Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.04.2024, Az.: 14 PA 58/24

Beschwerde gegen die Ablehung von Prozesskostenhilfe in einem Verfahren wegen eines Anspruchs auf Unterhaltsvorschuss bei einem Wechsel vom bisher alleinerziehenden Elternteil zum anderen Elternteil

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.04.2024
Aktenzeichen
14 PA 58/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 13389
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0415.14PA58.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 23.02.2024 - AZ: 3 A 151/22

Amtlicher Leitsatz

Zur Erfüllung des Anspruchs auf Unterhaltsvorschuss bei einem Wechsel vom bisher alleinerziehenden Elternteil zum anderen Elternteil.

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - Einzelrichterin der 3. Kammer - vom 23. Februar 2024 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Klägerin gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des erstinstanzlichen Klageverfahrens ist nicht begründet.

Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Aussicht auf Erfolg bedeutet bei einer an Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG orientierten Auslegung des Begriffs einerseits, dass Prozesskostenhilfe nicht erst dann bewilligt werden darf, wenn der Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung gewiss ist, andererseits aber auch, dass Prozesskostenhilfe zu versagen ist, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BVerfG, Beschl. v. 13.3.1990 - 2 BvR 94/88 -, juris Rn. 26).

Letzteres ist hier der Fall. Die Klage hat keine hinreichende Erfolgschance. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin für die Monate April und Mai 2021 keinen Anspruch auf die Zahlung von Unterhaltsvorschuss für ihre Tochter E. hat. Ihre (anspruchsberechtigte) Tochter hat für die Monate April und Mai 2021 den begehrten Unterhaltsvorschuss bereits erhalten.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Tochter der Klägerin erst mit der vor dem Amtsgericht B-Stadt am 10. Mai 2021 zwischen den Eltern getroffenen Vereinbarung in den Haushalt der Mutter gewechselt ist. Zuvor lebte die Tochter der Klägerin vereinbarungsgemäß bei ihrem alleinerziehenden Vater, der in dieser Zeit Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) bezogen hat. Dass die Tochter nach den Angaben der Klägerin bereits am 8. März 2021 zu ihr gezogen war, hat die häusliche Gemeinschaft mit dem Kindesvater dagegen nicht schon beendet. Dieser Aufenthalt entsprach nicht der Vereinbarung der Eltern, die die elterliche Sorge auch im Bereich des Aufenthaltsbestimmungsrechts gemeinsam ausübten und war auch nicht anderweitig - z.B. durch eine Anordnung des Jugendamtes - legitimiert. Bis zu einer neuen Vereinbarung der Eltern hätte die Tochter daher jederzeit zum Vater zurückgemusst, der Aufenthalt bei der Mutter war (noch) nicht auf Dauer angelegt (vgl. zur Dauerhaftigkeit auch Engel-Boland, in: Rolfs/Giesen/Meßling/Udsching, BeckOK Sozialrecht, 71. Edition, Stand: 1.12.2023, UVG, § 1 Rn. 11). Auch die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass bis zur Verhandlung vor dem Familiengericht unklar war, bei welchem Elternteil die Tochter zukünftig leben werde.

Dies zugrunde gelegt, hat der Beklagte die der Tochter der Klägerin für April und Mai 2021 zustehenden Unterhaltsvorschussleistungen mit Recht noch ihrem alleinerziehenden Vater überwiesen. Zwar lebte die Tochter ab dem 10. Mai 2021 bei der (ebenfalls alleinerziehenden) Klägerin. Gemäß § 9 Abs. 3 UVG ist der Unterhaltsvorschuss jedoch monatlich im Voraus zu zahlen, ist also bereits zum ersten eines Monats fällig. Zu diesen Zeitpunkten - insbesondere auch noch zum 1. Mai 2021 - lebte die Klägerin - wie ausgeführt - noch bei ihrem Vater, so dass ihr Anspruch durch Überweisung auf das von diesem benannte Konto zu erfüllen war. Eine weitere Überweisung nach dem Umzug der Klägerin am 10. Mai 2021 war nicht mehr zu veranlassen, da der Anspruch der Tochter für den gesamten Monat bereits erfüllt war. In diesem Sinne heißt es auch in Ziffer 9.7.2. der Richtlinien zur Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in der ab 1. Januar 2024 geltenden Fassung:

"Wechselt das Kind den Haushalt und zieht es von dem Haushalt des bisher alleinerziehenden Elternteils zum anderen Elternteil, ist der Bescheid aufzuheben und die Zahlung an den bisher alleinerziehenden Elternteil einzustellen. Auf Antrag des Elternteils, bei dem das Kind nunmehr lebt, ist eine neue Bewilligung zu prüfen.

Konnte der UV-Bewilligungsbescheid an den bisher alleinerziehenden Elternteil mangels rechtzeitiger Anzeige des Umzugs nicht aufgehoben und die Zahlung nicht eingestellt bzw. anteilig reduziert werden, erfolgt für den Umzugsmonat selbst keine Geltendmachung des Ersatzanspruchs (nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Absatz 4 ZVG) beim bisher alleinerziehenden Elternteil, wenn die Anspruchsvoraussetzungen nach dem Umzug bei dem anderen Elternteil vorliegen und ein Antrag gestellt ist. Das Kind kann für diesen Monat ab dem Zeitpunkt des Umzugs die UV-Leistungen nicht noch einmal verlangen, sein Anspruch ist mit der Zahlung zu Monatsbeginn erfüllt."

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 188 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO. Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).