Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.06.2022, Az.: 5 LA 22/21
Amtsermittlungsgrundsatz; Gutachten, behördliches; Sachverständigengutachten; Verfahrensmangel
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 23.06.2022
- Aktenzeichen
- 5 LA 22/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59600
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 07.01.2021 - AZ: 6 A 4069/18
Rechtsgrundlagen
- § 34 Abs 1 S 1 BeamtVG ND
- § 86 Abs 1 S 1 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Ein Tatsachengericht kann sich ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten stützen, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat. Ein Verfahrensmangel liegt in dieser Situation nur dann vor, wenn dem Tatsachengericht sich die Einholung eines weiteren Gutachtens hätte aufdrängen müssen, weil die vorliegenden Gutachten objektiv ungeeignet sind, ihm die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln.
2. Der Einwand eines Verstoßes gegen die Aufklärungspflicht des Gerichts (§ 86 Abs 1 S 1 VwGO) vermag für sich nicht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs 2 Nr 1 VwGO) zu begründen.
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 6 . Kammer (Einzelrichter) - vom 7. Januar 2021 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil der von ihm geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) teilweise schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt worden ist, im Übrigen nicht vorliegt.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vorinstanzlichen Urteils sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige, gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden. Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen. Es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führt. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substantiiert mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Welche Anforderungen an Umfang und Dichte seiner Darlegung zu stellen sind, hängt deshalb auch von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2011 - 5 LA 28/10 -).
Ausgehend von diesen Grundsätzen rechtfertigt das Vorbringen des Klägers nicht die Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Anerkennung eines Dienstunfalles. Mit Bescheid vom 16. Juni 2015 erkannte die Beklagte die bei der Fortbildungsveranstaltung vom 3. Juni 2014 erlittene Verletzung des Klägers als Dienstunfall gemäß § 34 NBeamtVG an. Nach Vorlage des Schlussgutachtens im Oktober 2015 nahm die Beklagte durch Bescheid vom 15. Februar 2016 ihren Bescheid vom 16. Juni 2015 zurück. Auf die dagegen erhobene Klage hob das Verwaltungsgericht Oldenburg durch Urteil vom 16. Mai 2018 - 6 A 4114/16 - den Rücknahmebescheid mit der Begründung auf, zwar sei der Bescheid über die Anerkennung eines Dienstunfalles rechtswidrig ergangen, jedoch habe die Beklagte bei ihrer Entscheidung über die Rücknahme dieses Bescheides das ihr eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Daraufhin nahm die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 29. August 2018 erneut den Anerkennungsbescheid vom 16. Juni 2015 unter Berufung auf § 48 VwVfG mit Wirkung für die Vergangenheit zurück.
Das Verwaltungsgericht hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage sei § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Der der Rücknahme zugrunde liegende Bescheid sei rechtswidrig gewesen. Dazu habe die Kammer in ihrem Urteil vom 16. Mai 2018 bereits ausgeführt, die Voraussetzungen nach § 34 Abs. 1 Satz 1 NBeamtVG für die Anerkennung des Unfalls des Klägers vom Juni 2014 als Dienstunfall hätten nicht vorgelegen. Nach dieser Vorschrift wäre unter einem Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis zu verstehen, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten wäre. Als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung wären nur solche für den eingetretenen Schaden ursächliche Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtung zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hätten. Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen wäre eine alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hätte, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen wäre, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs gehabt hätte. Alle übrigen Bedingungen im natürlich-logischen Sinne schieden als Ursachen im Rechtssinne aus. Keine Ursachen im Rechtssinne wären deshalb so genannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung bestanden hätte. Im Dienstunfallrecht gälten grundsätzlich die allgemeinen Beweisgrundsätze. Für das Vorliegen eines Dienstunfalles sowie die dadurch verursachten Körperschäden wäre grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen. Der Beamte trüge insoweit die volle materielle Beweislast. Ließe sich der Kausalzusammenhang zwischen Unfallgeschehen und Körperschaden trotz Ausschöpfung aller Mittel nicht klären, ginge diese zulasten des Beamten. Etwaige Beweisschwierigkeiten vermöchten eine abweichende mildere Beurteilung der Beweisanforderungen nicht zu rechtfertigen. An diesen Grundsätzen gemessen könnte der beim Kläger diagnostizierte „degenerative Meniskusriss im Innenmeniskushinterhorn - Chondropathia patellae Grad 2 -“ nicht als kausal durch das als Dienstunfall anerkannte Unfallereignis angesehen werden, womit sich der Anerkennungsbescheid der Beklagten als rechtswidrig erwiese. Anhand der gutachterlichen Stellungnahmen des Dr. med. D. (Medizinischer Dienst der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen) vom 15. Oktober 2015, 3. Februar 2016 und 8. Juni 2016, auf die Bezug genommen würde, stünde zur Überzeugung der Kammer fest, dass die degenerativen Vorschädigungen des linken Kniegelenkes des Klägers wesentliche Ursache für seine Verletzung wären. Das Ereignis vom 3. Juni 2014 wäre lediglich als Gelegenheitsursache einzustufen. Die gutachterlichen Stellungnahmen des Dr. med. D. wiesen keine offen erkennbaren Mängel auf. Sie gingen weder von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus noch enthielten sie unlösbare Widersprüche. Auch bestünden keine Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit. Der Kläger hätte diese Gutachten nicht substantiiert in Frage zu stellen vermocht. Insbesondere erkennte das Gericht keinen unauflösbaren Widerspruch zur Beurteilung des Dr. med. E. (Regionaler Medizinischer Dienst West, F.) vom 13. März 2015, der den Meniskusriss als dienstunfallbedingt eingestuft hätte. Denn dessen Annahme wäre weder weiter begründet worden noch setzte sie sich näher mit der Frage der Kausalität auseinander. Gleiches gälte für die vom Kläger vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Dr. med. G. vom 22. März 2016. Auch wäre Dr. med. D. nicht von einem unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Unter Zugrundelegung des vom Kläger geschilderten Unfallgeschehens käme Dr. med. D. in allen seinen drei gutachterlichen Stellungnahmen überzeugend zu dem Ergebnis, dass das Ereignis vom 3. Juni 2014 nicht geeignet wäre, den Meniskusriss verursacht zu haben. Diesen Ausführungen (der Kammer in deren Urteil vom 16. Juni 2015) schließe sich der Einzelrichter an. Der Kläger sei den nachvollziehbaren Feststellungen der Kammer - etwa durch Vorlage weiterer ärztlicher Stellungnahmen - nicht substantiiert entgegengetreten, so dass für eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens kein Anlass bestanden habe. Die Ermessensentscheidung des Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden. Schließlich lägen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG vor. Nach dieser Regelung sei die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, in dem die Behörde Kenntnis von Tatsachen erhalte, welche die Rücknahme rechtfertigten. Der Fristbeginn setze voraus, dass sich die zuständige Behörde darüber im Klaren sei, dass sich aus der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes die Befugnis zu dessen Rücknahme ergebe. Sie müsse zu der Erkenntnis gelangt sein, dass die Rücknahmevoraussetzungen des § 48 VwVfG gegeben seien. Dies sei anzunehmen, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung imstande sei, die Voraussetzungen des § 48 VwVfG, d. h. vor allem die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts, zutreffend zu beurteilen und daraus die richtigen rechtlichen Schlüsse zu ziehen. Nach diesen Grundsätzen sei der Beginn des Laufs der Jahresfrist (des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG) auch dann zu bestimmen, wenn ein erster Rücknahmebescheid im Widerspruchs- oder - wie hier - im Klageverfahren aufgehoben werde. In diesen Fällen laufe die Jahresfrist ab dem Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der aufhebenden Entscheidung. Dies gelte unabhängig davon, ob die Aufhebung auf tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen beruhe. Die einheitliche Behandlung der beiden Fehlerarten sei die zwingende Folge des Verständnisses der Jahresfrist als reiner Entscheidungsfrist, das vor allem aus dem Normzweck hergeleitet werde. Danach beziehe sich die den Fristbeginn auslösende Kenntnis der Behörde nicht auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, sondern auf die Rechtfertigung seiner Rücknahme. Mithin beginne hier die Jahresfrist mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils der Kammer vom 16. Mai 2018 am 29. Juni 2018 (zu laufen); mithin sei diese Frist durch den angefochtenen Bescheid eingehalten worden.
Hiergegen wendet der Kläger zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zunächst ein: Das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht richtig gewürdigt und deshalb zu Unrecht die Einholung eines Sachverständigenzeugnisses abgelehnt. Die Beurteilung des Dr. med. D. kranke u. a. daran, dass sie den Bericht des Dr. med. H. (Institut für Pathologie B-Stadt & Ammerland) vom 12. Januar 2015 nicht richtig auswerte. Nicht berücksichtigt werde der lange Zeitraum zwischen Unfall (Juni 2014) und Operation (Januar 2015) sowie die lange problemlose Dienstzeit in der Spezialeinheit, in der eine derart fortgeschrittene degenerative Erkrankung, wie sie Dr. med. D. angenommen habe, für Probleme hätte sorgen müssen. Aus seiner Sicht sei es deutlich wahrscheinlicher, dass die als „teils etwas älteren narbig geglätteten Strukturen“, aus denen Dr. med. D. eine degenerative Vorerkrankung herleite, durch den längeren, unbehandelten Heilungsprozess entstanden seien. Die seinerzeitige späte Diagnose des Meniskusrisses sei auf eine unrichtige Diagnose seines Hausarztes zurückzuführen. Er habe am 19. Februar 2021 Kontakt zu Dr. med. H. aufgenommen, der gesagt habe, dass ihm zum Zeitpunkt des Befundes nicht „alle Informationen“ vorgelegen hätten. Auch dies indiziere, dass hier ein Sachverständigengutachten hätte eingeholt werden müssen. Ferner werde nicht ausreichend berücksichtigt, dass in dem MRT-Bericht vom 18. Dezember 2014 sowohl das Vorder- und Hinterhorn als auch der Knorpelbelag im Kniegelenk als „unauffällig“ bezeichnet werde. Unter diesen Umständen sei nicht nachvollziehbar, wie eine degenerative Verletzung ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens bejaht werden könne. Des Weiteren sehe er keine ausreichende Berücksichtigung der Tauglichkeitsuntersuchung für das MEK, die drei Monate vor dem Unfall stattgefunden habe. Ihm sei dort gesagt worden, dass sich geschädigte Menisken durch Knackgeräusche bemerkbar machten. Ihm sei dort eine uneingeschränkte Tauglichkeit für die Spezialeinheit bescheinigt worden. Auch sei für ihn nicht vorstellbar, dass 14 Jahre problemloser Tätigkeit in einer körperlich anspruchsvollen Spezialeinheit sich „bei derart ausschweifenden degenerativen Vorerkrankungen“, wie Dr. med. D. sie behaupte, niemals bemerkbar gemacht haben sollten. Dies insbesondere, weil Dr. G. und Dr. E. es anders sähen.
Soweit sich der Kläger mit seinem Vorbringen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wendet, legt er ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend dar. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zwar auch dann anzunehmen, wenn erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage gestellt werden, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, juris Rn. 15). Bezieht sich, wie hier, das diesbezügliche Vorbringen aber auf die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Sachverhalts- und Beweiswürdigung, kommt eine Zulassung der Berufung nicht schon dann in Betracht, wenn der erkennende Senat die vom Verwaltungsgericht nach zutreffenden Maßstäben gewürdigte Sachlage nach einer eigenen etwaigen Beweisaufnahme möglicherweise anders beurteilen könnte als das Verwaltungsgericht selbst. Denn sonst wäre die Berufung gegen Urteile, die auf einer Sachverhalts- oder Beweiswürdigung beruhen, regelmäßig nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, was mit Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung nicht vereinbar wäre (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 9.12.2021 - 5 LA 174/20 -, juris Rn. 6, Beschluss vom 13.2.2020 - 13 LA 491/18 -, juris Rn. 27; Beschluss vom 18.1.2017 - 8 LA 162/16 -, juris Rn. 27; Sächs. OVG, Beschluss vom 8.1.2010 - 3 B 197/07 -, juris Rn. 2). Eine Sachverhalts- oder Beweiswürdigung kann deshalb nur mit Erfolg angegriffen werden bei einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder wenn sie offensichtlich sachwidrig und damit willkürlich ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 9.12.2021 - 5 LA 174/20 -, juris Rn. 6; Beschluss vom 13.2.2020 - 13 LA 491/18 -, juris Rn. 27; Beschluss v. 17.5.2016 - 8 LA 40/16 -, juris Rn. 25; Bay. VGH, Beschluss vom 11.4.2017 - 10 ZB 16.2594 -, juris Rn. 5). Danach relevante Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts werden vom Kläger im Zulassungsvorbringen aber weder benannt noch deren Vorliegen dargelegt.
Einen solchen Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung legt er auch nicht mit seinem Vorbringen dar, die Beurteilung des Dr. med. D. kranke u. a. daran, dass sie den Bericht des Dr. med. H. vom 12. Januar 2015 nicht richtig auswerte und der lange Zeitraum zwischen Unfall (Juni 2014) und Operation (Januar 2015) sowie die lange problemlose Dienstzeit in der Spezialeinheit, in der eine derart fortgeschrittene degenerative Erkrankung, wie sie Dr. med. D. angenommen habe, für Probleme hätte sorgen müssen, nicht berücksichtigt worden seien. Hiermit zeigt der Kläger nicht auf, dass das Verwaltungsgericht einen aktenwidrigen Sachverhalt angenommen hätte oder seine Würdigung „offensichtlich sachwidrig“ wäre, etwa weil die der Entscheidung zugrunde gelegten gutachterlichen Stellungnahmen des Medizinaldirektors Dr. med. D. vom 15. Oktober 2015 (Bl. 20 BA 1), vom 3. Februar 2016 (Bl. 42 BA 1) und vom 8. Juni 2016 (Bl. 78 BA 1) erkennbar mangelhaft gewesen wären. Letzteres ist nur dann zu bejahen, wenn das Gutachten an erkennbaren Mängeln oder unlösbaren Widersprüchen leidet, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 30.9.2010 - BVerwG 8 B 15.10 -, juris Rn. 4 m. w. N.). Ein Mangel in diesem Sinne liegt unter anderem vor, wenn die vorgelegten Gutachten im Hinblick auf die beweiserhebliche Frage unvollständig sind oder wenn ihre Ergebnisse durch neues beweiserhebliches Vorbringen eines Beteiligten ernsthaft erschüttert werden. Der Senat vermag dem Vorbringen des Klägers solche Mängel nicht zu entnehmen. Insbesondere befasst sich Dr. med. D. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 8. Juni 2016 (Bl. 78 BA 1) mit dem angeführten Befund des Dr. med. H., u. a. mit dem Umstand, dass zwischen Dienstunfallereignis und Operation des Innenmeniskus sechs Monate vergangen waren. In diesem Zusammenhang setzt sich der Gutachter ferner mit den Ausführungen des Facharztes für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. med. G. (Medizinisches Versorgungszentrum B-Stadt mbH) in dessen ärztlicher Bescheinigung vom 22. März 2016 (Bl. 74 BA 1), der Relevanz der MEK-Tauglichkeitsuntersuchung vom 7. Mai 2014 sowie dem Umstand eines langen klinisch stummen Verlaufs einer Degeneration (fehlende Funktionsbeeinträchtigungen des Kniegelenks trotz erheblicher degenerativer Veränderungen) auseinander. Der Kläger hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungszulassungsverfahren eine (fach-)ärztliche Stellungnahme vorgelegt, die sich mit den Feststellungen und Einschätzungen des Medizinaldirektors Dr. med. D. in dessen gutachterlichen Stellungnahmen kritisch auseinandersetzt und dessen fachlichen Schlussfolgerungen begründet in Zweifel zieht.
Soweit der Kläger rügt, es sei nicht nachvollziehbar, wieso das Verwaltungsgericht keine Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Dr. med. D. gesehen habe, aber Dr. med. E. - der ebenso dem Medizinischen Dienst der Beklagten angehöre und der einen Dienstunfall des Klägers bejaht habe - anscheinend weniger Sachkunde und Unparteilichkeit zugetraut werde, legt er damit konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Dr. med. D. begründen könnten, nicht dar. Allein der Umstand, dass Gutachter zu unterschiedlichen Einschätzungen gelangen, rechtfertigt nicht die Annahme, die Sachkunde oder Unparteilichkeit eines dieser Gutachter unterläge Zweifeln.
Soweit der Kläger weiter sinngemäß geltend macht, das angegriffene Urteil könne wegen einer unterbliebenen Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens unrichtig sein, vermag er damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht darzulegen. Mit dieser Kritik, dass das Verwaltungsgericht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen habe, benennt er schon nicht - was zur hinreichenden Darlegung dieses Zulassungsgrundes aber erforderlich ist - einen einzelnen, das angegriffene Urteil tragenden Rechtssatz oder eine bestimmte entscheidungserhebliche Tatsache, die er konkret mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage zu stellen hat. Daher vermag der Einwand, das Gericht habe gegen seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen, gegebenenfalls einen Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, für sich aber nicht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 9.12.2021 - 5 LA 174/20 -, juris Rn. 8) . Im Übrigen liegt - wie noch auszuführen sein wird - ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen seine Aufklärungspflicht nicht vor.
Weiter sieht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts darin begründet, dass es die Jahresfrist des „§ 48 Abs. 4 VwGO“ (gemeint VwVfG) als noch nicht abgelaufen angesehen habe. Das Verwaltungsgericht habe darauf abgestellt, dass die Frist erst ab dem Zeitpunkt zu laufen beginne, in welchem das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 16. Mai 2018 den ersten Rücknahmebescheid wegen fehlender Ermessenserwägungen aufgehoben habe. Das könne nicht richtig sein. Selbst wenn man davon ausgehen wolle, dass die Einschätzung von Dr. med. D. richtig wäre, hätten der Beklagten seit dem 15. Oktober 2015 alle Erkenntnisse vorgelegen, die sie gebraucht hätte, um eine rechtmäßige Aufhebung des Bescheids über die Anerkennung eines Dienstunfalles „durchzuführen“. Wenn die Behörde das Ermessen nicht ordnungsgemäß ausübe, handele es sich um einen Fehler aus der eigenen Sphäre. Diese „Nichtberücksichtigung von Ermessen“ sei keine Tatsache im Sinne von § 48 Abs. 4 VwVfG. Insoweit verweist der Kläger auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X (Urteile vom 19.12.1995 - BVerwG 5 C 10.94 - und vom 5.8.1996 - BVerwG 5 C 6.95 -) und ist der Ansicht, diese Vorschrift sei inhaltsgleich zu § 48 Abs. 4 VwVfG.
Der Kläger legt mit diesem Vorbringen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht dar; insoweit wiederholt er lediglich sein erstinstanzliches Vorbringen, ohne sich mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat in Bezug auf § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG maßgeblich unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. Juni 2012 - BVerwG 2 C 13.11 -) darauf abgestellt, dass sich die den Fristbeginn auslösende Kenntnis der Behörde nicht auf die Rechtswidrigkeit des (der Rücknahme zugrunde liegenden) Verwaltungsaktes, sondern auf die Rechtfertigung seiner Rücknahme beziehe. Mit dieser Erwägung und der angeführten Rechtsprechung setzt sich der Kläger mit seinem Zulassungsantrag nicht auseinander. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der vorgenannten Entscheidung zu § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ausgeführt (juris Rn. 28 - 34):
„Daher setzt der Fristbeginn zum einen voraus, dass sich die zuständige Behörde über die Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsakts im Klaren ist. Sie muss zu der Erkenntnis gelangt sein, dass sie den Verwaltungsakt bislang zu Unrecht für rechtmäßig gehalten hat. Es ist unerheblich, ob sie sich zuvor in einem Irrtum über den entscheidungserheblichen Sachverhalt (Tatsachenirrtum) oder über dessen rechtliche Beurteilung (Rechtsirrtum) befunden hat. Auch wenn der Erlass des begünstigenden Verwaltungsakts darauf beruht, dass die Behörde den ihr vollständig bekannten Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewürdigt oder das anzuwendende Recht verkannt hat, beginnt die Jahresfrist erst mit der Kenntnis des Rechtsfehlers zu laufen ...
Zum anderen setzt der Fristbeginn voraus, dass sich die zuständige Behörde darüber im Klaren ist, dass sich aus der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts die Befugnis zu dessen Rücknahme ergibt. Sie muss zu der Erkenntnis gelangt sein, dass die weiteren Rücknahmevoraussetzungen des § 48 VwVfG gegeben sind. Dies ist anzunehmen, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung imstande ist, diese Voraussetzungen des § 48 VwVfG, d.h. vor allem die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts, zutreffend zu beurteilen und daraus die richtigen rechtlichen Schlüsse zieht …
Nach diesen Grundsätzen ist der Beginn des Laufs der Jahresfrist auch dann zu bestimmen, wenn ein erster Rücknahmebescheid im Widerspruchs- oder Klageverfahren aufgehoben wird. In diesen Fällen läuft die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ab dem Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der aufhebenden Entscheidung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Aufhebung auf tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen beruht. Die Gründe, auf denen die aufhebende Entscheidung beruht, verschaffen der Rücknahmebehörde die Kenntnis, welcher Tatsachen- oder Rechtsirrtum ihr angelastet wird. Erst dieses Wissen versetzt sie in die Lage, auf vollständiger tatsächlicher und rechtlicher Grundlage über die Ausübung der Rücknahmebefugnis zu entscheiden. Die der Aufhebung des ersten Rücknahmebescheids zugrunde liegende Rechtsauffassung ist maßgebend, weil Widerspruchsbehörde und Verwaltungsgericht die Aufhebungsbefugnis zusteht (§ 68 Abs. 1, § 113 Abs. 1 VwGO).
Wird der erste Rücknahmebescheid im Widerspruchs- oder Klageverfahren aufgehoben, weil die Behörde bei Erlass dieses Bescheids nach Auffassung von Widerspruchsbehörde oder Verwaltungsgericht bestimmte Tatsachen nicht berücksichtigt hat, die ihr - aus welchen Gründen auch immer - nicht bekannt waren, erlangt die Behörde erst mit Kenntnis dieser Auffassung die für den Fristbeginn erforderliche vollständige Kenntnis des entscheidungserheblichen Sachverhalts ...
Nichts anderes gilt, wenn der erste Rücknahmebescheid im Widerspruchs- oder Klageverfahren aufgehoben wird, weil die Behörde nach Auffassung von Widerspruchsbehörde oder Verwaltungsgericht den vollständig aufgeklärten Sachverhalt rechtsfehlerhaft gewürdigt oder das anzuwendende Recht verkannt hat. Dies ist auch anzunehmen, wenn die Behörde bestimmte, ihr bekannte Tatsachen aus Rechtsgründen für unerheblich gehalten hat. Auch in diesen Fällen erlangt die Behörde erst mit Kenntnis dieser Rechtsauffassung die für den Fristbeginn erforderlichen Rechtserkenntnisse.
Dies gilt unabhängig davon, ob der der Behörde angelastete Rechtsanwendungsfehler die Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsakts oder eine weitere gesetzliche Rücknahmevoraussetzung betrifft. Die einheitliche Behandlung der beiden Fehlerarten ist die zwingende Folge des Verständnisses der Jahresfrist als reiner Entscheidungsfrist, das der Große Senat des Bundesverwaltungsgerichts vor allem aus dem Normzweck hergeleitet hat (Beschluss vom 19. Dezember 1984 a.a.O. S. 359 f. bzw. S. 17 f.). Auch der Wortlaut des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG legt diese Annahme nahe. Danach bezieht sich die den Fristbeginn auslösende Kenntnis der Behörde nicht auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern auf die Rechtfertigung seiner Rücknahme.“
Diese Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht zu Recht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Soweit der Kläger für seine Auffassung erneut im Berufungszulassungsverfahren auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 1995 - BVerwG 5 C 10.94 - und vom 5. August 1996 - BVerwG 5 C 6.95 verweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass diese Rechtsprechung für den hier zu entscheidenden Fall nicht einschlägig ist, weil sie nicht zu § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG, sondern zu § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ergangen ist. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 28. Juni 2012 - BVerwG 2 C 13.11 - hervorgehoben hat, kann die Rechtsprechung zu § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf § 48 Abs. 4 VwVfG übertragen werden (juris Rn. 34).
Weiter macht der Kläger geltend, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Beamte trage für den Kausalzusammenhang die volle materielle Beweiskraft, sei vom Ausgangspunkt her unzutreffend. Da hier die Rücknahme des Bescheids über die Anerkennung eines Dienstunfalls streitgegenständlich sei, trage nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 6.5.2021 - BVerwG 2 C 10.20 -) die Behörde die materielle Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der Rücknahme und damit auch das Erfordernis der Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Verwaltungsaktes erfüllt seien; sie müsse das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für den Erlass des begünstigenden Verwaltungsaktes nachweisen. Dieser erstmals mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 5. November 2021 geltend gemachte Einwand vermag schon deshalb eine Zulassung der Berufung nicht zu rechtfertigen, weil er außerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebracht und daher unbeachtlich ist (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 31.10.2019 - 8 A 3309/17 -, juris Rn. 5; VGH Ba.-Wü., Beschluss vom 7.6.2018 - 1 S 583/18 -, juris Rn. 20; OVG Saarl., Beschluss vom 6.2.2017 - 1 A 59/16 -, juris Rn. 48; Bay. VGH, Beschluss vom 17.6.2010 - 14 ZB 09.2547 -, juris Rn. 5; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 133, Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 8. Aufl. 2021, § 124a Rn. 73; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 53). Bei diesem Vorbringen zur materiellen Beweislast (Feststellungslast) handelt es sich nämlich nicht um eine bloße Ergänzung oder Vertiefung der vom Kläger bereits innerhalb der Antragsbegründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegten Gründe; vielmehr stützt der Kläger sein Zulassungsbegehren - insoweit verspätet - auf einen in rechtlicher Hinsicht völlig neuen Gesichtspunkt. Entgegen seiner Behauptung ist der Gesichtspunkt der materiellen Beweislast (Feststellungslast) nicht in dem innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingegangenen Schriftsatz zur Begründung des Berufungszulassungsantrags (Schriftsatz vom 8.3.2021) gerügt worden. Unabhängig davon ist dieser Gesichtspunkt für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht erheblich gewesen. Zwar finden sich in dem vom Einzelrichter in Bezug genommenem Urteil der Kammer vom 16. Mai 2018 - 6 A 4114/16 - Ausführungen zur materiellen Beweislast (Urteilsabdruck S. 9 f.). Indes hat das Verwaltungsgericht die Abweisung der Klage nicht tragend auf die Erwägung gestützt, der Kläger hätte den Ursachenzusammenhang zwischen Unfallgeschehen und Körperschaden nicht nachweisen können, und insoweit eine Entscheidung nach der Beweislast getroffen. Vielmehr hat es einen Anspruch des Klägers mit der Begründung verneint, dass zur Überzeugung des Gerichts feststehe, dass die degenerativen Vorschädigungen wesentliche Ursache der Verletzung des Klägers gewesen und deshalb das Ereignis vom 3. Juni 2014 lediglich als Gelegenheitsursache einzustufen sei, mithin die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des mit Bescheid vom 15. Juni 2014 zuerkannten Anspruchs tatsächlich nicht vorgelegen hätten.
Wollte man zugunsten des Klägers unterstellen, dass er mit der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung ferner das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend gemacht hat, auf dem die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), vermag sein Vorbringen auch unter diesem Gesichtspunkt eine Zulassung der Berufung nicht zu rechtfertigen. Insoweit macht der Kläger zusammengefasst geltend, dass Verwaltungsgericht hätte seine Entscheidung nicht allein auf die gutachterlichen Stellungnahmen des Dr. med. D. stützen dürfen, sondern hätte zur Frage der Ursächlichkeit zwischen Unfallgeschehen und Körperschaden ein Sachverständigengutachten einholen müssen, so dass ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) vorliege.
Wird ein solcher Verstoß geltend gemacht, muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren des ersten Rechtszuges auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 9.12.2021 - 5 LA 174/20 -, juris Rn. 15; Beschluss vom 31.8.2017 - 13 LA 188/15 -, juris Rn. 60).
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen schon nicht dargelegt. Unabhängig davon liegt ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen die Aufklärungspflicht nicht vor. Es hat nicht dadurch seine Aufklärungspflicht verletzt, dass es die von der Beklagten eingeholten sachverständigen Stellungnahmen des Medizinaldirektors Dr. med. D. vom 15. Oktober 2015, vom 3. Februar 2016 und vom 8. Juni 2016 herangezogen hat. Insbesondere war das Verwaltungsgericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens verpflichtet.
Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Dabei entscheidet das Tatsachengericht über die Art der heranzuziehenden Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Ermessen. Dies gilt auch für die Einholung von Gutachten oder die Ergänzung vorhandener Gutachten. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Tatsachengericht sich ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen stützen kann, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat (BVerwG, Beschluss vom 6.11.2020 - BVerwG 6 B 31.20 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 9.10.2020 - 6 B 51.20 -, juris Rn. 12 m.w.N.). Denn allein die Tatsache, dass eine Verwaltungsbehörde ein Gutachten erstellen ließ, begründet als solche nicht die Vermutung mangelnder Objektivität des von ihr beauftragten Sachverständigen und erlaubt nicht den Schluss, seine Erkenntnisse könnten im Rahmen der gerichtlichen Sachverhaltsermittlung nicht verwertet werden. Die von einer Verwaltungsbehörde bestellten Gutachter (auch einer anderen Dienststelle des Dienstherrn) sind demgemäß - nicht anders als die entsprechend sachkundigen eigenen Bediensteten einer mit besonderem Sachverstand ausgestatteten technischen Fachbehörde bzw. Fachabteilung - als objektiv urteilende Gehilfen der das öffentliche Interesse verfolgenden Verwaltungsbehörde und nicht als von vornherein parteiische Sachverständige anzusehen (BVerwG, Beschluss vom 6.11.2020 - BVerwG 6 B 31.20 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 26.6.2020 - BVerwG 7 BN 4.19 -, juris Rn. 5, Beschluss vom 9.10.2020 - 6 B 51.20 -, juris Rn. 12).
Ein Verfahrensmangel liegt in dieser Situation nur dann vor, wenn dem Tatsachengericht sich die Einholung eines weiteren Gutachtens hätte aufdrängen müssen, weil das vorliegende Gutachten objektiv ungeeignet ist, ihm die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den nicht Sachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt, ein anderer Sachverständiger über neue oder überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird. Die Verpflichtung zur Ergänzung des Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter dieses als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 6.11.2020, BVerwG 6 B 31.20 -, juris Rn. 19; Beschluss vom 26.6.2020, BVerwG 7 BN 4.19 -, juris Rn. 6 BVerwG, Urteil vom 29.2.2012 - BVerwG 7 C 8.11 -, juris Rn. 37). Wie bereits ausgeführt, rechtfertigt das Zulassungsvorbringen des Klägers aber nicht die Annahme, die o. a. gutachterlichen Stellungnahmen des Medizinaldirektors Dr. med. D. litten an erkennbaren Mängeln oder es bestünde Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG in Anlehnung an Nr. 10.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).