Landgericht Hannover
Urt. v. 03.12.2008, Az.: 22 O 102/08
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 03.12.2008
- Aktenzeichen
- 22 O 102/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 43736
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2008:1203.22O102.08.0A
In dem Rechtsstreit
hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 22.10.2008 durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...,
den Handelsrichter ... und
die Handelsrichterin ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Inanspruchnahme der Beklagten aus einer Gewährleistungsbürgschaft vom 11. Mai 2000.
Die Klägerin - damals noch als ... firmierend - war Generalunternehmerin des Bauvorhabens ... Sie erteilte der ... am 7. Juli 1999 den Auftrag zur Ausführung der Trockenbauarbeiten. Dem Vertragsverhältnis lagen die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB/B), die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) nach dem Stand vom 31. Oktober 1998 und ferner eine Ergänzung zu den Allgemeinen Vertragsbedingungen zugrunde. Danach hatte die ... einen Sicherheitseinbehalt ihrer Auftraggeberin hinzunehmen, der durch Beibringung einer selbstschuldnerischen, einredefreien und unbefristeten Bankbürgschaft abgelöst werden konnte. Nach der Ergänzung zu den AVB war die Bürgschaft auf erste Anforderung auszustellen.
Die ... übersandte der Klägerin eine Gewährleistungsbürgschaft der Beklagten vom 11. Mai 2000, worin sich die Beklagte unter Bezugnahme auf das Auftragsschreiben vom 7. Juli 1999 für die vertragsmäßige Leistung dieser Lieferung/Bauarbeit selbstschuldnerisch unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtung, der Aufrechnung und der Vorausklage mit einem Betrag von 8 098,97 € verbürgte. Wörtlich ist in dem Bürgschein u.a. ausgeführt: "Die Bürgschaft ist nicht auf bestimmte Zeit begrenzt. Diese Bürgschaft dient dazu, die vertragsgemäße Gewährleistung für fertiggestellte und abgenommene Arbeiten sicherzustellen."
Die Partner des Bauvertrages vom 7. Juli 1999 vereinbarten ferner eine Gewährleistung von fünf Jahren ab mängelfreier Abnahme. Die Gesamtabnahme der Leistungen der ... erfolgte am 6. März 2000. Nachdem über das Vermögen dieses Unternehmens am 23. August 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, erhob die Klägerin gegenüber dem Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 14. Februar 2005 und vom 22. Februar 2005 Mängelrügen und behauptete das Vorliegen zahlreicher Risse in den Wohnungen des Objektes. Die ... wies mit Schreiben vom 2. September 2005 Mängelansprüche der Klägerin zurück, woraufhin diese die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 26. Juni 2007 zur Zahlung des Bürgschaftsvertrages aufforderte.
Die Klägerin nimmt die Beklagte nunmehr aus der Bürgschaft vom 11. Mai 2000 auf Bezahlung der Mängelbeseitigungskosten in Anspruch. Sie behauptet, die festgestellten Mängel seien dem Gewerk der ... zuzuordnen und für die Beseitigung der Mängel sei ein Aufwand von insgesamt 6 779,34 € erforderlich.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6 779,34 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6 271,84 € seit dem 08.04.2008 und aus weiteren 507,50 € ab der Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, sie hafte nicht aus der Bürgschaft vom 11. Mai 2000, weil die zugrunde liegende Sicherungsabrede der Parteien des Bauvertrages vom 7. Juli 1999 im Hinblick auf die feststehende höchstrichterliche Rechtsprechung unwirksam sei. Diese Unwirksamkeit habe zur Folge, dass die Klägerin auch nicht berechtigt sei, aus der Bürgschaft gegen die Beklagte vorzugehen. Ferner bestreitet die Beklagte jeglichen Sachvortrag der Klägerin betreffend die behauptete Mangelhaftigkeit der Leistungen der ... und erhebt die Einrede der Verjährung. Insofern trägt die Beklagte vor, dass sie auf die Einrede der Verjährung nicht verzichtet habe und sie ist der Meinung, dass sich ihre Haftung nach Eintritt der Verjährung auch nicht aus der Vorschrift des § 17 Nr. 8 VOB/B herleiten lasse.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin ist nicht berechtigt, die Beklagte aus der Bürgschaft vom 11. Mai 2000 in Anspruch zu nehmen.
Dabei kann die Frage dahinstehen, ob die Haftung der Beklagten schon deshalb entfällt, weil die in dem Bauvertrag vom 7. Juli 1999 vereinbarte Art und Weise der Sicherheitsleistung unwirksam ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die von der Klägerin behaupteten Mängel tatsächlich vorhanden sind oder waren und ob sie der ... zuzuordnen sind.
Denn die Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die ... sind jedenfalls verjährt. Die Verjährung ergreift auch die Haftung der Beklagten aus der von ihr gewährten Bürgschaft vom 11. Mai 2000.
Die Klägerin und die ... haben in dem Bauvertrag eine Gewährleistung von fünf Jahren ab mängelfreier Abnahme vereinbart. Diese ist als Gesamtabnahme am 6. März 2000 erfolgt. Die hier streitgegenständlichen Mängel, nämlich vorwiegend Kehlenrisse in den Wohnungen des erstellten Gebäudes, sind erstmals im Februar 2005, also unmittelbar vor Ablauf der Gewährleistungsfrist, gerügt worden. Gem. § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (Ausgabe 1992 in der Fassung des Ergänzungsbandes 1998) ist damit der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel mit Ablauf der Regelfristen des § 13 Nr. 4 verjährt. Diese Frist hat 2 Jahre betragen, nach deren Ablauf die Verjährung endgültig eingetreten ist. Selbst wenn man davon ausgeht, dass bis zu der endgültigen Ablehnung der Mängelbeseitigung mit Schreiben vom 2. September 2005 der Verjährungslauf infolge von Verhandlungen der Parteien gehemmt gewesen ist, so ist die Verjährung spätestens Ende des Jahres 2007 eingetreten. Die Klägerin hat die Klage jedoch erst mit Schriftsatz vom 12. September 2008 erhoben.
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung mit Recht. Gem. § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Bürge die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Dies ist in dem vorliegenden Rechtsstreit geschehen. Die Beklagte hat in der Bürgschaftsurkunde vom 11. Mai 2000 auf die Möglichkeit der Einrede der Verjährung nicht verzichtet. Dies folgt daraus, dass sie diejenigen Einreden ausdrücklich erwähnt hat, auf die sie verzichten wollte. Daraus, dass die Einrede der Verjährung in der Aufzählung nicht erwähnt ist, folgt im Umkehrschluss der Vorbehalt sämtlicher weiterer denkbarer Einreden, zu denen vornehmlich auch die Einrede der Verjährung zählt. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte die Bürgschaft nicht auf bestimmte Zeit begrenzt hat. Diese Formulierung bezieht sich allein auf die zeitliche Wirkung der Bürgschaft, nicht aber auf das der Bürgschaft zugrunde liegende Vertragsverhältnis. Insoweit ist in dem Bürgschein formuliert, dass der Zweck der Bürgschaft darin liegt, die vertragsgemäße Gewährleistung sicherzustellen. Dies setzt aber voraus, dass entsprechende Ansprüche bestehen und auch durchsetzbar sind.
Diesem Ergebnis kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass nach § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B der Auftraggeber einen entsprechenden Teil der Sicherheit zurückhalten darf, soweit er vor Eintritt der Verjährung seine noch nicht erfüllten Ansprüche geltend gemacht hat. Insbesondere ist die von den Parteien erörterte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Januar 1993 (VII ZR 221/91) hier nicht einschlägig. Denn auch der Bundesgerichtshof stellt maßgeblich darauf ab, wie weit der Sicherungszweck reicht, der sich aus dem Bürgschaftsvertrag ergibt. Dieser Zweck beinhaltet jedenfalls nicht, dass die Beklagte eine weitergehende Haftung für Mängel übernehmen wollte, als die .... Die Regelungen der VOB/B sind in dem Bürgschein vom 11. Mai 2000 auch an keiner Stelle erwähnt.
Die Vorschrift des § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B findet bei dem hier vorliegenden Sachverhalt auch deshalb keine Anwendung, weil sie zu einer unangemessenen Benachteiligung der Unternehmerin im Sinne des § 307 Abs. 2 BGB mit der Folge führt, dass diese Bestimmung gemäß § 306 Abs. 2 BGB unwirksam ist. Die Kammer tritt insoweit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Dresden vom 18. Oktober 2007 (12 U 1498/07) bei, welches überzeugend ausführt, dass die Erstreckung der Gewährleistungsfrist auf fünf Jahre statt der in § 13 Nr. 4 VOB/B (damalige Fassung) vorgesehenen zwei Jahre zur Folge hat, dass die VOB/B nicht als vollständiges Vertragswerk vereinbart ist, sondern dass die Abweichung hiervon die Möglichkeit der Wirksamkeitsprüfung unter dem Gesichtspunkt der Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen schafft. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Anwendung der Vorschrift des § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B unangemessen, weil die Klägerin eine Sicherheit sogar noch nach weit mehr als 7 Jahren seit der Abnahme verwerten könnte, während ihre vertraglichen Gewährleistungsrechte längst nicht mehr durchgesetzt werden könnten. Ein solches Ergebnis hält die Kammer für nicht vertretbar, abgesehen davon, dass auch der in dem Bürgschein der Beklagten zum Ausdruck kommende Sicherungszweck die Berufung auf die Vorschrift des § 17 Nr. 8 Satz 2 VOB/B verbietet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist gem. §§ 709 Nr. 11, 711 ZPO getroffen worden.