Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 10.04.2024, Az.: 12 MS 86/23

Betrieb eines Windparks und Schutz von Fledermäusen; Nachträgliche Abschaltanordnungen zum Fledermausschutz

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
10.04.2024
Aktenzeichen
12 MS 86/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 25292
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0410.12MS86.23.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Nachträgliche Abschaltanordnungen zum Fledermausschutz lassen sich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 3 Abs. 2 BNatSchG stützen.

  2. 2.

    Der geringere Erkenntnisgewinn (nur) bodengebundener Untersuchungen rechtfertigt es nicht, ein Gondelmonitoring als Voraussetzung behördlichen Einschreitens auf naturschutzrechtlicher Grundlage zu betrachten. Bodengebundener Untersuchungen für ein Repowering, die sich am Maßstab des niedersächsischen Artenschutzleitfadens orientiert haben, genügen vielmehr regelmäßig als Erkenntnisgrundlage.

  3. 3.

    Die Bezugnahme auf den Artenschutzleitfaden zur Begründung einer Abschaltanordnung ersetzt nicht die u. a. nach Nr. 5.2.2 Satz 2 dieses Leitfadens erforderliche und im Einzelfall art- und standortspezifisch vorzunehmende fachliche Beurteilung, ob das Tötungsrisiko für Exemplare einer WEA-empfindlichen Fledermausart aufgrund naturräumlicher Gegebenheiten tatsächlich so erhöht ist, dass Abschaltungen selbst bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 6 m/s bzw. (im beginnenden Spätherbst) auch noch nach Mitternacht erforderlich sind.

  4. 4.

    Soweit keine Gefahr im Verzuge liegt, darf sich die einschreitende Behörde regelmäßig nicht mit der Auswertung einer standortbezogenen fachgutachterlichen Sekundärquelle begnügen, ohne zuvor zumindest den Versuch kurzfristiger Erlangung und Auswertung der standortbezogenen fachgutachterlichen Primärquelle unternommen zu haben. Sie hat es dann in Auseinandersetzung mit dieser Primärquelle naturschutzfachlich besonders zu rechtfertigen, wenn sie von darin enthaltenen Abschaltempfehlungen zulasten des Betreibers abweichen möchte.

Tenor:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 28. Juli 2023 wird wiederhergestellt, soweit durch den Bescheid des Antragsgegners vom 17. Mai 2023 ein Betrieb der WEA 5 bis 7 und 9 bis 12 des Windparks "D.-Stadt" untersagt wurde:

  • im Juli bei Windstärken von mehr als 6 m/s

  • in der Zeit vom 1. bis zum 20. Oktober

    • bei Windstärken von mehr als 7 m/s

    • nach Mitternacht bis zum Sonnenaufgang

  • in der Zeit vom 21. bis zum 31. Oktober;

    sie wird angeordnet, soweit für entsprechende Zuwiderhandlungen ein Zwangsgeld angedroht ist.

    Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

    Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.074.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin betreibt den "Windpark D.-Stadt" mit zwölf aus der nachfolgenden Abbildung ersichtlichen Windenergieanlagen (WEA) in E.-Stadt (vgl. S. 1248, 1277, 29 ff. [31], 864 ff. [866] der elektronischen Beiakte 1, Teil a - "Verfahrensakte des FD 6" - im Folgenden zitiert als eBA 1a).

Sie begehrt vorläufigen Rechtschutz gegen die sofortige Vollziehung einer Anordnung des Antragsgegners vom 17. Mai 2023 (Bl. 97 ff. der Gerichtsakte - GA -), durch die der als "Aa" bezeichneten Betreiberin dieses Windparks zum Schutz von Fledermäusen aufgegeben wurde, die zwölf WEA jährlich von Mai bis einschließlich Oktober unter bestimmten Voraussetzungen von Sonnenunter- bis -aufgang abzuschalten.

Mit einem immissionsschutzrechtlichen Bescheid vom 22. Oktober 2002 (Bl. 14 ff. GA = S. 1138 ff. eBA 1a) - geändert durch einen (hier unerheblichen) Bescheid vom 2. Februar 2004 (S. 1180 f. eBA 1a) - genehmigte der Antragsgegner der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin, der F., die Errichtung und den Betrieb der zwölf WEA mit einer Nabenhöhe von 114,5 m und einem Rotordurchmesser von 70 m (Gesamthöhe rund 150 m) im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. ... "Windpark D. -Stadt" (vgl., S. 179 eBA 1b] = S. 277, eBA 1a]; S. 1114 f. eBA 1a) der Gemeinde E.-Stadt. Der Genehmigungsbescheid enthielt keine Nebenbestimmungen zum Fledermausschutz.

Zu den in ihm zu II. aufgeführten, zugrundeliegenden Antragsunterlagen zählten u. a. die unter dem 4. März 2002 verfasste Begründung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans (eBA 1b], S. 1 ff. = S. 35 ff. eBA 1a), ein Landesökologischer Fachbeitrag vom 19. Oktober 1998 zu der 27. Flächennutzungsplan-Änderung der Gemeinde E. -Stadt (S. 120 ff. eBA 1 b] = S. 213 ff. eBA 1a) sowie Angaben zur UVP-Vorprüfung (S. 768 ff. eBA 1a = S. 1056 ff. eBA 1a). Alle drei vorgenannten Antragsunterlagen enthielten keine Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf Fledermäuse (vgl. S. 9 f., unter 6.1.1.2, insbes. S. 10, unter 6.1.1.2, eBA 1b]; S. 157, 144, 123 ff., 129 ff. eBA 1b] sowie S. 769, unter 2.2, eBA 1a]). Sprachlich erfasst wurden solche Auswirkungen allenfalls von der Aussage unter 6.1.1.2 der Begründung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans, in der es heißt: "Weitere Tiergruppen werden durch den Betrieb von Windparks i. d. R. nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt".

Der Genehmigungsbescheid vom 22. Oktober 2002 erging in einem Verfahren (vgl. den Bearbeitungsplan, S. 1065 f. eBA 1a) mit Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. S. 1062, 1118 ff. eBA 1a), aber - nach Vorprüfung der Umweltverträglichkeit (vgl. S. 13, Mitte, Bl. 19 [Rückseite] GA) - ohne Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Fachdienst Umwelt, Abt. 7.3, Natur- und Bodenschutz, des Antragsgegners nahm unter dem 19. August 2002 zu dem Vorhaben Stellung (S. 1106 f.). Zu etwaigen Auswirkungen des Vorhabens auf Fledermäuse findet sich auch in dieser Stellungnahme nichts.

Derzeit plant der Mutterkonzern der Antragstellerin (vgl. S. 202 der Verwaltungsakte des Fachdienstes 7[Umwelt].2[Naturschutz und Wald] = eBA 1c) ein Repowering der zwölf bestehenden WEA durch die Errichtung von neun neuen WEA (vgl. S. 104 eBA 1c) des Typs Enercon E-160 EP5 E3 mit einer Nabenhöhe von 166,7 m, 160 m Rotordurchmesser und 246,7 m Gesamthöhe (vgl. S. 94 eBA 1c). Hierzu soll ein Bebauungsplan Nr. 78 "Windpark D.-Stadt - Repowering" der Gemeinde E. aufgestellt werden.

Der Antragsgegner erhielt im Rahmen seiner frühzeitigen Beteiligung an diesem Planaufstellungsverfahren der Gemeinde (vgl. S. 197 eBA 1c) u. a. den Vorababzug eines Artenschutzrechtlichen Fachbeitrags der G. - Umweltplanung und Beratung - mit Stand vom 6. Februar 2023 (S. 149 ff. eBA 1 c). Dieser Beitrag beschäftigt sich unter 4.3.2.1 (S. 26 ff. = S. 177 ff. eBA 1 c) auch mit verschiedenen Fledermäusen als geschützten Säugetierarten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie.

Der Fachbeitrag stellt insoweit die Ergebnisse von nächtlichen Detektorkartierungen und Batcorder-Erfassungen sowie von Dauermonitoring-Untersuchungen dar, die dem Bericht "Fledermaus-Untersuchungen im Bereich des geplanten Windparks "E. -Stadt", Landkreis H. -Stadt" der I. - mit Stand vom 14. September 2022 entnommen sind (Anlage 3 zu der Antragsschrift der Antragstellerin - Anl. 3). Dieses Gutachten wurde ebenfalls für das Repoweringprojekt erstellt (vgl. S. 1 Anl. 3). Es lag in dem Verwaltungsverfahren, das mit dem Erlass des hier umstrittenen Bescheides vom 17. Mai 2023 endete, nicht vor und enthält neben einer artspezifischen Betrachtung der im Untersuchungsgebiet nachgewiesenen WEA-empfindlichen Fledermausarten (S. 74 ff. Anl. 3) unter 4.6.2 (S. 88 ff. Anl. 3) im Einzelnen begründete Empfehlungen über nächtliche Abschaltzeiten für die im Rahmen des Repoweringprojekts geplanten neun WEA. Diese Empfehlungen differenzieren in der aus der nachfolgenden Abbildung (S. 89, Abb. 48, Anl. 3) ersichtlichen Weise zwischen zwei verschiedenen Gruppen der geplanten WEA des Repowering-Projekts, und zwar in Abhängigkeit von deren Standorten im Süden bzw. im Norden der Konzentrationszone des Flächennutzungsplans der Gemeinde E. -Stadt.

Für die fünf nördlichen WEA-Standorte des Repowering-Projekts wurde - soweit es die Anknüpfung an Windgeschwindigkeiten anbetrifft - die folgende Abschaltempfehlung Nr. 1 ausgesprochen:

  • - 1. Apr. bis 31. Mai: von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bis 7,0m/s

  • - 1. Juni bis 31. Juli: von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bis 6,0m/s

  • - 1. Aug. bis 30. Sep.: von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bis 7,5m/s

  • - 1. Okt. bis 20. Okt.: von Sonnenuntergang bis 0:00 Uhr nachts bis 7,0m/s

Die Erklärung für die unterschiedlich gewählten sogenannten "cut-in-Windgeschwindigkeiten" der vorgeschlagenen Abschaltungen lautete wie folgt.

"Durch zahlreiche Gondelmonitoring-Erhebungen, dabei öffentlich zugänglicher Fachgutachten sowie wissenschaftlicher Publikationen und auch zahlreichen eigens durchgeführten Gondelmonitoringuntersuchungen ist ersichtlich geworden, dass die Aktivitäten von Rauhautfledermäusen bei 7,0 m/s erheblich abnehmen. In dieser Aussage ist der zu bewertende Naturraum berücksichtigt. In Küstenlagen oder anderen Naturräumen können auch höhere Windgeschwindigkeiten noch mit höheren Aktivitäten von Rauhautfledermäusen dokumentiert werden.

Die 7 m/s werden bei Gondelmonitoringuntersuchungen mit dem ProBat-Tool mit einer Berechnungsgrundlage von 1.0 Schlagopfer/Jahr/WEA in diesem Naturraum nur selten überschritten.

Daher wird aus fachlicher Sicht für den hier zu untersuchenden Naturraum die cut-in-Windgeschwindigkeit von 7 m/s als wirksam angesehen, um mögliche Konflikte hinsichtlich des Schlagopferrisikos ausschließen zu können.

Für die 6 m/s gilt diese Aussage ebenfalls. Hierbei ist Hintergrund, dass die Rauhaut-fledermaus, welche nach derzeitigem Kenntnisstand vor allem bei höheren Windgeschwindigkeiten noch aktiv ist[,] in den Zeiträumen, in denen eine Abschaltung bis 6 m/s vorgeschlagen sind, im Gebiet höchstens sporadisch anwesend ist.

Der Große Abendsegler wird ebenfalls bei Windgeschwindigkeiten > 6m/s noch registriert. Die Aktivitäten dieser Art ist aber in den Zeiträumen, in denen eine Abschaltung bis 6 m/s empfohlen wird[,] mit geringen Aktivitäten vertreten.

Bei allen anderen Fledermausarten, die gegenüber Windkraft sensibel sind, sinkt das Schlagopferrisiko bis 6 m/s erheblich."

Aus dem Fachbeitrag, der das soeben teilweise zitierte Gutachten auswertete, geht unter anderem Folgendes hervor (wobei die in kursiver Schrift gehaltenen Feststellungen, solche sind, die sich der Antragsgegner später ausdrücklich zu eigen gemacht hat): Im Zuge von Detektorbegehungen aus 2020/2021 im Umfeld der geplanten WEA-Standorte - und damit auch im Umfeld der vorhandenen zwölf WEA - seien an 16 Terminen insgesamt 776 Fledermauskontakte (akustisch und/oder optisch) in 662 Aufnahmen erfasst worden, und zwar mit einer Artendiversität von mindestens zehn Arten (vgl. S. 177 f., Abb. 3 und 4 eBA 1c). Außerdem seien in insgesamt 16 Erfassungsnächten jeweils sechs Batcorder (an Standorten innerhalb und am Rande der Konzentrationszone für Windenergie des Flächennutzungsplans - vgl. S. 177, Abb. 3, eBA 1c) zum Einsatz gekommen. Diese Batcorder hätten über alle Standorte und die drei saisonalen Phasen insgesamt 12.824 Kontakte aufgezeichnet, von denen 40,56% auf die Zwergfledermaus, 39,11% auf den Großen und 9,19% auf den Kleinen Abendsegler entfallen seien (S. 179 eBA 1c). Schließlich habe an zwei Standorten (vgl. S. 177 f., Abb. 3 und 4, eBA 1c) vom 4. August 2020 bis zum 15. September 2021 ein Dauermonitoring mit "Waldboxen" stattgefunden, das für den gesamten Untersuchungszeitraum 2.830 bzw. 3.048 Fledermauskontakte erfasst habe. Durch diese verschiedenen Untersuchungen hätten sich im Untersuchungsgebiet an kollisionsgefährdeten Arten die Zwergfledermaus, der Großer Abendsegler, die Rauhautfledermaus, die Breitflügelfledermaus und der Kleine Abendsegler nachweisen lassen (vgl. S. 180, Tab. 9, eBA 1c). Durch das Dauermonitoring, die Standortmessungen und die Detektorkartierungen hätten zudem Anzeichen für durchschnittlich intensive Wanderungsbewegungen der langstreckenziehenden Art Rauhautfledermaus festgestellt werden können. Für den Großen Abendsegler und die Zwergfledermaus seien mit Beginn der Wochenstubenauflösung Juli/Anfang August höhere Kontaktdichten[,] als in den anderen Zeiträumen[,] zu dokumentieren gewesen, was darauf hinweise, dass im Umfeld des Untersuchungsgebietes Wochenstuben vorhanden seien. Es hätten sich auch Funktionsräume (vgl. S. 180, Abb. 9, eBA 1c) für Fledermäuse ermitteln lassen. Es sei davon auszugehen, dass in mehreren der im Norden und Süden gelegenen Gehöfte bzw. Gebäude die gebäudebewohnenden Fledermausarten Zwergfledermaus und Breitflügelfledermaus zu lokalisieren seien. Im Rahmen der Baumhöhlenkartierung im Januar 2023 seien entlang der Transferstrecken Gehölze mit Eignung als Quartier für Fledermäuse festgestellt worden. Es befinde sich zudem ein Jagdgebiet besonderer Bedeutung im Süden der Vorhabenfläche im Bereich der Baumreihen, den davon eingeschlossenen Ackerschlägen und an den angrenzenden, kleinen Waldparzellen. Vor allem die Zwergfledermaus, der Große und Kleine Abendsegler sowie die Breitflügelfledermaus seien hier regelmäßig jagend angetroffen worden. Aber auch für die anderen Fledermausarten stelle dieser Bereich ein besonderes Jagdhabitat in der ansonsten weitgehend ausgeräumten Kulturlandschaft dar. In diesem Bereich seien im Rahmen der Baumhöhlenkartierung ebenfalls Gehölze mit Eignung als Quartier für Fledermäuse festgestellt worden.

Am 9. Mai 2023 bewertete der Fachdienst 7.2 ("Umwelt, Naturschutz und Wald") des Antragsgegners in einem Vermerk (S. 197 f. eBA 1 c) den Inhalt des Vorababzugs des Artenschutzrechtlichen Fachbeitrags vom 6. Februar 2023 wie folgt: Der Fachbeitrag lasse darauf schließen, dass durch den Betrieb des vorhandenen (Bestands-) Windparks D.-Stadt gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoßen werde. Hierbei stellte der Fachdienst maßgeblich auf die vorstehend kursiv wiedergegebenen Feststellungen aus dem Fachbeitrag ab. Dieser belege im Rahmen der bodengebundenen Untersuchungen eine teilweise hohe Aktivität von schlaggefährdeten Fledermausarten. Vor dem Hintergrund, dass der Windpark in 2002 im Rahmen der damals gängigen Praxis ohne Auflagen zum Schutz der Fledermäuse (Abschaltalgorithmen) genehmigt worden sei, sei auf der Grundlage des aktuellen Wissenstandes ein Verstoß gegen das Tötungsverbot als gegeben anzusehen und unter bestimmten Bedingungen eine Abschaltung der zwölf vorhandenen WEA erforderlich.

Ohne vorherige Anhörung der Antragstellerin erließ der Antragsgegner sodann die umstrittene Abschaltanordnung vom 17. Mai 2023 (Bl. 97 ff. GA). Mit ihr wurde der "Aa" zur Abwendung eines (seitens der Antragstellerin nachfolgend bestrittenen) signifikanten Tötungsrisikos für u. a. die Zwergfledermaus, den Großen und Kleinen Abendsegler, die Breitflügelfledermaus und die Rauhautfledermaus aufgegeben, jährlich während folgender Zeiträume und unter folgenden Bedingungen die WEA des Windparks D.-Stadt von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang abzuschalten:

  • 1. Mai bis 30. Juni: Windstärke ≤ 6 m/s

  • 1. Juli bis 31. Okt.: Windstärke ≤ 7,5 m/s

  • Lufttemperatur ≥ 10° C

  • kein Regen / Nebel bzw. trockene Bedingungen

Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wurde angeordnet.

Für den Fall, dass der Abschaltungsanordnung nicht nachgekommen werde, drohte der Antragsgegner unter Nr. 3 seines Bescheides vom 17. Mai 2023 zudem die Festsetzung eines Zwangsgeldes von 25.000,- EUR an.

Zur Begründung seiner Verfügung berief er sich auf § 3 BNatSchG i. V. m. § 2 Abs. 1 NNatSchG.

Die Verfügung werde auf § 3 Abs. 2 BNatSchG gestützt, weil die Verletzung des Tötungsverbotes eine unmittelbar drohende Gefahr darstelle, welche zu Sofortmaßnahmen auf dieser Grundlage berechtige. Die Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beziehe sich nur auf das Genehmigungsverfahren, so dass die untere Naturschutzbehörde nach Erteilung der Genehmigung zum Erlass nachträglicher Anordnungen berechtigt sei. Die hohe Aktivitätsdichte der verschiedenen Fledermausarten sei erst nach der Genehmigung des Windparks festgestellt worden, als das Büro G. mit der Erstellung eines artenschutzrechtlichen Fachbeitrages beauftragt worden sei. Das Ergebnis des Fachbeitrages führe dazu, "dass die Beeinträchtigungswirkung sich somit nachträglich signifikant verändert" habe. Ohne eine Einschränkung von Betriebszeiten würde zum jetzigen Zeitpunkt § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG als andere öffentliche Vorschrift im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG einer Genehmigungserteilung entgegenstehen.

Nach § 3 [Abs. 2] BNatSchG treffe er, der Antragsgegner, nach pflichtgemäßen Ermessen die Maßnahmen, die im Einzelfall erforderlich seien, um die Einhaltung der Rechtsvorschriften über den Naturschutz sicherzustellen. Im Windpark D. -Stadt seien die nunmehr verfügten Einschränkungen der Betriebszeiten der WEA anzuordnen, um eine Einhaltung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sicherzustellen. Nach dieser Vorschrift sei es unter anderem verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Alle genannten Fledermausarten seien im Anhang IV der FFH-Richtlinie 92/43/EWG i. d. F. der EG-VO 2013/17 aufgeführt und gehörten somit gemäß § 7 Nr. 14 b) BNatSchG zu den streng geschützten Arten. Zur Erfüllung des Tatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei erforderlich, dass sich das Risiko des (unerwünschten) Erfolgseintritts in signifikanter Weise erhöhe. Das sei der Fall, wenn es durch den Betrieb der WEA zu einer deutlichen Steigerung des Tötungsrisikos komme. Ein erhöhtes betriebsbedingtes Tötungsrisiko sei vor allem dann gegeben, wenn sich die betroffene Art regelmäßig und häufig am Anlagenstandort aufhalte und der empfohlene Schutzabstand nicht eingehalten werde.

Dies bejahte der Antragsgegner aus den Gründen seines Vermerks vom 9. Mai 2023.

Ob der Windpark mit einer erforderlichen und geeigneten Software für eine automatische Abschaltung bei Vorliegen der o. g. Bedingungen ausgestattet sei, entziehe sich der behördlichen Kenntnis. Sollte dieses der Fall sein, sei eine entsprechende Programmierung der Anlagen bis zum tatsächlichen "Repowering" ohne weiteres möglich und hinnehmbar. Es sei allerdings auch zumutbar, die 12 WEA manuell abzuschalten, wenn die Bedingungen aufgrund von Vorhersagen mit hoher Wahrscheinlichkeit einträten.

Da in dem Fledermausgutachten des Büros G. lediglich bodengebundene Untersuchungen durchgeführt worden seien und die Ergebnisse nicht auf die Verhältnisse in Nabenhöhe (hier ca. 114,5 m, Rotdurchmesser 70 m) übertragbar seien, werde eine Anlaufgeschwindigkeit von 6,0 m/s von 1. Mai bis 30. Juni zum Schutz der nachgewiesenen Zwergfledermaus für angemessen und erforderlich erachtet, was ebenfalls für die Anlaufgeschwindigkeit von 7,5 m/s vom 1. Juli bis 31. Oktober zum Schutz insbesondere des Großen Abendseglers gelte. Diese Herangehensweise entspreche auch den Vorgaben des behördenverbindlichen Artenschutzleitfadens.

Es liege eine besondere Eilbedürftigkeit vor, da die Zugzeit und Wochenstubenzeit der Fledermäuse bereits begonnen hätten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt, da die angeordneten Abschaltungen geeignet, erforderlich und angemessen seien, um das signifikante Tötungsrisiko für verschiedene Fledermausarten und deren Nachzuchten zu minimieren; denn die Anlagen befänden sich innerhalb des Zugkorridors und der Balzquartiere, und ihre Betreiberin weniger belastende Maßnahmen seien nicht erkennbar. Die Abschaltung sei auf die Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang unter bestimmten Witterungsbedingungen beschränkt, sodass die Wirtschaftlichkeit des Windparks nicht in Frage gestellt werde. In den übrigen Zeiten und außerhalb der genannten Bedingungen könne der Windpark ohne weitere Beschränkungen im Rahmen der erteilten Genehmigung betrieben werden.

Mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versah der Antragsgegners seinen Bescheid vom 17. Mai 2023 nicht.

Nach Zustellung des Bescheides am 20. Mai 2023 (vgl. S. 229 eBA 1c) übermittelte die Antragstellerin dem Antragsgegner per Telefax eine auf den 10. Juli 2023 datierte Widerspruchsschrift, die mit maschinenschriftlichen Namenzügen zweier ihrer Geschäftsführer schloss (Bl. 23 ff. GA). Diese Namenzüge waren mit in englischer Sprache gehaltenen Zusätzen ("Digitally signed by ...") versehen, die auf eine elektronische Signatur durch die Betreffenden hinwiesen.

Am 18. Juli 2023 hat die Antragstellerin um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.

Auf einen rechtlichen Hinweis des Berichterstatters (Bl. 35 GA), wonach Zweifel an der Formgerechtigkeit ihres Widerspruchs bestünden, hat die Antragstellerin durch Übermittlung eines handschriftlich unterzeichneten Widerspruchsschreibens vom 21. Juli 2023 am 28. Juli 2028 (Bl. 40 ff. GA) die Erhebung dieses Rechtsbehelfs erneuert.

Mit Schreiben vom 25. September 2023 (Bl. 69 GA) hat der Antragsgegner in der Absicht, den etwaigen im behördlichen Ausgangsverfahren aufgetretenen Anhörungsmangel zu heilen, der Antragstellerin ausdrücklich Gelegenheit gegeben, sich bis zum 11. Oktober 2023 zu den für seine Entscheidung wesentlichen Tatsachen zu äußern.

Zur Begründung ihres Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes macht die Antragstellerin im Wesentlichen Folgendes geltend:

Betreffend die Abschaltanordnung sei die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs wiederherzustellen, weil dieser zulässig (1) und offensichtlich begründet (2) sei.

(1) Bereits die Erhebung des Widerspruchs am 10. Juli 2023 sei wirksam gewesen, da die Übermittlung eines qualifiziert signierten elektronischen Dokuments als Computerfax dem Formerfordernis des § 70 Abs. 2 VwGO genüge. Die Authentizität und Integrität des Dokuments seien nämlich gewahrt, und es bestehe kein Zweifel am Willen, es in den Rechtsverkehr zu bringen. Außerdem sei das Schreiben vom 10. Juli 2023 dem Antragsgegner auch auf dem Postweg zugesandt worden. Schließlich habe sie, die Antragstellerin, jedenfalls am 28. Juli 2023 ihren Widerspruch formwirksam (erneut) erhoben.

(2) Der Widerspruch gegen die Abschaltanordnung in dem Bescheid vom 17. Mai 2023 sei offensichtlich begründet. Die angefochtene Abschaltanordnung leide unter verfahrensrechtlichen (a bis c) sowie materiell-rechtlichen (d bis h) Rechtsverstößen.

(a) Es fehle ihr, der Antragstellerin, gegenüber an einer wirksamen Bekanntgabe (§ 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) des Bescheids. Denn dieser sei nicht an sie, sondern an eine "Aa" adressiert.

(b) Die gemäß § 28 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) erforderliche Anhörung sei vor dem Erlass des belastenden Verwaltungsaktes unterblieben. Ihr Unterbleiben sei nicht wegen Gefahr im Verzuge (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG) gerechtfertigt gewesen, da zwischen dem 9. Mai 2023, an dem der Antragsgegner von der seines Erachtens bestehenden Notwendigkeit, Maßnahmen zu ergreifen, erfahren habe und dem Ergehen der Verfügung unter dem 17. Mai 2023 sechs Arbeitstage verstrichen seien. Sie, die Antragstellerin, hätte in dieser Zeitspanne zumindest per E-Mail oder telefonisch angehört werden können. Das Schreiben des Antragsgegners vom 25. September 2023 habe keine Heilung des Anhörungsmangels bewirkt (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG). Denn eine solche Heilung würde erfordert haben, dass die Behörde vorgebrachte Einwendungen auch zum Anlass nähme, ihre Entscheidung kritisch zu überdenken. Der Antragsgegner habe ihr, der Antragstellerin, jedoch nur pro forma Gelegenheit zur Äußerung gegeben, da er an seiner Rechtsauffassung festhalte, dass keine Anhörung erforderlich gewesen sei, die Abschaltanordnung weiter verteidige und die sofortige Vollziehung seiner Verfügung bis zum Abschluss der Würdigung ihrer in der Anhörung vorgebrachten Argumente nicht ausgesetzt habe - und dies obwohl die Abschaltungen ohnehin Ende Oktober vorübergehend ausgelaufen seien und Nächte mit einer Lufttemperatur von mindestens 10° C jahreszeitlich bedingt selten seien.

(c) Die handelnde Untere Naturschutzbehörde sei sachlich unzuständig gewesen. Denn die nachträgliche Einschränkung der Betriebszeiten durch die Abschaltanordnung vom 17. Mai 2023 stelle ihren Rechtswirkungen nach einen Teilwiderruf (§ 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG) der immissionsschutzrechtlichen (Betriebs-)Genehmigung vom 22. Oktober 2002 dar, der der Immissionsschutzbehörde vorbehalten wäre. Die Genehmigung entfalte nämlich eine umfassende Legalisierungswirkung, in die allein auf der Grundlage immissionsschutzrechtlicher Ermächtigungen eingegriffen werden könnte. Die Exklusivität des Immissionsschutzrechts würde hier im Übrigen selbst dann gelten, wenn man sich der - rechtlich unzutreffenden - Rechtsprechung des angerufenen Senats anschlösse und zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche von immissionsschutz- und naturschutzrechtlichen Ermächtigungen darauf abhöbe, ob sich die in Rede stehende Anordnung von Abschaltzeiten, wenn sie im Zuge einer Genehmigungserteilung ergangen wäre, lediglich als eine Nebenbestimmung darstellte oder aber als Inhaltsbestimmung, deren Nachholung dann als Eingriff in den "Genehmigungskern" zu betrachten sei. Ein solcher Eingriff sei aber - auch nach der Senatsauffassung - auf der Grundlage der naturschutzrechtlichen Generalklausel ausgeschlossen. Hier spreche die Begründung der Maßnahme zwingend für eine Qualifizierung der Abschaltanordnung als Inhaltsbestimmung. Denn in dem angefochtenen Bescheid vom 17. Mai 2023 heiße es, dass eine Genehmigung ohne entsprechende Einschränkungen der Betriebszeit nicht erteilt werden könnte.

(d) Korrespondierend mit der Unzuständigkeit der Unteren Naturschutzbehörde habe es dem Antragsgegner auch an der erforderlichen Eingriffsermächtigung für den Erlass der Abschaltanordnung vom 17. Mai 2023 gefehlt. Dieser missachte vielmehr die Tatbestandswirkung der Genehmigung vom 22. Oktober 2002.

Es komme nicht darauf an, ob die in der Rechtsprechung des angerufenen Senats formulierten (besonderen) Anwendungsvoraussetzungen vorlägen, unter denen § 3 Abs. 2 BNatSchG (vermeintlich) als Rechtsgrundlage für nachträgliche zeitliche Betriebseinschränkungen einer immissionsschutzrechtlich genehmigten WEA aus Gründen des Fledermausschutzes dienen könnten. Denn derartige nachträgliche Abschaltanordnungen ließen sich schlechthin nicht auf § 3 Abs. 2 BNatSchG stützen, weil eine immissionsschutzrechtliche (Betriebs-)Genehmigung (hier diejenige vom 22. Oktober 2002) eine Tatbestandwirkung entfalte, derentwegen für sämtliche rechtsanwenden Stellen verbindlich feststehe, dass ein genehmigungskonformer Anlagenbetrieb alle öffentlich-rechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen einhalte. Dies stehe einer nachträglichen Betriebseinschränkung, die diese Tatbestandswirkung durchbräche, aber nicht (als Teilwiderruf gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BImSchG) auf das Immissionsschutzrecht, sondern auf eine ordnungsrechtliche Generalklausel (hier: § 3 Abs. 2 BNatSchG) gestützt werde, schlechthin entgegen.

Soweit sich die entgegenstehende Rechtsprechung des angerufenen Senats auf eine Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts stütze, wonach unmittelbar drohende Gefahren ordnungsrechtliche Eingriffe in den Betrieb auch immissionsschutzrechtlich genehmigter Anlagen rechtfertigten, werde verkannt, dass dafür vier höchstrichterlichen Erwägungen maßgeblich gewesen seien, die sich nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen ließen. Ein Vergleich zu § 25 Abs. 2 BImSchG lasse sich hier nicht ziehen, da weder eine immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlage betroffen sei, noch die tatbestandlichen Voraussetzungen der genannten Norm erfüllt seien. Es treffe ferner nicht zu, dass hier unmittelbar drohende Gefahren verursacht würden, die von der Legalisierungswirkung der vorhandenen Genehmigung nicht gedeckt seien, und dass die Grenze des ordnungsbehördlichen Einschreitens (einengend) durch die Genehmigungsurkunde bestimmt werde. Denn die Genehmigung vom 22. Oktober 2002 umfasse ein Positivattest über die Einhaltung sämtlicher öffentlich-rechtlicher Vorschriften. Daran ändere sich auch dadurch nichts, dass sich mit dem nunmehr herangezogenen Artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 6. Februar 2023 die Sach- und durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 29. Juli 2009 auch die Rechtslage gegenüber den Verhältnissen von 2002 geändert habe. Entgegen anderslautenden Spekulationen des Antragsgegners sei allerdings nicht davon auszugehen, dass sich die im Windpark nachgewiesenen Fledermäuse erst nachträglich angesiedelt hätten. Es sei nämlich nichts dafür ersichtlich, dass sich die bodennahen Strukturen in der Umgebung der Bestands-WEA in den letzten Jahren in einer Weise verändert hätten, die eine Neuansiedlung von Fledermäusen begünstigt oder zur Folge gehabt hätte. Die zwölf Bestands-WEA des hiesigen Windparks würden in Übereinstimmung mit der Genehmigung vom 22. Oktober 2002 betrieben. Beeinträchtigungen bestimmter Rechtsgüter durch diesen Betrieb seien daher als sozialadäquat hinzunehmen. Es drohe folglich weder eine unmittelbare Gefahr, noch sei sie, die Antragstellerin, Störerin im ordnungsrechtlichen Sinne. Im Übrigen betone das Bundesverwaltungsgericht gerade in seiner jüngeren Rechtsprechung den Exklusivitätsanspruch des Immissionsschutzrechts.

(e) Die Abschaltanordnung erweise sich (selbst) auf der Grundlage der Rechtsprechung des angerufenen Senats und des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 19. Dezember 2023 - BVerwG 7 C 4.22 -) als rechtswidrig. Denn der Antragsgegner habe keine eigene Sachverhaltsermittlung bezüglich der in § 3 Abs. 2 BNatSchG vorausgesetzten Nichteinhaltung von Vorschiften, hier des § 44 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG, und hinsichtlich der Erforderlichkeit seiner daraufhin getroffenen Maßnahmen vorgenommen. Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen seiner Abschaltanordnung liege aber bei ihm.

Die Inanspruchnahme einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative setze eine vonseiten der Behörde anhand wissenschaftlicher Maßstäbe und vorhandener Erkenntnisse durchgeführte Sachverhaltsermittlung unter Erhebung von Daten zur Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten im maßgeblichen Gebiet sowie zu deren Lebensstätten voraus. Derartige Ermittlungen habe der Antragsgegner nicht durchgeführt, sondern sich lediglich [mittelbar] auf das für die WEA des Repowering-Projekts erstellte Gutachten gestützt. Auf dieser Erkenntnisgrundlage könne aber nicht von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG) ausgegangen werden. In der Begründung seiner Verfügung führe der Antragsgegner sogar selbst aus, dass die dort festgehaltenen Ergebnisse nicht auf die Bestands-WEA übertragbar seien.

(aa) Aus den durchgeführten Untersuchungen in Bodennähe, teilweise mit festen Geräten, ließen sich keine belastbaren Rückschlüsse auf eine Schlagopfergefährdung in Höhe der Rotoren ziehen. Derartiges wäre erst auf der Grundlage eines - vorliegend weder durchgeführten noch geforderten - Gondelmonitorings möglich.

(bb) Eine Übertragung dieser Erhebungen und infolgedessen auch der gutachterlichen Empfehlungen von den Repowering-WEA auf die Bestands-WEA sei nicht möglich, weil im Rahmen der Begutachtung lediglich bodennahe Untersuchungen durchgeführt worden seien. Zudem seien bei den Repowering-WEA mit einer Nabenhöhe von 166,7 m andere Betroffenheiten als bei den streitgegenständlichen Bestands-WEA mit 114,5 m Nabenhöhe zu erwarten. Da die Schlagopfergefährdung von Fledermäusen wesentlich mit dem Rotordurchmesser zusammenhänge [vgl. Bl. S. 86, zweiter Absatz, Anl. 3], sei bei den Bestands-WEA grundsätzlich von einem erheblich geringeren Schlagopferrisiko auszugehen als bei den neu geplanten. Die Bestands-WEA wiesen nämlich mit 70 m deutlich geringere Rotordurchmesser auf als die geplanten Neuanlagen mit 160 m.

(cc) Das Gutachten der I. - vom September 2022 (Anl. 3) habe lediglich vorsorglich pauschale Abschaltungen empfohlen. Allein aus der Feststellung der Anwesenheit von fünf windenergieempfindlichen Fledermausarten lasse sich noch kein Rückschluss auf eine signifikant erhöhte Schlagopfergefährdung ziehen. Für eine erhöhte Aktivitätsdichte im Gefahrenbereich der Anlagen sei nichts ersichtlich. Das Gutachten habe zwar ergeben, dass in Teilbereichen der Repowering-Planung fledermausrelevante Strukturen und saisonal teilweise hohe Aktivitätsdichten vorhanden seien. Fledermausquartiere hätten gleichwohl nicht festgestellt werden können (S. 84 Anl. 3). Insbesondere für die Pipistrellus-Arten sei im Bereich von bis zu 200 m um Gehölzstrukturen eine (nur) vorsorgliche Abschaltung empfohlen worden (S. 86 Anl. 3). Auch bei der Zwergfledermaus und für die Arten Großer Abendsegler, Kleiner Abendsegler, Breitflügel- und Mückenfledermaus habe der Gutachter eine nach der naturräumlichen Ausstattung des Untersuchungsgebiets differenzierende Risikoeinschätzung vorgenommen (Seite 86 bzw. 87 f. Anl. 3). Für die Rauhautfledermaus sei nach gutachterlicher Einschätzung lediglich während der Migrationszeit im April/Mai und ab Ende August bis Anfang Oktober mit einem erhöhten Kollisionsrisiko zu rechen (S. 87 Anl. 3). Infolgedessen habe er nach Teilbereichen des von den Repowering-WEA eingenommenen Gebiets differenzierte Abschaltempfehlungen (S. 89 Anl. 3) unterbreitet. Diese Abschaltempfehlungen sähen überwiegend cut-in-Windgeschwindigkeiten von 7 m/s vor, wobei der Gutachter aufgrund des lediglich sporadischen Auftretens der Rauhautfledermaus darauf hinweise, dass grundsätzlich auch eine Abschaltung bis 6 m/s ausreichend wäre (S. 90 Anl. 3).

(f) Die angeordnete Nachrüstung mit einer Abschalt-Software sei rechtswidrig, weil ihre Erfüllung unmöglich sei. Denn die zwölf Bestandsanlagen vom Typ Südwind S 70 verfügten über keine solche Software und könnten mit ihr auch nicht nachgerüstet werden. Die Forderung nach einer solchen Nachrüstung sei zudem unverhältnismäßig, weil die Anlagen in den nächsten Jahren zurückgebaut und durch moderne WEA ersetzt werden sollten.

(g) Die [als Voraussetzung des Abschaltgebotes] festgesetzte Windgeschwindigkeit von bis zu 7,5 m/s im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Oktober jeden Jahres sei zu hoch angesetzt. Das von der Behörde zitierte Fledermausgutachten habe ausweislich der dortigen Tab. 4 und 5 (S. 8 bzw. 11 Anl. 3) eine überwiegende Fledermausaktivität bei niedrigen Windgeschwindigkeiten ergeben. Aufgrund der Anlaufwindgeschwindigkeit von 3 m/s seien Fledermäuse bei darunterliegenden Windgeschwindigkeiten nicht gefährdet.

(h) Der Antragsgegner habe es fehlerhaft unterlassen, für die zwölf Bestands-WEA die Erteilung einer Ausnahme von dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot zu prüfen. Die Erteilung einer Ausnahme von dem Tötungsverbot wäre eine sie weniger belastenden Maßnahme. Auf die Erteilung einer derartigen Ausnahme habe sie, die Antragstellerin, gemäß § 45b Abs. 8 Nr. 1, 4 und 6 i. V. m. § 45 Abs. 7 Satz 1 bis 3 BNatSchG einen Anspruch.

(i) Die Ermessensausübung des Antragsgegners sei auch deshalb unzureichend, weil ihre, der Antragstellerin, wirtschaftliche Interessen als Betreiberin der Anlagen nur pauschal und floskelhaft behandelt worden seien und der Antragsgegner den Belang des Klimaschutzes nicht in die Abwägung einbezogen habe. Gemäß § 2 EEG liege der Betrieb der WEA jedoch im überragenden öffentlichen Interesse und sei bis zu einer nahezu treibhausgasneutralen Stromerzeugung im Bundesgebiet als vorrangig in eine Schutzgüterabwägung einzustellen. Dies hätte im vorliegenden Falle dazu führen müssen, die Zweck-Mittel-Relation als nicht angemessen zu bewerten. Von atypischen Sonderfällen abgesehen stehe § 2 EEG einer nachträglichen Anordnung von Abschaltzeiten entgegen.

(3) Da die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Regelung unter Nr. 1 des angefochtenen Bescheides wiederherzustellen sei, mangele es an einem vollziehbaren Grundbescheid, der gemäß § 64 Abs. 1 NPOG (i. V. m. § 2 Abs. 3 NNatSchG) Voraussetzung für eine rechtmäßige Zwangsgeldandrohung wäre. Mithin sei auch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen diese Androhung anzuordnen.

Die Antragstellerin beantragt (Bl. 1 GA),

  1. 1.

    die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 10. Juli 2023 gegen den Bescheid vom 17. Mai 2023 - Aktenzeichen - insoweit wiederherzustellen, als darin die Abschaltung der Windenergieanlagen des Windparks E. -Stadt im Zeitraum vom 1. Mai bis 30. Juni bei Windgeschwindigkeiten weniger oder gleich 6 m/s, im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Oktober bei Windgeschwindigkeiten weniger oder gleich 7,5 m/s, einer Lufttemperatur von mindestens 10 Grad Celsius und keinem Regen/Nebel, bzw. trockenen Bedingungen in der Zeit zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang angeordnet wird;

  2. 2.

    die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 10. Juli 2023 gegen den Bescheid vom 17. Mai 2023 - Aktenzeichen - hinsichtlich der Ziffer 3. des Bescheids anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt (Bl. 55 GA),

den Antrag abzulehnen.

(1) Auf die Zulässigkeit des Widerspruchs vom 10. Juli 2023 geht der Antragsgegner nicht ein.

(2) Seinen Bescheid vom 17. Mai 2023 hält er für insgesamt rechtmäßig.

(a) Die seitens der Antragstellerin beanstandete "fehlerhafte Adressierung" sei eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 42 Satz 1 VwVfG ohne weitere rechtliche Auswirkungen. Vor dem Hintergrund, dass eine "Aa" nicht existiere, habe keine Verwechslungsgefahr bestanden. Vielmehr sei allen Beteiligten und den für sie Handelnden stets klar gewesen, welcher Windpark gemeint gewesen sei und dass die angefochtene Verfügung sich an die Betreiberin genau dieses Windparks gerichtet habe. Zudem habe ein "Projektleiter Projektentwicklung Windenergie" des Mutterkonzerns der Antragstellerin unter dem 9. Mai 2005 per E-Mail die fehlerhafte Bezeichnung dieser Betreiberin (in widersprüchlicher Weise) bestätigt (S. 230 eBA 1c) und der zuständige Betriebsmanager mit E-Mails vom 25. und 30. Mai 2023 (S. 231 eBA 1c) auf den Bescheid vom 17. Mai 2023 reagiert. Es dürfte daher eher ein Fall unschädlicher übereinstimmender Fehlbezeichnung ("falsa demonstratio non nocet") vorliegen.

(b) Von einer Anhörung der Antragstellerin sei gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG abgesehen worden. Denn nach fachlicher Einschätzung der zuständigen Abteilung sei wegen Gefahr im Verzuge und im öffentlichen Interesse eine sofortige Entscheidung notwendig gewesen, da Anordnungen zum Fledermausschutz ab dem 1. Mai 2023 notwendig gewesen seien, der Antragsgegner davon aber erst am 9. Mai 2023 Kenntnis erhalten habe. Obwohl eine ausdrückliche Anhörung wegen des bereits laufenden Widerspruchsverfahrens, in dem eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Antragsteller erfolgen werde, nicht notwendig erscheine, habe man eine solche Anhörung mit Schreiben vom 25. September 2023 vorsorglich nachgeholt und so den etwaigen Anhörungsmangel geheilt.

(c) Weil mit § 3 Abs. 2 BNatSchG die einschlägige Ermächtigungsgrundlage angewandt worden sei, sei zu Recht die Untere Naturschutzbehörde tätig geworden.

(d) Die Anwendung § 3 Abs. 2 BNatSchG stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des beschließenden Senats und dem in deren Überprüfung ergangenen Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2023 - BVerwG 7 C 4.22 -.

Der Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 BNatSchG sei eröffnet, weil eine nachträgliche Sachverhaltsänderung in dem Sinne eingetreten sei, dass nachträgliche Erkenntnisse über artenschutzrechtlich relevante Gefahren gewonnen worden seien. Zwar sei nicht anzuzweifeln, dass auch bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von 2002 im Bereich des (damals noch geplanten) Windparks "E. -Stadt-D. -Stadt" Fledermäuse anwesend gewesen seien. Für einen Anstieg der dortigen Fledermauspopulation durch Einwanderung lägen keine Hinweise vor. Vor dem Hintergrund des Insektenrückgangs müsse sogar eher von einer zwischenzeitlichen Abnahme der Population einzelner Arten ausgegangen werden. Es sei aber zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung fachwissenschaftlich noch nicht bekannt gewesen, dass bestimmte Fledermausarten als "windkraftsensibel" einzustufen seien. Deshalb sei die bereits vorhandene Fledermauspopulation nicht berücksichtigt worden.

Mit der umstrittenen Abschaltanordnung sei keine Maßnahme getroffen worden, die sich als Teilaufhebung oder Änderung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung darstelle. Denn bei [gedanklich unterstellter] heutiger Bescheidung eines Genehmigungsantrags wäre keine inhaltliche Einschränkung im Sinne einer Teilversagung der Genehmigung zu erwarten, sondern eine Erteilung unter "fledermausfreundlicher" Steuerung (der Betriebszeiten) der Anlage durch entsprechende Nebenbestimmungen. Die in dem angefochtenen Bescheid verfügte Anordnung sei auch verhältnismäßig im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 BImSchG und kein Eingriff in den "Genehmigungskern".

(e) Es habe eine hinreichende Sachverhaltsermittlung stattgefunden, und dabei sei ein signifikantes Tötungsrisiko erkannt worden. Denn im Rahmen der Vorbereitung des Repowerings seien gemäß des "Leitfadens zur Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Niedersachsen" bodengebundene Fledermauserfassungen durchgeführt worden, die zur Feststellung fünf windenergieempfindlicher Fiedermausarten geführt hätten. Zwar ließen bodengebundene Untersuchungen keine absoluten Rückschlüsse auf das Vorkommen und die Aktivität von Fledermäusen im Gefahrenbereich der WEA zu. Dennoch sei davon auszugehen, dass deren ungeregelter Betrieb mit einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko verbunden sei, da für alle im Landkreis E. seit 2016 genehmigten Windparks zuvor Fledermausgutachten mit bodengebundenen Untersuchungen erstellt worden seien und sie auch nach zweijährigem Gondelmonitoring weiterhin mit Abschaltlogarithmen zum Schutz von Fledermäusen betrieben werden müssten.

(f) Das Artenschutzinteresse überwiege hier gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin, zumal zum jetzigen Zeitpunkt eine Genehmigung des Windparks nur unter der Vorgabe von Abschaltzeiten (ggf. im Rahmen einer artenschutzrechtlichen Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG) erteilt werden würde. Eine andere, den Windpark weniger belastende und gleichzeitig dem Schutz der streng geschützten Arten dienende Maßnahme sei im konkreten Fall nicht erkennbar.

(g) Im vorliegenden Fall seien auch nicht die Windgeschwindigkeiten zu hoch angesetzt worden, bis zu denen der Betrieb der WEA untersagt werde. Vielmehr sei auf Folgendes hinzuweisen: Eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos könne im Regelfall durch eine Abschaltung von WEA in Nächten wirksam vermieden werden, in den zugleich geringe Windgeschwindigkeiten < 6 m/sec in Gondelhöhe, Temperaturen > 10° C und kein Regen zu verzeichnen seien. Diese Maßnahme werde naturschutzfachlich derzeit als einzig wirksame Minimierungsmaßnahme angesehen. Darüber hinaus könnten aufgrund von naturräumlichen Gegebenheiten in Niedersachsen für die beiden Abendsegler-Arten und die Rauhautfledermaus unter Vorsorge- und Vermeidungsgesichtspunkten auch bei höheren Windgeschwindigkeiten Abschaltzeiten erforderlich sein.

(h) Auch bei einer - ggf. möglichen - Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme wäre hier eine Abschaltregelung zum Schutz der Fledermäuse erforderlich gewesen, die sich insgesamt auf 6 % bis 8 % des Jahresertrags belaufen könne.

II.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat lediglich in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (1.) und ist im Übrigen unbegründet (2. und 3.).

1. Soweit der Antrag Erfolg hat, beruht dies darauf, dass gegenüber dem öffentlichen Interesse am Vollzug der Abschaltanordnung das Aufschub-Interesse der Antragstellerin überwiegt, weil offensichtliche Erfolgsaussichten des von ihr am 28. Juli 2023 formwirksam erneuerten Widerspruchs bestehen. Denn die Abschaltanordnung des Antragsgegners ist derzeit - Rechte der Antragstellerin verletzend - rechtswidrig, soweit für die im Tenor dieses Beschlusses genannten drei Zeiträume eine Abschaltung der dort aufgezählten sieben Bestands-WEA des Windparks "D. -Stadt" auch bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 6 m/s bzw. 7 m/s, respektive nach Mitternacht bis zum Sonnenaufgang oder überhaupt verlangt wird.

Zwar bestehen aus den Gründen des richterlichen Hinweises vom 20. Juli 2023 (Bl. 35 GA) weiterhin durchgreifende Bedenken gegen die Formgerechtigkeit (§ 70 Abs. 1 VwGO) der Widerspruchserhebung vom 10. Juli 2023. Nach der Übermittlung einer nunmehr mit eigenhändiger Namensunterschrift unterzeichneten (vgl. § 126 Abs. 1 BGB) Widerspruchsschrift vom 21. Juli 2023 am 28. Juli 2023 per Telefax (Bl. 40 ff. GA) können diese Bedenken aber dahinstehen. Denn jedenfalls die erneute Erhebung des Rechtsbehelfs ist binnen der hier nach den §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 Alt. 1 VwGO maßgeblichen Jahresfrist erfolgt und hat auf den Zeitpunkt des Ergehens der angefochtenen Verfügung zurückgewirkt.

Die - in analoger Anwendung des § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO erforderliche - Widerspruchsbefugnis der Antragstellerin besteht. Denn im Gegensatz zu ihrem Vorbringen ist sie zweifelsfreie Adressatin des angefochtenen belastenden Bescheides vom 17. Mai 2023. Die Fehlbezeichnung, namentlich im Adressatenfeld dieses Bescheides ("Aa" anstatt richtig "A."), stellt sich nicht nur aufgrund der Bestimmbarkeit der Adressatin anhand ihrer Rechtsstellung als Betreiberin des im Bescheid eindeutig bezeichneten Windparks, sondern auch wegen der vom Antragsgegner (s. o. unter I.2. a) hervorgehobenen weiteren tatsächlichen Umstände eindeutig als offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 42 Satz 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) dar. Sollte die Fehlbezeichnung von dem für die Betriebsführung des umstrittenen Windparks zuständigen Mitarbeiter überhaupt bemerkt worden sein, hat auch er sie unschwer als Behördenirrtum erkannt, der ein richtiges Verständnis der Verfügung nicht verhinderte.

Der zulässige Widerspruch der Antragstellerin ist voraussichtlich teilweise begründet, weil die nach § 3 Abs. 2 BNatSchG getroffene Ermessensentscheidung des Antragsgegners bezogen auf die von der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung erfasste Teilregelung an einem Heranziehungsdefizit leidet.

Der Antragsgegner legte seiner Ermessensentscheidung die Annahme zugrunde, es sei "zum Schutz insbesondere des Großen Abendseglers" an den sieben im Tenor dieses Beschlusses bezeichneten WEA-Standorten zu den dort genannten Zeiträumen grundsätzlich erforderlich, zwischen Sonnenunter- und -aufgang selbst bei höheren Windgeschwindigkeiten als 6 m/s bzw. 7 m/s die WEA abzuschalten bzw. im beginnenden Spätherbst Abschaltungen auch noch nach Mitternacht und bis Ende Oktober vorzunehmen. Hierbei hat er sich jedoch bislang nicht in fachlich überzeugender Weise mit der (oben unter I. zitierten) Begründung auseinandergesetzt, die (auf der Seite 90 unter Buchst. a) in dem Bericht der I. mit Stand vom 14. September 2022 dafür gegeben wird, dass an den für das Repowering-Projekt geplanten Standorten, auf die sich die "Abschaltempfehlung 1" bezieht, entsprechende Abschaltungen nicht für erforderlich gehalten werden.

Zwar bezieht sich der Antragsgegner zur Verteidigung des Umfangs seiner Abschaltanordnung auf die oben unter I. 2. g) wiedergegebenen Vorgaben unter Nr. 7.3 des - gemäß Nr. 2 Satz 2 des Windenergieerlasses n. F. (Gem. RdErl. d. MU, d. ML, d. MI u. d. MW vom 20.7.2021 - MU-52-29211/1/305 -, Nds. MinBl. 1398) behördlich weiter anzuwendenden - "Leitfaden(s) für die Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Niedersachsen" (d. h. der "Artenschutzleitfaden" genannte Anlage 2 des Nds. Windenergieerlasses a. F. [Gem. RdErl. d. MU, d. ML, d. MS, d. MW u. d. MI vom 24.2.2016 - MU-52-29211 -, Nds. MinBl. 190 <212 ff.>]). Diese Bezugnahme ersetzt hier aber nicht die (u. a. nach Nr. 5.2.2 Satz 2 des Artenschutzleitfadens) erforderliche und im Einzelfall art- und standortspezifisch vorzunehmende fachliche Beurteilung, ob das Tötungsrisiko für Exemplare einer WEA-empfindlichen Fledermausart aufgrund naturräumlicher Gegebenheiten tatsächlich so erhöht ist, dass Abschaltungen selbst bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 6 m/s bzw. (im beginnenden Spätherbst) auch noch nach Mitternacht erforderlich sind.

Sofern fachgutachterliche Stellungnahmen erreichbar sind, die unmittelbar einschlägige oder - wie hier - wahrscheinlich übertragbare Beurteilungen für artenschutzrelevante Gefahren an bestimmten WEA-Standorte enthalten, hat nämlich die für die Gefahrenabwehr zuständige Behörde diese Stellungnahmen grundsätzlich beizuziehen und auszuwerten. Sie darf sich - zumal ohne vorherige Anhörung des betroffenen WEA-Betreibers - auch regelmäßig nicht mit der Auswertung einer standortbezogenen fachgutachterlichen Sekundärquelle (hier: Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag mit Stand vom 6.2.2023) begnügen, ohne zuvor zumindest den Versuch kurzfristiger Erlangung und Auswertung der standortbezogenen fachgutachterlichen Primärquelle (hier: Bericht der I. mit Stand vom 14.9.2022) unternommen zu haben. Auf der Grundlage der gebotenen Auswertung der Primärquelle hat die Behörde es dann naturschutzfachlich zu begründen, wenn sie - wie hier - zur Gefahrenabwehr von fachgutachterlichen Abschaltempfehlungen zulasten des Betreibers abweichen und - anders als im Regelfall - Abschaltungen auch bei höheren Windgeschwindigkeiten als 6 m/s anordnen möchte.

Es bedarf keiner Erläuterung, dass dies bei Gefahr im Verzuge (z. B. nach wiederholten Totfunden, die belegen, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko an einzelnen WEA selbst bei hohen Windgeschwindigkeiten besteht) anders sein kann. So lag es hier aber nicht. Insbesondere bot es keine Rechtfertigung für einen Verzicht auf die Beiziehung der fachgutachterlichen Primärquelle, dass der Antragsgegner erst am 9. Mai 2023 zu der Erkenntnis gelangte, schon ab dem 1. Mai 2023 wären Abschaltungen erforderlich gewesen. Denn soweit er vom Regelfall (im Sinne der Nr. 7.3 des Artenschutzleitfadens) abweichende Abschaltungen auch bei höheren Windgeschwindigkeiten als 6 m/s für notwendig hielt, betraf das erst Zeiträume ab dem 1. Juli 2023. Die Regelung von Abschaltungen für den Juli 2023 war aber im Mai 2023 noch nicht eilbedürftig. Das etwaige verwaltungspraktische Bestreben, alle jährlich erforderlichen Abschaltungen "auf einen Streich" anzuordnen, obwohl ein zeitlich gestaffeltes Vorgehen mehr Zeit für die gebotene Sachverhaltsaufklärung gelassen hätte, kann keinen Verzicht auf diese Aufklärung rechtfertigen.

Die von dem beschließenden Senat vermisste fachliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Berichts der I. ist sachlich geboten, weil Überwiegendes dafürspricht, dass sich die aus dem Bericht hervorgehende Zweiteilung des Aufstellungsraumes für die geplanten WEA des Repowering-Projektes, die sich in unterschiedlichen Abschaltempfehlungen spiegelt, auf die Aufstellungsorte der zwölf Bestands-WEA übertragen lässt. Soweit dann die Abschaltempfehlungen Nr. 1 für die Antragstellerin günstiger ausfallen als die Abschaltanordnung des Antragsgegners, löst dies zumindest einen besonderen naturschutzfachlichen Rechtfertigungsbedarf für den Umfang der angeordneten Abschaltungen aus, dem weder die Begründung des angefochtenen Bescheides noch das Vorbringen des Antragsgegners im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Rechnung tragen.

Dieser Rechtfertigungsbedarf entfällt nicht etwa deshalb, weil die zwölf Bestands-WEA einerseits und die geplanten neun WEA des Repowering-Projektes anderseits unterschiedliche Nabenhöhen und Rotorlängen aufweisen. Die Tiefen über Grund, bis zu denen die jeweiligen Rotoren herabreichen, betragen bezogen auf die Bestands-WEA 79,5 m (= 114,5 m - 70 m: 2) und für die geplanten Repowering-Anlagen 86,7 m (= 166,7 m - 160 m: 2). Dieses tiefere Herabreichen der Bestands-WEA spricht eher dafür, dass von ihnen im Vergleich zu den geplanten Repowering-Anlagen eine höhere als eine geringere Gefahr für die örtliche Fledermauspopulation ausgeht. Allerdings dürften sich die unter dem Blickwinkel der Gefährdung ungünstigen Effekte geringerer Bodenfreiheit der Bestands-WEA einerseits bzw. größerer Rotorlänge der geplanten WEA andererseits zumindest teilweise ausgleichen. Der These der Antragstellerin, bereits die unterschiedlichen Dimensionen der Anlagen schlössen eine Übertragung von Ergebnissen des Berichts der I. auf die Bestands-WEA aus, vermag der Senat deshalb nicht zu folgen.

Es ist allerdings nicht zu erkennen, dass sich der besondere naturschutzfachliche Rechtfertigungsbedarf der Abschaltanordnung auch auf jene Bestands-WEA erstreckt, deren Standorte in Bereichen liegen, die sowohl naturräumlich als auch betreffend die dort vorkommenden Fledermausarten eher denjenigen Standorten des Repowering-Projekts vergleichbar sind, für die nicht die Abschaltempfehlung Nr. 1, sondern die Abschaltempfehlung Nr. 2 des Berichts der I. (d. h. Abschaltungen vom 1. Apr. bis 31. Okt. von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bei bis zu 7,5 m/s) gilt. Deshalb werden von der teilweisen Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs die im Tenor dieses Beschlusses nicht genannten fünf weiteren Bestands-WEA ausgenommen.

Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 80c Abs. 2 Satz 1 VwGO sieht der Senat im vorliegenden Falle nicht als gegeben an, selbst wenn man in Erwägung zöge, Fehler bei der Zusammenstellung des einer Ermessenentscheidung zugrundeliegenden Materials als entsprechenden Mangel zu betrachten.

Soweit hiernach eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung erfolgt, ist auch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Androhung eines Zwangsgeldes anzuordnen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 26.9.2019 - 12 ME 141/19 -, DAR 2020, 113 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 14). Denn derzeit ist nicht zu erwarten, dass in Gestalt einer Unanfechtbarkeit der Grundverfügung oder des Wegfalls der aufschiebenden Wirkung des gegen sie erhobenen Rechtsbehelfs die Voraussetzungen des § 64 Abs. 1 letzter Gliedsatz NPOG dafür eintreten könnten, dass rechtmäßig vollstreckt werden darf. Damit besteht auch kein anzuerkennendes Vollzugsinteresse mehr daran, dass das durch § 64 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 NPOG angeordnete Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Androhung des Zwangsmittels aufrechterhalten bleibt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 4.7.2017 - 12 ME 77/17 -, juris, Rn. 21).

2. Im Übrigen ist der Eilantrag der Antragstellerin unbegründet. Denn der Antragsgegner hat das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung in einer den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet und gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse; der Rechtsbehelf wird aus den folgenden Gründen insoweit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben. Einer näheren Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Antragstellerin zu § 80c Abs. 4 VwGO, der eine - nur bei offenen Erfolgsaussichten gebotene - Vollzugsfolgenabwägung voraussetzt, bedarf es daher nicht.

a) Es fehlt nicht deshalb an einer wirksamen Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides, weil dem Antragsgegner ein Fehler in der Bezeichnung der Antragstellerin unterlaufen ist; denn diese Fehlbezeichnung stellte eine offenbare Unrichtigkeit dar, durch die das Verständnis der Verfügung nicht beeinträchtigt wurde (s. o. unter II. 1.).

b) Im Ausgangspunkt beanstandet die Antragstellerin zu Recht, dass der Antragsgegner vor dem Erlass des angefochtenen Bescheides vom 17. Mai 2023 ihre gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) gebotene Anhörung zu der beabsichtigten Abschaltanordnung unterlassen hat. Denn die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG, unter denen von einer solchen Anhörung hätte abgesehen werden können, lagen nicht vor. Soweit die Abschaltregelung Zeiträume ab dem 1. Juli 2023 betrifft, ergibt sich das jedenfalls daraus, dass Mitte Mai 2023 (eindeutig) keine sofortige Entscheidung über die Gefahrenabwehr für noch derart entfernte Zeiträume notwendig erscheinen konnte. Aber auch im Übrigen blieb dem Antragsgegner genügend Zeit für eine kurzfristige Anhörung der Antragstellerin. Das ergibt sich aus deren zutreffenden, oben unter I. 2. b) wiedergegebenen Argumenten.

Dahinstehen kann, ob der Antragsgegner als Widerspruchsbehörde gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) während des gerichtlichen Verfahrens den Anhörungsmangel geheilt hat, indem er in seinem Schreiben vom 25. September 2023 (Bl. 69 GA) der Antragstellerin eine (inzwischen verstrichene) Anhörungsfrist bis zum 11. Oktober 2023 setzte. Gegen die erforderliche Ernsthaftigkeit seines Heilungsversuchs spricht allerdings, dass er weder die sofortige Vollziehung seines angefochtenen Bescheides - und sei es auch nur zeitweilig zur Prüfung von Einwänden der Antragstellerin - ausgesetzt (§ 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO) hatte, noch eine substantiierte fachliche Auseinandersetzung mit jenen Gesichtspunkten stattgefunden hat, die - wie oben unter II. 1. ausgeführt - hier immerhin zum teilweisen Erfolg des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führen.

Das kann jedoch deshalb dahinstehen, weil unter Berücksichtigung des in den hiesigen Beschlussgründen bewerteten Vorbringens der Antragstellerin davon auszugehen ist, dass der Anhörungsmangel nicht zu einem weiteren (über die Reichweite des unter II. 1. Umrissenen hinausgehenden) Erfolg ihres Widerspruchs führen wird. Denn insoweit spricht Überwiegendes dafür, dass der Anhörungsmangel die Entscheidung des Antragsgegners vom 17. Mai 2023 in der Sache nicht beeinflusst hat (§ 46 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG).

Als Rahmen dieser gerichtlichen Bewertung werden dabei drei Faktoren wirksam:

Zum ersten erfährt die Vermutung des § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG keine Berücksichtigung, weil auf den Widerspruch der Antragstellerin zwar (gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG) das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Anwendung findet, davon hier aber - wie § 4 Abs. 5 UmwRG klarstellt (vgl. Kment, in: Beckmann/Kment [Hrsg.], UVPG/UmwRG, 6. Aufl. 2023, § 4 Rn. 11) - das spezielle Fehlerfolgenregime des § 4 UmwRG ausgenommen ist. Denn der angefochtene Bescheid des Antragsgegners vom 17. Mai 2023 zählt zu den Verwaltungsakten (i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG) über Überwachungsmaßnahmen (vgl. zum Begriff: Kment, a. a. O., § 4 Rn. 11) zur Durchführung einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) UmwRG, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften (i. S. d. § 1 Abs. 4 Nr. 1 UmwRG) des Bundesrechts dienen.

Zum zweiten ist dem Antragsgegner durch Nr. 2 Satz 2 und Nr. 1.5 des Anhangs des Windenergieerlasses n. F. (i. V. m. Nr. 5.2. des Windenergieerlasses a. F.) intern die Anwendung des Artenschutzleitfadens auch bei der naturschutzbehördlichen Überwachung von WEA verbindlich vorgegeben und stellen sich hiernach (vgl. Nr. 7.3 des Artenschutzleitfadens) bei Gefährdung WEA-sensibler Fledermäuse nachturschutzfachlich die temporären Abschaltungen von WEA als einzig wirksame Minimierungsmaßnahme dar.

Drittens ergeben sich aus dem Vorbringen der Antragstellerin im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes keine rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte, derentwegen der Antragsgegner über die oben unter II. 1. genannten Aspekte hinaus weiteren begründeten Anlass zu etwaigen Modifikationen seiner Verfügung gehabt hätte.

c) Voraussichtlich erfolglos beanstandet die Antragstellerin, dass sich die Untere Naturschutzbehörde für (sachlich) zuständig gehalten und den Bescheid vom 17. Mai 2023 zu Unrecht anstelle der Immissionsschutzbehörde erlassen habe, weil der angefochtene Verwaltungsakt seiner wahren Natur nach als Genehmigungsteilwiderruf einzuordnen sei. Dieser Rüge fehlt allerdings schon unabhängig von der Frage nach der materiell-rechtlich einschlägigen Ermächtigungsgrundlage die Überzeugungskraft. Denn bei dem Antragsgegner liegt nicht nur gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG i. V. m. den §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie 32 Abs. 2 NNatSchG die sachliche Zuständigkeit für die Aufgaben der Unteren Naturschutzbehörde, sondern gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Nr. 8.1 Buchst. a) UmArbZustVO auch diejenige für die Aufgaben des (Teil-)Widerrufs immissionsschutzrechtlicher Betriebsgenehmigungen von WEA. Darauf, welcher Fachdienst im Hause des Antragsgegners tätig geworden ist, kommt es dabei für die Wahrung der sachlichen Zuständigkeit der Behörde (im Sinne des § 1 Abs. 4 NVwVfG) nicht an. Denn mangels hinreichender eigener Verselbständigung haben Fachdienste und dgl. keine eigene Behördenqualität (vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 1 Rnrn. 240 f.), sodass etwaige Verletzungen ihrer (nur) internen Zuständigkeiten im Außenverhältnis für die Antragstellerin nicht rügefähig sind.

d) Zu Unrecht macht die Antragstellerin geltend, dass sich entgegen der Rechtsprechung des beschließenden Senats (u. a. Urt. v. 5.7.2022 - 12 KS 121/21 -, ZNER 2022, 396 ff., hier zitiert nach juris, Rnrn. 35 ff.) nachträgliche Abschaltanordnungen der vorliegenden Art nicht auf die Bejahung eines Verstoßes gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Satz 2 Nr. 1) und die Heranziehung der Ermächtigungsgrundlage des § 3 Abs. 2 BNatSchG stützen ließen.

Insoweit bedarf es hier keiner näheren Auseinandersetzung mit der von der Antragstellerin problematisierten Übertragbarkeit älterer, nicht unmittelbar einschlägiger, höchstrichterlicher Judikate auf die vorliegende Fallgestaltung.

Inzwischen ist nämlich das Gegenteil der von der Antragstellerin vertretenen Rechtsauffassung in der aktuellen Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 19.12.2023 - BVerwG 7 C 4.22 -, juris, Rn. 14 ff.), der der beschließende Senat folgt, ausgeurteilt.

Nach dieser Rechtsprechung wird die Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestands beim Betrieb einer WEA, und damit die Nichteinhaltung von Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes, vom Vorliegen einer - wie hier - bestandskräftigen immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung nicht generell ausgeschlossen. Im Immissionsschutzrecht gibt es auch keinen allgemeinen Grundsatz, wonach dem Anlagenbetreiber eingeräumte Rechtspositionen trotz wesentlicher Änderungen der Sach- oder Rechtslage zu belassen wären oder nur gegen Entschädigung entzogen werden dürften. Denn die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erschöpfen sich nicht in ihrer Funktion als Zulassungsvoraussetzung (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG). Sie begründen vielmehr auch und in erster Linie unmittelbar und dauerhaft geltende, sanktionsbewehrte (vgl. §§ 69 Abs. 2, 71 Abs. 1 und 71a Abs. 1 BNatSchG) Verhaltenspflichten. Zwar ist aufgrund der Tatbestandswirkung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der genehmigte Anlagenbetrieb auch im Hinblick auf § 44 Abs. 1 BNatSchG als rechtmäßig anzusehen. Das gilt aber nur in den Grenzen der auf den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung bezogenen Feststellungswirkung der Genehmigung. Eine generelle, auch nachträgliche Veränderungen einschließende Freistellung genehmigter Vorhaben von artenschutzrechtlichen Verboten wäre dagegen mit den zugrundeliegenden unionsrechtlichen Vorgaben aus den Art. 12, 13 und 16 FFH-RL sowie den Art. 5 und 9 VS-RL unvereinbar. Der Umstand, dass eine Handlung als solche rechtmäßig ist, rechtfertigt keine Abweichung von diesen Verboten. Jeder Eingriff, der geschützte Arten betrifft, darf nur auf der Grundlage von Entscheidungen genehmigt werden, die mit einer genauen und angemessenen Begründung versehen sind, in der auf die in Art. 16 FFH-RL bzw. Art. 9 VS-RL für zulässige Abweichungen vorgesehenen Gründe, Bedingungen und Anforderungen Bezug genommen wird. Anders als die Antragstellerin meint, können deshalb durch ihre genehmigten WEA hervorgerufene Beeinträchtigungen von Fledermäusen (der sämtlich besonders geschützten europäischen Arten) weder pauschal als "sozialadäquat" betrachtet werden, noch lässt sich solchen Beeinträchtigungen der ordnungsrechtliche Gefahrencharakter absprechen. Zugleich zeigt sich hierin die von der Antragstellerin in Abrede gestellte Dynamik der Pflichtenstellung des Betreibers einer genehmigten Anlage in Bezug auf die Einhaltung des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots. Es rechtfertigt nicht den Schluss, dass ihre WEA insoweit größeren Schutz genössen als im Bereich der dynamischen Betreiberpflichten nach § 5 BImSchG, dass das Bundes-Immissionsschutzgesetz im Bereich der öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG weder eine ausdrückliche Anpassungspflicht bestimmt noch spezielle Ermächtigungsgrundlagen für die Umsetzung nachträglicher Änderungen vorsieht. Vielmehr beurteilen sich im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG das Bestehen und die Reichweite von Anpassungspflichten an nachträgliche rechtliche oder tatsächliche Änderungen sowie die Durchsetzung dieser Pflichten nach dem jeweils einschlägigen Fachrecht, hier also nach den §§ 44 Abs. 1 und 5 sowie 3 Abs. 2 BNatSchG.

Zwar findet die Befugnis der Naturschutzbehörden zum Erlass nachträglicher artenschutzrechtlicher Anordnungen nach § 3 Abs. 2 BNatSchG zulasten immissionsschutzrechtlich genehmigter WEA eine Grenze in der Feststellungswirkung als Element der Tatbestandswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Aufgrund der Anknüpfung an den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung erstreckt sich die Feststellungswirkung aber nicht auf nachträgliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage.

Eine weitere Grenze der Befugnis der Naturschutzbehörden zum Erlass nachträglicher Anordnungen nach § 3 Abs. 2 BNatSchG ergibt sich daraus, dass die Anordnung keine (Teil-)Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bewirken darf, weil derartige Regelungen nur gestützt auf § 21 BImSchG (Widerruf) oder § 48 VwVfG (Rücknahme) - und unter Wahrung der dort geregelten Voraussetzungen - von der zuständigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde erlassen werden dürfen. Die Abgrenzung muss dabei nach dem Inhalt der behördlichen Entscheidung bezogen auf eine erteilte Genehmigung erfolgen. Dabei ist davon auszugehen, dass jedenfalls dann nur eine nachträgliche Anordnung und kein Teilwiderruf vorliegt, wenn sich die betreffende Regelung bei Genehmigungserteilung lediglich als Nebenbestimmung und nicht als inhaltliche Einschränkung bzw. Teilversagung der Genehmigung dargestellt hätte. Bei der in einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für eine WEA getroffenen Regelung, die Anlage aus Gründen des Artenschutzes zu bestimmten Zeiten abzuschalten, handelt es sich aber regelmäßig um eine Nebenstimmung in Form einer Auflage, nicht um eine Inhaltsbestimmung.

Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Einwände genereller Unanwendbarkeit des § 3 Abs. 2 BNatSchG bzw. eines Formenmissbrauchs der Norm infolge ihre Anwendung auf eine - (vermeintlich) allenfalls in Betracht zu ziehende - Konstellationen des Teilwiderrufs der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung als unberechtigt.

aa) Die Feststellungswirkung der Genehmigung vom 22. Oktober 2002 steht der Anwendung des § 3 Abs. 2 BNatSchG nicht entgegen; denn es liegt eine nachträgliche Änderung der damaligen Sachlage vor. Wie sich den oben unter I. getroffenen tatsächlichen Feststellungen über den Inhalt des genannten Genehmigungsbescheides und der in ihm in Bezug genommenen Unterlagen entnehmen lässt, wurde eine Schlaggefährdung von Fledermäusen in dem Bescheid nämlich weder thematisiert, bewertet noch gar durch Nebenbestimmungen bewältigt. Denn zum Zeitpunkt des Ergehens des Genehmigungsbescheides in 2002 war in Wissenschaft und Verwaltung noch kein hinreichendes "Problembewusstsein" hinsichtlich der Schlaggefährdung von Fledermäusen vorhanden. Zwar gab schon zuvor vereinzelt einschlägige Aufsätze (Bach, L. [2001], Fledermäuse und Windenergienutzung - reale Probleme oder Einbildung?). Erste, zum Teil unveröffentlichte Studien zu Fledermaus-Schlagopfern an WEA und zu Abschaltungen zu deren Reduktion gab es in Deutschland aber erst Mitte der 2000er Jahre (vgl. KNE [2023]: Anfrage Nr. 279 zur Anzahl der WEA an Land mit Abschaltungen zum Fledermausschutz. Aktualisierte Antwort v. 2.5.2023, S. 2, unter 2.). Die maßgebliche Erforschung von Schlagopferzahlen an einer größeren Zahl von WEA und die Entwicklung von Abschaltlogarithmen erfolgte sodann in den Jahren 2007 bis 2009 im sogenannten Renebat I Vorhaben. Die Ergebnisse und Empfehlungen zur Vorgehensweise bei der Ermittlung und Festlegung von (pauschalen) Abschaltungen sowie zur Durchführung von Gondelmonitorings wurden dann durch Brinkmann et al. (2011) veröffentlich. Deshalb kann insbesondere nicht angenommen werden, dass mit der Aussage unter 6.1.1.2 der Begründung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. ... wo es heißt, "Weitere Tiergruppen werden durch den Betrieb von Windparks i. d. R. nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt.", eine bewusste Bewertung der Schlaggefährdung von Fledermäusen (als unwesentlich) vorgenommen worden ist. Es ist folglich auch nicht anzunehmen, dass sich der Antragsgegner eine solche Bewertung in dem Genehmigungsbescheid vom 22. Oktober 2002 - bezogen auf Fledermäuse - zu eigen gemachte hätte oder ihn die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin (entsprechend den §§ 133 und 157 BGB) in dieser Weise hätte verstehen dürfen. Vielmehr verhält sich der Genehmigungsbescheid vom 22. Oktober 2002 gar nicht zu einer Schlaggefährdung von Fledermäusen, weil die Problematik damals behördlich noch unbekannt war. Folglich ist die erteilte Genehmigung auch nicht dahin zu interpretieren, dass mit ihr eine Feststellung der Vereinbarkeit des Betriebs der zwölf Bestands-WEA mit etwaigen artenschutzrechtlichen Vorgaben des Fledermausschutzes verbunden gewesen sei. Deshalb kann offenbleiben, ob sich ihre Bestandskraft gegen eine lediglich veränderte Bewertung einer als solcher unveränderten Tatsachengrundlage durchsetzen könnte. Jedenfalls neue Erkenntnisse über die Auswirkungen von WEA - wie sie hier seit 2002 umfänglich gewonnen wurden - sind nämlich bei der Bestimmung der dynamischen Betreiberpflichten aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG stets zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.2023 - BVerwG 7 C 4.22 -, juris, Rn. 36). Dagegen, dass aus ihnen auf der Grundlage des § 3 Abs. 2 BNatSchG nachträglich einschränkende Konsequenzen für den Betrieb von Bestands-WEA gezogen werden, schirmt die Feststellungswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht ab.

bb) Die Anwendung des § 3 Abs. 2 BNatSchG stößt vorliegend auch nicht an jene weitere Grenze, wonach die Anordnung vom 17. Mai 2023 keine (Teil-)Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22. Oktober 2002 bewirken darf. Angesichts der Tatsache, dass Inhalt und Ausmaß der hier angeordneten Betriebsbeschränkungen sich in dem Rahmen halten, der für immissionsschutzrechtliche Betriebsgenehmigungen unter Nr. 7.2 des Artenschutzleitfadens ausdrücklich vorgesehen ist, handelt es sich nach Gegenstand und Umfang um eine Regelung, die typischerweise als Auflage einer immissionsschutzrechtlichen (Errichtungs- und) Betriebsgenehmigung erlassen wird. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass die Antragstellerin geltend macht, ihre Bestands-WEA ließen sich mit Abschaltlogarithmen nicht nachrüsten, sodass sie faktisch zu weiterreichenden Abschaltungen (durchgängig zwischen Sonnenauf- und -untergang) gezwungen sei, als angeordnet wurden. Denn das ist allenfalls ein Problem der Verhältnismäßigkeit der Verfügung vom 17. Mai 2023. Diese Verhältnismäßigkeit zählt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.2023 - BVerwG 7 C 4.22 -, juris, Rn. 22), welcher der beschließende Senat nunmehr folgt, aber nicht zu den Kriterien, die eine Abgrenzung zu einer teilweisen Aufhebung gestatten.

e) Entgegen der Kritik der Antragstellerin sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten des Antragsgegners auf der Grundlage des § 3 Abs. 2 BNatSchG (wegen der Nichteinhaltung des Tötungs- und Verletzungsverbotes gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatschG) durch den Betrieb der zwölf Bestands-WEA erfüllt.

Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es u. a. verboten, wildlebende Tiere zu verletzen oder zu töten. Darunter fallen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b Doppelbuchst. aa BNatSchG i. V. m. Anhang IV Buchst. a der FFH-RL alle Arten Fledermäuse. Nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG liegt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG jedoch nicht vor, wenn die in Rede stehende Beeinträchtigung das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann. Das anhand einer wertenden Betrachtung auszufüllende Kriterium der Signifikanz trägt dem Umstand Rechnung, dass für Tiere bereits vorhabenunabhängig ein allgemeines Tötungs- und Verletzungsrisiko besteht, welches sich nicht nur aus dem allgemeinen Naturgeschehen ergibt, sondern auch dann sozialadäquat sein kann und deshalb hinzunehmen ist, wenn es zwar vom Menschen verursacht ist, aber nur einzelne Individuen betrifft. Denn tierisches Leben existiert nicht in einer unberührten, sondern in einer von Menschen gestalteten Landschaft. Nur innerhalb dieses Rahmens greift der Schutz des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos erfordert Anhaltspunkte dafür, dass sich dieses Risiko durch den Betrieb einer Anlage deutlich steigert; dafür genügt weder, dass einzelne Exemplare etwa durch Kollisionen zu Schaden kommen, noch, dass im Eingriffsbereich überhaupt Exemplare betroffener Arten angetroffen worden sind. Dieser Maßstab gilt gleichermaßen für die Genehmigung von Vorhaben wie für nachträgliche artenschutzrechtliche Anordnungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.2023 - BVerwG 7 C 4.22 -, juris, Rn. 29, und zusammenfassend: Beschl. v. 7.1.2020 - BVerwG 4 B 20.19 -, juris, Rn. 5, m. w. N.).

Daran ändert auch die Beweislastverteilung nichts. Anders als im Genehmigungsverfahren, in dem der potentielle Anlagenbetreiber nachzuweisen hat, dass die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen, mithin auch § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG dem Vorhaben nicht entgegensteht, trifft zwar im Fall der nachträglichen Anordnung nach § 3 Abs. 2 BNatSchG die Behörde die materielle Beweislast für einen solchen Verstoß. Anhand der materiellen Beweislast beantwortet sich im Verwaltungsverfahren (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 24 Rn. 40) und im nachfolgenden Verwaltungsprozess (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 86 Rn. 5) aber nur die Frage, zu wessen Lasten die Unaufklärbarkeit einer Hauptbeweistatsache (vgl. Laumen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 15. Aufl. 2023, § 284 Rn. 13) geht, wenn sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens (vgl. für den Verwaltungsprozess § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), d. h. aufgrund umfassender Sachverhalts- und Beweiswürdigung, weder die volle Überzeugung vom Vorliegen noch vom Nichtvorliegen dieser Hauptbeweistatsache hat gewinnen lassen. Die Beweislast greift daher erst nach einer abgeschlossenen Beweiswürdigung ein (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 23.2.2024 - 12 ME 130/23 -, juris, Rnrn. 24 und 34). Um die Überzeugung vom Vorliegen der Hauptbeweistatsache (hier Anzahl und Häufigkeit des Auftretens schlaggefährdeter Fledermäuse in Höhe der Rotoren) zu gewinnen, können unterschiedliche Arten der Beweisführung (vgl. Laumen, a. a. O., § 284 Rnrn. 12 und 17) gewählt werden. Gerade auf dem hiesigen Feld einer Gefahrenabwehr kann dazu eine mittelbare Beweisführung (Indizienbeweis) ausreichen, obwohl sie mit einer - in der Natur der Sache liegenden - Unschärfe der tatsächlichen Feststellungen einhergeht (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 23.2.2024 - 12 ME 130/23 -, juris, Rn. 26).

aa) Vor diesem rechtlichen Hintergrund macht die Antragstellerin ohne Erfolg geltend, der Nachweis eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos sei mittels der Ergebnisse nur bodengebundener Untersuchungen nicht hinreichend zu führen und geführt worden.

Bodengebundene Untersuchungen gestatten sehr wohl belastbare (mittelbare) Rückschlüsse auf eine Schlagopfergefährdung von Fledermäusen in Höhe der Rotoren einer WEA. Denn sie verschaffen Erkenntnisse über das Auftreten WEA-empfindlicher Fledermäuse im bodennahen Umfeld des WEA-Standorts, die in Kombination mit dem Erfahrungswissen über das jeweilige artspezifische Verhalten der Tiere Aussagen über deren zu erwartendes Auftreten (auch) in Rotorhöhe erlauben. Soweit die Antragstellerin dies schlechthin in Abrede stellt, liegt ihr Vortrag neben der Sache. Träfe ihr Einwand tatsächlich zu, hätte es im Übrigen keinen Sinn, bodengebundene Untersuchungen im Vorfeld der WEA-Zulassung zu fordern (so aber Nrn. 5.2.1 bis 5.2.4 des Artenschutzleitfadens). Problematisieren lässt sich also lediglich, dass die Erkenntnis über das genaue Ausmaß eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos, die sich durch bodengebundene Untersuchungen gewinnen lässt, hinter derjenigen zurückbleibt, die ein Gondelmonitoring verschafft.

Der geringere Erkenntnisgewinn (nur) bodengebundener Untersuchungen rechtfertigt es aber nicht, deshalb ein Gondelmonitoring als Voraussetzung des behördlichen Einschreitens auf naturschutzrechtlicher Grundlage zu betrachten. Lässt sich das genaue Ausmaß (einer dem Grunde nach bereits bodengebunden nachgewiesenen) signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos nicht durch kurzfristige Ermittlungen (zu denen kein zeitraubendes Gondelmonitoring gehören kann) aufklären, darf vielmehr die Naturschutzbehörde - um überhaupt zeitgerecht einschreiten zu können - die vorliegenden Erkenntnisse (vorläufig) abschließend würdigen und (bis auf weiteres) das volle nach den Umständen des Falles wahrscheinliche Ausmaß einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos der Bemessung ihrer naturschutzrechtlichen (Abwehr-)Maßnahmen zugrunde legen. Hierzu bedarf es - wegen der bei Planung und Genehmigung von WEA anders gearteten Sachlage (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.2023 - BVerwG 7 C 4.22 -, juris, Rn. 33, und Nds. OVG, Urt. v. 5.7.2022 - 12 KS 121/21-, ZNER 2022, 396 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 78) - nicht einmal zwingend bodengebundener Untersuchungen, die sich (wie hier) am Maßstab des Artenschutzleitfadens orientiert haben.

Derart valide Untersuchungen genügen als Erkenntnisgrundlage regelmäßig. Dabei ist die Naturschutzbehörde nicht gezwungen, das wahrscheinliche Ausmaß einer in ihnen prognostizierten signifikanten Risikoerhöhung quasi in zwei Teile aufzuspalten, indem sie ihren Abwehrmaßnahmen nur gesicherte Mindestannahmen über diese Risikoerhöhung zugrunde legt und im Übrigen - Wahrscheinlichkeiten ausblendend - eine Beweislastentscheidung zugunsten des betroffenen Betreibers trifft. Denn auch das hieße, die Tötung oder Verletzung strenggeschützter Fledermäuse "sehenden Auges" in Kauf zu nehmen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 5.7.2022 - 12 KS 121/21-, a. a. O. juris, Rn. 78, am Ende). Vielmehr besteht, auch soweit und solange auf der Grundlage (nur) bodengebundener Untersuchungen eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos (naturschutzfachlich korrekt) prognostiziert ist, die über gesicherte Mindestannahmen hinausreicht, eine hinreichende Grundlage für die Annahme einer signifikanten Risikoerhöhung, die angesichts des tödlichen Charakters einer Schlaggefährdung bereits Maßnahmen der Gefahrenabwehr rechtfertigt (vgl. Götz/Geis, Allg. Polizei- und OrdnungsR, 17. Aufl. 2022, § 12 Rn. 32; Bäcker, in: Lisken/Denninger, HdB d. PolR, 7. Aufl. 2021, Kap. D., Rnrn. 115 ff.). Dies gilt im immissionsschutzrechtlichen Verfahren zur Genehmigung der WEA eines Repowering-Projekts genauso wie im naturschutzrechtlichen Verfahren wegen nachträglicher Abschaltung der später abzubauenden Bestands-WEA - sofern sich eine fachgutachterliche Risikoprognose auch auf Letztere übertragen lässt. Es ist daher unrichtig, bereits aus der unterschiedlichen Beweislastverteilung in diesen beiden Verwaltungsverfahren abzuleiten, dass sich der Umfang der Abschaltungen zum Fledermausschutz unterscheiden müsse, je nachdem, ob diese im Genehmigungsverfahren beauflagt oder nachträglich auf naturschutzrechtlicher Grundlage angeordnet würden. Da das Artenschutzrecht das maßgebliche Schutzniveau in beiden Konstellationen gleichermaßen abschließend konkretisiert, kann auch nicht auf der Grundlage des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG und wegen der aus Luft-Verwirbelungen resultierenden Gefahren des Barotraumas ein aus "Vorsorgegründen" erhöhtes Schutzniveau des Genehmigungsverfahrens reklamiert werden.

Vor diesem Hintergrund ist ein Gondelmonitoring regelmäßig nur das geeignete Mittel, um längerfristig Erkenntnisse über jenen - soeben umrissenen - Bereich eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos zu gewinnen, der über gesicherte Mindestannahmen hinausgeht, sodass die auf ihn bezogene teilweise Widerlegung einer (nur) bodengebunden erstellten fachgutachterlichen Gefahrenprognose als möglich erscheint.

Das vorliegende Eilverfahren nötigt nicht zur Beantwortung der Frage, wie ein solches Gondelmonitoring, wenn es nach dem hier angefochtenen Einschreiten der Naturschutzbehörde stattfinden sollte, rechtlich einzuordnen wäre.

bb) Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Ergebnisse der hier für das Repowering-Projekt durchgeführten (nur) bodengebundenen Untersuchungen sehr wohl als Erkenntnisgrundlage zur Beurteilung der Erforderlichkeit nachträglicher, auf das Naturschutzrecht gestützter Abschaltungen der Bestands-WEA im Interesse des Fledermausschutzes dienen können. Wie bereits oben unter II. 1. ausgeführt, schließen insbesondere die unterschiedliche Anlagenhöhe und Rotorlänge der projektierten WEA einerseits und der Bestands-WEA andererseits eine Übertragung gutachterlicher Empfehlungen für das Repowering-Projekt auf die Bestands-WEA nicht aus.

cc) Zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Vorkommen und die Aktivitäten schlaggefährdeter Fledermäuse ist die zuständige Naturschutzbehörde - selbstverständlich - nicht auf die Ergebnisse eigener Ermittlungen (im Sinne selbst beauftragter oder durchgeführter fachgutachterlicher Erhebungen) beschränkt. Die Erhöhung des Risikos kollisionsbedingter Verluste kommt bei Fledermäusen jedenfalls dann in Betracht, wenn durch die WEA Hauptflugrouten oder bevorzugte Jagdgebiete betroffen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.4.2016 - BVerwG 9 A 9.15 -, BVerwGE 155, 91, Rn. 141 m. w. N., v. 6.4.2017 - BVerwG 4 A 16.16 -, NVwZ-RR 2017, 768, Rn. 77, und v. 5.10.2021 - BVerwG 7 A 13.20 -, BVerwGE 173, 296, Rn. 53).

Das ist hier der Fall - wie aus den Standorten der zwölf Bestands-WEA (vgl. das Luftbild unter I.) und der ersten der beiden nachfolgenden Abbildungen (S. 74, Abb. 47, Anlage 3) geschlossen werden kann, in der die Funktionsräume der Fledermäuse dargestellt sind. Ein gehäuftes Auftreten gerade schlaggefährdeter Arten im Umfeld der Bestands-WEA ist (neben der oben unter I. wiedergegebenen Auswertung des Berichts der I. im Fachbeitrag vom 6. Februar 2023) u. a. der zweiten der nachfolgenden Abbildungen (S. 24, Abb. 4, Anlage 3) zu entnehmen.

Zwar wird die Relevanz dieser fachgutachterlichen Feststellungen von der Antragstellerin bestritten, indem sie mit ihrem oben unter I. 2. e) cc) wiedergegebenen Vortrag einzelne, ihr günstige scheinende Passagen aus dem Bericht der I. - vom September 2022 hervorhebt, um zu belegen, dass dieses Gutachten seinen Vorschlägen einen rechtlich unzutreffenden Vorsorgemaßstab zugrunde lege und dass seine Empfehlungen auf (nach dem Maßstab des Artenschutzleitfadens) unzureichenden Feststellungen über die Aktivitätsdichte schlaggefährdeter Fledermäuse beruhten.

Damit dringt sie indessen nicht durch. Denn die Gutachter der I. sind keine Juristen, sodass aus ihrer Verwendung von Begriffen wie "Vorsorge" keine eindeutige Verbindung zu bestimmten rechtlichen Maßstäben (wie etwa zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) hergestellt werden kann. Dagegen wird aus den gutachterlichen Empfehlungen der I. (vgl. S. 88 ff., unter 4.6.2, Anl. 3) deutlich, dass die vorgeschlagenen Abschaltungen nicht einer abstrakten "Vorsorge" dienen, sondern für erforderlich gehalten werden, um das konkrete Kollisionsrisiko für Individuen der schlaggefährdeten Fledermausarten "unter die Erheblichkeit zu minimieren". Angesichts insoweit fehlender normativer Maßstäbe oder allgemein anerkannter fachwissenschaftlicher Standards (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.2023 - BVerwG 7 C 4.22 -, juris, Rn. 32) kann - zumal im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - keine ins Einzelne gehende, gerichtliche Bewertung der gutachterlichen Prognose einer (ohne die empfohlenen Maßnahmen) signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos stattfinden. Insbesondere die Aufzählung unter Nr. 5.2 des Artenschutzleitfadens von drei Voraussetzungen, unter denen ein erhöhtes betriebsbedingtes Tötungsrisiko "vor allem" gegeben sein soll, eignet sich nämlich nicht für den rechtlichen Umkehrschluss, dass eine signifikante Erhöhung dieses Risikos nur anzunehmen sei, wenn zumindest eine dieser Voraussetzungen am Standort jeder betroffenen Bestands-WEA vorliege. Dementsprechend ist es auch nicht die Aufgabe des Gerichts, fachgutachterliche Feststellungen der I. - vom September 2022 für jede Bestands-WEA standortbezogen unter die Vorgaben des Artenschutzleitfadens zu subsumieren. Im Übrigen trägt die Antragstellerin selbst nicht substantiiert zur Situation an jeder einzelnen ihrer zwölf Bestands-WEA vor. Für die gerichtliche Entscheidung ausreichend ist es folglich festzuhalten, dass sich die Vorgaben des Artenschutzleitfadens durchaus mit der Annahme vereinbaren lassen, die von dem Antragsgegner angeordneten Abschaltungen seien zum Fledermausschutz erforderlich. Denn die Feststellungen der I. - vom September 2022 beschränken sich eben nicht darauf, ein irgendwie geartetes Vorkommen schlaggefährdeter Fledermausarten festzustellen und eine Gefährdungsvorsorge einzufordern, sondern sie enthalten nachvollziehbare Angaben über Aktivitätsschwerpunkte und deren Ursachen im Bereich des bestehenden Windparks. Deshalb beruft sich die Antragstellerin auch nicht zu Unrecht - hilfsweise - auf die ihr günstigen Teile der Empfehlungen der Gutachter. Sie berücksichtigt dabei aber nicht hinreichend, dass ihre unausgesprochene These, das Gutachten sei zwar für das Repowering-Projekt ihres Mutterkonzerns brauchbar, bezüglich der Bestands-WEA hingegen ohne Aussagekraft, angesichts vergleichbarer WEA-Standorte und -dimensionen sowie des aufgezeigten Gleichklangs der rechtlichen Maßstäbe nicht überzeugt.

f) Ohne Erfolg beanstandet die Antragstellerin eine Unverhältnismäßigkeit der Abschaltanordnung vom 17. Mai 2023. Soweit sie zur Begründung angeblicher Ungeeignetheit dieser Anordnung vorbringt, es sei ihr eine Nachrüstung der Bestand-WEA mit einer Abschalt-Software aufgegeben worden, die nicht erhältlich sei, trägt sie unrichtig vor. Es wurde ihr nämlich lediglich aufgegeben, die Bestands-WEA unter bestimmten Voraussetzungen abzuschalten; eine hierbei zu verwendende (technische oder personelle) Lösung wurde ihr nicht vorgeschrieben.

Zudem überzeugt es nicht, dass die Antragstellerin die Unmöglichkeit automatisierter Abschaltungen ihrer Bestands-WEA behauptet. Wie mittelbar aus der Auflage unter IV. 7. des Genehmigungsbescheides vom 22. Oktober 2002 gefolgert werden kann, sind diese WEA mit einer zeit- und strahlungsgesteuerten Abschaltvorrichtung versehen (oder lassen dies zumindest zu). Abschaltungen zu bestimmten Zeiten oder bei bestimmten Lichtverhältnissen (Sonnenauf- bzw. -untergang) dürften also automatisiert möglich sein. Software-Programme, die entsprechende zusätzliche Zeitschaltungen vorsehen, lassen sich sicherlich schreiben. Aber auch im Übrigen ist die Behauptung der Antragstellerin, ihre Bestands-WEA seien nicht nachzurüsten, unglaubhaft. Denn wenn keine "Standardlösung" für deren WEA-Modell angeboten wird, ist eine technische Lösung für den Einzelfall zu suchen. Im Hinblick auf das in der Auflage unter IV. 7. des Genehmigungsbescheids vom 22. Oktober 2002 erwähnte "Steuerungsprogramm" darf hier vorausgesetzt werden, dass sich die Bestands-WEA durch einen elektrischen Impuls abschalten lassen. Um den in dem angefochtenen Bescheid vom 17. Mai 2023 formulierten Voraussetzungen Rechnung zu tragen, unter denen Abschaltungen zwischen Sonnenauf- und -untergang witterungsbedingt entbehrlich sind, müsste zwar ein Impulsgeber an die elektrische Leitung für das Abschalten angeschlossen werden, der nicht nur mit einem Zeit-, sondern auch mit Wind-, Temperatur- und Regenmessern kombiniert ist. Einen derartigen Impulsgeber wird es aber zumindest für andere WEA-Modelle geben. Ihn an das Modell der Bestands-WEA anzupassen, kann keine elektrotechnische Unmöglichkeit sein. Die Rüge der Antragstellerin, eine Nachrüstung sei schon deshalb unverhältnismäßig, weil die Bestands-WEA "in den nächsten Jahren" zurückgebaut und durch moderne WEA ersetzt werden sollten, liegt neben der Sache. Denn angesichts der Dynamik der sich aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ergebenden Betreiberpflichten können keine jahrelang andauernden Pflichtverstöße hingenommen werden. Es wird weder von der Antragstellerin vorgetragen, noch ist es sonst zu erkennen, dass die Kosten der Nachrüstung unverhältnismäßig hoch seien.

g) Das (im Hinblick auf den unter II. 1. begründeten Teilerfolg des Eilantrags nur noch für den Zeitraum von Anfang August bis Ende September zu prüfende) Argument der Antragstellerin, dass die als Bedingung einer Abschaltung vom 1. Juli bis zum 31. Oktober festgesetzte Windgeschwindigkeit von bis zu 7,5 m/s nicht erforderlich, sondern deshalb generell zu hoch sei, weil das behördlich zitierte Fledermausgutachten eine überwiegende Aktivität der Tiere bei niedrigeren Windgeschwindigkeiten ergeben habe, überzeugt nicht. Denn aus den dafür zitierten Tabellen (S. 8 und 11, Anlage 3) ergibt sich lediglich, dass an den Tagen der Erhebungen kein starker Wind wehte. Das besagt aber nichts über das Verhalten der Fledermäuse bei höheren Windstärken.

i) Eine unzureichende Ermessensausübung des Antragsgegners folgt nicht daraus, dass er (angeblich) die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin nur pauschal und floskelhaft behandelt und den Belang des Klimaschutzes nicht in die Abwägung einbezogen habe.

Die von der Beklagten angeordneten Betriebsbeschränkungen stellen sich vielmehr - soweit der Eilantrag erfolglos bleibt - als verhältnismäßig dar (vgl. auch: BVerwG, Urt. v. 19.12.2023 - BVerwG 7 C 4.22 -, juris, Rn. 38). Die nachträglich angeordneten Abschaltzeiten entsprechen jenen, die der Artenschutzleitfaden (hinsichtlich einer Genehmigungserteilung) vorsieht und haben sich grundsätzlich als sachgerecht erwiesen. Der Anlagenbetrieb ist danach während sechs Monaten im Jahr, insbesondere im windstärkeren (Spät-)Herbst und Winter, uneingeschränkt möglich, und auch während der von der Anordnung betroffenen Monate können die Anlagen tagsüber ohne Beschränkung genutzt werden. Lediglich in den - im Frühjahr und Sommer vergleichsweise kurzen - Nächten sind die WEA abzuschalten, und auch dann nur unter den im dem angefochtenen Bescheid vom 17. Mai 2023 näher bezeichneten weiteren Voraussetzungen. Aus diesen Vorgaben folgt nur eine geringfügige Einschränkung der Nutzbarkeit der vorhandenen Genehmigung vom 22. Februar 2002, wenn die Antragstellerin Nachrüstungen vornimmt, deren Zumutbarkeit sich nicht darauf beschränkt, Veränderungen an einer Programmierung vorzunehmen. Soweit die Antragstellerin Gewinneinbußen erleidet, die daraus resultieren, dass sie ihre Bestands-WEA zwischen Sonnenauf- und -untergang ausnahmslos abschaltet, kann das dem Antragsgegner nicht angelastet werden. Denn darauf, dass sie angesichts ihrer dynamischen artenschutzrechtlichen Betreiberpflichten einmal zur Nachrüstung ihrer Bestands-WEA mit geeigneten Abschalteinrichtungen verpflichtet werden könnte, hatte sie sich einzustellen. Substantiierte Angaben zu dem Verhältnis zwischen ihren Gewinnen aus dem Betrieb der Bestands-WEA und den durch die Anordnung verursachten Verlusten hat die Antragstellerin nicht gemacht, sodass sie mit dieser Relation keine Unverhältnismäßigkeit der Verfügung zu begründen vermag. Gesichtspunkte des Klimaschutzes können eine womöglich jahrelange Duldung von Verstößen gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot nicht rechtfertigen. Sie erweitern den Rechtsrahmen nicht, den eine Energieerzeugung durch WEA einzuhalten hat. In die Ermessensausübung des Antragsgegners sind sie daher nicht einzustellen.

h) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin schließlich geltend, der Antragsgegner habe versäumt, die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme (als sie weniger belastende Maßnahme) zu prüfen, auf die sie sogar einen Anspruch habe.

Die Erteilung einer Ausnahme ist hier ausgeschlossen. Nach § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG darf eine Ausnahme nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind. Der Fortbetrieb der Bestand-WEA der Antragstellerin unter Hinnahme von wirtschaftlichen Einbußen, die - wovon hier derzeit auszugehen ist - die Grenzen der Verhältnismäßigkeit wahren, stellt eine in diesem Sinne zumutbare Alternative zum uneingeschränkten Anlagenbetrieb dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.12.2023 - BVerwG 7 C 4.22 -, juris, Rn. 41).

3. Soweit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Abschaltanordnung nicht wiederherzustellen ist, bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Zwangsgeldandrohung.

4. Die Kostenentscheidung fußt auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an Vorgaben unter "zu Nrn. 1 bis 5" (hier zu Nr. 3, Buchst. k), Buchst. d, unter Nr. 11 und unter Nr. 17, Buchst. b, des Streitwertkatalogs der mit Bau- und Immissionsschutzsachen befassten Senate des beschließenden Gerichts (NdsVBl. 2021, 247 ff.). Da die Antragstellerin nur einen jährlichen Verlust (716.000,- EUR für zwölf WEA) beziffert hat, wird für die Streitwertfestsetzung davon ausgegangen, dass ihr weitere gewinnmindernde Kosten nicht entstehen. Der Streitwert ist folglich für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die Hälfte des Dreifachen, also das 1,5-fache, des angegebenen jährlichen Verlusts (d. h. auf 1.074.000,- EUR) festzusetzen.

III.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).