Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 30.04.2024, Az.: 12 ME 19/24

Alkoholmissbrauch; Anhörung; Beibringungsanordnung; medizinisch-psychologisches Gutachten; Gutachtenanordnung; Rückrechnung; Sach- und Rechtslage; Trennungsvermögen Alkoholmissbrauch; maßgeblicher Zeitpunkt; Berichtigung eines Beschlusses durch Zustellung einer unter neuem Datum signierten Zweitfassung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
30.04.2024
Aktenzeichen
12 ME 19/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 14530
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0430.12ME19.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 23.01.2024 - AZ: 1 B 1/24

Amtlicher Leitsatz

Die Zustellung der korrigierten und unter aktuellem Datum erneut richterlich signierten Zweitfassung eines Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO kann als verfahrensfehlerhafte Berichtigung der zuvor bekanntgegebenen Erstfassung zu deuten sein und wirken. Trägt der Betroffene im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren erst nach der Anordnung seiner Begutachtung, aber noch vor dem Erlass des Bescheides ihn entlastende Tatsachen vor, kann deren Erheblichkeit unter anderem davon abhängen, ob der Gutachtenanordnung eine Anhörung des Betroffenen zu den behördlichen Eignungszweifeln vorausging.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 1. Kammer (Einzelrichterin) - vom 23. Januar 2024 in der Fassung des Beschlusses vom 14. Februar 2024 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der 1960 geborene Antragsteller dagegen, dass es die Vorinstanz abgelehnt hat, ihm vorläufigen Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehung des Bescheides des Antragsgegners vom 20. Dezember 2023 (Bl. 12 ff. der Gerichtsakte - GA -) zu gewähren. Durch diesen Bescheid wurde ihm die Fahrerlaubnis (u. a. der Klasse BE) entzogen, nachdem er ein medizinisch-psychologische Gutachten nicht vorgelegt hatte, das zur Klärung von - in ihrer Berechtigung umstrittenen - Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik angefordert worden war.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem angefochtenen Beschluss u. a. folgende tatsächliche Feststellungen (1 bis 3) getroffen (mit Erläuterungen in eckigen Klammern durch den beschließenden Senat):

(1) Der Antragsteller habe ... 2022 ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss geführt und sei daraufhin mit Urteil des Amtsgerichts Soltau vom ... 2023 gemäß § 24a StVG wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluss [rechtskräftig] zu einer Geldbuße verurteilt worden. Mit Schreiben vom 10. August 2023 [S. 75 ff. der elektronischen Beiakte - eBA -] habe ihn der Antragsgegner aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Kraftfahreignung vorzulegen und dies begründet wie folgt:

Der Antragsteller habe am Sonntag, den ... 2022, gegen 8:40 Uhr, ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss geführt. Die um 9:55 Uhr durchgeführte Atemalkoholmessung habe einen Wert von 0,37mg/l (= 0,74g Promille) ergeben. Den Ermittlungsvorgängen sei zu entnehmen, dass er am Tattag gesagt habe, er habe am vorherigen Tag (also am Samstag, den ...2022) auf dem Schützenfest in A-Stadt gefeiert und dabei auch alkoholische Getränke konsumiert. Weiter habe er in der Hauptverhandlung [des gerichtlichen Bußgeldverfahrens] am 27. März 2023 erklärt, dass er am ... 2022 um 19:00 Uhr vom Schützenfest gekommen sei und "Kurze und Bier" getrunken gehabt habe. Es sei daher davon auszugehen, dass er so viel Alkohol konsumieren könne, dass die Blutalkoholkonzentration ca. 14 Stunden nach Trinkende noch 0,74 g Promille betragen habe. Unter Zugrundelegung einer Rückrechnung zum Ende des Alkoholkonsums habe er eine Blutalkoholkonzentration von weit mehr als 2,0 g Promille erreicht. Aufgrund dieser Tatsache gehöre er zu der Gruppe von Personen, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen extrem alkoholgewöhnt seien. Fehlendes Trennungsvermögen habe er durch die Trunkenheitsfahrt am ... 2022 bereits unter Beweis gestellt.

(2) Daraufhin habe der Antragsteller dem Antragsgegner zwar im August 2023 zunächst mitgeteilt, er wolle die medizinisch-psychologische Untersuchung beim TÜV Nord in B-Stadt durchführen lassen, eine Einverständniserklärung übersandt und erklärt, er habe die Zahlung an den TÜV vorgenommen. Im November 2023 hätten dann aber seine [späteren] Prozessbevollmächtigten Akteneinsicht beantragt und mitgeteilt, für die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bestehe kein Rechtsgrund. Sie sei völlig unverhältnismäßig. Denn der Antragsteller habe - dazu nicht befragt - bei der polizeilichen Verkehrskontrolle nicht seinen gesamten Tagesablauf geschildert. Nur kurz habe er sich auf dem Schützenfest aufgehalten. Eine genaue Trinkmenge könne er nicht angeben. Im Laufe des späteren Abends habe er im Rahmen einer kleinen gemeinsamen Feier mit Freunden und seiner Ehefrau noch Alkohol konsumiert. Dies möge den Restalkohol von 0,74 Promille begründen. Das Trinkende habe in den Morgenstunden gelegen, sodass keinesfalls eine Rückrechnung von 14 Stunden möglich oder geboten sei.

(3) Nach vorheriger Anhörung habe der Antragsgegner dem Antragsteller mit dem streitgegenständlichen Bescheid die Fahrerlaubnis aller Klassen entzogen, die sofortige Vollziehung angeordnet und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Es bestehe berechtigter Anlass zu der Annahme, dass die Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen eingeschränkt oder ausgeschlossen sei. Daher sei er aufgefordert worden, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Es könne ihm nicht die Möglichkeit eingeräumt werden, zukünftig Abstinenznachweise unter Belassung der Fahrerlaubnis beizubringen. Vielmehr müsse ein positives Eignungsgutachten vorgelegt werden. Dieses habe er nicht vorgelegt. Die behördlichen Bedenken seien nicht ausgeräumt. Die Fahrerlaubnisbehörde dürfe demnach gemäß § 11 Abs. 8 FeV von seiner Nichteignung ausgehen. Zu seinem neuen/ergänzenden Vortrag sei auszuführen, dass es ihm jederzeit freigestanden hätte zu erwähnen, dass er noch bis in die Morgenstunden weitergetrunken habe. Dies hätte sich aber ggf. nicht so günstig auf das Gerichtsverfahren [wegen des Verstoßes gegen § 24a StVG] ausgewirkt. Denn wenn man dies unterstelle, wäre der Abstand zwischen dem letzten Konsum und der Trunkenheitsfahrt nicht sehr groß gewesen. Wie der Antragsteller dann davon hätte ausgehen können, dass er keinen Restalkohol im Blut gehabt habe, sei nicht nachvollziehbar. Zu keiner Zeit, weder am Tattag gegenüber den Polizeibeamten noch vor Gericht, habe er einen Alkoholkonsum bis in die Morgenstunden eingeräumt. Auch als die Aufforderung zur medizinisch-psychologischen Untersuchung ergangen sei, habe er nicht die Möglichkeit genutzt, einen solchen Sachverhalt vorzutragen. Nun, wo es um die Vorlage des Gutachtens gehe, werde dargelegt, er habe bis in die Morgenstunden getrunken, aber kein genaues Trinkende angegeben. Es mache den Anschein, der Antragsteller wolle auf jeden Fall vermeiden, dass eine Rückrechnung erfolgen könne. Der Sachverhalt klinge derart konstruiert, dass er nur noch als Schutzbehauptung gewertet werden könne.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen hat das Verwaltungsgericht seine ablehnende Entscheidung sodann im Wesentlichen begründet wie folgt (4 und 5):

(4) Es entscheide nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage auf der Grundlage einer eigenen Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, gegen das besondere öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Im Rahmen der Interessenabwägung komme den Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs eine entscheidende Bedeutung zu (a). Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die voraussichtliche Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes für sich allein nur das allgemeine Interesse an seiner Vollziehung begründe, nicht aber zugleich auch deren, für die behördliche Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erforderliche Dringlichkeit (b).

Hieran gemessen habe der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage keinen Erfolg.

(a) Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung werde die Klage des Antragstellers gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der streitgegenständliche Bescheid erweise sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i. V. m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfe die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Bei ihrer Entscheidung über die Entziehung dürfe sie nach § 11 Abs. 8 Satz 1 und § 46 Abs. 3 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser ein von ihr gefordertes Gutachten nicht fristgerecht beibringe. Der Schluss auf eine Nichteignung sei allerdings nur dann zulässig, wenn die vorherige Anordnung der medizinisch-psychologischen Untersuchung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig, gewesen sei und für die Weigerung, das Gutachten beizubringen, kein ausreichender Grund bestehe. Dies sei vorliegend der Fall. Die auf § 46 Abs. 3 und § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) Alt. 2 FeV gestützte Gutachtenanforderung sei nicht nur formell, sondern auch materiell rechtmäßig. Danach ordne die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Entziehung der Fahrerlaubnis die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn "sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch" begründeten.

(aa) Dies sei hier der Fall. Bei dem Antragsteller sei nach Rückrechnung auf den angegebenen Zeitpunkt des Alkoholkonsums (Schützenfest am Vortag bis 19.00 Uhr) von einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 2,00 g Promille auszugehen, wie sie durch einen bloß gelegentlichen oder sich innerhalb des gesellschaftlich anerkannten Rahmens haltenden Konsum von Alkohol nicht zu erklären sei. Die Einlassungen des Antragstellers vermöchten diese Annahme nicht in Frage zu stellen. Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis habe der Antragsteller erstmals vorgetragen, er habe bei der Polizei und im Rahmen der Hauptverhandlung im Bußgeldverfahren nur einen Teil des Sachverhalts erzählt. Er habe am Abend des Vortages des Vorfalles und bis in die frühen Morgenstunden im Rahmen einer kleinen Feier mit seiner Frau und Freunden Alkohol zu sich genommen. Die Rückrechnung des Antragsgegners und der ermittelte Wert könnten daher nicht richtig sein. Das Gericht schließe sich der Einschätzung an, dass dies nur als Schutzbehauptung gewertet werden könne. Es erscheine lebensfremd, dass der Antragsteller weder am Tattag (bei der Kontrolle oder der Messung im Polizeikommissariat) noch insbesondere in der Hauptverhandlung des Bußgeldverfahrens diesen Umstand erwähnt habe und nunmehr behaupte, er habe nicht den ganzen Sachverhalt berichtet und sei danach auch nicht gefragt worden. Auch in dem Zeitpunkt, als er sich zur Begutachtung bereiterklärt habe, hätte er Gelegenheit gehabt, einen vollständigen Sachverhalt darzustellen. Auch dies sei unterblieben. Der Antragsgegner habe in dem angefochtenen Bescheid auch dargelegt, dass bei dem Antragsteller Alkoholmissbrauch im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) FeV vorliege.

(bb) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sei von der Fahrerlaubnisbehörde in den in § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV genannten Fällen (zwingend) anzuordnen. Die Anordnung stehe nicht im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde. Dass der Antragsteller - wie er vortrage - in der Vergangenheit weder aktenkundig wegen Fahrens im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss noch sonstiger Delikte im Zusammenhang mit Alkohol in Erscheinung getreten sei, führe daher nicht zu einer für ihn günstigeren Beurteilung.

(b) Schließlich liege auch ein besonderes Vollzugsinteresse vor. Hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis sei dieses in der Wahrung der Sicherheit des Straßenverkehrs zu sehen. Die von einem - voraussichtlich zu Recht - als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet angesehenen Fahrerlaubnisinhaber ausgehenden Gefahren für den Straßenverkehr seien zu groß, als dass sie im Interesse seiner erleichterten und erweiterten Teilnahme im Straßenverkehr vorläufig hingenommen werden könnten. Letztlich führe auch das Vorbringen des Antragstellers, er sei beruflich auf die Fahrerlaubnis angewiesen und werde, sollte er seinen Arbeitsplatz verlieren, in seinem Alter keine neue Anstellung finden, nicht zu einer anderen Beurteilung. Die für den Antragsteller mit dieser Entscheidung verbundenen Nachteile müssten von ihm hingenommen werden.

(5) Im Übrigen nehme das Gericht auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheides, denen es sich anschließe, Bezug.

In seiner qualifiziert elektronisch signierten und den Beteiligten zugestellten Ursprungsfassung vom 23. Januar 2024 hat der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts - unbeabsichtigt - einen sogenannten "Hyperlink" enthalten (vgl. Bl. 134 GA). Gegen diesen, seinen Prozessbevollmächtigten am 23. Januar 2024 gemäß § 169 Abs. 5 Nr. 1 ZPO (i. V. m. § 56 Abs. 2 ZPO) - und d. h. auf dieselbe Weise (vgl. Bl. 96 und 107 GA) wie dem Antragsgegner am folgenden Tag (vgl. Bl. 54 bzw. 55 GA) - zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 6. Februar 2024 (Bl. 66 f. GA) Beschwerde eingelegt. Aufgrund zwischenzeitlich bestehender Unsicherheiten darüber, ob die signierte und die zugestellte erste Beschlussversion einen Hyperlink enthielten und insoweit übereinstimmten (vgl. Bl. 92 GA), hat die Einzelrichterin am 14. Februar 2024 eine zweite Fassung des Beschlusses qualifiziert elektronisch signiert, in welcher der Hyperlink gelöscht worden war, und auch diese zustellen lassen (vgl. 93 f. GA). Die Zustellung der Zweitfassung an die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 14. Februar 2024 haben jene zum Anlass genommen, am 28. Februar 2024 "vorsorglich" erneut "Beschwerde" einzulegen (Bl. 122 GA).

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 23. Januar 2024 in der Fassung vom 14. Februar 2024 hat keinen Erfolg.

1. In ihrer von dem Antragsteller mit Schriftsatz vom 11. März 2024 (Bl. 139 GA) ausdrücklich gebilligten Auslegung richtet sich die Beschwerde gegen die soeben genannte Beschlussversion. Denn die am 14. Februar 2024 signierte zweite Fassung - nun ohne den Hyperlink - des Beschlusses vom 23. Januar 2024 ist (nur) als verfahrensrechtlich fehlerhafte, aber wirksame Berichtigung der Erstfassung zu deuten. Das ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:

Mit der Zustellung der von der Einzelrichterin am 14. Februar 2024 signierten zweiten Fassung des Beschlusses vom 23. Januar 2024 - nun ohne den Hyperlink - war für die Beteiligten unschwer erkennbar zweierlei bezweckt. Zum einen sollte der Beschluss vom 23. Januar 2024 nochmals zugestellt werden, um jenen Zweifeln an der Wirksamkeit seiner ersten Zustellung Rechnung zu tragen, die aus einer möglicherweise fehlenden Übereinstimmung zwischen der damals signierten und der zugestellten ersten Beschlussversion resultierten. Zum anderen sollte die den Hyperlink nicht enthaltende Zweitfassung des Beschlusses an die Stelle der Erstfassung treten - und damit auch für den Fall der bereits wirksamen Zustellung der Erstfassung der Sache nach (vgl. W. - R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 118 Rn. 9) als Berichtigung wirken.

Wie sich im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat ermitteln lassen, stimmten die signierte und die zugestellte Erstfassung des Beschlusses vom 23. Januar 2024 überein, sodass bereits die erste Zustellung des Beschlusses vom 23. Januar 2024 wirksam gewesen ist. Auf den Lauf der Rechtsmittel- oder der Rechtsmittelbegründungsfrist hatte folglich die erneute Zustellung der Entscheidung in ihrer nur unwesentlich berichtigten Fassung am 14. Februar 2024 keinen Einfluss (vgl. BGH, Urt. v. 5.5.1993 - XII ZR 44/92 -, NJW-RR 1213 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 11).

Das Vorhandensein des Hyperlinks in der ersten Fassung des Beschlusses vom 23. Januar 2024 hatte allerdings eine offenbare Unrichtigkeit dargestellt, die sich berichtigen lässt (§§ 122 Abs. 1, 118 Abs. 1 VwGO). Dies hätte dann aber (eigentlich) auf die in den §§ 122 Abs. 1, 118 Abs. 2 VwGO vorgegebene Weise geschehen müssen: Anstatt eine neu signierte Fassung des Beschlusses vom 23. Januar 2024, die den zu berichtigenden Fehler (d. h. den Hyperlink) nicht enthielt, her- und zuzustellen, hätte also unter dem Datum der erneuten Signatur ein (ausdrücklicher) Berichtigungsbeschluss gefasst und den Beteiligten - wegen seiner fristgebundenen Anfechtbarkeit (§§ 56 Abs. 1, 146 Abs. 1, 147 VwGO) - zugestellt werden müssen (vgl. zum praktischen Vorgehen: Musielak/Wolff, in: Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 319, Rnrn. 15 und 15a; Jansen, in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Bd. 2, 2. Aufl., § 319 ZPO [Stand: 1.9.2022] Rnrn. 15 ff.). Lediglich im - hier nicht vorliegenden - (Sonder-)Fall einer Berichtigung der Rechtsmittelbelehrung wäre dagegen eine erneute Zustellung nicht nur des Berichtigungsbeschlusses, sondern des Beschlusses vom 23. Januar 2024 in seiner berichtigten Form vorzunehmen gewesen (vgl. W. - R. Schenke, a. a. O., § 58 Rn. 8; Nds. OVG, Urt. v. 16.2.2017 - 12 LC 54/15 -, RdL 2017, 213 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 78, m. w. N.).

Die Verfahrensfehlerhaftigkeit der vorliegend gewählten Art und Weise der Berichtigung führt allerdings nicht zu deren Unwirksamkeit. Letztere ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass es an der Herstellung einer untrennbaren Verbindung im Sinne des § 118 Abs. 2 Satz 3 VwGO (vgl. Stäbler in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Bd. 3, 2. Aufl., § 118 VwGO [Stand: 24.3.2023] Rn. 20) zwischen dem Beschluss vom 23. Januar 2024 und dem verkappten Berichtigungsbeschluss vom 14. Februar 2024 fehlen wird. Denn ebenso wie der Vermerk im Sinne des § 118 Abs. 2 Satz 2 VwGO (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 23.1.1975 - BVerwG I WB 47/73, I WB 75/73 -, NJW 1975, 1795 [1796]) ist diese Verbindung keine Wirksamkeitsvoraussetzung einer Berichtigung.

Vor solchem rechtlichen Hintergrund ist die vorsorgliche "Beschwerde" des Antragstellers vom 28. Februar 2024 nicht als ein weiteres eigenständiges Rechtsmittel auszulegen, sondern lediglich als die Bekräftigung der bereits eingelegten Beschwerde gegen den Beschluss vom 23. Januar 2024 (nun allerdings unter Einbeziehung seiner verkappten Berichtung und damit) in der Fassung vom 14. Februar 2024. In ihrer Deutung als Berichtigungsbeschluss vom 14. Februar 2024 wäre die zugestellte Zweitfassung des Beschlusses vom 23. Januar 2024 zwar formal auch gesondert mit einer eigenständigen Beschwerde anfechtbar gewesen - aber eben nur als Berichtigung der Erstfassung. Eine Anfechtung der - in der Sache selbst völlig unerheblichen - Löschung des Hyperlinks ist jedoch eindeutig nicht das Ziel der vorsorglichen "Beschwerde" vom 28. Februar 2024.

2. Die hiernach inhaltlich gegen den Beschluss der Vorinstanz vom 23. Januar 2024 in dessen Fassung vom 14. Februar 2024 gerichtete Beschwerde ist nicht erfolgreich. Denn die dargelegten Beschwerdegründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hier allein zu prüfen sind, genügen teilweise nicht den Anforderungen, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO an ihre Darlegung unter Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses zu stellen sind, und vermögen im Übrigen in der Sache nicht zu überzeugen.

Um sich im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen, muss ein Beschwerdeführer von der Begründungsstruktur dieser Entscheidung ausgehen und das Entscheidungsergebnis in Frage stellen (Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 8. Aufl. 2021, § 146 Rn. 31). Die erforderliche Dichte seiner eigenen Ausführungen hat sich dabei an der Dichte der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu orientieren (Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 146 Rn. 22a). Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, muss ein Beschwerdeführer alle diese Begründungen angreifen und erschüttern (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7.6.2006 - 2 ME 661/06 -, NVwZ-RR 2006, 650 f. [650]; Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 8. Aufl. 2021, § 146 Rn. 31, m. w. N.). Je intensiver die gerichtliche Entscheidung begründet ist, umso eingehender muss er die sie tragende Argumentation entkräften. Es reicht deshalb grundsätzlich nicht aus, wenn er lediglich eine eigene Würdigung der Sach- und Rechtslage vorträgt, die im Ergebnis von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht. Vielmehr muss er in der Regel den einzelnen tragenden Begründungselementen der angefochtenen Entscheidung geeignete Gegenargumente konkret gegenüberstellen und - soweit möglich - deren Vorzugswürdigkeit darlegen (Nds. OVG, Beschl. v. 16.11.2016 - 12 ME 132/16 -, ZNER 2017, 70 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 56, und Beschl. v. 10.2.2014 - 7 ME 105/13 -, juris, Rn. 26). Hieraus folgt, dass es regelmäßig nicht genügt, wenn er pauschal auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug nimmt oder dieses unverändert wiederholt (vgl. Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 8. Aufl. 2021, § 146 Rn. 31, m. w. N.).

a) Der Einwand des Antragstellers, eine gerichtliche Abwägung zwischen seinem Interesse an der aufschiebenden Wirkung der Klage und dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung sei "nicht passiert" und die oben unter I. 4. wiedergegebenen Erwägungen der Vorinstanz seien unerheblich, weil der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht von einem "falschen Sachverhalt" ausgegangen seien, greift nicht durch.

aa) Der Antragsteller bringt erneut vor, er habe am ... 2022 nach dem Schützenfest noch eine Feier (der Eheleute E.) besucht und dort weiteren Alkohol konsumiert, der den am Folgetage nachgewiesenen Restalkohol erkläre. Er bietet hierfür einen mehrfachen Zeugenbeweis an und beanstandet, der Sachverhalt sei insoweit von der Vorinstanz nicht aufgeklärt worden.

In einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, und damit auch im Verfahren über entsprechende Darlegungsbeschwerden nach § 146 Abs. 4 VwGO, scheidet aber eine Zeugenvernehmung als grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen Maßnahme der Erkenntnisgewinnung regelmäßig - und so auch im vorliegenden Falle - aus (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 5.2.2018 - 12 ME 9/18 -, v. 10.1.2018 - 12 ME 219/17 - und v. 10.7.2017 - 12 ME 91/17 -; Puttler, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 136). Das ergibt sich aus dem lediglich summarischen Charakter der Prüfung im Eilverfahren und dem Umstand, dass diese beantragte Maßnahme nicht sofort erfolgen könnte (vgl. zum selben Gesichtspunkt § 294 Abs. 2 ZPO). Stattdessen findet - im Rahmen der dargelegten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) - eine Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren statt, bei der das Verwaltungsgericht und das Beschwerdegericht nicht deshalb an einer - allerdings nur vorläufigen, weil auf das Eilverfahren beschränkten - Überzeugungsbildung anhand (lediglich) der präsenten Beweismittel gehindert sind, weil ein Beteiligter einen im Hauptsacheverfahren (etwa) erheblichen weiteren Beweis antritt.

bb) Der Antragsteller rügt, jedenfalls der Antragsgegner sei verpflichtet [gewesen], den ihm zur Kenntnis gebrachten Sachverhalt (vgl. eingangs soeben unter II. 2. a] aa) durch Vernehmung von Zeugen zu klären.

Das könnte zutreffen, führt aber nach den Umständen des Einzelfalls sowie im Hinblick auf § 46 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) und den Rechtscharakter der Fahrerlaubnisentziehung als einer gebundenen Entscheidung ebenfalls nicht zur Bejahung überwiegender oder zumindest offener Erfolgsaussicht der Klage im Hauptsacheverfahren.

Soweit es Tatsachen betrifft, deren bereits eingeleitete Aufklärung zur Vorbereitung einer Anordnung nach § 46 Abs. 3 i. V. m. den §§ 11 bis 14 FeV anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. v. 29.9.2017 - 12 ME 136/17 -, ZfSch 2017, 719 f., hier zitiert nach juris, Rn. 6), kann sich eine Mitwirkungsobliegenheit des Betroffenen im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren aus § 26 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) ergeben. Hiernach soll der Betroffene als Adressat einer etwaigen Entziehungsverfügung, und damit als Beteiligter im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG), namentlich über solche dieser Tatsachen - auch unaufgefordert - substantiierte Angaben machen, deren Erheblichkeit sich ihm aufdrängen muss (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 23.2.2024 - 12 ME 130/23 -, juris, Rn. 28).

Kommt er dieser Mitwirkungsobliegenheit, die insbesondere besteht, soweit es sich um Umstände handelt, die ausschließlich oder überwiegend in seiner eigenen Sphäre liegen, nicht nach, kann das unterschiedliche Rechtsfolgen haben. Diese Rechtsfolgen hängen unter anderem mit dem Zeitpunkt der Obliegenheitsverletzung und dem jeweiligen Ablauf des Verwaltungsverfahrens zusammen. Zu unterscheiden sind dabei Fälle, in denen der Gutachtenanordnung eine Anhörung des Betroffenen vorausging, von solchen, in denen auf eine derartige Anhörung verzichtet und die Gutachtenanordnung sogleich erlassen wurde.

Zunächst zur erstgenannten Fallgruppe: Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, kommt es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ergehens der Beibringungsanordnung an (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2016 - BVerwG 3 C 20.15 -, BVerwGE 156, 293 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 14; Sächs. OVG, Beschl. v. 18.5.2020 - 6 B 346/19 -, ZfSch 2020, 416 f., hier zitiert nach juris, Rn. 4, m. w. N.). Das kann sich - zumindest ausnahmsweise - auch (nur) auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde über (Zusatz-)Tatsachen beziehen, die für die Begründung von Eignungszweifeln relevant sind. Denn wenn der Betroffene der Behörde bereits unter Verletzung seiner Mitwirkungsobliegenheiten zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt entsprechende (Zusatz-)Tatsachen bewusst verschwiegen hatte, obwohl sich ihm deren Erheblichkeit aufdrängen musste, lässt sich das bei der auf denselben Zeitpunkt zu beziehenden Sachverhalts- und Beweiswürdigung gemäß dem in § 444 ZPO zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken zu seinen Ungunsten berücksichtigen. Das kann so weit gehen, dass eine bewusst verschwiegene (Zusatz-)Tatsache rechtlich unerheblich wird, weil ihre nachträgliche Geltendmachung treuwidrig erscheint. Insbesondere gilt das, wenn der Betroffene erkennen musste, dass er durch sein Verschweigen im Zuge vorheriger Anhörung zu den behördlichen Eignungszweifeln diese Zweifel befördern würde, sie später aber gleichwohl als unberechtigt beanstandet (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 9.2.2024 - 12 PA 65/23 -, BAK 61, 208 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 44).

Von dieser ersten Fallgruppe ist eine zweite abzugrenzen, der auch der vorliegende Sachverhalt zugerechnet werden muss. In diesen Fällen ist der Gutachtenanordnung - wie hier derjenigen vom 10. August 2023 - keine Anhörung des Betroffenen zu den behördlichen Eignungszweifeln vorausgegangen. Das ist für sich genommen kein Verfahrensmangel. Denn eine solche Anhörung ist vor dem Erlass einer Gutachtenanordnung im Sinne der §§ 11 bis 14 FeV nicht geboten, namentlich nicht gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG), da derartige Anordnungen keine Verwaltungsakte sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 - BVerwG 7 C 52.88 -, NJW 1990, 2637 f., hier zitiert nach juris, Rn. 7; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.10.2004 - 10 S 475/04 -, DAR 2005, 352 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 28). Die Unterlassung einer vorherigen Anhörung hat aber zur Folge, dass der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gutachtenanordnung maßgebliche Zeitpunkt ihres Ergehens notwendig vor dem Eintritt einer sich aus § 26 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) ergebenden Mitwirkungsobliegenheit des Betroffenen liegt. Denn solange die Fahrerlaubnisbehörde diesem noch keine Kenntnis von den Gründen für ihre Zweifel an seiner Kraftfahreignung gegeben hat, darf von ihm auch keine Mitwirkung erwartet werden. Das gilt selbst dann, wenn der Betroffene weiß oder wissen musste, dass und weshalb seine Kraftfahreignung (wahrscheinlich) geprüft wird. Damit ist es in dieser Fallgruppe auch ausgeschlossen, dass eine (Zusatz-)Tatsache von dem Betroffenen bereits zu dem Zeitpunkt obliegenheitswidrig verschwiegen wurde, zu dem die Gutachtenanordnung erging, und dass die Tatsache deshalb im Hinblick auf die Relevanz dieses Zeitpunktes für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Anordnung unerheblich werden kann.

Auch bei unterlassener vorheriger Anhörung besteht allerdings die Mitwirkungsobliegenheit des Betroffenen (§ 26 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 VwVfG). Sie setzt dann jedoch erst nach dem Ergehen einer Gutachtenanordnung ein, und dies auch nur insoweit, als diese Anordnung den Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 FeV an die Darlegung der Gründe für die Eignungszweifel der Behörde genügt. Denn die Funktion dieser Darlegung besteht gerade darin, dem Betroffenen zu ermöglichen abzuschätzen, ob nach den Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung hinreichender Anlass zu der angeordneten Überprüfung besteht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.10.2004 - 10 S 475/04 -, a. a. O., juris, Rn. 29). Muss sich ihm im Zuge dieser Überprüfung aufdrängen, dass ihm die Behörde Gründe für ihre Eignungszweifel darlegt, die ihm ihre Unkenntnis von wesentlichen (Zusatz-)Tatsachen offenbaren, obliegt es ihm, ihr diese Tatsachen alsbald anzugeben. Kommt er seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht nach, darf das bei einer späteren Sachverhalts- und Beweiswürdigung zu seinen Ungunsten berücksichtigt werden, insbesondere im Zuge der Beantwortung der Frage, ob sich die fragwürdig späte Geltendmachung einer (Zusatz-)Tatsache als Schutzbehauptung (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 9.2.2024 - 12 PA 65/23 -, juris, Rn. 44) darstellt. Im Übrigen ist die Frage, ob die Fahrerlaubnisbehörde über das Vorliegen einer fragwürdig spät behaupteten (Zusatz-)Tatsache Beweis zu erheben hat, nach allgemeinen Grundsätzen zu beantworten.

Gemäß diesen Grundsätzen könnte die Notwendigkeit einer Beweiserhebung im Verwaltungsverfahren hier zu bejahen gewesen sein. Denn anders als im Vorfeld einer Gutachtenanordnung ist die Behörde in dem Verfahrensstadium zwischen einer solchen Anordnung und einer etwaigen Entziehungsverfügung nicht mehr grundsätzlich der Notwendigkeit enthoben, durch eine Beweisaufnahme zu klären, ob die tatsächlichen Annahmen zutreffen, die sie der Gutachtenanordnung zugrunde gelegt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.10.2004 - 10 S 475/04 -, a. a. O., juris, Rn. 28). Deshalb ist es grundsätzlich auch von rechtlicher Bedeutung, ob die von dem Antragsgegner im fünften Absatz auf der Seite 4 (= Bl. 15 GA) des angefochtenen Entziehungsbescheids gegebene Begründung für seine Ablehnung einer weiteren Sachverhaltsaufklärung im Verwaltungsverfahren fehlerfrei ist.

Laut dieser Begründung soll letztlich nur das verwertet werden können, was in der Fahrerlaubnisakte [bereits] aktenkundig sei. Außerdem liege es nicht in der Zuständigkeit der Fahrerlaubnisbehörde, den Sachverhalt unter Einholung von Zeugenaussagen weiter aufzuklären, und sei dafür auch keine Notwendigkeit ersichtlich. Zumindest scheint es so, als billige das Verwaltungsgericht auch diese Ausführungen (vgl. oben unter I. 5.).

Die Möglichkeiten und Rechtspflichten der Fahrerlaubnisbehörden zur Sachverhaltsaufklärung beschränken sich indessen (selbstverständlich) nicht darauf, Gutachten anzufordern und bereits eingegangene Schriftstücke auszuwerten. Ihr nach den §§ 24 Abs. 1 Satz 2 und 26 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) bestehendes Verfahrensermessen kann sich vielmehr im Einzelfall durchaus auch dahin auf null reduzieren, dass Zeugen zu vernehmen oder zumindest deren schriftliche oder elektronische Äußerungen einzuholen sind (§ 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwVfG). Auf eine Beweiserhebung über rechtlich erhebliche, aber zweifelhafte Tatsachen darf die Behörde nämlich grundsätzlich nur verzichten, wenn diese Beweiserhebung ungeeignet, unzulässig oder unverhältnismäßig aufwendig wäre, oder wenn sie von der unter Beweis gestellten Tatsache (nicht etwa von deren Gegenteil!) bereits überzeugt ist. Unzulässig ist es insbesondere, bei noch nicht hinreichend geklärten Fragen tatsächlicher Art von vornherein weitere Ermittlungen zu unterlassen, weil das zu erwartende Ergebnis der Beweisaufnahme nach Lage der Dinge die Überzeugung der Behörde (vermeintlich) nicht ändern könnte (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 24 Rn. 35).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund rechtfertigen es jedenfalls die von dem Antragsgegner dafür angegebenen Gründe nicht, die durch den Antragsteller im Verwaltungsverfahren mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11. Dezember 2023 (S. 119 ff. [120 f.] eBA) sinngemäß angeregte Vernehmung seiner Ehefrau über seinen Alkoholkonsum auf einer dem Besuch des Schützenfests angeblich nachfolgenden privaten Feier abzulehnen. Das gilt umso mehr, als die Behörde selbst eine - nicht fernliegende - mögliche Motivation des Antragstellers dafür erkannt hatte, gegenüber der Polizei und im Bußgeldverfahren seinen (angeblichen) weiteren Alkoholkonsum auf dieser Feier bewusst zu verschweigen, diesen Konsum aber im Fahrerlaubnisverfahren geltend zu machen. Es ist unerheblich, dass der Antragsteller eine solche von der Behörde als möglich erkannte zielgerichtete Eigennützigkeit seines Aussageverhaltens nicht einräumt. Denn das erlaubt es nicht, von der unvoreingenommenen Prüfung abzusehen, ob die nachträglich behaupteten äußeren Tatsachen (weiterer Alkoholkonsum auf einer Feier) wahr sind, obwohl die Darstellung der (angeblichen) Ursachen für ihre Nichterwähnung im Bußgeldverfahren unglaubhaft ist. Die Wahrheit muss sich bei der behördlichen Sachbehandlung nämlich selbst dann durchsetzen, wenn das Aussageverhalten des Betroffenen dies als "unverdient" erscheinen lässt. Allerdings steht außer Frage, dass der vorliegende Sachverhalt auch gewichtige Indizien dafür bietet, dass der Antragsteller mit seinem späten und wenig substantiierten Vorbringen nur dazu übergegangen ist, unwahre Schutzbehauptungen aufzustellen. Das fehlerhaft ausgeübte Verfahrensermessen des Antragsgegners ist deshalb aber nicht dahin auf null reduziert gewesen, die weitere Sachverhaltsaufklärung abzulehnen.

Eine verfahrensrechtlich fehlerhafte Verweigerung weiterer behördlicher Sachverhaltsaufklärung zieht hier allerdings nicht notwendig gute Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nach sich. Denn gemäß § 46 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) kann sie allein nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes führen, wenn offensichtlich ist, dass der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Das Vorliegen solcher Offensichtlichkeit hängt hier davon ab, ob die fragwürdig spät vorgebrachte Behauptung weiteren Alkoholkonsums auf einer Feier sich im Hauptsacheverfahren (ggf. nach gerichtlicher Beweiserhebung) tatsächlich als unwahre Schutzbehauptung erweisen wird. Bis dahin ist im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO - wie hier - eine nur summarische Bewertung des Sachvortrags der Beteiligten einschließlich der von ihnen glaubhaft gemachten Tatsachen vorzunehmen, bei der ggf. allein der überwiegend wahrscheinliche Sachverhalt zugrunde gelegt werden kann und muss (vgl. Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 103). Hieran gemessen spricht gegenwärtig mehr für die Richtigkeit des behördlich zugrunde gelegten Sachverhalts.

Das stellt der Antragsteller zwar insbesondere auf der Seite 4 seiner Beschwerdebegründungsschrift in Abrede. Seine dortigen "Darlegungen" sind aber nicht schon deshalb überzeugend, weil er für die Richtigkeit seines Vorbringens einen - im Eilverfahren grundsätzlich nicht zu erhebenden - Zeugenbeweis anbietet und unglaubhaft versucht, die - allenfalls als bewusstes Verschweigen plausible - Nichterwähnung seines (angeblichen) weiteren Alkoholkonsums im Bußgeldverfahren mit seiner (vermeintlich) ungenügenden Befragung zu erklären. Dagegen ist auffällig, dass er seine Angaben über den (behaupteten) Alkoholkonsum auf der privaten Feier trotz entsprechender Kritik des Antragsgegners nicht weiter substantiiert hat. Aus seiner Beschwerdebegründungsschrift geht insbesondere nicht hervor, was genau er auf der Feier bis zu welcher Stunde getrunken haben will oder weshalb er darüber keine näheren Angaben macht, obwohl er sich in Begleitung seiner Ehefrau befunden haben will, die nüchtern genug geblieben sein soll, um auf der Rückfahrt das Fahrzeug zu steuern. Zwecks möglicher Überprüfung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Antragstellers wäre zudem von Interesse gewesen, wo genau (z. B. im Garten, Wohnzimmer oder Partykeller) und aus welchem Anlass er bei und mit den Eheleuten E. gefeiert haben will, wie diese Feier verlaufen sein soll und welche "Nachbarn und weitere Freunde" damals (angeblich) anwesend waren. Des Weiteren ist bemerkenswert, dass der anwaltlich vertretene Antragsteller weder im Verwaltungsverfahren noch im ersten oder zweiten Rechtszug eidesstattlichen Versicherungen seiner Zeugen vorgelegt hat, obwohl diese mit ihm verheiratet bzw. befreundet sind. Dieser nicht erläuterte Verzicht auf eine Glaubhaftmachung (§ 294 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) könnte nämlich dafürsprechen, dass die Zeugen bei drohender Bestrafung (vgl. § 156 StGB) zu keiner Erklärung bereit sind bzw. dass sie keine sachdienlichen Angaben machen können oder die Darlegungen des Antragstellers nicht bestätigen würden. Jedenfalls liegen - trotz nicht zu erkennender Beweisnot des Antragstellers - für die Behauptung seines Trinkendes (erst) am Morgen des ... 2022 auch aktuell keine Belege (von dritter Seite) vor.

Allein durch seinen eigenen, unsubstantiierten und mit den vorangegangenen Einlassungen im Bußgeldverfahren nicht zu vereinbarenden Vortrag wird indessen die Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts (vgl. oben unter I. 4. a] aa) nicht nachhaltig erschüttert, wonach es eine Schutzbehauptung sei, dass der Antragsteller auf einer privaten Feier weiteren Alkohol konsumiert habe. Für die Erwartung der Vorinstanz, im Hauptsacheverfahren werde sich das bestätigen und deshalb von einem Trinkende am vorangegangenen Abend gegen 19:00 Uhr auszugehen sein, gilt dasselbe. Unter diesen Voraussetzungen lagen dann aber in der rechtskräftig geahndeten Kraftfahrt des Antragstellers unter Alkoholeinfluss sowie in seinem durch Rückrechnung ermittelten zwischenzeitlichen Blutalkoholpegel von über 2,0 ‰ Tatsachen im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) Alt. 2 FEV vor, welche die Annahme von Alkoholmissbrauch (i. S. d. Nr. 8.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV) begründeten.

Mit dem Eintritt der nicht zu beanstandenden Erwartung der Vorinstanz für das Hauptsacheverfahren, dass dort festgestellt werde, im Zeitpunkt des Ergehens der Gutachtenanordnung vom 10. August 2023 hätten die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) Alt. 2 FEV vorgelegen, würde aber zugleich offensichtlich werden, dass die nach den §§ 24 Abs. 1 Satz 2 und 26 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) fehlerhafte Ausübung des behördlichen Verfahrensermessens die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (§ 46 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG). Denn wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt (vgl. oben unter I. 4 a] bb), stellt sich eine zu Recht auf die Spezialvorschrift des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) Alt. 2 FEV gestützte Gutachtenanordnung als gebundene Entscheidung dar, auf welche die in § 11 Abs. 3 FeV enthaltene Ermächtigung zur Ermessensausübung keine Anwendung findet; und eine gebundene Entscheidung ist außerdem die an die Gutachtenanordnung anknüpfende Anwendung der §§ 11 Abs. 8 Satz 1 sowie 46 Abs. 1 und 3 FeV (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 29.11.2017 - 12 ME 197/17 -, ZfSch 2018, 56 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 12).

b) Vor diesem rechtlichen Hintergrund, liegen auch die Darlegungen des Antragstellers (vgl. S. 3 der Beschwerdebegründungsschrift), wonach es an einer Ermessensausübung des Antragsgegners im Rahmen des § 11 Abs. 3 FeV fehle, neben der Sache.

c) Auf das von dem Antragsteller behauptete eigene Wohlverhalten als Kraftfahrzeugführer im Straßenverkehr (vgl. S. 2 der Beschwerdebegründungsschrift) oder seine zurückliegenden Konsumgewohnheiten in Bezug auf Alkohol (S. 3 der Beschwerdebegründungsschrift) kommt es ebenfalls nicht an. Insoweit verkennt oder unterschätzt der Antragsteller die Rechtswirkungen des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV (i. V. m. § 46 Abs. 3 FeV). Diese Norm beinhaltet nämlich der Sache nach eine Beweisregel, der zufolge bei Weigerung eines Beteiligten, seinen notwendigen Teil zur Sachaufklärung beizutragen, die als möglicher (Kraft-)Fahreignungsmangel im Raum stehende und daher aufzuklärende Tatsache als erwiesen angesehen werden kann (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 17.3.2023 - 12 ME 19/23 -, juris, Rn. 38, und v. 6.4.2017 - 12 PA 199/16 - DAR 2017, 339 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 12; Bay. VGH, Beschl. v. 9.2.2023 - 11 ZB 22.261 -, juris, Rn. 24; BVerwG, Urt. v. 4.12.2020 - 3 C 5.20 -, BVerwGE 171, 1 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 26). Folglich ist unerheblich, ob der Antragsteller in der Vergangenheit ein langjährig unauffälliges Verkehrsverhalten zeigte, und weder erforderlich, seine zurückliegenden Alkoholkonsumgewohnheiten zu betrachten, noch ihm für den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens der Entziehungsverfügung vom 20. Dezember 2023 einen übermäßigen, ungewöhnlichen oder zumindest fortdauernden Alkoholkonsum nachzuweisen; denn seine Nichtbefolgung der Gutachtenanordnung vom 10. August 2023 kann - kraft der Regel des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV (i. V. m. § 46 Abs. 3 FeV) - in ihrer Wirkung an die Stelle eines hinreichend aktuellen direkten Nachweises von Alkoholmissbrauch im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV treten. Soweit sich der Antragsteller zum Beleg seiner (angeblich) seit dem 10. November 2022 bestehenden Alkoholabstinenz auf den Befundbericht des F. Laborzentrums B-Stadt vom 19. Dezember 2023 bezieht, sei im Übrigen aus diesem Bericht Folgendes zitiert (vgl. Bl. 37 GA): "Durch die Untersuchung konnte eine Alkoholabstinenz nicht belegt werden. ... Eine Aufnahme von Alkohol innerhalb der letzten drei Monate (bis maximal 6) vor der Probenentnahme ist anzunehmen." Das spricht für sich allein.

d) Zu den erneut geltend gemachten Auswirkungen der Fahrerlaubnisentziehung und ihres Sofortvollzugs auf die Berufstätigkeit des Antragstellers hat bereits die Vorinstanz das Erforderliche zutreffend ausgeführt (vgl. oben unter I. 4. b).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an den Vorschlägen unter den Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

III.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).