Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.04.2018, Az.: 5 ME 21/18
Prüfung der Verletzung eines Bewerbungsverfahrensanspruchs im Rahmen einer Auswahlentscheidung; Ausschluss der Vergleichbarkeit einer Beurteilung von Richtern und Staatsanwälten aufgrund unterschiedlich langer Beurteilungszeiträume
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 11.04.2018
- Aktenzeichen
- 5 ME 21/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2018, 63571
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2018:0411.5ME21.18.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade - 25.01.2018 - AZ: 3 B 3398/17
Rechtsgrundlage
- Art. 33 Abs. 2 GG
Fundstellen
- DRiZ 2018, 394-395
- DRiZ 2019, 350-351
- DÖD 2018, 201-205
- NordÖR 2018, 358
- ZBR 2018, 388-390
Amtlicher Leitsatz
Unterschiedlich lange Beurteilungszeiträume bei der Beurteilung von Richtern und Staatsanwälten sind bedingt durch das niedersächsische Beurteilungssystem von Richtern und Staatsanwälten. Sie schließen die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen nicht aus, solange auf der Grundlage dieser Beurteilungen ein Qualifikationsvergleich nach Bestenauslegegrundsätzen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers möglich bleibt.
Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, wann die jeweiligen Enddaten der Beurteilungszeiträume so erheblich auseinanderliegen, dass die Beurteilungen nicht mehr vergleichbar sind.
Gründe
Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im tenorierten Sinne. Der Antragsgegner hat mit seiner Beschwerde hinreichend dargelegt, dass die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat, weil die zu ihren Lasten getroffene Auswahlentscheidung ihren aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch nicht verletzt (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Auswahlentscheidungen unterliegen als Akt wertender Erkenntnis lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 15.11.2010 - 5 ME 244/10 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 6.10.2011 - 5 ME 296/11 -, juris Rn. 3). Erweist sich anhand dieses Maßstabs die Auswahlentscheidung als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, erscheint eine Auswahl des jeweiligen Antragstellers also jedenfalls möglich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn. 11 ff.; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 - BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.9.2011 - 5 ME 234/11 -, juris Rn. 27), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. Dabei darf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010, a. a. O., Rn. 32). Das bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl vornehmen müssen.
Der zu beachtende rechtliche Rahmen ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 19). Dementsprechend darf die Bewerbung des Konkurrenten nur aus Gründen zurückgewiesen werden, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010, a. a. O., Rn. 21; Urteil vom 29.11.2012 - BVerwG 2 C 6.11 -, juris Rn. 10).
Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - BVerwG 2 C 16.02 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 20.6.2013, a. a. O., Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 10.10.2012 - 5 ME 235/12 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 14.11.2013 - 5 ME 228/13 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 23.5.2014 - 5 ME 61/14 -), weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auf den aktuellen Stand abzustellen ist. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013, a. a. O., Rn. 21). Ist aufgrund dieser aktuellen Beurteilungen von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen, ist für die Auswahlentscheidung (zunächst) auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 -, juris Rn. 22 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.5.2005 - 5 ME 57/05 -, juris Rn. 20), ehe die Heranziehung nicht leistungsbezogener Hilfskriterien in Betracht kommt. Sofern Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, hat der Dienstherr (als weiteres unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium) zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (Nds. OVG, Beschluss vom 21.12.2016 - 5 ME 151/16 -, juris Rn. 19). Sind die Bewerber auch nach der umfassenden inhaltlichen Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen ("ausschärfende Betrachtung") als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann die zuständige Behörde auf andere leistungsbezogene Gesichtspunkte abstellen.
Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf abgehoben, dass der für die Bewerberauswahl maßgebliche Leistungsvergleich anhand aktueller, inhaltlich aussagekräftiger dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen ist (BA, S. 6). Es hat weiterhin zutreffend herausgestellt, dass die Beurteilungszeiträume, die die Beurteilungen erfassen, so lang bemessen sein müssen, dass über jeden Bewerber verlässliche, auch langfristige Aussagen getroffen werden können (BA, S. 6). Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten Beurteilungen der Antragstellerin vom 17. Februar 2016 und vom 6. Juni 2017, der Beigeladenen zu 1. vom 29. April 2016 und vom 27. Dezember 2016 und der Beigeladenen zu 2. vom 23. Januar 2017 seien zwar hinreichend aktuell, aber aufgrund erheblich abweichender Beurteilungszeiträume und Erstellungszeitpunkte nicht miteinander vergleichbar (BA, S. 5 ff.), hält der beschwerdegerichtlichen Überprüfung jedoch nicht stand.
Die Anlassbeurteilung für die Beigeladene zu 2. umfasst zwar einen erheblich längeren Beurteilungszeitraum als die Anlassbeurteilungen für die Antragstellerin und für die Beigeladene zu 1. Die Beigeladene zu 2. wurde zuletzt für einen Zeitraum von ca. 13 Jahren und drei Monaten (Beurteilungszeitraum vom 9.9.2003 bis zum 23.1.2017) beurteilt. Der Antragsgegner legte seiner Auswahlentscheidung ausweislich seines Auswahlvermerks vom 11. August 2017 die Anlassbeurteilungen für die Antragstellerin vom 17. Februar 2016 (Beurteilungszeitraum vom 18.6.2014 bis zum 17.2.2016) und vom 6. Juni 2017 (Beurteilungszeitraum vom 18.2.2016 bis zum 6.6.2017) zugrunde, so dass er bei der Antragstellerin insgesamt einen Beurteilungszeitraum von ca. zwei Jahren und elf Monaten berücksichtigte. Er legte seiner Auswahlentscheidung die dienstlichen Beurteilungen der Beigeladenen zu 1. für einen Zeitraum von insgesamt ca. drei Jahren und sechs Monaten, nämlich die Anlassbeurteilungen vom 29. April 2016 (Beurteilungszeitraum vom 1.7.2013 bis zum 29.4.2016) und vom 27. Dezember 2016 (Beurteilungszeitraum vom 30.4.2016 bis zum 27.12.2016), zugrunde. Die Beurteilungen der Antragstellerin und der beiden Beigeladenen sind indes trotz der unterschiedlichen Länge der Beurteilungszeiträume vergleichbar.
Eine höchstmögliche Vergleichbarkeit von dienstlichen Beurteilungen aller Bewerber in einem Auswahlverfahren ist dann gegeben, wenn die zugrundeliegenden Beurteilungszeiträume gleich lang sind und zu einem gemeinsamen Stichtag enden. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist aber hinreichend geklärt, dass unterschiedlich lange Beurteilungszeiträume die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen nicht ausschließen, solange im Einzelfall auf der Grundlage dieser Beurteilungen ein Qualifikationsvergleich nach Bestenauslesegrundsätzen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers möglich bleibt (vgl. VGH Ba.-Wü., Beschluss vom 12.8.2015 - 4 S 1405/15 -, juris Rn. 8; Hamb. OVG, Beschluss vom 25.4.2008 - 1 Bs 52/08, 1 So 51/08 -, juris Rn. 4; Hess. VGH, Beschluss vom 2.10.2014 - 1 B 774/14 -, juris Rn. 23 und Beschluss vom 30. April 2012 - 1 B 679/12 -, juris Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 30.10.2015 - 6 B 865/15 -, juris Rn 6 f.; Beschluss vom 27.2.2012 - 6 B 181/12 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 22.9.2011 - 6 A 1284/11 -, juris Rn. 20; a. A. Thür. OVG, Beschluss vom 15.4.2014 - 2 EO 641/12 -, juris Rn. 27).
Vorliegend sind die Unterschiede in den Beurteilungszeiträumen durch das niedersächsische System der dienstlichen Beurteilungen von Richtern und Staatsanwälten bedingt. Die Beurteilungen der Antragstellerin und der beiden Beigeladenen erfolgten jeweils auf der Grundlage der AV "Dienstliche Beurteilung der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte" (AV des MJ vom 4.2.2015, Nds. Rpfl. S. 77). Die AV sieht ein kombiniertes System aus Regel- und Anlassbeurteilungen vor. Nach Abschnitt 5 Nr. 1. A) aa) der AV werden Regelbeurteilungen nicht zu für alle Beschäftigten einheitlich festgelegten Stichtagen gefertigt, sondern nach Ablauf von drei und sechs Jahren nach der Ernennung auf Lebenszeit und sodann alle fünf Jahre bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres. Liegt bei Erreichen des 45. Lebensjahres die letzte Beurteilung mehr als drei Jahre zurück oder liegt noch keine Beurteilung vor, sind die Richter und Staatsanwälte auch dann zu beurteilen. Richter und Staatsanwälte haben nach Abschnitt 5 Nr. 1. b) ff) der AV die Möglichkeit, nach Vollendung des 45. Lebensjahres ihre Beurteilung zu beantragen, sofern die letzte Beurteilung mindestens fünf Jahre zurückliegt. In der Folge dieses Beurteilungssystems ergeben sich zwangsläufig unterschiedliche Beurteilungszeiträume. Von der Einführung eines Regelbeurteilungssystems zu festen Stichtagen hat der Antragsgegner angesichts des damit verbundenen erheblichen Arbeitsaufwandes in Zusammenschau mit der Stellenpyramide im Richter- und Staatsanwaltsdienst, d. h. der geringen Beförderungsmöglichkeiten für Richter und Staatsanwälte, rechtsfehlerfrei absehen dürfen.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den für das vorliegende Auswahlverfahren erstellten dienstlichen Beurteilungen nicht um Regelbeurteilungen, die regelmäßig zu gemeinsamen Stichtagen oder - wie für Richter und Staatsanwälte - in festgelegten Zeiträumen erstellt werden, sondern um Anlassbeurteilungen handelt. Nach Abschnitt 5 Nr. 1. b) dd) der AV ist im Falle der Bewerbung um eine Planstelle grundsätzlich eine Anlassbeurteilung zu erstellen, es sei denn, die letzte aus Anlass der Bewerbung um eine gleichartige Planstelle erstellte Beurteilung liegt im Zeitpunkt des Ablaufs der Bewerbungsfrist weniger als ein Jahr zurück und der Leistungsstand ist seitdem unverändert. Aufgrund ihrer Bewerbungen um die Planstelle einer Hauptabteilungsleiterin bei der Staatsanwaltschaft F. sind für die Antragstellerin und die Beigeladenen entsprechend der AV jeweils Anlassbeurteilungen erstellt worden.
Bei Anlassbeurteilungen stellt sich die Frage, ob sich die Beurteilungszeiträume decken oder in erheblicher Weise divergieren, in anderer Weise als bei Regelbeurteilungen (vgl. dazu auch Nds. OVG, Beschluss vom 1.2.2018 - 5 ME 231/17 -). Regelbeurteilungen sollen Aussagen über die Leistung der Beurteilten nicht nur punktuell, sondern in ihrer gesamten zeitlichen Entwicklung und unabhängig von einer konkreten Personalentscheidung erfassen (BVerwG, Urteil vom 18.7.2001 - BVerwG 2 C 41.00 -, juris Rn. 15 f.). Eine Regelbeurteilung hat sich grundsätzlich zu Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung des Beurteilten während des gesamten Beurteilungszeitraums umfassend zu äußern und mit einem Gesamturteil abzuschließen. Um das in der Regelbeurteilung zu zeichnende Bild hinsichtlich der Vergleichbarkeit der zum gleichen Zeitpunkt beurteilten Beamten zu gewährleisten, muss soweit wie möglich gleichmäßig verfahren werden. Anlassbeurteilungen kommt hingegen die Aufgabe zu, bei einem Fehlen vergleichbarer periodischer (Regel)Beurteilungen eine am Leistungsgrundsatz orientierte Auswahlentscheidung zu ermöglichen, indem sie einen aktuellen Leistungsvergleich herstellen und Aussagen zur Eignung der einzelnen Bewerber bezogen auf das angestrebte Amt treffen. Ihnen liegen im Unterschied zu Regelbeurteilungen regelmäßig keine einheitlichen Beurteilungszeiträume zugrunde. Dies begründet für sich genommen noch keine Fehlerhaftigkeit der Anlassbeurteilungen, solange auf der Grundlage der Beurteilungen ein Qualifikationsvergleich nach den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG ohne eine ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers möglich ist. Denn Erkenntnisse, die einen länger zurückliegenden Zeitraum betreffen, sind für die aktuelle Auswahlentscheidung in der Regel von geringerem Gewicht. Für die streitige Bewerberauswahl ist der aktuelle Leistungsstand ausschlaggebend (Hess. VGH, Beschluss vom 30. April 2012, a. a. O., Rn. 3). Die auf der Grundlage dienstlicher Anlassbeurteilungen durchzuführende "Klärung einer Wettbewerbssituation" setzt deshalb voraus, dass sich der jeweils maßgebliche Beurteilungszeitraum der Beurteilung selbst eindeutig entnehmen lässt, dieser Beurteilungszeitraum aufgrund nachvollziehbarer Kriterien willkürfrei festgelegt worden ist und - wie oben dargelegt - der Beurteilungszeitraum so lang bemessen sein muss, dass über den einzelnen Bewerber verlässliche, auch langfristige Aussagen getroffen werden können. Daran bestehen vorliegend keine Zweifel.
In den Anlassbeurteilungen der Antragstellerin und der beiden Beigeladenen ist jeweils unter Punkt 9 der konkrete Beurteilungszeitraum aufgeführt. Die jeweiligen Beurteilungszeiträume sind auch nicht willkürlich bemessen. Beginn des Beurteilungszeitraums ist jeweils der Tag nach der letzten Beurteilung, so dass - wie erforderlich - eine lückenlose Beurteilung der Antragstellerin und der beiden Beigeladenen gewährleistet ist. Es bestehen auch keine Bedenken gegen das jeweilige Ende des Beurteilungszeitraums. Dass ein Beurteilungszeitraum von über 13 Jahren ausreichend lang bemessen ist, um über die Beigeladene zu 2. eine verlässliche langfristige Aussage treffen zu können, liegt auf der Hand. Aber auch im Falle der Antragstellerin sind die Beurteilungszeiträume von einem Jahr und acht Monaten (Beurteilung vom 17.2.2016 für den Zeitraum vom 18.6.2014 bis zum 17.2.2016) und von einem Jahr und drei Monaten (Beurteilung vom 6.6.2017 für den Zeitraum vom 18.2.2016 bis zum 6.6.2017) jeweils ausreichend lang, um die Leistungen der Antragstellerin beurteilen zu können. Gleiches gilt für die Beurteilungszeiträume die Beigeladene zu 1. betreffend, die zwei Jahre und zehn Monate (Beurteilung vom 29.4.2016 für den Zeitraum vom 1.7.2013 bis zum 29.4.2016) und acht Monate (Beurteilung vom 27.12.2016 für den Zeitraum vom 30.4.2016 bis zum 27.12.2016) umfassen, wobei das Gesamturteil und die Bewertung der Einzelmerkmale in beiden Anlassbeurteilungen übereinstimmen.
Soweit das Verwaltungsgericht die Auffassung vertreten hat, die aktuellen Beurteilungen und der darin bewertete Leistungs- und Eignungsstand der Antragstellerin und der beiden Beigeladenen seien auch deswegen nicht ausreichend vergleichbar, weil die Zeitpunkte, zu denen die Beurteilungen jeweils erstellt worden seien, erheblich - nämlich mehrere Monate - voneinander abwichen (BA, S. 7), folgt der Senat ihm nicht.
Ist - wie oben dargestellt - für die streitige Bewerberauswahl der aktuelle Leistungsstand ausschlaggebend, ist für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen von Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum nicht zu erheblich auseinanderfallenden Zeitpunkten endet. Identische Enddaten der Beurteilungszeiträume sind allerdings nicht in jedem Fall zu fordern. Vielmehr hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ab wann so erheblich voneinander abweichende Endzeitpunkte der Beurteilungen vorliegen, dass die Vergleichbarkeit dieser Beurteilungen zu verneinen ist. Entscheidend ist beispielsweise, ob Regel- und/oder Anlassbeurteilungen verglichen und zu welchen Stichtagen oder in welchen Zeiträumen regelmäßig Beurteilungen erstellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Vergleichbarkeit einer Regelbeurteilung mit einer Anlassbeurteilung in einem Fall verneint, in dem zwischen dem jeweiligen Ende der Beurteilungszeiträume eine Zeitspanne von annähernd acht Monaten und damit einem Drittel des regelmäßigen Beurteilungszeitraums von 24 Monaten lag (BVerwG, Beschluss vom 12.4.2013 - 1 WDS-VR 1.13 -, juris Rn. 37 ff.). Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung hat der beschließende Senat in einem Fall, in dem es um die zeitliche Vergleichbarkeit von Regel- und Anlassbeurteilungen ging, festgestellt, nicht vergleichbare Beurteilungen seien erst dann gegeben, wenn die jeweiligen Enddaten der Beurteilungszeiträume um mehr als ein Jahr auseinanderlägen und von einem dreijährigem Regelbeurteilungszeitraum auszugehen sei (Nds. OVG, Beschluss vom 18.2.2016 - 5 ME 2/16 -, juris Rn. 22 f.). Auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen, bei denen die Beurteilungszeiträume zu mehr als einem Jahr auseinanderliegenden Zeitpunkten endeten und die einen Aufgabenzuwachs nicht mehr abbildeten, verneint (OVG NRW, Beschluss vom 1.10.2015 - 6 B 1027/15 -, juris Rn. 7).
Die Antragstellerin ist zuletzt am 6. Juni 2017, die Beigeladene zu 1. am 27. Dezember 2016 und die Beigeladene zu 2. am 23. Januar 2017 jeweils anlassbezogen beurteilt worden. Zwischen den Beurteilungen der beiden Beigeladenen liegen nur annähernd vier Wochen, die den Feiertagen zu Weihnachten und dem Jahreswechsel geschuldet sein mögen. Die Antragstellerin ist zwar fünf Monate und neun Tage später als die Beigeladene zu 1. bzw. vier Monate und 14 Tage später als die Beigeladene zu 2. beurteilt worden. Diese zeitliche Divergenz ist indes geringer als in den vom beschließenden Senat und vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen. Allerdings sind im vorliegenden Fall nicht Regel- und Anlassbeurteilungen verglichen worden, sondern Anlassbeurteilungen der Bewerberinnen. Aber auch beim Vergleich von Anlassbeurteilungen ist zu berücksichtigen, dass sie gerade nicht (wie teilweise Regelbeurteilungen) zu festgelegten gemeinsamen Stichtagen erstellt werden. Im vorliegenden Einzelfall sind die Anlassbeurteilungen zudem von unterschiedlichen Dienstvorgesetzten erstellt worden, denn während die Beigeladene zu 1. aufgrund ihrer Abordnung durch die damalige Staatssekretärin N. beurteilt wurde, wurde die Antragstellerin von der Leitenden Oberstaatsanwältin O. (Staatsanwaltschaft H.) und die Beigeladene zu 2 von dem Leitenden Oberstaatsanwalt P. (Staatsanwaltschaft F.) beurteilt. Darüber hinaus hatten sich die Antragstellerin und die Beigeladene zu 1. - im Gegensatz zur Beigeladenen zu 2. - auf die erstmalige Stellenausschreibung hin innerhalb der Bewerbungsfrist beworben, waren zeitnah beurteilt worden und wurden nach Abbruch des ersten Verfahrens und Neuausschreibung der Stellen erneut beurteilt, um auf aktuellere Beurteilungen bei der erneuten Auswahlentscheidung zurückgreifen zu können. Angesichts dessen ist trotz der Divergenz der Endzeitpunkte der Beurteilungszeiträume noch von einer Vergleichbarkeit der streitgegenständlichen Anlassbeurteilungen auszugehen. Im Übrigen besteht im vorliegenden Fall die Besonderheit, dass für die im behördlichen Auswahlverfahren unterlegene Antragstellerin die aktuellste Beurteilung erstellt wurde, so dass eine Schlechterstellung der Antragstellerin im Auswahlverfahren nicht offenkundig ist.