Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.05.2022, Az.: 5 ME 161/21

Aufstieg; Auswahlverfahren; dienstliche Beurteilung; Qualifikationsvergleich

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.05.2022
Aktenzeichen
5 ME 161/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59553
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 17.12.2021 - AZ: 13 B 4457/21

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Auswahl zwischen Bewerbern für eine Qualifikationsmaßnahme i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NLVO ist in erster Linie anhand der aktuellen dienstlichen Beurteilungen vorzunehmen.

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 13. Kammer - vom 17. Dezember 2021 geändert.

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, eine Qualifizierung der Beigeladenen gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung (NLVO) zum Erwerb der Befähigung für die Laufbahn der Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt unter Besetzung des Dienstpostens der Referentin/des Referenten 17 2 beim Niedersächsischen Finanzministerium (Stellenausschreibung vom 4.2.2021 - VD1 - 03041/1 [17 2]) mit der Beigeladenen durchzuführen, bevor nicht bestandskräftig über die Bewerbung der Antragstellerin vom 20. Februar 2021 entschieden worden ist.

Die Kosten des ersten Rechtszugs trägt der Antragsgegner. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsgegner und die Beigeladene je zur Hälfte.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Ziel weiter, eine Qualifizierung der Beigeladenen für die Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt, unter Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens 17 2 mit der Beigeladenen zu verhindern.

Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene sind als Beamtinnen der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt (Besoldungsgruppe A 13) bei dem Antragsgegner beschäftigt. Beide sind schwerbehindert.

Im Wege einer hausinternen Stellenausschreibung schrieb der Antragsgegner unter dem 4. Februar 2021 den Referenten-Dienstposten 17 2 in seiner Abteilung … zur Neubesetzung mit einem Beamten aus, der im Rahmen einer Qualifizierung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NLVO die Befähigung für die Laufbahn der Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt durch entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen erwerben wolle. Die Stellenausschreibung richte sich im Rahmen der Personalentwicklung ausschließlich an besonders qualifizierte Beamte des Nds. Finanzministeriums, die der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt, ab der Besoldungsgruppe A 12 NBesO angehörten und bereit seien, ein mehrstufiges Auswahlverfahren mit externer Begleitung zu durchlaufen. Der Dienstposten umfasse neben den mit der Leitung des Referatsteils verbundenen Führungsaufgaben die Aufgabenbereiche Kommunale Finanzen, Haushaltsangelegenheiten der Staatskanzlei und Haushaltsangelegenheiten des landeseigenen Hochbaus. Zwingend vorausgesetzt würden u. a. fundierte Kenntnisse und umfassende praktische Erfahrungen in der Aufstellung und Durchführung des Landeshaushalts bzw. von Ressorthaushalten, nachgewiesen durch entsprechende langjährige und vielseitige Tätigkeiten in einer obersten Landesbehörde.

Auf die Ausschreibung bewarben sich die Antragstellerin, die Beigeladene und vier weitere Beamte.

Im Vorauswahlvermerk vom 24. März 2021 stellt der Antragsgegner fest, sämtliche Bewerber seien Beamte des Antragsgegners, gehörten der Laufbahn der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt an und befänden sich mindestens in der Besoldungsgruppe A 12. Die Voraussetzung der fundierten Kenntnisse und umfassenden praktischen Erfahrungen in der Aufstellung und Durchführung des Landeshaushalts bzw. von Ressorthaushalten, nachgewiesen durch entsprechende langjährige und vielseitige Tätigkeiten in einer obersten Landesbehörde, werde u. a. von der Beigeladenen erfüllt. Da die Antragstellerin zum Kreis der schwerbehinderten Menschen gehöre und ihr die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehle, sei sie zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Sie sei - ebenso wie die Beigeladene, die als einzige unter den zum Auswahlverfahren zugelassenen Beamten im Rahmen der letzten Beurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2020 die Gesamtnote „B“ („Die Leistungsanforderungen werden deutlich übertroffen“) anstatt „A“ („Die Leistungsanforderungen werden in besonders herausragender Weise übertroffen“) erhalten hatte - aufgrund der Note der letzten dienstlichen Beurteilung besonders qualifiziert.

Das Auswahlverfahren fand am 18. und 19. Mai 2021 statt. Dieses bestand neben einer persönlichen Vorstellung jeweils aus einem strukturierten Auswahlgespräch und einer Fallstudie mit fachlichem Bezug. Ausweislich des Auswahlvermerks vom 19. Mai 2021 kam die Auswahlkommission abschließend übereinstimmend zu der Feststellung, dass die Beigeladene einen deutlich erkennbaren Leistungsvorsprung gegenüber den übrigen Kandidatinnen und Kandidaten aufweisen könne. Diese sei nach Leistung, Eignung und Befähigung die am besten geeignete Bewerberin für eine Qualifizierung zur zukünftigen Besetzung des Dienstpostens 17 2.

Mit Schreiben vom 23. Juni 2021 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass sich das Auswahlgremium nach umfassender Würdigung der für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Kriterien für die Beigeladene entschieden habe. Der Beigeladenen teilte der Antragsgegner mit Schreiben vom 29. Juni 2021 mit, dass ihre Qualifizierungsmaßnahme am 1. August 2021 auf dem vakanten Dienstposten 17 2 beginnen und der Qualifizierungszeitraum voraussichtlich zwölf Monate betragen werde.

Die Antragstellerin hat am 7. Juli 2021 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Das Verwaltungsgericht Hannover hat ihre Anträge,

1. dem Antragsgegner vorläufig zu untersagen, den Dienstposten 17 2 beim Niedersächsischen Finanzministerium im Rahmen einer Qualifizierung für die Übertragung von Ämtern ab BesGr. A 14 gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NLVO (Stellenausschreibung vom 4.2.2021 - VD 1-03041/1 (17 2)) der Beigeladenen zu übertragen und sie unter Einweisung in eine Planstelle der BesGr. A 14 einzuweisen, bevor nicht bestandskräftig über die Bewerbung der Antragstellerin erneut entschieden worden ist,

2. dem Antragsgegner vorläufig zu untersagen, die Qualifizierung der Beigeladenen gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NLVO zur Befähigung für die Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt, durchzuführen, bevor nicht bestandskräftig über die Bewerbung der Antragstellerin erneut entschieden worden ist,

mit Beschluss vom 17. Dezember 2021, der Antragstellerin zugestellt am 20. Dezember 2021, abgelehnt. Hinsichtlich des Antrags zu 1. fehle es derzeit an einem Anordnungsgrund. Hinsichtlich des Antrags zu 2. habe die Antragstellerin zwar das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, nicht jedoch eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 29. Dezember 2021, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Der Antragsgegner und die Beigeladene treten der Beschwerde entgegen.

II.

Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren beantragt, unter Abänderung des angegriffenen Beschlusses nach den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen zu erkennen. Der Senat versteht das mit den bezeichneten Anträgen verfolgte Rechtsschutzziel der Antragstellerin bei sachgerechter Würdigung dahingehend, dass sie eine Qualifizierung der Beigeladenen gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Niedersächsischen Laufbahnverordnung (NLVO) unter Besetzung des streitgegenständlichen Dienstposten 17 2 mit der Beigeladenen verhindern will (vgl. §§ 122 Abs. 2, 88 der Verwaltungsgerichtsordnung
- VwGO -). Die so verstandene Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Änderung der angefochtenen vorinstanzlichen Entscheidung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Sinne.

Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt sowohl die Glaubhaftmachung eines materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) als auch der besonderen Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens (Anordnungsgrund) voraus (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung - ZPO -).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Antragstellerin hat sowohl das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs als auch eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht.

Die getroffene Auswahlentscheidung erweist sich als rechtswidrig. Die Antragstellerin ist durch sie in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt, weil die Auswahlentscheidung nicht in ausreichender Weise dem in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Grundsatz der Bestenauslese Rechnung trägt.

Auswahlentscheidungen unterliegen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 15.11.2010 - 5 ME 244/10 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 6.10.2011 - 5 ME 296/11 -, juris Rn. 3; Beschluss vom 16.4.2018 - 5 ME 28/18 -, juris Rn. 17). Erweist sich die Auswahlentscheidung anhand dieses Maßstabs als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, erscheint eine Auswahl des jeweiligen Antragstellers also jedenfalls möglich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn. 11 ff.; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.9.2011 - 5 ME 234/11 -, juris Rn. 27), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. Dabei darf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32). Das bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl vornehmen müssen.

Der bei Konkurrentenstreitverfahren wie dem vorliegenden zu beachtende rechtliche Rahmen ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 19). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, gelten diese Vorgaben auch dann, wenn - wie hier - zwar noch nicht unmittelbar über eine Beförderung entschieden wird, wohl aber über den Zugang zu einer Aufstiegsausbildung, deren erfolgreicher Abschluss Voraussetzung für die spätere Beförderung in ein Amt einer höheren Qualifikationsebene ist. Denn in solchen Fällen kommt die Entscheidung über den Zugang zur Aufstiegsausbildung bereits einer vorweggenommenen Beförderungsentscheidung nahe (Nds. OVG, Beschluss vom 11.2.2014 - 5 ME 15/14 -, juris Rn. 9; in diesem Sinne auch Nds. OVG, Beschluss vom 11.7.2016 - 5 ME 78/16 -; Bay. VGH, Beschluss vom 22.6.2018 - 3 CE 18.604 -, juris Rn. 31). Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - BVerwG 2 C 16.02 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 10.10.2012 - 5 ME 235/12 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 14.11.2013 - 5 ME 228/13 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 23.5.2014 - 5 ME 61/14 - ). Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21). Ist aufgrund dieser aktuellen Beurteilungen von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen, ist für die Auswahlentscheidung (zunächst) auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 -, juris Rn. 22f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.5.2005 - 5 ME 57/05 -, juris Rn. 20), ehe die Heranziehung nicht leistungsbezogener Hilfskriterien in Betracht kommt. Sofern Bewerber in der aktuellen dienstlichen Beurteilung mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, hat der Dienstherr (als weiteres unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium) zunächst die aktuellen Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (BVerwG, Beschluss vom 19.12.2014 - BVerwG 2 VR 1.14 -, juris Rn. 35; Nds. OVG, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 ME 151/16 -, juris Rn. 19). Sind die Bewerber auch nach der umfassenden inhaltlichen Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen („ausschärfende Betrachtung“) als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann die zuständige Behörde auf andere leistungsbezogene Gesichtspunkte - wie etwa die Vorbeurteilung - abstellen (Nds. OVG, Beschluss vom 27.11.2019 - 5 ME 158/19 -) oder auch auf das leistungsbezogene Erkenntnismittel eines strukturierten Auswahlgesprächs zurückgreifen (Nds. OVG, Beschluss vom 16.9.2019 - 5 ME 126/19 -, juris Rn. 41 m. w. Nw.).

Diesen Vorgaben wird die streitgegenständliche Auswahlentscheidung nicht gerecht. Die Antragstellerin rügt mit ihrer Beschwerde zu Recht, dass die dienstlichen Beurteilungen und insbesondere ihr sich aus dem Beurteilungsvergleich ergebender Leistungsvorsprung gegenüber der Beigeladenen bei der Auswahl nicht hinreichend berücksichtigt worden sind.

Das Verwaltungsgericht hat in der angegriffenen Entscheidung (Beschlussabdruck
- BA - S. 14) zutreffend festgestellt, dass im Hinblick auf Auswahlentscheidungen, die Beförderungen oder an den Grundsätzen der Bestenauslese orientierte Dienstpostenübertragungen betreffen, dienstlichen Beurteilungen nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung das ausschlaggebende Gewicht zukomme. Dies - so das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 23. August 2019 (- 19 K 11355/17 -, juris) weiter - sei allerdings auf Auswahlverfahren, die die Zulassung zu einem Aufstiegsverfahren von einer Laufbahngruppe in eine andere Laufbahngruppe regelten, oder die Zulassung zu einem Auswahlverfahren für Beamte der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt beträfen, die sich für ein Amt der Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt, qualifizieren wollten, nicht uneingeschränkt übertragbar. Begründe der Gesetz- oder Verordnungsgeber insofern ein besonders geregeltes Auswahl- und Eignungsfeststellungsverfahren, so liege es grundsätzlich im gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum des Dienstherrn, welchen Beurteilungsgrundlagen, etwa Ergebnissen von Prüfungen, Tests oder Bewerbungsgesprächen er das ausschlaggebende Gewicht für die Auswahlentscheidung beimesse. Vorliegend sei nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner die dienstlichen Beurteilungen der Bewerber vollends außer Acht gelassen habe. Er habe nur diejenigen zum Auswahlgespräch eingeladen, die mit „A“ oder „B“ beurteilt worden seien. Dass der Antragsgegner die Auswahl eines Bewerbers nicht allein von der dienstlichen Beurteilung abhängig gemacht, sondern vielmehr auch auf andere Aspekte wie insbesondere das Vorhandensein einschlägiger Fachkenntnisse sowie Sozial- und Führungskompetenz abgestellt habe, sei nicht zu beanstanden.

Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Nach seiner ständigen Rechtsprechung ist im Rahmen des Qualifikationsvergleichs zwischen konkurrierenden Bewerbern derjenige Bewerber mit der besten Gesamtnote in seiner dienstlichen Beurteilung als der am besten geeignete auszuwählen. Nur bei im Wesentlichen gleich - d. h. mit der gleichen Gesamtnote (Nds. OVG, Beschluss vom 12.4.2010 - 5 ME 7/10 -, juris Rn. 6) - beurteilten Bewerbern darf der Dienstherr für seine Auswahlentscheidung ggf. (nach einer ausschärfenden Betrachtung) auf weitere leistungsbezogene Kriterien wie etwa ein strukturiertes Auswahlgespräch bzw. Assessment-Center zurückgreifen (hierzu ausführlich Nds. OVG, Beschluss vom 12.9.2018 - 5 ME 104/18 -, juris Rn. 28 m. w. Nw.).

Hiervon ausgehend hätte die Beigeladene aufgrund ihrer um eine Notenstufe schlechteren Gesamtnote gar nicht erst zum Auswahlverfahren eingeladen werden dürfen. Ein homogenes Bewerberfeld lag nach den aktuellen dienstlichen Beurteilungen nicht vor. Die Beigeladene war im Rahmen des Bewerberfeldes die am schlechtesten geeignete Bewerberin, da sie als einzige lediglich die Gesamtnote „B“ und nicht „A“ erhalten hatte.

Ob in Fällen, in denen der Gesetz- oder Verordnungsgeber ein „besonders geregeltes Auswahl- und Eignungsfeststellungsverfahren begründet“ und hierdurch zum Ausdruck gebracht hat, dass diesem beim Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern eine zentrale Bedeutung zukommen soll, von den dargestellten Grundsätzen abgewichen werden könnte, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn ein solches Verfahren hat der niedersächsische Gesetz- und Verordnungsgeber jedenfalls für Beamte der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt, die sich - wie hier - für die Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt, qualifizieren wollen, nicht vorgesehen. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 NLVO kann die oberste Dienstbehörde für Beamte, die unter Satz 1 Nr. 2 oder 3 fallen, d. h. die die Bildungsvoraussetzungen für eine Einstellung im zweiten Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 erfüllen oder eine von der obersten Dienstbehörde bestimmte Qualifizierung erfolgreich abgeschlossen haben, „als weitere Voraussetzung das Durchlaufen eines von ihr bestimmten Auswahlverfahrens vorschreiben“. Die oberste Dienstbehörde wird hierdurch weder ermächtigt, den der Auswahlentscheidung vorgeschalteten Qualifikationsvergleich nach Belieben zu gestalten, noch die herangezogenen Beurteilungsgrundlagen frei zu gewichten. Vielmehr ermöglicht § 12 Abs. 2 Satz 3 NLVO das Durchlaufen eines Auswahlverfahrens lediglich als „weitere“ Voraussetzung neben der (vorrangig zu berücksichtigenden) dienstlichen Beurteilung (so bereits Nds. OVG, Beschluss vom 11.7.2016 - 5 ME 78/16 -).

Die von den Beteiligten angeführte Rechtsprechung anderer Gerichte zu den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen in Bayern und Nordrhein-Westfalen, auf die auch das Verwaltungsgericht Bezug genommen hat, lässt sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen.

Für Nordrhein-Westfalen hat das Land Nordrhein-Westfahlen in Bezug auf §§ 19 f. der dortigen Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 4. Januar 1995 entschieden, dass die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu Auswahlentscheidungen, die Beförderungen oder Dienstpostenübertragungen beträfen, für den Aufstieg vom Laufbahnabschnitt II in den Laufbahnabschnitt III nicht gelte. Der Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahn bzw. den nächsthöheren Laufbahnabschnitt bringe regelmäßig grundlegend andere Anforderungen mit sich als eine Beförderung innerhalb derselben Laufbahn. In diesem Fall sei eine Einschätzung des Verordnungsgebers, die aus dienstlichen Beurteilungen zu gewinnende Eignungsaussage sei insoweit durch weitere gleichrangige Auswahlinstrumente zu ergänzen, die zum Vorliegen der erforderlichen Kompetenzen Aussagen zu treffen geeignet seien, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Diesen Auswahlinstrumenten könne bei entsprechender sachlicher Rechtfertigung im Einzelfall auch überwiegendes Gewicht zukommen (OVG NRW, Beschluss vom 3.8.2017 - 6 B 828/17 -, juris Rn. 28 ff.).

Dieser Rechtsprechung hat sich das Verwaltungsgericht Köln in einem Urteil, das den Ausbildungsaufstieg nach § 20 der Verordnung über die Laufbahnen der Beamtinnen und Beamten im Land Nordrhein-Westfalen (LVO NRW) zum Gegenstand hatte, angeschlossen. Begründe der Gesetz- oder Verordnungsgeber - wie es für den Aufstieg in die Laufbahngruppe 2 der Fall sei - ein besonders geregeltes Auswahl- und Eignungsfeststellungsverfahren, so liege es grundsätzlich im gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum des Dienstherrn, welchen Beurteilungsergebnissen, etwa Ergebnissen von Prüfungen, Tests oder Bewerbungsgesprächen er auschlaggebendes Gewicht für die Auswahlentscheidung beimesse. Die im Grundsatz zu berücksichtigenden dienstlichen Beurteilungen dürften jedoch nicht vollständig außer Betracht gelassen werden. Aus dem in § 2 LVO NRW(„[…] Grundlagen für die Einschätzung können neben aktuellen dienstlichen Beurteilungen ergänzend auch Personalgespräche, strukturierte Interviews, Assessment-Center oder andere wissenschaftlich fundierte Auswahlmethoden sein. Ergänzende Auswahlmethoden kommen insbesondere dann in Betracht, wenn gemessen an den künftigen Aufgaben eine abschließende Entscheidung über Eignung, Leistung und Befähigung auf der Grundlage einer dienstlichen Beurteilung nicht möglich ist.“) enthaltenen Zusatz, dass die Auswahlmethoden „ergänzend“ in Betracht kämen, lasse sich nicht ableiten, dass diese nur eine untergeordnete Rolle spielen würden. Vielmehr bedeute dies, dass die dienstlichen Beurteilungen in derartigen Fällen nicht die einzigen Auswahlkriterien darstellten müssten (VG Köln, Urteil vom 23.8.2019 - 19 K 11355/17 -, juris Rn. 26 ff.).

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 22. Juni 2018 (- 3 CE 18.1066 -, juris) in Bezug auf den die Ausbildungsqualifizierung regelnden Art. 37 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz - LlbG) ausgeführt, dass es zulässig sei, im Rahmen der Beurteilung der Eignung eines Bewerbers unterstützend auch das Ergebnis eines Eignungstests heranzuziehen und dieses selbständig zu gewichten. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage schreibe Art. 37 Abs. 3 LlbG n. F. eine Auswahl der Bewerber anhand der Beurteilungen nicht mehr (zwingend) vor. Die Vorschrift ermögliche es ausdrücklich, das Zulassungsverfahren auch in Form von Prüfungen durchzuführen und lege keinen Vorrang der dienstlichen Beurteilung gegenüber anderen Auswahlmethoden fest, sondern erlaube es auch, ausschließlich auf das Ergebnis von Prüfungen oder wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren abzustellen (Bay. VGH, Beschluss vom 22.6.2018 - 3 C 18.1066 -, juris Rn. 40 ff.).

Regelungen, die den vorstehend genannten Regelungen vergleichbar wären, enthalten das Nds. Beamtengesetz (NBG) und die Niedersächsische Laufbahnverordnung für Beamte, die sich innerhalb der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt für das zweite Einstiegsamt derselben Laufbahngruppe qualifizieren wollen, nicht. Der niedersächsische Gesetz- und Verordnungsgeber sieht - anders als es der bayerische Gesetzgeber und der nordrhein-westfälische Verordnungsgeber in den vorstehend genannten Fällen getan haben - die erfolgreiche Teilnahme an einem Zulassungs- bzw. Auswahlverfahren für jenen Personenkreis nicht verpflichtend vor, sondern überlässt es - wie bereits dargelegt - der Entscheidung der obersten Dienstbehörde, ob sie ein solches „als weitere Voraussetzung“ vorschreiben will. Dementsprechend liegt auch keine Festlegung des niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsgebers dahingehend vor, dass für den Leistungsvergleich nicht vorrangig die Ergebnisse dienstlicher Beurteilungen maßgeblich seien, sondern diese durch andere Auswahlinstrumente zu ergänzen seien.

Auch die von der Beigeladenen angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 27.5.2014 - 2 BvR 462/13 -, juris) zur Einstellung in den Schuldienst ist auf den vorliegenden (Aufstiegs-)Fall nicht übertragbar, da die in jenem Fall lediglich vorhandenen Staatsexamina nicht mit dienstlichen Beurteilungen gleichgesetzt werden können.

Der Einwand des Antragsgegners, dass die von einem Referenten und einer Referatsleitung geforderten Kompetenzen erheblich von denjenigen, die auf Sachbearbeiterebene beurteilt würden, abwichen, weswegen die Auswahlentscheidung nicht allein aufgrund der dienstlichen Beurteilungen und einer etwaigen ausschärfenden Betrachtung habe erfolgen können, verfängt nicht. Der Antragsgegner betont in diesem Zusammenhang in seiner Beschwerdeerwiderung, dass insbesondere die Führungskompetenz von entscheidender Bedeutung sei. Diese sei jedoch nicht Gegenstand eines im Statusamt A 13 NBesO beurteilten Sachbearbeiters, weshalb das Auswahlverfahren als zusätzliche Beurteilungsgrundlage unverzichtbar gewesen sei. Dem ist zum einen entgegen zu halten, dass Auswahlverfahren im Gegensatz zu dienstlichen Beurteilungen den Nachteil aufweisen, dass sie stets nur eine Momentaufnahme darstellen. Zum anderen war und ist es dem Antragsgegner nach dem oben Gesagten nicht verwehrt, weitere Eigenschaften wie z.B. die Führungskompetenz im Rahmen eines Auswahlverfahrens zu überprüfen, solange er nur die nach den dienstlichen Beurteilungen am besten geeigneten Bewerber zum Auswahlverfahren zulässt.

Ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme, weist der Senat ergänzend noch auf Folgendes hin: Bei den laut der Stellenausschreibung vom 4. Februar 2021 „zwingend vorausgesetzten“ „fundierten Kenntnissen und umfassenden praktischen Erfahrungen in der Aufstellung und Durchführung des Landeshaushalts bzw. von Ressorthaushalten, nachgewiesen durch entsprechende langjährige und vielseitige Tätigkeiten in einer obersten Landesbehörde“, handelt es sich nicht um ein konstitutives Anforderungsprofil. Konstitutiv sind nur solche Kriterien, die objektiv überprüfbar, insbesondere ohne die ansonsten gebotene Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn, eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet das fakultative/nicht-konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen, weil sie beispielsweise nur „erwünscht“ sind, oder die ihrer Art nach nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Faktoren - bejahend oder verneinend - festgestellt werden können (Nds. OVG, Beschluss vom 1.12.2016 - 5 ME 153/16 -, juris Rn. 29 m. w. Nw.). An der erforderlichen objektiven Überprüfbarkeit fehlt es hier. Denn die Frage, ob „fundierte Kenntnisse“ und „umfassende praktische Erfahrungen“ vorliegen, kann ebenso wie die Frage, ob „vielseitige Tätigkeiten“ in einer obersten Landesbehörde nachgewiesen worden sind, nicht ohne weiteres bejaht oder verneint werden. Vielmehr bedarf es hierfür aufgrund der Unbestimmtheit dieser Begriffe jeweils einer wertenden Betrachtung.

Der erforderliche Anordnungsgrund ist ebenfalls gegeben. Würde mit der Qualifizierungsmaßnahme begonnen, so hätte die Beigeladene die Möglichkeit, vor einer ggf. erneut zu treffenden Auswahlentscheidung einen Bewährungsvorsprung zu erlangen. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Qualifizierung laut dem an die Beigeladene gerichteten Schreiben des Antragsgegners vom 29. Juni 2021 „auf dem vakanten Dienstposten 17 2“ erfolgen soll.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 154 Abs. 3 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren ebenfalls Verfahrenskosten aufzuerlegen, da sie einen eigenen Antrag gestellt hat. Verfahrenskosten für den ersten Rechtszug sind der („unterlegenen“) Beigeladenen hingegen mangels eigener Antragstellung nicht aufzuerlegen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen sind nicht erstattungsfähig, weil sie „unterlegen“ ist. Hat der Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt, mit dem er unterlegen ist, entspricht es nicht der Billigkeit, dass seine außergerichtlichen Kosten erstattet werden (Neumann/Schaks, in: Sodan/Ziekow, 5. Auflage 2018, § 162 Rn. 131). Dies gilt erst recht, wenn er keinen Antrag gestellt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats, in Fällen, in denen die Zulassung zu einem Aufstiegsverfahren begehrt wird, einen Streitwert nach § 52 Abs. 2 GKG zugrunde zu legen (vgl. etwa Nds. OVG, Beschluss vom 11.7.2016 - 5 ME 78/16 -).

Eine Halbierung des Streitwertes ist nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht vorzunehmen, da das Begehren der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet war (so auch Nds. OVG, Beschluss vom 11.7.2016 - 5 ME 78/16 -).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).