRW, Urteil vom 20.1.2010 – 9 A 1469/08 – juris Rn. 31; SächsOVG, Urteil vom 11.4.2018 – 5 A 293/15 – juris Rn. 26; Brüning in Driehaus, a. a. O., Rn. 105a). Insofern hatte bereits der 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg in seinem in der Gesetzesbegründung des niedersächsischen Landesgesetzgebers zitierten Urteil vom 25. Oktober 1989 (– 9 L 32-35/89 –) darauf hingewiesen, dass ein sog. Fehlbetragsvortrag über einen längeren Zeitraum hinweg ohne entsprechende gesetzliche Regelung nicht hinnehmbar sei, weil es sich – streng genommen – bei Überschüssen bzw. Fehlbeträgen einer vergangenen Periode nicht um Erlöse bzw. Kosten der jeweiligen Abrechnungsperiode handele. Denn der Gebührenschuldner werde mit Kosten belastet bzw. durch Erlöse entlastet, die in dem Zeitraum der Benutzung der öffentlichen Einrichtungen – nur hierfür zahle er das Entgelt – nicht angefallen seien. So verstoße etwa ein Vortrag von Fehlbeträgen über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren gegen das Kostenüberschreitungsverbot und auch gegen das Äquivalenzprinzip. Diese Erwägungen wurden in der Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG aufgegriffen und geteilt (hierzu die voranstehenden Ausführungen).

Soweit dies in der Kommentarliteratur teilweise anders gesehen und gefordert wird, die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG müsse gedanklich auch um ein „Abweichen von kalkulierten Gebühreneinnahmen“ erweitert werden, weil sich eine Kostenüber- oder -unterdeckung nur ermitteln lasse, wenn die im Rahmen der Gebührenerhebung erzielten Einnahmen mitberücksichtigt werden (so: von Waldthausen in Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, a. a. O., § 5 Rn. 195), wird dies eher auf die abweichende Rechtslage zum Ausgleich von Überdeckungen und Unterdeckungen in einigen anderen Bundesländern zu beziehen sein. So sind etwa in Baden-Württemberg nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG BW Kostenüberdeckungen auszugleichen, wenn am Ende des Bemessungszeitraums das tatsächliche Gebührenaufkommen die ansatzfähigen Gesamtkosten übersteigt (hierzu im Einzelnen: VGH BW, Urteil vom 18.2.2020 – 2 S 1504/18 – juris Rn. 80 ff.; ähnlich zu § 6 Abs. 2 d KAG MV: OVG MV, Beschluss vom 15.7.2021 – 3 LZ 553/19 OVG – juris Rn. 11 ff.). Auf dieses Verhältnis von tatsächlichem Gebührenaufkommen zu ansatzfähigen Gesamtkosten kommt es jedoch – wie ausgeführt – nach der niedersächsischen Gesetzesfassung nicht an.

Unter Zugrundelegung dieses Normverständnisses fehlt es in der Kalkulation der Gebührensätze für 2017 – 2019 aus mehreren Gründen an einer ordnungsgemäßen Ermittlung der angegebenen ausgleichspflichtigen restlichen Überdeckung von 578.271,66 EUR aus dem zweijährigen Kalkulationszeitraum 2014/2015:

Die angegebene Überdeckung aus dem Kalkulationszeitraum 2014/2015 in Höhe von 578.271,66 EUR ist auch unter Berücksichtigung der nachträglichen Erläuterungen des Antragsgegners im gerichtlichen Verfahren nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. in der Weise ermittelt worden, dass nach Ablauf dieser zweijährigen Kalkulationsperiode die im Jahr 2016 festgestellten tatsächlichen Kosten/Aufwendungen (und Maßstabseinheiten) mit den zuvor für diesen Kalkulationszeitraum kalkulierten Kosten (und Maßstabseinheiten) verglichen worden wären. Vielmehr hat der Antragsgegner nach dem Text der Beschlussvorlage und seinen nachträglichen Erläuterungen im Normenkontrollverfahren offenbar getrennt für die Jahre 2014 und 2015 eine sich jährlich aus dem Abgleich der tatsächlichen Einnahmen/Erträge und tatsächlichen Aufwendungen/Kosten (Summe 2015) in der Betriebsabrechnung in Anlage 4 ergebende Überdeckung für 2014 und Unterdeckung für 2015 ermittelt, nämlich nach der nachgereichten „Nachberechnung“ in Anlage 5 zum Schriftsatz vom 12. April 2019 eine Überdeckung aus dem Jahr 2014 in Höhe von 8.022.085,05 EUR und eine Unterdeckung aus dem Jahr 2015 in Höhe von 7.443.813,39 EUR. Die Überdeckung aus dem Jahr 2014 hat er dann mit der Unterdeckung aus dem Jahr 2015 verrechnet. Der sich daraus ergebende Saldo einer restlichen Überdeckung aus 2014/2015 in Höhe von 578.271,66 EUR (sog. Gebührenvortrag 31.12.2015) ist zwar rechnerisch zutreffend, erfüllt aber nicht die Voraussetzungen einer nach § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG gebotenen Nachberechnung. Nähere Erläuterungen zur Ermittlung der ausgleichspflichtigen Überdeckung oder gar eine Nachberechnung finden sich auch nicht im Text der BDs 107, wo nur auf einen auszugleichenden Fehlbetrag/Gebührenvortrag abgestellt wird. Eine Nachberechnung für den zweijährigen Kalkulationszeitraum 2014/2015 ist auch nicht der Betriebsabrechnung in Anlage 4 zur BDs 107 zu entnehmen, denn diese enthält zwar eine Darstellung der tatsächlichen Aufwendungen/Kosten für das Jahr 2015 in den Spalten „Summe 2015 Gebührenbereich“, nicht aber für die beiden Jahre 2014 und 2015.

Im Übrigen handelt es sich auch bei der in Anlage 4 ausgewiesenen Unterdeckung (nur) für das Jahr 2015 von 7.443.813,39 EUR schon methodisch nicht um eine den landesrechtlichen Vorgaben entsprechende Ermittlung einer ausgleichsfähigen Unterdeckung. Denn diese resultiert entgegen § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. ersichtlich nicht aus einem Vergleich der für 2014/2015 (bzw. nur für das Jahr 2015) kalkulierten Kosten mit den in der Betriebsabrechnung (nur) für 2015 festgestellten tatsächlichen Kosten, sondern lediglich aus der allein betriebswirtschaftlich relevanten Differenz von Gesamterträgen und Gesamtaufwendungen (also nicht einmal nur von tatsächlichen Gebühreneinnahmen und tatsächlichen gebührenfähigen Kosten). Werden aber nach Ablauf der Kalkulationsperiode nur die tatsächlichen Einnahmen/Erträge und Kosten/Aufwendungen im Rahmen einer Betriebsabrechnung ermittelt und der sich daraus ergebende Differenzbetrag als Unterdeckung/Fehlbetrag ausgewiesen, müssten die Gebührenpflichtigen der Kalkulationsperiode 2017 – 2019 sämtliche Einnahmeausfälle aus der abgelaufenen Kalkulationsperiode 2014/2015 tragen statt nur – wie nach den voranstehenden Ausführungen gesetzlich vorgesehen – die (ungewollten) Abweichungen von tatsächlichen und kalkulierten Kosten und Maßstabseinheiten. Ein Vergleich der für 2014/2015 kalkulierten Maßstabseinheiten mit den nach Ablauf der Kalkulationsperiode festgestellten tatsächlichen Maßstabseinheiten fehlt überdies völlig. Dies verstößt gegen § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG alter wie neuer Fassung.

Insofern kommt es auch nicht mehr darauf an, ob ein Ausgleich etwaiger Über-/Unterdeckungen aus einer abgelaufenen Kalkulationsperiode außerdem für Grund- und Zusatzgebühren getrennt zu ermitteln wäre (hierzu Brüning in Driehaus, a. a. O., Rn. 105b).

(b) Die in der Gebührenkalkulation für die Jahre 2017 – 2019 in Ansatz gebrachte Unterdeckung von jährlich 1.920.544 EUR beruht aus vergleichbaren Gründen auch nicht auf einer § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. entsprechenden Nachberechnung der für den vorherigen einjährigen Kalkulationszeitraum 2016 prognostizierten tatsächlichen und kalkulierten Kosten und Maßstabseinheiten.

Insoweit besteht die Besonderheit, dass der Antragsgegner bei der Beschlussfassung über die Gebührensätze im dreijährigen Kalkulationszeitraum 2017 – 2019 im Dezember 2016 die tatsächlichen Kosten aus dem Kalkulationszeitraum 2016 noch nicht kennen und berechnen konnte, weil der Kalkulationszeitraum noch nicht abgelaufen war, ein Ausgleich für 2016 aber gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. mit Ablauf des Jahres 2019 wirksam werden musste bzw. sollte.

Hier kommt der bereits dargestellte Ausnahmefall zur Anwendung, in dem dann, wenn eine Betriebsabrechnung, aus der sich die tatsächlichen Kosten ergeben können, vor Beginn des Kalkulationszeitraums, in dem die Über-/Unterdeckungen letztmalig berücksichtigt werden können, noch nicht vorliegt, auf Schätzungen zurückgegriffen werden muss (vgl. Brüning in Driehaus, a. a. O., Rn. 105b; zum Zurückgreifen auf Schätzungen, wenn im Zeitpunkt der Kalkulation für den nächsten Bemessungszeitraum noch keine Betriebsabrechnung vorliegt, aus der sich etwaige Kostenüberdeckungen ergeben auch BVerwG, Urteil vom 27.11.2019 – 9 CN 1.18 – juris Rn. 41). Somit wäre hier für das im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gebührensätze für 2017 – 2019 jedenfalls zu mehr als ¾ abgelaufene Jahr 2016 eine Prognose der zu erwartenden tatsächlichen Kosten und Maßstabseinheiten zu treffen gewesen, um diese anschließend den Ende 2015 für das Jahr 2016 kalkulierten Kosten und Maßstabseinheiten gegenüberzustellen. Insofern hat auch der Antragsgegner im Normenkontrollverfahren vorgetragen, dass der Verlauf des (zum Zeitpunkt der Kalkulation für 2017 – 2019 noch nicht abgelaufenen) Geschäftsjahres 2016 anhand der zum Zeitpunkt der Erstellung der Kalkulation verfügbaren Daten in die „Prognose 2016“ einbezogen worden sei, was in der Zeit von Juli bis September 2016 stattgefunden habe.

Jedoch beruht auch die für das Jahr 2016 prognostizierte Unterdeckung von 6.339.902,88 EUR nicht auf einem Vergleich der kalkulierten gegenüber den für 2016 voraussichtlichen tatsächlichen (prognostizierten) Kosten und Maßstabseinheiten. Vielmehr ist auch im Bereich der Prognose 2016 bzw. des Plans für 2017 bzw. der Hochrechnungen für 2018 und 2019 in Anlage 4 zur BDs 107 methodisch so verfahren worden wie unter (a) für die Berechnung der Unterdeckung im Jahr 2015 dargestellt, um die für das Jahr 2016 prognostizierte Unterdeckung von 6.339.902,88 EUR zu ermitteln. Diese Unterdeckung ergibt sich lediglich als rechnerisches Ergebnis der Betriebsabrechnung (= Verlust/Fehlbetrag), indem von den gesamten Erträgen die gesamten Aufwendungen einschließlich interner Leistungsverrechnung und kalkulatorischer Kosten abgezogen wurden. Ein Vergleich der kalkulierten und prognostizierten Maßstabseinheiten fehlt wiederum völlig.

cc) Konnte danach die Verbandsversammlung des Antragsgegners die wirkliche Höhe der Kostenüber- bzw. -unterdeckungen aus den vorangegangenen Kalkulationszeiträumen 2014/2015 und 2016 bei der Beschlussfassung über die Gebührensätze 2017 – 2019 nicht kennen, weil keine § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. entsprechende Ermittlung der ausgleichspflichtigen bzw. -fähigen Über- oder Unterdeckungen erfolgt ist, führt bereits dieser Mangel in der Entscheidungsfindung dazu, dass es an einer wirksamen Festlegung des im Normenkontrollverfahren streitigen Grundgebührensatzes und aller anderen Gebührensätze in der 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung im ausgleichspflichtigen Zeitraum 2017 – 2019 fehlt.

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass Fehler bei der Entscheidungsfindung über einen fristgerechten Ausgleich nach § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG dazu führen, dass es nach Ablauf der Ausgleichsfrist an einer wirksamen Festlegung der Gebührensätze im dritten, ausgleichspflichtigen Jahr fehlt bzw. an der wirksamen Festlegung der Gebührensätze in einem mehrjährigen Kalkulationszeitraum, der das ausgleichspflichtige dritte Jahr umfasst (hierzu im Einzelnen: Senatsurteil vom 3.5.2021 – 9 KN 162/17 – juris Rn. 296). Zu solchen Fehlern bei der Entscheidungsfindung gehört die Unkenntnis über ausgleichspflichtige bzw. -fähige Kostenüber- oder -unterdeckungen ebenso wie der bewusst oder irrtümlich unterlassene Ausgleich einer Überdeckung oder die auf unrichtiger Grundlage getroffene Entscheidung über einen Ausgleich ansatzfähiger Unterdeckungen spätestens im dritten Jahr. Für diese, sich unmittelbar aus der landesgesetzlichen Ausgleichspflicht ergebende Rechtsfolge kommt es auch nicht darauf an, in welcher Höhe sich ein eventueller Ausgleich auf die Höhe des Gebührensatzes ausgewirkt hätte, also ob der Gebührensatz bei einer fehlerfreien Ausgleichsentscheidung im Ergebnis nur geringfügig überhöht wäre bzw. unterhalb einer Fehlertoleranzgrenze läge (zu § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. bereits Senatsurteil vom 17.7.2012 – 9 LB 187/09 – juris Rn. 31 m. w. N.; im Einzelnen auch Lichtenfeld in Driehaus, a. a. O., § 6 Rn. 731d). Die Fehlerfolgenregelung in § 2 Abs. 1 Satz 3 NKAG findet keine Anwendung, da sie sich auf Fehler im Rechenvorgang bezieht. Fehler bei der Entscheidungsfindung über einen Ausgleich nach § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG sind dagegen anders als bloße Rechenfehler nur durch eine nachgeholte, fehlerfreie Entscheidung in Kenntnis der ausgleichspflichtigen bzw. -fähigen Über- oder Unterdeckungen heilbar (grundlegend das Senatsurteil vom 17.7.2012, a. a. O., Rn. 32).

Die unter 2 b) bb) dargestellten Fehler bei der Ermittlung der auszugleichenden Über- bzw. Unterdeckungen aus den Kalkulationszeiträumen 2014/2015 sowie 2016 sind solche Fehler bei der Entscheidungsfindung.

c) Aufgrund des untrennbaren Gesamtzusammenhangs, in dem die aufgrund des Verstoßes gegen § 5 Abs. 2 Satz 3 NKAG a. F. unwirksame Regelung des Grundgebührensatzes in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 mit den übrigen Regelungen in der 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung des Antragsgegners steht, ist diese Änderungssatzung – wie vom Antragsteller beantragt – insgesamt gemäß § 47 Abs. 5 VwGO für unwirksam zu erklären.

Wie der Senat in den Urteilen vom 10. November 2014 (etwa – 9 KN 316/13 – juris Rn.103 m. w. N.) entschieden hat, liegt es grundsätzlich in der Dispositionsmaxime eines Antragstellers, ob er eine einzelne Satzungsregelung oder die Satzung insgesamt zum Gegenstand des Normenkontrollverfahrens macht. Der gestellte Antrag ist wegen der auch im Normenkontrollverfahren anzuwendenden Vorschrift des § 88 VwGO Ausgangspunkt für die Prüfung durch das Normenkontrollgericht. Steht eine im Normenkontrollverfahren angegriffene einzelne Satzungsregelung derart untrennbar in einem Gesamtzusammenhang mit dem übrigen Normgefüge, dass eine Teilnichtigkeit ausscheidet, muss das Normenkontrollgericht jedoch wegen des (auch) objektiven Charakters des Normenkontrollverfahrens über den angegriffenen Teil hinaus auch die nicht angegriffenen Teile der Satzung für unwirksam erklären.

Der vom Antragsteller zunächst nur angegriffene Grundgebührensatz je Wohnung in § 3 Abs. 4 Nr. 4.1 AGS 2017 ist Teil des gesamten Normgefüges über die mit der 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung geänderten Gebührensätze und macht einen nicht unerheblichen Teil der über Gebühren finanzierten Gesamtkosten der Abfallbeseitigungseinrichtung des Antragsgegners aus (Anteil der Grundgebühr für Wohnungen: 38.110.517 EUR der über die Grund- und Behältergebühren finanzierten Gesamtkosten von 142.691.828 EUR; siehe Anlage 13 Nr. 2.2). Aus den Erwägungen im Senatsurteil vom 10. November 2014 ist daher auch hier – wie vom Antragsteller nachträglich ausdrücklich beantragt – die zum 1. Januar 2017 in Kraft getretene 2. Änderungssatzung zur Abfallgebührensatzung in der Fassung der Beschlussfassung vom 16. Dezember 2016 insgesamt für unwirksam zu erklären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.