Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.04.2024, Az.: 5 ME 121/23

Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und Besetzung eines Dienstpostens

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
25.04.2024
Aktenzeichen
5 ME 121/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 14097
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0425.5ME121.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 07.11.2023 - AZ: 3 B 76/23

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 7. November 2023 bis auf die Streitwertfestsetzung geändert.

Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im ersten und zweiten Rechtszug sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 49.124,64 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner verfolgt mit der vorliegenden Beschwerde sein Ziel weiter, die Stelle "der Direktorin/des Direktors (m/w/d) als Leiterin/Leiter des Regionalen Landesamtes für G. A-Stadt" (Besoldungsgruppe B 2) mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Die 1965 geborene Antragstellerin ist Leitende Regierungsschuldirektorin (Besoldungsgruppe A 16) und seit 2014 als Leiterin des Dezernats ... des Regionalen Landesamtes für G. A-Stadt bzw. der Niedersächsischen H. als Vorgängerbehörde für deren Regionalabteilung A-Stadt, welche zum 30. November 2020 aufgelöst wurde, tätig.

Der im Jahr 1961 geborene Beigeladene hat seit 2009 das Amt eines Leitenden Regierungsdirektors (Besoldungsgruppe A 16) inne. Seit 2011 sind ihm die Aufgaben der Dezernatsleitung ... und zugleich Fachbereichsleitung I. des Regionalen Landesamtes für G. A-Stadt bzw. dessen Vorgängerbehörde für deren Regionalabteilung A-Stadt übertragen. Ihm wurde mit Schreiben vom 5. Januar 2012 (Bl. 282/BA002) die Abwesenheitsvertretung des Leiters der Regionalabteilung A-Stadt, Herrn J., übertragen. Nach dem Ausscheiden des bisherigen Regionalabteilungsleiters und der Neubildung des Regionalen Landesamtes für G. A-Stadt zum ... 2020 wurde dem Beigeladenen mit Schreiben vom ... 2020 (Bl. 329/BA002) die kommissarische Leitung dieses Amtes übertragen. Er erhält dafür seit dem ... 2021 eine Zulage nach § 44 NBesG.

Die erstmalige Ausschreibung zur Besetzung der streitgegenständlichen Stelle erfolgte am 17. Dezember 2021 (vgl. Bl. 2 ff./BA008). Der Antragsgegner brach dieses Verfahren ab, nachdem die Niedersächsische K. es unter Hinweis auf rechtliche Mängel des Ausschreibungstextes abgelehnt hatte, den Vorschlag, den Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen, der Landesregierung vorzulegen.

Am 11. Mai 2022 schrieb der Antragsgegner die streitgegenständliche Stelle erneut intern aus (vgl. Bl. 1 ff./BA001). Voraussetzung war nunmehr, dass Bewerber über die Befähigung für eine Laufbahn der Laufbahngruppe 2, 2. Einstiegsamt, und mehrjährige Erfahrung als Leiterin oder Leiter einer Organisationseinheit in einem Amt der Besoldungsgruppe A 16 verfügen.

Die Antragstellerin und der Beigeladene bewarben sich auf diese Stelle. Sie waren bereits jeweils zum Stichtag 1. Oktober 2020 dienstlich beurteilt. Auf Basis dieser Regelbeurteilungen schlug der Antragsgegner den Beigeladenen für die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens vor. Die Landesregierung stimmte dem Vorschlag zu. Den dagegen gerichteten Antrag der Antragstellerin gab das Verwaltungsgericht Osnabrück mit Beschluss vom 28. November 2022 (- 3 B 105/22 -) mit der Begründung statt, der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin sei verletzt, weil die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Regelbeurteilungen durch einen unzuständigen Beurteiler erstellt worden seien und die Beurteilung des Beigeladenen nicht plausibel sei.

Daraufhin hob der Antragsgegner diese Auswahlentscheidung und diese Regelbeurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen auf (vgl. Bl. 1 ff./BA009) und erstellte für sie neue Beurteilungen.

Die Antragstellerin wurde in ihrer neuen Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2020 (Beurteilungszeitraum 1.10.2017 bis 30.9.2020) mit dem Gesamturteil "B - Die Leistungsanforderungen werden deutlich übertroffen" (= zweithöchste Rangstufe) beurteilt (vgl. Bl. 520 ff./BA006). Sie erreichte in fünf Einzelleistungsmerkmalen die Rangstufe "B", in sechs Einzelleistungsmerkmalen die Zwischenstufe "B/C" und in drei Einzelleistungsmerkmalen die Rangstufe "C". Der Beurteilungsbeitrag des Regionalabteilungsleiters J. vom 29. März 2021 (Bl. 48 ff./BA001) war Grundlage der Beurteilung.

Der Beigeladene wurde in seiner neuen Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2020 (Beurteilungszeitraum 1.10.2017 bis 30.9.2020) ebenfalls mit dem Gesamturteil "B - Die Leistungsanforderungen werden deutlich übertroffen" beurteilt (vgl. Bl. 345 ff./BA002). Er erreichte in vier Einzelleistungsmerkmalen die Rangstufe "B", in acht Einzelleistungsmerkmalen die Zwischenstufe "B/C" und in zwei Einzelleistungsmerkmalen die Rangstufe "C". In seiner Anlassbeurteilung vom 7./21. März 2023 (Beurteilungszeitraum 1.10.2020 bis 15.1.2023) wurde der Beigeladene ebenfalls mit dem Gesamturteil "B - Die Leistungsanforderungen werden deutlich übertroffen" beurteilt (vgl. Bl. 349 ff./BA002). Er erreichte in einem Einzelleistungsmerkmal die Zwischenstufe "A/B", in zehn Einzelleistungsmerkmalen die Rangstufe "B" und in drei Einzelleistungsmerkmalen die Zwischenstufe "B/C". Der Beurteilungsbeitrag des Regionalabteilungsleiters J. vom 29. März 2021 (Bl. 53 ff./BA001) wurde sowohl bei der Regel- als auch der Anlassbeurteilung des Beigeladenen herangezogen.

Der Antragsgegner schlug mit Auswahlvermerk vom 13. April 2023 erneut vor, den streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen (Bl. 27 ff./BA009). Der Beigeladene sei in seiner maßgeblichen Anlassbeurteilung in zwei Einzelleistungsmerkmalen um eine ganze Rangstufe und in sechs Einzelleistungsmerkmalen um eine halbe Rangstufe besser als die Antragstellerin beurteilt worden und weise damit einen eindeutigen Leistungsvorsprung auf. Die Bewertungen der Befähigungsmerkmale der Antragstellerin und des Beigeladenen seien "in der Summe vergleichbar", so dass es der Antragstellerin nicht gelungen sei, den eindeutigen Vorsprung des Beigeladenen in der Leistungsbeurteilung zu kompensieren. In der Sitzung vom 25. Juli 2023 stimmte die Landesregierung der Übertragung des Dienstpostens an den Beigeladenen zu (vgl. Bl. 64/BA009).

Mit Schreiben vom 27. Juli 2023 (Bl. 67 ff./BA009) teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass ihre Bewerbung um die streitgegenständliche Stelle keine Berücksichtigung habe finden können. Nachdem sich aus dem Vergleich der Gesamtergebnisse der maßgeblichen dienstlichen Beurteilungen kein Leistungsvorsprung habe ableiten lassen, sei eine weitergehende inhaltliche Differenzierung der Beurteilungen unter Berücksichtigung von Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien vorzunehmen gewesen. Im Ergebnis habe die nähere Betrachtung der einzelnen Leistungsmerkmale in der Gesamtschau einen eindeutigen Leistungsvorsprung des Beigeladenen ergeben.

Dagegen hat die Antragstellerin am 11. August 2023 beim Verwaltungsgericht Osnabrück die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 7. November 2023 dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, vor Ablauf von zwei Wochen nach Bekanntgabe einer erneuten Auswahlentscheidung und längstens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Unanfechtbarkeit der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung den am 11. Mai 2022 behördenintern ausgeschriebenen Dienstposten der Direktorin/des Direktors (m/w/d) als Leiterin/Leiter des Regionalen Landesamtes für G. A-Stadt (Besoldungsgruppe B 2) dem Beigeladenen zu übertragen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, welcher die Antragstellerin entgegentritt. Der Beigeladene hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg. Die von ihm dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die begehrte Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

1. Auswahlentscheidungen unterliegen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 15.11.2010 - 5 ME 244/10 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 6.10.2011 - 5 ME 296/11 -, juris Rn. 3; Beschluss vom 10.10.2023 - 5 ME 72/23 -, juris Rn. 14). Erweist sich die Auswahlentscheidung anhand dieses Maßstabs als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, erscheint eine Auswahl des jeweiligen Antragstellers also jedenfalls möglich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn. 11 ff.; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.9.2011 - 5 ME 234/11 -, juris Rn. 27; Beschluss vom 10.10.2023 - 5 ME 72/23 -, juris Rn. 14), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. Dabei darf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 10.10.2023 - 5 ME 72/23 -, juris Rn. 14). Das bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl vornehmen müssen.

Der im Streitfall zu beachtende rechtliche Rahmen ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 19). Dementsprechend darf die Bewerbung des Konkurrenten nur aus Gründen zurückgewiesen werden, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 21; Urteil vom 29.11.2012 - BVerwG 2 C 6.11 -, juris Rn. 10). Der Leistungsgrundsatz eröffnet dem Einzelnen regelmäßig keinen Anspruch auf Beförderung bzw. auf Übertragung des begehrten Amtes, sondern gibt ihm lediglich einen Anspruch darauf, dass über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes entschieden wird (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch).

Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - BVerwG 2 C 16.02 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21; Urteil vom 17.9.2020 - BVerwG 2 C 2.20 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 10.10.2012 - 5 ME 235/12 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 14.11.2013 - 5 ME 228/13 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 13; Beschluss vom 11.5.2022 - 5 ME 161/21 -, juris Rn. 18), weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auf den aktuellen Stand abzustellen ist. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21). Ist aufgrund dieser aktuellen Beurteilungen von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen, ist für die Auswahlentscheidung (zunächst) auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 -, juris Rn. 22 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.5.2005 - 5 ME 57/05 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Beschluss vom 10.10.2023 - 5 ME 72/23 -, juris Rn. 16), ehe die Heranziehung nicht leistungsbezogener Hilfskriterien in Betracht kommt. Sofern Bewerber in der aktuellen dienstlichen Beurteilung mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, hat der Dienstherr (als weiteres unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium) zunächst die aktuellen Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (BVerwG, Beschluss vom 19.12.2014 - BVerwG 2 VR 1.14 -, juris Rn. 35; Nds. OVG, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 ME 151/16 -, juris Rn. 19; Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 13). Sind die Bewerber auch nach der umfassenden inhaltlichen Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen ("ausschärfende Betrachtung") als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann die zuständige Behörde auf andere leistungsbezogene Gesichtspunkte - wie etwa die Vorbeurteilung - abstellen (Nds. OVG, Beschluss vom 27.11.2019 - 5 ME 158/19 -; Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 13; Beschluss vom 10.10.2023 - 5 ME 72/23 -, juris Rn. 14) oder auf das leistungsbezogene Erkenntnismittel eines strukturierten Auswahlgesprächs zurückgreifen (Nds. OVG, Beschluss vom 16.9.2019 - 5 ME 126/19 -, juris Rn. 41 m. w. N.).

Die Verwaltungsgerichte haben im Streit über die Auswahl für ein Beförderungsamt auch die der Auswahl zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen zu überprüfen. Einwendungen gegen eine dienstliche Beurteilung, die als solche kein Verwaltungsakt und deshalb nicht der Bestandskraft fähig ist, können unmittelbar in einem Bewerbungsverfahren wie auch in einem gegebenenfalls anschließenden verwaltungsgerichtlichen "Konkurrentenstreit" geltend gemacht werden. Der Beamte braucht also nicht den Ausgang des isolierten Streites um die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung abzuwarten. Andererseits ist auch der Dienstherr nicht verpflichtet, Beförderungsverfahren nur deshalb "auszusetzen", weil einer der Bewerber eine für die Auswahlentscheidung bedeutsame dienstliche Beurteilung angreift (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 - BVerwG 2 C 19.01 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 10.10.2023 - 5 ME 72/23 -, juris Rn. 17). Erweist sich eine dienstliche Beurteilung, welche Grundlage eines Vergleichs zwischen den Bewerbern um ein Beförderungsamt ist, als fehlerhaft, so hat das Gericht den Dienstherrn in einem etwaigen Hauptsacheverfahren zur Neubescheidung zu verpflichten, wenn das Ergebnis des Auswahlverfahrens auf der fehlerhaften Grundlage beruhen kann. Dementsprechend ist die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung bereits im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten, wenn sie Einfluss auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens haben kann (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 - BVerwG 2 C 19.01 -, juris Rn. 16; Beschluss vom 20.1.2004 - BVerwG 2 VR 3.03 -, juris Rn. 10 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2020 - 5 ME 153/19 -, juris Rn. 33; Beschluss vom 29.5.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 14). Aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Bewerbungen folgt, dass jeder Bewerber im Stande sein muss, sowohl eigene Benachteiligungen als auch Bevorzugungen eines anderen zu verhindern, die nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Daher kann sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs insbesondere aus der Beurteilung eines Mitbewerbers oder aus dem Leistungsvergleich zwischen ihnen ergeben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 -, juris Rn. 13). Der Antragsteller eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Stellenbesetzung kann im Rahmen dieses Verfahrens also auch die dienstliche Beurteilung des ausgewählten Bewerbers angreifen (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 24). Voraussetzung ist aber, dass sich ein derartiger Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Deren Erfolg muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2.10.2007 - 2 BvR 2457/04 -, juris Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 24).

Wenn damit argumentiert wird, die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen seien fehlerhaft, gilt allerdings zu beachten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Senats auch dienstliche Beurteilungen nur eingeschränkt überprüfbar sind mit der Folge, dass sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf beschränken muss, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 18.6.2009 - BVerwG 2 B 64.08 -, juris Rn. 6; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 9; Nds. OVG, Beschluss vom 28.11.2012 - 5 ME 240/12 -, juris Rn. 26; Beschluss vom 10.10.2023 - 5 ME 72/23 -, juris Rn. 18). Wenn der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, so sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzuwendenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden (BVerwG, Beschluss vom 18.6.2009 - BVerwG 2 B 64.08 -, juris Rn. 6). Das Gericht hat dann auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen - speziell denen der maßgeblichen Laufbahnverordnung - sowie mit sonstigen gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17.12.2003 - BVerwG 2 A 2.03 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 19.10.2009 - 5 ME 175/09 -, juris Rn. 8). Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche und persönliche Beurteilung des Beamten durch seinen Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 18; Urteil vom 17.9.2015 - BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 9).

2. Mit Blick auf diese Grundsätze und unter Berücksichtigung der dargestellten beschränkten gerichtlichen Kontrollmöglichkeit sowie der Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO hat der Antragsgegner die Feststellung des Verwaltungsgerichts, es liege ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin in Form der Verletzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs vor, mit seinem Beschwerdevorbringen durchgreifend erschüttert.

a) Soweit das Verwaltungsgericht eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Antragstellerin deshalb angenommen hat, weil die Regelbeurteilung der Antragstellerin und die Anlassbeurteilung des Beigeladenen aufgrund ihrer erheblich voneinander abweichenden Enddaten nicht miteinander vergleichbar seien, folgt der beschließende Senat ihm nicht.

Während der Beurteilungszeitraum der Antragstellerin in ihrer aktuellen Regelbeurteilung am 30. September 2020 endet, ist das Ende des Beurteilungszeitraums des Beigeladenen in seiner aktuellen Anlassbeurteilung auf den 15. Januar 2023 datiert. Zwischen dem jeweiligen Ende des Beurteilungszeitraums liegt ein Zeitraum von 27 Monaten und 15 Tagen. Trotz dieser erheblich voneinander abweichenden Enddaten ist angesichts der eindeutigen neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 - BVerwG 2 C 1.18 -, juris Rn. 57 ff.; Beschluss vom 2.7.2020 - BVerwG 2 A 6.19 -, juris Rn. 9, 12) davon auszugehen, dass die der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden Beurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen dennoch miteinander vergleichbar sind. Denn insoweit ist zu beachten, dass es sich um den Vergleich einer Regelbeurteilung der Antragstellerin mit einer Anlassbeurteilung des Beigeladenen handelt.

Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend erkannt, dass der Antragsgegner eine Regel- mit einer Anlassbeurteilung verglichen hat und dazu ausgeführt:

"Die höchstmögliche Vergleichbarkeit von Regelbeurteilungen wird grundsätzlich durch den gemeinsamen Stichtag und den gleichen Beurteilungszeitraum erreicht (BVerwG, Urteil vom 18.07.2001 - 2 C 41.00 -, juris Rn. 16; Urteil vom 26.09.2012 - 2 A 2.10 -, juris Rn. 10; Urteil vom 09.05.2019 - 2 C 1.18 -, juris Rn. 58). Bei Anlassbeurteilungen stellt sich die Frage, ob sich die Beurteilungszeiträume decken oder in erheblicher Weise divergieren, indes in anderer Weise als bei Regelbeurteilungen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11.04.2018 - 5 ME 21/18 -, juris Rn. 10; Beschluss vom 19.06.2019 - 5 ME 87/19 -, n.v.; Beschluss vom 19.07.2022 - 5 ME 55/22 -, n.v., m.w.N.). Regelbeurteilungen sollen Aussagen über die Leistung der Beurteilten nicht nur punktuell, sondern in ihrer gesamten zeitlichen Entwicklung und unabhängig von einer konkreten Personalentscheidung erfassen (BVerwG, Urteil vom 18.07.2001 - 2 C 41.00 -, juris Rn. 15 f.). Eine Regelbeurteilung hat sich grundsätzlich zu Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung des Beurteilten während des gesamten Beurteilungszeitraums umfassend zu äußern und mit einem Gesamturteil abzuschließen. Um das in der Regelbeurteilung zu zeichnende Bild hinsichtlich der Vergleichbarkeit der zum gleichen Zeitpunkt beurteilten Beamten zu gewährleisten, muss soweit wie möglich gleichmäßig verfahren werden. Anlassbeurteilungen kommt hingegen die Aufgabe zu, bei einem Fehlen vergleichbarer periodischer (Regel-)Beurteilungen eine am Leistungsgrundsatz orientierte Auswahlentscheidung zu ermöglichen, indem sie einen aktuellen Leistungsvergleich herstellen und Aussagen zur Eignung der einzelnen Bewerber bezogen auf das angestrebte Amt treffen (Nds. OVG, Beschluss vom 11.04.2018 - 5 ME 21/18 -, juris Rn. 10). Anlassbeurteilungen liegen im Unterschied zu Regelbeurteilungen regelmäßig keine einheitlichen Beurteilungszeiträume zugrunde. Dies begründet für sich genommen noch keine Fehlerhaftigkeit der Anlassbeurteilungen, solange auf der Grundlage der Anlassbeurteilungen ein Qualifikationsvergleich nach den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG ohne eine ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers möglich ist (Nds. OVG, Beschluss vom 11.04.2018 - 5 ME 21/18 -, juris Rn. 10; Beschluss vom 19.06.2019 - 5 ME 87/19 -, n.v.; Beschluss vom 29.05.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 19.07.2022 - 5 ME 55/22 -. n.v.). Die auf der Grundlage dienstlicher Anlassbeurteilungen durchzuführende ,Klärung einer Wettbewerbssituation' setzt deshalb voraus, dass sich - erstens - der jeweils maßgebliche Beurteilungszeitraum der Beurteilung selbst eindeutig entnehmen lässt, dieser Beurteilungszeitraum - zweitens - aufgrund nachvollziehbarer Kriterien willkürfrei festgelegt worden ist und der Beurteilungszeitraum - drittens - so lang bemessen sein muss, dass über den einzelnen Bewerber verlässliche, auch langfristige Aussagen getroffen werden können (Nds. OVG, Beschluss vom 11.04.2018 - 5 ME 21/18 -, juris Rn. 10). Wann die einem Leistungsvergleich zugrundeliegenden Beurteilungen nicht mehr hinreichend miteinander vergleichbar sind, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.08.2016 - 2 BvR 1287/16 -, juris Rn. 61; Nds. OVG, Beschluss vom 29.05.2020 - 5 ME 187/19 -, juris Rn. 20)."

Ebenso zutreffend hat das Verwaltungsgericht auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2013 verwiesen, wonach keine Vergleichbarkeit einer Regelbeurteilung und einer "Sonderbeurteilung"/Anlassbeurteilung bei einer Abweichung von acht Monaten zwischen dem Ende der Beurteilungszeiträume bei einem Regel-Beurteilungszeitraum von 24 Monaten, also einer Abweichung von etwa 1/3 des Regel-Beurteilungszeitraums vorliege (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.4.2013 - BVerwG 1 WDS-VR 1.13 -, juris Rn. 37 ff.). Entsprechend dieser Rechtsprechung hat auch der beschließende Senat in ähnlichen Fällen eine Vergleichbarkeit von Regel- und Anlassbeurteilungen verneint (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 18.2.2016 - 5 ME 2/16 -, juris Rn. 22 f. [keine Vergleichbarkeit frühestens bei einer Abweichung von mehr als einem Jahr bei dreijährigem Regelbeurteilungszeitraum, daher Vergleichbarkeit bei einer Abweichung von nur 8,5 Monaten]; Beschluss vom 19.6.2019 - 5 ME 87/19 - [Vergleichbarkeit bei einer Abweichung der Endzeitpunkte einer Anlass- und einer Regelbeurteilung von 6 1/2 Monaten bei einem Regelbeurteilungszeitraum von grundsätzlich drei Jahren]).

Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in seinen jüngeren Entscheidungen (Urteil vom 9.5.2019 - BVerwG 2 C 1.18 -, juris Rn. 57 ff.; Beschluss vom 2.7.2020 - BVerwG 2 A 6.19 - juris Rn. 9, 12) klargestellt, dass Aktualisierungsbedarf bei einem Bewerber nicht allein schon deshalb (zwangsläufig, "automatisch") zu einem "Nachziehen" und einer Aktualisierungspflicht auch bei allen anderen Mitbewerbern ohne originären eigenen Aktualisierungsbedarf führe. Auch soweit teilweise darauf abgestellt werde, dass die Beurteilung jedes Bewerbers auch im Verhältnis zu den Beurteilungen der Mitbewerber hinreichend aktuell sein müsse, gelte diese Forderung nicht absolut. Richtig daran sei, dass einem Bewerber durch die für ihn erstellte zeitnahe Anlassbeurteilung gegenüber anderen Bewerbern mit Regelbeurteilungen kein deren Bewerbungsverfahrensanspruch tangierender Vorteil dadurch erwachsen dürfe, dass bei dem Anlassbeurteilten neuere Erkenntnisse in die Beurteilung einfließen könnten. Dabei sei aber zu beachten, dass ein Beurteilungssystem, das nicht nur Regelbeurteilungen, sondern in bestimmten Fallgestaltungen ergänzend Anlassbeurteilungen vorsehe, zwangsläufig unterschiedliche Beurteilungszeiträume und unterschiedliche Aktualitätsgrade der Beurteilungen einer Auswahlentscheidung in Kauf nehme. Solche Unterschiede seien aus Praktikabilitätsgründen hinzunehmen, solange ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage dieser Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach Bestenauslesegrundsätzen möglich bleibe (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 - BVerwG 2 C 1.18 -, juris Rn. 59). Ob ein Aktualisierungsbedarf vorliege, sei im Ausgangspunkt für jeden Bewerber gesondert zu betrachten. Lägen bei einem Mitbewerber die Voraussetzungen, unter denen wegen einer während eines erheblichen Zeitraums wahrgenommenen wesentlich anderen Tätigkeit eine Anlassbeurteilung zu erstellen sei, nicht vor, dann sei dessen letzte Regelbeurteilung, soweit sie nicht länger als der Regelbeurteilungszeitraum (hier: drei Jahre) zurückliege, hinreichend aktuell. Sie werde nicht schon allein deswegen zwangsläufig "inaktuell", weil bei einem (oder mehreren) Beamten ausnahmsweise - aus den genannten Gründen - eine Anlassbeurteilung erforderlich geworden sei. Denn Letzteres sei nur deswegen nötig geworden, weil nur so dem wesentlich veränderten Tätigkeitsbereich und dadurch bedingten (möglichen) Besonderheiten in der Leistungsentwicklung des Bewerbers Rechnung habe getragen werden können. Wenn sich dagegen bei dem Mitbewerber weder der Zuschnitt der Aufgaben oder deren Qualität verändert hätten noch Anhaltspunkte für eine - dadurch bedingte - ins Gewicht fallende Veränderung in seinem Leistungsvermögen bestünden, gebe es keinen Grund, auch bei größeren Zeitdifferenzen in der Relation zwischen einer jüngeren Anlassbeurteilung und der letzten Regelbeurteilung die Letztgenannte als für den Leistungsvergleich untauglich anzusehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 - BVerwG 2 C 1.18 -, juris Rn. 61). Der Ausnahmefall, dass eine Anlassbeurteilung nötig werde, führe nicht dazu, dass alle Regelbeurteilten - allein deshalb - nunmehr ebenfalls der Ausnahmekategorie unterfielen und die Ausnahme somit zum überwiegenden Anwendungsfall werde. Andernfalls liefe das Aktualitätserfordernis darauf hinaus, dass dienstliche Beurteilungen in einer Art "perpetuum mobile" jeweils neuen Aktualisierungsbedarf erzeugten, etwa wenn weitere Bewerber hinzuträten, solange das Auswahlverfahren noch nicht zur Entscheidungsreife gelangt sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.5.2019 - BVerwG 2 C 1.18 -, juris Rn. 62; Beschluss vom 2.7.2020 - BVerwG 2 A 6.19 - juris Rn. 12).

Das Verwaltungsgericht hat diese vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze erkannt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt, hat dann indes angenommen, dass die Regelbeurteilung der Antragstellerin nicht mehr hinreichend aktuell sei, weil die Besonderheit bestehe, dass diese Beurteilung zum Zeitpunkt der Erstellung der Anlassbeurteilung des Beigeladenen bereits 27,5 Monate alt und damit fast das Ende des dreijährigen Beurteilungszeitraums erreicht gewesen sei. Hinzu komme, dass seit dem letzten Beurteilungsstichtag ein Beurteilerwechsel stattgefunden habe, der dazu führe, dass die jeweils für Antragstellerin und Beigeladenen vorliegenden Beurteilungsbeiträge ihres früheren Vorgesetzten zwar noch in der Regelbeurteilung der Antragstellerin, nicht jedoch in der Anlassbeurteilung des Beigeladenen (bis auf zwei Monate) Berücksichtigung gefunden hätten und dies auch in einer aktuellen Beurteilung der Antragstellerin nicht der Fall gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund sei die Regelbeurteilung der Antragstellerin auch unter Berücksichtigung der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts sowie anderer Oberverwaltungsgerichte und auch der einschlägigen Regelungen in den Beurteilungsrichtlinien des Antragsgegners nicht mehr hinreichend aktuell. Mit seinem dagegen gerichteten Beschwerdevorbringen (vgl. Beschwerdebegründung - BB - vom 4.12.2023, S. 2 ff. [Bl. 116 ff./GA] und diese vertiefend BB vom 10.1.2024, S. 1 f. [Bl. 153 f./GA]) dringt der Antragsgegner durch.

Sofern der beschließende Senat in Bezug auf die ältere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch bei dem Vergleich von Regel- und Anlassbeurteilungen darauf abgestellt hatte, dass die Beurteilung jedes Bewerbers auch im Verhältnis zu den Beurteilungen der Mitbewerber hinreichend aktuell sein müsse, hält er angesichts der dargelegten neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts daran nicht mehr fest. Stattdessen betrachtet er - wie vom Bundesverwaltungsgericht gefordert - im Ausgangspunkt für jeden Bewerber gesondert, ob ein Aktualisierungsbedarf vorliegt.

Ein solcher Aktualisierungsbedarf ist im Fall der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen, dass bei ihr wesentliche Änderungen der Aufgabenwahrnehmung eingetreten seien, die die Erstellung und Berücksichtigung einer Anlassbeurteilung im streitigen Auswahlverfahren erforderten (vgl. Beschwerdeerwiderung - BE - vom 20.12.2013, S. 1 ff. und BE vom 22.1.2024, S. 1 ff.). Soweit das Verwaltungsgericht einen Aktualisierungsbedarf im Hinblick auf die Antragstellerin angenommen hat, weil deren Regelbeurteilung zum Zeitpunkt der Erstellung der Anlassbeurteilung des Beigeladenen bereits 27,5 Monate alt und damit fast das Ende des dreijährigen Beurteilungszeitraums erreicht gewesen sei, hat es nicht berücksichtigt, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die letzte Regelbeurteilung hinreichend aktuell ist, sofern sie (zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung) nicht länger als der Regelbeurteilungszeitraum zurückliegt. Gemäß Ziffer 2.1. der "Besonderen Beurteilungsrichtlinie für die dienstliche Beurteilung der Beschäftigten im Geschäftsbereich des F." (SVBL. 2022, S. 342) sind Beschäftigte der Regionalen Landesämter für G. - wie die Antragstellerin - alle drei Jahre zum 1. Oktober zu beurteilen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung am 13. April 2023 lag die letzte Regelbeurteilung der Antragstellerin zum Stichtag 1. Oktober 2020 nicht drei Jahre zurück mit der Folge, dass sie hinreichend aktuell war. Soweit die Antragstellerin zu Recht darauf hingewiesen hat, dass die lange Dauer des Auswahlverfahrens maßgeblich auf Fehler des Antragsgegners zurückzuführen sei, begründet dies nicht eine mangelnde Aktualität ihrer Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2020. Denn dadurch bedingt ist nur der weit überwiegende Teil des nächsten Regelbeurteilungszeitraums seit der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2020 vergangen, nicht aber - wie vom Bundesverwaltungsgericht gefordert - der Beurteilungszeitraum abgelaufen. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts besteht auch nicht deshalb eine Besonderheit, weil seit dem letzten Beurteilungsstichtag ein Beurteilerwechsel stattgefunden hat. Klarzustellen ist diesbezüglich, dass sowohl bei der Regelbeurteilung der Antragstellerin als auch bei der Regel- und Anlassbeurteilung des Beigeladenen die von dem mit Ablauf des ... 2020 aus dem Dienst geschiedenen Regionalabteilungsleiter der Niedersächsischen H., Herrn J., gefertigten Beurteilungsbeiträge vom 29. März 2021 für die Beurteilungen herangezogen wurden. Sein jeweiliger Beurteilungsbeitrag betrifft nur unterschiedlich lange Zeiträume des jeweiligen Beurteilungszeitraums der vorgenannten Beurteilungen, nämlich drei Jahre bei der Antragstellerin und zwei Monate beim Beigeladenen. Entgegen der Annahme der Antragstellerin folgt aus dieser vermeintlich "besonderen Sachverhaltskonstellation" (so BE vom 20.12.2023, S. 12 [Bl. 131 Rs./GA]) nicht ein zu berücksichtigender Wettbewerbsnachteil für sie. Der Antragsgegner hat zutreffend ausgeführt, dass es eher der Regelfall sei, dass um einen Dienstposten konkurrierende Bewerber nicht durch dieselben Personen beurteilt würden (vgl. BB vom 10.1.2024, S. 2 [Bl. 140/GA]). Umstände in der Sphäre der Beurteiler wie der spätere Wechsel der Zuständigkeiten nach der Beurteilung eines Bewerbers stehen nicht in unmittelbaren Zusammenhang zu der Leistung des beurteilten Beamten mit der Folge, dass sie nicht maßgeblich für die Frage der Aktualität der Beurteilung sind. Ferner führt nicht der Verweis des Verwaltungsgerichts auf die "einschlägigen Regelungen in den Beurteilungsrichtlinien des Antragsgegners" dazu, dass die Regelbeurteilung der Antragstellerin zum Stichtag 1. Oktober 2020 im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht mehr hinreichend aktuell war. Ziffer 3 der "Besonderen Beurteilungsrichtlinie für die dienstliche Beurteilung der Beschäftigten im Geschäftsbereich des F." (SVBL. 2022, S. 342) regelt die Anlassbeurteilung außerschulisch tätiger Lehrkräfte, die bei Beendigung einer Abordnung (Ziffer 3.1), bei Beendigung einer Tätigkeit auf Grundlage von Anrechnungsstunden (Ziffer 3.2) und bei Bewerbungen um einen Dienstposten oder Arbeitsplatz an einer Schule (Ziffer 3.3). Diese Regelungen sind offensichtlich für die Antragstellerin, die seit 2014 Dezernatsleiterin bei der Niedersächsischen H. und anschließend bei dem Regionalen Landesamt für G. A-Stadt ist, nicht einschlägig. Soweit das Verwaltungsgericht auf 4.3 Abs. 2 der Richtlinie "Dienstliche Beurteilung der Beschäftigten im unmittelbaren Landesdienst" (Nds. MBl. 2017, S. 1104) verwiesen hat, ist auch danach nicht die Fertigung einer Anlassbeurteilung für die Antragstellerin erforderlich. Zwar ist nach dem Wortlaut der Regelung bei der Bewerbung um einen höherwertigen Dienstposten eine Anlassbeurteilung dann zu erstellen, wenn eine Regelbeurteilung länger als ein Jahr zurückliegt und Personen in eine Auswahlentscheidung einzubeziehen sind, für die keine Regelbeurteilung erstellt worden ist. Diese Voraussetzungen lägen dem Grunde nach hier vor. Jedoch hat der Antragsgegner glaubhaft versichert, dass diese Regelung aus dem Jahr 2017 aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in ständiger Praxis nicht mehr angewendet wird (vgl. BB vom 4.12.2023, S. 3 [Bl. 117/GA]) mit der Folge, dass die Antragstellerin nicht mit Erfolg eine Verletzung dieser Verfahrensbestimmung dadurch geltend machen kann, dass über sie nicht eine aktuelle Anlassbeurteilung erstellt worden ist. Dem steht nicht entgegen, dass seit dem maßgeblichen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2019 ausreichend Zeit gewesen wäre, die Beurteilungsrichtlinie anzupassen und dies (noch) nicht geschehen ist. Die förmliche Aufhebung einer als überholt angesehenen Verwaltungsvorschrift ist nicht zwingend erforderlich, um glaubhaft zu machen, dass diese tatsächlich nicht mehr angewendet wird.

b) Die Antragstellerin hat - auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens im Beschwerdeverfahren (vgl. BE vom 20.12.2023, S. 1 ff. [Bl. 126 ff./GA] und vom 22.1.2024, S. 1 ff. [Bl. 144 ff./GA]) - nicht glaubhaft gemacht, dass die Auswahlentscheidung aus anderen Gründen fehlerhaft und ihr Bewerbungsverfahrensanspruch deshalb verletzt ist.

aa) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Erstellung einer Anlassbeurteilung für den Beigeladenen vorgelegen haben. Es hat dazu ausgeführt:

"Mögliche ,Anlässe' und Konstellationen, in denen sich - auch in einem auf Regelbeurteilungen basierenden Beurteilungssystem - der Bedarf nach einer Anlassbeurteilung unabweisbar aufdrängt, weil dem Dienstherrn ohne eine solche ein Bewerbervergleich nicht möglich ist, sind z.B., dass Bewerber wegen Überschreitens eines bestimmten Lebensalters oder wegen der Wertigkeit ihres Statusamtes nicht mehr der Regelbeurteilungspflicht unterliegen, dass ein Bewerber nach der letzten Regelbeurteilung schon einmal befördert worden ist und nun eine erneute Beförderung anstrebt, ggf. auch nach oder vor einer Versetzung oder mit Blick auf eine laufbahnrechtliche Erprobung. Bedarf nach einer Aktualisierung der dienstlichen Beurteilung kann auch entstehen, wenn der Beamte nach dem Beurteilungsstichtag der letzten Regelbeurteilung während eines erheblichen Zeitraums wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 11.02.2009 - 2 A 7.06 -, juris; vom 30.06.2011 - 2 C 19.10 -, juris; vom 09.05.2019 - 2 C 1/18 -, juris; Beschluss vom 10.05.2016 - 2 VR 2.15 -, juris).

Ein erheblicher Zeitraum im vorstehenden Sinne liegt erst vor, wenn die anderen Aufgaben bei einem - wie hier, vgl. Ziff. 3 der BRL - dreijährigen Regelbeurteilungszeitraum während des (deutlich) überwiegenden Teils, d.h. zu zwei Dritteln, dieses Beurteilungszeitraums wahrgenommen wurden (BVerwG, Urteil vom 09.05.2019, a.a.O.). Bei der "wesentlich" anderen Tätigkeit muss es sich der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zufolge um eine Tätigkeit handeln, die einem anderen (regelmäßig höheren) Statusamt zuzuordnen ist."

Diese Grundsätze hat die Antragstellerin nicht in Abrede gestellt. Stattdessen hat sie auf die besondere Konstellation des Einzelfalls abgestellt und die Erforderlichkeit der Vornahme einer Anlassbeurteilung für den Beigeladenen verneint. Der Beigeladene sei kommissarisch auf der streitgegenständlichen Stelle eingesetzt worden. Die erstmalige Ausschreibung zur Nachbesetzung der streitgegenständlichen Stelle sei bereits am 17. Dezember 2021 erfolgt. Spätestens seit diesem Zeitpunkt sei dem Antragsgegner bekannt gewesen, dass sich der Beigeladene auf die streitgegenständliche Stelle beworben habe. Ungeachtet dessen und des Umstandes, dass es jedenfalls eine Mitbewerberin - nämlich sie - gegeben habe, sei der Beigeladene mit der kommissarischen Behördenleitung beauftragt worden. Nur durch diese "vorübergehende" Besetzung habe er die vermeintlich "wesentlich andere Aufgabe", die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes eine Anlassbeurteilung nach Ablauf von zwei Jahren rechtfertige, erlangt. Der Zeitablauf von mehr als zwei Jahren sei allein auf eine zunächst rechtswidrige Ausschreibung und eine erste rechtswidrige Auswahlentscheidung zurückzuführen, so dass die Verzögerung im Auswahlverfahren allein vom Antragsgegner zu verantworten sei. Erst diese Anlassbeurteilung habe letztlich zu einer besseren Bewertung des Beigeladenen geführt. Wäre ein derartiges Vorgehen rechtlich zulässig, so bestünde für Behörden die Möglichkeit, eine Person, deren Auswahl möglicherweise erwünscht sei, zunächst kommissarisch auf einer Stelle einzusetzen, um sodann im Rahmen einer Anlassbeurteilung einen Bewerbervorsprung zu schaffen. Gegen ein solches Vorgehen bestünde keine Rechtsschutzmöglichkeit. Sie habe weiterhin erhebliche Zweifel daran, dass bei dem Beigeladenen tatsächlich wesentliche Änderungen der Aufgabenwahrnehmung eingetreten seien, die die Erstellung und Berücksichtigung einer Anlassbeurteilung im vorliegenden Auswahlverfahren rechtfertigten. Der Beigeladene sei bis zum heutigen Tag nicht von den ihm ursprünglich übertragenen Aufgaben der Leitung des Dezernats ... und des Fachbereichs I. entbunden worden sei. Die pauschale Behauptung des Antragsgegners, dass der Beigeladene tatsächlich die im Zusammenhang mit der kommissarischen Amtsleitung stehenden Aufgaben wahrnehme, sei deshalb nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Dies gelte umso mehr, als der zu besetzende Dienstposten laut der Antragsgegnerin als nicht Teilzeit geeignet ausgeschrieben worden sei (vgl. BE vom 20.12.2023, S. 11 ff. [Bl. 131 ff./GA]).

Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass der Beigeladene nicht nach dem Beurteilungsstichtag der letzten Regelbeurteilung (1.10.2020) während eines erheblichen Zeitraums wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hat. Unstreitig hat der Antragsgegner die Stelle des Leiters des - zum ... 2020 aus der Niedersächsischen H., Regionalabteilung A-Stadt gebildeten - Regionalen Landesamtes für G. A-Stadt mit dem Beigeladenen kommissarisch besetzt. Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass es sich bei Wahrnehmung der kommissarischen Behördenleitung um eine wesentlich andere Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung handele und der Beigeladene diese Tätigkeit länger als zwei Jahre wahrgenommen habe. Bei der Behördenleitung handele es sich um einen Dienstposten der Besoldungsgruppe B 2, der damit höher bewertet sei als der bisherige, der Besoldungsgruppe A 16 zugeordnete Dienstposten des Beigeladenen. Es bestünden keine Zweifel daran, dass der Beigeladene die Tätigkeit auch ohne eine formelle Entbindung von seinen bisherigen Aufgaben weit überwiegend wahrgenommen habe. Der Antragsgegner habe nachvollziehbar erläutert, dass die bisherigen Aufgaben des Beigeladenen von Vertretern übernommen worden seien. Da die Antragstellerin dem nicht entgegengetreten sei, indem sie beispielsweise plausibel dargelegt habe, dass neben dem Beigeladenen noch andere Personen die Aufgaben der Behördenleitung wahrgenommen hätten und/oder der Beigeladene auch seine ursprünglichen Aufgaben weiterhin in nennenswertem Umfang erfüllt habe und der zeitliche Umfang der Wahrnehmung der Behördenleitung naturgemäß hoch sei, seien die Voraussetzungen für die Erstellung einer Anlassbeurteilung für den Beigeladenen erfüllt. Dem folgt der Senat, denn die Antragstellerin hat sich auch im Beschwerdeverfahren weiterhin insbesondere auf den Aspekt, dass es an einer formalen Entbindung des Antragstellers von seinen bisherigen Aufgaben fehle, beschränkt. Soweit sie darauf hingewiesen hat, dass die Stelle des Behördenleiters nach dem Vorbringen des Antragsgegners nicht teilzeitgeeignet sei, spricht dieses Argument eher dafür, dass der Beigeladene sich ganz vorwiegend den ihm kommissarisch übertragenen Aufgaben des Behördenleiters widmen musste, weil sie sonst nicht zu bewältigen gewesen wären. Im Übrigen sind die kommissarischen Aufgaben in der streitgegenständlichen Anlassbeurteilung des Beigeladenen substantiiert worden, nämlich als:

- Übernahme der Aufgaben des Dienstvorgesetzten für die Angehörigen des RL G.

- Fortführung der im Rahmen der Neuordnung des Geschäftsbereichs eingeleiteten Veränderungsprozesse

- Aufgaben und Ressourcensteuerung innerhalb der RL G.

- Sicherstellung der Umsetzung bildungspolitischer und sonstiger Vorgaben des F.

- Vertretung der Behörde nach außen.

Die Antragstellerin dringt auch nicht mit ihren Bedenken gegen die kommissarische Besetzung der Stelle des Leiters des Regionalen Landesamtes für G. A-Stadt mit dem Beigeladenen durch. Es liegt kein Fall vor, indem ein Bewerber während eines laufenden Auswahlverfahrens die streitgegenständliche Stelle erstmalig übertragen und damit ein unzulässiger Vorteil gegenüber anderen Bewerbern geschaffen worden ist (vgl. dazu, BVerwG, Beschluss vom 10.5.2016 - BVerwG 2 VR 2.15 -, juris Rn. 26). Die erstmalige Ausschreibung zur Nachbesetzung der streitgegenständlichen Stelle ist nach dem Vorbringen der Antragstellerin und der Aktenlage am 17. Dezember 2021 erfolgt. Der Beigeladene war aber bereits seit Anfang 2012 mit der Abwesenheitsvertretung des Regionalabteilungsleiters der Niedersächsischen H. in A-Stadt, Herrn J., beauftragt worden. Nahtlos führte er diese Vertretungsaufgabe nach der Umstrukturierung zum ... 2020 im nunmehrigen Regionalen Landesamtes für G. A-Stadt fort. Da der bisherige Regionalabteilungsleiter J. aus dem Dienst ausgeschieden war, wurde dem Beigeladenen bereits mit Schreiben vom 26. November 2020 die kommissarische Leitung dieses Amtes übertragen. Erst über ein Jahr später erfolgte die Ausschreibung der streitgegenständlichen Stelle. Der Antragsgegner hat zutreffend ausgeführt, dass der Beigeladene durch die Wahrnehmung der Aufgaben der kommissarischen Behördenleitung vor der Ausschreibung keinen unrechtmäßigen Vorteil gegenüber der Antragstellerin erlangt hat und auch nach der Ausschreibung im Interesse der ordnungsgemäßen Verwaltung nicht - statt des langjährigen Vertreters (Beigeladenen) - eine neue Person, die sich komplett hätte einarbeiten müssen, mit der kommissarischen Behördenleitung hätte beauftragt werden müssen (vgl. BB vom 4.12.2023, S. 5 [Bl. 119/GA]). Soweit die Antragstellerin meint, es möge zwar zutreffen, dass die Interessen der ordnungsgemäßen Verwaltung nicht verlangt hätten, eine neue, in das Bewerbungsverfahren nicht involvierte Person mit der kommissarischen Behördenleitung zu beauftragen; in der vorliegenden Fallgestaltung habe - wie sich nunmehr offenbart habe - die eigentliche Auswahlentscheidung bereits mit der "Ernennung" des Beigeladenen zum kommissarischen Behördenleiter stattgefunden; im Ergebnis bzw. im Zusammenspiel mit dem Verfahrensablauf habe die Entscheidung, den Beigeladenen als Bewerber zum kommissarischen Behördenleiter zu machen, faktisch präjudizierende Wirkung gehabt, ohne dass sie sich hiergegen hätte wehren können (vgl. BE vom 20.12.2023, S. 15 [Bl. 135/GA]), dringt sie damit nicht durch. Klarzustellen ist, dass der Beigeladene bereits seit Anfang 2012 fortlaufend den damaligen Leiter der Regionalabteilung vertreten hat und die Umstrukturierung der Regionalabteilung der H. in eigenständige Landesämter insofern zu keiner Veränderung geführt hat. Zudem war eine derart lange Dauer des Auswahlverfahrens und das Erfordernis einer Anlassbeurteilung für den Beigeladenen vorab nicht absehbar, so dass ein bewusstes Vorgehen - insbesondere ein bewusstes Begehen von Ausschreibungs- und Beurteilungsfehlern durch den Antragsgegner - schon alleine aus diesem Grunde nicht angenommen werden kann. Abgesehen davon kann sich die kommissarische Übertragung von höherwertigen Aufgaben bei einer späteren Beurteilung sowohl positiv als auch negativ auswirken. Die Beurteilung des Beigeladenen musste sich demnach nicht automatisch aufgrund der kommissarischen Leitung der Behörde verbessern und zu seiner Auswahl im Bewerbungsverfahren führen.

bb) Die Antragstellerin hat weiter gerügt, der Antragsgegner habe fälschlich angenommen, dass kein Raum für das Ausblenden der Leistung des Beigeladenen als kommissarischer Behördenleiter bestanden habe. Ein solches Ausblenden komme in Konstellationen in Betracht, in denen die Höherwertigkeit des neuen Dienstpostens maßgeblich daraus resultiere, dass die dienstlichen Aufgaben weitgehend identisch blieben und lediglich zusätzliche Führungs- und Leitungsaufgaben hinzukämen. Dies sei vorliegend - jedenfalls nominell - der Fall. Der Beigeladene sei von dem ihm bis dato übertragenen Aufgaben bis zum heutigen Tage nicht entbunden worden. Die Tätigkeit des Beigeladenen sei letztlich vergleichbar geblieben und sei nur durch Leitungs- und Führungsaufgaben ergänzt worden (vgl. BE vom 20.12.2023, S. 16 [Bl. 133 Rs./GA]).

Vorab ist klarzustellen, dass selbst eine Ausblendungssituation nach der diesbezüglichen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht der Erteilung einer dienstlichen Beurteilung entgegenstünde, sondern lediglich die Anforderungen an ihre Erstellung modifizierte. Folge einer Ausblendungssituation wäre also nicht die Unzulässigkeit der Erstellung einer dienstlichen Beurteilung, sondern das Erfordernis der Ausblendung der höherwertigen Tätigkeit bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.1.2021 - BVerwG2 VR 4.20 -, juris Rn. 37; vgl. zur sogenannten Ausblendungsrechtsprechung: BVerwG, Beschluss vom 10.5.2016 - BVerwG 2 VR 2.15 -, juris Rn. 23 ff.; Beschluss vom 12.12.2017 - BVerwG 2 VR 2.16 -, juris Rn. 21 ff.); kritisch hierzu in ständiger Rechtsprechung der beschließende Senat, vgl. Beschluss vom 2.11.2021 - 5 ME 80/21 -, juris Rn. 38 ff. m. w. N.).

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin musste bei der Erstellung der Anlassbeurteilung des Beigeladenen nicht ausgeblendet werden, dass dieser über mehr als zwei Jahre die Behörde kommissarisch geleitet hatte. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 7. Januar 2021 (- BVerwG 2 VR 4.20 -, juris) ausdrücklich festgestellt, dass der Umstand, dass dem Beigeladenen seit Längerem die kommissarische Vakanzvertretung des verfahrensgegenständlichen Dienstpostens obliege und auch schon vor der (neuerlichen) Ausschreibung dieses Dienstpostens oblegen habe, nicht dazu nötige, diese Vakanzvertretung bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilung unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr sei die dienstliche Beurteilung des Beamten in diesen Fällen im Hinblick auf die tatsächlich erbrachten Leistungen zu erstellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.1.2021 - BVerwG2 VR 4.20 -, juris Rn. 38). Im vorliegenden Fall ist auch deshalb kein Raum für das Ausblenden dieser vom Beigeladenen erbrachten Leistungen, weil ohne deren Berücksichtigung die streitgegenständliche Anlassbeurteilung keinerlei Substanz hätte. Denn zwingender Grund für ihre Erstellung war, dass der Beigeladene über zwei Jahre die kommissarische Leitung des Regionalen Landesamtes für G. A-Stadt innehatte und seine bisherigen Aufgaben - nach dem glaubhaften Vorbringen des Antragsgegners - auf andere Mitarbeiter delegiert hatte. Er nahm diese wesentlichen neuen Aufgaben (siehe dazu unter aa)) ganz überwiegend wahr und nur sie konnten beurteilt werden. Seine bisherigen Tätigkeiten als Leiter des Dezernats ... und Fachbereichsleiter I. waren dagegen nachrangig und nicht von wesentlicher Bedeutung.

cc) Es stellt auch keinen Fehler dar, dass die Anlassbeurteilung des Beigeladenen den Zeitraum seit dem 1. Oktober 2020 umfasst, obwohl der Beigeladene die kommissarische Leitung des Regionalen Landesamtes für G. A-Stadt erst zwei Monate später, nämlich zum ... 2020, übertragen worden ist. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Beurteilungslücken zu vermeiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.10.2023 - BVerwG 2 A 7.22 -, juris Leitsatz 2). Der Beurteilungszeitraum der letzten Regelbeurteilung endete mit dem 30. September 2020, so dass die streitgegenständliche Anlassbeurteilung ohne zeitliche Lücke am 1. Oktober 2020 anschloss. Darüber hinaus ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beurteiler fälschlicherweise davon ausgegangen wären, dass der Beigeladene bereits seit dem 1. Oktober 2020 der kommissarische Leiter des Regionalen Landesamtes für G. gewesen wäre.

dd) Weiterhin hat die Antragstellerin zwar zutreffend ausgeführt, dass Anlassbeurteilungen aus der letzten Regelbeurteilung fortzuentwickeln seien, aber nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Anlassbeurteilung des Beigeladenen keine Fortentwicklung seiner Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2020, sondern eine "vollständige Neubeurteilung" sei (vgl. BE vom 20.12.2023, S. 12 ff. [Bl. 131 ff. Rs./GA]).

Das Bundesverwaltungsgericht hat zu Anlassbeurteilungen in einem Regelbeurteilungssystem ausgesprochen, dass je kürzer der betrachtete Zeitraum seit der letzten Regelbeurteilung sei und je größer der einem Bewerber nunmehr attestierte Bewertungsunterschied ausfalle, desto mehr den Beurteiler die Pflicht treffe, einen solchen Leistungssprung oder -abfall zu begründen und gegebenenfalls zu plausibilisieren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - BVerwG 2 VR 5.12 -, juris Rn. 30; Urteil vom 9.5.2019 - BVerwG 2 C 1.18 -, juris Rn. 41; BVerwG, Beschluss vom 7.1.2021 - BVerwG 2 VR 4.20 -, juris Rn. 40). Soweit die Antragstellerin meint, diesen Anforderungen werde die Anlassbeurteilung des Beigeladenen nicht gerecht, weil ihrem Text nicht zu entnehmen sei, dass der Fortentwicklungscharakter der Anlassbeurteilung Leitlinie bei deren Abfassung gewesen wäre, und zudem der Antragsgegner mehrfach auf einen erheblichen Spielraum des Erstbeurteilers, von den Wertungen im Beurteilungsbeitrag des ehemaligen Regionalabteiteilungsleiters der Niedersächsischen H., Herrn J., abzuweichen, verwiesen habe (vgl. BB vom 2012.2023, S. 18 [Bl. 134 Rs./GA]), folgt der Senat ihr nicht.

Entgegen der Annahme der Antragstellerin liegt bereits kein Leistungssprung des Beigeladenen vor. Denn der Beigeladene ist sowohl in seiner Regelbeurteilung zum Stichtag 1. Oktober 2020 als auch in seiner aktuellen Anlassbeurteilung (Beurteilungszeitraum 1.10.2020 bis 15.1.2023) mit der Gesamtnote "B - die Leistungsanforderungen werden deutlich übertroffen" beurteilt worden (dagegen Leistungssprung bei besserer Gesamtnote weniger als zwei Jahre nach der letzten Beurteilung trotz erstmaliger Beurteilung im höheren Statusamt, vgl. OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 2.7.2014 - 10 B 10320/14 -, juris Rn. 16 ff.). Der Beigeladene hat sich zwar in acht der 14 Einzelleistungsmerkmale verbessert. Diese Verbesserung ist jedoch nicht so erheblich, dass sie einen Leistungssprung darstellt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Beigeladene in sechs dieser acht Einzelleistungsmerkmale nicht um eine ganze Rangstufe, sondern nur um eine Zwischenstufe verbessert hat. Dazu im Einzelnen:

- "Organisationsfähigkeit" von "B/C" auf "B"

- "Initiative, Selbständigkeit, Engagement" von "B/C" auf "B"

- "Mündliche Ausdrucksweise/Kontaktfähigkeit" von "B/C" auf "B"

- "Gleichstellungskompetenz" von "C" auf "B/C"

- "Organisation und Steuerung der Arbeitsbereiche" von "B/C" auf "B"

- "Motivationsfähigkeit" von "B/C" auf "B".

Nur in den beiden Einzelleistungsmerkmalen "Arbeitserfolg" und "wirtschaftliches Handeln/Verhalten" fällt die Beurteilung des Beigeladenen von "BC" auf "A/B" bzw. von "C" auf "B" und damit um eine Rangstufe besser aus als die Vorbeurteilung.

Fehlt es - wie ausgeführt - an einem Leistungssprung, bestehen keine besonderen Begründungspflichten. Es ist also nicht erforderlich, dass bei einem Ankreuzverfahren die (überschaubare) Verbesserung für jedes Einzelleistungsmerkmal gesondert begründet wird. Stattdessen genügt es, dass - wie hier - in der Begründung des Gesamturteils ausgeführt wird, dass der Beamte sich den neu übernommenen Aufgaben mehr als gewachsen gezeigt habe, was sich in der Bewertung der Einzelleistungsmerkmale wiederfinde. Selbige Tätigkeit sei prägend für den weit überwiegenden Teil des Beurteilungszeitraums und sei deshalb prägend für die Einschätzung des Beigeladenen insgesamt gewesen. Seine Einzelleistungen in der vorliegenden Beurteilung würden sich daher im Sinne einer erheblichen Leistungssteigerung deutlich von der im Beurteilungsbeitrag vorgenommenen Einschätzung abheben. Soweit nach Ziffer 6.2. Abs. 6 der Beurteilungsrichtlinie "Dienstliche Beurteilung der Beschäftigten im unmittelbaren Landesdienst" bei der Vergabe der Rangstufen "A" und "E" sowie der an sie grenzenden Zwischenstufen das jeweilige Einzelleistungsmerkmal zu begründen ist und zwar nicht formelhaft, sondern unter Verwendung prägnanter Beispiele erfolgen soll, war eine solche Begründung nur für das mit der Zwischenstufe "A/B" bewertete Einzelleistungsmerkmal "Arbeitserfolg" erforderlich. Das Einzelleistungsmerkmal "Arbeitserfolg" ist entsprechend begründet worden, denn in der streitgegenständlichen Anlassbeurteilung des Beigeladenen heißt es.

"Herr D. bewältigt die vielfältigen und häufig ungeplant entstehenden Herausforderungen als kommissarische Behördenleitung mit stets gleich bleibendem hohem Erfolg mit Blick auf die Qualität der Arbeitsergebnisse der Gesamtbehörde. Besondere Belastungssituation vermag er mit besonnenen und strukturierten Vorgehen trotz des hierbei zweifellos entstehendem Stress herausragend zu lösen."

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren folgt die Entscheidung aus § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil er in beiden Instanzen keinen eigenen Antrag gestellt und sich insofern keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts und ergibt sich aus §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 GKG, bemisst sich also nach der Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).