Landgericht Hannover
Urt. v. 09.07.2008, Az.: 10 O 2/06
Gewährung eines Spielraumes bei Würdigung einer Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch den Staatsanwalt; Überprüfbarkeit einer Entscheidung im Amtshaftungsprozess; Voraussetzungen für die Verneinung der Vertretbarkeit einer getroffenen Entscheidung; Begriff des für § 256 Zivilprozessordnung (ZPO) erforderlichen Feststellungsinteresses
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 09.07.2008
- Aktenzeichen
- 10 O 2/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 18776
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2008:0709.10O2.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 152 Abs. 2 StPO
- § 160 Abs. 1 StPO
- § 256 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Der Staatsanwalt ist bei Entscheidungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens einen Spielraum der Würdigung und eine gewisse Freiheit bei der Bildung seiner Auffassung zu gewähren. Hiernach ist im Amtshaftungsprozess die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nach § 152 Abs. 2 StPO nicht auf ihre "Richtigkeit", sondern und allein darauf hin zu prüfen, ob sie vertretbar ist. Die Vertretbarkeit darf nur dann verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege die Einleitung der Ermittlungen gegen den Beschuldigten nicht mehr verständlich ist.
...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 18.06.2008
durch
den Präsidenten des Landgerichts ...,
die Richterin am Landgericht ... und
den Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Versäumnisurteil des Landgerichts Hannover vom 20.12.2006 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Klage nach dem ursprünglich gestellten Antrag vom 21.03.2006 abgewiesen wird.
Die Leistungsklage wird abgewiesen.
Der Feststellungsantrag wird als unzulässig abgewiesen.
Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
Tatbestand
Der Kläger nimmt ... auf Schadensersatz wegen einer angeblichen Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit gegen den Kläger geführten strafrechtlichen Ermittlungen wegen Betruges in Anspruch.
Der Kläger entwickelte ein Marketing- und Vertriebskonzept namens ..., welches der Förderung des Absatzes von Produkten dienen und dem Verkäufer bei konsequenter Anwendung einen dauerhaften Verkaufserfolg sichern sollte. Die Entwicklung der ... erfolgte im Rahmen der Tätigkeit des Klägers als Systemanalytiker, Verkaufsbetrater und regionaler Vertriebsleiter in dem multinationalen US Konzern ....
Ab 1980 vermarktete der Kläger seine Verkaufsmethode als selbständiger Unternehmensberater und Verkaufstrainer. Als Gesellschafter der ..., Hamburg führte er die Präsentation und den Vertrieb seiner Verkaufsmethode ... fort.
Am 26.02.1993 übertrug der Kläger die Vertriebsrechte für seine ... an die ..., Hannover. Der Vertrieb des Verkaufskonzepts erfolgte ab diesem Zeitpunkt über die .... Bis Januar 1994 war der Kläger alleiniger Gesellschafter sowie Geschäftsführer und zuletzt Mitarbeiter und mit 60% am Gewinn beteiligter stiller Gesellschafter der .... Das Konzept sollte von der ... im Wege des Franchising verwertet werden, wodurch die Erfolgs- Verkaufsmethode ... einem breiten Anwenderkreis zur Nutzung zukommen sollte. Der Franchisenehmer sollte von der ... das Recht erwerben, das Erfolgsprogramm ... anderen Unternehmen zugänglich zu machen. Die GmbH bot gegen Zahlung einer einmaligen Franchisegebühr von 60 000,- DM zuzüglich Mehrwertsteuer und Gewinnbeteiligung von 10 bis 20% zunächst ein sechs bis neun Monate dauerndes Intensivtraining für die Franchisenehmer an, um diese in die Lage zu versetzen, das Vertriebskonzept für den eigenen Betrieb nutzen zu können. Anschließend sollte dann ein Team von maximal zwanzig Handelsvertretern für den Vertrieb des Konzepts ... aufgebaut werden, wobei die Franchisegeberin die von der jeweiligen Franchisenehmerin geworbenen Interessenten auswählen und ausbilden sollte. Die Interessenten hätten eine sogenannte Beitrittsgebühr von 3 000,- DM zuzüglich Mehrwertsteuer zahlen müssen.
Die ... warb für das Verkaufskonzept mit Anzeigen in überregionalen Zeitungen (":... Werden Sie Führungskraft im Vertrieb unserer Erfolgsprodukte als selbständiger Unternehmer im Rahmen unseres Franchisesystems ... Nach der Aufbauphase betragen die realistischen Einkommensmöglichkeiten monatlich 75 000,- DM und mehr!...", aus FAZ vom 17.04.1993). Nach Veröffentlichung der Anzeigen schloss die ... in der Zeit von April 1993 bis Februar 1994 entsprechende Franchiseverträge ab, nämlich u.a. mit den Herren ... und ....
Im Januar 1994 ging eine erste Strafanzeigen gegen den Kläger und sein Unternehmen bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld ein (...). Der Franchisenehmer ... hatte die erste Zahlung von 60 000,- DM zuzüglich Umsatzsteuer bereits geleistet. Der Strafanzeige des Franchisenehmers urteil des Landgerichts Hannover vom 20.12.2006 folgten diverse Strafanzeigen aus dem Kreis der Franchisenehmer. Die Vorwürfe lauteten im Kern auf Betrug; die Franchisegeberin habe - so die Anzeigenerstatter - ein funktionierendes Vertriebskonzept lediglich vorgespiegelt, um die Franchisegebühr zu erlangen. Entgegen der vertraglichen Vereinbarung habe sich die Franchisegeberin auch nicht um den Aufbau des Vertriebsteams bemüht. Des weiteren wurde der Vorwurf erhoben, dass es sich hierbei um ein unzulässiges Schneeballsystem gehandelt habe. Weiterhin wurden dem Kläger und der ... Steuerhinterziehung vorgeworfen.
Die Staatsanwaltschaft Hannover übernahm zunächst das Ermittlungsverfahren und im April 1994 wurden die Ermittlungen unter dem Aktenzeichen StA Hannover 920 Js 4189/94 gegen den wegen Betruges und Umsatzsteuerverkürzung vorbestraften Kläger aufgenommen. Am 07.11.1994 erfolgte auf Grund eines Durchsuchungsbeschlusses vom 26.09.1994 eine Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Klägers in Hannover und Hamburg, wobei umfangreiche Geschäftsunterlagen beschlagnahmt wurden.
1995 wurde die ... von der Gesellschafterin ... -der Tochter des Klägers- und der Geschäftsführerin ... in Stuttgart gegründet. Am 05.08.1995 hatte der Kläger in Übertragung des bis dahin bestehenden Vertriebsvertrages mit der ... einen inhaltlich identischen Vertriebsvertrag mit der ... abgeschlossen, der ihm 60% am Umsatz der ... aus dem von ihm aufzubauenden Franchisegeschäft zusicherte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag zwischen der ... und dem Kläger vom 05.08.1995 (K 38) verwiesen.
Am 23.05.1996 erfolgte die Ummeldung der Markenrechte an der ... von der ... auf die ... beim Patentamt. Die Gründung der ... erfolgte, weil der Kläger seinen Ruf und den Ruf der seinen Namen tragenden ... durch das Ermittlungsverfahren und die Verbreitung dieser Situation durch die gekündigten ersten Franchisenehmer vor allem im nord- und westdeutschen Raum stark beschädigt sah.
Nach einem ersten Konkursantrag bzgl. der ... vom 18.07.1995 stellte die damalige Geschäftsführerin unter dem 02.07.1996 einen Konkursantrag. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde mangels Masse abgelehnt.
Nach Anzeige des Geschädigten ... wurden die Ermittlungen zudem auf den Vorwurf der Steuerhinterziehung ausgedehnt, nachdem die ... die bis zur Stellung des Konkursantrages am 02.07.1996 fälligen Abgaben zumindest teilweise nicht gezahlt hatte.
In einem an die Durchsuchung anschließenden Telefonat vom 14.11.1994 wurden dem Kläger die bestehenden und ihm auf Grund des richterlichen Durchsuchungsbeschlusses auch bekannt gewordenen Verdachtsmomente nochmals erläutert. Nach Auswertung der bei der Durchsuchung sichergestellten Unterlagen lud die Polizei den Kläger zur Beschuldigtenvernehmung am 03.03.1995. Dort erklärte der Kläger im Beisein von Frau ... (seiner Lebensgefährtin und Geschäftsführerin der ...) er werde sich "in den nächsten Wochen" schriftlich zu den ausgiebig erörterten Vorwürfen äußern. Am 29.03.1995 legitimierte sich Rechtsanwältin ... für den Kläger und erhielt am 04.04.1995 Akteneinsicht. Mit der Eingabe vom 28.06.1995 nahm der Kläger dann persönlich Stellung.
Im Anschluss wurde eine ergänzende Vernehmung des Klägers für den 22.11.1995 anberaumt und wunschgemäß auf den 18.12.1995 verlegt. Alsdann behauptete der Kläger, er könne das Verkaufskonzept nicht ohne weitere Vorbereitung präsentieren. Absprachegemäß sollte dies nun am 14.02.1996 geschehen. Am 13.02.1996 meldete der Kläger sich jedoch krank.
In der Zeit vom 01.03. bis 31.08.1996 wurden die Ermittlungen nicht gefördert, weil der zuständige Dezernent der Staatsanwaltschaft Hannover an die Generalstaatsanwaltschaft Hannover abgeordnet und dessen Vertreter anderweitig ausgelastet war. Am 21.03.1997 wurde der Wirtschaftsreferent der Staatsanwaltschaft damit beauftragt, Informationen über die "..." einzuholen und ein entsprechendes Gutachten zu erstatten. Es wurden alle verfügbaren Unterlagen gesichtet und mehrere Zeugen, u.a. der Geschädigte ... gehört. Mit Verfügung vom 08.12.1997 schaltete die Staatsanwaltschaft außerdem das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Hannover ein.
Am 05.01.1998 legitimierte sich Rechtsanwalt ... als neuer Verteidiger des Klägers. Er erhielt ebenfalls Akteneinsicht. Eine Einlassung erfolgte nicht. Ein Schreiben vom 15.03.1999 der Staatsanwaltschaft Hannover mit einem Terminsvorschlag für eine Vorstellung und Präsentation der "..." für den 23.03.1999 konnte nicht zugestellt werden, da sich herausstellte, dass der Kläger unter der von ihm angegebenen Adresse "..." zwar gemeldet aber nicht wohnhaft war und über weitere Scheinadressen verfügte.
Mit Vermerk vom 07.03.2000 gab der Wirtschaftsreferent der Staatsanwaltschaft den Gutachtenauftrag daher als "unerledigt" zurück. Die steuerstrafrechtlichen Akten lagen der Staatsanwaltschaft am 06.03.2001 vor. Am 05.04.2001 übersandte die Staatsanwaltschaft dem Antragsteller den Fahndungsbericht und den Entwurf eines Strafbefehls über eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 200 Tagessätzen zu je 50,- DM mit der Bitte um Stellungnahme. Das Verfahren wegen Betruges sollte gem. § 154 Abs. 1 StPO eingestellt werden.
Auf das Anschreiben der Staatsanwaltschaft reagierte der Kläger, der bereits umfangreiche Gegenanzeigen, Beschwerden und Dienstaufsichtsbeschwerden gegen sämtliche Beteiligte erstattet hatte, mit einer 44 Seiten starken Einlassung.
Am 02.04.2002 trafen die Ermittlungsakten von der Steuerfahndung wieder bei der Staatsanwaltschaft ein. Hinsichtlich des Vorwurfs des Betruges war inzwischen Verjährung eingetreten, weswegen das Ermittlungsverfahren am 20.06.2002 nicht wie ursprünglich vorgesehen nach § 154 Abs. 1 StPO, sondern nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde. Das Verfahren wegen Steuerhinterziehung hat die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des Amtsgerichts Hannover nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
Mit der Klage verlangt der Kläger Schadensersatz für Schäden, welche ihm
als selbständiger Unternehmer, Urheber und Eigentümer des Wissensproduktes für die betriebliche Weiterentwicklung ...
als Urheber des Franchisesystems zur flächendeckenden Vermarktung des ...
als am Jahresumsatz beteiligter Mitarbeiter der ...
entstanden seien.
Darüber hinaus verlangt er entsprechende Feststellung einer Amtspflichtverletzung.
Zur Stützung seines Vortrages legt der Kläger zwei Privatgutachten des ... vor, wonach sowohl der Anfangsverdacht hätte verneint werden müssen, als auch das Ermittlungsverfahren in der Folgezeit frühzeitig hätte eingestellt werden müssen.
Der Kläger meint, dass die Staatsanwaltschaft zu Unrecht die Ermittlungen eingeleitet habe.
Spätestens nach Vorliegen des kriminalpolizeilichen Ermittlungsberichts vom 30.01.1995 hätten die Ermittlungen eingestellt werden müssen.
Auch die Nichteinstellung bzw. weitere Fortführung bis 2002 sei rechtswidrig gewesen.
Der Kläger behauptet, die Staatsanwaltschaft habe sich 1999 u.a. bewusst auf eine von ihr verfälschte Aussage des Anzeigenerstatters ... vom 22.05.1997 gestützt und entlastende Erkenntnisse, insbesondere die umfangreiche Einlassung vom 13.11.1995 schlichtweg ignoriert.
Er habe die Franchisenehmer entsprechend § 2.8 des Franchisevertrages beim Aufbau der Vertriebsorganisation und der Ausbildung der Handelsvertreter unterstützt. Dies ergäbe sich aus den am 07.11.1994 polizeilich beschlagnahmten Geschäftsakten des Klägers.
Wegen der Ermittlungen hätten sich die Franchisenehmer abgewandt, die Franchisegeberin habe keinen Umsatz mehr erzielen und er selbst sein funktionierendes Erfolgsmodel nicht weiter vertreiben können.
Zu keinem Zeitpunkt habe er die Lieferung von Informationen zugesagt. Die Darlegung des Gutachters vom 07.03.2000 sei unrichtig. Es gäbe die vom Gutachter mit Vermerk vom 07.03.2000 beschriebene Terminsvereinbarung nicht. Frau ... hätte vielmehr dem ermittelnden Staatsanwalt ... mit Fax vom 03.03.2000 mitgeteilt, dass der Kläger sich zu den von ihm geforderten "Präsentationsanliegen von ... durch Herrn ..." bei der Staatsanwaltschaft melden würde.
Der Kläger habe sich daraufhin mit Schreiben vom 03.04.2000 an die Staatsanwaltschaft gewandt. Darin habe der Kläger eindeutig klargestellt, dass er nicht bereit sei, diesem Präsentationsbegehren nachzukommen, weil er keinerlei Sinn darin gesehen habe und weil der Staatsanwaltschaft seit vielen Jahren alle Dokumente vorlagen, um den Aufbau von ... genau zu kennen.
Nachdem die dem Kläger am 18.12.1995 durch die Staatsanwaltschaft aufgezwungene Präsentation im Februar 1996 krankheitsbedingt abgesagt werden musste, habe sich die Staatsanwaltschaft bis zum 28.02.2000 niemals mehr zu diesem Anliegen gerührt.
Zum Schaden behauptet er das Vorliegen folgender Anknüpfungstatsachen:
Die persönlichen Erfahrungen und Erfolge des Klägers
Die Erfolge durch den Vertrieb der ...als Pilotprojekt für den Vertrieb der ... Erfolgsverkaufsmethode
Die Verkaufsergebnisse durch ... und ...
Die Gründung der ...
Die neue Qualität der Weiterentwicklung des Franchisekonzepts durch den Spitzenfunktionär des ...
Die Ergebnisse der Handelsvertretung ....
Zur Schadenshöhe behauptet der Kläger, dass er für 42 geplante Franchisegebiete von 1994 - 1997 je einen Franchisenehmer hätte gewinnen können. Bei einer Franchisegebühr von 60 000,- DM seien der Gesellschaft Einnahmen von (42 × 40 677,51 Euro) 1 288 434,- Euro entgangen.
Davon hätten ihm 60% = 773 060,40 Euro zugestanden.
Aus den Umsätzen der einzelnen Franchiseorganisationen mit je 20 Handelsvertretern hätte er 12% (60% von 20%) erhalten müssen. Jeder Handelsvertreter hätte einen Jahresumsatz von 248 922,- Euro gemacht, was selbst der wenig geschulte Franchisenehmer ... geschafft hätte.
Für geplante 42 Franchisenehmer sollten 840 Handelsvertreter tätig werden, welche zusammen 209 094 480,- Euro erwirtschaftet hätten (248 922,- Euro × 840). Davon hätte er 12% = 123 365 743,20 Euro in den Jahren 1994 - 2002 erhalten.
Jeder der 42 Franchisenehmer hätte 71 428 Unternehmen in seinem Vertragsgebiet. Bei einem durchschnittlichen Auftragsvolumen von 50 000,- Euro ergäbe dies ein Umsatzvolumen von 3,571 Milliarden Euro.
In einer Gegenüberstellung "best case" - "worst case" im Schriftsatz vom 10.6.2008 -auf welche wegen der Einzelheiten verwiesen wird- kommt der Kläger auf einen Mittelwert des ihm entstandenen Schaden von 185 108 762,- EUR. Im "best case" sei ihm ein Gewinn vom 333 529 302,- EUR entgangen, im "worst case" eine Gewinn von 185 108 762,- EUR.
Mit Schriftsatz vom 21.03.2006 hat der Kläger den Antrag angekündigt
festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger den Schaden zu ersetzen habe, der ihm in folgender Funktion:
- b.
als selbständiger Unternehmer, Urheber und Eigentümer des Wissensprodukts für die betriebliche Weiterbildung ... und
- d.
als Urheber eines Franchisesystems zur flächendeckenden Vermarktung des unter a) aufgeführten Wissensprodukts in der Wirtschaft und
- f.
als am Jahresumsatz der ... mitbeteiligter Mitarbeiter der ... entstanden sei, weil die Staatsanwaltschaft Hannover im April 1994 gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges eingeleitet hatte und das Ermittlungsverfahren erst am 13.08.2002 wieder eingestellt hat.
In der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2006 hat das Landgericht Hannover gegen den Kläger ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen.
Gegen das am 27.12.2006 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger mit am 10.01.2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 10.01.2007 Einspruch eingelegt.
Mit gleichem Schriftsatz hat der Kläger den Antrag angekündigt,
die Beklagte zur Zahlung von 124 279 487,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Einspruchsfrist zu zahlen,
weiterhin festzustellen, dass die Beklagte darüber hinaus verpflichtet ist, dem Kläger den weiteren materiellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger durch die rechtswidrige Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen ihn durch die Staatsanwaltschaft Hannover im Jahre 1994 und die rechtsgrundlose Fortführung dieses Verfahrens bis zum 13.08.2002 entstanden sei.
Nunmehr beantragt der Kläger,
die Feststellung der Amtspflichtverletzung der StA durch die verzögerte Einstellung des Ermittlungsverfahrens 23 js 4189/94,
den Beklagten unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 20.12.2006 zu verurteilen, an ihn 185 108 762,- EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Einspruchsschrift zu zahlen.
Das beklagte Land beantragt,
das Versäumnisurteil vom 20.12.2006 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Klage nach dem ursprünglich gestellten Antrag vom 21.03.2006 abgewiesen wird.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Klageanspruch verjährt sei und erhebt insoweit die Einrede der Verjährung.
Weiterhin ist sie der Ansicht, dass eine Amtspflichtverletzung nicht gegeben sei. Inhaltlich sei das Konzept des Klägers wertlos.
Es behauptet, dass der Gang des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger der Darstellung in der Stellungnahme zu ersten Prozesskostenhilfegesuch vom 14.02.2005 (dort S. 2 ff) entsprächen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle vom 20.12.2006 und 18.06.2008 verwiesen.
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 26.06.2008 begehrt der Kläger den Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist bezüglich des Feststellungsantrages sowohl in der ursprünglichen als auch in der aktuellen Fassung unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Durch den zulässigen Einspruch wird der Rechtsstreit in die Lage vor Eintritt der Versäumnis zurückversetzt, § 342 Abs. 1 ZPO.
II.
Der Antrag auf Feststellung einer Amtspflichtverletzung, wie auch der ursprüngliche Feststellungsantrag vom 21.03.2006 sind mangels Vorliegens des gem. § 256 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses unzulässig. Ein Feststellungsinteresse liegt vor, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte ein Recht des Klägers ernsthaft bestreitet oder er sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt, und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH NJW 1986, 2507). Ein solches Feststellungsinteresse fehlt, wenn neben der Feststellungsklage eine bessere Rechtsschutzmöglichkeit gegeben ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn dem Kläger eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist, da dann im Interesse der endgültigen Klärung des Streitstoffes in einem Prozess das abstrakte Feststellungsinteresse regelmäßig fehlen wird (Zöller, Zivilprozessordnung, 24. Auflage, § 256 Rdnr. 7a). Eine Klage auf bloße Feststellung einer Ersatzpflicht ist immer dann unzulässig, wenn es einer solchen separaten, auf den Anspruchsgrund beschränkten, Feststellung gar nicht bedarf, weil der Anspruchssteller seinen Schaden beziffern kann. Anders liegen die Dinge allenfalls dann, wenn zu erwarten ist, dass der in Anspruch genommene auf die gerichtlich festgestellte Ersatzpflicht leisten wird. Daran fehlt es, wenn nicht nur Streit über den Grund, sondern auch darüber besteht, ob und in welcher Höhe ein Schaden entstanden ist. Davon kann im Streitfall ausgegangen werden.
Der Kläger hat mit seinem neu formulierten Klageantrag aus dem Schriftsatz vom 10.06.2008 eindeutig gezeigt, dass er in der Lage ist, den Schaden zu beziffern. Inwieweit neben dem vom Kläger festgestellten Schaden noch die Gefahr weiterer Schäden drohen sollte, hat der Kläger nicht dargelegt. Es gibt deshalb keinen vernünftigen Grund, das Streitverhältnis in zwei Teile nach Grund und Höhe aufzuteilen, dem Kläger im Grundsatz zwei Klagen zu ermöglichen.
IV.
Der Leistungsantrag auf Zahlung von 185 108 762,- EUR nebst Zinsen ist unbegründet.
Dem Kläger steht aus keiner der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen ein Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Betrages.
Der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch ergibt sich nicht unmittelbar aus der Konvention zum Schutz der Menschenrechte, da diese lediglich eine Ausgleichsregel für erlittene immaterielle Schäden bei rechtswidrigem Freiheitsentzug kennt (Art. 5 Abs. 5). Weiterhin besteht auch kein Zusammenhang mit dem geltend gemachten Schaden.
Der Klageanspruch lässt sich auch nicht nach § 839 BGB i.V.m. Artikel 34 GG herleiten.
Weder die Aufnahme der Ermittlungen gegen den Kläger, noch die behauptete verzögerte Einstellung der Ermittlungen stellen eine Amtspflichtverletzung dar. Weiterhin ist es dem Kläger nicht gelungen, eine Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und den behaupteten entgangenen Einnahmen darzulegen.
Gleiches gilt auch für eine hinreichende Substantiierung des angeblichen Einnahmeverlustes des Klägers.
IV. 2.
Die Aufnahme der strafrechtlichen Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Hannover im April 1994 ist nicht als pflichtwidrige Amtstätigkeit zu werten. Nach § 152 Abs. 2 StPO ist die Staatsanwaltschaft, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Das ist der Fall, wenn nach kriminalistischer Erfahrung nur die Möglichkeit besteht, dass eine verfolgbare Straftat vorliegt (sog. Anfangsverdacht; Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 152 Rdzf. 4 m.w.Nachw.). § 152 Abs. 2 StPO begründet nicht nur die Kompetenz der Staatsanwaltschaft zur Einleitung von Ermittlungen, sondern statuiert, - ebenso wie § 170 Abs. 1 StPO für die Anklageerhebung - unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen einen Verfolgungszwang (Legalitätsprinzip). Erforderlich ist im Einzelfall die Abwägung aller für die Entscheidung wesentlichen be- und entlastenden Umstände in Gestalt einer Gesamtschau. Deren Ergebnis hängt maßgeblich davon ab, welche Umstände der Staatsanwalt für wesentlich hält und welches Gewicht er den in die Abwägung einfließenden Sachverhaltselementen in ihrem Verhältnis zueinander beimisst. Diese die Gesamtschau prägenden Akzentuierungen ergeben sich nicht allein aus der Natur der Sache, sondern beruhen regelmäßig auch auf subjektiven, nicht näher verifizierbaren Wertungen des Abwägenden, wobei verschiedene Betrachter, ohne pflichtwidrig zu handeln, durchaus zu unterschiedlichen Lösungen gelangen können (BGH 1988, Seite 921). Das spricht dafür, dem Staatsanwalt bei Entscheidungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens einen Spielraum der Würdigung und eine gewisse Freiheit bei der Bildung seiner Auffassung zu gewähren (BVerfGE NJW 1984, Seite 1451; Meyer-Goßner a.a.O.). Hiernach ist im Amtshaftungsprozess die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nach § 152 Abs. 2 StPO nicht auf ihre "Richtigkeit", sondern und allein darauf hin zu prüfen, ob sie vertretbar ist. Die Vertretbarkeit darf nur dann verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege die Einleitung der Ermittlungen gegen den Beschuldigten nicht mehr verständlich ist (BGH NJW 2003, Seite 3693; MDR 1988, Seite 938). Ausgehend von diesem rechtlichen Ansatz ist die Übernahme der Ermittlungen und die weitere Einleitung der Ermittlungsmaßnahmen nicht zu beanstanden.
Die Strafanzeige des Franchisenehmers ... vom 04.01.1994 wirft ausdrücklich vor und stellt in diesem Zusammenhang heraus, dass es keine Bemühungen seitens der Franchisegeberin zum Aufbau des Handelsvertreterstamms gegeben habe. Ungeachtet der rechtlichen Würdigung, wer für die Anwerbung verantwortlich gewesen ist, hebt der Anzeigenerstatter deutlich hervor, dass der Kläger sich jeglicher Kooperation in der Folgezeit verweigert und den Franchisevertrag - nach Meinung des Anzeigenerstatters zu Unrecht - unter Einbehalt der Franchisegebühr gekündigt habe. Vergleichbar lief es im Fall der Franchisenehmer und Anzeigenerstatter ... und ... ab, an die sich die Ermittlungsbehörden zunächst gewandt haben (Bd.I., Bl. 45 BA 920 Js 4189/94). Der Anzeigenerstatter ... erwähnte zudem, dass der Kläger seine Stammeinlage unentgeltlich an seine Tochter, die Kauffrau ... abgetreten habe. Weiterhin enthielt die Strafanzeige ... den Hinweis darauf, dass die Herren ... und ... ebenfalls geschädigt seien.
Ausreichend für die Annahme eines Anfangsverdachts i.S.d. § 152 StPO ist das Vorliegen konkreter Tatsachen, die zwar nicht selbst den schlüssigen Sachverhalt für tatbestandsmäßiges und zumindest auch rechtswidriges Verhalten zu bilden brauchen, jedoch zumindest Indizien für einen Sachverhalt sind, der sich als Verstoß gegen eine Strafnorm darstellt. Gerade unter Berücksichtigung dieser Anforderungen kann kein Zweifel bestehen, dass die Strafanzeige ... geeignet war, einen Anfangsverdacht zu begründen.
Die Strafanzeige des Franchisenehmers ... (Bd.I., Bl. 57 BA 920 Js 4189/94) stützt den Vorwurf des Betruges auf das Vorspiegeln eines erfolgversprechenden Konzepts und stellt in diesem Zusammenhang den Umstand heraus, dass dem Franchisenehmer - wie anderen auch - relativ frühzeitig gekündigt worden ist. Erwähnt wird in diesem Fall auch der Verdacht auf Etablierung eines so genannten Schneeballsystems. Allein schon vor diesem Hintergrund erscheint es geradezu zwingend, strafrechtliche Maßnahmen einzuleiten. Unter Berücksichtigung der als "reißerisch" zu bezeichnenden Annonce und der Angaben der Tochter ... des Klägers am 07.11.1994, wonach dieser "faktischer Geschäftsführer" der Franchisegeberin sein soll (Bd.I., Bl. 85 d.A.) und sie selbst dort nur gelegentlich gearbeitet habe, durfte die Staatsanwaltschaft in der Folgezeit zumindest erst einmal die Auswertung der umfangreichen Geschäftsunterlagen abwarten. Schließlich gingen auch verschiedene Franchisenehmer gegen die Gesellschaft zivilrechtlich vor. Schon 1993, bevor ... den Sachverhalt angezeigt hatte (Januar 1994) waren Rückzahlungsklagen anhängig, die nicht zugestellt werden konnten (...). ... erwirkte schließlich einen Vollstreckungstitel und eine Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Franchisegeberin über 69 000,- DM (Bd. II., Bl. 413). Ferner gingen gegen den Antragsteller Strafanzeigen weiterer Personen ein, die sich geschädigt fühlten (Mai 1994 ..., Juni 1994 ...). Sämtliche Geschädigten hatten die Franchisegebühr entrichtet, aber ihrer Auffassung nach nicht die versprochene Gegenleistung erhalten. Die Verträge waren nach Zahlung von der Franchisegeberin teilweise mit der Begründung gekündigt worden, die Franchisenehmer hätten Pflichten aus dem Franchisevertrag verletzt. Im Rahmen einer Gesamtschau war die Staatsanwaltschaft geradezu verpflichtet, den Vorwurf nachzugehen und den Sachverhalt aufzuklären. Die Ermittlungsmaßnahmen einschließlich der Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers waren geboten.
Für die Richtigkeit der von der Staatsanwaltschaft vorgenommenen Wertung spricht auch der Erlass des Durchsuchungsbeschlusses vom 26.09.1994. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Durchsuchungsbeschlusses war § 102 StPO. Nach § 102 StPO kann bei dem, welcher als Täter und Teilnehmer einer Straftat oder der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, eine Durchsuchung erfolgen. Der Verdächtige braucht dabei nicht Beschuldigter zu sein. Ausreichend ist das Vorliegen eines sog. Anfangsverdachts i.S.v. § 152 Abs. 2 StPO (Meyer-Goßner, § 102 StPO Rdnr. 3). Demnach hat der Ermittlungsrichter genau wie der Staatsanwalt das Vorliegen eines Anfangsverdachts zu prüfen. Ebenso wie die Staatsanwaltschaft kam der Ermittlungsrichter zur Bejahung des Anfangsverdachts und erließ in der Folge den beantragten Durchsuchungsbeschluss.
Dass erst dem Schreiben des Anzeigenerstatters ... und der Fortführung der bereits im Januar 1994 eingeleiteten Ermittlungen weitere Strafanzeigen nachfolgten, spricht ebenfalls nicht gegen die Bejahung des Anfangsverdachts. Erst durch die Darlegungen in der Strafanzeige des Franchisenehmers ... hat die Staatsanwaltschaft Kenntnis von weiteren potenziellen Geschädigten erlangt. Diese haben die Vernehmung zum Anlass genommen, selbst Strafanzeige zu erstatten. Die Ermittlungsbehörden waren gehalten, die in den weiteren Strafanzeigen dargestellten Umstände zu berücksichtigen. Denn die Anzeige selbst begründet bereits die Erforschungspflicht, wenn sich - wie hier - der Verdacht einer Straftat schlüssig ergibt. Das war auf Grund der Strafanzeige des Herrn ... der Fall. Durch die Anzeigen der weiteren Franchisenehmer erhärtete sich der Verdacht auf eine fehlende Eignung des Franchiseprodukts und auf Eingehungsbetrug.
Insoweit ist als weiteres Indiz das Verhalten des Klägers zu berücksichtigen, das in der Strafanzeige des Herrn ... dargestellt wird. Insbesondere die vorgetragene Abtretung der Stammeinlage ohne Entgelt und die Weigerung der Kontaktaufnahme durften als Hinweis auf unseriöses Verhalten ausgelegt werden. Darüber hinaus durfte sich die Staatsanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt auf die nach wie vor als "reißerisch" zu bewertende Anzeige in der FAZ vom 17.04.1993 stützen.
Im Mai 1994 wurde als nächstes die Polizei mit der Vernehmung der vom Anzeigenerstatter ... benannten weiteren möglichen Geschädigten ... und ... beauftragt.
In diesem Zusammenhang stellte sich auch heraus, dass der Wohn- oder Aufenthaltsort des Klägers nicht einwandfrei ermittelt werden konnte. Die weiteren Strafanzeigen stützten sich ebenfalls darauf, dass der Kläger den jeweiligen Franchisenehmern ein erfolgsträchtiges Unternehmenskonzept vorgespiegelt haben soll, das auf der Grundlage einer "problemlos aufzubauenden Handelsvertreterorganisation" enorme Gewinne verspreche.
Für die Frage des Anfangsverdachts war aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht allein ausschlaggebend, ob der Kläger, bzw. die Franchisegeberin, auf Grund der vertraglichen Regelung verpflichtet gewesen wäre, Handelsvertreter anzuwerben. Es ist in den Strafanzeigen generell davon die Rede, dass das Franchiseprodukt selbst zu Unrecht und wider besseren Wissens als erfolgversprechend angepriesen worden sei und ferner auch die Möglichkeit eines gewinnbringenden Vertriebs des Produkts über das Franchisesystem als erprobt und erfolgsgeneigt dargestellt worden sei.
Verschiedene Betrachter können, ohne pflichtwidrig zu handeln, durchaus zu unterschiedlichen Lösungen gelangen (BGHZ 1988, Seite 921). Demnach kommt es nicht darauf an, ob die in dem Privatgutachten des ... vertretene Ansicht richtig oder vertretbar ist, sondern nur darauf, ob bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege die Einleitung der Ermittlungen gegen den Beschuldigten nicht mehr verständlich ist. Dies belegt das Privatgutachten gerade nicht, sondern es stellt allenfalls eine der angesprochenen möglichen unterschiedlichen Lösungen bzw. Entscheidungsmöglichkeiten dar.
Im Rahmen der im Gutachten vorgenommenen Definition des Anfangsverdachts nach § 152 StPO geht das Gutachten davon aus, dass für einen Anfangsverdacht lediglich Tatsachen vorliegen müssen, welche zumindest Indizien für einen Sachverhalt sind, der sich als Verstoß gegen eine Strafnorm darstellt. Nicht erforderlich ist, dass die Tatsachen selbst den schlüssigen Sachverhalt für tatbestandsmäßiges und zumindest auch rechtswidriges Verhalten bilden (D.I. 1. des Gutachtens).
Im Folgenden wird jedoch konkret das Vorliegen eines schlüssigen Sachverhalts sowie die Ausfüllung der Tatbestandsmerkmale des Betruges im Sinne des § 263 StGB geprüft und damit die selbst aufgestellten Anforderungen überzogen, da das Vorliegen von Indizien nicht mehr als ausreichend erachtet wird.
Im Rahmen einer Gesamtwürdigung verbleibt es daher dabei, dass -auch unter Berücksichtigung des eingereichten Privatgutachtens- die Entscheidung der Staatsanwaltschaft zur Aufnahme der Ermittlungen nicht schlicht unverständlich ist.
IV. 4.
Auch nach Vorliegen des kriminalpolizeilichen Ermittlungsberichts vom 30.01.1995 ist nicht ersichtlich, dass das Verfahren gegen den Kläger mangels hinreichenden Tatverdachts hätte eingestellt werden müssen. Der Umfang der Ermittlungen richtet sich nach der Eigenart des Tatverdachts und den bereits gewonnenen Erkenntnissen und hängt ebenfalls von der Bewertung der Fakten durch den die Ermittlungen führenden Staatsanwalt ab. Dabei steht der Staatsanwaltschaft für die Entscheidung, worauf die Nachforschungen im Einzelnen (noch) zu erstrecken sind, im Blick auf das Legalitätsprinzip und das Gebot der Sachverhaltsaufklärung (§ 160 Abs. 1 StPO) ein Beurteilungsspielraum zu, so dass die Entschließung im Amtshaftungsprozess ebenfalls (nur) auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen ist. Dagegen hat der Staatsanwalt, soweit es um den Zeitpunk für erforderlich erachteter Ermittlungsmaßnahmen geht, nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden; dabei hat er entsprechend den Gegebenheiten des Einzelfalls das Beschleunigungsgebot (dazu BVerfGE 36, Seite 264) und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, in seine Abwägung also auch die Nachteile einzubeziehen, die dem Beschuldigten aus der zeitlichen Abfolge der Ermittlungshandlungen erwachsen können (BGH MDR 1988, Seite 938). Nach diesen Grundsätzen hätte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger noch nicht einstellen müssen; die Fortführung des Verfahrens über diesen Zeitpunkt hinaus war nicht amtspflichtwidrig. Die Staatsanwaltschaft war nach dem Gebot der Sachverhaltserforschung weiterhin gehalten, sich Klarheit über die Hintergründe der Anwerbung der Franchisenehmer und die grundsätzliche Eignung des vom Kläger entwickelten Vertriebskonzepts zu verschaffen. Die Durchsicht der Unterlagen hat bestätigt, dass 6 der vorgenannten 7 Franchiseverträge sämtlichst unter Hinweis auf fehlende Vertriebsaktivitäten der Vertragspartner durch den Kläger gekündigt worden sind. Es zeigte sich, dass die Gewinnung von Handelsvertretern äußerst schwierig, durchweg - mit Ausnahme im Fall ... - geradezu erfolglos gewesen war. Der Kläger hatte unter dem 03.03.1995 angekündigt, sich umfassend äußern zu wollen. Aus nicht der Staatsanwaltschaft anzulastenden Gründen ist es dann dazu erst mit Eingabe vom 28.06.1995 (Bd.I., Bl. 116 BA) gekommen. Allein auf Grund des Umstandes, dass beim Franchisenehmer ... zunächst durchaus Vertriebserfolge zu verzeichnen waren und dieser sich offenbar zu eigenen Gunsten aus der Franchisevereinbarung habe lösen wollen, musste die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen nicht zwingend einstellen. Auch der Franchisenehmer ... hat seine Strafanzeige vom 18.05.1995 auf die Vorspielung eines erfolgversprechenden Betriebskonzepts und fehlender Kooperation nach Vertragschluss und Zahlung der Franchisegebühr gestützt. Insbesondere der erhobene - strafrechtlich relevante - Vorwurf, die Antragsteller seien nur an der Vereinnahmung der Franchisegebühr interessiert, wolle aber den Vertrag seinerseits nicht erfüllen, was mit dem völlig ungeeigneten Franchiseprodukt auch nicht möglich gewesen sei, weshalb er die Verträge wegen angeblicher Pflichtverletzung des Franchisenehmers habe kündigen müssen, ist durch den Ermittlungsbericht vom 30.01.1995 in keiner Weise ausgeräumt.
Unabhängig von der Frage des Erbringens der Unterstützungsleistung des Klägers wird die Frage der Geeignetheit des Franchiseprodukts übersehen. Diese konnte durch den Ermittlungsbericht nicht geklärt werden. Weiterhin ergab sich nach Auswertung der im Rahmen der Durchsuchung sichergestellten Unterlagen, dass die ehemaligen Franchisenehmer ..., ... und auch ..., auf deren für sein Konzept sprechende Beurteilung sich der Kläger stützt, die positive Einschätzung des Vertriebskonzepts allein vor dem Hintergrund der Teilnahme an dem Intensivtraining bescheinigt haben. Erst nach Abschluss des Franchisevertrages wurden die Anzeigenerstatter misstrauisch.
IV. 6. Nach den dargestellten Grundsätzen war eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens auch in der Folgezeit bis Ende 1996, im Jahr der Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geboten. Nachdem im Zusammenhang mit der Durchführung der Franchiseverträge auch der Vorwurf der Steuerhinterziehung und Konkursverschleppung (Anzeige vom 28.08.1995, Bd. II., Bl. 3 BA) erhoben wurde, teilte der Anzeigenerstatter ... ergänzende Umstände mit, aus denen sich Anhaltspunkte für die fehlende Eignung des vom Kläger initiierten Konzepts ersehen lassen (Bd. II., Bl. 14 ff.d.A.). Der Anzeigenerstatter ... spricht in seiner ergänzenden Stellungnahme gar von "banalen Verkaufsgrundsätzen" (Schreiben vom 25.09.1995, Bd. II., Bl. 18 ff.d.A.). Auf Seite 2 seiner Anzeige (Bl. 19 Bd. II der Ermittlungsakten) hebt der Anzeigenerstatter ... einen weiteren Aspekt hervor, der auf ein betrügerisches Vertriebskonzept hindeutet. Danach habe der Kläger den Franchisenehmern geraten, für den Einstieg bei einem Unternehmen vorzuspiegeln, dass Interesse am Vertrieb der Produkte des jeweiligen Unternehmens bestehe.
Auch die Staatsanwaltschaft misst den euphorischen Schreiben der Franchisenehmer, die diese zu Beginn des geschäftlichen Kontakts an den Kläger gerichtet hatten, in vertretbarer Weise geringeres Gewicht bei. Mit Schreiben vom 07.11.1995 teilen die Anwälte ... pp. mit, dass der Kläger, zu einem Zeitpunkt, als er noch Geschäftsführer der Franchisenehmerin war, eine eidesstattliche Versicherung abgegeben und darin bekundet hatte, über keine Einkünfte zu verfügen. Unter dem 18.12.1995 bat der ermittelnde Staatsanwalt den Kläger um Erläuterung seines Vertriebskonzepts. Dass die weiteren Ermittlungen sich zunächst bis Ende 1996 hinausgezögert haben, ist dem ermittelnden Staatsanwalt nicht anzulasten. Insoweit wird auf die detaillierte Darstellung des beklagten Landes in der Stellungnahme zum ersten Prozesskostenhilfegesuch vom 14.02.2005 (dort S. 2 ff.) verwiesen.
Zwar ist der Kläger mit Schriftsatz vom 10.06.2008 mittlerweile den Darstellungen des beklagten Landes zum Ablauf des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich der Gewährung des rechtlichen Gehörs und hinsichtlich der von ihm angebotenen Darstellung seiner "..." entgegengetreten, jedoch hat er schließlich nicht in Abrede gestellt, dass er nicht bereit gewesen war, dem Präsentationsbegehren nachzukommen (Seite 25 oben des Schriftsatzes vom 10.06.2008).
Bis April 1996 ist die vom Kläger seinerzeit angekündigte Darstellung seines Vertriebskonzepts nicht eingereicht worden. Mangels entsprechender Darlegung seitens des Klägers ist der Vorgang im März 1997 zum Zwecke weiterer Ermittlungen und insbesondere zur Abgabe einer gutachterlichen Bewertung zur Eignung des Vertriebssystems ... dem zuständigen Wirtschaftsreferenten übersandt worden. Nach Eingang der umfangreichen Stellungnahme vom 13.11.1995 und Anhörung der beiden Beschuldigten des Ermittlungsverfahrens sind weitere Maßnahmen zwar zunächst nicht verfügt worden. Ein Zuwarten war jedoch angesichts der konkreten Ankündigung des Klägers, sein Vertriebskonzept darstellen zu wollen, angezeigt. Insoweit war die Einschätzung, dass es keine vordringlich zu führenden Ermittlungen gab, durchaus zutreffend. Zwischenzeitlich hatte die damalige geschäftsführende Franchisegeberin einen Konkursantrag gestellt. Insoweit waren, zumal die angekündigte Darstellung des Vertriebskonzepts nach wie vor nicht eingegangen ist, weitere Ermittlungen nicht vordringlich notwendig. Insgesamt ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, bis Ende 1996 das Ermittlungsverfahren nicht einzustellen, u.a. auf Grund der fehlenden Stellungnahme des Klägers vertretbar und nicht schlechthin unverständlich, was Voraussetzung für ein Amtshaftungsanspruch wäre.
Auf Grund der vom Kläger seinerzeit zu den Akten gereichten positiven Stellungnahmen zu seinem Konzept "..." war die Staatsanwaltschaft nicht verpflichtet, die Ermittlungen einzustellen. Der auf den zahlreichen Strafanzeigen fußende Anfangsverdacht war durch die Referenzen, die sich mit dem Konzept in der Sache nicht befassten, sondern lediglich das produktive Ergebnis nach Anwendung des Konzepts dargestellt haben, keinesfalls zweifelsfrei ausgeräumt. Insoweit - dies wurde bereits dargestellt - war die Staatsanwaltschaft gehalten, zumindest war es vertretbar, sich in der Sache mit dem Konzept zu befassen. Dies war der Staatsanwaltschaft - jedenfalls bis Ende 1996 - mangels entsprechender Stellungnahme des Klägers nicht abschließend möglich. Auf jeden Fall war hierzu die Bewertung durch einen Wirtschaftsreferenten erforderlich. Der weitere Verlauf zeigt, dass die Untersuchung, wäre sie im Frühjahr 1996 veranlasst worden, jedenfalls bis Ende 1996 nicht abgeschlossen gewesen wäre. Im Hinblick auf die Notwendigkeit, das Konzept gutachterlich überprüfen zu lassen, war es tunlich, die vom Kläger avisierte Darstellung seines Konzepts abzuwarten. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der vom Kläger angesprochenen Stellungnahme vom 13.11.1995. Soweit der Kläger in dieser umfangreichen Stellungnahme Ausführungen zur Eignung des Konzepts selbst macht, war die Vorlage an den Wirtschaftsreferenten geboten. Insbesondere war die Frage der generellen Eignung der ... in dem persönlichen Gespräch am 18.12.1995 erörtert worden. Der Vorwurf, dass das vom Kläger entwickelte Konzept generell nicht geeignet gewesen sei, ergibt sich zudem aus den Strafanzeigen. Daher geht der Einwand des Klägers fehl, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass die generelle Eignung der Vertriebsmethode angezweifelt werden würde.
Auch die Strafanzeige des Herrn ... (K 23) vom 12.08.1995 steht der Weiterführung der Ermittlungen nicht entgegen. Insoweit mag zwar die ... Zahlungen an die ... geleistet haben. Gegenüber dem Vorwurf, nach Vertragsschluss habe sich die fehlende generelle Eignung des Konzepts herausgestellt, stellt es keinen schadenserheblich entlastenden Umstand dar, wenn ein Kunde die Zahlungen an die Franchisegeberin nicht beanstandet. Zu diesem Zeitpunkt stand im Übrigen die Stellungnahme des Klägers noch aus.
Dem kann der Kläger auch nicht mit seinem neuen Vortrag entgegentreten, die Gutachtenerstellung sei überflüssig gewesen, da der Praxiserfolg der ... bereits erwiesen gewesen sei. Die vom Kläger vorgelegten "Nachweise" zur angeblichen Praxistauglichkeit der Verkaufsmethode beschränken sich wiederum auf die erzielten Verkaufsergebnisse. Zu der generellen Eignung des Franchiseprodukts verhalten sich die Referenzen gerade nicht. Dies gilt zum Beispiel für das Zeugnis vom 03.04.1984, das der Kläger in Ablichtung seiner Stellungnahme vom 28.6.1995 beigefügt hat. Dieses befasst sich allein mit seiner Tätigkeit für das ausstellende Unternehmen und damit, dass er ein von ihm entwickeltes Verkaufskonzept gewinnbringend angewendet hat.
In der Sache macht der Kläger zum Inhalt seiner Verkaufsmethode nach wie vor keine Angaben. Demnach fällt die Beauftragung des Wirtschaftsreferenten in den Ermessensspielraum der Staatsanwaltschaft.
Im Ergebnis liegt eine Amtspflichtverletzung daher auch nach dem Klägervortrag nicht vor.
IV. 8. Weiterhin wäre eine mögliche Amtspflichtverletzung zumindest für die Zeit ab 1997 auch nicht kausal für einen möglichen Schaden. Dass und in welcher Form der Kläger sein Konzept erfolgversprechend - wären die Ermittlungen eingestellt worden - gleichwohl mit dem behaupteten wirtschaftlichen Erfolg hätte vermarkten können, ist nicht dargetan. Die vom Kläger in Bezug genommenen positiven Mitteilungen und Referenzschreiben diverser Kunden betreffen durchweg den Zeitraum vor Beginn der Ermittlungen und lassen einen konkreten Bezug zum hier in Rede stehenden Konzept ... nicht deutlich werden.
Auch die hierzu vorgelegte Vereinbarung zwischen dem Kläger und der ... vom 05.08.1995 ist wenig aussagekräftig, da für die ... die weitere Beschuldigte, Frau ... gehandelt hat, gegen die ebenfalls wegen Beteiligung am Betrug ermittelt wurde. Die Vereinbarung zwischen der ... und der Industrievertretung ... datiert zwar vom 24.10.1995. Indessen war die Unternehmung ... bereits seit 1994 Kunde des Klägers. Es ist nicht dargestellt, dass der Vertrieb der Verkaufsmethode durch ... in der Zeit nach Eintritt des Konkurses letztlich nur an dem Umstand der noch laufenden Ermittlungen gescheitert ist. Weiterhin ist nicht dargestellt, warum eine Fortführung des Produktes durch die ... nicht möglich gewesen sein soll. Nach der Vereinbarung (K 38) war der Kläger nicht Gesellschafter der .... Weiterhin wurde die ... nach dem Vortrag des Klägers gegründet, um den Vertrieb der ... trotz des durch das Ermittlungsverfahren "angekratzten" Rufs der ... zu gewährleisten. Der Kammer erschließt sich nicht, warum ein Vertrieb trotz Wechsel der Vertriebsorganisation erschwert oder verhindert wurde. Die ... wies keine namentliche Ähnlichkeit zur ... auf, verfügte über einen räumlich weit entfernten Geschäftssitz (Stuttgart) und über eine neue Geschäftsführerin. Anhaltspunkte, inwieweit das noch laufende Ermittlungsverfahren den Vertrieb der ... durch die ... erschwert oder verhindert haben sollte, sind nicht ersichtlich.
IV. 10. Weiterhin liegen auch keine hinreichend konkreten Tatsachen vor, die den Vortrag des Klägers an einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO zugänglich werden lassen, noch ist der diesbezügliche Vortrag des Klägers geeignet der Klage zumindest hinsichtlich der Frage der Kausalität zum Erfolg zu verhelfen.
Der Kläger kann sich insoweit weder auf seine persönlichen Erfahrungen und Erfolge noch auf die Erfolge durch den Vertrieb der ... von 1990 - 1992 als Pilotprojekt stützen.
Bzgl. des Pilotprojekts der ... beschränken sich die Angaben des Klägers im übrigen auf positive Stellungnahmen einzelner Kunden der .... Die Verkaufsergebnisse der ... legt der Kläger nicht dar, obwohl diese auf Grund des gleiches Vertriebsprodukts sich auf dem gleichen Niveau wie in der Schadensberechnung des Klägers hätten bewegen müssen.
Weiterhin betrifft der Vortrag einen zeitlich deutlich vorgelagerten Zeitraum und vermag daher über den Erfolg des konkreten Projekts allenfalls mittelbar Aussagen zu treffen. Sie sind nicht geeignet, die vorgenannten Bedenken, insbesondere die erfolgten Zerwürfnisse zwischen den Franchisenehmern zu entkräften.
Gleiches gilt auch für die Verkaufsergebnisse durch ... und .... Der Kläger räumt selbst ein, dass 6 der 7 Franchisenehmer gekündigt werden musste. Ob diese Kündigungen entsprechend den Ausführungen auf Seite 16 des Gutachtens des ... auf persönlichen Zerwürfnissen oder auf anderen Gründen beruhten, kann dahin stehen, da auch eine fehlende Kooperationsfähigkeit des Klägers dem Erfolg seiner Verkaufsmethode entgegenstehen würde.
Auch eine angeblich neue Qualität der Weiterentwicklung des Franchisekonzepts durch den Spitzenfunktionär des ... Herrn ... ist nicht geeignet, entsprechende Anknüpfungstatsachen zu belegen. Aus der Einladung des ... vom 15.12.1995 geht hervor, dass der Kläger bereits 2tägige Schulungen durchführte (K 146). Wieso dann entsprechend seinem Vortrag der Abschluss der Vertriebsverträge wegen der Nichteinstellung des Ermittlungsverfahrens nicht möglich war, ist nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere, da der Kläger auf Seite 45 seines Schriftsatzes vom 10.06.2008 eine große Zufriedenheit nach der 2tägigen Einarbeitung schildert. Insoweit ist nicht ersichtlich, inwieweit das laufende Ermittlungsverfahren dem Verkauf bzw. dem Vertrieb entgegenstand, zumal zu diesem Zeitpunkt die neue Vertriebsorganisation ... bereits gegründet war. Im Rahmen einer Prognose der möglichen Entwicklung des Vertriebs wäre an dieser Stelle außerdem zu berücksichtigen, dass auch die bisherigen Franchisenehmer nach dem 2tägigen Intensivtraining noch positive Stellungnahmen abgegeben hatten; die Zerwürfnisse erst in der Folgezeit nach Abschluss der Franchiseverträge aufgetreten sind. Gerade dies spricht gegen den vom Kläger angenommenen Verkaufsautomatismus seines Wissensproduktes ....
Im Übrigen ist entsprechend dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2008 davon auszugehen, dass der Erfolg der ... bzw. deren Vertrieb an die Person des Herrn ... gekoppelt war. Wenn dies jedoch so ist, fragt es jedoch, wie durch den Aufbau von 42 Handelsvertreterorganisationen ein Weitervertrieb erfolgen sollte, wenn dies nur durch den Kläger selbst möglich gewesen sein soll.
Im Rahmen der Kausalität ist des weiteren zu berücksichtigen, dass der Vertrieb nicht nur in der BRD, sondern im gesamten deutschsprachigem Raum, also auch Österreich und der Schweiz erfolgen sollte. Inwieweit die Existenz eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger in Österreich und der Schweiz überhaupt bekannt war, geschweige denn ein solches Einfluss auf die Verkäuflichkeit des Produktes des Klägers hatte, wird vom Kläger nicht einmal ansatzweise dargestellt.
IV. 12.
Weiterhin hat der Kläger auch die geltend gemachten Schäden nicht mit Substanz dargelegt. Sein Vortrag zum Schadensumfang rechtfertigt bei Anwendung auf den Tatbestand der anspruchsbegründenden Norm (§§ 249, 252 BGB) nicht die geforderte Rechtsfolge. Die Schadensberechnung des Klägers ist nichts anderes als eine auf seine inneren Vorstellungen beruhende Einnahmeerwartung, die in der Realität keine Stütze findet. Insbesondere rechtfertigt der Vortrag des Klägers nicht die Annahme, die behaupteten Einnahmen wären nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge ohne die angeblichen Pflichtverletzungen eingetreten (§ 252 BGB). Es mag sein, dass das Bundesgebiet in 42 Vertragsgebiete aufgeteilt werden sollte und die Vorstellung bestand, dafür insgesamt 42 Franchisenehmer bis Ende 1997 zu gewinnen. Dass ihm dies über die Jahre 1994 bis 1997, so wie beschrieben, auch gelungen wäre, entbehrt jeder tatsächlichen Grundlage. Ebenso wenig lässt der Vortrag des Klägers, die Annahme zu, diese 42 Franchisenehmer hätten sukzessive bis 2002 jeweils eine Vertriebseinheit mit 20 Handelsvertretern aufgebaut (insgesamt 840 Handelsvertreter). Tatsächlich ist es bei den Franchisenehmern schon 1993/1994 zu Zerwürfnissen gekommen. Soweit ersichtlich wurden lediglich für 7 Vertragsgebiete Franchiseverträge geschlossen, wovon mindestens 6 Verträge als Folge der Kündigung der Franchisegeberin nicht durchgeführt wurden (..., ..., ..., ..., ... und ...). Die Franchisenehmer forderten teilweise ab 1993 die gezahlten Franchisegebühren zurück. Diese Umstände verdeutlichen, dass der Aufbau der Vertriebsorganisation keineswegs ein Selbstläufer war. Ferner ist die Behauptung des Klägers, jeder Handelsvertreter hätte mindestens den Umsatz wie der Berufsanfänger ... gemacht, aus der Luft gegriffen und durch nichts belegt, die Vervielfältigung dieses Basisumsatzes in höchstem Maße unzulässig.
Dies gilt auch für die Schadensberechnung des Klägers im Schriftsatz vom 10.6.2008 in Form einer Gegenüberstellung "best case" - "worst case". Auch dieser Berechnung liegen zum einen wiederum die Umsätze des Franchisenehmers ...und eine nicht auf Tatsachen fußende Gewinnerwartung des Herrn ... zu Grunde.
Weiterhin ist die Schadensdarstellung des Klägers nicht durch Tatsachen gestützt und nicht einmal an Hand wirtschaftlicher Grundsätze erstellt. Der Kläger geht davon aus, dass das Wissensprodukt "..." ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Entwicklungen einzelner Branchen oder auch nur der Gesamtwirtschaft in den Jahren 1994 bis 2002 konstant auf hohem Niveau verkäuflich gewesen wäre. Dieser Annahme liegt eine Marktanalyse nicht zu Grunde. Der Kläger definiert keine Zielgruppe für den Vertrieb seines Wissensproduktes, sondern geht schlicht davon aus, dass jedes Unternehmen -unabhängig von Größe, Branche und Vertriebsaufbau- ein potentieller Abnehmer sei. Die Verkaufserwartung des Klägers basiert weder auf einer Bedarfsanalyse, noch wird dargestellt, aus welchen Gründen das Wissensprodukt ... anderen Vertriebssystemen überlegen sein soll. Auch eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Verkaufsgebieten, nicht einmal nach Staaten -geplant war der Vertrieb in der BRD, Österreich und der Schweiz- erfolgt nicht. Weiterhin werden Schwankungen im Wirtschaftswachstum, eine eventuelle Sättigung des Marktes oder das Auftreten von Konkurrenzprodukten nicht berücksichtigt. Dies belegt, dass der Kläger bei seiner Schadensberechnung in unzulässiger Weise bzgl. der Verkäuflichkeit seines Wissensprodukts von einem "Selbstläufer" ausgeht.
Völlig außer Acht lässt der Kläger die Pflicht zur Anrechnung etwaiger Kompensationsgeschäfte. Aus dem Vortrag des Klägers ist nicht ersichtlich, dass sich sein Produkt nach der Einstellung der Ermittlungsverfahrens im Jahre 2002 überholt hatte oder an Verkäuflichkeit eingebüßt hatte. Der Kläger geht im Gegenteil in seiner Schadensberechnung von einer konstanten Verkäuflichkeit aus. Demnach wäre dem Kläger ein Vertrieb seines Wissensprodukts auch nach der Einstellung des Ermittlungsverfahrens möglich gewesen. Eventuelle gesundheitliche Probleme des Klägers können dabei außer Acht bleiben, da der Großteil des Vertriebs über die Franchisenehmer und die Handelsgruppe ... erfolgen sollte. Die von Kläger avisierten Gewinne hätten somit im Nachhinein erwirtschaftet werden können, wozu der Kläger im Rahmen der Schadensminderungspflicht des § 254 StGB verpflichtet gewesen wäre. Als Schaden wäre ihm dann allenfalls ein Zinsanspruch für den verspäteten Eintritt der Gewinne entstanden.
Im Ergebnis stellen daher weder die Aufnahme der Ermittlungen gegen den Kläger, noch die behauptete verzögerte Einstellung der Ermittlungen eine Amtspflichtverletzung dar. Weiterhin ist es dem Kläger nicht gelungen, eine Kausalität zwischen Amtspflichtverletzung und den behaupteten entgangenen Einnahmen darzulegen und die angeblichen Einnahmeverluste hinreichend zu substantiieren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 Satz 2, 3 ZPO.
Der Schriftsatz vom 26.06.2008 bietet keinen Anlass zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung. § 139 Abs. 5 ZPO bestimmt, dass, wenn einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich ist, auf ihren "Antrag" das Gericht eine Frist bestimmen kann, in der sie Erklärungen in einem Schriftsatz nachbringen kann. Unabhängig von der Frage, ob der Kläger in der Lage war, eine sofortige Erklärung zu den gerichtlichen Hinweisen aus der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2008 beizubringen, fehlt es an einem Antrag des Klägers auf Gewährung einer Schriftsatznachlassfrist. Im Übrigen waren dem Kläger die Rechtsauffassung der Kammer über die Erfolgsaussichten der Klage und die Gründe für diese Auffassung aus mehreren im bisherigen Verlauf des Verfahrens ergangenen Beschlüssen bekannt. Die Erörterung im Termin am 18.06.2008 haben insoweit nichts Neues ergeben, zu dem der Kläger sich hätte äußern müssen. Auch der Schriftsatz des Klägers vom 08.07.2008 gibt keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten (§ 156 ZPO).