Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.04.2024, Az.: 4 ME 77/24

Autobahn als Versammlungsort

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.04.2024
Aktenzeichen
4 ME 77/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 14024
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2024:0420.4ME77.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 19.04.2024 - AZ: 5 B 36/24

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Zwar schließt die spezifische Widmung der Autobahnen für den überörtlichen Kraftfahrzeugverkehr deren Nutzung für Versammlungszwecke nicht generell aus. Jedoch kommt ihre Nutzung für eine Versammlung nur sehr eingeschränkt in Betracht (vgl. Sächsisches OVG, Beschl. v. 29.10.2021 - 6 B 399/21 -, juris Rn. 8; Bayerischer VGH, Beschl. v. 12.5.2023 - 10 CS 23.847 -, juris Rn. 12).

  2. 2.

    Eine Überlagerung der rechtlichen Nichtöffnung der Autobahnen als nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmte Fernstraßen für den allgemeinen kommunikativen Verkehr kommt nur ausnahmsweise in den Fällen in Betracht, in denen die Wahl einer Autobahn als Versammlungsort für die effektive Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit unabdinglich ist. Hierbei kommt es maßgeblich darauf an, ob die beabsichtigte Nutzung einer Autobahn einen direkten Bezug zum Versammlungsthema hat (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris Rn. 9).

  3. 3.

    Darüber hinaus kommt es maßgeblich darauf an, welche Gefahren durch die beabsichtigte Nutzung einer Autobahn für die Versammlungsteilnehmer und andere Verkehrsteilnehmer entstehen, insbesondere ob aufgrund der Versammlung die Gefahr von Verkehrsunfällen besteht, wie lange und wie intensiv die Beeinträchtigungen und die Gefahren für die anderen Verkehrsteilnehmer sind, welche Verkehrsbedeutung dem betroffenen Autobahnabschnitt zukommt, mit welchem Verkehrsaufkommen im Zeitpunkt der Versammlung zu rechnen ist, inwieweit den durch eine Versammlung auf einer Autobahn begründeten Gefahren durch ein Sicherungskonzept begegnet werden kann und ob zumutbare und praktikable Umleitungsmöglichkeiten bestehen, die die Gefahren und die Beeinträchtigungen ausreichend reduzieren können (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 13).

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 5. Kammer - vom 19. April 2024 geändert.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss, mit welchem das Verwaltungsgericht dem Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen eine versammlungsrechtliche Auflage stattgegeben hat.

Herr E., die Antragstellerin sowie Frau F. zeigten am 5. März 2024 als Anmelder und Vertreter des "Klimakollektivs A-Stadt" gegenüber der Antragsgegnerin für Sonntag, den 21. April 2024, eine Fahrraddemonstration im Zeitraum ab 13:00 Uhr mit einer zu erwartenden Teilnehmerzahl von 200 bis 300 Personen an. Motto der Versammlung sei "Fahrrad fahr'n statt Autobahn - A 39 stoppen, bestehende Abschnitte rückbauen und umwidmen: Platz für Leben statt für Autos; Gegen Demoverbote auf Autobahnen (sogar, wenn sie wenig befahren sind und die Demo zu einer verkehrsarmen Zeit stattfindet); Gegen konstruierte, unsubstantiierte und politisch motivierte Gefahrenprognosen für Versammlungen auf Autobahnen, die das einzige Ziel haben, Demonstrierende von Autobahnen fernzuhalten; Gegen späte Entscheidungen von Ordnungsämtern, oberen Versammlungsbehörden und Gerichten, die eine Verfassungsbeschwerde im Eilverfahren unmöglich machen". Zweck der Veranstaltung sei der Protest gegen den (Aus-)Bau der Bundesautobahn A 39, gegen bereits bestehende Abschnitte der A 39, für eine Umnutzung der bereits bestehenden Teile der A 39 als Fahrradschnellverbindung A-Stadt-Hamburg sowie der öffentliche Aufruf für eine umfassende, ökologisch und sozial gerechte Verkehrswende. Es sei geplant, dass die Versammlungsteilnehmer nach einer Auftaktkundgebung auf dem Marktplatz A-Stadt im Zeitraum von 13:00 Uhr bis 14:00 Uhr vorwiegend mit Fahrrädern über die Route Bardowicker Straße, Lüner Straße, Lünertorstraße, Schießgrabenstraße, Altenbrückertorstraße, Dahlenburger Landstraße, Auffahrt B 4/209, B 4/209 bis Anschlussstelle A-Stadt-Nord, auf der A 39 Richtung Hamburg bis auf Höhe des Bahnhofs Bardowick fahren würden, wo eine Zwischenkundgebung von 30 bis 60 Minuten Dauer stattfinden solle. Die Rückfahrt sei geplant über die A 39 Richtung A-Stadt bis zur Abfahrt A-Stadt-Nord, B 4/209 bis zur Abfahrt Adendorf, Artlenburger Landstraße, Kirchweg und Lüner Holz bis zur Abschlusskundgebung nördlich der Fuß- und Radbrücke im Lüner Holz.

Am 2. April 2024 fand ein Kooperationsgespräch zwischen Herrn E. und Herrn G. für das "Klimakollektiv A-Stadt", Vertretern der Antragsgegnerin, der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, des Autobahnpolizeikommissariats Winsen (Luhe), der Polizeiinspektion A-Stadt/Lüchow-Dannenberg/Uelzen, der Autobahn GmbH des Bundes, der Samtgemeinde Bardowick sowie des Landkreises A-Stadt statt. Hierbei erklärte sich Herr E. einverstanden, dass die angezeigte Ursprungsroute im Hinblick auf die Zuführung zur B 4/B209 wegen einer Baustelle auf der B 4 geändert wird (Auffahrt auf B 4/209 statt über Anschlussstelle B 216 über die Anschlussstelle Lüne/Moorfeld). Auch hinsichtlich einer Nutzung nur von Fahrrädern als Fortbewegungsmittel konnte Einvernehmen hergestellt werden. In Bezug auf die Route auf der A 39 über die Anschlussstelle A-Stadt-Nord hinaus kam es jedoch nicht zu einem Konsens.

Das Autobahnpolizeikommissariat Winsen (Luhe) verfasste unter dem 28. März 2024 eine Stellungnahme zu der geplanten Versammlung. Zudem verfasste unter dem 11. April 2024 die Polizeiinspektion A-Stadt/Lüchow-Dannenberg/Uelzen eine ergänzende Gefahrenprognose und Stellungnahme, die sich insbesondere auf die Auswirkungen der Versammlung außerhalb der A 39 bezieht. Die Autobahn GmbH des Bundes gab unter dem 4. April 2024 sowie ergänzend unter dem 8. April 2024 Stellungnahmen zu der geplanten Versammlung ab.

Mit Bescheid vom 10. April 2024 bestätigte die Antragsgegnerin die angemeldete Versammlung für den 21. April 2024, untersagte aber in Ziffer I. 1. das Befahren der A 39 zwischen den Anschlussstellen A-Stadt/Nord in Richtung Winsen/Ost bis Höhe Bahnhof Bardowick. Es sei die auf Seite 1 der Verfügung genannte Alternativroute zu benutzen. Hiernach ist im Anschluss an die Auftaktkundgebung auf dem Marktplatz A-Stadt (13:00 bis 14:00 Uhr) folgende Route zu benutzen: "Bleckeder Landstraße, Henningstraße, Rabensteinstraße, Meisterweg, Erbstorfer Landstraße, Auffahrt B 4/209 Anschlussstelle (AS) Lüne/Moorfeld auf die Richtungsfahrbahn Süden (entgegengesetzt der Fahrtrichtung), auf der A 39 bis AS A-Stadt Nord". Dort könne eine Zwischenkundgebung "vor der Brücke Höhe Hamburger Straße auf der A 39 (30-60 Minuten)" stattfinden. Zurück sei über die Route "A 39 auf der Richtungsfahrbahn Süden zurück über die B 4/209 bis zur AS "Adendorf", Artlenburger Landstraße, Grüner Weg, Kirchweg, Lüner Holz" zur Endkundgebung nördlich der Fuß- und Radbrücke im Lüner Holz zu fahren. In Ziffer II. des Bescheids ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung an. Der Bescheid wurde der Antragstellerin am Donnerstag, den 11. April 2024 zugestellt.

Gegen die Auflage in Ziffer I. 1. dieses Bescheids hat die Antragstellerin am 18. April 2024 Klage erhoben (5 A 122/24), über die noch nicht entschieden ist, und zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Bezug auf Ziffer I. 1. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 10. April 2024 stattgegeben.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat Erfolg.

Die von der Antragsgegnerin vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der Senat als Beschwerdegericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen eine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Die Anforderungen an die nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotene Darlegung von Gründen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, dürfen vorliegend nicht überspannt werden, da die nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestehende Frist zur Begründung der Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung vorliegend wegen der Eilbedürftigkeit faktisch auf wenige Stunden begrenzt war. Auch wenn das Verwaltungsgericht über den am 18. April 2024 eingegangenen Eilantrag der Antragstellerin bereits am 19. April 2024 entschieden hat, bestand für die Begründung der Beschwerde durch die Antragsgegnerin nur ein sehr enges Zeitfester, da die angemeldete Versammlung für den 21. April 2024 vorgesehen ist.

Die von der Antragstellerin angegriffene Beschränkung in Ziffer I. 1. des Bescheids der Antragsgegnerin vom 10. April 2024 erweist sich unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens der Antragsgegnerin und der Beschwerdeerwiderung der Antragstellerin entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts voraussichtlich als rechtmäßig.

Bei Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, muss schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt. Soweit möglich, ist als Grundlage der gebotenen Interessenabwägung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht nur summarisch zu prüfen, und sofern dies nicht möglich ist, eine sorgfältige, hinreichend substantiiert begründete Folgenabwägung vorzunehmen (BVerfG, Beschl. v. 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 -, juris Rn. 18; vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris Rn. 5; Beschl. v. 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 8). Hierbei kann auch eine Rolle spielen, ob es ein Beteiligter zu vertreten hat, dass aus zeitlichen Gründen eine hinreichend intensive Prüfung nicht möglich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 -, juris Rn. 96; Thüringer OVG, Beschl. v. 5.10.2018 - 3 EO 649/18 -, juris Rn. 6).

Nach Art. 8 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Eine Versammlung ist eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.7.2022 - 1 BvQ/22 -, juris Rn. 6 m.w.N; BVerwG, Urt. v. 21.6.2023 - 3 CN 1.22 -, juris Rn. 24 m.w.N.). Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung konstituierend (BVerfG, Beschl. v. 26.7.2022 - 1 BvQ/22 -, juris Rn. 6, m.w.N.). Aus Art. 8 Abs. 1 GG folgt auch das Recht der Grundrechtsträger, insbesondere des Veranstalters, selbst über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung zu bestimmen (BVerfG, Beschl. v. 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 -, juris Rn. 16 m.w.N.; BVerwG, Urt. v. 24.5.2022 - 6 C 9.20 -, juris Rn. 19 m.w.N.). Die Bürger sollen damit selbst entscheiden können, wo sie ihr Anliegen - gegebenenfalls auch mit Blick auf Bezüge zu bestimmten Orten oder Einrichtungen - am Wirksamsten zur Geltung bringen können (BVerfG, Beschl. v. 18.7.2015 - 1 BvQ 25/15 -, juris Rn. 9 m.w.N.; Nds. OVG, Beschl. v. 22.4.2023 - 10 ME 56/23 -, juris Rn. 13; Beschl. v. 1.9.2011 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 9). Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schützt dabei auch das Interesse des Veranstalters, einen Beachtungserfolg nach seinen Vorstellungen zu erzielen, also gerade auch durch eine möglichst große Nähe zu dem symbolhaltigen Ort (BVerfG, Beschluss vom 27.6.2022 - 1 BvQ 45/22 -, juris Rn. 6 m.w.N.). Allerdings verschafft die Versammlungsfreiheit kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten. Insbesondere gewährt sie keinen Zutritt zu Orten, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind oder zu denen schon den äußeren Umständen nach nur zu bestimmten Zwecken Zugang gewährt wird (BVerfG, Beschl. v. 18.7.2015 - 1 BvQ 25/15 -, juris Rn. 5 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 8.1.2021 - 6 B 48.20 -, juris Rn. 11). Demgegenüber verbürgt die Versammlungsfreiheit die Durchführung von Versammlungen aber dort, wo ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet ist (BVerfG, Beschl. v. 9.12.2020 - 1 BvR 2734/20 -, juris Rn. 10).

Gemäß Art. 8 Abs. 2 GG kann das Recht auf friedliche Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden. Für Niedersachsen ist in § 8 Abs. 1 NVersG bestimmt, dass die zuständige Behörde eine Versammlung unter freiem Himmel beschränken kann, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Der Begriff der "öffentlichen Sicherheit" umfasst die gesamte Rechtsordnung und damit auch straßenverkehrsrechtliche Vorschriften, die die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs regeln (Bayerischer VGH, Beschl. v. 12.5.2023 - 10 CS 23.847 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschl. v. 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 10; BVerwG, BVerwG, Urt. v. 21.4.1989 - 7 C 50/88 -, juris, Rn. 15). Die "unmittelbare Gefahr" i.S.d. § 8 Abs. 1 NVersG erfordert eine konkrete Sachlage, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgüter führt. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben; bloße Verdachtsmomente und Vermutungen reichen für sich allein nicht aus (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2793/04 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Beschl. v. 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 10; Hessischer VGH, Beschl. v. 22.3.2024 - 8 B 560/24 -, juris Rn. 14). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Beschränkung liegt grundsätzlich bei der Behörde (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.2012 - 1 BvR 2794/10 -, juris Rn. 17; Beschl. v. 12.5.2010 - 1 BvR 2636/04 -, juris Rn. 19).

Das der zuständigen Behörde durch § 8 Abs. 1 NVersG eingeräumte Entschließungsermessen ist grundrechtlich gebunden. Die Versammlungsfreiheit hat nur dann zurückzutreten, wenn eine Abwägung unter Berücksichtigung der Bedeutung des Freiheitsrechtes ergibt, dass dies zum Schutz anderer mindestens gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist. Dabei kollidierende Grundrechtspositionen sind hierfür in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11.4.2018 - 1 BvR 3080/09 -, juris, Rn. 32). Zu beachten ist auch, dass vom Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters nicht die Entscheidung umfasst ist, welche Beeinträchtigungen die Träger der kollidierenden Rechtsgüter hinzunehmen haben. Insofern ist auch zu prüfen, ob das Selbstbestimmungsrecht unter hinreichender Berücksichtigung der gegenläufigen Interessen Dritter oder der Allgemeinheit ausgeübt worden ist (vgl. BVerfG, Beschl. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 -, juris, Rn. 63). Rechtsgüterkollisionen können im Rahmen versammlungsrechtlicher Beschränkungen ausgeglichen werden (Nds. OVG, Beschl. v. 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 11; Sächsisches OVG, Beschl. v. 29.10.2021 - 6 B 399/21 -, juris Rn. 7). Maßgeblich sind dabei stets die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls, insbesondere die Art und das Maß der Auswirkungen auf betroffene Dritte und deren Grundrechte. Wichtige Abwägungselemente sind unter anderem die Dauer und Intensität der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, evtl. Ausweichmöglichkeiten, die Dringlichkeit evtl. verhinderter Anliegen, aber auch der Sachbezug zwischen den in ihrer Fortbewegungsfreiheit beeinträchtigten Personen und dem Protestgegenstand. Im Rahmen der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, ob und wie weit die Wahl des Versammlungsortes und die konkrete Ausgestaltung der Versammlung sowie die von ihr betroffenen Personen einen Bezug zum Versammlungsthema haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 -, juris, 64 m.w.N.; Nds. OVG, Beschl. v. 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 11).

Zwar schließt die spezifische Widmung der Autobahnen für den überörtlichen Kraftfahrzeugverkehr deren Nutzung für Versammlungszwecke nicht generell aus (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 12; Bayerischer VGH, Beschl. v. 12.5.2023 - 10 CS 23.847 -, juris Rn. 12; Sächsisches OVG, Beschl. v. 29.10.2021 - 6 B 399/21 -, juris Rn. 8; Hessischer VGH, Beschl. v. 30.10.2020 - 2 B 2655/20 -, juris Rn. 6; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 3.11.2017 - 15 B 1370/17 -, juris Rn. 15 ff.). Jedoch kommt ihre Nutzung für Versammlungszwecke nur sehr eingeschränkt in Betracht. Im öffentlichen Straßenraum ist zwar grundsätzlich ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet. Vor allem innerörtliche Straßen und Plätze werden heute als Stätten des Informations- und Meinungsaustausches sowie der Pflege menschlicher Kontakte angesehen. In verstärktem Maß gilt dies für Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche; die Ermöglichung des kommunikativen Verkehrs ist ein wesentliches Anliegen, das mit solchen Einrichtungen verfolgt wird (vgl. BVerfG, Urt. v. 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 -, juris Rn. 67; Nds. OVG, Beschl. v. 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 12). Autobahnen sind demgegenüber jedoch nicht dem kommunikativen Verkehr zu dienen bestimmt. Vielmehr sind sie gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 FStrG nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt und so angelegt, dass sie frei von höhengleichen Kreuzungen und für Zu- und Abfahrt mit besonderen Anschlussstellen ausgestattet sind (vgl. auch § 18 Abs. 1 Satz 1 StVO).

Während bei innerörtlichen Straßen und Plätzen, bei denen die Widmung die Nutzung zur Kommunikation und Informationsverbreitung einschließt, Beschränkungen oder gar ein Verbot von Versammlungen aus Gründen der Verkehrsbehinderung nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommen, ist den Verkehrsinteressen bei öffentlichen Straßen, die allein dem Straßenverkehr gewidmet sind, eine erheblich größere Bedeutung beizumessen, so dass das Interesse des Veranstalters und der Versammlungsteilnehmer an der ungehinderten Nutzung einer solchen Straße in der Regel zurückzutreten hat (Nds. OVG, Beschl. v. 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris Rn. 9; vgl. auch Bayerischer VGH, Beschl. v. 12.5.2023 - 10 CS 23.847 -, juris Rn. 12; Sächsisches OVG, Beschl. v. 29.10.2021 - 6 B 399/21 -, juris Rn. 8). Eine Überlagerung der rechtlichen Nichtöffnung von Autobahnen als nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmte Fernstraßen für den allgemeinen kommunikativen Verkehr kommt nur ausnahmsweise in den Fällen in Betracht, in denen die Wahl einer Autobahn als Versammlungsort für eine effektive Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit unabdinglich ist (Nds. OVG, Beschl. v. 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris Rn. 9 m.w.N.). Hierbei kommt es maßgeblich darauf an, ob die beabsichtigte Nutzung einer Autobahn einen direkten Bezug zum Versammlungsthema hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 -, juris Rn. 64; Nds. OVG, Beschl. v. 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 13). Je konkreter ein örtlicher bzw. thematischer Bezug zur Autobahn bzw. zu einem bestimmten Autobahnabschnitt ist, desto eher vermag das Versammlungsrecht das Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ausnahmsweise zu verdrängen. Demgegenüber ist das Versammlungsrecht stärker eingeschränkt, wenn der Bezug zur Autobahn eher lockerer und / oder auch auf andere - mit geringeren Behinderungen verbundene - Abschnitte oder andere Autobahnen sinngemäß übertragbar ist (Nds. OVG, Beschl. v. 18.4.2023 - 10 ME 52/23 -, juris Rn. 9; Sächsisches OVG, Beschl. v. 29.10.2021 - 6 B 399/21 -, juris Rn. 8).

Darüber hinaus kommt es maßgeblich darauf an, welche Gefahren durch die beabsichtigte Nutzung einer Autobahn für die Versammlungsteilnehmer und andere Verkehrsteilnehmer entstehen, insbesondere ob aufgrund der Versammlung die Gefahr von Verkehrsunfällen besteht, wie lange und wie intensiv die Beeinträchtigungen und die Gefahren für die anderen Verkehrsteilnehmer sind, welche Verkehrsbedeutung dem betroffenen Autobahnabschnitt zukommt, mit welchem Verkehrsaufkommen im Zeitpunkt der Versammlung zu rechnen ist, inwieweit den durch eine Versammlung auf einer Autobahn begründeten Gefahren durch ein Sicherungskonzept begegnet werden kann und ob zumutbare und praktikable Umleitungsmöglichkeiten bestehen, die die Gefahren und die Beeinträchtigungen ausreichend reduzieren können (Nds. OVG, Beschl. v. 22.4.2023 - 10 ME 56/23 -, juris Rn. 16; Beschl. v. 1.9.2021 - 11 ME 275/21 -, juris Rn. 13 m.w.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die von der Antragsgegnerin verfügte streitgegenständliche Routenänderung in Ziffer I. 1. des Bescheids vom 10. April 2024 entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts voraussichtlich als rechtmäßig.

Zwar besteht mit dem Thema der Veranstaltung "Fahrrad fahr'n statt Autobahn - A 39 stoppen, bestehende Abschnitte rückbauen und umwidmen (...)" ein konkreter örtlicher und thematischer Bezug der Veranstaltung zu der gewünschten Versammlungsroute. In Anbetracht der von der Antragsgegnerin zutreffend ermittelten erheblichen Behinderungen und Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer liegt aber ein Ausnahmefall, der die grundsätzlich ausgeschlossene Nutzung von Autobahnen für Demonstrationen in dem von der Antragstellerin und den anderen Anmeldern gewünschten Streckenumfang rechtfertigen würde, nicht vor. Denn die Antragsgegnerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Durchführung der Versammlung auf diesem stark frequentierten Abschnitt der A 39 den Verkehr über ca. 7 Stunden, also über einen relativ langen Zeitraum, intensiv beeinträchtigen würde, dieser erheblichen Beeinträchtigung nicht in ausreichendem Maße durch Umleitungsstrecken und Verkehrslenkungskonzepte begegnet werden könnte und sich dadurch Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer deutlich erhöhen würden.

Die Antragsgegnerin ist im Rahmen der von ihr vorgenommenen Gefahrenprognose zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die A 39 zwischen den Anschlussstellen A-Stadt-Nord und Handorf auf beiden Richtungsfahrbahnen voll gesperrt werden müsste. Diese Einschätzung der Antragsgegnerin in dem Bescheid vom 10. April 2024 beruht auf den fachlichen Stellungnahmen des Autobahn-Polizeikommissariats Winsen (Luhe) vom 28. März 2024 und der Autobahn GmbH des Bundes - Autobahn Nord - vom 4. April 2024 und vom 8. April 2024, in denen die bei einer nur einseitigen Fahrbahnsperrung drohenden erheblichen Gefahren für den Senat nachvollziehbar beschrieben werden. Eine lautstarke und auch optisch auffällige Fahrraddemonstration mit Lautsprechern oder Musikboxen sowie an Fahrrädern angebrachten Transparenten, Fahnen und Schildern stellt eine erhebliche akustische und optische und auch nicht zu erwartende Ablenkung für die auf der Gegenfahrbahn fahrenden Verkehrsteilnehmer mit der hohen Gefahr von Auffahrunfällen dar (vgl. bereits Nds. OVG, Beschl. v. 22.4.2023 - 10 ME 56/23 -, juris Rn. 26). Neben diesen sind auch die an der Versammlung teilnehmenden Personen in besonderer Weise gefährdet, falls es zu Unfällen auf der Gegenfahrbahn kommt (z.B. durch fliegende Fahrzeugteile). Maßgeblich fällt zudem ins Gewicht, dass angesichts der Anzahl der teilnehmenden Personen (etwa 200 bis 300 Teilnehmer) Einwirkungen von diesen auf den fließenden Verkehr nicht ausgeschlossen werden können. Ausweislich der fachlichen Stellungnahmen sollen sich bei der Fahrraddemonstration im April 2023, die ebenfalls auf der B 4/209 (Ostumgehung) bis Höhe Anschlussstelle A-Stadt-Nord verlief und bei der die Fahrbahn nur in einer Fahrtrichtung gesperrt worden ist, Personen im Bereich der Mittelleitplanke aufgehalten haben, um sich vom fahrenden Fahrerfeld abzugrenzen. Es liegt auf der Hand, dass ein solches Verhalten bei einer nur einseitigen Sperrung in einer Fahrtrichtung ein erhebliches Gefährdungspotential darstellt. Zudem heißt es in dem Protokoll zum Kooperationsgespräch am 21. April 2024, dass im letzten Jahr Kinder zwischen die Leitplanken gesetzt worden seien, was in diesem Jahr unbedingt vermieden werden solle (Protokoll vom 2. April 2024). Die Antragstellerin hat insoweit zwar erwidert, dass es bei einer Vielzahl von Versammlungen nur eine einseitige Sperrung eines Autobahnabschnitts gegeben habe, ohne dass dies zu einer Gefährdungslage geführt habe, und es auch auf der Versammlung am 23. April 2023 in A-Stadt keine Probleme mit Personen, die auf die Leitplanke gestiegen seien, gegeben habe. Zudem weist sie zutreffend darauf hin, dass die Veranstalter nach dem Verlesen der Auflagen beim Versammlungsbeginn die Teilnehmer auf die Gefahr des Gegenverkehrs hinweisen können und darüber informieren können, dass die Mittelleitplanke oder der Mittelstreifen nicht betreten werden dürfe. Der Senat geht auch davon aus, dass sich die Teilnehmer an der Demonstration im Fall einer nur einseitigen Fahrbahnsperrung bereits aus eigenem Interesse grundsätzlich situations- und verkehrsanpasst verhalten, um eine Eigengefährdung zu vermeiden. Allerdings kann es nach Auffassung des Senats jederzeit zu einem - wenn auch unbeabsichtigten - individuellen Fehlverhalten kommen, insbesondere bei plötzlichen Ereignissen oder Gefahrenmomenten. Dass die Antragsgegnerin hier eine Vollsperrung für erforderlich erachtet, ist für den Senat daher nachzuvollziehen.

Hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Einschränkungen durch eine Vollsperrung auch des Streckenabschnitts von der Anschlussstelle A-Stadt-Nord bis zur Anschlussstelle Handorf in beiden Fahrtrichtungen folgt der Senat ebenfalls der dem angegriffenen Bescheid zugrunde gelegten Einschätzung der Autobahn GmbH in ihren Schreiben vom 4. April 2024 und 8. April 2024 sowie des Autobahn-Polizeikommissariats Winsen (Luhe) vom 11. April 2024. Nach diesen inhaltlich übereinstimmenden Stellungnahmen sachkundiger Stellen werden für die Einrichtung der Sperrmaßnahmen an den Anschlussstellen Handorf und A-Stadt-Nord einschließlich der Aufstellung einer Stauwarnanlage und für das notwendige mehrfache Befahren der zu sperrenden Strecke mindestens zwei Stunden benötigt. Dass hierbei ein zeitlicher Vorlauf aufgrund unvorhersehbarer Situationen während der schrittweise einzurichtenden Sperrmaßnahme einzuberechnen ist, ist für den Senat ohne Weiteres nachvollziehbar. Dass zum Abschluss der Einrichtung der Vollsperrung eine Streckenkontrolle durchzuführen ist, damit sichergestellt, dass die Fahrbahn von den angemeldeten Fahrrädern und Fußgängern gefahrlos benutzbar ist, liegt auf der Hand. Soweit die Autobahn GmbH für den Rückbau der Sperrmaßnahmen einen Zeitaufwand von 1,5 Stunden prognostiziert, begegnet dies keinen Bedenken. Auch wenn die für den Abbau der Vollsperrung einzuplanende Zeit etwas kürzer ausfällt, da der Abbau im Gegensatz zur Einrichtung der Vollsperrung nicht bei fließendem Verkehr erfolgt, ist zu berücksichtigen, dass vor einem Rückbau eine besonders sorgfältige Streckenkontrolle, hier über eine Strecke von fast 6 Kilometern, durchzuführen ist. Unter Einbeziehung der voraussichtlichen Dauer der Versammlung auf der B 4/209 und der A 39 ab der Anschlussstelle A-Stadt-Nord bis in Höhe Bardowick Bahnhof hat der Senat daher keine durchgreifenden Zweifel an der von der Antragsgegnerin bei ihrer Gefahrenprognose berücksichtigten Dauer der Beeinträchtigungen durch Vollsperrung für einen Zeitraum von insgesamt etwa sieben Stunden. Diese prognostizierte Dauer dürfte jedenfalls nicht deutlich zu hoch gegriffen sein (vgl. hierzu bereits Nds. OVG, Beschl. v. 22.4.2023 - 10 ME 56/23 -, juris Rn. 25: "Sperrzeit von mindestens 6 Stunden in jedem Fall notwendig"). Im Übrigen würde auch eine um etwa 1 bis 2 Stunden geringere als die prognostizierte Dauer der Vollsperrung die Gefahrenprognose nicht durchgreifend in Frage stellen.

Der von der Antragsgegnerin prognostizierten Dauer der Vollsperrung steht entgegen dem Verwaltungsgericht auch nicht entgegen, dass diese bislang keine näheren Angaben zu den Zeitaufwänden der in der Vergangenheit erfolgten Sperrungen im Bereich der B 4/209 und der A 39 anlässlich bereits durchgeführter Fahrraddemonstrationen gemacht hat. Da die in der Vergangenheit erfolgten Sperrungen an der Anschlussstelle A-Stadt-Nord geendet haben und zudem auch nur eine Fahrtrichtung, nicht beide Fahrtrichtungen betrafen, sind etwaige Erfahrungswerte zu diesen Sperrungen in der Vergangenheit nicht ohne Weiteres hinreichend aussagekräftig.

Entsprechendes gilt, soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdeerwiderung auf Erfahrungswerte zur Dauer einer Sperrung bei Versammlungen auf anderen Autobahnabschnitten hingewiesen hat. Die erforderliche Dauer einer Absperrung hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls wie Länge der zu sperrenden Strecke, Art der Sperrung (Vollsperrung oder Sperrung nur in einer Fahrtrichtung), Anzahl der Anschlussstellen sowie der voraussichtlichen Dauer der Veranstaltung auf dem gesperrten Streckenabschnitt ab. Dass die von der Antragstellerin aufgeführten Referenzfälle mit der hier zu prüfenden Sperrung vergleichbar gewesen sind und die hier prognostizierte Dauer der Sperrung daher deutlich überzogen ist, ist für den Senat auf der Grundlage des in diesem Verfahren vorliegenden Sachstands nicht zu ersehen.

Die Antragsgegnerin hat zudem ihrer Annahme, dass im Falle der erforderlich werdenden Vollsperrung der A 39 in beiden Fahrtrichtungen zwischen den Anschlussstellen Handorf und A-Stadt-Nord über einen Zeitraum von mindestens sieben Stunden die Verkehrsströme nicht mehr ordnungsgemäß abgewickelt werden könnten, was mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Stillstand des Verkehrs und einer deutlichen Begünstigung der Verwirklichung von Unfällen führen würde, zutreffend zugrunde gelegt, dass an einem durchschnittlichen Sonntag im April auf dem betreffenden Streckenabschnitt mit etwa 22.613 Fahrzeugen in beiden Richtungen in 24 Stunden zu rechnen sei, wobei das Verkehrsaufkommen am Sonntagnachmittag erwartungsgemäß deutlich höher ausfalle (Bescheidabdruck, S. 6). Die Antragsgegnerin stützt ihre Einschätzung insoweit auf die Stellungnahme des Autobahn-Polizeikommissariats Winsen (Luhe) vom 28. März 2024. Ausweislich dieser ergebe sich das genannte erwartete Verkehrsaufkommen anhand der Vergleichswerte aus dem Jahr 2023. Bei den etwa 22.613 Fahrzeugen in 24 Stunden in beiden Fahrtrichtungen handele es sich in der Masse um Individualverkehr; der zu erwartende Schwerlastverkehrsanteil sei als gering bis sehr gering zu bezeichnen. Nach dem in der Stellungnahme enthaltenen Diagramm (Bl. 57 des Verwaltungsvorgangs), welches die Antragsgegnerin auch ihrem Bescheid vom 10. April 2024 beigefügt hat, liegt über den Tagesverlauf betrachtet der deutliche Schwerpunkt des Verkehrsaufkommens an einem Sonntag im April in den Nachmittagsstunden, also genau in dem Zeitraum, in welchem die von der Antragstellerin angemeldete Demonstration auf dem fraglichen Autobahnabschnitt stattfinden soll. Die in dem Diagramm dargestellten Verlaufskurven sind im Zeitraum von etwa 12 Uhr bis etwa 19 Uhr am höchsten dargestellt. In den Morgenstunden sowie in den späten Abendstunden ist das Verkehrsaufkommen ausweislich des Diagramms dagegen deutlich geringer.

Die Annahme der Antragstellerin, es sei bewusst eine verkehrsarme Zeit für die beabsichtigte Versammlung ausgewählt worden, erweist sich daher als unzutreffend. Auch die entsprechenden Ausführungen in ihrer Beschwerdeerwiderung setzen sich nicht mit den Darlegungen der Antragsgegnerin zu der tageszeitlichen Verteilung des Verkehrs auseinander. Zwar dürfte an einem Sonntag in dem fraglichen Autobahnabschnitt insgesamt ein geringeres Verkehrsaufkommen als an einem Werktag zu erwarten sein, der deutliche Schwerpunkt des sonntäglichen Verkehrs liegt aber gerade in den Nachmittagsstunden, für welche die Versammlung angemeldet worden ist. Zudem ist zu erwarten, dass ein wesentlicher Anteil des werktäglichen Verkehrs auf die Zeiten des Berufsverkehrs in den Morgenstunden sowie den späten Nachmittagsstunden bzw. den frühen Abend fällt. Dieser Effekt fällt an einem Sonntag jedoch weitgehend weg und betrifft zudem gerade nicht den Zeitraum der angemeldeten Demonstration. Soweit die Antragstellerin in ihrer Beschwerdeerwiderung ausführt, dass aufgrund der Baustelle auf der A-Stadter Ostumgehung zwischen den Anschlussstellen Kaltenmoor und Dahlenburger Landstraße vermutlich auf der gesamten Ostumgehung und in der Folge auch der A 39 ein geringeres Verkehrsaufkommen als im letzten Jahr zu erwarten sein dürfte, folgt hieraus nichts anderes. Die in Bezug genommene Baustelle ist zunächst weiter südlich als die Antragstellerin meint eingerichtet, nämlich zwischen den Anschlussstellen Kaltenmoor und Häcklingen (vgl. www.strassenbau.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/presseinformationen/b-4-erneuerung-der-fahrbahn-zwischen-hacklingen- und-kaltenmoor-startet-am-2-april-230721.html). Warum diese Baustelle ein geringeres Verkehrsaufkommen zwischen dem hier zu betrachtenden Autobahnabschnitt der A 39 zwischen den Anschlussstellen A-Stadt-Nord und Handorf erwarten lassen könnte, legt die Antragstellerin nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.

Auch die Erwägung des Verwaltungsgerichts, es sei entgegen der Annahme der Antragsgegnerin nicht mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen zu den vorgesehenen Zeiten der Fahrraddemonstration auszugehen (Beschlussabdruck, S. 12), vermag die Einschätzung der Antragsgegnerin zum zu erwartenden Verkehrsaufkommen nicht in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht setzt sich bereits nicht mit den dargelegten Erwägungen der Antragsgegnerin auseinander, dass das Verkehrsaufkommen an einem Sonntagnachmittag erwartungsgemäß deutlich höher ausfallen wird als im Tagesdurchschnitt. Die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts, in allen Bundesländern außer Schleswig-Holstein hätten die Osterferien bereits geendet, wobei die Osterferien auch dort am Freitag, den 19. April 2024 endeten, ist zudem ohne jegliche Aussagekraft dazu, dass nach der Einschätzung der Antragsgegnerin an einem Sonntag mit Ausflugsverkehren in Richtung Hamburg sowie Nord- und Ostsee zu rechnen sei. Der Bescheid der Antragsgegnerin spricht insofern dezidiert von Tagesausflüglern (Bescheidabdruck, S. 6) und stellt auf ein erhöhtes Verkehrsaufkommen aufgrund von An- und Abreiseverkehr zu Ferienorten in Schulferienzeiten überhaupt nicht ab. Derartige Tages- bzw. Wochenendausflugsverkehre finden aber regelmäßig und nicht nur in Ferienzeiten statt.

Soweit das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, dass die mögliche Ausweichstrecke nicht als von vornherein völlig ungeeignet zur Aufnahme der Umleitungsverkehre anzusehen sei (Beschlussabdruck, S. 13), vermag dies die Einschätzung in der Stellungnahme des Autobahn-Polizeikommissariats Winsen (Luhe) nicht in Frage zu stellen, dass es neben der Staugefahr an den Stauenden der Bundesautobahnen zu einer erheblichen Aus- und teilweise Überlastung der Umleitungsstrecken und Nebennetze mit zu erwartenden Folgeunfällen, sowohl im Rückstaugeschehen auf der Bundesautobahn als auch auf den Umleitungsstrecken kommen werde, wobei sich dieser Effekt im Falle einer Vollsperrung beider Fahrbahnen durch ein direktes Aufeinandertreffen der gegenläufigen Verkehrsströme auf den ausgeschilderten Umleitungsstrecken noch erhöhe (Verwaltungsvorgang, S. 59).

Das Verwaltungsgericht lässt unberücksichtigt, dass bei der für die Durchführung der fraglichen Versammlung in der angemeldeten Form mit Benutzung der A 39 über die Anschlussstelle A-Stadt-Nord hinaus bis auf Höhe des Bahnhofs Bardowick zwingend erforderlichen Vollsperrung der Autobahn ab der Anschlussstelle Handorf bis zur Anschlussstelle A-Stadt-Nord (und darüber hinaus im restlichen Verlauf der Autobahn im A-Stadter Stadtgebiet bis zum Übergang auf die B 4/209 - A-Stadter Ostumgehung - bis zur Anschlussstelle Lüne/Moorfeld) für die umzuleitenden Verkehre zwischen der Anschlussstelle Handorf und dem Bereich A-Stadt-Nord lediglich eine einzige Ausweichstrecke zur Verfügung steht, worauf auch der Bescheid der Antragstellerin vom 10. April 2024 zutreffend hinweist (Bescheidabdruck, S. 7). Diese verläuft von der Anschlussstelle Handorf über die B 404 und sodann über die Kreisstraße 46 (die ehemalige B 4) in Richtung der Ortsdurchfahrt Bardowick und sodann zur Anschlussstelle A-Stadt-Nord. Diese Ausweichstrecke muss neben dem umzuleitenden Verkehr auf der Relation A-Stadt - Winsen (Luhe) und im weiteren Verlauf in den Raum Hamburg-Süd auch den Verkehr aus Richtung A-Stadt zur B 404 in Richtung Geesthacht und im weiteren Verlauf Richtung Hamburg-Bergedorf bzw. umgekehrt aufnehmen. Eine andere in Betracht kommende Umleitungsstrecke als die von der Antragsgegnerin angegebene ist nicht vorhanden. Das südlich des betreffenden Autobahnabschnitts bestehende Nebenstraßennetz im Bereich Vögelsen, Mechtersen und Radbruch ist, einschließlich der dort verlaufenden K 42, erst wieder in Winsen (Luhe) an die dortige Autobahn-Anschlussstelle Winsen-Ost angeschlossen, die allerdings in Fahrtrichtung Hamburg bis zum 26. Mai 2024 gesperrt ist (vgl. www.autobahn.de/die-autobahn/verkehrsmeldungen/detail/a39-fortsetzung-der-grundhaften-erneuerung-start-der-arbeiten-zwischen-den-as-handorf-5-und-winsen-ost-4-rifa-hamburg-am-18-maerz-2024); diese Route dürfte aufgrund des weiträumigen Umwegs über nur sehr kleinteilig ausgebaute Straßen ohnehin kaum angenommen werden. Soweit die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung vorbringt, es existierten daneben mit der B209 und der L2345 oder der A 7 weitere Ausweichstrecken, legt sie nicht dar, inwiefern über diese Straßen eine Umleitung des von der Autobahnvollsperrung betroffenen Verkehrs möglich sein sollte. Die B209 führt von der Anschlussstelle B 209 an der A-Stadter Ostumgehung Richtung Norden nach Artlenburg und weiter Richtung Lauenburg. Wie über diese Strecke der Verkehr Richtung Winsen (Luhe) und Hamburg sachgerecht umgeleitet werden sollt, ist nicht ersichtlich. Eine Landestraße 2345 ist dem Senat in dem fraglichen Bereich nicht bekannt. Wie eine Umleitung über die Bundesautobahn A 7 erfolgen soll, die wesentlich weiter westlich liegt, ist erst Recht nicht ersichtlich. Auch der Hinweis auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Bahnverkehrs vermag die Gefahrenprognose der Antragsgegnerin nicht in Frage zu stellen, was schon deshalb gilt, weil nur ein kleiner Teil des Zugverkehrs auf der Strecke A-Stadt-Hamburg auch in den genannten kleineren Unterwegsbahnhöfen anhält (Metronom-Verbindung RB 31), wohingegen der Metronom RE 3 erst wieder in Winsen (Luhe) hält und der auf der Strecke verkehrende Fernverkehr ohnehin erst wieder in Hamburg-Harburg oder Hamburg-Hauptbahnhof.

Bei der Umleitungsstrecke über die B 404 und die K 46 handelt es sich zwar um die regulär ausgewiesene Umleitungsstrecke der A 39 in diesem Bereich. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Kreisstraße 46 nicht mehr im selben Maße aufnahmefähig ist, wie dies seinerzeit als B 4/209 der Fall gewesen ist, unter anderem aufgrund von Geschwindigkeitsbeschränkungen und in der Zwischenzeit errichteten Kreisverkehren in den zu querenden Ortschaften (Nds. OVG, Beschl. v. 22.4.2023 - 10 ME 56/23 -, juris Rn. 30). Ein solcher Kreisverkehr befindet sich etwa südlich von Bardowick am Landwehrgraben (Landwehrkreisel). Die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass über die einzige zur Verfügung stehende Ausweichstrecke die an dem fraglichen Sonntagnachmittag zu erwartenden nicht unerheblichen Verkehrsströme nicht ausreichend abgewickelt werden können und eine erhebliche Gefahr eines Verkehrsstillstands und einer deutlichen Begünstigung von Unfällen besteht (Bescheidabdruck, S. 6), erweist sich daher als tragfähig.

Wie den durch die zusätzliche Verkehrsbelastung aufgrund des Umleitungsverkehrs entstehenden Stau- und Unfallgefahren in diesem Bereich durch ein Verkehrslenkungs- und Sicherheitskonzept begegnet werden soll, legt das Verwaltungsgericht nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich. In einem Verkehrsraum, in welchem mehrere aufnahmefähige Ausweichstrecken zur Verfügung stehen, vermag mit einem solchen Konzept eine maßgebliche Minderung der aufgrund einer Autobahn-Vollsperrung entstehenden Gefahren denkbar sein. Wie dies allerdings in dem hier fraglichen Bereich mit einer einzigen zur Verfügung stehenden Ausweichstrecke über eine Kreisstraße und im Bereich der Ortsdurchfahrt Bardowick realisiert werden soll, ist nicht erkennbar. Zudem berücksichtigt das Verwaltungsgericht nicht ausreichend die von der Antragsgegnerin dargelegte und auf der Hand liegende Gefahr, dass es aufgrund von Staus auf der Ausweichstrecke sowie an den Autobahn-Anschlussstellen auch zur Gefahr von Rückstaus auf der Autobahn (bzw. auf der B 404 aus Richtung Geesthacht kommend) kommt, wobei die Verkehrsteilnehmer ihre Kraftfahrzeuge innerhalb kürzester Zeit zum Stillstand bringen müssen, was erhebliche Unfallgefahren birgt, die aufgrund möglicher hoher Kollisionsgeschwindigkeiten auch schwerwiegende Unfallfolgen zu erwarten lassen (Bescheidabdruck, S. 7). Auch ist die für den 21. April 2024 geplante Demonstration in den Medien keinesfalls in einem Umfang bekannt, dass alle oder zumindest die meisten Autofahrer sich auf eine mögliche Sperrung der A 39 einstellen könnten (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 22.4.2023 - 10 ME 56/23 -, juris Rn. 31).

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, dass sich die Baustellen auf der B 4/209 (A-Stadter Ostumgehung) zwischen den Anschlussstellen Häcklingen und Kaltenmoor sowie die Vollsperrung der K 53 zwischen Erbstorf und Scharnebeck nicht wesentlich gefahrerhöhend auswirken würden (Beschlussabdruck, S. 13 f.), vermögen die allein schon aufgrund der zu erwartenden Auswirkungen einer Vollsperrung der A 39 zwischen den Anschlusstellen Handorf und A-Stadt-Nord tragfähige Gefahrenprognose der Antragsgegnerin nicht in Frage zu stellen. Soweit das Verwaltungsgericht darüber hinaus darauf hinweist, dass die Erwägung der Antragsgegnerin, die B 209 in Lauenburg könne aufgrund des dortigen Hangabrutsches auf östlichen Elbseite jederzeit kurzfristig wieder gesperrt werden, eher hypothetischer Natur sei, ist aber jedenfalls darauf hinzuweisen, dass die dortige Hafenstraße / B209 derzeit weiterhin nur halbseitig befahrbar ist, weshalb die dortige Verkehrsverbindung derzeit weniger leistungsfähig ist und mit Staugefahren zu rechnen ist (vgl. www.lauenburg.de/vollsperrung-hafenstrasse/).

Schließlich vermag auch die Erwägung des Verwaltungsgerichts, die geplante Zwischenkundgebung auf der A 39 in Höhe des Bahnhofs Bardowick, die mit 30 bis 60 Minuten angemeldet worden sei, hätte gegebenenfalls im Rahmen eines Kooperationsgesprächs auf nur 30 Minuten reduziert werden können, die tragfähige Gefahrenprognose der Antragsgegnerin nicht in Frage zu stellen. Wäre in einem solchen Fall gegebenenfalls nur eine Dauer der Vollsperrung von sechseinhalb statt sieben Stunden zu erwarten, handelte es sich lediglich um eine geringfügige Verkürzung des Sperrungszeitraums und eine maßgebliche Reduzierung der im Bereich der Umleitungsstrecken sowie an den Anschlussstellen zu erwartenden Gefahrenlagen wäre nicht zu erwarten.

Auch der Einschätzung der Antragsgegnerin, durch die in Rede stehende Vollsperrung der A 39 zwischen den Anschlussstellen Handorf und A-Stadt-Nord und einen zu befürchtenden Verkehrsstillstand werde die Arbeit von Rettungsdiensten, Polizei und Feuerwehr massiv beeinträchtigt (Bescheidabdruck, S. 8 f.), folgt der Senat. Die Prognose der Antragsgegnerin kann sich insofern auf die Stellungnahme des Autobahn-Polizeikommissariats Winsen (Luhe) vom 28. März 2024 sowie die Gefahrenprognose der Polizeiinspektion A-Stadt/Lüchow-Dannenberg/Uelzen vom 11. April 2024 stützen.

In der Stellungnahme des Autobahn-Polizeikommissariats Winsen (Luhe) heißt es, dass die Verkehrsachse Hamburg - Winsen (Luhe) - A-Stadt bei dem angezeigten Versammlungsverlauf auch für das Rettungswesen nur eingeschränkt zur Verfügung stehe. Insbesondere bei Transporten von medizinischen Notfällen würde dies nicht hinnehmbare Verzögerungen oder Aufwände (alternativer Einsatz eines Rettungshubschraubers anstatt eines Rettungswagens) bedeuten. Hierbei sei die einzuhaltende Hilfsfrist für jeden an einer Straße gelegenen Rettungsort von in der Regel 10 Minuten zu beachten. Jeder Zeitverlust könne empfindliche und zum Teil irreversible Folgen für die Opfer haben. Die komplette und langandauernde Vollsperrung der Rettungswege über die A 39 werde dazu führen, dass die Vorgabe zur Hilfsfrist auch auf den dann stark belasteten Umleitungsstrecken nur schwerlich einzuhalten sei (Verwaltungsvorgang, Bl. 61). In der Gefahrenprognose der Polizeiinspektion A-Stadt/Lüchow-Dannenberg/Uelzen heißt es, dass aufgrund von Baustellen und des Ausfalls der A-Stadter Ostumgehung wesentliche Rettungswege nicht zur Verfügung stünden und die Umleitungs- und Auseichstrecken komplett überlastet seien. Insbesondere auf den Wegen von den östlich im Stadtgebiet gelegenen Rettungswachen und Einsatzorten zum Klinikum A-Stadt sei ein nicht hinnehmbarer Zeit-/Wegemehrbedarf mit möglicherweise lebensbedrohlichen Ausmaßen zu erwarten (Verwaltungsvorgang, Bl. 83R).

Soweit das Verwaltungsgericht die Ausführungen in dem Bescheid der Antragsgegnerin, es stünden keine adäquaten Ausweichmöglichkeiten für Rettungswege zur Verfügung, um im Bereich Winsen in Richtung Rottorf, Sangenstedt und weiter in Richtung A-Stadt in Notsituationen Einsatzorte bzw. Patienten zu erreichen und gegebenenfalls in die entsprechenden Kliniken zu verbringen, so dass chaotische verkehrliche Auswirkungen zu erwarten seien (Bescheidabdruck, S. 9), mit der Erwägung in Zweifel zieht, dass nicht nachvollziehbar sei, aus welchen Gründen die versammlungsbedingten Sperrungen Transporte mit Rettungsfahrzeugen von Rottorf oder Sangenstedt zum Krankenhaus Winsen verzögern sollten, vermag dieser Aspekt isoliert betrachtet zwar zutreffen, da der Abschnitt der Kreisstraße 87, welche von Rottorf und Sangenstedt in das Stadtgebiet von Winsen (Luhe) führt, nicht Teil der von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Ausweichstrecke für die Vollsperrung des Autobahnabschnitts zwischen den Anschlusstellen Handorf und A-Stadt-Nord ist. Das Verwaltungsgericht verkennt aber, dass durchaus Fälle denkbar sind, in welchen Notfälle auch aus Rottorf und Sangenstedt nicht in das Krankenhaus Winsen, sondern vielmehr in das Klinikum A-Stadt verbracht werden müssten, etwa weil im deutlich kleineren Krankenhaus Winsen geringere bzw. nicht ausreichende Behandlungsmöglichkeiten und -kapazitäten zur Verfügung stehen als im größeren Klinikum A-Stadt. Außerdem berücksichtigt das Verwaltungsgericht in keiner Weise, dass auf der Fortsetzung der fraglichen Kreisstraßenverbindung in Richtung A-Stadt, also der ausgewiesenen Ausweichstrecke (K 46) in den Bereichen Handorf, Neu Wittorf und Bardowick bei einem nach den obigen Ausführungen drohenden Verkehrsstillstand aufgrund der Umleitungsverkehre sehr wohl massive Hinderungen und Zeitverzögerungen für die Rettungsdienste, die Polizei und die Feuerwehr eintreten würden. Wie der Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. April 2024 zutreffend ausführt, sind in diesem Bereich auch keine adäquaten Ausweichmöglichkeiten für Rettungsfahrzeuge vorhanden (Bescheidabdruck, S. 9). Diesen Belangen ist angesichts der Bedeutung des insofern in Rede stehenden Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) im Rahmen der zur Herstellung praktischer Konkordanz mit dem von den Antragstellern wahrgenommenen Versammlungsgrundrecht (Art. 8 Abs. 1 GG) ein besonderes Gewicht beizumessen.

Der Einwand des Verwaltungsgerichts, es fehle an konkreten Angaben zu einer zu erwartenden Verlängerung von Eintreffzeiten von Rettungsfahrzeugen (Beschlussabdruck, S. 15), geht insofern fehl, da bei Eintritt der zu befürchtenden Staugefahren eine Behinderung der Rettungsdienste, der Polizei und der Feuerwehr in diesem Bereich sehr wahrscheinlich ist und jede Zeitverzögerung im Rettungswesen potentiell lebensbedrohliche Folgen haben kann. Auch mit dem Hinweis, dass es bei bereits durchgeführten Versammlungen lediglich bis zur Anschlussstelle A-Stadt-Nord nicht zu derart eklatanten Einschränkungen für das Rettungswesen gekommen sei, geht fehl, da es hierbei gerade nicht zu einer Vollsperrung des Autobahnabschnitts der A 39 zwischen den Anschlussstellen Handorf und A-Stadt-Nord gekommen ist und daher eine Inanspruchnahme der fraglichen Ausweichstrecke über die K 46 und die B 404 nicht erforderlich war. Insofern handelt es sich um einen anderen Sachverhalt, so dass ein Vergleich sachfremd ist, wie die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung zutreffend ausführt. Erfahrungswerte zu einer versammlungsbedingten Vollsperrung der A 39 zwischen den Anschlussstellen Handorf und A-Stadt-Nord liegen dagegen nicht vor, da dort eine Versammlung noch nie durchgeführt worden ist. Schließlich können zu befürchtende Behinderungen der Einsatzkräfte auf der in Rede stehenden Ausweichstrecke bei einer umleitungsbedingten Staubildung naturgemäß auch nicht dadurch vermieden werden, dass Rettungswagen gegebenenfalls über die von der Versammlung nicht genutzte Gegenfahrbahn der A 39, über den Standstreifen oder eine von den Radfahrern gebildete Rettungsgasse auf der Autobahn fahren könnten, wie das Verwaltungsgericht meint (Beschlussabdruck, S. 15) und die Antragstellerin in ihrer Beschwerdeerwiderung ausführt. Das Verwaltungsgericht und die Antragstellerin berücksichtigen überdies nicht, dass aufgrund von Staubildungen an den jeweiligen Anschlussstellen die Auffahrt von Rettungskräften auf den gesperrten Autobahnabschnitt erwartbar behindert werden könnte.

Soweit der Bescheid der Antragsgegnerin darüber hinaus auf die von der Polizeiinspektion A-Stadt/Lüchow-Dannenberg/Uelzen befürchteten Behinderungen von Einsatzkräften aufgrund von zu erwartenden Staubildungen auf Ausweichstrecken im Stadtgebiet A-Stadt Bezug nimmt, ist allerdings davon auszugehen, dass diese zu erwartenden Behinderungen im Wesentlichen bereits durch die auch nach dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. April 2024 vorgegebene Alternativroute und die Sperrung der A-Stadter Ostumgehung (B 4/209) ab der Anschlussstelle Lüne/Moorfeld bis zum Übergang auf die A 39 und die Autobahn-Anschlussstelle A-Stadt-Nord eintreten werden. Der Umleitungsverkehr durch die hier allein im Streit stehende Nutzung der A 39 zwischen den Anschlussstellen Handorf und A-Stadt-Nord kann dagegen, wie auch die Antragsgegnerin im Übrigen ausführt, im Wesentlichen nur über die K 46 durch Bardowick sowie die B 404 fließen. Dies schmälert aber nicht die wie ausgeführt zu erwartenden Behinderungen für Einsatzkräfte auf eben dieser Ausweichstrecke und das diesem Belang in der Abwägung zur Herstellung praktischer Konkordanz einzuräumende Gewicht.

Die weitere Erwägung des Verwaltungsgerichts, es sei im Rahmen der Abwägung nicht erkennbar, warum bei der von der Antragsgegnerin vorgegebenen Alternativroute, die jedenfalls bis zur Ausfahrt A-Stadt-Nord verlaufe, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit überwiege, bei einer Verlängerung dieser Route bis zum Bahnhof Bardowick indes die gegenüberstehenden Rechtsgüter, da die Antragsgegnerin eine signifikant höhere Gefährdung der der Versammlungsfreiheit gegenüberstehenden Rechtsgüter nicht konkret dargelegt habe (Beschlussabdruck, S. 16), verfängt nicht. Die Antragsgegnerin hat maßgeblich darauf abgestellt, dass im Falle der Inanspruchnahme des Autobahnteilstücks zwischen den Anschlussstellen A-Stadt-Nord und Handorf die Umleitungsverkehre allesamt über die einzig zur Verfügung stehende Umleitungsstrecke (K 46 und B 404) geleitet werden müssten (Bescheidabdruck, S. 7) und adäquate Ausweichmöglichkeiten für Rettungsfahrzeuge in diesem Bereich nicht vorhanden sind (Bescheidabdruck, S. 9). Bei der von der Antragsgegnerin vorgegebenen Alternativroute von der Anschlussstelle Lüne/Moorfeld bis zur Anschlussstelle A-Stadt-Nord stellt sich diese Situation insofern anders dar, da insofern sowohl durch das A-Stadter Stadtgebiet mehrere mögliche Ausweichstrecken in Betracht kommen, um aus Richtung Uelzen bzw. dem A-Stadter Süden kommend an die Anschlussstelle A-Stadt-Nord hinsichtlich einer Weiterfahrt auf der A 39 in Richtung Hamburg zu gelangen, als auch eine mögliche Ausweichstrecke von der Anschlussstelle Lüne/Moorfeld über Erbstorf, Adendorf und Bardowick zur Anschlussstelle A-Stadt-Nord besteht. Es stehen somit im Gegensatz zu der bei einer Vollsperrung zwischen den Anschlussstellen A-Stadt-Nord und Handorf bestehenden Situation mehrere Ausweichstrecken zur Verfügung, was eine Verringerung der möglichen Gefahren durch Staubildung und Folgeunfälle sowie durch die Behinderung von Einsatzkräften zur Folge haben dürfte. Insofern geht auch der Einwand der Antragstellerin in ihrer Beschwerdeerwiderung, es sei nicht erkennbar, dass gegenüber den Gefahren auf der B 4/209, auf der die Fahrraddemonstration stattfinden dürfe, erhöhte Gefahren auf der A 39 bestünden, fehl. Die Ausführungen der Antragsgegnerin zu den aufgrund der Autobahnvollsperrung und der Inanspruchnahme der Ausweichstrecke B 404 und K 46 entstehenden Gefahren sind auch nicht nur pauschal, wie die Antragstellerin meint. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang behauptet, dass aufgrund der Vollsperrung der B 4/209 ohnehin keine Autos auf die A 39 gelangen könnten, lässt sie den aus Richtung Norden aus Hamburg-Süd über Winsen (Luhe) über die A 39 sowie aus Richtung Geesthacht über die B 404 kommenden Verkehr Richtung A-Stadt und weiter Richtung Uelzen außer Acht. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass ein Anknüpfen an einen Vergleich mit der im Vorjahr durchgeführten Versammlung bis zur Anschlussstelle A-Stadt-Nord mit einer Inanspruchnahme der A 39 bis zum Bahnhof Bardowick auch deshalb untauglich ist, weil im letzten Jahr lediglich eine der beiden Richtungsfahrbahnen gesperrt worden ist, während nunmehr (auch aufgrund der Erfahrungen im Vorjahr mit sich im Bereich der Mittelleitplanke aufhaltenden Personen aus dem Versammlungsfeld) eine Vollsperrung in beiden Fahrtrichtungen von der Antragsgegnerin für erforderlich gehalten wird.

Unabhängig von den obigen Ausführungen käme man aber auch dann zu keinem anderen Ergebnis, wenn man annähme, dass das Selbstbestimmungsrecht der Teilnehmer bzw. des Veranstalters grundsätzlich auch die Auswahl einer Autobahn als Versammlungsort umfasst. Denn auch dann würde sich die verfahrensgegenständliche Verfügung der Antragsgegnerin als voraussichtlich rechtmäßig erweisen. Bei einer Abwägung der betroffenen Belange im Rahmen der Herstellung praktischer Konkordanz ergibt sich nämlich - wie oben zu dem Nichtvorliegen eines Ausnahmefalls ausgeführt -, dass auch von diesem rechtlichen Standpunkt ausgehend in der vorliegenden Konstellation dem Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Verkehrsteilnehmer (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gegenüber dem Recht der Antragstellerin und der Versammlungsteilnehmer aus Art. 8 GG der Vorrang gebührt.

Jedenfalls hat die Antragsgegnerin mit der von ihr in dem Bescheid vom 10. April 2024 festgelegten (Alternativ-)Route in geeigneter, erforderlicher und angemessener Weise eine praktische Konkordanz zwischen dem durch die Veranstaltung ausgeübten Grundrecht der Versammlungsfreiheit und den Rechten Dritter sowie den betroffenen öffentlichen Belangen hergestellt (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 6.5.2005 - 1 Br. 961/05 -, juris Rn. 24; BVerwG, Urt. v. 24.5.2022 - 6 C 9.20 -, juris Rn. 24 u. Beschl. v. 8.1.2021 - 6 B 48.20 -, juris Rn. 13; jeweils zu § 15 Abs. 1 VersG). Die von der Antragsgegnerin angebotene Alternativroute wird nämlich dem Anliegen der Versammlung hinreichend gerecht.

Die Alternativroute soll nach der Auftaktveranstaltung auf dem A-Stadter Marktplatz u. a. über die Erbstorfer Landstraße und die Bundestraße B 4/209 und sodann über die Anschlussstelle B 4/Lüner Kreisel auf der A 39 bis vor die Anschlussstelle A-Stadt-Nord verlaufen, wobei die B 4/209 und die A 39 jeweils entgegengesetzt der Fahrtrichtung genutzt werden müssen. Auf der Fahrbahn der A 39 soll vor der Brücke, über die die Hamburger Straße führt, auch die Zwischenkundgebung stattfinden. Die weitere Route soll zurück auf der gleichen Strecke über die A 39 und B 4/209 bis zur Anschlussstelle Adendorf verlaufen, von sie weiter bis zum Ort der Endkundgebung führt, der sich südlich von Adendorf im A-Stadter Holz an der Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die B 4/209 befindet. Diese Route beinhaltet auf dem Hin- und Rückweg jeweils 1 km "echter Autobahn", da die A 39 in diesem Umfang auch noch nach der Anschlussstelle A-Stadt-Nord in Richtung Uelzen als Autobahn gewidmet ist. Zudem ist sie auch Teil des geplanten Autobahnausbaus der A 39. Nach dem Inhalt des Kooperationsgesprächs am 2. April 2024 und dem Vorbringen der Antragstellerin geht es den Teilnehmern der geplanten Veranstaltung aber gerade darum, ihre Demonstration auf der "echten Autobahn" durchzuführen. Trotz der auch mit diesem (kleineren) Teilabschnitt der A 39 einhergehenden erheblichen Verkehrsbehinderungen ist die Antragsgegnerin damit dem Anliegen der Versammlungsteilnehmer erheblich entgegengekommen, so dass das von der Versammlung verfolgte Anliegen in ausreichend öffentlichkeitswirksamer Weise auch auf der Alternativroute verwirklicht werden kann und insbesondere auch der inhaltliche Bezug zum Versammlungsthema hinreichend gewährleistet ist. Soweit die Antragstellerin demgegenüber einwendet, dass von der einen Kilometer umfassenden Streckenlänge der A 39, die für die Versammlung auf dem Hin- und Rückweg genutzt werden darf, nur die letzten 150 m durch das Verkehrszeichen A 330 als Autobahn ausgewiesen seien, ist ihr zwar zuzugestehen, dass dies einen optisch erkennbaren kommunikativen Unterschied auch und gerade im Hinblick auf denjenigen Teil des Versammlungszwecks macht, der sich auf den Rückbau der bestehenden Strecke der A 39 bezieht. Denn es kann dadurch der äußere Eindruck entstehen, dass die Versammlung nur zu einem kleinen Teil der Versammlungsroute über die A 39 führt. Dies wird aber dadurch ausgeglichen, dass gemäß der von der Antragsgegnerin festgelegten Alternativroute die Zwischenkundgebung der Versammlung auf der A 39 an der Anschlussstelle A-Stadt-Nord stattfinden darf. Damit wird zumindest eine kommunikative Schwerpunktveranstaltung der Versammlung auf der Bestandsstrecke der A 39 abgehalten. Hinzu kommt, dass die Versammlung gemäß dem angemeldeten Thema "Fahrrad fahr'n statt Autobahn - A 39 stoppen, bestehende Abschnitte zurückbauen und umwidmen (...)" sich nicht nur gegen den existierenden Bestand, sondern auch gegen den Ausbau der A 39 richtet ("stoppen"). Daher wird dem Versammlungszweck auch dadurch Rechnung getragen, dass in die Versammlungsroute eine Teilstrecke der B 4/209 einbezogen ist, die Bestandteil der Planung für den Ausbau der A 39 ist und daher vom Thema der Versammlung umfasst wird. Hinzu kommt, dass dieser Teil der B 4/209 bereits jetzt vierspurig und optisch "autobahnähnlich" ausgebaut ist und nahtlos in denjenigen Teil der A 39 einmündet, der für die Versammlung genutzt werden darf. Auch dies trägt dazu bei, dass der Versammlungszweck ohne optisch-kommunikativ ins Gewicht fallende Einbuße verwirklicht werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2013 - (NordÖR 2014,11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).