Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.06.2022, Az.: 14 ME 243/22

Eingliederungshilfe

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.06.2022
Aktenzeichen
14 ME 243/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59595
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 13.04.2022 - AZ: 2 B 65/22

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII in Gestalt der Schulbegleitung. Die Tatbestandvoraussetzungen des § 35a SGB VIII sind gerichtlich voll überprüfbar.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 2. Kammer - vom 13. April 2022 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens um die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für eine Schulbegleitung.

Der am 24. September 2009 geborene Antragsteller besucht das Gymnasium. Er wurde wegen bestehender Schwierigkeiten in den Bereichen Sozialverhalten sowie Lern- und Arbeitsverhalten in Gestalt von Aufmerksamkeitsstörungen im November 2019 in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie (KJP) vorstellig. Von Mai 2020 bis Januar 2022 war er in verhaltenstherapeutischer Behandlung. Auf Antrag seiner Schule stellte das Landesamt für Schule und Bildung mit Bescheid vom 22. Februar 2022 fest, dass Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung des Antragstellers im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung bestehe.

Bereits unter dem 16. August 2021 hatte der Antragsteller die Übernahme der Kosten für eine Schulbegleitung beantragt.

Auf der Grundlage übermittelter Unterlagen (Elternfragebogen, Schulfragebogen, Schulzeugnisse, Fremdbefunde) und eigener Untersuchungen stellten die Psychologinnen der vom Antragsgegner beauftragten Jugendhilfe Südniedersachsen e.V. (JSN) in ihrer Stellungnahme vom 28. Januar 2022 fest, dass der Antragsteller an einer Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität (ISC-10 F98.8) leide. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die seelische Gesundheit des Antragstellers länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche. Eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft liege jedoch aus fachlicher Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vor.

Mit Bescheid vom 2. Februar 2022 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Schulbegleitung unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des JSN vom 28. Januar 2022 wegen einer nicht vorliegenden Teilhabebeeinträchtigung des Antragstellers ab.

Hiergegen hat der Antragsteller am 4. März 2022 beim Verwaltungsgericht Göttingen mit dem Antrag Klage erhoben, den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Februar 2022 aufzuheben, soweit dort die Bewilligung der Leistungen der Eingliederungshilfe in Gestalt der Schulbegleitung abgelehnt wurde, und den Antragsgegner zu verpflichten, nach Rechtsauffassung des Gerichts die Leistungen für das Schuljahr 21/22 zu gewähren. Zugleich hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und beantragt, ihm vorläufig Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für eine Schulbegleitung zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es fehle an einem Anordnungsanspruch, da die in § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII geforderte Teilhabebeeinträchtigung nicht glaubhaft gemacht worden sei. Eine solche Beeinträchtigung sei nur dann zu bejahen, wenn die festgestellte seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv sei, dass sie die Fähigkeit des Betroffenen zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtige oder eine solche Beeinträchtigung erwarten lasse. Nach Auswertung des in den Akten des Antragsgegners vorliegenden Materials und insbesondere auch der Angaben des Antragstellers selbst und seiner Eltern habe die Kammer bei der im vorliegenden Verfahren nur möglichen und erforderlichen summarischen Prüfung keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass beim Antragsteller infolge seiner seelischen Störung eine Teilhabebeeinträchtigung derzeit bestehe oder künftig drohe. Aus den vorliegenden Dokumenten seien Symptome einer auf Versagensängsten beruhenden Schulphobie, einer totalen Schul- und Lernverweigerung, eines Rückzugs aus jedem sozialen Kontakt oder einer Vereinzelung des Antragstellers in der Schule oder einer damit vergleichbaren Situation nicht erkennbar.

Darüber hinaus habe der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die Eltern des Antragstellers, die als Rechtsanwalt bzw. als selbständige Einzelhandelskauffrau berufstätig seien, hätten nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Kosten für eine Schulbegleitung nicht vorläufig selbst tragen könnten. Eine existenzielle finanzielle Notlage sei daher nicht belegt worden.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der diesen vorläufigen Rechtsschutz Begehrende muss gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft machen, dass ihm der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und dass ein Grund für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht (Anordnungsgrund). Daran fehlt es hier. Der Antragsteller hat weder einen Anordnungsgrund (dazu unter 1.) noch einen Anordnungsanspruch (dazu unter 2.) glaubhaft gemacht.

1. Ein Anordnungsgrund ist gleichzusetzen mit einem spezifischen Interesse gerade an der begehrten vorläufigen Regelung. Dieses Interesse ergibt sich regelmäßig aus einer besonderen Eilbedürftigkeit der Rechtsschutzgewährung (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 19.10.2010 - 8 ME 221/10 -, juris Rn. 4; Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Juli 2021, § 123 Rn. 81). Dabei ist einem die Hauptsache vorwegnehmenden Antrag im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise (vgl. zum grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes: BVerwG, Beschl. v. 27.5.2004 - 1 WDS-VR 2/04 -, juris Rn. 3) dann stattzugeben, wenn durch das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes ist Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.4.2008 - 2 BvR 338/08 -, juris Rn. 3; Beschl. v. 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 -, juris Rn. 17; BVerwG, Beschl. v. 10.2.2011 - 7 VR 6/11 -, juris Rn. 6; Nds. OVG, Beschl. v. 12.5.2010 - 8 ME 109/10 -, juris Rn. 14).

Der Antragsteller erstrebt eine solche Vorwegnahme der Hauptsache. Denn das Ziel der von ihm begehrten Regelungsanordnung ist mit dem Ziel des Klageverfahrens identisch. Dem steht nicht entgegen, dass die im einstweiligen Anordnungsverfahren erstrebte Rechtsstellung unter der auflösenden Bedingung des Ergebnisses des Klageverfahrens stünde. Denn auch die bloße vorläufige Vorwegnahme der Hauptsache vermittelt dem jeweiligen Antragsteller die mit dem Klageverfahren verfolgte Rechtsposition und stellt ihn - ohne dass diese Rechtsstellung rückwirkend wieder beseitigt werden könnte - vorweg so, als wenn er im Klageverfahren bereits obsiegt hätte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.12.1989 - 2 ER 301/89 -, juris Rn. 3; Nds. OVG, Beschl. v. 8.10.2003 - 13 ME 342/03 -, juris Rn. 29; Beschl. v. 12.3.2012 - 8 ME 159/11 - juris Rn. 13; OVG RP, Beschl. v. 21.10.1987 - 12 B 109/87 -, NVwZ-RR 1988, 19).

Der danach nur ausnahmsweise mögliche Erlass einer solchen, die Hauptsache vorwegnehmenden Regelungsanordnung kommt hier nicht in Betracht. Denn der Antragsteller hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihm ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.

Das Verwaltungsgericht hat einen Anordnungsgrund verneint, weil die Eltern des Antragstellers, die als Rechtsanwalt bzw. als selbständige Einzelhandelskauffrau berufstätig seien, nicht glaubhaft gemacht hätten, dass sie die Kosten für eine Schulbegleitung nicht vorläufig selbst tragen könnten. Eine existenzielle finanzielle Notlage sei nicht belegt worden. Eine Entscheidung über die Gewährung von Geldleistungen für eine jugendhilferechtliche Maßnahme im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes sei nur geboten, wenn eine notwendige Maßnahme aufgrund der ungeklärten Kostentragung nicht durchgeführt werde oder wenn eine bisher tatsächlich durchgeführte Maßnahme abgebrochen zu werden drohe. Diese Voraussetzungen lägen beispielsweise nicht vor, wenn die Eltern des Kindes bzw. Jugendlichen in der Lage seien, die Kosten der Maßnahme einstweilen vorzuschießen (OVG NRW, Beschl. v. 21.8.2001 - 12 B 582/01 -, juris Rn. 16).

Dem ist der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Seine pauschalen Ausführungen, die Kosten der Maßnahme einstweilen vorzuschießen hätte - entgegen der Ausführungen des Verwaltungsgerichts - durchaus zu einer existentiellen finanziellen Notlage führen können, genügen schon nicht dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Die bloße Behauptung der Möglichkeit des Eintritts einer existenziellen finanziellen Notlage vermag auf der Basis der Argumentation des Verwaltungsgerichts, die der Antragsteller nicht durchgreifend in Frage stellt, gerade keinen Anordnungsgrund zu begründen. Vielmehr hätte der Antragsteller durch konkrete Angaben insbesondere zu den finanziellen Verhältnissen seiner Eltern substantiiert darlegen und glaubhaft machen müssen, dass diese nicht in der Lage sind, die Kosten der Maßnahme vorzustrecken, ohne in eine finanzielle Notlage zu geraten.

2. Unabhängig davon hat der Antragsteller auch das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht.

Unter Berücksichtigung der hier wegen der in der begehrten Anordnung liegenden Vorwegnahme der Hauptsache geltenden hohen Anforderungen hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht, dass er einen Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe in Form einer Schulbegleitung nach § 35a Abs. 1 SGB VIII hat.

Die Voraussetzung des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII, das Abweichen der seelischen Gesundheit vom Lebensalterstypischen, ist vom Verwaltungsgericht mit Blick auf die bei dem Antragsteller diagnostizierte Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität (ISC-10 F98.8) bejaht worden. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

Die Gewährung von Eingliederungshilfe verlangt jedoch nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII darüber hinaus, dass die Teilhabe des Kindes am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.

Die Einschätzung, ob eine Teilhabebeeinträchtigung vorliegt, fällt in die Kompetenz sozialpädagogischer Fachlichkeit und somit in den Aufgabenbereich des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 27.9.2018 - 10 ME 357/18 -, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschl. v. 15.7.2011 - 12 A 1168/11 -, juris Rn. 11; Beschl. v. 15.10.2014 - 12 B 870/14 -, juris Rn. 19, jew. m.w.N.). Hierbei ist das Vorliegen einer Teilnahmebeeinträchtigung als unbestimmter Rechtsbegriff - anders als die Auswahl der konkret notwendigen und geeigneten Hilfemaßnahmen (vgl. hierzu Nds. OVG, Beschl. v. 2.6.2022 - 14 ME 240/22 -, veröffentlicht in juris) - gerichtlich voll überprüfbar; auf Seiten des Jugendamtes besteht kein Beurteilungsspielraum (vgl. BayVGH, Beschl. v. 18.02.2013 - 12 CE 12.2104 -, juris Rn. 40; OVG NRW, Beschl. v. 12.6.2014 - 12 A 659/14 -, juris Rn. 13; Beschl. v. 15.10.2014 - 12 B 870/14 -, juris Rn. 23, jew. m.w.N.)

Die Teilhabe des Betroffenen am Leben in der Gesellschaft ist im Sinne des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB VIII beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung ist zu erwarten, wenn die seelische Störung nach Breite, Tiefe und Dauer so intensiv ist, dass sie die Fähigkeit des Betroffenen zur Eingliederung in die Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung erwarten lässt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.9.2000 - 5 C 29.99 -, juris Rn 19; Urt. v. 26.11.1998 - 5 C 38.97 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschl. v. 27.9.2018 - 10 ME 357/18 -, juris Rn. 6).
Erforderlich ist daher, dass eine nachhaltige Einschränkung der sozialen Funktionstüchtigkeit des Betreffenden vorliegt oder eine solche droht. Dies ist beispielsweise bei einer auf Versagensängsten beruhenden Schulphobie, bei einer totalen Schul- und Lernverweigerung, bei einem Rückzug aus jedem sozialen Kontakt oder bei einer Vereinzelung in der Schule anzunehmen, nicht aber bereits bei bloßen Schulproblemen und Schulängsten, wie sie auch andere Kinder teilen (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.11.1998 - 5 C 38.97 -, juris Rn. 15; OVG NRW, Beschl. v. 12.6.2014 - 12 A 659/14 -, juris Rn. 9, m.w.N.).
Das Verwaltungsgericht hat auf Grundlage der bis zu seiner Entscheidung vorliegenden Stellungnahmen eine Teilhabebeeinträchtigung im Sinne des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII im Rahmen der nur gebotenen vorläufigen Einschätzung zutreffend verneint. Es hat zu Recht angenommen, dass die Grundstimmung des Antragstellers und insbesondere seine Selbstwerteinschätzung nach seinen eigenen Angaben positiv sei und keine Anhaltspunkte für eine besondere Belastung oder das Vorliegen von Ängsten bestünden, die für eine Teilhabebeeinträchtigung sprechen würden. Dies werde durch die eigenen Angaben des Antragstellers deutlich, der im Fragenbogen zu Ressourcen im Kindes- und Jugendalter (sog. FRKJ 8-16-Fragebogen) geäußert habe, immer eine positive Grundstimmung zu haben, fest an sich zu glauben, auf sich stolz sein zu können, sich wohl zu fühlen, wenn er über sich selbst nachdenke, und viele positive Gefühle zu haben, wenn er an sich denke. Diese Einschätzung werde durch die Angaben der Eltern im „Elternfragebogen Schulbegleitung“ vom 10. August 2021 bestärkt, die den Antragsteller als überwiegend positiv (freundlich, aktiv, lebensfroh und zufrieden) einstuften und nur im Merkmal (unsicher/ängstlich) negativ bewertet hätten. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Beschluss des Verwaltungsgerichts verwiesen.
Soweit der Antragsteller mit seiner Beschwerde beanstandet, dass sich das Verwaltungsgericht mit der Stellungnahme der Schule vom 14. Februar 2021 nicht auseinandergesetzt habe, in der es heißt:

„Das Arbeits- und Sozialverhalten des Schülers bezogen auf den schulischen Kontext jedoch entspricht nicht den Erwartungen und seine Aufmerksamkeitsstörung beeinflusst das schulische Leistungsverhalten negativ. Davon sind auch die Mitschülerinnen und Mitschüler betroffen, da sie regelmäßig Antworten auf seine zusätzlichen Fragen geben und ihm helfen, Arbeitsprozesse zu strukturieren. Sie empfinden gemeinsames Arbeiten mit als wenig effektiv und belastend. Daher sehen wir sehr wohl eine Teilhabebeeinträchtigung, welche zusätzlich noch maßgeblich begründet ist durch s Einschränkung im Sozialverhalten. ist weiterhin in der Schule ein Einzelgänger und findet keinen sozialen Anschluss an Mitschülerinnen und Mitschülern. Er ist nicht im Klassenverband integriert und hat keine Freunde innerhalb der Klasse. Sein Verhalten gegenüber Mitgliedern der Schulgemeinschaft ist gekennzeichnet durch Rückzug und Vermeidung.“

kann er mit diesem Vorbringen nicht durchdringen. Nur weil das Verwaltungsgericht nicht zu jeder einzelnen Stellungnahme Ausführungen gemacht hat, ist hieraus nicht zu folgern, dass diese keine Berücksichtigung im Rahmen der Entscheidung gefunden haben. Die Stellungnahme der Schule vom 14. Februar 2021 stellt - neben den Untersuchungen durch den JSN sowie den weiteren vorliegenden Stellungnahmen, Befunden und Fragebögen - nur eines der vorliegenden Erkenntnismittel für die Beurteilung der Frage der Teilhabebeeinträchtigung des Antragstellers dar. Im Rahmen der Feststellung der Teilhabebeeinträchtigung des Antragstellers sind alle vorliegenden Unterlagen heranzuziehen und in der Gesamtschau auszuwerten. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht der vorgenommenen rechtlichen Bewertung der Schule in ihrer Stellungnahme vom 14. Februar 2021, wonach wegen des auffälligen Arbeits- und Sozialverhaltens eine Teilhabebeeinträchtigung beim Antragsteller vorliege, unter Berücksichtigung aller vorliegenden Erkenntnismittel nicht gefolgt ist. Gegen diese Annahme sprechen insbesondere die nachvollziehbaren fachlichen Feststellungen der Psychologinnen des JSN in der Stellungnahme vom 28. Januar 2022, wonach mit hoher Wahrscheinlichkeit die seelische Gesundheit des Antragstellers länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche, aber eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft aus fachlicher Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vorliege. Dabei sind die in der Stellungnahme der Schule aufgeworfenen Probleme durchaus berücksichtigt worden. In der Stellungnahme des JSN vom 28. Januar 2022 wird unter anderem ausgeführt, dass der Antragsteller große Konzentrationsprobleme habe und ablenkbar sei; er brauche viel Anleitung für die Strukturierung der Aufgabenbearbeitung. Zudem sei der Antragsteller sehr zurückhaltend und zeige selten emotionale oder emphatische Reaktionen. Er suche von sich aus mit Ausnahme eines anderen Schülers keinen Kontakt zu anderen Mitschülern. Er werde auch als Einzelgänger bezeichnet. Die Aufmerksamkeitsstörung beeinflusse auch das schulische Leistungsverhalten. Eine Teilhabebeeinträchtigung wird aus fachlicher Hinsicht gleichwohl verneint. Substantiierte Einwände gegen die fachliche Stellungnahme des JSN sowie die vom Verwaltungsgericht nachvollziehbar ausgewerteten Fragebögen des Antragstellers und der Eltern macht der Antragsteller im Übrigen nicht geltend.
Hinzu kommt, dass die Ausführungen in der Stellungnahme der Schule vom 14. Februar 2021 zum Teil widersprüchlich sind. Soweit in der Stellungnahme der Schule ausgeführt wird, dass das Arbeits- und Sozialverhalten des Antragstellers nicht den Erwartungen entspreche, ist im Halbjahreszeugnis der 6. Klasse vom 29. Januar 2021 - und somit etwa drei Wochen zuvor - das Arbeitsverhalten mit „entspricht den Erwartungen mit Einschränkungen“ und das Sozialverhalten mit „entspricht den Erwartungen“ bewertet worden.
Den zuvor dargestellten Erwägungen entsprechend bieten die weiteren in der Beschwerdebegründung benannten Stellungnahmen der Schule (Fördergutachten vom 6. Januar 2022, Schulbericht vom 21. September 2021 und Dokumentation eines Schulbesuches vom 13. Dezember 2021), in denen das Einzelgängertum des Antragstellers hervorgehoben wird, ebenso keine ausreichende Grundlage für die Annahme einer Teilhabebeeinträchtigung des Antragstellers im Sinne des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII. Das Einzelgängertum und die Isolation des Antragstellers haben wie bereits ausgeführt in der fachlichen Stellungnahme des JSN Berücksichtigung gefunden; im Ergebnis wird diese aber eben nicht durch eine seelische Erkrankung bedingt angesehen.
Der weitere Einwand des Antragstellers, dass ihm sonderpädagogische Unterstützung zugesprochen worden und diese nicht geeignet sei, die Schulbegleitung zu ersetzen, greift ebenfalls nicht durch. Aus der Gewährung von sonderpädagogischer Unterstützung kann eine Teilhabebeeinträchtigung im Sinne des nach § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII nicht abgeleitet werden.Dass die sonderpädagogische Unterstützung eine Schulbegleitung nicht ersetzen kann, wird nicht bezweifelt, ist vorliegend jedoch unerheblich, da es bereits an der Tatbestandsvoraussetzung der Teilhabebeeinträchtigung im Sinne des § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII fehlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).