Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 10.04.2024, Az.: 14 LA 51/23

Antrag der Trägerin eines Krankenhauses auf Verpflichtung, den Referenzwert als Grundlage von Ausgleichsleistungen aufgrund von gewährten Sonderbelastungen durch die Corona-Pandemie zu erhöhen

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
10.04.2024
Aktenzeichen
14 LA 51/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 13056
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0410.14LA51.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 08.03.2023 - AZ: 15 A 5111/20

Amtlicher Leitsatz

Anpassung des Referenzwertes als Grundlage von Ausgleichsleistungen, die Krankenhäusern aufgrund von Sonderbelastungen durch die Corona-Pandemie gewährt wurden.

Eine Anpassung des Referenzwertes für Ausgleichszahlungen nach § 21 Abs. 2 Satz 1 KHG vom 27. März 2020 ist mangels gesetzlicher Grundlage nicht möglich.

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 15. Kammer - vom 8. März 2023 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 550.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin,

die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zuzulassen,

hat keinen Erfolg.

I. Die Klägerin ist Trägerin eines Krankenhauses. Sie begehrt die Verpflichtung des Beklagten, den Referenzwert als Grundlage von Ausgleichsleistungen, die Krankenhäusern aufgrund von Sonderbelastungen durch die Corona-Pandemie gewährt wurden ("Freihaltepauschalen"), zu erhöhen.

Anlässlich der Covid-19-Pandemie beschloss der Bundestag am 27. März 2020 mit dem Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen (BGBl. I S. 580) in Art. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes unter anderem die Neufassung von § 21 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG -). Diese am 28. März 2020 in Kraft getretene Bestimmung regelt Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser aufgrund von Sonderbelastungen durch das Coronavirus SARS-CoV-2 für den Fall, dass zur Erhöhung der Bettenkapazitäten für die Versorgung von Patientinnen und Patienten, die mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind, planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe verschoben oder ausgesetzt wurden und dadurch Betten nicht so belegt werden konnten, wie es vor dem Auftreten der SARS-CoV-2-Pandemie geplant war ("Freihaltepauschalen"). Die Höhe der Ausgleichszahlungen wird dabei im Grundsatz dergestalt ermittelt, dass täglich, beginnend ab dem 16. März 2020, von der Zahl der im Jahresdurchschnitt 2019 pro Tag voll- oder teilstationär behandelten Patientinnen und Patienten (Referenzwert) die Zahl der am jeweiligen Tag stationär behandelten Patientinnen und Patienten abgezogen wird (§ 21 Abs. 2 KHG). Sofern das Ergebnis größer als Null ist, ist dieses mit der tagesbezogenen Pauschale nach Absatz 3 zu multiplizieren.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin abgewiesen und die Auffassung vertreten, eine Anpassung des Referenzwertes für Ausgleichszahlungen nach § 21 Abs. 2 Satz 1 KHG sei mangels gesetzlicher Grundlage nicht möglich.

II. Die Berufung gegen das angefochtene Urteil ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 VwGO nicht vorliegen bzw. nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt sind.

1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bestehen dann, wenn die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht, mithin signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht (Seibert, in: Sodann/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 106 m.w.N.). Die Darlegung besonderer rechtlicher Schwierigkeiten in der Zulassungsbegründung erfordert, dass sich der Rechtsmittelführer mit dem angegriffenen Urteil substanziell auseinandersetzt, dabei deutlich macht, in welchem konkreten rechtlichen oder tatsächlichen Punkt das Urteil zweifelhaft ist und dadurch erläutert, worin die besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache liegen (so Happ, in: Eyermann; VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 68; vgl. auch Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124a Rn. 49; Roth, in: BeckOK VwGO, Stand 1.1.2024, § 124a Rn. 75; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 209 f.). Besondere rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann nicht auf, wenn sich die in Rede stehende Rechtsfrage ohne weiteres unter Anlegung der klassischen Auslegungskriterien aus dem Gesetz lösen lässt oder sie in der Rechtsprechung der Obergerichte oder des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist (Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 32). Schließlich muss sich die schwierige Rechtsfrage im konkreten Fall auch entscheidungserheblich stellen, d.h. deren Klärung muss in einem Berufungsverfahren zu erwarten sein (Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 29, Rudisile, in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 44. EL März 2023, § 124 Rn. 28).

Ausgehend von dem vorstehend aufgezeigten Maßstab hat die Klägerin besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht aufgezeigt.

a) Dies gilt zunächst, soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, Fragestellungen, die den stationären Krankenhausbereich beträfen, wiesen grundsätzlich rechtliche Schwierigkeiten auf. Diese seien an den Verwaltungsgerichten bestimmten Kammern mit entsprechendem Wissen im Gesundheitsrecht anvertraut. Dem ist entgegenzuhalten, dass auch Rechtsprobleme aus dem Bereich des stationären Krankenhausrechts zum üblichen Spektrum der verwaltungsgerichtlichen Verfahren gehören. Keine Rechtsmaterie ist per se besonders schwierig. Die Klägerin hätte - auch insoweit - im Rahmen einer einzelfallbezogenen Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils die rechtlichen Schwierigkeiten vielmehr konkret bezeichnen und erläutern müssen, aus welchen Gründen sich diese in ihrer Bewertung von den durchschnittlichen Schwierigkeiten eines Verwaltungsrechtsstreits abheben. Dies ist nicht erfolgt.

b) Soweit die Klägerin meint, die Fragestellung nach der Referenzwertanpassung weise Probleme auf, die sich ohne ein umfassendes Gesamtwissen in den Krankenhausgesetzen nicht beantworten ließen, legt sie damit ebenfalls keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten dar. Sie führt bereits nicht aus, weshalb eine solches "umfassendes Gesamtwissens in den Krankenhausgesetzen" erforderlich sein soll. Dies ist auch nicht ersichtlich. Es geht hier konkret um Ausgleichszahlungen für die Freihaltung von Krankenhausbetten während der Corona-Pandemie und die Frage, ob von dem in § 21 Abs. 2 KHG geregelten Referenzwert (im Einzelfall) abgewichen werden kann. Dafür ist die Auslegung der insoweit maßgeblichen Regelungen nach den allgemeinen Auslegungsmethoden erforderlich. Die Auslegung von Gesetzen ist einer Vielzahl verwaltungsrechtlicher Verfahren immanent und stellt den Rechtsanwender grundsätzlich nicht vor besondere rechtliche Schwierigkeiten, was insbesondere für die bloße Anwendung der klassischen Methodenlehre gilt (vgl. OVG Berl.-Bbg., Beschl. v. 25.9.2023 - OVG 10 N 30/20 -, juris Rn. 23).

c) Auch aus dem Hinweis der Klägerin, dass sämtliche Fragen das Corona-Virus betreffend neuartig seien, ergibt sich keine besondere Schwierigkeit im rechtlichen Sinne. Zwar wird eine besondere Schwierigkeit im Rechtlichen vielfach bei neuartigen oder ausgefallenen Rechtsfragen anzunehmen sein (vgl. Kautz, in: Fehling/Kastner/Störmer, VwGO, § 124 Rn. 74 m.w.N.), allerdings ergibt sich aus der Neuartigkeit des Corona-Virus keineswegs, dass auch alle Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stellen, neuartig oder ausgefallen sind. Die Klägerin legt nicht dar, dass für die hier relevante Frage, ob der Referenzwert für die Berechnung der Freihaltepauschale im Einzelfall geändert werden kann, neuartige Rechtsfragen zu klären sind. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Die Frage ist - wie bereits unter b) ausgeführt - durch Auslegung der maßgeblichen Norm des § 21 KHG nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu klären.

d) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich auch aus dem Begründungsaufwand des Verwaltungsgerichts nicht das Vorliegen besonderer Schwierigkeiten. Das erstinstanzliche Urteil umfasst (ohne Rechtsmittelbelehrung) elf Seiten, wobei die Hälfte bereits auf den Tatbestand entfällt. Entscheidungsgründe im Umfang von fünfeinhalb Seiten sind auch vor dem Hintergrund, dass hier lediglich die Frage zu klären war, ob der Referenzwert im Einzelfall geändert werden kann, nicht überdurchschnittlich umfangreich und kein Indiz für einen besonderen Begründungsaufwand, insbesondere weil sich das Gericht auch mit den von der Klägerin vorgebrachten Argumenten jeweils auseinandersetzen musste.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen der von der Klägerin geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes ist die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Ist die aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage, so ist ihre Klärungsbedürftigkeit nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil sie bislang nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich entschieden ist. Nach der Zielsetzung des Zulassungsrechts ist vielmehr Voraussetzung, dass aus Gründen der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung geboten ist. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt deshalb, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage entweder schon auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsmethoden oder aber (ggf. ergänzend) auf der Basis bereits vorliegender Rechtsprechung ohne weiteres beantworten lässt (vgl. Senatsbeschl. v. 12.3.2024 - 14 LA 136/23 -, juris Rn. 15; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 127, 142 ff., 149 und 151 ff.).

In Anwendung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nicht vor.

Die Klägerin hat mit der Zulassungsbegründung als rechtsgrundsätzlich bedeutsam die Frage formuliert,

"ob die Antragstellerin einen Anspruch auf Anpassung des Referenzwertes im Rahmen der Ausgleichszahlungen gemäß § 21 Abs. KHG durch das Coronavirus SARS.CoV-2 haben"

Dazu führt sie aus, die Frage nach der Anpassung des Referenzwertes sei entscheidungserheblich, sie sei der "Dreh- und Angelpunkt" des Urteils des Verwaltungsgerichts gewesen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei dem Sinn und Zweck des § 21 Abs. 2 KHG ein ungeschriebener Ausnahmetatbestand für die Krankenhäuser zu entnehmen, bei denen die Behandlungstage des Jahres 2019 deutlich von der üblichen Belegung abwichen. Ansonsten erfolge für diese Krankenhäuser kein sachgerechter Ausgleich der finanziellen Belastungen durch die Corona-Pandemie.

Die Rechtsfrage sei auch klärungsbedürftig. Die Rechtsfrage sei noch nicht ober- und höchstrichterlich geklärt. Über das Bundesgebiet verteilt seien Klagen von Krankenhäusern rechtshängig, die dieselbe Problematik beträfen. Die Rechtsfrage habe zudem Auswirkungen über den Einzelfall hinaus in verallgemeinerungsfähiger Form. Die Antragstellerin habe ein weiteres Verfahren beim Verwaltungsgericht Braunschweig (Az.: 5 A 285/20) sowie zahlreiche Klagen in anderen Bundesländern bis zum Ausgang des hiesigen Verfahrens ruhend gestellt.

a) Die von der Klägerin formulierte Frage wird den Darlegungsanforderungen hinsichtlich des erforderlichen Allgemeininteresses an der Klärung der Rechtsfrage schon deswegen nicht gerecht, weil sie durch ihre Bezugnahme auf die Klägerin selbst ("ob die Antragstellerin") ersichtlich eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Frage enthält.

Selbst wenn man sich diese Bezugnahme auf den konkreten Fall der Klägerin wegdenkt, legt die Klägerin auch im Übrigen nicht hinreichend dar, dass die Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat. Die pauschalen Hinweise darauf, dass "über das Bundesgebiet verteilt [...] Klagen von Krankenhäusern rechtshängig seien, die dieselbe Problematik" beträfen bzw. auf "zahlreiche Klagen [der Antragstellerin] in anderen Bundesländern (u.a. in Hessen)" genügen dafür nicht. Dem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, wie viele Krankenhäuser tatsächlich betroffen sind. Die Klägerin hätte konkretere Angaben machen und zumindest die Zahl der von ihr anhängig gemachten Verfahren genauer beziffern müssen.

b) Die Rechtsfrage rechtfertigt die begehrte Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auch deshalb nicht, weil sie auslaufendes Recht betrifft, ohne dass eine Ausnahme, unter der in einem solchen Fall gleichwohl noch grundsätzlicher Klärungsbedarf anzunehmen ist, dargelegt ist.

Rechtsfragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, begründen regelmäßig keinen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf mehr, weil der Zweck der Grundsatzberufung, eine Rechtsfrage im Interesse der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts für die Zukunft richtungsweisend zu klären, in diesen Fällen grundsätzlich nicht mehr erreicht werden kann (Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2020, § 124a Rn. 38; Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 44. EL März 2023, § 124 Rn. 32, Roth, in: BeckOK VwGO Stand 1.7.2020, § 124 Rn. 61 m.w.N.). Soweit eine Rechtsfrage auslaufendes Recht betrifft, muss daher vorgetragen werden, dass eine höchstrichterliche Entscheidung gleichwohl für die Zukunft richtungweisend sein kann, weil entweder noch über eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem Recht zu entscheiden oder die Frage für das neue Recht weiterhin von Bedeutung ist (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 23.9.2015 - 2 B 73/14 -, juris Rn. 9 m.w.N. und OVG NRW, Beschl. v. 7. November 2023 - 1 A 1632/21 -, juris Rn. 42 m.w.N.; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 146).

Die hier in Rede stehenden Ausgleichszahlungen betreffen nur den Zeitraum vom 16. März 2020 bis zum 30. September 2020. Dieser Zeitraum ist mittlerweile abgelaufen. Auch die Nachfolgeregelungen (vgl. § 21 Abs. 1a, 1b, 2a, 2b KHG) betreffen mittlerweile ausgelaufene Zeiträume.

Dass hier einer der beiden angeführten Ausnahmen eingreift, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Wie bereits ausgeführt verweist die Klägerin lediglich pauschal darauf, dass "über das Bundesgebiet verteilt [...] Klagen von Krankenhäusern rechtshängig seien, die dieselbe Problematik" beträfen bzw. auf "zahlreiche Klagen [der Antragstellerin] in anderen Bundesländern (u.a. in Hessen)". Damit legt sie insbesondere nicht substantiiert dar, dass die Rechtsfrage für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft relevant werden wird.

c) Die von der Klägerin aufgeworfene Frage bedarf auch deswegen nicht der Klärung im Berufungsverfahren, da sie anhand der gängigen Auslegungsmethoden unmittelbar aus dem Gesetz zu lösen ist:

Bereits der Wortlaut des insoweit maßgeblichen § 21 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 KHG ist - wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - eindeutig. Als Referenzwert wird die Zahl der im Jahresdurchschnitt 2019 voll- oder teilstationär behandelten Patientinnen und Patienten festgelegt. Eine abweichende Bestimmung des Referenzwertes durch das Abstellen auf einen anderen Vergleichszeitraum wird in § 21 Abs. 2 KHG nicht eröffnet (vgl. mittlerweile auch VG Gera, Urt. v. 27.7.2023 - 3 K 1382/21 -, juris Rn. 35).

Auch aus § 21 Abs. 7 KHG ergibt sich - wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat - nichts anderes. Die Vorschrift hat in der hier maßgeblichen - bis zum 19. November 2020 geltenden - Fassung geregelt, dass die Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 KHG das Nähere zum Verfahren des Nachweises der Zahl der täglich voll- oder teilstationär behandelten Patientinnen und Patienten im Vergleich zum Referenzwert für die Ermittlung und Meldung nach Absatz 2 vereinbaren. Nach dem eindeutigen Wortlaut sind die Vertragsparteien also nur zu näheren Regelungen zum Verfahren der Erbringung der Nachweise ermächtigt worden. Ein abweichender Referenzwert ist jedoch keine Regelung des Nachweisverfahrens (vgl. auch VG Gera, Urt. v. 27.7.2023 - 3 K 1382/21 -, juris Rn. 36).

Die Regelung des § 21 Abs. 7 KHG ist auch nicht analog dahingehend auszuweiten, dass den Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 KHG zugleich die Möglichkeit der Veränderung des Vergleichszeitraumes und damit eine Veränderung des Verfahrens der Bestimmung des Referenzwertes eingeräumt wird. Die für ein solches Vorgehen erforderliche planwidrige Regelungslücke liegt - wie bereits vom Verwaltungsgericht zutreffend angenommen - nicht vor (vgl. auch VG Gera, Urt. v. 27.7.2023 - 3 K 1382/21 -, juris Rn. 38). Der Regelung des § 21 Abs. 2 KHG vom 27. März 2020 lag das Verständnis des Gesetzgebers zu Grunde, dass die Gegenüberstellung der durchschnittlichen Patientenzahlen des Jahres 2019 mit den geringeren aktuellen Patientenzahlen einen Indikator dafür bildet, in welchem Umfang Erlösausfälle durch die Verschiebung oder Aussetzung planbarer Operationen eingetreten sind (BT-Drs. 19/18112, S. 27). Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber es einfach übersehen haben könnte, dass der Vergleich mit den Belegungszahlen 2019 nicht in jedem Fall den tatsächlichen Ausfall wiedergibt. Bei der späteren Neuregelung mit dem Dritten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 war ihm diese Problematik angesichts der Empfehlung der Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2 in § 5 Abs. 3 der Ausgleichszahlungsvereinbarung vom 2. April 2020 zur Anpassung des Referenzwertes bekannt. Vor diesem Hintergrund stellte er klar (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht vom 16. November 2020 BT-Drs. 19/24334, S. 78):

"Durch die Änderung in Absatz 7 wird die Verpflichtung der Vertragsparteien auf Bundesebene zum Abschluss einer Vereinbarung über den Nachweis der freigehaltenen Bettenkapazitäten im Vergleich zu dem in Absatz 2 Satz 1 abschließend geregelten Referenzwert aktualisiert." [Hervorhebung nicht im Original]

Bei der in der Vereinbarung vom 2. April 2020 enthaltenen Empfehlung der Vertragsparteien nach § 17b Abs. 2, eine Anpassung des Referenzwertes vorzunehmen, handelt es sich im Übrigen auch nicht um eine Anpassung des Referenzwertes, sondern um eine allgemeine und rechtlich unverbindliche Empfehlung an die Landesbehörden.

Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt auch aus dem Sinn und Zweck der Ausgleichsregelung nichts anderes. Ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 24. März 2020 ist mit dem Gesetz bezweckt worden, Erlösausfälle sowie Defizite der Krankenhäuser zu vermeiden und die Liquidität der Krankenhäuser kurzfristig sicherzustellen. Die durch Verschiebung oder Aussetzung planbarer Aufnahmen, Eingriffe oder Operationen hervorgerufenen Einnahmeausfälle sollten durch einen Pauschalbetrag ausgeglichen werden. Der Pauschalbetrag richtet sich danach, wie stark die aktuelle Zahl der behandelten Patientinnen und Patienten von der Zahl der im Jahr 2019 behandelten abwich (BT-Drs. 19/18112, S. 1 f.). § 21 Abs. 2 KHG regelt dabei das Verfahren zur Bestimmung der Höhe der Ausgleichszahlungen. Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, ist das Verfahren ersichtlich darauf angelegt gewesen, in einem möglichst einfachen und unkomplizierten Verfahren die Höhe des Einnahmeausfalls festzustellen, um möglichst rasch eine Auszahlung herbeizuführen und so die negativen finanziellen Folgen für Krankenhäuser abzumildern. Es sollte aktuellen Liquiditätsengpassen entgegengewirkt werden. Abweichende Regelungen in zahlreichen Einzelfällen bzw. in bestimmten Fallgruppen hätten einen schnellen Geldfluss nicht sichergestellt (vgl. auch VG Gera, Urt. v. 27.7.2023 - 3 K 1382/21 -, juris Rn. 37).

Eine Anpassung des Referenzwertes lässt sich auch nicht über eine verfassungskonforme Auslegung erreichen. Die starre Referenzwertregelung ist mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG vereinbar. Wie bei Stichtagsregelungen sind auch hier die mit derartigen zeitlichen Anknüpfungen verbundenen Ungleichheiten hinzunehmen, wenn die Einführung eines Stichtages notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, sachlich vertretbar ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 11.05.2006 - 5 C 10/05 -, juris m.w.N.). Hier konnte nur mit einer einfachen Pauschalierung gewährleistet werden, dass ohne größeren Aufwand kurzfristig die Liquidität in den Krankenhäusern sichergestellt werden konnte. Eine trennscharfe Einzelfallprüfung sollte deshalb nicht erfolgen (vgl. auch VG Gera, Urt. v. 27.7.2023 - 3 K 1382/21 -, juris Rn. 45).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 und folgt der Streitwertfestsetzung der ersten Instanz.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).