Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.01.2011, Az.: 1 KN 28/10

Rechtmäßigkeit eines u.a. die Nutzung des Plangebiets als Forschungszentrum und Produktionszentrum für Tierimpfstoffe zulassenden Bebauungsplans; Rechtmäßigkeit eines Bebauungsplans bei vermeintlicher Missachtung bestimmter Belange in der Abwägung; Erforderlichkeit eines entsprechenden subjektiven Rechts für die Beachtlichkeit eines bestimmten Belangs in der bauplanungsrechtlichen Abwägung; Antragsbefugnis für eine Normenkontrolle bei Möglichkeit der Verletzung einer immissionsrechtlichen Vorsorgenorm; Gefährdung der Nachbarn eines Forschungszentrums für Tierimpfstoffe durch die verbleibende Belastung mit Viren trotz eingesetzter Filter; Beachtlichkeit eines Verfahrensfehlers i.R.d. Beteiligung der Öffentlichkeit in einem bauplanungsrechtlichen Verfahren; Bedeutung des baunutzungsrechtlichen Begriffs "untergeordnet"

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.01.2011
Aktenzeichen
1 KN 28/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 14290
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2011:0112.1KN28.10.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerwG - 19.04.2012 - AZ: BVerwG 4 CN 3.11

Fundstellen

  • AUR 2011, 476-493
  • AUR 2012, 306-324
  • DVBl 2011, 900-906
  • NdsVBl 2011, 245-253

Verfahrensgegenstand

Gültigkeit des Bebauungsplans Nr. 1708 Forschungszentrum Bemeroder Straße

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Eine Auslegung darf nach § 3 Abs. 1 S. 3 BauGB auch dann durchgeführt werden, wenn die Planung nach der frühzeitigen Bürgerbeteiligung verändert wurde.

  2. 2.

    Die Anforderungen an die Allgemeinheit der Festsetzungen gelten bei Sondergebietsfestsetzungen nach § 11 BauNVO nur in abgemilderter Form.
    Für die Festsetzung eines Sondergebietes reicht es aus, wenn die plangebietstypische Nutzung wesentlich von den typischen Nutzungen der in §§ 2-10 BauNVO genannten Gebietstypen abweicht.

  3. 3.

    Planbedingt mögliche Grundstückswertminderungen sind für sich allein nicht geeignet, eine Abwägungsentscheidung zu Fall zu bringen.

  4. 4.

    Ob die Gemeinde sich ein Planungskonzept zu eigen machen darf, das in bestimmter Hinsicht weniger belastende Alternativen ausschließt, ist nicht ohne Berücksichtigung und Gewichtung der beteiligten Belange zu entscheiden. Nur wenn das gewählte Konzept relevante Beeinträchtigungen mit sich bringt, besteht Anlass, eine vergleichende Bilanz mit den Alternativlösungen aufzustellen.

  5. 5.

    In Sondergebieten ist die Festsetzung eines "quellenbezogenen Geruchsimmissionszusatzpegels" grundsätzlich zulässig.
    Auch Irrelevanzregeln sind grundsätzlich zu akzeptieren.

  6. 6.

    Durch einen Plan geschaffene, aber auf Planebene nicht gelöste Konflikte können in ein nachfolgendes Verwaltungsverfahren verlagert werden, wenn die Bewältigung des Konfliktes auf dieser nachgelagerten Ebene sichergestellt ist. Im Hinblick darauf, dass ein Plangebiet bei Arbeiten mit Krankheitserregern vorwiegend durch gentechnische Anlagen genutzt werden wird, kann davon ausgegangen werden, dass das Gentechnikrecht und dort insbesondere § 2 GenTSV die Konfliktbewältigung hinsichtlich des bei Einsatz der üblichen HEPA-Filter regelmäßig nicht zu vollen 100% auszuschließenden Aerosoltransports von Krankheitserregern in ausreichendem Maße gewährleistet.

In dem Normenkontrollverfahren
...
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 1. Senat -
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2011
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Claus,
die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Berner-Peschau,
den Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Waechter sowie
die ehrenamtlichen Richter Frau E. und Herr F.
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag, den vom Rat der Antragsgegnerin am 17. September 2009 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 1708 "Forschungszentrum Bemeroder Straße" für unwirksam zu erklären, wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Normenkontrollverfahrens je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 1708 der Landeshauptstadt Hannover, der u.a. eine Nutzung des Plangebiets als Forschungs- und Produktionszentrum für Tierimpfstoffe zulässt. Die Antragsteller befürchten für sich Gesundheitsgefahren und unzumutbare Belästigungen durch die im Plan zugelassenen Nutzungen, insbesondere durch Geruch, Krankheitserreger und gentechnisch veränderte Organismen.

2

Die Beigeladene beabsichtigt, ihre Tierimpfstoffforschung und -produktion aus den USA nach Europa zu verlagern. Sie plante zunächst einen Standort in Tübingen, nahm von diesem Vorhaben aber im Vorfeld erforderlicher Planungen/Genehmigungen wieder Abstand. Die Beigeladene möchte nunmehr im Benehmen mit der Antragsgegnerin eine Anlage in Hannover nahe der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) errichten.

3

Die Antragsgegnerin schuf mit dem Plan Nr. 1708 die planungsrechtlichen Voraussetzungen einer Ansiedlung insbesondere, aber nicht ausschließlich, des Vorhabens der Beigeladenen. Der Geltungsbereich des Planes erfasst in seinem Teil A vorwiegend Flächen ehemaliger Kleingartenkolonien ("Sommerlust, Gartenheim"; teils schon seit 1999 nicht mehr genutzt; bauliche Anlagen sind südlich des sogenannten Heistergrabens schon beseitigt). Das Plangebiet A grenzt im Westen an die Bemeroder Straße, in Norden reicht es bis an die Grundstücksgrenze der Güterumgehungsbahn. Die Südgrenze verläuft ungefähr 5 m nördlich des "Nordufers" des sogenannten Büntegrabens. Diese Grenze erstreckt sich von der Bemeroder Straße geradlinig parallel zum Büntegraben nach Osten. Nach etwa 300 m knickt sie im rechten Winkel nach Norden ab und bildet dann die Ostgrenze des Plangebietes ohne im Osten ganz bis an die Güterbahn heranzureichen. Das Plangebiet A war bis zur Änderung durch den Plan Nr. 1708 bauleitplanerisch in seinem nördlichen Teil für Dauerkleingärten ausgewiesen.

4

Direkt nördlich und östlich des Plangebietes sind in der Nachbarschaft Kleingartenflächen vorhanden, die weiterhin genutzt werden.

5

Im Südwesten schließt sich an den Büntegraben der sogenannte Büntepark mit Gebäuden an, die als soziale Einrichtung genutzt werden. Die soziale Einrichtung bietet ca. 60 Wohnplätze für meist ältere, häufig mehrfach schwerstbehinderte Personen. Der dafür geltende Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 1181 setzt die Flächen für eine Nutzung mit sozialer Einrichtung und privater Grünfläche fest. Als Schutzniveau für das Plangebiet nennt die Begründung wegen der vorhandenen Vorbelastungen den Standard von Wohngebieten. Der geringste Abstand des Parks zur Baugrenze beträgt ca. 25 m. Die nächstgelegene Wohnbebauung westlich der Bemeroder Straße hat nach der Planbegründung eine Entfernung von ca. 250 m zum Plangebiet.

6

Die nach Südosten an das Plangebiet anschließende Fläche ist durch den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 1632 als Sondergebiet Stiftung Tierärztliche Hochschule ausgewiesen. Auf diesen Flächen finden sich südlich des Plangebietes Gebäude der Ti- Ho. Diese wurden im Jahr 2010 fertiggestellt; der nächste Punkt dieser Gebäude liegt etwa 30 m von der südlichen Baugrenze entfernt. Östlich davon weist der Plan 1574 ebenfalls Flächen für die TiHo sowie private Grünflächen aus; es finden sich Labor- und Forschungsgebäude, Stallungen, Tierkliniken sowie die üblichen Hochschulfunktionsräume. Die Stallgebäude der TiHo sind jedenfalls teilweise herkömmliche Ställe, z.T. mit offenen Ausläufen. Darin leben ca. 25 Pferde, 80 Hunde, 60 Schweine, 50 Ziegen und 20 Schafe. Der Abstand zum Grundstück der Lebenshilfe Büntepark liegt bei ca. 500 m Auch der Neubau der TiHo enthält Stallungen mit 54 Pferden, ca. 10 Hunden und Kleintierplätzen im Abstand von ca. 250 m zur Lebenshilfe.

7

Im Nordosten des Plangebietes schließt sich zunächst Kleingartengelände (Bebauungsplan Nr. 1107) an. In einiger Entfernung östlich dahinter befindet sich ein Wohngebiet. Die dem Plangebiet A nächste Straße dieses Wohngebiets ist der Homburgweg, der ungefähr nord-südlich verläuft; im Süden trifft er auf den Röhrichtweg, der nach Osten abzweigt. Die dem Plangebiet nächstgelegenen Wohnhäuser an der Westseite des Homburgwegs haben nach der Planbegründung eine Entfernung von ca. 500 Meter bis zur Baugrenze. Am Röhrichtweg finden sich die Grundstücke der Antragsteller. Das im Aktivrubrum genannte Grundstück des Antragstellers zu 1 liegt an der Ostseite von Homburgweg/Röhrichtweg und ca. 550 Meter von der nächstgelegenen Baugrenze des Plangebietes entfernt. Das ebenfalls im Aktivrubrum aufgeführte Grundstück der Antragstellerin zu 2 grenzt an die Südseite des ost-westlich verlaufenden Röhrichtwegs, ca. 75 m östlich vom Homburgweg entfernt. Die Entfernung zur Baugrenze beträgt hier 592 Meter.

8

Die Antragsgegnerin beabsichtigt, westlich davon , mithin ca. 400 m nordöstlich des Plangebietes weitere Baurechte für Wohnungsbau zu schaffen (Planbegründung S. 5); die Abwägungsliste spricht insoweit bei Nr. 13 von 300 m, das Gewerbeaufsichtsamt in einer Stellungnahme von 270 m. Die südwestlich nächstgelegene Wohnbebauung (Lenzbergweg) ist ca. 650 m entfernt. Nördlich der Güterumgehungsbahn sind weitere Kleingartenflächen gelegen.

9

Das Plangebiet A wird ungefähr mittig von einem nur zeitweilig wasserführenden Graben (Heistergraben) in West-Ost-Richtung durchzogen. Büntegraben und Heistergraben haben nach der Planbegründung S. 17 je den Status eines Gewässers 3. Ordnung. Die Gräben bilden keine Überschwemmungsgebiete. Im Plangebiet und seiner Nachbarschaft weht der Wind nach den vorliegenden Gutachten überwiegend von West nach Ost.

10

Der Plan enthält weitere Plangebiete B bis D für die Vornahme der in § 8 der textlichen Festsetzungen aufgeführten Ausgleichsmaßnahmen.

11

In den 70er Jahren war beiderseits der Bemeroder Straße eine bauliche Nutzung vorgesehen und ausgewiesen. Diese stellte sich jedoch nicht im erwarteten Umfang ein. Daraufhin wurden teils die vorhandenen Kleingärten planerisch gesichert. Schließlich kommt es seit ca. 10 Jahren - auch bedingt durch den Ausbau der Stadtbahn entlang der Bemeroder Straße - zum Ausbau des Standortes für die TiHo und nun auch zur Ergänzung dieses Standortes durch weitere Nutzungen.

12

Die Beigeladene beabsichtigt, im Geltungsbereich des Planes ein Tierimpfstoffzentrum zu errichten. In einem ersten Bauabschnitt sollen ein Schweinestall, Labors etc. errichtet werden. Die Investitionssumme soll ca. 30 Mio. Euro betragen, ca. 50 Wissenschaftler sollen beschäftigt sein. Der zweite Bauabschnitt ist für einen Rinderstall für 20 Mio. Euro vorgesehen. Ein dritter Bauabschnitt ist nach den der Antragsgegnerin bekannten Absichten der Beigeladenen für die Impfstoffpilotproduktion vorgesehen. Die Gesamtinvestitionssumme soll bei ca. 100 Mio. Euro liegen; es sollen ca. 300 Arbeitsplätze entstehen.

13

Die Antragsgegnerin fasste am 12. September 2002 den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 1708, um das Vorhaben der Beigeladenen zu ermöglichen. Später änderten sich die Planungsziele und die hier interessierende Planung begann. Es fand in Bezug auf die nunmehr verfolgten Planungsziele eine erneute frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligungen (vom 25. Aug. bis 24. September 2008) statt. Dabei gingen ca. 1300 Stellungnahmen ein. Im Rahmen dieser frühzeitigen Bürgerbeteiligung wurde dem Planentwurf ein mehrseitiges Informationsschreiben der Beigeladenen beigefügt. Diese Information war identisch mit dem an zahlreiche Anwohner versandten Informationsschreiben der Beigeladenen. Das Schreiben enthielt u.a. folgende Aussagen:

  • Hochinfektiöse Tierseuchen sind nicht Gegenstand unserer Forschung

  • Geforscht wird fast ausschließlich an Erregern, die für Menschen ungefährlich sind

  • Das Forschungszentrum ist so konzipiert, dass selbst bei einer maximalen Belegung keine Geruchs- und Lärmbelästigung auftreten kann

  • Bei dem Zentrum handelt es sich, wie bei solchen Einrichtungen gesetzlich vorgeschrieben, um eine geschlossene Anlage. Dies verhindert, dass Lärm und Geruchsstoffe nach außen dringen können. Staubpartikel mit Geruchsanhaftung werden vollständig aus der Luft gefiltert.

  • Es würden keine Arbeiten mit Erregern der biologischen Sicherheitsstufe 4 durchgeführt, zu denen z.B. die Maul- und Klauenseuche gehöre. Eine Gefährdung der Umwelt sei ausgeschlossen.

14

Der Plan lag in der Zeit vom 22. Mai bis zum 24. Juni 2009 öffentlich aus. Ein von der Antragsgegnerin am 12. Mai 2009 mit der Beigeladenen geschlossener städtebaulicher Vertrag mit Vorgaben für die Nutzung des Plangebietes war nicht Bestandteil der Auslegungsunterlagen.

15

Anlässlich der Auslegung erhielt die Antragsgegnerin 992 fristgerechte und 67 verfristete Stellungnahmen zum Planentwurf. Darunter befinden sich die Schreiben der Antragsteller vom 28. Mai und vom 24. Juni 2009, in denen diese Geruchsbelästigungen und Risiken durch Krankheitserreger monieren.

16

Der Rat der Antragsgegnerin beschloss den Bebauungsplan Nr. 1708 am 17. September 2009 als Satzung und machte ihn am 23. Dezember 2009 im Gemeinsamen Amtsblatt der Region und der Landeshauptstadt Hannover, Nr. 49, S. 489 bekannt. Sie änderte den Flächennutzungsplan im Parallelverfahren mit Beschluss vom 17. September 2009. Die Genehmigung wurde unter dem 10. Dezember 2009 erteilt. Die Antragsgegnerin machte die Änderung am 23. Dezember 2009 im Amtsblatt bekannt.

17

Der Plan Nr. 1708 setzt ein Sondergebiet "Wissenschaft und Forschung" fest. Von Süden her folgt auf die Plangrenze zunächst die Festsetzung eines 5 m breiten Grabenbereiches, dann folgt ein schmaler Streifen mit Geh- und Fahrrechten für die Stadtentwässerung. Nochmals 10 m weiter nördlich verläuft die südliche Baugrenze des Plangebietes. Diese spart im Nordwesten eine größere Fläche für eine schutzwürdige alte Eiche aus; im Norden soll eine Grünfläche bebauungsfrei bleiben. Außer im Norden hält die festgesetzte Baugrenze stets ca. 20 m Abstand zur äußeren Plangrenze. An der Südseite des Plangebietes soll der bebauungsfreie Bereich teils der Renaturierung des Büntegrabens dienen; das wasserrechtliche Verfahren für den Rückbau wurde am 29. Mai 2009 mit einer Plangenehmigung abgeschlossen.

18

Innerhalb der Baugrenze ist die Grundflächenzahl mit max. 0.5, die GFZ mit max. 2,4 festgesetzt. Weiter ist ein immissionswirksamer flächenbezogener Schallleistungspegel mit Tag- (max. 55 dB(A)) und Nachtwerten (max. 44 dB(A)) festgesetzt. Für das Berechnungsverfahren ist auf ISO 9613-2 Bezug genommen. An der Nordwestgrenze des Plangebietes A ist mit ungefähr 10 m Abstand zur Baugrenze ein öffentlicher Fuß- und Radweg festgesetzt.

19

Der Plan enthält in neun Paragraphen textliche Festsetzungen. Die textliche Festsetzung in § 1 betrifft die im Plangebiet zulässigen baulichen Nutzungen und regelt dabei auch die maximal zulässigen Geruchsbelästigungen. Die Festsetzung des § 1 hat folgenden Wortlaut:

§ 1 (1) Das sonstige Sondergebiet " Wissenschaft und Forschung" dient vorwiegend dem Errichten und dem Betrieb von Einrichtungen für Wissenschaft, Forschung und Produktentwicklung im tiermedizinischen Bereich.

(2) Zulässig sind:

1.

Labor und Forschungseinrichtungen für den tiermedizinischen Bereich,

2.

Einrichtungen für forschungsnahe Dienstleistungen (z.B. Diagnostik, Pathologie, Analytik, Beratung und Fortbildung von Veterinärmedizinern), die in einem sachlichen und räumlichen Zusammenhang mit den Einrichtungen gemäß Ziffer 1 stehen und ihnen gegenüber untergeordnet sind,

3.

1Einrichtungen für Versuchstierhaltung und zur Lagerung von Futtermitteln sowie anderen für den Forschungsbetrieb benötigten Stoffen.

2Tierhaltung ist für eine weitestgehenden Geruchsminimierung nur in umschlossenen Tierhaltungsräumen zulässig, die über Vorrichtungen zur regelmäßigen Entfernung, Spülung und gefassten Sammlung der Fäkalien verfügen.3Spaltenböden mit offener Haltung von Fäkalien sind ausgeschlossen. 4Die Fäkalien sind gefasst zu sammeln und fachgerecht bis zur vorgeschriebenen Vorbehandlung (gem. GenTSV1) zu lagern.

5Die Be- und Entladung von Versuchstieren darf nur innerhalb geschlossener Anlagen erfolgen.

6Die Abluft ist zu sammeln und nach dem Stand der Technik zu reinigen oder es sind gleichwertige Maßnahmen zu treffen, die dafür Sorge tragen, dass die Geruchsimmissionsbelastung in der Nachbarschaft des Sondergebietes nicht relevant erhöht wird.

7Eine nicht relevante Erhöhung in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn die zusätzliche Geruchsbelastung, die von einzelnen Vorhaben (Betrieben und Anlagen) innerhalb des Sondergebietes ausgeht, im Sinne der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL2) außerhalb der Grenzen des Sondergebietes irrelevant ist.

4.

Betriebe zur Herstellung von Produkten, die in einem sachlichen und räumlichen Zusammenhang mit den Einrichtungen gemäß Ziffer 1 stehen und ihnen gegenüber untergeordnet sind.

5.

Gebäude für Verwaltungen, die in einem sachlichen und räumlichen Zusammenhang zu den Nutzungen gemäß Ziffer 1 bis 4 stehen, (3) Ausnahmsweise sind Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal sowie für Betriebsleiter zulässig.

(4) Soweit gentechnische Anlagen errichtet werden, sind nur Arbeiten zulässig, bei denen maximal die Sicherheitsstufe 3 gemäß Gentechnikgesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 2008 (BGBl. I Seite 2066), zuletzt geändert durch Art. I des Gesetzes vom 1. April 2008 (BGBl. I Seite 499)) erforderlich ist.

(§ 11 BauNVO)

20

Der das Plangebiet teilende Heistergraben soll im Osten des Plangebiets nach Süden verschwenkt werden und in den Büntegraben münden. Ein wasserrechtliches Verfahren führte zu der Plangenehmigung vom 18. September 2009. Die erforderlichen Flächen sind am Ost- und Südrand des Plangebietes A für den "Graben" reserviert. Die Entwässerungsfunktion für den östlichen Rest des Heistergrabens zugunsten des Bahndamms bleibt nach den Ausführungen der Planbegründung trotz der Kappung im Osten erhalten.

21

Das in der Planbegründung dargelegte städtebauliche Konzept der Antragsgegnerin betont den Nutzen einer Ergänzung des Standortes der TiHo durch weitere, auch private Forschungseinrichtungen. Dabei könne sich sowohl ein Nutzen für die Forschung, wie für die beteiligten Personen und schließlich die Landeshauptstadt selbst ergeben (Begr. insb. S. 8). Positive Effekte auf weitere Wirtschaftszweige und für die Arbeitsplatzsituation werden erwartet. Der überwiegende Teil des Plangebietes A ist für das Vorhaben der Beigeladenen vorgesehen. Insgesamt soll der Plan dazu beitragen, den Rang der Antragsgegnerin als internationaler Forschungsstandort zu stärken. Der Nutzen einer räumlichen Nähe von öffentlicher und privater Forschung sowie von Forschung und Produktion war nach der Planbegründung (S. 8, 49) ausschlaggebend dafür, Standortalternativen mit größerer räumlicher Distanz zur TiHo nicht weiter zu verfolgen. Im Vorfeld des Planungsverfahrens hatte die Antragsgegnerin der Beigeladenen drei Alternativstandorte vorgeschlagen: Wissenschaftspark Marienwerder, Schwarze Heide und Ex-Versuchstierzucht Badenstedt.

22

Die Antragsgegnerin geht davon aus, dass Wertverluste benachbarter Grundstücke nicht eintreten werden. Vielmehr werde eine zusätzliche Nachfrage nach Wohngrundstücken entstehen.

23

Größeren Raum widmet die Planbegründung der zulässigen baulichen Nutzung im Plangebiet. Sie gibt dazu zunächst wieder, was in § 1 der textlichen Festsetzungen geregelt ist. Sie geht dann auf verschiedene Bedenken aus der Öffentlichkeitsbeteiligung ein. Diese betrafen u.a. den Umgang mit Krankheitserregern und mit gentechnisch veränderten Organismen. Die Planbegründung führt dazu auf Seite 10 aus:

"Im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung wurden mehrfach Bedenken gegen die Zulassung von Anlagen geäußert, in denen mit Erregern der Stufe 4 gearbeitet werden darf (Sicherheitsstufe 4 gemäß Gentechnikgesetz, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 1. April 2008). Die Zuordnung zu einer Sicherheitsstufe bedeutet nicht, dass die Beschäftigten oder die Umwelt durch die betreffende gentechnische Arbeit einem bei der Sicherheitsstufe S3 "mäßigen", oder bei der Sicherheitsstufe S4 einem "hohen" Risiko ausgesetzt werden. Vielmehr wird die Sicherheitseinstufung allein deshalb vorgenommen, um in ihrer Folge jene Sicherheitsmaßnahmen festlegen zu können, die das Risiko der betreffenden Stufe gleichsam neutralisieren, so dass die Arbeit durch die Beschäftigten praktisch gefahrlos verrichtet werden kann, und eine Gefährdung der Umwelt auszuschließen ist. Um den Bedenken Rechnung zu tragen lässt der Bebauungsplan mit Blick auf die Lage des Plangebietes dennoch gentechnische Anlagen nur bis zur Sicherheitsstufe 3 zu."

24

Zu den Geruchsbelästigungen führt die Begründung auf S. 10 (vgl. a. Umweltbericht S. 31) aus:

"Zur Beurteilung von Schweinehaltungen wird üblicherweise die VDI-Richtlinie 3471 als Orientierungshilfe herangezogen. Im vorliegenden Fall ist diese Richtlinie jedoch nicht geeignet, da diese - ohnehin rechtlich nicht bindende - Richtlinie lediglich normale Mastställe betrachtet, die einen sehr viel geringeren Hygienestandard aufweisen als der Bebauungsplan vorliegend zulässt. Versuchstierhaltungsanlagen der hier geplanten Art sind in der Richtlinie nicht vorgesehen. Gleiches gilt für den Abstandserlass Nordrhein-Westfalen, der ebenfalls häufig als Orientierungshilfe für die städtebauliche Planung herangezogen wird."

25

Daher hält die Planbegründung die Arbeit mit der GIRL für sinnvoll. Weiter heißt es auf S. 10 der Planbegründung:

"Unabhängig von den Festsetzungen des Bebauungsplans wird die Stadt Hannover als ergänzende Absicherung der städtebaulichen Verträglichkeit mit einem städtebaulichen Vertrag sicherstellen, dass maximal innerhalb des Sondergebiets 200 Großvieheinheiten (GV) gehalten werden. Das entspricht 500 großen Schweinen zuzüglich zirka 60 Rindern."

26

Die Planbegründung erläutert zu der Festsetzung in § 1 (2) Ziffer 3, Satz 7, dass die erlaubte Zusatzbelastung von 2% Geruchsstunden auf die einzelnen Vorhaben im Plangebiet zu beziehen sei. Es sei "nicht ernsthaft davon auszugehen, dass so viele für sich genommen jeweils irrelevante Vorhaben angesiedelt werden, dass die Zumutbarkeitsgrenze von 10% auch nur annähernd erreicht wird." (S. 21).

27

Zu dem bzgl. der Geruchsbelästigungen eingeholten Gutachten erläutert die Planbegründung, dass dieses von einer Maximalbelegung von 200 GV ausgehe und dazu komme, dass "außerhalb des Plangebiets, insbesondere im Bereich der Wohnbebauung" nur noch Belastungen in irrelevantem Umfang zu erwarten seien (S. 10/11). Die Planbegründung nimmt an, die dem Gutachten zu Grunde gelegte emissionsträchtigste Belegung des Plangebietes ergebe sich bei einem Besatz mit 500 Mastschweinen a 100 kg (= 100 GV) und 60 Rindern (= 96 GV). Das Gutachten geht davon aus, dass durch die Stalltechnik die Emissionen des Vorhabens der Beigeladenen 20% der Emissionen herkömmlicher Mastställe betragen würden. Die Schornsteinhöhe wurde mit 19 m angenommen. Die im Gutachten vorgenommene Ausbreitungsrechnung ergebe, dass bei der angenommenen Belegung das planerische Ziel, die Zusatzbelastung durch diese Belegung unter 2% zu halten, erreichbar sei. Soweit es um die Staubbelastung gehe, sei aufgrund der Filterleistung die Abluft sauberer als die Umgebungsluft.

28

Planbedingte Lärmbelästigungen beachteten in der Nachbarschaft den Schutzanspruch eines allgemeinen Wohngebietes; das gelte auch für den Bereich der sozialen Einrichtung (S. 11, 19; im Umweltbericht S. 29 f). Die Kleingartenanlagen könnten nachts allerdings nicht das Schutzniveau eines Wohngebietes beanspruchen (S. 19). Das Plangebiet und seine Nachbarschaft seien vor allem durch Verkehrslärm von Schiene und Straße vorbelastet. Um an den schutzempfindlichen Orten den Schutzstandard von Wohngebieten zu sichern, sei der immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel festgesetzt worden. Dieser gewährleiste nach den Berechnungen, dass bei dem empfindlichsten Gebäude der sozialen Einrichtung tags maximal 45 dB(A) und nachts maximal 38 dB(A) einwirkten.

29

Der Umweltbericht (S. 26-49) stellt die im Plangebiet vorkommende Fauna und Flora dar, beschreibt die Verluste und die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen. Bei der Darstellung der Auswirkungen auf die Luft geht der Plan erkennbar davon aus, dass die Tierwelt durch austretende lufttransportierte Krankheitserreger nicht belastet werde.

30

Dauerhafte Wertverluste für Grundstücke in der Nachbarschaft sind nach den Ausführungen auf Seite 8 der Planbegründung nicht zu erwarten.

31

Die Antragsgegnerin schloss mit der Beigeladenen am 21. Januar 2009 einen städtebaulichen Vertrag (Notar Heintskill, UR 0163 und 0847/2009 vom 3.2. und 12. 5. 2009). Dieser lag dem Rat zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vor. Der Vertrag schließt in § 1 II eine Durchführungspflicht der Beigeladenen aus. In dem Vertrag verpflichtet sich die Beigeladene, in dem geplanten Forschungszentrum als Versuchstiere nur Schweine und Rinder zu halten. Die Anzahl der Versuchstiere ist auf maximal 200 Großvieheinheiten (GV) im Sinne der TA Luft beschränkt (§ 3). Der Vertrag enthält weitere Beschränkungen, die der textlichen Festsetzung in § 1 in des Planes entsprechen. § 4 des Vertrages enthält Regelungen zur lärmarmen Abwicklung des Lieferverkehrs. In § 5 verpflichtet sich die Beigeladene, für das Genehmigungsverfahren einen Sicherheitsbericht zu liefern, der alle anlagenspezifischen Maßnahmen zur Sicherheit bearbeitet. In § 14 ist die Weitergabe der Vertragspflichten an eventuelle Rechtsnachfolger geregelt.

32

Im Planaufstellungsverfahren hat unter den Trägern öffentlicher Belange insbesondere das Forstamt eine Stellungnahme vorgebracht. Das Nds Forstamt Fuhrberg rügte einen für die Gefahrenabwehr zu geringen Abstand (27, 5 m) der Bebauung zu einem Wald i.S. des NWaldG im Geltungsbereich des Planes Nr. 1632. Das Forstamt verlangte mindestens 35 m und bezog sich bei seiner Forderung auf die Festlegung D 3.3 04 des RROP Hannover. Die Festlegung lautet:

" Waldränder und ihre Übergangszone sind auf Grund ihrer ökologischen Funktion und ihrer Erlebnisqualität in grundsätzlich von Bebauung und sonstigen störenden Nutzungen freizuhalten. Als Richtwert gilt ein Abstand von 100 m. Ist dies auf Grund von vorhandener, angrenzender Bebauung nicht möglich, so sind mit den Forstbehörden abzustimmende Mindestabstände einzuhalten, die der Qualitätssicherung, vor allem aber der Gefahrenabwehr (Brandschutz, Windwurf) Rechnung tragen."

33

Die Einwendung des Forstamtes wurde in der Abwägung zurückgewiesen, weil der Abstandsbelang im Vergleich mit der Ausnutzung des Baugebietes geringerwertig sei.

34

Die Region gab lediglich redaktionelle Hinweise.

35

Die Stadtentwässerung wies darauf hin, dass Jauche, Gülle etc. nicht in die Kanalisation eingeleitet werden dürfen (§ 12 (3) g Abwassersatzung LHH). Der Plan trifft insoweit keine entgegenstehenden Festsetzungen, da Fäkalien nach § 1 der textlichen Festsetzungen lediglich gefasst zu sammeln sind.

36

Der NLWKN wies darauf hin, dass am Büntegraben ein Überschwemmungsgebiet bestehe, das im Verlaufe des Jahres 2009 bearbeitet würde. Es erwies sich jedoch, dass es sich um eine Namensverwechselung handelte.

37

Die Antragsgegnerin holte im Planaufstellungsverfahren im Benehmen mit der Beigeladenen Gutachten zu Lärm- und Geruchsemissionen sowie zu den naturschutzfachlichen Fragen und zur Anlagensicherheit ein.

38

Das Geruchsgutachten wurde am 18. Mai 2009 vom TÜV-Nord erstellt. Darin heißt es unter anderem: Der Plan begrenze ohnehin die Geruchsimmissionen durch ein Irrelevanzkriterium. Daher sollte das Gutachten zeigen, dass dieses Kriterium bei einer realistischen Annahme über ein denkbares Vorhaben eingehalten werden kann. Das Gutachten legt an einem Beispiel dar, dass der Plan vollziehbar sei. Da die Antragsgegnerin das Angebot des Gutachters, eine standortgenaue Wetteranalyse vorzunehmen, nicht angenommen hatte, wurde eine Zeitreihe aus Celle-Wietzenbruch übernommen. Das Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass bei der angenommenen Schornsteinhöhe von 12,7 m die im Plan festgesetzte Irrelevanzschwelle von 2% Geruchsstunden Zusatzbelastung in den östlich gelegenen Kleingärten überschritten wäre (max. 5%). Nicht eingehalten wäre es in dieser Gestalt außerdem auf den Flächen des Bünteparks (4%). Im Bereich der östlichen Wohnbebauung dagegen wäre das Kriterium eingehalten. Der Gutachter erhöhte in einem weiteren Arbeitsgang die Schornsteinhöhe so lange, bis an allen gedachten Messpunkten das Irrelevanzkritierum eingehalten wurde. Dabei ergab sich nach S. 28 eine notwendige Schornsteinhöhe von 19 m; diese liegt innerhalb der Festsetzungen des Planes.

39

Bei der Berechnung der Ammonikemissionen gelangt das Gutachten zum Ergebnis, dass die umgebende Vegetation (insbesondere der Eilenriede) nicht erheblich negativ beeinflusst wird. Hinsichtlich der Staubbelastung geht der Gutachter aufgrund der eingesetzten Filtertechnik von einem positiven Effekt der Anlage auf die Umgebungsluft aus.

40

Zu den Fragen der Geruchs- und Ammoniakbelastung sowie zu Fragen der Risiken durch lufttransportierte Krankheitserreger legten die Antragsteller ein zweites Gutachten (Dr. Krause) vom 21. September 2009 vor. Dieses gelangt zu einem Radius schädlicher Ammoniakbelastungen von 418 m, so dass die Eilenriede geschädigt werden würde. Hinsichtlich der Geruchsbelastung führt das Gegengutachten Krause aus, das TÜV-Nord Gutachten berücksichtige nicht wie erforderlich den Einfluss von Baukörpern und Bewuchs auf die Geruchsausbreitung. Darüber hinaus wird der Einfluss der Aufstallungstechnik auf die Emissionen anders eingeschätzt als vom TÜV. Auch die Schornsteinhöhenberechnung wird angegriffen, weil die Anströmungsverhältnisse nicht hinreichend berücksichtigt seien. Schließlich geht das Krause-Gutachten auf die vom TÜV-Nord nicht geprüfte Ausbreitung von Krankheitserregern ein. Das Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass eine Gesundheitsgefährdung durch Krankheitserreger an Bioaerosolen (kleinste luftgetragene Partikel biologischer Herkunft) außerhalb des Plangebiets mit der geplanten und durch das Anlagenrecht vorgesehenen Filtertechnik nicht ausgeschlossen werden kann.

41

Seitens des Gutachters Krause liegt eine Ergänzung/Entgegnung in Bezug auf Geruch/ Ammoniak/Krankheitserreger vom 1. Oktober 2010 vor. Auch diese gelangt zu dem Ergebnis, dass die Belastung mit Krankheitserregern unzumutbar sei. Dabei wird (offenbar) vorausgesetzt, dass die Zumutbarkeitsgrenze bei einem Virus/m3 Luft liege (also ggf. weniger als ein Aerosol).

42

Zu den in der Beteiligung und im Gegengutachten Krause vorgebrachten Einwendungen gegen das Geruchsgutachten hat der TÜV-Nord (8. Juli 2009) Stellung genommen. Hinsichtlich der Tier- und GV-Zahl verweist er auf den Vertrag und die Irrelevanz-Festsetzung. Wegen dieser sei eine Obergrenzenfestsetzung ohnehin entbehrlich. Die GVUmrechnung sei unrichtig, da hier keine Mast mit Gewichtszunahme stattfindet. Auch bei Windstille verhindere die starke Verdünnung der Gerüche schon an der Emissionsquelle einen Geruchsteppich in der Umgebung.

43

Zu den im anhängigen Verfahren vorgelegten Unterlagen gehört auch eine Stellungnahme des Gewerbeaufsichtsamtes (GAA) vom 8. März 2010. Danach gehen die Gutachten Krause von falschen Tiermassen und Massenströmen aus. Das GAA stellt dar, dass andere Emissionsfaktoren zu Grunde zu legen seien, dass es der Klärung der Übertragbarkeit von Geruchsstoffkonzentrationen bedürfe und dass es keine einschlägigen sog. SWerte gebe. Der Modellierungsansatz (Geländetopographie etc.) für die Ausbreitungsrechnung bei Krause sei falsch bzw. nicht nachvollziehbar. Das Gutachten des TÜV-Nord sei eine vertretbare Abschätzung der Immissionslage.

44

Das Gutachten Bonk vom 27. April 2009 zu Lärmfragen berechnet den immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel, der notwendig ist, um in der Nachbarschaft des Plangebietes das Schutzniveau eines Allgemeinen Wohngebietes zu sichern. In diesem Gutachten wird für alle benachbarten Flächen, also auch bzgl. der Kleingärten, der Schutzanspruch eines Wohngebietes zu Grunde gelegt, für die Kleingärten in Anlehnung an die DIN 18005 allerdings nur tagsüber. Im Ergebnis schlägt das Gutachten den im Plan festgesetzten Schallleistungspegel vor.

45

Die Beigeladene hat weiter eine Studie vom Gutachter Mani (tecrisk) zur biologischen Sicherheit der von ihr geplanten Anlage eingereicht. In den Planakten befindet sich lediglich eine Zusammenfassung der Ergebnisse ("Resultat"). Diese Studie geht davon aus, dass eine standortbezogene Risikobetrachtung nicht erforderlich sei, weil die geplanten Anlagen nicht dem BImSchG unterfielen. Weiterhin setzt die Studie voraus, dass lediglich Biostoffe der Klassen 1-3 zum Einsatz kommen. Die Studie gelangt zu dem Ergebnis, für den Normalbetrieb und Störfälle sei davon auszugehen, dass die Umgebung durch Biostoffe nicht gefährdet sei. Für den Einsatz von Biostoffen bis Stufe L3 und von gentechnischen Produkten und Verfahren bis Stufe S3 sei die geplante Anlage uneingeschränkt sicher. Auf Seite 9 heißt es zu Nr. 3: "Darüber hinaus kann grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass hochansteckende, durch die Atemwege übertragbare Erreger in der Anlage bearbeitet werden, da diese als so genannte Seuchenerreger in Gruppe 4 eingestuft wären." S. 10: "Die Anlage ist am vorgesehenen Standort somit uneingeschränkt geeignet für Arbeiten mit Organismen der Gruppen 1, 2 und 3 und gentechnische Arbeiten bis zu S 3." Die Studie enthält keine Ausbreitungsrechnungen für luftgetragene Krankheitserreger, weil sie ersichtlich davon ausgeht, dass verbleibende Restrisiken durch die Anlagentechnik beherrschbar sind.

46

Der Gutachter hat in der mündlichen Verhandlung sein Gutachten ausführlich erläutert und ergänzt. Er hat dabei u.a. dargestellt, dass Tierimpfstofflabore in Europa und Übersee häufig in großer räumlicher Nähe zu Wohngebieten und insbesondere Universitätseinrichtungen liegen. Dabei handele es sich auch um Labore der Sicherheitsstufe S4. Die Sicherheitsausrüstung entspreche den Maßgaben der deutschen GenTSV. Der Gutachter plausibilisierte die Rückhaltewirkung der nach Gentechnikrecht vorgesehenen HEPAFilter auch für kleinste Teile wie Aerosole mit dem Hinweis auf einige naturgesetzliche Eigenarten solcher Teilchen. Diese führten dazu, dass ein Durchlass von Aerosolen durch die Filter zwar nicht ausgeschlossen, aber extrem unwahrscheinlich sei. Er wies schließlich in Übereinstimmung mit dem vorgelegten Gutachten darauf hin, dass lufttransportfähige und für Menschen infektiöse Organismen nach den Einstufungsregeln des Gentechnikrechts gerade wegen dieser Eigenschaften häufig (die Einstufungsmaßgaben enthalten keine strikte Rangfolge der Einstufungskriterien) in Stufe S4 gehörten.

47

Der von der Beigeladenen nach Abschluss des Planaufstellungsverfahrens vertragsgemäß vorgelegte Sicherheitsbericht (Strouhal; Stand Februar 2010) für die Anlagengenehmigung geht davon aus, dass auch bei bestimmungsgemäßem Anlagenbetrieb Aerosole, die mit Krankheitserregern befrachtet sein können, aus dem Plangebiet emittiert werden. In 600 m Entfernung wird bei Windstärke 4 (nach den Seiten 18 ff) mit 80 Aerosolen/m3 Luft gerechnet. Ein Aerosol kann Träger mehrerer Krankheitserreger sein. Diese Konzentration baut sich während 12 min auf und ggf. wieder ab; die Spitze wird nach 8 min erreicht. In 170 m Entfernung beträgt die Konzentration 1700 Aerosole/m3. Der Sicherheitsbericht geht ohne Berechnung davon aus, dass bei Windstille die Verweilzeit der Aeorsole größer als 12 min ist, dafür aber die Verbreitung geringer. Der Bericht deutet an, dass bei Arbeiten in Stufe L4 das Gesundheitsrisiko nicht mehr vernachlässigbar wäre. Während des Rechtsstreites wurde von der Antragsgegnerin eine Entgegnung des Sicherheitsgutachters Mani auf die Äußerungen des Gutachers Krause zur Belastung der Abluft mit Krankheitserregern nachgereicht. Dieser Nachtrag stellt klar, dass es für die Gefährlichkeit von freigesetzten Krankheitserregern auf die Infektionsdosis ankommt. Der vom Gutachter Krause allgemein angenommene allgemeine Grenzwert von 1 Virus/m3 Abluft sei völlig unrealistisch. Ebenso unrealistisch sei der angenommene Wert der Virenausscheidung über die Zeit.

48

Die naturschutzfachliche Untersuchung zum Plan bestimmt u.a. den Ausgleichsbedarf im Sinne der Eingriffsregelung des § 1a BauGB. Die Beurteilung umweltbezogener Fragen umfasst u.a. die Situation der Gewässer und der Altlasten im Plangebiet. Als Referenzmaßstab wurde entsprechend BBodSchV Anhang 1 Ziffer 1 eine Nutzung des Plangebiets für Industrie- und Gewerbezwecke zu Grunde gelegt.

49

Auf den Antrag von Bürgern an das Innenministerium, als Kommunalaufsichtsbehörde tätig zu werden, weil der Plan eine unsichere Anlage ermögliche, teilte das Ministerium den Antragstellern unter dem 20. August 2009 mit, die Sicherheit beabsichtigter Vorhaben sei keine Frage der Bauleitplanung, sondern von nachfolgenden Genehmigungsverfahren. Deshalb bestehe kein Anlass zur Tätigkeit für die Kommunalaufsicht.

50

Die Antragsteller haben am 09. Dezember 2009 ihren Normenkontrollantrag gestellt. Zu dessen Begründung tragen sie insbesondere vor:

51

Ihre Antragsbefugnis folge daraus, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit Krankheitserregern ausgesetzt würden, welche sie vom Plangebiet ausgehend auf dem Luftweg erreichten. Das Planaufstellungsverfahren sei fehlerhaft durchgeführt worden, weil der zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladener geschlossene städtebauliche Vertrag nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. Der Abwägungsvorgang habe die Betroffenheit ihrer Gesundheitsbelange nicht erkannt und leide zudem unter dem Fehler, dass die Problematik kleiner Krankheitserreger (sog. Bioaerosole) darin nicht eingestellt worden sei, obwohl es dafür sogar einen VDI-Richtlinienentwurf gebe (Nr. E 4250). Vor allem sei unter Abwägungsgesichtspunkten zu beanstanden, dass der Plan das selbstgesteckte Ziel nicht erreiche, nur eine Nutzung mit "Null-Emissionen" zu ermöglichen. Die vorgesehene Filterart für die Vorhaben sei nicht geeignet, den aufgeworfenen Konflikt zu lösen. Außerdem seien hinsichtlich der Ammoniakimmissionen falsche Tatsachen der Planung zugrunde gelegt worden, indem von zu geringen Emissionen ausgegangen worden sei. Da Ammoniak nicht weggefiltert werde, hätte die Standortfrage aufgeworfen werden müssen. Der Plan löse die durch die Emission von Krankheitserregern und Ammoniak aufgeworfenen Konflikte nicht und verkenne auch das Trennungsgebot des § 50 BImSchG. Sie würden durch die planermöglichte Nutzung Gefahren und unzumutbaren Belästigungen durch Geruch und Krankheitserreger ausgesetzt. Insbesondere träten noch in 600 m Entfernung von der Baugrenze relevante Konzentrationen von Krankheitserregern auf. Außerdem werde der Stadtwald Eilenriede durch hohe Ammoniakeinträge geschädigt werden. Im Übrigen seien auch die Immissionen auf das Gebiet der sozialen Einrichtung unzumutbar.

52

Die Antragsteller beantragen,

den am 17. September 2009 vom Rat der Antragsgegnerin als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 1708 "Forschungszentrum Bemeroder Straße" für unwirksam zu erklären.

53

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

den Antrag abzulehnen.

54

Sie erwidern:

55

Schon die Antragsbefugnis fehle. Sie ergebe sich namentlich nicht aus Geruchsimmissionen, da die Grundstücke der Antragsteller weit außerhalb der Radien der einschlägigen VDI-Richtlinien lägen. Überdies liege das geplante Vorhaben der Beigeladenen ohne den Plan ohnehin im Außenbereich, so dass auch dann Tierhaltungsanlagen privilegiert zulässig seien. Die Antragsteller könnten sich auch nicht auf mögliche hohe Ammoniakeinträge berufen, weil sie nicht vorgebracht hätten, dass ihre Gärten insoweit geschädigt würden; der Schutz des Stadtwaldes sei kein Belang, auf den sich die Antragsteller für die Antragsbefugnis berufen könnten. Auch die Belastung mit Krankheitserregern begründe keine Antragsbefugnis, weil eine gesundheitlich riskante Belastung äußerst unwahrscheinlich sei. Die Belastung durch bioaerosolgetragene Krankheitserreger sei eine fiktive Gefährdung, die wissenschaftlich nicht belegt sei. Es gebe dementsprechend auch keine konsentierten Vorsorge- und Gefahrenschwellen. Entsprechende VDI-Richtlinienentwürfe mit Vorsorgecharakter (Nr. E 4250) seien im Entwurfsstadium steckengeblieben und würden den Antragstellern entfernungsbedingt keinen Schutz gewähren. Jedenfalls habe sich insoweit noch kein neuer Grundkonsens herausgebildet.

56

Der Normenkontrollantrag sei aber auch unbegründet. Die gerügten Verfahrensmängel lägen nicht vor. Der städtebauliche Vertrag habe nicht ausgelegt werden müssen, weil er den Plan nur ergänze, aber nicht für diesen rechtserheblich sei.

57

Entgegen dem Eindruck, den die Antragsteller zu erwecken suchten, sei das Ziel einer Nutzung mit "Null-Emissionen" nicht verfolgt worden. Das ergebe sich schon aus den textlichen Festsetzungen, die in dem öffentlich ausgelegten Entwurf enthalten gewesen seien. Unzumutbare Ammoniakemissionen entstünden nicht. Die Antragsteller legten insofern falsche Tierzahlen und zu hohe Emissionen zu Grunde. Die angenommene Emissionsrate treffe zu und sei vom GAA bestätigt worden. Die plangemäße Nutzung der Flächen des Bebauungsplanes Nr. 1708 werde auch nicht zu unzumutbarem Geruch und Lärm führen, Krankheitserreger brauchten die Antragsteller nicht zu befürchten. Hinsichtlich der Bioaerosole sei davon auszugehen, dass sich diese wie Geruch ausbreiteten. Diese Frage sei nicht einstellungsbedürftig gewesen, weil die Grundstücke der Antragsteller eindeutig außerhalb des relevanten Geruchsradius lägen. Überdies wäre ein Einstellungsfehler auch ergebnisunerheblich, weil die Antragsgegnerin bei Einbeziehung dieser Frage nicht anders geplant hätte und auch nicht anders hätte planen müssen, weil es sich nur um ein Besorgnispotenzial handele. Die Konfliktlösung hinsichtlich eventueller Belastungen durch aerosolgetragene Krankheitserreger habe auf nachgelagerte Verfahren verschoben werden dürfen. Grenzwerte für aerosolgetragene Krankheitserreger seien in der wissenschaftlichen Forschung noch nicht ermittelt worden. Die Antragsgegnerin habe diese Forschung im Planungsverfahren nicht nachholen müssen, sondern auf die Genehmigungsverfahren vertrauen dürfen. Es handele sich insoweit nicht um Fragen des Planungsrechts. Würde man eine Gefahr durch Aerosole anerkennen, dürfte nicht einmal ein Dorfgebiet mit Tierhaltungsställen festgesetzt werden. Dabei sei anerkannt, dass sogar Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäuser neben Wohngebieten zulässig seien.

58

Die Aerosolfrage habe zudem deswegen nicht in die Abwägung eingestellt werden müssen, weil es an einem entsprechenden Vorbringen in der Auslegungsphase gefehlt habe. Im Übrigen dürfe im Plangebiet nur mit Erregern bis Stufe 3 nach der BioStoffV gearbeitet werden.

59

Wegen der weiteren Einzelheiten von Vortrag und Sachverhalt wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich ihrer Anlagen und die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind. Das Plangrundstück, die Grundstücke der Antragsteller sowie die nähere Umgebung sind in der mündlichen Verhandlung per BING und Beamer aus der Vogelperspektive betrachtet worden. Antragsteller und Beigeladene haben ihren Vortrag in der mündlichen Verhandlung durch Ausführungen der von ihnen beauftragten Gutachter ergänzt und unterstrichen.

Entscheidungsgründe

60

I.

Der fristgerecht gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist antragsbefugt, wer geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragsteller sind mit ihren Einwendungen nicht im Sinne von § 47 Abs. 2a VwGO präkludiert, da sie diese bereits im Auslegungsverfahren vorgebracht haben.

61

Die Antragsteller können vorbringen, möglicherweise durch den Plan Nr. 1708 in ihrem Recht auf gerechte Abwägung aus§ 1 Abs. 7 BauGB verletzt zu sein, insoweit sie vortragen, diese Abwägung missachte das sogenannte Trennungsgebot und das Gebot der planerischen Konfliktlösung in Bezug auf Krankheitserreger.

62

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist antragsbefugt, wessen rechtlich geschützte Belange in der Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB möglicherweise missachtet worden sind. Das Gericht hat dieser Norm selbst (vgl. Schoch u.a., VwGO, § 47, Rn. 61a) ein subjektives Recht auf "gerechte" Abwägung entnommen, das die Antragsbefugnis Planbetroffener begründen kann (Ziekow, VwGO § 47 Rn. 165 m.w.N.), wenn deren abwägungserhebliche Belange betroffen sind. Daraus wird geschlossen, dass der zu beachtende Belang selbst nicht stets durch ein eigenes subjektives Recht im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO geschützt sein muss (BVerwG, Urt. v. 22.8.2000 - 4 BN 38.00 - BRS 63 Nr. 45; vgl. Ziekow a.a.O. Rn. 167f; eindeutig Gierke, in: Brügelmann, BauGB, Stand Jan. 2011, § 2 Rn. 99; Posser/Wolf, VwGO § 47 Rn. 40; OVG Münster, Urt. v. 3.9.2009 - 10 D 121/07.NE - DVBl 2009, 1385 - Datteln).

63

Ausgeschieden werden allerdings objektiv geringwertige Interessen oder solche, die eindeutig mit individuellen Belangen nicht im Zusammenhang stehen, weil sie nur im Interesse der Allgemeinheit liegen (Ziekow a.a.O. Rn. 176; Schoch u.a. a.a.O. Rn. 61: private, nicht nur allgemeine Belange). Dadurch wird allerdings nicht eindeutig geklärt, ob die Verletzung einer Vorsorgenorm, bei der es um den vorsorgenden Schutz gegen Risiken für Planbetroffene geht, den individuellen Belangen oder der Allgemeinheit zuzuordnen ist. Generell gelten Vorsorgenormen als nicht drittschützend. Das Bundesverwaltungsgericht und die Kommentarliteratur zu § 47 Abs. 2 VwGO nehmen eine solche Differenzierung zwischen Schutz- und Vorsorgenormen in den Äußerungen zur Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 VwGO wegen Lärmbeeinträchtigungen nicht eindeutig vor (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.2000 - 4 BN 59.00 - NVwZ 2001, 431).

64

Im Hinblick auf die Vorsorgenorm des § 50 Satz 1 BImSchG ist in der Kommentarliteratur anerkannt, dass eine mögliche Verletzung dieser Norm jedenfalls über § 1 Abs. 7 BauGB eine Antragsbefugnis für die abstrakte Normenkontrolle begründen kann (Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 50 BImSchG, Rn. 67; Jarrass, BImSchG, 8. Aufl., § 50 Rn. 27; wohl auch Schulze-Fielitz, a.a.O. § 50 Rn. 242). Das Bundesverwaltungsgericht hat im Übrigen auch Vorsorgegrenzwerte im Fall unaufgeklärter Besorgnispotenziale für drittschützend gehalten (BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329).

65

Die Verschonung vor zusätzlichen erheblichen Immissionsbelastungen ist stets ein abwägungserheblicher und die Antragsbefugnis ausfüllender Belang. Es ist - soweit die Erheblichkeitsschwelle überschritten ist - nicht nach der Intensität der Beeinträchtigung des Belanges zu unterscheiden, sondern nur nach der Art der Abwägungsbelange. Sind diese grundsätzlich privat, dann können sie auch im Vorsorgebereich die Antragsbefugnis begründen. Das ist schon deswegen sinnvoll, weil dann nicht bereits in der Zulässigkeitsprüfung die Scheidelinie zwischen Vorsorge- und Gefahrenabwehrwerten rechtlich und tatsächlich geklärt werden muss.

66

Vorliegend ist nicht ausgeschlossen, dass die Erheblichkeitsschwelle bezüglich des Risikos durch Krankheitserreger überschritten ist. Dafür kommt es nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren eine "Null-Emissions-Anlage" versprochen hat. Denn auch unabhängig davon besteht die für § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausreichende Möglichkeit, dass die Antragsteller in einem Umfang der Gefahr von planbedingten Krankheitserregern ausgesetzt werden, dass sich die Antragsgegnerin hatte fragen müssen, ob sie dieses (Rest-Risiko) den Antragstellern würde zumuten können. Die Antragsteller haben diesbezüglich folgenden Hilfsbeweisantrag gestellt:

  1. 1.

    Viren, die aus der Infizierung von Schweinen bis 200 Großvieheinheiten freigesetzt werden, werden mit der Luft befördert.

  2. 2.

    Mit der Luft beförderte Viren sind überlebensfähig bis zu einer Entfernung von 1000 m.

  3. 3.

    Filter, insbesondere HEPA-Filter sind nicht in der Lage, vollständig Viren aufzufangen oder festzuhalten. Es werden Viren trotz der Filter bis 1000 m befördert.

  4. 4.

    Es gibt keine Regeln der Technik, die den Durchlass von Viren durch Filter sowie die Beförderung von Viren als Luftfracht verhindern.

  5. 5.

    Die Fragen 1-4 sind aufgrund des aktuellen Fachwissens zu klären.

67

Im vorliegenden Normenkontrollverfahren ist eine Beweiserhebung über die gestellten Fragen 1-3 nicht angebracht. Ein Plangeber hat die Konflikte, die der Plan auslöst, auch in tatsächlicher Hinsicht soweit aufzuklären, wie es rechtlich für eine erfolgreiche Konfliktbewältigung erforderlich ist. Ist das nicht geschehen, so kann als Folge die Unwirksamkeit des Plans eintreten, nicht aber eine Aufklärungspflicht des Gerichts. Unabhängig davon nimmt der Senat an, dass die Aussagen zu 1-3 zutreffen können. Keiner der Beteiligten hat vollständig ausgeschlossen, dass Viren die HEPA-Filter passieren und noch in größerer Entfernung infektiös sein können. Punkt 4 des Hilfsbeweisantrages zielt nach Auffassung des Senats nicht auf eine Tatsachenfrage, sondern auf die Rechtslage. Die Antragsteller wollen damit geklärt wissen, dass die Gesetze einschließlich der untergesetzlichen Normen keine angemessene Konfliktlösung gewährleisten. Dies ist eine Frage der rechtlichen Begründetheit der Normenkontrollanträge.

68

Die nach Einsatz der vorgeschriebenen Filtertechnik verbleibende Belastung der Antragsteller durch Krankheitserreger ist auch nicht nach den Maßstäben des Entwurfes des VDI zur Richtlinie 4250 über Gefahren durch aerosolgetragene Krankheitserreger (Stand November 2009) auf den mehr als 350 m von der Emissionsquelle entfernten Grundstücken der Antragsteller von vornherein unerheblich. Denn das dort abgedruckte Bewertungsschema lässt es als nicht ausgeschlossen erscheinen (E 4250 S. 15 Fußnote 2), dass im vorliegenden Fall aufgrund der Besonderheiten der Anlage (hoher Schornstein) größere Abstandswerte anzunehmen sind. Möglicherweise wäre wegen der Nachbarschaft der Behindertenbetreuungseinrichtung ohnehin eine Sonderbeurteilung vorzunehmen.

69

Unabhängig davon erscheint es ohne nähere Kenntnis der umstrittenen Ausbreitungsbedingungen im Lufttransport von Krankheitserregern auch nicht offensichtlich und eindeutig ausgeschlossen, dass die Antragsteller durch die Ausnutzung der Planfestsetzungen in ihrem Recht auf Gesundheit ausArt. 2 Abs. 2 GG gefährdet werden. Keiner der Beteiligten hat behauptet, dass der Einsatz der üblichen Filtertechnik für Anlagen in der gentechnischen Sicherheitsstufe S3 das Austreten von Krankheitserregern zu 100% verhindert. Auch die für die Beteiligten sprechenden Gutachter von Antragsteller und Beigeladener haben dies bestätigt. Die Fähigkeit von Erregern, einen Lufttransport von 600 m zu überleben, ist nicht für sämtliche Erreger der Stufen S1-S3 kategorisch bestritten worden. Schließlich kann nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten und verfügbaren Informationsquellen nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass in dieser Weise transportierte Erreger noch für Menschen oder Tiere - durch Einatmung oder auf dem Nahrungsweg - infektiös sind.

70

II.

1.

Ob das Verfahren, das zum Plan Nr. 1708 der Antragsgegnerin geführt hat, rechtsfehlerhaft war, kann offenbleiben. Ein möglicher Rechtsfehler führt jedenfalls nicht zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes.

71

Einen Verfahrensfehler sehen die Antragsteller darin, die Bekanntmachung zur frühzeitigen Bürgerbeteiligung habe dadurch ihre Anstoßfunktion eingebüßt, dass die Antragsgegnerin unzutreffende Informationen der Beigeladenen über die Nutzung des Plangebietes verbreitet habe. Schon das ist jedoch mehr als zweifelhaft. Richtig ist zwar, dass die bekannt gemachten Unterlagen geeignet sein müssen, das Informations- und Beteiligungsinteresse der Bürger zu wecken, die an der beabsichtigten Planung interessiert oder von ihr betroffen sind (Korbmacher, in: Brügelmann, a.a.O. § 3 Rn. 58). Dazu müssen zutreffende Angaben gemacht werden ("richtig, klar, unmissverständlich", Schrödter, BauGB, § 3 Rn. 38). Es mag nun zwar sein, dass in dem Informationsblatt der Beigeladenen, welche die Antragsgegnerin dem Planentwurf/frühzeitige Bürgerbeteiligung beigefügt hatte, das geplante Vorhaben als emissionsfrei bezeichnet worden war, der Planentwurf hingegen Emissionen durch das Vorhaben der Beigeladenen gerade nicht ausschloss. Selbst wenn dieser "Widerspruch" mögliche Einwender hätte stutzig werden lassen, konnte dies einen mündigen Bürger - auf diesen ist insoweit abzustellen - aller Voraussicht gerade nicht davon abhalten, sich verlässlichen Aufschluss über die "wahren Planungsabsichten" zu verschaffen. Denn erstens handelt es sich bei dem Informationsblatt nur um ein solches der Beigeladenen (und damit um "Interessentenliteratur"). Zweitens ist ein solcher Widerspruch - wäre es denn einer, etwa wenn sich die planende Gemeinde die Äußerung eines zukünftig Planbegünstigten ohne Einschränkung als eigene zurechnete - nicht geeignet, den mündigen Bürger gleichsam "einzulullen" und von einer Kenntnisnahme der ausgelegten Unterlagen abzuhalten. Solche Widersprüche sind eher dazu angetan, den interessierten Bürger anzuspornen, der Sache auf den Grund zu gehen.

72

Es kommt hinzu: Selbst wenn das Vorgehen der Antragsgegnerin zu einer wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 BauGB rechtswidrigen frühzeitigen Bürgerbeteiligung geführt haben sollte, wäre dies aufgrund von § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB für die Wirksamkeit des Planes unerheblich.

73

2.

Ein solcher Rechtsfehler hätte auf die gem. § 3 Abs. 2 BauGB durchgeführte Auslegung des Planes keinen Einfluss gehabt. Diese Auslegungsunterlagen enthielten keine irreführende Information. Eine Auslegung darf nach § 3 Abs. 1 Satz 3 BauGB auch dann durchgeführt werden, wenn die Planung nach der frühzeitigen Bürgerbeteiligung verändert wurde. Selbst wenn also die Bürger in der ersten Beteiligungsphase von einer emissionsfreien Anlage ausgegangen wären, musste ihnen spätestens seit der gem. § 3 Abs. 2 BauGB durchgeführten Auslegung klar sein, dass der Plan bestimmte Zusatzemissionen durch Vorhaben im Plangebiet zuließ. Ohnehin war jedenfalls inzwischen in der öffentlichen Diskussion in der Presse deutlich geworden, dass der Plan nicht nur "Null- Emissionsanlagen" zulassen sollte.

74

Die Antragsgegnerin hat die in der Auslegungsphase vielfach erhobene Einwendung, die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit sei fehlerhaft verlaufen, dem Rat bei der Abwägungsentscheidung zu Recht nicht als Abwägungsmaterial vorgelegt. Der Verlauf des Verfahrens gehörte nicht zu den materiellen Fragen, die den Plan Nr. 1708 betrafen. Das Gesetz regelt in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB die Folgen von Rechtsfehlern bei der frühzeitigen Bürgerbeteiligung abschließend. Diese Regelung kann nicht dadurch umgangen werden, dass Verfahrensfragen zum Inhalt der notwendigen Abwägung gerechnet werden. Im Übrigen wäre ein Einstellungsmangel auch nach§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB unerheblich, weil er auf das Abwägungsergebnis in der Sache ohne Einfluss war.

75

3.

Die fehlende öffentliche Auslegung des zwischen Antragsgegnerin und Beigeladener abgeschlossenen städtebaulichen Vertrages begründet entgegen der Annahme der Antragsteller keinen Verfahrensfehler, weil dieser Vertrag für die rechtliche Beurteilung des Planes Nr. 1708 keine entscheidungserhebliche Rolle spielt. Konfliktlösungen dürfen zwar nur dann in vertragliche Absprachen verlagert werden, wenn wie beim Vorhaben- und Erschließungsplan die Durchführung des Vorhabens entsprechend dem Vertrag gesichert ist und nicht vertragsexterne Belange hinzutreten können. Vorliegend ist eine Durchführungspflicht vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen und im Plan wird nicht nur das Vorhaben der Beigeladenen zugelassen. Deswegen können weitere erhebliche Belange hinzutreten. Der hier allein in Rede stehende Angebotsbebauungsplan bindet generell mögliche Investoren nicht. Daher eignet sich der Vertrag hier nicht zur Konfliktverlagerung. Der Vertrag kann einem fehlerhaften planungsrechtlichen Abwägungsvorgang oder seinem Ergebnis nicht zur Rechtmäßigkeit verhelfen. Abwägungsmaterial muss also vollständig im Planverfahren abgearbeitet sein (ebenso: Gierke, a.a.O., § 1 Rn. 1587).

76

Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass der Plan die Konfliktbewältigung in das Genehmigungsverfahren transferiert und der Vertrag dort ebenfalls seine Wirkung entfalten soll. Der Plan ist so konzipiert, dass auch ohne Beachtung der Vertragsbestimmungen die plangeschaffenen Konflikte entweder durch die Planfestsetzungen selbst oder in nachfolgenden Genehmigungsverfahren angemessen gelöst werden können. Das zeigt sich besonders deutlich bei der Bewältigung der Geruchsproblematik. Hier setzt der Plan eine maximale Zusatzbelastung fest, die unabhängig von den im Plangebiet gehaltenen Großvieheinheiten ist. Deren Begrenzung im Vertrag kann daher allenfalls dazu führen, dass die Immissionen noch über die Planfestsetzungen hinaus verringert werden. Schon die Planfestsetzungen allein sollen eindeutig aber für die Konfliktlösung ausreichen.

77

Der Vertrag sollte unstrittig die Bürger beruhigen und wurde deswegen publik gemacht. Diese Beruhigung sollte aber nicht Teil der Konfliktlösung im Planaufstellungsverfahren sein und der Vertrag musste deswegen nicht im Rahmen dieses Verfahrens der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.

78

III.

Der Plan Nr. 1708 ist materiell rechtsfehlerfrei.

79

1.

Höherstufige Planungen stehen dem Plan Nr. 1708 nicht im Sinne des § 1 Abs. 4 BauGB entgegen.

80

Hinsichtlich der Planung emissionsträchtiger Vorhaben enthält das LROP 2008 einen Grundsatz in Ziffer 2.1 06:

"1Nachteile und Belästigungen für die Bevölkerung durch Luftverunreinigungen und Lärm sollen durch vorsorgende räumliche Trennung nicht zu vereinbarender Nutzungen und durch hinreichende räumliche Abstände zu störenden Nutzungen vermieden werden."

81

Eine ähnliche Festlegung findet sich im RROP 2005 der Region Hannover:

D 2.4.03 "Durch die räumliche Ordnung der Siedlungsstruktur, durch die Einhaltung sinnvoller Abstände von Schadstoffemittenten zu empfindlichen Nutzungen, durch Erhalt und weitere Entwicklung klimaökologischer Ausgleichsräume (Freiräume) und weitergehende bauleitplanerische Regelungen ist ein Beitrag zur Verhinderung oder Minimierung von Schadstoffeinwirkungen zu leisten."

82

[kein Fettdruck, also als Grundsatz gemeint]

83

Das Plangebiet A ist im RROP 2005 als Vorranggebiet für Freiraumfunktionen festgelegt; die Festlegung misst sich Zielcharakter bei.

84

Darüber hinaus soll das Gebiet grundsätzlich Vorsorgegebiet für Erholung sein.

85

Nach dem Grundsatz 2.5.04 des RROP 2005 sind in dicht besiedelten Gebieten - u.a. zum Zweck der Durchlüftung - Freiräume möglichst zu erhalten.

86

Die Antragsgegnerin ist ohne Rechtsverstoß von der Zielfestlegung "Vorranggebiet für Freiraumfunktionen" abgewichen. In Bezug auf diese Zielfestlegung des RROP 2005 hat die Region Hannover mit bestandskräftigem Bescheid vom 13. März 2009 und damit noch vor dem Satzungsbeschluss die Zielabweichung zugelassen.

87

Die Abwägung über den Plan Nr. 1708 hat den Erholungsgrundsatz und den Freiflächenschutz erkennbar zurückgestellt und damit bei der Abwägung berücksichtigt.

88

Die beiden Grundsätze zur Trennung unverträglicher Nutzungen sind in der Abwägung ebenfalls berücksichtigt worden. Die Abwägung beschäftigt sich ausdrücklich u.a. mit der Standortfrage.

89

Die vom Forstamt Fuhrberg geltend gemachte Festlegung D 3.3 04 des RROP Region Hannover ist fehlerfrei in der Abwägung zurückgestellt worden. Es handelt sich trotz Fettdrucks nicht um ein materielles Ziel der Raumordnung, weil es an der hinreichenden Bestimmtheit dafür fehlt. Zwar wird ein Regelabstand angegeben und ein Verfahren für eine Einigung festgelegt, dies aber nur durch Grundsätze. In der Abwägung überwindbare Grundsätze können aber ein für sich genommen zu unbestimmtes Ziel nicht hinreichend konkretisieren.

90

2.

Der Flächennutzungsplan wurde im Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB im Sinne der angestrebten Planung geändert. Dem Entwicklungsgebot ist damit genügt.

91

3.

Der Luftreinhalte-Aktionsplan der Antragsgegnerin vom 12. Juli 2007 enthält keine planrelevanten Aussagen. Die dem Plangebiet benachbarten Straßen weisen keine besonders hohen Belastungen durch die für das quellenunabhängige Luftqualitätsrecht relevanten Luftschadstoffe auf.

92

4.

Der Plan ist erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Das ist der Fall, wenn er nach der planerischen Konzeption der Gemeinde notwendig ist (BVerwG, Urt. v. 22.1.1993 - 8 C 46.91 -, BVerwGE 92, 8 m.w.N. in Rdnr. 21). Das ist hier zweifelsfrei der Fall, da das Konzept der Antragsgegnerin nicht ohne Plan verwirklicht werden kann. Die Erforderlichkeit kann entgegen der Annahme der Antragsteller auch nicht mit dem Argument geleugnet werden, der Plan könne das selbst gesteckte Ziel nicht erreichen, nur Nutzungen mit Null-Emissionen zu ermöglichen. Ein solches Plankonzept ist von der Antragsgegnerin spätestens seit der Auslegungsphase eindeutig nicht verfolgt worden. Die Planentwürfe enthielten Festsetzungen zur Begrenzung, nicht zum vollständigen Ausschluss von Emissionen. Dass in der Frühphase des Planaufstellungsverfahrens von Beteiligten möglicherweise Anderes vorgetragen wurde, kann verfahrensrechtlich erheblich sein, ändert aber nichts daran, dass ausweislich der Planentwürfe und der Planbegründung zu keiner Zeit eine Null-Emissions-Nutzung geplant war.

93

5.

Der Plan Nr. 1708 ist nicht deswegen rechtsfehlerhaft, weil eine bei einem Angebotsbebauungsplan unzulässige Einzelfallplanung vorliegt. Art der Nutzung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB muss bei einer Angebotsplanung stets ein genereller Nutzungstyp/ Anlagentyp sein (zur Typenlehre bei § 1 Abs. 9 BauNVO vgl. BVerwG, B. v. 22.5.1987 - 4 C 77.84 -, BVerwGE 77, 317 [BVerwG 22.05.1987 - BVerwG 4 C 77.84]; BVerwG, B. v. 6.5.1993 - 4 NB 32.92 -, BRS 55 Nr. 10). Ein Anlagentyp kann auch durch bestimmte Eigenschaften der Anlage gebildet werden (Ziegler, in: Brügelmann, § 1 BauNVO, Rn. 299a, Rn. 310 ff). Es muss sich aber noch immer um Unterarten von Betrieben handeln. Unzulässig ist die Einzelfallplanung konkreter einzelner Projekte bzw. konkreter Anlagen (anlagenbezogene Planung) (Ziegler, a.a.O. Rn. 298 ff). Anders als bei Angebotsplänen darf bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach § 12 BauGB anlagenbezogen geplant werden. Eine strikte Bindung an die Festsetzungsmöglichkeiten des§ 9 BauGB besteht dort nicht. Dafür muss der Investor eine Durchführungsverpflichtung übernehmen. Ein solcher vorhabenbezogener Plan liegt hier aber nicht vor.

94

Die Anforderungen an die Allgemeinheit der Festsetzungen gelten jedoch bei Sondergebietsfestsetzungen nach § 11 BauNVO nur in abgemilderter Form. So wird vertreten, maßgeschneiderte Nutzungsmöglichkeiten seien zulässig (Ziegler, a.a.O. § 11 Rn. 299b). Das Bundesverwaltungsgericht hält trotz seiner Zustimmung zu dieser Abmilderung allerdings grundsätzlich an der zu § 1 Abs. 9 BauNVO entwickelten Typenlehre mit Zustimmung der Literatur (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 11 BauNVO, Rn. 30) auch für § 11 BauNVO fest (BVerwG, Urt. v. 3.4.2008 - 4 CN 3.07 -, BVerwGE 131, 86). Auch Festsetzungen nach § 11 BauNVO dürfen nicht individuell anlagebezogen sein. Denn dann würde § 11 zum Einfallstor für eine vorhabenbezogene Planung (§ 12 BauGB) ohne die vom Gesetzgeber mit diesem Planungstyp verbundenen Anforderungen. Es liegt hier auch nicht der vom Bundesverwaltungsgericht anerkannte Ausnahmefall vor, dass im Baugebiet nur ein einziges Vorhaben zulässig sein soll. Vielmehr hat die Antragsgegnerin wiederholt betont, es solle sich um eine allgemeine Angebotsplanung handeln.

95

Die Festsetzungen in § 1 des Plans Nr. 1708 geben nicht komplett die Anforderungen einer bestimmten Sicherheitsstufe nachGenTG/GenTSV oder BioStoffV wieder; dann wäre unzweifelhaft ein Anlagentyp und nicht ein einzelnes Vorhaben beschrieben (vgl. zu besonderen Eigenschaften eines Vorhabens: OVG Lüneburg, Urt. v. 14.1.2002 - 1 KN 270/01 - NVwZ-RR 2003, 99: Ein Betretungsverbot für betriebsfremde Personen ist nicht vollzugsfähig und daher rechtswidrig).

96

Die textlichen Festsetzungen in § 1 sind nicht deswegen unzulässig, weil es sich um persönliche Verhaltenspflichten und nicht um die Kennzeichnung von Anlageneigenschaften handelt. Die gesamte Baunutzungsverordnung geht davon aus, dass Festsetzungen die Art der baulichen Nutzung bestimmen. Persönliche Verhaltenspflichten sind in diesem Sinne keine zulässigen Nutzungsfestsetzungen (VGH Mannheim, Urt. v. 20.6.1995 - 3 S 2680/93 - BWGZ 1995, 617 zu Be- und Endladearbeiten). Die im angegriffenen Plan getroffenen Festsetzungen (z.B. § 1 (2) Nr. 3 Satz 5) sind ersichtlich nicht als persönliche Verhaltenspflichten, sondern als Anforderungen an Vorhaben konzipiert. Dies ergibt sich aus der Planbegründung und dem Zusammenhang und der Funktion der Festsetzung. Auf S. 10 der Planbegründung sind die Festsetzungen des § 1 (2) Nr. 3 unter dem Titel "Art der baulichen Nutzung" aufgeführt. Eine Auslegung im Sinne von Anlagenanforderungen ist zwingend und möglich. Näheres wird dazu im Gesamtzusammenhang zur textlichen Festsetzung § 1 erörtert.

97

6.

Die Festsetzung eines Sondergebietes durch den Plan Nr. 1708 war zulässig. Was in einem Bebauungsplan festgesetzt werden darf, richtet sich nach § 9 BauGB i.V.m. der BauNVO. Die Festsetzung eines Sondergebietes ist in § 11 der BauNVO ausdrücklich vorgesehen. Eine SO-Festsetzung setzt voraus, dass sich der Zweck des festgesetzten Gebietes von den Baugebieten nach den §§ 2-10 BauNVO wesentlich unterscheidet. Für eine Festsetzung wie "dient vorwiegend der Unterbringung von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen und diesen zuarbeitenden Betrieben (technologieorientiertes Gewerbe)" ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein wesentlicher Unterschied zum Gewerbegebiet vorliegt (VGH Mannheim, Urt. v. 30.11.2000 - 5 S 3227/98 -, NVwZ-RR 2001, 716; vgl. zur Festsetzung eines Wissenschafts- und Technologieparks ohne Zweifel an dieser Festsetzung: VGH Mannheim Urt. v. 24.5.2005 - 8 S 595/04 -, BRS 69 Nr. 39). Dieser Unterschied liegt darin, dass im festgesetzten Gebiet nur die genannten Nutzungen zulässig sein sollen. Es ist nicht notwendig, dass das Planziel mit der Ausweisung eines nach § 1 BauNVO differenzierten Gewerbegebietes (§ 8 BauNVO) nicht erreichbar war. § 11 BauNVO ist nicht vollständig subsidiär zu anderen von der Baunutzungsverordnung eröffneten Festsetzungsmöglichkeiten. Vielmehr reicht es aus, wenn die plangebietstypische Nutzung wesentlich von den typischen Nutzungen der in §§ 2-10 BauNVO genannten Gebietstypen abweicht (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 11 Tz. 5.3; Senatsurteil v. 9.5.1990 - 1 C 31/87 -, BRS 50 Nr. 26). Das ist hier der Fall.

98

Der Ausweisung steht auch nicht entgegen, dass im Plangebiet ein störintensiver Betrieb zugelassen wird. Der VGH Mannheim (Urt. v. 30. November 2000, a.a.O.) hat angedeutet, dass in einem solchen Fall die Ausweisung als Gebiet für Wissenschaft etc. ungeeignet sein könnte. Indes ist die Antragsgegnerin hier gerade - wenn auch fehlerhaft - davon ausgegangen, dass im Plangebiet keine störintensiven Betriebe angesiedelt werden.

99

Die einschränkende Bestimmung "vorwiegend" ist in der genannten Entscheidung des VHG Mannheim ohne ausdrückliche Thematisierung nicht unter den in der Entscheidung behandelten Bestimmtheitsaspekten beanstandet worden. Im Plan Nr. 1708 wurde als Zweck des Sondergebiets festgesetzt: Das Sondergebiet dient " vorwiegend dem Errichten und dem Betrieb von Einrichtungen für Wissenschaft, Forschung und Produktentwicklung im tiermedizinischen Bereich." Damit sind die Erwägungen des VGH Mannheim insoweit auf die vorliegende Zweckbestimmung übertragbar. Dem festgelegten Zweck entsprechen die in der textlichen Festsetzung § 1 aufgeführten zulässigen Nutzungen. Sie müssen überwiegend im sachlichen Zusammenhang mit § 1 (2) Ziffer 1 stehen, allerdings vom Umfang her nicht stets untergeordnet sein. So fehlt dieses Merkmal bei den nach Ziffer 5 zulässigen Verwaltungsgebäuden. Das ist indes unschädlich, weil Verwaltungsgebäude ohnehin für Wissenschaftszwecke nicht untypisch sind. Es liegt insgesamt ein wesentlich von den Gebieten nach§§ 2 - 10 BauNVO unterschiedener Nutzungszweck vor, insbesondere, weil Produktionsbetriebe vom Umfang her stets untergeordnet sein müssen.

100

7.

Auch die weiteren Festsetzungen des Plans sind ihrer Art nach zulässig und hinreichend bestimmt.

101

a)

Die textlichen Festsetzungen in § 1 (2) Ziffern Nr. 1, 2, 3 Satz 1, 4 und 5 des Plans Nr. 1708 setzen abschließend (vgl. S. 9 der Planbegründung) - teils näher beschriebene - bauliche Nutzungen mit bestimmten Zwecken als zulässig fest. Solche Festsetzungen sind als Festsetzungen über die Art der Nutzung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO zulässig. Die Antragsgegnerin hat am Ende der textlichen Festsetzung in § 1 auf diese Rechtsgrundlage hingewiesen.

102

b)

Die Festsetzungen zum "untergeordneten" Umfang von Nutzungen für Dienstleistungen und Produktion in § 1 des Plans Nr. 1708 sind hinreichend bestimmt. Der Begriff "untergeordnet" kann grundsätzlich hinreichend bestimmt sein. Im Bauplanungsrecht ist z.B. in § 14 von untergeordneten Nebenanlagen die Rede, ohne dass die Norm eine numerische Quantifizierung bietet. Im Anwendungsbereich von§ 14 BauNVO ergibt sich die funktionale ("Hilfsfunktion") Unterordnung aus dem Begriff "Nebenanlage", während der Begriff "untergeordnet" auf die räumlich-gegenständliche Dimension zielt. Die Festsetzungen in § 1 des Plans Nr. 1708 machen sich die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu "untergeordneten Nebenanlagen" zu Nutze. Danach müssen diese räumlich-gegenständlich untergeordnet sein (BVerwG, Urt. v. 17.12.1976 - IV C 6.75 - BRS 30 Nr. 117; vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 14 Tz. 3).

103

Aus der räumlich-gegenständlichen Unterordnung wird entnommen, dass ein nach Fläche bzw. Baumasse untergeordneter Baukörper nicht dem Baukörper der Hauptnutzung gleichwertig oder sogar räumlich überlegen sein darf. Das bedeutet vorliegend, dass Gebäude für Dienstleistungen oder Produktion jeweils für sich genommen nicht die Fläche oder die Baumasse der Labore und Forschungseinrichtungen überschreiten dürfen. Darin liegt eine hinreichende Bestimmtheit. Die fehlende Hilfsfunktion im Sinne des§ 14 BauNVO wird hier durch eine konkrete Benennung der Nutzungen (Dienstleistung, Produktion) ersetzt.

104

Die Tatsache, dass die Konkretisierung des Begriffs "untergeordnet" im Genehmigungsverfahren noch Schwierigkeiten bereiten kann, führt nicht zwingend zur Unbestimmtheit der Festsetzung als solcher (VGH Mannheim, Urt. v. 21.5.2001 - 5 S 901/99 - NVwZ-RR 2002, 556).

105

8.

Der Plan ist nicht wegen einer Verletzung des Gebots der räumlichen Distanzierung von Störfallbetrieben rechtswidrig. Für die Beurteilung, ob § 50 Satz 1, 2. Alternative BImSchG einschlägig ist, fehlt eine Betriebsbeschreibung, nach der man feststellen kann, ob die in der RL 96/82/EG (Seveso-Richtlinie bzw. StörfallVO) genannten Stoffe in den fraglichen Mengen vorhanden sind, insbesondere im dem Stofflager nach Ziffer 3 in § 1 der textlichen Festsetzungen. In Ermangelung von Detailkenntnissen über das Vorhaben muss ein Plangeber, wenn er der StörfallVO unterfallende Betriebe ermöglichen will, den Plan so gestalten, dass die erforderlichen Abstände eingehalten werden. Geschieht das wie vorliegend nicht, so können im nachfolgenden Genehmigungsverfahren Störfallbetriebe nicht zugelassen werden, weil nicht die erforderliche Vorsorge getroffen wurde. Nach den im Planaufstellungsverfahren vorliegenden Kenntnissen wird bei der Nutzung des Plangebietes nicht mit Stoffen und Stoffmengen gearbeitet, die eine Anwendung des Störfallrechts auslösen. Insbesondere fällt Kaliumhydroxid nicht unter die Störfallverordnung.

106

9.

Der Plan verletzt nicht das Abwägungsgebot.

107

Ein Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan ist rechtswidrig, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat. Das Abwägungsgebot ist ferner verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge einzustellen war. Schließlich liegt eine Verletzung auch vor, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen diesen in einer Weise vorgenommen wurde, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 [BVerwG 12.12.1969 - BVerwG IV C 105.66]).

108

Nach Lage der Dinge war im Verfahren über den Bauleitplan Nr. 1708 vor allem die Geruchsbelästigung für die Nachbarschaft und der Konflikt durch das mögliche Austreten von Krankheitserregern und gentechnisch veränderten Organismen einzustellen. Darüber hinaus warf der Plan eine Lärmproblematik auf; zur Staubbelastung durch die Nutzung des Plangebietes gab es keine kritischen Einwendungen. Zu bewältigen war auch ein möglicher Konflikt zwischen der Entstehung von Ammoniak durch die zulässigen Nutzungen und dem Schutz des Stadtwaldes. Hinsichtlich der betroffenen Nachbarschaft waren deren Belange einzubeziehen und zu gewichten. Als potenziell betroffene Nachbarschaft kamen insbesondere die TiHo, die soziale Einrichtung Büntestraße 3, das Kleingartengebiet nördlich des Plangebiets, das Wohngebiet nordöstlich des Plangebietes und das Stadtwaldgebiet "Eilenriede" in Betracht. Darüber hinaus haben die Antragsteller einen Wertverlust ihrer Grundstücke durch die Planausnutzung gerügt.

109

Neben diesen spezifischen Punkten waren alle Belange zu berücksichtigen, die üblicherweise bei Bebauungsplänen eine Rolle spielen, wie etwa Verkehrsbelastung der Nachbarschaft, Erschließung, vorhandene Gewässer etc.

110

a)

Die Antragsgegnerin hat auf den Einwand einer planbedingten Grundstückswertminderung vorgebracht, zu einer dauerhaften Wertminderung werde es nicht kommen. Dieser Ansicht haben die Antragsteller nur entgegengesetzt, dass der Plan nicht zu einer Konfliktlösung in Bezug auf Krankheitserreger, z.T. auch Lärm und Geruch führe und dass daraus eine Wertminderung resultiere. Daraus ergibt sich, dass die Fehlerfreiheit der Abwägung im Hinblick auf das Eigentumsrecht hier von der Fehlerfreiheit in Bezug auf die Konfliktbewältigung in Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen abhängig ist. Eigenständige Überlegungen außerhalb des letztgenannten Bereiches sind nicht angezeigt. Insoweit gilt hier wie im Nachbarrecht: Planbedingt mögliche Grundstückswertminderungen sind für sich allein nicht geeignet, eine Abwägungsentscheidung zu Fall zu bringen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1995 - 4 NB 17.94 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 102 = NVwZ 1995, 895 [BVerwG 09.02.1995 - 4 NB 17/94]). Es genügt demgemäß nicht, lediglich die Ursächlichkeit des Planes auf die eintretende/befürchtete Minderung des Verkehrswertes darzustellen.

111

Ein Abwägungsfehler kann des Weiteren nicht aus der Behauptung abgeleitet werden, die Antragsgegnerin habe eingangs des Planaufstellungsverfahrens eine Null-Emissions- Planung verbindlich zugesagt und sich davon auch im weiteren Planverfahren nicht lösen können. Die Antragsteller beziehen sich insoweit auf eine Äußerung, welche der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin abgegeben habe. Dieser kann schon wegen § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB die Bedeutung nicht zukommen, welche die Antragsteller ihr beimessen. In seinem Urteil vom 23. April 2008 (- 1 KN 113/06 -, DWW 2008, 269) hat der Senat dargetan, dass die Gemeindeverwaltung - das gilt auch für ihre "Spitze" - die Entscheidungen nicht verbindlich präjudizieren kann. Allein der Rat entscheidet verbindlich über den Inhalt des Bebauungsplanes (§ 40 Abs. 1 Nr. 5 NGO). Schon deshalb ist es dem Oberbürgermeister rechtlich verwehrt, im Verhältnis zu künftigen Planunterworfenen oder Plannachbarn die Regelungen des Planes verbindlich festzulegen, der erst aufgestellt werden soll.

112

Es kommt hinzu: Selbst wenn dies anfänglich dem Willen des Rates entsprochen haben würde, ist dieser keineswegs gehindert, diesen im Laufe des Planaufstellungsverfahrens zu ändern. Bereits die frühzeitige Bürgerbeteiligung hatte einen Entwurf zum Inhalt, der nicht eine "Null-Emissions-Planung" verhieß.

113

b)

Im Abwägungsvorgang sind (nicht nur wegen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung des § 1a Abs. 3 BauGB) die naheliegenden Planungsalternativen zu ermitteln und zu bewerten. Im Rahmen der Abwägungsentscheidung ist die vorzugswürdige Planungsalternative zu wählen. Dabei sollte sich die Entscheidung bei der Inanspruchnahme von Privateigentum (andernfalls ist§ 1 Abs. 7 BauGB Entscheidungsmaßstab; Gierke, a.a.O., § 1 Rn. 1573) daran orientieren, dass sich der geringstmögliche Eingriff ergibt. Die Planbegründung hat die Gründe für die Alternativenwahl darzulegen (Gierke, a.a.O., § 1 Rn. 1571). Die Pflicht zur Alternativenprüfung ergibt sich auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Stüer, Der Bebauungsplan, 4. Aufl. 2009, Rn. 920). Die Standortentscheidung eines Investors befreit jedenfalls bei Notwendigkeit einer Strategischen Umweltprüfung nicht für sich genommen schon von der Alternativenprüfung (Gierke, a.a.O., § 2 Rn. 122). Das Plankonzept darf auch nicht ohne zwingenden Grund so eng gefasst werden, dass alle Standortabweichungen nicht nur den Grad der Zielerfüllung beeinträchtigen, sondern die Zielerreichung in Frage stellen (Gierke, a.a.O. § 2 Rn. 123). Ob die Gemeinde sich ein Planungskonzept zu eigen machen darf, das in bestimmter Hinsicht weniger belastende Alternativen ausschließt, ist deswegen nicht ohne Berücksichtigung und Gewichtung der beteiligten Belange zu entscheiden. Nur wenn das gewählte Konzept relevante Beeinträchtigungen mit sich bringt, besteht Anlass, eine vergleichende Bilanz mit den Alternativlösungen aufzustellen.

114

Die Planaufstellungsakten bringen überwiegend nicht zum Ausdruck, Alternativstandorte kämen entscheidungserheblich deswegen nicht in Betracht, weil sie zwangsläufig ein anderes Projekt darstellten. Es kann deswegen hier offen bleiben, ob der Verzicht auf die räumliche Nähe zur TiHo nur den Zielerfüllungsgrad betrifft oder die Aufgabe eines Teilzieles bedeuten würde (vgl. dazu etwa BVerwG, B. v. 3.6.2010 - 4 B 54.09 -, NVwZ 2010, 1290).

115

Die Antragsgegnerin hat von der näheren Prüfung von Alternativen vor allem deswegen abgesehen, weil sie den Belang der wissenschaftlichen und ökonomischen Synergien durch die Nähe zur Tierärztlichen Hochschule für so hochwertig gehalten hat, dass dieser Belang für sie gewichtiger war als denkbare Unterschiede im Maß der Beeinträchtigungen Dritter unterhalb der Gefahrenschwelle an den unterschiedlichen Standorten. Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin konnte die Geruchszusatzbelastung aufgrund der textlichen Festsetzung in § 1 für irrelevant gelten. Hinsichtlich der Lärmbelastung wird aus Sicht des Plansgebers in Bezug auf die soziale Einrichtung immerhin knapp die Belastungsgrenze erreicht. In Bezug auf die Gefahren durch gentechnische Verfahren und Produkte verlässt sich der Plan auf das Genehmigungsverfahren. Die Bewältigung von Risiken durch Krankheitserreger verlagert der angegriffene Plan, wie weiter unten darzutun sein wird, in nicht zu beanstandender Weise auf nachgelagerte Ebenen. Die Berechtigung, die von der Antragsgegnerin zunächst in die Auswahl gebrachten Alternativstandorte nicht näher zu prüfen, muss sich daher aus der Beurteilung der für dieses Unterlassen vorgebrachten Gründe ergeben. Weil die Antragsgegnerin davon ausgehen durfte, dass auf die Nachbarschaft des Plangebiets ohnehin nur irrelevante Immissionen einwirken werden, durfte sie der Alternativenfrage - wie geschehen - ein vergleichsweise geringes Gewicht beimessen. Für die Frage, ob die Antragsgegnerin die genannte Annahme machen durfte, wird auf die Ausführungen weiter nachfolgenden Ausführungen zu den Problembereichen Lärm, Geruch, Gentechnik und Krankheitserreger verwiesen.

116

c)

Bei der Zuordnung von Nutzungsarten zu Flächen ist der Plangeber nicht vollständig frei. § 50 BImSchG enthält mehrere Gebote in Bezug auf die (nicht notwendig nur räumliche) Trennung von emittierenden Nutzungen gegenüber anderen Flächen. Die in der Norm bezeichneten Maßnahmen sind Vorsorgemaßnahmen.§ 50 BImSchG enthält drei Konstellationen:

117

Die Norm behandelt zunächst die Sicherung schutzbedürftiger Gebiete gegen schädliche Umwelteinwirkungen allgemein und dann speziell vor Störfallfolgen (§ 50 S. 1 BImSchG). Im ersten Fall liegt in Gestalt des sogenannten Trennungsgebotes eine planungsrechtliche Abwägungsdirektive vor (BVerwG, B. v. 26.3.2007 - 7 B 73.06 - NVwZ 2007, 833). Die Anwendung des § 50 BImSchG setzt eine Abwägung aller beteiligten Belange (Schulze- Fielitz, in: Koch/Pach/Scheuing, GK-BImSchG, Stand 2010, § 50 Rn. 42), § 50 Satz 1, 1. Alt. BImSchG für seine Anwendung eine gründliche Prognose der schädlichen Umwelteinwirkungen voraus (Schulze-Fielitz, a.a.O. Rn. 215).

118

Grundsätzlich ist für die Anwendung des § 50 Satz 1 BImSchG zu ermitteln, ob schädliche Umwelteinwirkungen aus der Nutzung des Plangebietes entstehen können. Besonders naheliegend ist das, wenn es um Emissionen geht, die auch im Normalbetrieb einer Anlage die Luft belasten. Können schädliche Umwelteinwirkungen entstehen, ist zu erwägen, ob entsprechend § 50 Satz 1 BImSchG eine räumliche Trennung unverträglicher Nutzungen in Betracht kommt. Dazu sind Standortalternativen in den Blick zu nehmen. Kommt die räumliche Trennung für den Plangeber nicht in Frage, dann kann die durch§ 1 Abs. 7 BauGB gebotene Konfliktlösung durch Planfestsetzungen erreicht werden, die die schädlichen Umwelteinwirkungen betreffen. Auch auf solche Festsetzungen darf verzichtet werden, wenn die Konfliktlösung in nachfolgende Verwaltungsverfahren verlagert werden darf.

119

Ähnliche Empfehlungen für die Anwendung des § 50 Satz 1, 1. Alternative BImSchG gibt der Abstandserlass (Abstandserlass vor Ziff. 1) des Landes NRW (RdErl. d. Min. für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz -V-3-8804.25.1 - vom 6.6.2007). Der Abstandserlass NRW geht davon aus, dass es trotz dem Stand der Technik entsprechender Schutzvorkehrungen auch bei bestimmungsgemäßem Betrieb von Anlagen zu Gefahren und erheblichen Belästigungen kommen kann (Abstandserlass Ziff. 2.1) und hält deswegen eine vorsorgende räumliche Trennung für ggf. sinnvoll. Verfahrensmäßig empfiehlt der Abstandserlass (Abstandserlass Ziff. 2.4.1.2/3), bei bekannter Nutzungsart im Plangebiet diejenigen Nutzungen durch Festsetzung im Plan auszuschließen, bei denen die als Regel empfohlenen Abstände unterschritten werden. Sollen die Anlagen trotz Abstandsunterschreitung zugelassen werden, so wird die Einholung eines Gutachtens empfohlen, das klärt, ob der Abstand im Einzelfall ausreichen wird, um Gefahren, erhebliche Nachteile und Belästigungen zu vermeiden.

120

Vergleichbare Hinweise gibt der (hier nicht anwendbare) "Leitfaden für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach derStörfall-Verordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG". Eine Planung, die keine sicheren Detailkenntnisse der Gefahren durch die spätere Nutzung hat, soll sicherheitshalber größere Abstände festsetzen (Ziff. 2.1). Wie der Abstandserlass NRW empfiehlt der Leitfaden bei Abstandsunterschreitung eine Einzelfallprüfung. Der Leitfaden setzt Wohngebiete und Freizeitgebiete bzgl. ihres Schutzanspruches gleich.

121

Diese Empfehlungen aus dem Abstandserlass und der Leitlinie geben lediglich das wieder, was Inhalt des § 50 Satz 1 BImSchG ist. Es kommt daher für diese Inhalte nicht darauf an, ob Erlass und Leitlinie im vorliegenden Fall im engeren Sinne anwendbar sind.

122

Das Trennungsgebot des § 50 BImSchG und die entsprechende Konfliktlösungsmethode nach § 1 Abs. 7 BauGB finden keine Anwendung, wenn es um die Überplanung einer vorhandenen Gemengelage geht (Senatsbeschluss v. 21.7.2008 - 1 MN 7/08 - BauR 2009, 465; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, § 1 Rn. 111). Eine Gemengelage ist durch ein bereits vorhandenes Nebeneinander grundsätzlich unverträglicher Nutzungen gekennzeichnet (vgl. z.B. Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 9 Rn. 152). Eine Gemengelage in diesem Sinne war hier nicht gegeben, denn die Kleingärten im Plangebiet beeinträchtigten die vorhandenen Nutzungen (soziale Einrichtung, Wohnen, TiHo) nicht. Auch ist der durch die vom Plan ermöglichte Massentierhaltung denkbare Konflikt im Umfeld des Plangebietes bisher nicht virulent. Daher ist das Trennungsgebot grundsätzlich anwendbar.

123

Die Antragsgegnerin hat erkannt, dass die Nutzung des Plangebietes schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des§ 50 BImSchG verursachen kann. Ihr ist deutlich geworden, dass zwangsläufig Lärm und Gerüche auf die Nachbarschaft einwirken werden. Darüber hinaus war ihr klar, dass Krankheitserreger und gentechnisch veränderte Organismen theoretisch die Nachbarschaft beeinträchtigen können. Die Antragsgegnerin hat zum Umfang der Einwirkungen Gutachten zu den Bereichen Lärm (Bonk), Geruch (TÜV-Nord) und Krankheitserreger/GVO (Mani) eingeholt. Sie hat in der Abwägung entschieden, dass ein Alternativstandort nicht in Betracht komme, weil der Investor den geplanten Standort wünsche und rechtlich einer Verwirklichung an diesem Standort nichts entgegenstehe. Außerdem passe ein Alternativstandort nicht in das verfolgte Konzept. Insofern sei eine räumliche Trennung nicht vorzunehmen.

124

Die Antragsgegnerin hat daher versucht, die Nutzungskonflikte durch Geruchs- und Lärmimmissionen über Planfestsetzungen zu lösen.

125

Hinsichtlich der denkbaren Konflikte durch luftgetragene Krankheitserreger und gentechnisch veränderte Organismen ist sie davon ausgegangen, dass denkbare Konflikte in nachfolgende Verfahren verlagert werden können und dürfen. Vorsorglich hat sie zusätzlich eine konfliktmindernde Planfestsetzung (textliche Festsetzung § 1 (4)) in den Plan Nr. 1708 aufgenommen.

126

aa)

Die Antragsgegnerin hat den von ihr erkannten Nutzungskonflikt bezüglich der Geruchsemissionen rechtmäßig bewältigt. Eine Abwägung zur Geruchsbelastung hat sie vorgenommen. Dabei hat sie das Ansiedlungsinteresse der Beigeladenen, das verfolgte städtebauliche Konzept und die Belange möglicher Betroffener in die Abwägung eingestellt.

127

Die Gewichtung der betroffenen Belange hinsichtlich der Verschonung vor Geruchsbelästigungen ist nicht zu beanstanden. Aus der Planbegründung zu Geruchsimmissionen ergibt sich nicht ausdrücklich, mit welchem Schutzanspruch die Belange der Betroffenen eingestellt wurden. Da der Plan sich aber auf das Gutachten des TÜV-Nord stützt, akzeptiert die Antragsgegnerin die darin enthaltene Würdigung, in der Abwägung sei die soziale Einrichtung mit dem Schutzanspruch eines Wohngebietes zu behandeln. Das entspricht dem Schutzanspruch, den der hierfür aufgestellte und geltende Bebauungs-Plan Nr. 1181 in seiner Begründung erhebt. Dort wird ausdrücklich ausgeführt, aufgrund der bestehenden Vorbelastungen sei ein höherer Schutzanspruch weder realistisch noch gewollt.

128

Kleingärten werden in der Kommentarliteratur zum BImSchG zwar teilweise den Wohngebieten parallelisiert (Schulze-Fielitz, a.a.O. § 50 Rn. 108). Demgegenüber hat sich die Antragsgegnerin vertretbar darauf berufen, dass die GIRL Kleingärten Dorf-/Gewerbegebieten gleichsetze, wenn nicht ein besonderer Einzelfall vorliege. Da die Kleingärten hier durch die Güterumgehungsbahn und die Bemeroder Straße stark lärmvorbelastet sind, ist die Einstufung nicht zu beanstanden.

129

Im Rahmen der Abwägung gelangt der Plan dazu, die auf die Nachbarschaft einwirkende Geruchsbelastung für hinnehmbar zu halten, so dass das Ansiedlungsinteresse der Antragsgegnerin den Vorrang vor den verbleibenden Belastungen genießt. Zu diesem Ergebnis gelangt der Plan vor allem, weil er durch eine Reihe von Festsetzungen die verbleibenden Belastungen durch Gerüche zu beschränken sucht. Das planerische Konzept insgesamt geht dahin, die Geruchsimmissionen in der Nachbarschaft nicht über 10% Jahresgeruchsstunden zunehmen zu lassen. Dieser Grenzwert entspricht der Maßgabe der GIRL für Wohngebiete. Der Plan geht davon aus, dass dieses Kontingent durch unterschiedliche Anlagen im Plangebiet aufgefüllt werden darf. Dabei setzt der Plan fest, dass ein Vorhaben allein nicht mehr als 2% Geruchszunahme verursachen darf.

130

Für das Verhältnis emittierender Anlagen zu Wohngebieten und anderen schutzwürdigen Flächen legt § 50 Satz 1, 1. Alternative BImSchG für die Abwägung fest, dass die Flächen einander so zuzuordnen sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen soweit wie möglich vermieden werden. Daraus resultiert, dass geruchsintensive Tierhaltungsanlagen und andererseits z.B. Wohngebiete grundsätzlich räumlich deutlich zu trennen sind (vgl. Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 50 Rn. 20 m.w.N.). Eine räumliche Trennung kann jedoch entbehrlich sein, wenn die von § 50 BImSchG vorausgesetzte Grundsituation nicht vorliegt, so wenn im Einzelfall sichergestellt ist, dass keine Beeinträchtigung der schutzwürdigen Gebiete eintreten wird (vgl. Jarass, a.a.O.). Die Berufung der Antragsteller auf den Abstandserlass NW geht fehl. Denn die im Plangebiet ermöglichten Nutzungen entsprechen nicht den im Abstandserlass aufgeführten Nutzungen. Weder entspricht die Tierhaltung in einer Tierversuchsanlage einem herkömmlichen Maststall, noch ähnelt die Tierkörperbehandlung in der Versuchsanlage einer Tierkörperbeseitigung im Sinne herkömmlicher Anlagen dieses Zwecks.

131

Die Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung durch räumliche Trennung der Nutzungen ist in der Regel gesichert, wenn die Abstände der einschlägigen VDI-Normen eingehalten werden (so auch VGH Mannheim, Urt. v. 24. März 2005, a.a.O.). Die dort verlangten Abstände bezeichnen Vorsorgewerte (so ausdrücklich die GIRL in den Auslegungshinweisen zu Abstandsregelungen im landwirtschaftlichen Bereich). Werden diese eingehalten, so können eventuell anstehende weitere Konflikte in der Regel im Genehmigungsverfahren gelöst werden und müssen dann im Bauleitplanverfahren nicht behandelt werden (vgl. VHG Mannheim, Urt. v. 24. März 2005, a.a.O.).

132

Der Plan Nr. 1708 hält eine weite räumliche Trennung der Nutzungen im Plangebiet von den Nutzungen in der Nachbarschaft für nicht erforderlich. Er geht dabei zu Recht davon aus, dass die Abstände der VDI-Richtlinie Schweinehaltung (3471) nicht eingehalten werden. Da die VDI-Norm eine Regelvorsorge gewährleistet, wird also dieser Regelvorsorgeabstand unterschritten. Die Regelungstechnik des Planes lässt erkennen, dass diese Unterschreitung für hinnehmbar gehalten wird, weil insbesondere die textliche Festsetzungen des § 1 des Planes im vorliegenden Einzelfall hinreichende Sicherheit vor erheblichen schädlichen Immissionen gewährleisteten. Sie setzt zu diesem Zweck wie geschildert u.a. fest, dass keine erheblichen Immissionen im Sinne der GIRL auf die Nachbarschaft einwirken dürfen. Damit geht die Planbegründung zutreffend von dem Ausgangspunkt aus, dass eine räumliche Trennung entbehrlich ist, wenn die Vorsorge anderweitig gesichert ist. Das ist - ebenfalls zutreffend - der Fall, wenn keine erheblichen Immissionen zu befürchten sind (vgl. Mager, in: Kotulla, Loseblattkommentar zum BImSchG, Stand Jan. 2010, § 50 Rn. 38).

133

Die textliche Festsetzung in § 1 des Planes Nr. 1708 enthält eine Reihe von Vorkehrungen gegen die Entstehung erheblicher Geruchsimmissionen und anderer unzumutbarer Luftverunreinigungen. Dabei handelt es sich dem Wortlaut nach teils um Anforderungen an Anlagen, teils um Arbeiten und schließlich wird ein Immissionszusatzpegel festgesetzt. Da diese Festsetzungen wirksam sind, erreichen sie ihren Zweck und machen eine (weitere) räumliche Trennung entbehrlich.

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Im Einzelnen:

135

Die textliche Festsetzung § 1 (2) Ziffer 3 Satz 1 erlaubt Anlagen für Versuchstierhaltung ohne Beschränkung der Tierart und ohne direkte Umfangsbegrenzung, etwa nach Tierzahl oder Gewicht (insbesondere in Großvieheinheiten gemessen). Eine Umfangsbeschränkung ergibt sich lediglich indirekt über die Begrenzung der Geruchsbelastung in Satz 7 der Ziffer 3. Das ist unschädlich, weil eine solche Umfangsbegrenzung nur im Hinblick auf mögliche Geruchsbelastungen erforderlich ist.

136

§ 1 (2) Ziffer 3, Sätze 2 ff beschreiben Anforderungen an die Tierhaltung. Die Sätze 2 und 3 können als Umschreibung der Art der zulässigen Anlagen verstanden werden. Satz 4 allerdings verlangt die fachgerechte Lagerung von Fäkalien. Nach der Begründung kann diese Festsetzung so verstanden werden, dass die Anlagen über Lagertanks nach fachgerechtem Standard verfügen müssen; daher liegt auch insoweit eine Festsetzung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO vor.

137

§ 1 (2) Ziffer 3, Satz 5 der textlichen Festsetzung schreibt Näheres über das Be- und Entladen von Versuchstieren vor. Dabei scheint es sich nicht um eine Bestimmung über die Art der baulichen Nutzung zu handeln, sondern um eine Arbeitsanweisung für das Sondergebiet. Die Festsetzung muss unter Berücksichtigung der Planbegründung (S. 9) aber so verstanden werden, dass Versuchstierhaltungsanlagen - wenn sie errichtet werden - über Be- und Entladungsschleusen verfügen müssen. Insofern bezeichnet die Festsetzung eine Eigenschaft der zulässigen Anlagen. Die Festsetzung ist hinreichend bestimmt; ihre Bestimmtheit ergibt sich aus dem Festsetzungszweck, der in der Geruchsvermeidung liegt. Deswegen liegt auch eine Erforderlichkeit dafür vor, auch die Anlieferung gesunder Tiere, die bisher nicht Versuchen ausgesetzt waren, in Schleusen vorzunehmen.

138

§ 1 (2) Nr. 3, Sätze 6 und 7 bestimmen, dass bestimmte Maßnahmen zu treffen sind. Zunächst ist die Abluft der Tierhaltungsräume und der Schleusen zu sammeln. Auch diese Festsetzung kann so verstanden werden, dass die Anlagen geschlossen sein müsse; damit ist eine Eigenschaft der Anlagen bestimmt. Nicht gemeint ist, dass die Abluft nur an einem Auslasspunkt emittiert werden darf. Es darf also im Sondergebiet mehrere hinsichtlich der Abluft unabhängige Ställe geben. Das macht schon Nr. 3 Satz 7 deutlich, der von mehreren Betrieben und Anlagen im SO ausgeht.

139

Weiter schreibt die Festsetzung in § 1 (2) Ziffer 3, Satz 6 vor, dass die Abluft zu reinigen ist oder gleichwertige Maßnahmen zu treffen sind, die einen bestimmten - näher beschriebenen - Erfolg gewährleisten. Ihrem Wortlaut nach könnte es sich bei der Anordnung von Reinigungstechnik um eine Festsetzung, die auf § 9 Abs. 1 Nr. 24, letzte Alternative BauGB gestützt werden kann, handeln. Es geht angesichts der Alternativität, der mangelnden Angaben weiterer konkreter Maßnahmen und der Beschreibung über den Erfolg aber nicht um eine Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB, der es auch an der nötigen Bestimmtheit fehlen würde. Stattdessen liegt hier eine Festsetzung nach§ 11 Abs. 2 Satz 1 BauNVO über die Art der Nutzung vor, die der Festsetzung von Schallleistungspegeln nachgebildet ist.

140

Diese Festsetzung § 1 (2) Ziffer 3, Satz 6 und 7 ist nicht zu beanstanden; sie lautet:

" Die Abluft ist zu sammeln und nach dem Stand der Technik zu reinigen oder es sind gleichwertige Maßnahmen zu treffen, die dafür Sorge tragen, dass die Geruchsimmissionsbelastung in der Nachbarschaft des Sondergebietes nicht relevant erhöht wird.

Eine nicht relevante Erhöhung in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn die zusätzliche Geruchsbelastung, die von einzelnen Vorhaben (Betrieben und Anlagen) innerhalb des Sondergebietes ausgeht, im Sinne der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) außerhalb der Grenzen des Sondergebietes irrelevant ist."

141

In der textlichen Festsetzung § 1 (2) Nr. 3, Sätze 6 und 7 des Planes ist ein "quellenbezogener Geruchsimmissionszusatzpegel" festgesetzt. Dieser setzt keinen absoluten Pegel fest, sondern einen solchen für einen begrenzten Zuwachs an Geruchsbelästigung, der von einzelnen Betrieben oder Anlagen ausgeht.

142

Ein "quellenbezogener Geruchsimmissionszusatzpegel" ist grundsätzlich zulässig. Die Festsetzungsmöglichkeiten in Sondergebieten nach § 11 BauNVO sind nicht durch § 1 Abs. 4 ff BauNVO beschränkt, da diese Normen ihrem Wortlaut nach und gemäß § 1 Abs. 3 BauNVO nicht auf Sondergebiete nach § 11 anwendbar sind. (Fickert/Fieseler, a.a.O. § 1 Nr. 61.3). Stattdessen richtet sich die Zulässigkeit von Festsetzungen nach § 11 Abs. 2 S. 1 BauNVO. Danach sind u.a. Festsetzungen zur "Art der Nutzung" zulässig. Es ist in Literatur und Rechtsprechung anerkannt, dass in Sondergebieten die Festsetzung von Schallleistungspegeln als Festsetzungen über die Art der Nutzung im Sinne von § 11 Abs. 2 S. 1 BauNVO grundsätzlich rechtmäßig und auch üblich ist (Fickert, a.a.O. § 11 Nr. 3.1 m.w.N.; Ziegler, a.a.O. § 11 Rn. 25a; Sellner/Reidt/0hms, Immissionsschutzrecht und Industrieanlagen, 2006, Rn. 300ff; BVerwG, B. v. 20.5.2003 - 4 BN 57.02 - ZfBR 2003, 692; Senatsurteil v. 19.1.2004 - 1 KN 321/02 - BRS 67 Nr. 6;Senatsurteil v. 28.3.2008 - 1 KN 93/07 -, ZfBR 2008, 493 = DVBl. 2008, 724 = AUR 2009, 60 = ZfW 2009, 232 [OVG Niedersachsen 28.03.2008 - 1 KN 93/07]; VGH Mannheim, Urt. v. 24.3.2005 - 8 S 595/04 - BRS 69 Nr. 39).

143

Die Festsetzung über den erlaubten Zusatzpegel ist zulässig, weil es sich um keinen rechtswidrigen Summenpegel durch Immissionswertfestsetzung handelt. Immissionswerte dürfen grundsätzlich nicht festgesetzt werden, wenn die Festsetzung keinen sicheren Rückschluss auf die im Einzelfall zulässige Nutzung im Plangebiet erlaubt. Deswegen sind sog. Zaunwerte, die nicht auf den Immissionsbeitrag einzelner Anlagen bezogen sind, unwirksam (Fickert/Fieseler, a.a.O. Nr. 61.1; BVerwG, Urt. v. 16.12.1999 - 4 CN 7.98 - BRS 62 Nr. 44); für derartige Festsetzungen gibt es keine Rechtsgrundlage. Anderes gilt, wenn kein Summenpegel festgesetzt wird, sondern ein auf einzelne Anlagen zu beziehender Wert (OVG Münster, Urt. v. 17.1.2006 - 10 A 3413/03 - BauR 2006, 1992). Ein Zaunwert als Summenpegel ist vorliegend im Plan Nr. 1708 nicht festgesetzt worden. Vielmehr regelt die textliche Festsetzung ausdrücklich, dass jede Anlage und jeder Betrieb im Plangebiet für sich genommen nicht mehr als die zugelassene Zusatzbelastung auslösen darf. Damit greifen die Bedenken gegen die Festsetzung von Summenpegeln hier nicht durch. Unzulässig ist auch eine vorhabenunabhängige Obergrenze (insbesondere bzgl. Verkaufsflächen) für das gesamte Plangebiet, weil solche Festsetzungen nicht dem System derBauNVO entsprechen und zu Windhundrennen im Baugebiet führen können (Söfker, a.a.O. § 11 BauNVO, Rn. 30 m.w.N.). Da vorliegend vorhabenbezogene Einzelpegel festgelegt wurden, bestehen insoweit keine Bedenken. Dass alle Vorhaben (Betriebe und Anlagen) zusammen die nach der GIRL für Wohngebiete geltende Schwelle von 10% der Jahresstunden auch bei Berücksichtigung der von der vorhandenen Tierärztlichen Hochschule ausgehenden Immissionen nicht überschreitet, wird weiter unten noch dargetan.

144

Es war nicht notwenig, das Plangebiet zu gliedern. Meist ist es üblich, Schallleistungspegel in gegliederten Baugebieten nach§ 1 Abs. 4 BauNVO festzusetzen. Das OVG Koblenz hat entschieden, diese Gliederungsnotwendigkeit gelte auch für Festsetzungen nach § 11 BauNVO. Deswegen sei die Festsetzung eines Schallleistungspegels ohne Gebietsgliederung einheitlich für ein gesamtes Sondergebiet unzulässig. (OVG Koblenz Urt. v. 11.7. 2002 -1 C 11806/01 -, NVwZ-RR 2003, 692). Die Überlegung des OVG Koblenz trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu. Sie geht davon aus, dass ein einheitlicher Pegel nicht im Sinne der Verhältnismäßigkeit erforderlich ist, wenn zwischen den schutzwürdigen Gebieten und dem Emissionsgebiet unterschiedliche Abstände liegen; denn für die weiter entfernten Schutzflächen würde auch ein vergleichsweise niedriger Pegel ausreichen. Hier wird indes kein absoluter Pegel festgesetzt, sondern die Höhe einer zulässigen Zusatzbelastung. In diesem Fall greifen die Bedenken des OVG Koblenz nicht, wenn der Plangeber wie hier davon ausgeht, dass die Schutzbedürftigkeit der benachbarten Gebiete einheitlich zu beurteilen ist (vgl. ähnliche Überlegungen bei Ziegler, a.a.O. § 11 BauNVO, Rn. 25a). Ohnehin ist das festgesetzte Sondergebiet nicht so groß, dass ein klarer Bedarf für eine Gliederung innerhalb des Gebiets besteht. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist das OVG Koblenz nicht so zu verstehen, dass Pegelfestsetzungen innerhalb von Sondergebieten stets dem Muster des § 1 Abs. 4 BauNVO folgen müssen.

145

Die textliche Festsetzung des § 1 Nr. 3 Sätze 6 und 7 ist nicht deswegen zu unbestimmt, weil die Tierart und die Zahl der Großvieheinheiten nicht festgesetzt wurden. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass eine Festsetzung zulässig ist, wenn sie durch Rückrechnung festgelegter Parameter unter Berücksichtigung der jeweiligen Randbedingungen eine Bestimmung der zulässigen Nutzung zulässt (BVerwG, Urt. v. 28.2.2002 - 4 CN 5.01 -, BRS 65 Nr. 67): "1.2.2 Die Antragsgegnerin benutzt die VDI-Richtlinie 3471 freilich nicht, um aus der Bestandsgröße und den technischen Betriebsmerkmalen einen angemessenen Sicherheitsabstand zu errechnen. Sie geht mit der Festsetzung 1.1 vielmehr den umgekehrten Weg. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die als "Emissionsradien" bezeichneten Abstände dienen als Grundlage dafür, in Abhängigkeit von der jeweiligen betrieblichen Ausstattung den zulässigen Viehbestand zu ermitteln."

146

Vorliegend ist nach der textlichen Festsetzung des § 1 Ziffer 3, Sätze 6 und 7 des Planes durch Rückrechnung über die GIRL bestimmbar, wie viele Großvieheinheiten welcher Tierart bei welcher Schornsteinhöhe und sonstigen Stallausstattung zulässig sind. Grundsätzlich ist auch in Bauleitplanverfahren ein Bezug auf die GIRL in der Rechtsprechung nicht beanstandet worden und in den Auslegungshinweisen (zu Nr. 1 - Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich - Bauleitplanung) erwähnt. Es ist auch nicht fehlerhaft, für die Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle die GIRL heranzuziehen. Die Erheblichkeitsschwelle für die von § 50 Satz 1 BImSchG in Bezug genommenen schädlichen Umweltauswirkungen kann unter Rückgriff auf andere Regelwerke bestimmt werden; zu diesen gehört auch die GIRL (Mager, a.a.O. § 50 Rn. 19). Die Auslegungshinweise zur GIRL schlagen die Nutzung des Irrelevanzkriteriums in der Bauleitplanung zur Kontingentierung von Geruchsimmissionshäufigkeiten ausdrücklich vor:

"Die GIRL wird in der Praxis auch als Beurteilungsgrundlage in Bauleitplanverfahren herangezogen. Dabei stellt die Frage der Kontingentierung der Emissionsanteile für einzelne Anlagen häufig ein Problem dar. Es lassen sich hierfür verschiedene Ansätze denken (50 v. H. des Immissionswertes, Schornsteinhöhenberechnung (0,06), Irrelevanzkriterium (0,02) ...".

147

Eine Rückrechnung ist auch nach der GIRL möglich. Sie kann faktisch auch dadurch erfolgen, dass im Genehmigungsverfahren ausgehend von einen konkreten Projekt durch Ausbreitungsrechnung untersucht wird, welche Zusatzbelastung entstehen wird.

148

Die GIRL weist die für eine solche Rückrechnung notwendige Bestimmtheit auf. Es ist anerkannt, dass bei der Festsetzung von Schallleistungspegeln insbesondere auch die Art der Ausbreitungsberechnung (das Berechnungsverfahren) festgesetzt werden muss, damit keine Unbestimmtheit entsteht (Söfker, a.a.O. § 1 BauNVO, Rn. 62; BayVGH, Urt. v. 25.10.2000 - 26 N 99490 - BRS 63 Nr. 82; VGH Mannheim, Urt. v. 24.3.2005, a.a.O.). Senatsurteil v. 28.3.2008 - 1 KN 93/07 -, ZfBR 2008, 493 = DVBl. 2008, 724 = AUR 2009, 60 = ZfW 2009, 232 m.w.N.). Die GIRL setzt allerdings kein Rückrechnungsverfahren fest, sondern nur das Berechnungsverfahren für die Ausbreitungsberechnung, für die es auch ein entsprechendes Rechenprogramm gibt (vgl. Auslegungshinweise zu Nr. 1 - Geeignete Ausbreitungsmodelle: AUSTAL2000G). Die GIRL verweist für die Ausbreitungsrechnung - die hier die Rückrechnung funktional äquivalent ersetzen kann, in Ziffer 4.5 ihrerseits auf den Anhang 3 zur TA Luft:

"Die Kenngröße für die zu erwartende Zusatzbelastung ist entsprechend Nummer 1 mit dem in Anhang 3 der TA Luft beschriebenen Ausbreitungsmodell und der speziellen Anpassung für Geruch (Janicke L. und Janicke U. 2004) zu ermitteln."

149

Anders als die Antragsteller meinen, beweisen die Differenzen zwischen den Gutachtern der Beteiligten nicht die für eine Planfestsetzung zu große Unbestimmtheit der GIRL. Die Unterschiede zwischen den von den Beteiligten vorgelegten Gutachten ergeben sich wesentlich aus den besonderen Umständen des vorliegenden Falles. Zunächst halten beide Gutachten es für sachgerecht, die spezifischen Abschläge in Ziffer 4.6 Tabelle 4 nicht zu berücksichtigen, die normalerweise "in der Fläche" angemessen sind. Unterschiedlicher Meinung sind sie aber hinsichtlich des Geruchseffektes der vorliegend zu erwartenden und im Plan festgesetzten Stalltechnik. Das Gutachten der Antragsgegnerin geht diesbezüglich von Immissionen aus, die von den Erfahrungen bei Schlachthöfen abgeleitet sind. Der Gutachter der Antragsteller hält Schlachthöfe für nicht vergleichbar. Diese Differenzen berühren nicht die Bestimmtheit der GIRL. Zwar bietet diese kein zu mathematisch eindeutigen Ergebnissen führendes Rechenwerk für die Berücksichtigung der Stalltechnik an. Das ist aber unschädlich und entspricht dem Charakter der GIRL als "Arbeitshandbuch". Solche verbleibenden Unbestimmtheitspotenziale sind bei Geruchseinschätzungen letztlich nicht vermeidbar, wie die vielfältigen Möglichkeiten innerhalb der GIRL zeigen, Einzelfällen gerecht zu werden. Unstrittig erfüllt nach der Rechtsprechung die GIRL die für ein Genehmigungsverfahren zu erhebenden Bestimmtheitsanforderungen. Es ist nicht ersichtlich, warum diese Bestimmtheit für eine Planfestsetzung nicht ausreichen sollte. Nicht tragend kommt hinzu, dass der Plangeber gar nicht in der Lage war, im Plan Angaben dazu zu machen, welche Rechenfaktoren für die jeweilige Stalltechnik aller im Plangebiet zulässigen Techniken einzusetzen waren.

150

Auch die Nutzung der Erheblichkeitsregel der GIRL durch den Plan ist nicht zu beanstanden. Die Planfestsetzung in § 1 Ziffer 3 Satz 6 und 7 des Planes Nr. 1708 lässt Anlagen im Ergebnis nur zu, wenn sich die Geruchsbelastung in der Nachbarschaft des Sondergebietes nicht relevant erhöht. Eine nicht relevante Erhöhung soll gegeben sein, wenn die zusätzliche Geruchsbelastung, die von einzelnen Vorhaben (Betriebe und Anlagen) innerhalb des Sondergebietes ausgeht, im Sinne der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) außerhalb der Grenzen des Sondergebietes irrelevant ist. Damit nimmt die Festsetzung auf das Erheblichkeitskriterium der Ziffer 3 Punkt 3 der Geruchsimmissionsrichtlinie Bezug.

151

Diese Ziffer lautet:

"Die Genehmigung für eine Anlage soll auch bei Überschreitung der Immissionswerte der GIRL nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden, wenn der von der zu beurteilenden Anlage in ihrer Gesamtheit zu erwartende Immissionsbeitrag (...) auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten (...), den Wert 0,02 überschreitet. Bei Einhaltung dieses Wertes ist davon auszugehen, dass die Anlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastung nicht relevant erhöht (Irrelevanz der zu erwartenden Zusatzbelastung - Irrelevanzkriterium)."

152

Irrelevanzregeln sind grundsätzlich zu akzeptieren und entsprechen der Rechtsprechung zu hinzunehmenden Restrisiken (vgl. zuletzt zu Irrelevanzschwellen im Naturschutzrecht BVerwG, Urt. v. 14.4.2010 - 9 A 5.08 - NVwZ 2010, 1226). Der Plangeber hat die Irrelevanzschwelle nur dazu verwendet, den jeweiligen Zusatzbeitrag der einzelnen Vorhaben zu kennzeichnen. Da das Plangebiet nicht Raum für viele Vorhaben bietet - schon das der Beigeladenen nimmt einen Großteil der Planfläche ein -, ist nicht davon auszugehen, dass es zu einer Summation von für sich genommen irrelevanten Zusatzbelastungen kommt, die über die nach der GIRL grundsätzlich zulässigen 10% zusätzlichen Geruchsstunden hinausgeht. Die Antragsgegnerin hat die äußerst geringe Vorbelastung mit Gerüchen von der TiHo unter Berufung auf die GIRL vertretbar außer Acht gelassen, weil die GIRL dies vorsieht, wenn die jeweiligen Zusatzbelastungen unter der Erheblichkeitsschwelle bleiben, wie der Plan dies festsetzt.

153

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Festsetzung des Bebauungsplanes hinsichtlich der erlaubten Zusatzbelastung durch Vorhaben zu unbestimmt wäre, würde dies nicht zur Unwirksamkeit des Planes führen. Denn das Plankonzept sieht entsprechend der GIRL vor, dass maximal 10% Geruchsstunden erreicht werden dürfen. Diese Grenze kann auch dann im Planvollzug eingehalten werden, wenn ein einzelnes Vorhaben über 2% Geruchsstunden Zusatzbelastung emittieren darf. Ein ernsthafter Anreiz zu einen rechtlich missbilligten "Windhundrennen" im Plangebiet ist angesichts der geringen Größe des Plangebietes nicht gegeben.

154

bb)

Die Differenzen zwischen den Beteiligten hinsichtlich der Frage, ob der Stadtwald durch erhöhten Ammoniakeintrag geschädigt werden wird, beruhen zum größten Teil ebenfalls auf den streitigen Auswirkungen der zu erwartenden Stalltechnik. Darauf kommt es jedoch nicht an. Unstrittig ist eine Abscheidung von Ammoniak durch die Wahl der entsprechenden Anlagentechnik möglich. Auch die Rechtsprechung geht davon aus (OVG Lüneburg, B. v. 12.2.2010 - 12 LA 362/07 - RsprDatenbankOVG; B. v. 20.10.2009 - 12 ME 33/09 - RspDatenbank). Unter diesen Umständen durfte die Antragsgegnerin die Lösung dieses Problems auf die nachfolgenden Verwaltungsverfahren verlagern. Auf Befragen in der mündlichen Verhandlung sah kein anwesender Beteiligter Schwierigkeiten, eine solche Abscheidungstechnik zu installieren, wenn dies erforderlich sein sollte. Sollte sich also ergeben, dass für den Stadtwald unverträgliche zu hohe Ammoniakemissionen auftreten, so wird in der einschlägigen Genehmigung die entsprechende Abscheidung verlangt werden müssen.

155

cc)

Hinsichtlich der Staubbelastung der Umwelt durch die Tierhaltung hat die Antragsgegnerin überzeugend darauf verwiesen, dass bei der aus Rechtsgründen im Genehmigungsverfahren vorzuschreibenden Filtertechnik (HEPA-Filter) die Abluft der Tierställe geringer staubbelastet sein wird als die Umgebungsluft.

156

dd)

Der Schutz der bestmöglichen Luftqualität im Plangebiet und seiner Nachbarschaft (§ 50 Satz 2 BImSchG) spielt hier keine Rolle. Für die Beachtung des § 50 Satz 2 BImSchG muss die vorhandene Luftqualität ermittelt und bewertet worden sein; der im Gesetz benannte Belang ist in der Abwägung zu berücksichtigen (Mager, a.a.O. § 50 Rn. 67 ff). Das VG Aachen (B. v. 29.4.2008 - 3 L 487/08 -, [...]) hat dazu ausgeführt:

"Vielmehr folgt aus dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot, dass der Planungsträger grundsätzlich die durch die Planungsentscheidung geschaffenen oder ihr sonst zurechenbaren Konflikte zu bewältigen hat und einer Lösung zuführen muss (Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 1994 - 4 NB 25.94 - NVwZ-RR 1995, 130 (131)). Der Belang der "Einhaltung der bestmöglichen Luftqualität" bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen wird daher auch in § 50 Satz 2 BImSchG (vgl. auch Art. 9 S. 2 der Richtlinie 96/62/EG) benannt und durch § 1 Nr. 7 Buchst h) BauGB als Abwägungsbelang für die Bauleitplanung übernommen."

157

Die Planbegründung verzichtet zwar auf gezielte Aussagen zu diesem Punkt. Auf S. 44 des Umweltberichts wird darauf hingewiesen, dass der Standort eine durchschnittliche Belastung aufweise. Wie diese zu den in § 50 Satz 2 BImSchG genannten Werten steht, wird nicht mitgeteilt. Erkennbar geht es der Antragsgegnerin dort nicht um die Erhaltung einer besonders guten Luftsituation, sondern um die Frage, ob eine deutliche Verschlechterung eintritt. Es ist nicht erkennbar, dass sie ermittelt hat, ob die Luft im Plangebiet den Kriterien des § 50 Satz 2 BImSchG entspricht.

158

Es ist aber schon fraglich, was mit der "bestmöglichen Luftqualität" in § 50 Satz 2 BImSchG gemeint ist. Die Entstehung der Norm aus Art. 9 S. 2 Der RiL 96/62/EG spricht dafür, dass die Luftqualität in dem in dieser Richtlinie angesprochenen Sinn gemeint ist. Damit ginge es um bestimmte benannte Schadstoffe, nicht aber z.B. um Geruch. Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzung des Plangebiets in erheblichem Ausmaß die Belastung durch solche Schadstoffe vermehrt, sind nicht ersichtlich. Ohnehin ist erkennbar, dass die Planfestsetzungen inhaltlich auf saubere Luft im Sinn der Vermeidung schädlicher Luftverunreinigungen gerichtet sind.

159

Selbst wenn insoweit ein Abwägungsvorgangsfehler vorläge, wäre dieser unbeachtlich. Die Fehlerregel des§ 214 Abs. 1 BauGB ist nicht direkt anwendbar, weil sie sich nur auf Abwägungsvorgangsfehler nach dem BauGB bezieht. In Betracht kommt aber § 214 Abs. 3 Satz 2, 2. Alt.: "im Übrigen". Diese Regelung nimmt ihrem Wortlaut nach generell den Abwägungsvorgang ohne Bezug auf ein bestimmtes Gesetz in den Blick. Kommentarliteratur und Rechtsprechung schweigen bzw. gehen generell davon aus, dass ein Verstoß gegen § 50 BImSchG zur Unwirksamkeit eines Bebauungsplanes führe (vgl. besonders Hansmann, in: Hansmann/Rohmer, Umweltrecht, § 50 BImSchG Rn. 63: auch bei Fehlern im Abwägungsvorgang; aber: es handelt sich um eine veraltete Kommentierung Stand 1994; ausdrücklich gegen Anwendung von § 215 BauGB: Schulze-Fielitz, a.a.O. § 50 Rn. 221). Gemeinschaftsrecht jedenfalls steht der Anwendung der Fehlerfolgenregelung nicht entgegen. Es wäre ein schwer verständliches Ergebnis, wenn die Einstellungspflicht nach § 2 Abs. 3 BauGB dem Fehlerfolgenregime unterliegt, die Einstellungspflicht aus § 50 Satz 2 BImSchG aber nicht.

160

ee)

Die durch den Plan verschärfte Lärmimmissionssituation ist vom Plangeber erkannt und bearbeitet worden. Auch hier verzichtet der Plan auf eine räumliche Trennung im Sinne des § 50 BImSchG, weil durch den zeichnerisch festgesetzten immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel die Lärmkonfliktlage im Einzelfall hinreichend bewältigt sei. Dass die gewählte Festsetzungstechnik solcher Schallleistungspegel auch in Sondergebieten grundsätzlich rechtmäßig ist, ist bereits ausführlich dargetan. Auch hinsichtlich des angenommenen Schutzanspruches der benachbarten Gebiete ergeben sich nach dem oben Angeführten keine Bedenken.

161

ff)

Die Konfliktlösung in Bezug auf Risiken durch Krankheitserreger und aus gentechnischen Verfahren und Produkten durch den Plan ist insgesamt rechtsfehlerfrei gelungen.

162

Die Abwägung hat die Gefährdung durch Krankheitserreger unzweifelhaft behandelt. Es kann nicht davon gesprochen werden, dass insoweit kein Problembewusstsein bestanden habe. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene meinen zwar, die Aerosolproblematik habe nicht in die Abwägung eingestellt werden müssen. Sie bestreiten aber nicht, dass die Infektionsproblematik hier erheblich war und tragen auch zu Recht vor, dass diese im Planaufstellungsverfahren abgewogen worden ist. Da Aerosole lediglich einen Weg bezeichnen, auf dem Krankheitserreger transportiert werden können, ist es unschädlich, wenn dieser Begriff nicht auftaucht, wenn nur die Infektionsrisiken - wie geschehen - behandelt wurden.

163

Bezüglich dieser Infektionsrisiken verzichtet der Plan Nr. 1708 ebenfalls auf eine Vorsorge durch räumliche Trennung im Sinne des § 50 Satz 1, 1. Alt. BImSchG. Diesen Verzicht begründet der Plan auf zwei Wegen. Einerseits verweist er die Konfliktlösung in anstehende Genehmigungsverfahren, die dafür sorgen würden, dass denkbare Konflikte hinreichend sicher bewältigt werden. Andererseits trifft der Plan die textliche Festsetzung § 1 (4) zum Ausschluss von Arbeiten in der gentechnischen Sicherheitsstufe 4, um so eine zusätzliche Sicherheit zu der Konfliktbewältigung im Genehmigungsverfahren bieten.

164

Die textliche Festsetzung § 1 (4) ist geeignet, den mit ihr verfolgten Zweck zu erreichen.

165

Sie lautet:

§ 1 (4) Soweit gentechnische Anlagen errichtet werden, sind nur Arbeiten zulässig, bei denen maximal die Sicherheitsstufe 3 gemäß Gentechnikgesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 2008 (BGBl. I Seite 2066), zuletzt geändert durch Art. I des Gesetzes vom 1. April 2008 (BGBl. I Seite 499)) erforderlich ist.

166

§ 1 (4) setzt seinem Sinn nach fest, dass im Plangebiet nur gentechnische Anlagen zulässig sind, in denen Arbeiten bis maximal zur Sicherheitsstufe 3 nach GenTG (idF v. 29.7.2009) /GenTSV (idF v. 18.12.2008) vorgenommen werden dürfen. Diese Festsetzung verdeutlicht zunächst, dass auch gentechnische Anlagen im Sondergebiet zulässig sind, allerdings nur bis zu der genannten Grenze. Auch insoweit handelt es sich um eine Festsetzung zur Art der zulässigen Nutzung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, da mit dieser Anforderung, wie sich aus der GenTSV ergibt, eine Eigenschaft der zulässigen Anlagen beschrieben wird.

167

Nach der Planbegründung (S. 10) sollte mit dieser Festsetzung auch Einwendungen Rechnung getragen werden, die sich auf Gefahren durch Krankheitserreger ("Erregern der Stufe 4)" beziehen.

168

Die Abwägung in Nr. 45 der Abwägungsliste geht direkt auf das Problem ein:

"Die gentechnischen Sicherheitsstufen 1 bis 4 umfassen die biologischen Risikogruppen 1 bis 4, berücksichtigen aber zusätzlich die Gefährdungen für Pflanzen und Tiere und stellen daher her ein höheres Schutzniveau dar.

Die zitierten biologischen "Sicherheitsstufen" sind als Risikogruppe 1 bis 4 in der Biostoffverordnung geregelt und betreffen den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe (auch Krankheitserreger) bei der Arbeit. Auf dieser Grundlage werden entsprechende Schutzstufen definiert. Sie stehen daher mit anderer Zielrichtung neben den gentechnischen Sicherheitsstufen. Insofern entzieht sich bereits von vornherein eine etwaige Bestimmung der Zulässigkeit biologischer Risikogruppen weitgehend der Regelungskompetenz des B-Planes, abgesehen davon, dass es der geforderten Regelung aus Sicht der Landeshauptstadt Hannover an einem begründbaren städtebaulichen Bedürfnis mangeln würde.

Jeder Umgang mit Krankheitserregern ist grundsätzlich entweder nach dem Infektionsschutzgesetz für Erreger für Menschen bzw. nach dem Tierseuchengesetz für Tiere genehmigungspflichtig."

169

Und weiter:

"Des Weiteren belegt die anlagenübergreifende Sicherheitsbetrachtung den sicheren Umgang mit den Organismen der gentechnischen Sicherheitsstufen 1, 2 und 3. Änderungen der Klassifizierung eines Erregers führen zur Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen, bei einer Klassifizierung in die gentechnische Sicherheitsstufe 4 würde dies zur Beendigung der Arbeiten mit diesem Organismus führen."

170

Die Abwägungsentscheidung zur Einwendung Nr. 43 (vgl. ebenso 44) der Abwägungsliste geht auf die Forderung ein, im Plan die Erregerarten festzulegen. Die Abwägungsentscheidung sagt dazu:

"Die Forderung berührt nicht die Ebene der Bauleitplanung. Im Rahmen der planungsrechtlich zulässigen Nutzung (Forschung mit Erregern maximal der Sicherheitsstufe 3 des Gentechnikgesetzes) bedarf jede Erregerart einer gesonderten Genehmigung, sofern sie nach Gentechnikgesetz erforderlich ist."

171

Die Planfestsetzung zur Sicherheitsstufe 3 erreicht ihrem Wortlaut nach den mit ihr verfolgten Zweck nur dann, wenn aus Rechtsgründen keine Arbeiten denkbar sind, die in die Sicherheitsstufen S1-S3 nach Gentechnikrecht fallen, aber gleichzeitig in die Stufe L4 nach Biostoffrecht. Denn andernfalls wären im Plangebiet Arbeiten mit der Sicherheitsstufe L4 zulässig, wenn diese Arbeiten ohne Einsatz von Gentechnik stattfänden.

172

Der Schutz vor ansteckenden Krankheitserregern ist im IfSG (Infektionsschutzgesetz i.d.F. v. 17.7.2009) und in der BioStoffV (hier: i.d.F. v. 18.12.2008)(ergangen aufgrund des Arbeitsschutzgesetzes und zur Umsetzung von Gemeinschaftsrecht) geregelt. Die unterschiedliche Zielrichtung von GenTG und BioStoffV wird schon darin deutlich, dass die jeweiligen Risikobeschreibungen der Gefahrengruppen einen unterschiedlichen Wortlaut und Sinn haben. Die BioStoffV beschreibt das Risiko anders als § 7 des GenTG konsequent hauptsächlich in Kategorien von Krankheit und Ansteckungsgefahr. Biologische Arbeitsstoffe werden ähnlich wie gentechnische Arbeiten in nach § 3 BioStoffV in vier Risikogruppen (L1 - L4) eingeteilt. Die BioStoffV kennt auch ungezielte Arbeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, die hier nach der Zielrichtung des Plangebietes (Tiermedizin) nur in Betracht kommen, weil die Stoffe nicht auf Infektionskrankheiten beim Menschen zielen, sondern zur Tiermedizin gehören. Eine ungezielte Tätigkeit liegt z.B. vor, wenn die Tätigkeit nicht auf die Herstellung eines solchen Stoffes gerichtet ist. Auch dabei spielt aber die Risikogruppe eine Rolle. Der Plan setzt in diesem Sinne nicht fest, dass ungezielte Arbeiten - etwa mit bekannten Biostoffen - nur bis zu einer bestimmten Sicherheitsstufe durchgeführt werden dürfen. Auch verbietet er nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, etwa wenn bekannt ist, dass ein Krankheitserreger sowohl für Tiere wie auch für den Menschen infektiös sein kann.

173

Die Einstufung der Risikoklasse von Organismen nach der BioStoffV ist durch Gemeinschaftsrecht vorgegeben. Die RiL 2000/54/EG (ABl. L 262, S. 21 v. 18.9.2000) führt in ihrem Anhang III eine Risikoeinstufung für Bakterien, Pilze, Viren, und Parasiten auf.

174

Nationalrechtliche Einstufungskriterien für biologische Arbeitsstoffe bietet die Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) Nr. 450 (BArbBl. 6/2000 mit Änderungen in 04 und 10/2002; 11/2004) des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS). Die Einstufungskriterien unterscheiden sich von den Kriterien für die Einstufung nach Gentechnikrecht im Anhang I zur GenTSV.

175

Nationalrechtliche Einstufungen nach Biostoffrecht finden sich in der TRBA Nr. 462 für Viren (Bek.machung BMA 12/1998 S. 41 v. 1.11.1998) für Bakterien in TBRA Nr. 466, für Pilze in Nr. 460 und für Parasiten in Nr. 464. Von der Einstufung in eine Risikogruppe hängt die Schutzstufe 1 - 4 ab, die Anforderungen an die Räumlichkeiten etc. stellt. Soweit ersichtlich, gibt es Einstufungen in die Risikogruppe 4 nur bei Viren.

176

Im Bereich des Arbeitsschutzes gegenüber Biostoffen ist auch das Risiko durch Aerosole seit langer Zeit bekannt und geregelt (vgl. etwa TRBA Nr. 405 zur Anwendung von Messverfahren und technischen Kontrollwerten für luftgetragene biologische Arbeitsstoffe; BArbBl. 7/2006 S. 193; die Belastung wird in KBE/m3 gemessen (koloniebildende Einheiten/ m3 Luft; Referenzkriterium ist die Hintergrundbelastung). Auch der Arbeitsschutz vor Aerosolrisiken in der Versuchstierhaltung ist geregelt (TRBA Nr. 120; BArbBl 5/2000 S. 48; dort in Ziff. 2.5 auch eine Definition von Bioaerosolen). Dagegen ist die Gefährdung Dritter (außerhalb des Kreises der Arbeitnehmer) durch Aerosole erst seit kurzer Zeit in die Aufmerksamkeit gerückt. Zu einer Einigung über das Maß des Risikos abhängig von den vielfachen Variablen ist es noch nicht gekommen, wie der Entwurf zu der thematisch einschlägigen VDI-Richtlinie 4250 exemplarisch zeigt (vgl. ebenso Nöthlichs, Kommentar zur BiostoffV und zum GenTG, Loseblatt, 2010, Einleitung passim).

177

Das GenTG bietet Vorsorge und Schutz nicht spezifisch in Bezug auf Krankheitserreger, sondern in Bezug auf Gefahren aus gentechnischen Verfahren und Produkten (vgl. § 1 GenTG). Die Risikoeinstufung im Gentechnikrecht erfolgt durch die ZKBS nach den im Gentechnikrecht vorgegebenen eigenständigen Kriterien (vgl. § 5 GenTSV), die spezifisch auf die Gefährdungen durch GVO eingehen. Dabei spielen auch die Fragen der Humanpathogenität, der Infektionsdosis und der Lufttransportierbarkeit eine Rolle (vgl. GenTSV Anhang I Nr. 1 insb. lit. g, h, m). Bei den Übertragungswegen sind Aerosole ausdrücklich benannt. Da die Kriterien zahlreich und ohne Rangordnung sind, kommt es aber nicht bei jedem luftgetragenen Erreger zwangsläufig zur Einordnung in die Sicherheitsstufe S4. Nach altem Gentechnikrecht wurden auch in diesem Rechtsbereich Organismenlisten rechtsförmlich festgelegt. Dies ist nach gegenwärtigem Gentechnikrecht nicht mehr der Fall. Vielmehr werden nunmehr die Listen im Bundesgesundheitsblatt bekanntgemacht und sollen nur die Wirkung eines antizipierten Sachverständigengutachtens haben (Nöthlichs, a.a.O. Kennziffer 7071, S. 17/18). Nach altem Recht enthielt jedenfalls die Organismenliste zur Sicherheitsstufe 1 nach GenTSV alle Organismen der Stufe 1 BioStoffV (so Nöthlichs, a.a.O., Erl. 2 zu TRBA Nr. 450). Die gegenwärtig aktuelle Liste für Viren stammt vom 15. Juni 2010. Der Senat hat die Listen für Viren nach § 5 Abs. 6 GenTSV und nach Biostoffrecht abgeglichen. Fast alle in Stufe L4 klassifizierten Viren des Biostoffrechts sind auch in Stufe S4 nach Gentechnikrecht aufgenommen. Daher hat der Plangeber in Wesentlichen die Rechtslage getroffen, als er davon sprach, dass die ausgeschlossene Gruppe S4 nach Gentechnikrecht die Gruppe L4 nach Biostoffrecht umfasst. Insofern war es nicht entscheidungserheblich, ob sich das Biostoffrecht wirklich ausschließlich auf den Arbeitsschutz beschränkt (die Literatur sieht den Zweck der BioStoffVO auch im Schutz Dritter; vgl. Bales/Baumann, IfSG, 2001 § 53 Rn. 1).

178

Es bleibt auch durch die Formulierung der Festsetzung keine Schutzlücke, die mit dem Konzept der Antragsgegnerin nicht vereinbar wäre. Diese Formulierung setzt ein: "Soweit gentechnische Anlagen errichtet werden, ...." Der Plan Nr. 1708 erzwingt zwar keine Nutzung durch gentechnische Vorhaben; es darf also auch mit Biostoffen ohne den Einsatz von Gentechnik und außerhalb von gentechnischen Anlagen gearbeitet werden. Für solche Fälle würde die Festsetzung § 1 (4) ihrem Wortlaut nach keine Wirkung entfalten. In der mündlichen Verhandlung (s. S. 15 d. Protokolls) hat sich indessen als unstreitig erwiesen, dass es nur theoretisch denkbar und möglich ist, Tierimpfstoffforschung ohne gentechnisches Verfahren zu betreiben. In aller Regel ist dies schon zur Markierung und Bearbeitung des Erregers erforderlich. Daher ist eine Nutzung des Plangebietes zu diesem Zweck ohne den Einsatz von Gentechnik unrealistisch und durfte bei der Abwägung als nicht ernstlich in Betracht kommend ausgeschieden werden. Darüber hinaus ist der Plan nach seiner Begründung und dem klaren Willen der Antragsgegnerin so auszulegen, dass - selbst wenn Gentechnik nicht zum Einsatz kommt - Arbeiten mit Organismen der Sicherheitsstufe L4 nicht zulässig sein sollen.

179

Ob eine angenommene Unwirksamkeit dieser Festsetzung § 1 (4) für die Wirksamkeit des Planes schädlich wäre, kann offen bleiben. Der Plan geht ersichtlich davon aus, weil die die Beschränkung auf die Risikostufen 1 - 3 nur zusätzliche Sicherheit bringen soll. In der Hauptsache wird die Konfliktlösung von der nachgelagerten Anwendung des Gentechnikrechts erwartet.

180

Werden durch den Plan geschaffene Konflikte auf Planebene nicht gelöst, sondern in nachfolgende Verwaltungsverfahren verlagert, so ist das unschädlich, wenn die Bewältigung des Konfliktes auf einer nachgelagerten Ebene (insbesondere durch Genehmigungsverfahren etc.) sichergestellt ist (BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 3.02 -, NVwZ 2004, 229; OVG Münster, Urt. v. 3.9.2009 - 10 D 121/07.NE -, DVBl. 2009, 1385; Gierke, a.a.O. § 1 Rn. 1581 m.w.N.). Eine Konfliktverlagerung in einen Vertrag ist nur möglich, wenn der Vertragspartner die konfliktbewältigenden Maßnahmen durchführt und damit den Konflikt dauerhaft ausschließt (z.B. bei Ersatzmaßnahmen; vgl. Gierke, a.a.O. Rn. 1587).

181

Eine Konfliktverlagerung ist unzulässig, wenn abzusehen ist, dass auf der nachgeordneten Ebene eine sachgerechte Konfliktlösung nicht gefunden werden wird. (BVerwG, 18.5.1994 - 4 NB 15.94 - NVwZ 1994, 1004: "Bedenken begegnet eine Konfliktverlagerung nur dann, wenn, wie z.B. bei Bebauungsplänen, die einen straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluß ersetzen, das Steuerungs- und Korrekturinstrumentarium, das ein nachfolgendes Genehmigungsverfahren zu bieten geeignet ist, nicht zur Verfügung steht oder wenn absehbar ist, daß sich der vorprogrammierte Interessengegensatz trotz der rechtlichen Mittel, mit deren Einsatz auf der Genehmigungsstufe zu rechnen ist, nicht angemessen auflösen läßt."; vgl. auch: OVG Münster, Urt. v. 3.9.2009, a.a.O.).

182

Ob eine Verlagerung zulässig ist, hat die Gemeinde bei der Aufstellung des Bebauungsplanes ggf. prognostisch zu beurteilen (OVG Münster, Urt. v. 3.9.2009 a.a.O.; OVG Münster, Urt. v. 7.3.2006 - 10 D 10/04.NE - ZfBR 2007, 64 zur Notwendigkeit, Immissionen zu prognostizieren; Gierke, a.a.O. § 1 Rn. 1581 m.w.N.). Dazu müssen einerseits die tatsächlich zu erwartenden Immissionen prognostiziert werden, andererseits muss abgeschätzt werden, ob die nachfolgenden Verwaltungsverfahren geeignet sein werden, den durch diese Immissionen ausgelösten Konflikt zu lösen. Die Anforderungen an die Prognose sind um so höher, je konträrer die konfligierenden Nutzungen (Schulze-Fielitz, a.a.O. § 50 Rn. 218; zur Analyse- und Prognosepflicht ggf. durch Gutachteneinholung generell ders. Rn. 215- 217) und je erheblicher die denkbaren Risiken sind. Darüber hinaus ist eine genaue Prognose umso naheliegender, je spezifischer gerade für die im Plangebiet ermöglichte Nutzung in der Rechtsordnung räumliche Abstände empfohlen werden (z.B. Abstandserlasse etc.).

183

Die Antragsgegnerin hat auf einige Einwendungen hin, die das Trennungsprinzip des § 50 BImSchG uneingeschränkt vor allem in räumlicher Hinsicht angewandt und daher das Plangebiet insgesamt verlegt wissen wollten, ausgeführt, die Verbindung der Sicherheitsfrage mit der Standortfrage sei falsch. Ein Tierimpfstoffzentrum müsse sicher sein, unabhängig davon, ob es im Innenbereich oder im Außenbereich liege: Beispiel in Abwägungsnr. 37:

"Die vorgetragene Argumentation, die Anlage in der Nähe zu Wohngebieten erfordere höhere Sicherheitsanforderungen als in z.B. landwirtschaftlich geprägter Umgebung, ist nicht schlüssig. Letztendlich verhindert eine bestimmte Lagesituation nicht die Verbreitung von Krankheitserregern."

184

Dieses Argument verkennt nicht das richtige Verständnis des § 50 BImSchG. Die Antragsgegnerin will mit dem Argument nicht den Sinn räumlich trennender Vorsorge generell in Frage stellen, sondern darauf hinweisen, dass an einem Außenbereichsstandort ebenfalls nur sichere Anlagen zugelassen werden dürften.

185

Die Antragsgegnerin hat in der Abwägung hinreichend detailliert geklärt, welche der Planung nachfolgenden Verwaltungsverfahren einschlägig wären und welche Problemlösungskapazität diese Verfahren haben.

186

Die Antragsgegnerin ging davon aus, dass das Plangebiet bei Arbeiten mit Krankheitserregern vorwiegend durch gentechnische Anlagen genutzt werden wird. Daher hat sie die Bewältigungskapazität der Genehmigungen für gentechnische Anlagen und Arbeiten der Verlagerung zu Grunde gelegt. Der Plangeber hat dabei ersichtlich berücksichtigt, dass bei Arbeiten mit Biostoffen und gentechnisch veränderten Organismen der Stufe 3 aufgrund des anwendbaren Gentechnik- und Biostoffrechts HEPA-Filter (Hochleistungsgewebefilter) verwendet werden müssen. Schließlich ist die Abwägung davon ausgegangen, dass diese Technik ausreicht, um unzumutbare Risiken auszuschließen bzw. dass weitere verbleibende erhebliche Risiken in den erforderlichen gentechnischen Genehmigungsverfahren ausgeräumt werden können. Es ist unschädlich, dass die Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren das anwendbare Fachrecht und seine Prüfungsmaßstäbe nicht vollständig im Detail untersucht hat. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 16.3.2010 - 4 BN 66.09 - NVwZ 2010, 1246 [BVerwG 16.03.2010 - BVerwG 4 BN 66.09]) hat zur Frage der notwendigen Ermittlungstiefe im Rahmen von § 50 BImSchG entschieden, dass ein Konflikt in nachfolgende Verfahren verlagert werden darf, wenn geprüft wird, ob der Konflikt dort angemessen bearbeitet werden kann. Dem hat es genügt, dass die Antragsgegnerin die Problemlösungskapazität des Gentechnikrechts ihrer Verlagerungsentscheidung zu Grunde gelegt hat.

187

Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, unabhängig von der Frage des anwendbaren Fachrechts sei in jedem Fall bei einer Nutzung des Plangebietes im Genehmigungsverfahren § 15 Abs. 1 BauNVO zu berücksichtigen. Diese Norm schließe es aus, ein Vorhaben zuzulassen, wenn erhebliche Risiken für die Nachbarschaft nicht ausgeräumt seien. Schon die Existenz dieser Vorschrift garantiere daher die Konfliktlösung im nachgelagerten Verfahren. Diese Rechtsansicht kann der erkennende Senat nicht teilen. Einerseits bietet § 15 Abs. 1 BauNVO keine spezifischen Wege der angemessenen Konfliktlösung. Statt dessen würde ggf. bei Vorhandensein von Risiken der Plan insgesamt nicht vollziehbar sein. Das ist in der Rechtsprechung nicht gemeint, wenn von angemessener Problemlösung die Rede ist.

188

Es bestand für die Antragsgegnerin kein Zwang, im Planaufstellungsverfahren ins Einzelne gehend zu erörtern und abschließend zu klären, welche Problemlösungen das Gentechnikgesetz (s. insbesondere den Vorsorgegesichtspunkt in seinem § 11 Abs. 1 Nr. 4), § 1 Abs. 1 NBauO (keine Gefahren für Leben, Gesundheit und natürliche Lebensgrundlagen); vgl. dazu Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, Komm., 8. Aufl. 2006, § 1 Rdnrn. 15 ff.) das Gesetz zur Verhinderung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen, dasTierseuchengesetz mit der Tierimpfstoffverordnung (dort u.a. § 9), das Arzneimittelgesetz mit der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungs-Verordnung (früher: PharmBetrV) sowie Vorschriften des Arbeitsschutzes, namentlich die Verordnung über die Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen bieten. Die Antragsgegnerin ist vertretbar davon ausgegangen, dass in jedem Fall das Gentechnikrecht schon für sich genommen eine ausreichende Konfliktlösungskapazität bereitstellt. Die Antragsgegnerin ist hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse vertretbar davon ausgegangen, dass es auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse nachfolgender Verwaltungsverfahren grundsätzlich noch zu Freisetzungen von Krankheitserregern kommen kann, allerdings nur in dem äußerst geringen Umfang, der nach dem Einsatz von HEPA-Filtern noch übrig bleibt. Eine genaue Beurteilung dieses Umfangs und des damit verbundenen Risikos für Anwohner durch verschiedene Übertragungswege, insbesondere Luft oder über die Nahrungsmittelaufnahme, durfte im Planaufstellungsverfahren unterbleiben. Es musste auch nicht bezüglich aller in Betracht kommenden Organismen untersucht werden, welche Größe sie haben (Zurückhaltung durch die HEPA-Filter), ob sie aerosoltransportabel über mindestens 550 m sind, welche Absterberate in der Zeit sie aufweisen und bei welcher Konzentrationsschwelle ihre Infektionsdosis liegt. Ein derartiger Aufwand wäre im Planaufstellungsverfahren für die Antragsgegnerin nicht zu leisten gewesen. Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet zu erreichen, was selbst der Entwurf VDI 4250 bisher nicht erreicht hat. Im Einzelnen hat sich in der mündlichen Verhandlung dazu ergeben:

189

Bei genauerer Betrachtung zeigte sich, dass das Gentechnikrecht sehr gut geeignet ist, die mit der Ausnutzung der Planfestsetzung verbundenen Risiken so weit in den Griff zu kriegen, dass ein echter, die Standortentscheidung neuerlich aufwerfender Konflikt ungeachtet aller von den Antragstellern (und anderen) geäußerten Besorgnisse bei objektiver Betrachtung nicht vorliegt. Es liegt zwischen den Beteiligten außer Streit, dass der Anteil der Krankheitserreger, der bei Ausnutzung der Planfestsetzungen überhaupt entstehen und außerdem bei Beachtung der vorhabenbezogenen Rechtsvorschriften Betriebe und Anlagen verlassen kann, extrem niedrig ist. Nach den überzeugenden Darlegungen von Dr. Mani in der mündlichen Verhandlung (vgl. insbesondere S. 13 f. des Protokolls), denen die Antragsteller nicht (substantiiert) entgegengetreten sind, gewährleisten die zum Einsatz kommenden Filter, dass die Zahl der die Abluftreinigung überwindenden Krankheitserreger extrem klein sein wird. Erstens werden zur Grob-Säuberung F 7 und F 9- Filter vorgeschaltet. Das entlastet die HEPA-Filter und verlängert deren Effizienz und Lebensdauer. Die zum Einsatz kommenden HEPA-Filter sind gerade in dem (Nano-)Bereich, in dem die Krankheitserreger auch nach den Darlegungen des von den Antragstellern aufgebotenen Gutachters Dr. Krause größentechnisch angesiedelt sind, in extrem hohem Maße effizient. Denn bei diesen spielt - anders als bei größeren Partikeln - die Erdanziehungskraft keine entscheidende Rolle. Das hat zur Folge, dass sie sich aufgrund der im Filterbereich vorzunehmenden Verwirbelung in besonders hohem Maße in den Glasfasern verfangen. HEPA-Filter sind nach den überzeugenden Darlegungen von Dr. Mani mittlerweile jahrzehntelang erprobt. Sie vertragen - ihre (schon im Interesse des Betreibers liegende) fachgerechte Wartung vorausgesetzt - Einsatzdauern von bis zu einer Dekade. Es ist nach den unwidersprochenen Darlegungen von Dr. Mani mittlerweile sogar gelungen, gerade im Hinblick auf Partikel im Nanobereich ihre Effizienz nicht nur, wie bis dahin, durch Modellberechnungen, sondern durch Empirie nachzuweisen.

190

Eine beträchtliche Plausibilisierung der Richtigkeit der von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen daraus gezogenen Folgerungen ergibt sich aus der Mitteilung von Herrn Dr. Mani (vgl. Seiten 15 f. des Protokolls), Forschungsinstitute dieser Art würden anderenorts verbreitet auf den Universitätsgeländen (Campus) angesiedelt. Das geschehe nicht in der Einschätzung, Studenten und Professoren sei ein erhöhtes Risiko im Interesse von Forschung und Lehre abzuverlangen, der sie ja auch sonst verpflichtet seien. Maßgeblich ist vielmehr die Einschätzung, die mit einer solchen Anlage verbundenen Risiken seien vernachlässigbar gering. In der Praxis, so Dr. Mani ohne substantiierte Widerrede der Antragsteller, habe sich in keinem Umfeld eines solchen Labors ein Schwerpunkt ("Cluster") von Krankheitsfällen ergeben, welches zumindest die Möglichkeit einer Verursachung durch doch ausgetretene Erreger aus Forschungslaboren als Möglichkeit hätten aufscheinen lassen. In Berlin sei ein Labor, das sogar mit Primaten und daher mit für Menschen besonders riskanten Partikeln arbeiten solle, im Stadtteil Wedding in unmittelbarer Nachbarschaft von Wohnbebauung errichtet worden.

191

Ist schon danach die Wahrscheinlichkeit, dass Erreger austreten, an die Schwelle der vernachlässigbaren Geringfügigkeit, d.h. nach den Regeln der praktischen Vernunft nicht mehr relevant existent gerückt, kommt folgendes hinzu: Das Klassifizierungssystem des Gentechnikrechts stellt sicher, dass solche Erreger, die für Menschen gefährlich sind, in aller Regel in der Klasse S4 eingestuft sein werden. Mit diesen darf nach der textlichen Festsetzung im Bereich des angegriffenen Plans nicht geforscht werden. Selbst wenn also Erreger austräten, hätten sie nicht annähernd das Risikopotential, das die Antragsteller ihnen beimessen.

192

Unabhängig davon ging die Antragsgegnerin zu Recht von einer umfassenden Problemlösungskapazität des gentechnikrechtlichen Anlagenzulassungsverfahrens aus. Schon grundsätzlich gewährleistet das Gentechnikrecht nicht nur Gefahrenabwehr, sondern auch Vorsorge, wie sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 4 GenTG ergibt. Genehmigt wird nicht nur die Anlage, sondern auch einzelne Arbeiten bedürfen (in Abhängigkeit von der Sicherheitsstufe) der Genehmigung. Darüber hinaus führt das Gentechniksicherheitsrecht nicht zwangsläufig zum Einsatz einer bestimmten Sicherheitstechnik. Zwar wird in den Anhängen zur GenTSV eine bestimmte Technik als Regel vorgeschrieben. Wenn aber im Einzelfall besondere Gefährdungen auftauchen, so darf und muss die Genehmigungsbehörde gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 GenTSV besondere, ggf. zusätzliche oder abweichende Schutztechniken vorschreiben. Die GenTSV ist für neue sicherheitsrelevante Entwicklungen offen (Eberbach u.a., a.a.O., GenTSV, Einleitung, Rn. 44, § 2 Rn. 43). Sie sieht nur Mindestmaßnahmen vor (a.a.O. § 2 Rn. 9, 34).

193

Es ist gewährleistet, dass dabei der jeweils maßgebliche technische Stand beachtet wird. Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert worden war, gibt es keine "Universal-Genehmigung" für jedwede Forschungsarbeit mit gentechnisch zu verändernden Erregern. Vielmehr muss jedes Forschungsvorhaben erneut ein Vorhabenzulassungsverfahren bestehen. Das hat erstens zur Folge, dass der Stand der dabei zu beachtenden Vorkehrungen gerade nicht schon im angegriffenen Plan abschließend beschrieben und geregelt werden konnte und sich die Antragsgegnerin gerade deshalb darauf verlassen durfte, im nachgelagerten Zulassungsverfahren werde der jeweils maßgebliche Stand berücksichtigt werden. Zweitens schließt diese Erkenntnis die Möglichkeit aus, sozusagen durch eine "Universaluntersuchung" alle auch nur denkbaren Risiken vor der Abwägungsentscheidung verlässlich zu klären. Herr Dr. Mani hat auf entsprechende Frage (s. Seite 14 d. Prot.) erklärt, das wäre für ihn sozusagen ein Glücksfall, weil das Forschungen über mehrere Dekaden sicherstellte. Das heißt: Es war der Antragsgegnerin auch unter dem Blickwinkel "Abwägung unter besonderer Beachtung (nicht nur der Gefahrenprophylaxe, sondern schon) der Vorsorge" schlicht nicht möglich, hier eine verlässliche Abwägungsgrundlage zu schaffen. Mit der Reduktion des zulässigen Forschungslevels auf die Stufe 3 war sozusagen schon das in der Abwägung allein erreichbare Maximum gewährleistet.

194

Da im Genehmigungsverfahren einzelne gentechnische Arbeiten zur Debatte stehen (vgl. § 10 Abs. 2 Nr. 5 GenTG), ist eine Untersuchung der dann benennbaren Organismen auf die genannten Kriterien hin (insbesondere auch Überlebensrate in der Umwelt, vgl. Einstufungskriterium nach GenTSV, Anhang I Ziffer 2.3 a) und humanbezogene Infektionsdosis) vom Arbeitsaufwand her nicht ausgeschlossen.

195

Es kommt schließlich, drittens, des Weiteren hinzu, dass auch die Frage, ob Krankheitserreger den Transport über mehrere hundert Meter überhaupt lebend überstehen und damit für den "Auftreffpunkt" gefährlich werden können (aerogene Übertragung), trotz zahlreich unternommener Versuche nicht wesentlich hat geklärt werden können.

196

Der Senat hatte sich in seinem Beschluss vom 3. Dezember 2001 (- 1 MB 2768/01 -, Langtext [...]) im Zusammenhang eines Nachbarstreits zwischen zwei Tierhaltungsanlagen mit der Frage befasst. Darin wird dargelegt, es existierten keine verlässlichen, weil auf unter wissenschaftlichen Bedingungen durchgeführten Langzeituntersuchungen gegründeten Anhaltspunkte für die Annahme, im Umfeld von Geflügelställen (s. weiter unten: diese sind unter dem Gesichtspunkt aerogenen Transports kritischer zu betrachten als Schweine) träten bioaerosol übermittelte Krankheitskeime auf, welche den Menschen schädlich sein könnten. All das begründe aber noch keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine in der wissenschaftlichen Diskussion erhärtete Annahmen.

197

Obwohl der Niedersächsische Landtag am 11. November 1999 eine entsprechende Entschließung gefasst hatte (vgl. LT-Drs. 14/1157) und eine Unterrichtung der Landesregierung vom 31.5.2000 (LT-Drs. 14/1649) vorliegt, sind entscheidende Schritte in nun mehr als 10 Jahren Forschungstätigkeit nicht zu verzeichnen. Es gibt wohl verschiedene im Internet aufzufindende Untersuchungen (vgl. z.B. J. Hartung, Beurteilung von Bioaerosol- Emissionen und -Immissionen aus der Tierhaltung, powerpoint-Vortrag des Instituts für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Schlussfolgerungen II, These 9; Heller/Köllner, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen, 2007 veröffentlichte Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, dort Seiten 1/2 und 8). Diesen ist jedoch nur zu entnehmen, dass die Verbreitung der Aerosole nicht zuletzt von der Tierart, der Entfernung und der Stärke des Tierbesatzes abhängt. Bei Hühnern ist/sei sie signifikant anders als bei Schweinen. Bei Mastschweinen (noch dazu in zwangsgelüfteten Ställen, in der Untersuchung Heller/Köllner 250 GV, Messungen aus den Jahren 2004 und 2005) seien Staphylokokken (das sei ein sehr guter Indikator) bis zu einer Entfernung von 250 m, Bakterien bis zu einer Entfernung von 350 m nachgewiesen worden. Bei Legehennen (300 GV, Messungen 2005 und 2006) seien es beide Male 500 m (Hartung a.a.O.: sogar mehr als 500 m) gewesen.

198

Das ist wenig aussagekräftig; zudem soll jedenfalls auf dem überwiegenden Teil des Plangebiets nicht an Hühnern, sondern an Schweinen und Rindern geforscht werden.

199

Der Untersuchung von Hoopmann, Csicsaky, Schulze, Hehl, Praml, Nowak, Radon (Gesundheitliche Bewertung von Bioaerosolen aus der Intensivtierhaltung in Niedersachsen, UMID [Umweltmedizinischer Informationsdienst, Hrsg.: Umweltbundesamt] Heft 4/2005, S. 3) führt aus: Bioaerosole würden außerhalb des Stalls durch die Umgebungsluft stark verdünnt. Dort herrschten Umgebungsbedingungen, welche ihrem Überleben nicht günstig seien. Bislang gebe es kaum gesicherte Erkenntnisse über den Eintrag emittierter Bioaerosole an entfernten Aufpunkten.

200

Die Studie von Ullrich und Köllitsch, unter dem 24. März 2010 vorgestellt als veranlasst vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie des Freistaates Sachsen (als powerpoint-Präsentations-Datei im Internet zu finden) erbringt die Erkenntnis, die Konzentration nehme mit Abstand zur Quelle ab. Die Maximalentfernung zu Erkundungszwecken hatten die Gutachter mit nur 477 m gewählt. Das dürfte zeigen, dass die hier im Verhältnis zu den Antragstellern existierenden Entfernungen nicht einmal als Forschungsansatz von Interesse sind. Ergebnis war im Hinblick auf Endotoxin-Konzentration, dass diese nur bis zu einer Entfernung von 400 m auftreten.

201

Untersuchungen, welche einen weitergehenden Forschungsstand plausibilisieren, haben die Antragsteller nicht vorgelegt. Die Äußerungen des von ihnen beauftragten Gutachters Dr. Krause fußen auf der biologisch nicht haltbaren, allein ausbreitungstechnisch motivierten Annahme, austretende Keime seien unbegrenzt haltbar und gefährlich, sie müssten so weit verdünnt werden, dass je Kubikmeter Luft kein einziger Virus mehr enthalten sei.

202

Der Richtlinienentwurf des VDI (Nr. E 4250; Stand Nov. 2009), der in seiner sachlichen Bedeutung zwischen den Beteiligten zudem umstritten ist, hilft ebenfalls nicht weiter. Er erfasst primär die Gefährdungen durch Pilze etc., nicht solche durch humanpathogene Tierseuchenerreger. Nach diesem Entwurf ist es zwar gelungen, standardisierte Messmethoden für Bioaerosole zu entwickeln (S. 5). Allerdings gibt es auch danach noch keine Parameter für die genaue Bestimmung der Infektionsrisiken, weil diese nur in Bezug auf spezielle Keime bestimmt werden können (a.a.O.); das deckt sich mit den Ausführungen von Dr. Mani. Einigkeit herrscht danach darüber, dass ältere und chronisch kranke Personen erhöht infektionsanfällig durch Bioaerosole sind (S. 5/6). Es wird vorgeschlagen, angesichts der Schwierigkeit der Bestimmung von speziellen Grenzwerten die Hintergrundbelastung als Maßstab heranzuziehen. Danach wäre eine gegenüber der Hintergrundkonzentration erhöhte Bioaerosolkonzentration als zusätzliches Gesundheitsrisiko zu verstehen. Quantifiziert werden konnte dieses bislang aber nicht (S. 6). Das Bewertungsschema im Anhang C auf S. 15 des Entwurfes geht davon aus, dass für die erforderlichen Maßnahmen auf Mindestabstände abzustellen ist. Sei der Mindestabstand nach TA Luft eingehalten und bei Schweinehaltung zusätzlich ein Abstand von 350 m gewährleistet, bestehe grundsätzlich kein weiterer Prüfungsbedarf. Allerdings wird abweichend davon ein Sonderprüfungsbedarf gesehen, wenn empfindliche Nutzungen wie Krankenhäuser etc. in der Nähe liegen oder gesundheitliche Beschwerden der Anwohner bekannt sind. Darüber hinaus teilt die Fußnote 2 zu den Mindestabständen mit, dass die Abstandswerte auf andere Anlagen als die genannten nicht übertragbar seien. Genannt ist im Bewertungsschema ein üblicher Schweinemaststall. Sind die Abstände nicht eingehalten, so sieht das Bewertungsschema Vorsorgemaßnahmen vor, wenn die Gesamtbelastung in Luv der Anlage die allgemeine Hintergrundbelastung übersteigt.

203

Das zeigt: Selbst der Entwurf zu einer VDI-Richtlinie 4250 würde allenfalls eine "allgemeine", nicht jedoch eine wissenschaftlich speziell untermauerte Sorge stützen können, Erreger, die Ställen entwichen, seien für den angegriffenen Menschen oder bei entsprechender Hintergrundbelastung möglicherweise und unter bestimmten Umständen doch gefährlich. Selbst das reicht indes nicht aus, hier den Gedanken durchgreifen, zumindest als von der Antragsgegnerin zwingend zu erwägen erscheinen zu lassen, dann solle das Planvorhaben aus Vorsorgegründen doch besser an dieser Stelle unterbleiben. Denn dies betrifft "normal belüftete" Ställe, nicht jedoch solche, welche, wie hier, zum Vorteil der Nachbarschaft, aber auch der dort tätigen Arbeitnehmer als "Hochsicherheitsställe" ausgestaltet sind.

204

Insgesamt zeigt sich:

205

Erreger werden zu deutlich über 99,99% von den Filtern erfasst. Das hat in anderen Bereichen dazu geführt, dass Labore dieser, z.T. noch deutlich riskanterer Art in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wohnbebauung betrieben werden, ohne dass auch nur der Verdacht auf dem Menschen nachteilige Auswirkungen bekannt geworden wären. Die Beschränkung der Forschungsgegenstände auf die Sicherheitsstufe 3 schließt schon für sich weitestgehend Gefährdungen für Menschen aus. Die hier in Rede stehenden Abstände lassen es - ebenfalls schon für sich betrachtet - zumindest wissenschaftlich völlig ungeklärt erscheinen, dass potentiell krankheitserregende Partikel auftreffen können. Es bleibt damit letztlich allenfalls eine "diffuse Sorge", trotz alledem möchte es vielleicht es dann doch zu Schadensfällen kommen können. Solche eine "diffuse Sorge" ist jedoch nicht geeignet, die Antragsgegnerin vor dem Abwägungsgebot zur Suche nach Alternativplätzen verpflichtet zu sehen. Nach den Regeln der praktischen Vernunft ist eine auch nur fernliegende Gefährdung ausgeschlossen. Das Restrisiko ist praktisch nicht zu quantifizieren oder zu qualifizieren. Es ist sogar so gering, dass es selbst dann die getroffene Abwägungsentscheidung trüge, wenn diese - was nicht zutrifft, in der mündlichen Verhandlung aber als Möglichkeit diskutiert worden war - nur von dem Bestreben motiviert gewesen wäre, eine gute Auslastung der Bemeroder Straße und der darauf verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittel sowie eine perlenartig an ihr aufgereihte Bebauung als Fortsetzung unter anderem des Komplexes Madsack zu ermöglichen.

206

Direkt in das Wohngebiet Kirchrode, wie es im Planaufstellungsverfahren teilweise als Sorge geäußert wurde, wurde das Plangebiet nicht positioniert.

207

Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich nichts Abweichendes.

208

Dieses hatte im Urteil vom 11. Dezember 2003 (- 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329; Nanopartikel) klargestellt, auch gegenüber bloßen Besorgnispotenzialen könne Vorsorge geboten sein. Es heißt dort:

"Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential können Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein, sofern diese nach Art und Umfang verhältnismäßig sind. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen erfasst mithin mögliche Schäden, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, weshalb noch keine Gefahr, sondern nur ein Gefahrenverdacht oder ein Besorgnispotential besteht (BVerwGE 72, 300 [BVerwG 19.12.1985 - BVerwG 7 C 65.82]<315>). Gibt es hinreichende Gründe für die Annahme, dass Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen, ist es Aufgabe der Vorsorge, solche Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren (vgl. BVerwGE 69, 37 [BVerwG 17.02.1984 - BVerwG 7 C 8/82]<43, 45>; Beschluss vom 30. August 1996 - BVerwG 7 VR 2.96 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 3)."

209

Das Bundesverwaltungsgericht verlangt aber nicht, dass die Vorsorge gerade durch räumliche Trennung verwirklicht wird und dass dies auch zu geschehen hat, wenn Vorsorge auch Maßstab des Genehmigungsverfahrens ist und absehbar ist, dass nach den Rechtsregeln des Genehmigungsverfahrens entsprechende Vorsorge getroffen werden kann.

210

Entsprechendes gilt für die Entscheidung des OVG Münster (OVG Münster, B. v. 14.1.2010 - 8 B 1015/09 - RdL 2010, 124) zu Aerosolbelastungen mit Krankheitserregern aus Tiermastställen. Diese Entscheidung hält die durch aerosolgetragene Krankheitserreger verursachten Risiken nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung unter Verweis auf VDI E 4250 für nicht abschließend quantifizierbar. Die Entscheidung sieht Vorsorgemaßnahmen als erforderlich an. Die Entscheidung gibt aber nichts dafür her, dass diese Vorsorge im Planungsstadium durch räumliche Abstände gewährleistet werden müsse, wenn die erforderliche Vorsorge auch im Genehmigungsverfahren erreicht werden kann.

211

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass gem. § 214 Abs. 1 Nr. 1 und Absatz 3 Satz 2, Halbs. 2 BauGB ein Fehler im Abwägungsvorgang, diese Risiken nicht schon im Planaufstellungsverfahren erkundet zu haben, auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss bzw. unerheblich gewesen wäre.

212

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Da die Grundstücke der Antragsteller in etwa gleich stark vom angegriffenen Plan betroffen sind, haben diese die Verfahrenskosten je zur Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der wegen § 47 Abs. 2 Satz 4 VwGO nur "einfach" Beigeladenen sind für erstattungsfähig zu erklären, weil sich diese durch Stellung eines Antrages eigenem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), zudem die Entscheidung durch ausführlichen Vortrag gefördert haben.

213

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO.

214

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO grundsätzliche Bedeutung hat. Es ist unstrittig, dass im vorliegenden Fall die Antragsgegnerin das bei Planausnutzung anwendbare Fachrecht nicht detailliert auf seine Problemlösungskapazität hin gemustert hat. Der Senat hält das für unschädlich, weil das Gentechnikrecht einschließlich der GenTSV eine Konfliktbewältigung gewährleistet, wie der Plangeber zu Recht angenommen hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat bisher nicht die Frage entschieden, ob das Gentechnikrecht und dort insbesondere § 2 GenTSV die Konfliktbewältigung hinsichtlich des bei Einsatz der üblichen HEPA-Filter regelmäßig nicht zu vollen 100% auszuschließenden Aerosoltransports von Krankheitserregern in ausreichendem Maße gewährleistet.

215

Rechtsmittelbelehrung

216

Gegen dieses Urteil ist die Revision an das Bundesverwaltungsgericht statthaft.

217

...

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird auf 40.000,-- EUR festgesetzt, wobei auf jeden der Antragsteller ein Betrag von 20.000,-- EUR entfällt.

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

Claus
Prof. Dr. Waechter
Dr. Berner-Peschau