Landgericht Hannover
Urt. v. 18.12.2008, Az.: 8 O 172/07
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 18.12.2008
- Aktenzeichen
- 8 O 172/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 43756
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2008:1218.8O172.07.0A
In dem Rechtsstreit
...
wegen Forderungen aus einem Versicherungsvertrag
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 18.11.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ..., den Richter am Landgericht ... und den Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
- 3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Streitwert:
Bis 17.11.2008: € 1 368 762,70
Danach: Wertstufe bis zu € 1 350 000,00 (€ 1 332 745,87 zzgl. Mehrkosten)
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Versicherungsleistungen aus einem Versicherungsvertrag, den die Beklagte mit der HEROS-Unternehmensgruppe schloss.
Die HEROS-Unternehmensgruppe (nachfolgend auch kurz: HEROS) führte bundesweit Geldtransporte durch. Bei Kunden abgeholtes ("entsorgtes") Bargeld sollte über eigene "Cash-Center" von HEROS, in denen das Bargeld gezählt und zur weiteren Verwendung vorbereitet wurde, entweder über die Bundesbank (früher: Landeszentralbanken) auf Bankkonten der Kunden eingezahlt oder in Form von Münz-geld an die Kunden zurückgezahlt, also "getauscht", werden. Zu Gunsten der Kunden der HEROS-Gruppe gab es seit 1988 einen Transport-versicherungs-vertrag mit der Policen-Nr. 7265 (Anlage B 17) zwischen der HEROS-Gruppe und Versicherern, zu denen ab 1991 auch die Beklagte (als führender Versicherer) gehörte. 1993 wurde der Versicherungsvertrag nach Entwendung eines Panzerwagens durch einen Fahrer zunächst gekündigt, letztlich aber mit Auflagen und anderen inhaltlichen Änderungen fortgesetzt.
Im Juli 1997 führte die Kriminalpolizei Pinneberg Ermittlungen gegen den geschäfts-führenden Gesellschafter eines anderen Geldtransportunternehmens. Im Zusammenhang mit diesen Ermittlungen teilte die Polizei dem für HEROS zuständigen Mitarbeiter der Beklagten, ..., aufgrund einer Zeugenaussage mit, dass es (auch) bei der HEROS-Gruppe möglicherweise zu Unterschlagungen gekommen sei. Sauer entgegnete damals gegenüber der Kriminalpolizei, eine Sicherheitsüberprüfung habe ergeben, dass es bei HEROS zu keiner Veruntreuung/Unterschlagung gekommen sei. Später wurden der Polizei die Ergebnisse gutachterlicher Prüfungen vereinzelter Standorte mitgeteilt, nach denen es keine Unterschlagungen gegeben haben soll.
Am 1. Dez. 2001 (so die Beklagte) oder 1. Dez. 2002 (so auch die Angabe in den Versicherungsbestätigungen) trat die Police Nr. 7509 (Anlage K 18) in Kraft, wobei streitig ist, ob damit der alte Transportversicherungsvertrag lediglich abgeändert (so die Klägerin) oder ob rechtlich ein neuer Versicherungsvertrag geschlossen wurde.
Ziffer 6.1 im Abschnitt 6 (Deklarationspflicht) der Police Nr. 7509 lautet: Die bei Abschluss dieser Police zu erfüllende Anzeigepflicht ist erfüllt.
Ziffer 13.4 lautet: Verstöße gegen Obliegenheiten, sonstige Rechtspflichten und Sicherheitsauflagen durch die Versicherungsnehmerin beeinträchtigen den Versicherungs-schutz nicht. Diese Vereinbarung gilt ausschließlich zugunsten der jeweiligen Auftraggeber.
Die Klägerin, die Serviceleistungen für die Betreiber zahlreicher HIT-Verbraucher-märkte erbringt, war zu Zeiten des Transportversicherungsvertrags noch nicht Kundin von HEROS. Sie beauftragte mit Rahmenvertrag vom 15./19. Dezember 2003 die inzwischen zur HEROS-Unternehmensgruppe gehörende Security Service Wert-transport GmbH, Mannheim (kurz: Security Service) damit, ab Anfang 2004 Bargeld von 61 HIT-Märkten abzuholen (zu "entsorgen"). Nach § 1 Ziffer 1 des Rahmenvertrags i.V.m. der "Anlage 1 Dienstleistung" sollten die abgeholten Geldbeträge bei Bundesbankfilialen "zugunsten des Auftraggebers" eingezahlt werden. Nach § 6 des Vertrags sind Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an die Klägerin abgetreten. Vertragsgegenstand war auch die Lieferung von Münz-geld an die Klägerin und an die ... im Wege des Bargeld-tauschs.
Jedenfalls ab Mitte 2005 kam es zu Verzögerungen bei der Gutschrift abgeholter Bargeldbeträge. HEROS erklärte dies mit EDV-Problemen und der Eingliederung neuer Gesellschaften in die HEROS-Gruppe; tatsächlich wurden Bargeldbeträge vielfach deshalb nicht sofort auf das entsprechende Kundenkonto überwiesen, weil sie für Buchungen im Zusammenhang mit früheren Bargeldentsorgungen benötigt wurden, die eigentlich bereits hätten erfolgt sein müssen. Durch vertragswidrige Verwendung des abgeholten Kundengelds - seit vermutlich Mitte der 1980er Jahre - war es zu erheblichen Fehl-beträgen bei HEROS gekommen. In der Zeit bis zum wirtschaftlichen Zusammenbruch von HEROS im Februar 2006 fehlte über mehrere Jahre ein dreistelliger Millionenbetrag. HEROS verschleierte seine Liquiditätslücke durch ein Schnellballsystem.
Die mit den Kunden von HEROS vertraglich vereinbarte Umwandlung des Bargelds in Buchgeld auf Konten der Kunden war zum einen durch eine sog. Direkt-einzahlung des jeweils abgeholten und in einem Cash-Center gezählten Bargelds bei der Bundesbank möglich. Die Bundesbank verbuchte in solchen Fällen das eingezahlte Bargeld zunächst auf einem Bundesbank-eigenen CpD-Konto ["Konto pro Diverse"] und überwies den Betrag dann von dort auf das vom Einzahler angegebene Empfängerkonto bei einer Geschäfts-bank, wofür sie je Einzahlung € 3,75 berechnet. Üblich war jedoch die Zusammenführung von Bargeld verschiedener Kunden in den Cash-Centern nach Zählung der vom Kunden übergebenen Einheiten und Einzahlung auf einem der HEROS-eigenen Konten bei der Bundesbank. Von diesen Konten überwies HEROS - vielfach mit Verzögerung - die jeweiligen Tageseinnahmen auf die Kundenkonten.
Jedenfalls zwischen dem 11. Juli und dem 19. Dezember 2005 machte die Klägerin gegenüber der HEROS Transport GmbH Zinsansprüche wegen Verzögerungen geltend. Mit Schreiben vom 28. Sept. 2005 (Anlage K 4) kündigte sie den mit ... geschlossenen Entsorgungsvertrag zum 31. Dez. 2005 unter Mitteilung ihrer Bereitschaft, die Vertrags-konditionen neu zu verhandeln. ... sicherte pünktliche Einzahlungen ab Anfang Januar 2006 zu. Die von der Beklagten dazu ermächtigte ..., eine Versicherungsmaklerin, stellte der Klägerin am 21. Dez. 2005 eine Versicherungsbestätigung zur laufenden Police 7509 (Anlage K 6) aus. Am 23. Dezember 2005 einigten sich die Klägerin und ... auf eine Fortsetzung der Geld-entsorgung - bis zum 31. März 2006 - zu geänderten Vertrags-konditionen. Ab Mitte Januar 2006 erfolgten die Gutschriften an die Klägerin tatsächlich wieder pünktlich.
Am 25. Januar 2006 gab es auf Wunsch der Beklagten ein Gespräch zwischen ihrem Mitarbeiter ..., Herrn ... von der ... und Herrn ... von HEROS. Gegenstand des Gesprächs waren Verzögerungsmeldungen von Kunden; Weis begründete die Verzögerungen mit angeblichen IT-Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Übernahme von zwei früheren Konkurrenzunternehmen (...).
Am Abend des 16. Februar 2006 fand bei einem Rechtsanwalt eine Besprechung statt, an der neben Weis andere Personen der HEROS-Gruppe teilnahmen. Weis kündigte an, sich der Staatsanwaltschaft stellen zu wollen. Am Folgetag (17. Feb. 2006) durchsuchten die Ermittlungsbehörden die Cash-Center von HEROS. Am 20. Februar 2006 stellten die HEROS-Unternehmen Insolvenzanträge.
Am 1. März 2006 billigte die Beklagte ein von der ... vorgelegtes Muster für Versicherungsbestätigungen zur Police 7509 (Anlage K 150) durch den mit zwei Unterschriften versehenen Vermerk "einverstanden".
Im Januar 2007 erklärte die Beklagte gegenüber dem Insolvenzverwalter die Anfechtung des Valorenversicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung und erklärte zudem den Rücktritt vom Vertrag nach §§ 16 ff VVG a.F (Anlage K 24). Zeitgleich erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin vorsorglich die Anfechtung der Versicherungsbestätigung und den Rücktritt.
Mit der vorliegenden Klage, die der Beklagten am 11. Juli 2007 zugestellt worden ist, begehrt die Klägerin unter Hinweis auf Abtretungsvereinbarungen mit den betroffenen ...Marktbetreibern von der Beklagten Ersatz dafür, dass ihr die am 17. und 18. Februar 2006 abgeholten Bargeldbeträge zu einem großen Teil nicht als Buchgeld überwiesen wurden. Zudem begehrt sie von der Beklagten Ersatz wegen Geldvorauszahlung für nicht erfolgte Hartgeld-lieferung. Den geforderten Betrag beschränkt sie auf 62,5 % ihres von ihr ursprünglich mit knapp 2,2 Mio. Euro bezifferten - bestrittenen - (Rest-)Schadens.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe über ihren Mitarbeiter Sauer "frühzeitig", spätestens aber seit einer Besprechung im September 2005, an der der ...-Mitarbeiter ... teilnahm, Kenntnis von Unregelmäßigkeiten bei HEROS gehabt. Ihr seien 1997 erhebliche Differenzen und Verluste beispielsweise in Hamburg (...) bekannt gewesen. Sauer habe gegenüber den Ermittlungsbehörden erklärt, es gäbe bei HEROS keine Manipulationen, obwohl die in Auftrag gegebenen Prüfungsmaßnahmen völlig ungeeignet gewesen seien. Es habe zudem jedenfalls ab 2004 - meist über die Maklerin ... GmbH - Kundenbeschwerden gegeben. Sie meint, eine etwaige Unkenntnis der Beklagten beruhe auf grober Fahrlässigkeit.
Die Klägerin meint ferner, § 1 Ziffer 1 des Geld-entsorgungsvertrags mit der ... sei dahingehend zu verstehen, dass eine Überweisung der "entsorgten" Geldbeträge über die Bundesbank im sog. Nicht-Konto-Verfahren (Buchung über ein CpD-Konto der Bundesbank) vereinbart wurde; eine Buchung über HEROS-Sammelkonten bei der Bundesbank sei deshalb vertraglich unzulässig gewesen. Sie behauptet, es sei für sie nicht erkennbar gewesen, dass frühere Überweisungen über HEROS-Sammel-konten erfolgten.
Sie geht davon aus, Deckungsansprüche aus dem Versicherungsvertrag und der Versicherungsbestätigung zu haben. Die am 17. und 18. Februar 2006 abgeholten, aber nicht über CpD-Konten eingezahlten Tageseinnahmen seien u.a. Gegenstand eines Verlusts oder Schadens im Sinne des Versicherungsvertrags. Spätestens die Vermengung des abgeholten Bargelds nach dessen Zählung mit dem Bargeld anderer Kunden sei ein Schadensereignis im Sinne des Vertrags. Zudem stützt sie ihre Forderung auf eine von ihr angenommene Prüfungs- und Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten.
Die Klägerin meint, der Valoren-versicherungsvertrag sei gegenüber dem alten Transport-versicherungsvertrag kein neuer Vertrag, sondern stelle eine bloße Änderung des bisherigen Vertrags dar. Die Klägerin meint außerdem, die Versicherung sei keine reine Transportversicherung, sondern einen "Kombi-Versicherung", die auch Haftpflichtfälle einschließe. Hilfsweise stützt sie ihre Forderung darauf, dass ihr gegen die Beklagte ein Schadenersatzanspruch wegen unterlassener Aufklärung über Unregelmäßigkeiten zustehe.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie € 1 368 762,70 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent vom 22. März 2006 bis zum 18. Januar 2007 und in Höhe von 8 Prozent-punkten über dem Basiszins seit dem 19. Januar 2007, weitere € 3 012,43 als Zins-schaden sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
abzüglich
eines am 18. Mai 2008 erhaltenen Gesamtbetrags in Höhe von € 18 371,15,
eines am 16. Mai 2008 erhaltenen Betrags in Höhe von € 4 582,25,
eines am 22. Mai 2008 erhaltenen Betrags in Höhe von € 11 398,71 sowie
eines am 23. Juni 2008 erhaltenen Gesamtbetrags in Höhe von € 1 664,73.
Wegen der in Abzug gebrachten Beträge hat die Klägerin den Rechtsstreit im Termin am 18. November 2008 für teilweise erledigt erklärt.
Die Beklagte hat der Teilerledigungserklärung widersprochen und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, die Klägerin habe mit HEROS das Pooling- und Überweisungs-verfahren vereinbart. Das anstelle von Direkteinzahlungen durchgeführte Pooling- und Überweisungs-system von HEROS, das spätestens 2000/2001 nahezu flächendeckend eingeführt gewesen sei, habe die Klägerin gekannt und hingenommen. Das am 17. und 18. Feb. 2006 der ... übergebene Bargeld sei vollständig bei der Bundesbank eingezahlt worden.
Die Beklagte meint, der Klägerin stünden Deckungsansprüche schon wegen ihrer Anfechtung des Valorenversicherungsvertrags und der Versicherungsbestätigung - letztere sei ohnehin nur eine informatorische Erklärung - sowie wegen der Rücktritts-erklärung nicht zu. Da die ... GmbH nicht ihr Vertreter oder Agent sei, sei etwaiges Wissen des Maklers ihr selbst nicht zuzurechnen. Zudem seien der Klägerin keine Transport-schäden bis zur Ablieferung des Bargelds bei der Bundesbank entstanden; der Versicherungs-schutz erfasse nur Verluste oder Schäden auf der Transport-strecke. "Autorisierte Person" im Sinne der Versicherungspolice sei die Bundesbank bzw. deren Schleusen-mitarbeiter. Bei der Versicherung handele es sich allein um eine Transportversicherung, keine allgemeine Haft-pflicht-versicherung; lediglich die gesetzliche Haftung aus § 425 HGB sei mitver-sichert.
Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe zudem Kenntnis von dem Schneeballsystem gehabt. Die "Entsorgung" von Bargeld aus der Zentrale der Klägerin sei von dem Vertrag mit Security Service ohnehin nicht erfasst. Im Übrigen könne die Klägerin nicht 62,5 % des von ihr behaupteten, nicht hinreichend dargelegten Schadens ersetzt verlangen, sondern nur eine Quote davon, weil der Zusammenbruch des Schneeballsystems am 17./18. Februar 2006 unter Einbeziehung aller HEROS-Kunden als einheitliches Schaden-ereignis anzusehen sei, für das ein Deckungs-Höchst-betrag von 10 Mio. Euro zu beachten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vortrag der Parteien wird auf ihre vorbereitenden anwaltlichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Mit nachgelassenen Schriftsätzen haben beide Parteien fristgerecht ergänzend vorgetragen.
Die Klägerin wiederholt u.a. dabei ihre Behauptung, die Beklagte habe über ihren Prokuristen Sauer die Polizei 1997 bewusst von Ermittlungen gegen HEROS abgehalten, in dem sie auf Gutachten verwiesen habe, die ungeeignet gewesen seien. Die Klägerin meint, die Beklagte könne sich gem. §§ 162, 242 BGB nicht auf Unkenntnis im Zeitpunkt des Abschlusses des Valorenversicherungsvertrags berufen. Die Beklagte müsse sich so behandeln lassen, als habe sie positive Kenntnis gehabt. Die Klägerin trägt ferner ergänzend vor, die Beklagte habe HEROS in den Jahren 1998 bis 2000 Prämien-rückstände in Höhe von rund 1,6 Mio. DM gestundet. Die Klägerin meint zudem, es sei bezogen auf ... von einem gesonderten Versicherungsvertrag auszugehen, der nicht angefochten worden und auch nicht anfechtbar sei, da es bei ... im Zeitpunkt ihrer Übernahme durch HEROS (2003) keine Deckungslücke gegeben habe.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage ist auch bei Berücksichtigung des neuen Sachvortrags im nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 9. Dezember 2008 unbegründet. Dies gilt auch für den von der Klägerin für erledigt erklärten Teil des Rechtsstreits.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versicherungsleistung aus eigenem und abgetretenem Recht wegen des wirtschaftlichen Verlustes des zur Hartgeldversorgung vorab gezahlten Geldbetrags. Selbst wenn der Valorenversicherungsvertrag wirksam sein sollte, könnte die Klägerin wegen dieses Schadens keinen Anspruch aus diesem Vertrag herleiten.
a) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass bestimmtes Hartgeld bereits für die Klägerin bzw. die ... bestimmte Münz-rollen abgezählt und für die Auslieferung vorbereitet war und dass die Nichtlieferung dieses - ihr möglicherweise dann schon rechtlich zuzurechnenden - Hartgelds auf Unterschlagung bei der Auslieferung oder einem anderen versicherten Vorfall beruhte.
b) Auch ist nicht ersichtlich, dass die von vier HIT-Märkten im voraus gegebenen Banknoten (das "Tauschgeld") Gegenstand eines Versicherungsfalls sein könnten. Eine vertragliche Pflicht von ..., das vom Kunden im voraus gegebene "Tauschgeld" solange separat zu halten, bis Münzgeld in entsprechendem Wert vorbereitet und dem Kunden zugeordnet war, hat die Klägerin nicht dargelegt. Deshalb ist unerheblich, was mit den Banknoten geschah, die in Hartgeld getauscht werden sollten. Sie sollten jedenfalls nicht auf ein Kundenkonto eingezahlt werden, sondern bei ... verbleiben und sind deshalb nicht verloren, verschollen, unterschlagen, veruntreut oder anderweitig Gegenstand eines Schadensereignisses.
c) Dass ... das Notengeld ("Tauschgeld") möglicherweise nicht ohne Hinweis auf eine Insolvenzreife hätte annehmen dürfen und dass ihr insoweit das Wissen der HEROS-Geschäftsleitung zuzurechnen ist, ist an dieser Stelle unerheblich. Der Versicherungsvertrag ist kein umfassender Haftpflichtversicherungsvertrag. Nach Ziffer 2.1.2 der Versicherungsbedingungen ist zwar auch die gesetzliche Haftung von HEROS gegenüber ihren Kunden versichert, die vertragliche Haftung ist dagegen nicht einbezogen. Das Insolvenzrisiko als solches ist deshalb nicht vom Versicherungsvertrag erfasst.
2. Die Kläger hat auch keinen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag auf Ersatz ihres Vermögensschadens im Zusammenhang mit der "Bargeldentsorgung" am 17. und 18. Feb. 2008, denn die Beklagte hat den Versicherungsvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung gem. §§ 123 BGB, 22 VVG a.F. angefochten. Diese Anfechtung wirkt auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Valorenversicherungsvertrags zurück, wobei es an dieser Stelle offen bleiben kann, ob dieser Vertrag zwischen HEROS und der Beklagten im Jahr 2001 oder erst Ende 2002 geschlossen wurde.
a) Die Beklagte konnte den Versicherungsvertrag von 2001/2002 anfechten, da sie von den Verantwortlichen der HEROS-Gruppe durch Verschweigen aufklärungsbedürftiger Tatsachen arglistig getäuscht wurde.
(1) Die erhebliche Liquiditätslücke und das zu ihrer Verschleierung aufgebaute Schneeballsystem waren gefahrerhebliche Umstände im Sinne von § 16 Abs. 1 VVG a.F. Für die Entscheidung der Beklagten (und der anderen Versicherer), mit der HEROS-Gruppe den Versicherungsvertrag abzuschließen, war dieser Punkt von entscheidender Bedeutung. HEROS hätte die Liquiditäts-lücke und ihr Schneeballsystem der Beklagten vor Abschluss des Vertrags deshalb anzeigen müssen. Dass sich die Verantwortlichen der HEROS-Gruppe damit selbst strafbarer Handlungen bezichtigen mussten, ändert nichts an der Anzeigepflicht ( OLG Celle, 19.09.2008, 8 U 63/08, juris-Rdnr. 136-138).
(2) Eine Anzeige der HEROS-Verantwortlichen gegenüber Mitarbeitern der Beklagten oder der in die Vertragsverhandlungen einbezogenen Marsh GmbH trägt die Klägerin nicht vor. Eine solche Anzeige wird auch nicht durch Ziffer 6.1 fingiert, was sich aus Ziffer 13.1 ("Bei Verletzung von Anzeigepflichten ...") ergibt.
(3) Für die Ursächlichkeit des Verschweigens für den Vertragabschluss spricht der Beweis des ersten Anscheins. Die Klägerin hat keine unstreitigen Umstände dargelegt, nach denen ein atypischer Geschehensablauf (Vertrags-abschluss trotz konkreter Kenntnis auf Seiten der Beklagten) ernsthaft in Betracht kommt. Die Klägerin behauptet zwar, der Beklagten-Mitarbeiter Sauer habe die aufgelaufenen Zahlungsrückstände gekannt. Insoweit fehlt es jedoch an hinreichend substantiiertem Vortrag. Eine besondere Nähe von Sauer zum Geschäftsführer der HEROS-Gruppe, Karl-Heinz Weis, reicht nicht für die Annahme aus, Sauer sei in das System eingeweiht gewesen und habe Kenntnis von den damit einhergehenden Fehl-beträgen gehabt. Das gilt auch dann, wenn - wie die Klägerin vorträgt - Sauer wertvolle Geschenke, unter anderem auch Reisen, erhalten haben sollte. Die im nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin angegebenen Prämien-rückstände sind gleichfalls nicht mehr als ein bloßes Verdachts-moment. Insoweit trägt die Klägerin im Übrigen selbst vor, dass es kontinuierlich, wenn auch vielfach mit Verspätung, Zahlungen von HEROS gegeben hat. Die Rückstände hat es nach dem Vortrag der Klägerin offenbar im Jahr 2001 nicht mehr gegeben, sie sind also noch vor Abschluss des Valorenversicherungsvertrags zurückgeführt worden.
Dass Kunden der HEROS-Gruppe die Valorenversicherung tatsächlich in Anspruch nahmen und dass die Beklagte dadurch Kenntnis von erheblichen finanziellen Schwierigkeiten bei HEROS hatte, ist nicht vorgetragen.
Auch die Entwendung eines Panzerfahrzeugs im Jahr 1993 und die anschließende Kündigung des Versicherungsvertrags durch die Beklagte ist kein Umstand, der eine Kenntnis der Beklagten vom Schneeballsystem und des wirtschaftlichen Zustands der Heros-Gruppe bei Abschluss des neuen Vertrags 2001 bzw. 2002 nahe legt. Der Vertrag wurde unter zusätzlich vereinbarten Auflagen fortgesetzt.
b) Sowie die Klägerin bei der Anfechtungsfrage zwischen ... und anderen HEROS-Unternehmen differenziert, berücksichtigt sie nicht, dass es wegen des Konzern-verbunds und des Systems mit den Cash-Centern nicht allein auf Liquiditäts-lücken bei demjenigen HEROS-Unternehmen ankommt, mit dem sie einen Geldtransport-vertrag abgeschlossen hat. Deshalb ist es unerheblich, ob rechtlich von einem eigenständigen Versicherungsvertrag der Versicherer mit ... auszugehen ist (vgl. dazu auch nachfolgend lit. h) und ob jenes Geldtransportunternehmen bei Vertragsschluss eine Deckungslücke hatte.
c) Die Anfechtungsfrist nach § 124 BGB ist bei der Anfechtungserklärung vom Januar 2007 gegenüber dem Insolvenzverwalter gewahrt. Eine über einen Verdacht hinausgehende positive Kenntnis der Beklagten vom Schneeballsystem und der bei Vertragsschluss bestehenden wirtschaftlichen Notlage (und damit von der arglistigen Täuschung) vor Februar 2006 ist nicht festzustellen. Die Kenntnis von Zahlungs-verzögerungen seitens der HEROS-Gruppe bereits im Jahr 2005 oder sogar 2004 rechtfertigten nicht den Schluss, die Beklagte sei arglistig getäuscht worden, zumal die damaligen Schadensanzeigen von den Kunden zurückgenommen wurden.
d) Das Anfechtungsrecht der Beklagten ist auch nicht, wie die Klägerin meint , durch Ziffer 13.4 der Versicherungsbedingungen oder nach § 242 BGB ausgeschlossen.
(1) Ziffer 13.4 des Versicherungsvertrags bezieht sich bei verständiger Würdigung nicht auf vorvertragliche Anzeigepflichten und Gefahrerhöhungen. Nach Wortlaut und Gesamt-kontext ist die Bestimmung in Ziffer 13.4 dahin zu verstehen, dass sie sich nur auf Begleit-pflichten aus der Police bezieht, nicht aber auf die vorsätzliche Verletzung von vorvertraglichen Anzeigepflichten und Gefahrerhöhungen (OLG Celle, a.a.O., juris-Rdnr. 148).
Soweit das OLG Düsseldorf in einer Entscheidung vom 5. Nov. 2008 (18 U 188/07) eine abweichende Ansicht damit begründet hat, dass der Versicherungsschutz der Kunden des Geldtransportunternehmens nur unvollkommen wäre, wenn der Versicherer den Versicherungsschutz rückwirkend durch "arglistige Anfechtung" entziehen könnte, der Versicherungsschutz nach dem Vertrag aber auch vorsätzlich begangene Straftaten des Versicherungsnehmers (Transportunternehmens) erfassen soll, ist die Begründung des OLG Düsseldorf für seine abweichende Ansicht zwar durchaus nachvollziehbar. Allerdings weist das OLG Düsseldorf selbst darauf hin, dass die Versicherungs-bedingungen in dem von ihm entschiedenen Fall eine gegenüber dem HEROS-Versicherungsvertrag weitergehende Bestimmung enthalten haben: In jenem Fall war vereinbart, dass es dem Versicherer verwehrt ist, dem Versicherten einen Einwand aus dem Deckungs-verhältnis, gleich welcher Art, entgegen zu halten. Die Kammer vermag sich den Überlegungen des OLG Düsseldorf aber im vorliegenden Fall auch deshalb nicht anzuschließen, weil der Valorenversicherungsvertrag ohnehin keine umfassende Vermögens-schadens-versicherung zum Gegenstand hat. So sind nur Gefahren abgedeckt, die sich auf stoffliche Zugriffe auf die versicherte Sache beziehen, nicht aber auf Buchgeld (vgl. Urteil der Kammer vom 22.11.2007 - 8 O 281/06; OLG Celle, 19.09.2008 - 8 U 11/08 ).
(2) Auch ist es der Beklagten nicht aus Gründen von Treu und Glauben verwehrt, sich gegenüber den geschädigten Kunden von HEROS auf ihr Anfechtungsrecht zu berufen. Es stellt zwar eine besondere Härte dar, wenn der Kunde durch sein Geldtransport-unternehmen geschädigt wird und sich nachträglich herausstellt, dass der Versicherungsschutz, auf den er vertraut hat, gar nicht besteht. Es wäre gleichwohl unbillig, dem Versicherer das Anfechtungsrecht zu entziehen, denn als arglistig Ge-täuschter ist auch er schutzbedürftig.
e) Ein Fall des § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB liegt nicht vor. Täuschender war nicht ein Dritter, sondern der eigene Vertragspartner der Beklagten (HEROS). Auf die Kenntnis der Klägerin oder ihr Kennenmüssen kommt es nicht an (OLG Celle, a.a.O., juris-Rdnr. 150). Soweit die Klägerin meint, dieser Ansicht stehe entgegen, dass schutzwürdige Belange des gutgläubigen Rechtserwerbers unberücksichtigt blieben, ist die Systematik des Gesetzes zu bedenken. Der Gesetzgeber hat § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB in § 123 BGB nicht als eigenständigen (dritten) Absatz formuliert, sondern § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB im selben Absatz unmittelbar nachfolgen lassen. Damit ist eine identische Ausgangs-situation (Täuschung durch einen Dritten) auch für Satz 2 vorgegeben.
f) Durch die Anfechtung des Valorenversicherungsvertrags lebte der alte Transport-versicherungsvertrag mit der Policennummer 7265 nicht wieder auf. Es kann offen bleiben, ob der Transportversicherungsvertrag ausdrücklich aufgehoben wurde, wie die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 10. Nov. 2008 behauptet. Denn die Vertragsparteien haben ihn bei Abschluss des Valoren-versicherungsvertrags jedenfalls konkludent aufgehoben, ohne dass der neue Versicherungsvertrag und der Aufhebungs-vertrag nach dem Willen der Parteien nur zusammen gelten sollten. Es ist fernliegend anzunehmen, die Beklagte habe gewollt, dass der alte, kündbare Versicherungsvertrag auf jeden Fall - auch bei Arglist seitens HEROS - weiter gelten solle, wenn sich die Unwirksamkeit des neuen Vertrags ergeben sollte.
(1) Der Valorenversicherungsvertrag ist im Verhältnis zum Transportversicherungsvertrag als neuer, eigenständiger Vertrag anzusehen, und nicht als bloße Modifikation des alten Vertrags. Dies ergibt sich zwar nicht zwingend aus der neuen Policennummer. Maßgeblich ist vielmehr der Parteiwille, der hinreichend deutlich erkennbar sein muss, um von einem vollständig neuen Versicherungsvertrag auszugehen (vgl. OLG Saarbrücken, 16.05.2007, 5 U 590/06, VersR 2007, 1681).
Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist nach §§ 133, 157 BGB jedoch von einem neuen Vertrag auszugehen. Zu den Gesamtumständen gehören insbesondere die neue Bezeichnung "Valorenversicherung" (statt "Transportversicherung"), die Vereinheitlichung der zuvor für die einzelnen Cash-Center unterschiedlich hohen Haftungs-summen, die mit einem erhöhten Transportaufkommen einhergehende Euro-Umstellung, die Einbeziehung der gesetzlichen Haftung von HEROS gegenüber den Kunden sowie die neue Subunternehmer-Klausel in Ziffer 2.2.5 der Police.
Für eine Novation spricht auch, dass in einem Telefaxschreiben der ... GmbH an HEROS vom 26. November 2001 (Anlage B 18), dessen Betreff-Zeile "Neuordnung der Geld- und Werttransport-Versicherung per 1.12.2001. Laufende Versicherung Nr. 7509 - Mannheimer" lautet, ausdrücklich von einem "neu abgeschlossenen Vertrag" die Rede ist. Hierzu passt auch der Entwurf einer Deckungsnote zur laufenden Police Nr. 7509 mit Änderungs-vermerken vom 30. Nov. 2001 (Anlage B 26).
Soweit die Klägerin auf den auf jenem Entwurf einer von Sauer handschriftlich ergänzten, offenkundig an die ... GmbH gerichteten Vermerk hinweist ("Anmerkung: es gilt die Vereinbarung der aktuellen Police plus Schreiben vom 25. Okt. 2001 und folgende Vereinbarungen: ...h ist sich im klaren, dass De-Note und Police nicht übereinstimmen [nicht 100 %] "), ist es zwar naheliegend, dass mit "aktueller Police" die bisherige Police Nr. 7265 gemeint ist, denn das war zu jenem Zeitpunkt der (noch) aktuelle Versicherungsvertrag. Auch passt der Hinweis auf die "aktuelle Police" zum letzten Satz im Abschnitt "Umfang der Versicherung" auf Seite 2 des Entwurfs der Deckungsnote, in dem es heißt, dass die Bestimmungen der Police 7265 ergänzend gelten. Insoweit ist der Vortrag der Beklagten auf Seite 21 des Schriftsatzes vom 10. Nov. 2008, Sauer habe nicht auf die üblichen Standard-Transport-bedingungen, die auch unter der Police 7265 vereinbart gewesen seien, Bezug nehmen wollen, nicht recht nachvollziehbar. Gleichwohl stehen die handschriftliche Bezugnahme auf die "aktuelle Police" und die Klausel unter "Umfang der Versicherung" einem Verständnis der Beklagten zu jenem Zeitpunkt, dass es sich bei der Police Nr. 7509 um einen neuen Vertrag handeln sollte, keinesfalls entgegen. Die Bezugnahme auf den alten Vertrag ersparte eine detaillierte Angabe des Umfangs der Versicherung und erleichterte die Prüfung der inhaltlichen Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Vertrag.
(2) Der alte Versicherungsvertrag wurde jedenfalls konkludent aufgehoben. Da der im neuen Vertrag geregelte Versicherungsschutz im Vergleich zum bisherigen teilweise gleich blieb, teilweise aber davon abwich, passt ein Nebeneinander beider Verträge nicht.
(3) Die Anfechtung des Versicherungsvertrags mit der Policennummer 7509 erfasst nicht zugleich den Aufhebungsvertrag, so dass der alte Versicherungsvertrag nicht wieder auflebte (vgl. dazu im Einzelnen OLG Celle, a.a.O., juris-Rdnr. 167).
Darauf kommt es nach Ansicht der Kammer vorliegend aber ohnehin nicht an, weil die Security Service Werttransport GmbH nicht zu den Versicherungsnehmern des alten Versicherungs-vertrags gehörte. Die Klägerin weist in ihrem nachgelassenen Schriftsatz in anderem Zusammenhang selbst darauf hin, dass ... (erst) 2003 von HEROS übernommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt galt jedoch bereits die Police 7509, selbst wenn sie erst ab Ende 2002 Gültigkeit erlangt haben sollte.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Schäden der Klägerin durch die ... Geld-bearbeitungs GmbH und die HEROS Transport GmbH verursacht worden sein sollen und jene HEROS-Unternehmen bereits vom alten Versicherungsvertrag erfasst waren (wie die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz angibt). ... und HEROS Transport waren keine Vertragspartner der Klägerin; die Klägerin spricht deshalb auch nur vage von einer "wie immer gearteten Geschäftsverbindung" mit diesen beiden Unternehmen. Soweit ... und HEROS Transport für ... tätig wurden, waren sie nur Subunternehmer. Das reicht jedoch nicht, um die Kläger in den Schutzbereich der Police 7265 fallen zu lassen.
g) Ob die Anfechtungserklärung auch zugunsten der Mitversicherer wirkt, kann in diesem Rechtsstreit dahingestellt bleiben. Sie wirkt jedenfalls im Verhältnis der HEROS-Gruppe zur Beklagten, weil ein Fall der offenen Mitversicherung vorliegt. Ziffer 15.3 der Police (Mitversicherung) steht der Wirksamkeit der Anfechtung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht entgegen. Der Vertragsklausel ist nicht zu entnehmen, dass alle beteiligten Versicherer nur gemeinsam des Vertrag anfechten können.
h) Unerheblich ist, ob die ... in der Anfechtungserklärung genau bezeichnet ist, denn insoweit handelt es sich bezogen auf die verschiedenen versicherten Gesellschaften der Heros-Gruppe um einen einheitlichen Vertrag. Die Anfechtung ist auch nicht unzureichend begründet. Es reicht aus, wenn der Anfechtungsgegner erkennen kann, auf welchen tatsächlichen Grund die Anfechtung gestützt wird.
3. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Schadenersatzanspruch gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB aus dem Versicherungsvertrag zu, da er infolge der Anfechtung rückwirkend erloschen ist. Aber selbst wenn der Versicherungsvertrag wirksam wäre, wäre eine etwaige Nebenpflicht zur Kontrolle der wirtschaftlichen Verhältnisse der HEROS-Gruppe nicht drittschützend zu Gunsten der Versicherten.
4. Auch die der Klägerin überlassene Versicherungsbestätigung vom 21. Dez. 2005 (Anlage K 6) gibt ihr keinen Anspruch auf Schadenersatz gegen die Beklagte gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Die Bestätigung ist weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Charakter ein Sicherungs-schein oder eine Sicherungsbestätigung. Sie ist nur ein deklaratorisches Informationsschreiben und begründet deshalb keine eigene vertragliche Anspruchsgrundlage gegen die Beklagte. Dabei ist bedeutsam, dass die Versicherungsbestätigung keine Angabe enthält, wonach der Klägerin im Falle eines Zahlungs-verzugs von HEROS ein Prämieneintrittsrecht zusteht (OLG Celle, a.a.O. juris-Rdnr. 177-178). Auf die Anfechtung der Versicherungsbestätigung kommt es deshalb nicht an.
5. Eine Obliegenheit zur Verdachtsmitteilung bei Ausstellung der Versicherungs-bestätigung, die bei Verletzung einen Schadenersatzanspruch begründen könnte, bestand für die Beklagte nicht. Bei einem bloßen Verdacht hat der Versicherer seine allgemeine vertragliche Treuepflicht gegenüber den Versicherungsnehmern zu berücksichtigen.
6. Das Muster der Versicherungsbestätigung, das die Beklagte mit "einverstanden" unter dem Datum 1. März 2006 gebilligt hat (Anl. K 150), also nach den Festnahmen vom 17. Februar 2006, ist nicht erheblich. Die Billigung ist nicht als Bestätigung eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts im Sinne von § 144 BGB zu sehen. Zum einen hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass die Beklagte jedenfalls bei Unterzeichnung des Musters Anfang März 2006 davon ausging, es habe bereits 2001/ 2002 ein Schneeballsystem und erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten gegeben. Zum anderen ist in einem Verhalten (hier: Einverständnisvermerk) nur dann eine Bestätigung im Sinne des § 144 BGB zu sehen, wenn eine andere Deutung des Verhaltens nach den Umständen ausgeschlossen ist (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 144 Rn. 2 m.w.N.).
In der Billigung eines Musters für künftige Versicherungsbestätigungen gegenüber dem bevollmächtigten Verwender (hier: ... GmbH) ist zwar auch das Einverständnis zu sehen, dass entsprechende Versicherungsbestätigungen an Versicherte ausgegeben werden, so dass sie der eigenen Ausstellung einer Versicherungsbestätigung für einen Kunden von HEROS gleich-kommt. Eine solche Versicherungsbestätigung lässt jedoch nicht zwingend auf einen Willen schließen, auf jeden Fall an dem Versicherungsvertrag festhalten zu wollen. Die Frage der Anfechtbarkeit des Versicherungsvertrags bedurfte einer juristischen Prüfung, wie der Streit um die Bedeutung von Ziffer 13.4 der Versicherungsbedingungen zeigt. Selbst wenn die Beklagte am 1. März 2006 den Anfechtungsgrund bereits gekannt haben sollte, was sie bestreitet, bedeutet dies vorliegend nicht zwingend, dass sie sich darüber im Klaren war, dass eine Anfechtung auch im Verhältnis zu den Versicherten beachtlich wäre. Deshalb kommt aus Sicht eines verständigen Dritten auch die Möglichkeit in Betracht, dass sich die Beklagte trotz (an dieser Stelle unterstellter) Kenntnis vom Anfechtungsgrund vorerst gehalten sah, den Vertrag gegenüber den Kunden von HEROS als wirksam zu behandeln.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Unterschriften
Landgericht Hannover
Geschäfts-Nr. :
8 O 172/07
Beschluss
In dem Rechtsstreit
...
Klägerin
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
gegen
...
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ...
wegen Forderungen aus einem Versicherungsvertrag
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ..., den Richter am Landgericht ... und den Richter ... am 5. Februar 2009 ohne mündliche Verhandlung
beschlossen:
Auf Antrag der Beklagten wird der Tatbestand des Urteils der Kammer vom 18. Dezember 2008 wir folgt berichtigt:
Auf Seite 4 (unten) des Urteils wird das Wort "Verzögerungsmeldungen" durch "Schadensmeldungen" und die Wortfolge "begründete die Verzögerungen" durch "begründete die immer wieder zurückgenommenen Meldungen" ersetzt.
Der weitergehende Antrag der Beklagten sowie der Antrag der Klägerin auf Tatbestands-berichtigung werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das am 18. Dezember 2008 verkündete Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29. Dezember 2008 und den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 30. Dezember 2008 zugestellt worden. Mit Schriftsätzen vom 6. bzw. 13. Januar 2009, am jeweiligen Tag beim Landgericht Hannover per Telefax eingegangen, haben beide Parteien Berichtigungen des Tatbestands in mehreren Punkten beantragt.
II.
1. Der gem. § 320 ZPO statthafte, fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Tatbestandberichtigungsantrag der Klägerin ist unbegründet.
a) Die Kammer hält an dem von ihr gewählte Begriff "Versicherungsvertrag mit der HEROS-Unternehmensgruppe" fest. Ob es einen eigenständigen Versicherungsvertrag der ... neben eigenständigen Versicherungsverträgen bezogen auf die übrigen einzelnen HEROS-Unternehmen gab, ist nicht unstreitig und ist zudem auch eine Rechtsfrage. Der gewählte Begriff lässt deshalb Einzelheiten bewusst offen. Maßgeblich ist, dass die ... Versicherungs-nehmerin der Beklagten ist; das ist dem Tatbestand hinreichend zu entnehmen. Im Übrigen hat die Klägerin in ihrer Klageschrift selbst von "dem Valoren-versicherungsvertrag zwischen HEROS, insbesondere der ..., und der Beklagten" gesprochen (Seite 9 der Klageschrift unter A. III, erster Satz).
b) Soweit im Zusammenhang mit der ...im Tatbestand lediglich von Cash-Centern "von HEROS" die Rede ist, kommt es auf die namentliche Bezeichnung der GmbH nicht an. Unstreitig gehörte die GmbH zur HEROS-Gruppe.
c) Der Begriff "alte(r) Transportversicherung(svertrag)" bezieht sich auf die Police 7265 (Anlage B 17). Dort heißt es (im Singular) in der Überschrift "Transportversicherungsvertrag", nicht Valorenversicherungsvertrag. Einen Anlass zur Berichtigung sieht die Kammer deshalb nicht; der Begriff ist zutreffend.
d) Bezogen auf die weiteren Änderungs- und Ergänzungsvorschläge der Klägerin ist nicht erkennbar und nicht erläutert, warum der Tatbestand falsch oder in irreführender Weise unvollständig sein soll. Nur insoweit wäre eine Tatbestands-berichtigung angezeigt.
2. Der ebenfalls zulässige Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten ist ganz überwiegend unbegründet.
a) Soweit die Beklagte in dem Tatbestand ihrerseits eine Mehrzahl an Transportversicherungsverträgen - mit einzelnen Versicherern - festgestellt haben möchte, gilt das vorstehend unter Ziffer 1 lit. a Gesagte entsprechend.
b) Dass die Angaben zur Vertragskündigung von 1993 ohne den von der Beklagten gewünschten Zusatz "von der Beklagten" falsch oder irreführend sind, ist nicht dargelegt und erscheint fernliegend. Eine Ergänzung ist deshalb nicht geboten.
c) Die Ausführungen der Kammer zum Rahmenvertrag vom 15./19. Dezember 2003 im Tatbestand sind nicht berichtigungs- oder ergänzungsbedürftig. Ob im Rahmenvertrag oder einer Anlage eine Kontoverbindung genannt ist, ist für die Entscheidung ohne Bedeutung. Die Formulierung "[Einzahlung] zugunsten des Auftraggebers" ist, wie die Anführungsstriche deutlich machen, ein Zitat aus der Anlage 1 (Abschnitt "Dienstleistung", erster Spiegelstrich, am Ende).
d) Zutreffend ist, dass Bargeld nicht (unmittelbar) überwiesen werden kann, weil eine Überweisung Buchgeld voraussetzt. Insoweit enthält der Tatbestand allerdings nur eine Ungenauigkeit, die - insbesondere angesichts der Ausführungen im nachfolgenden Absatz des Tatbestands - für das Verständnis unerheblich und deshalb nicht berichtigungs-bedürftig ist. Diesbezüglich würde es im Übrigen ausreichen, dass Wort "überwiesen" durch das banktechnisch weniger präzise, aber an jener Stelle ausreichende Wort "weitergeleitet" zu ersetzen.
e) Die Formulierung "Zusammenführung von Bargeld verschiedener Kunden in den Cash-Centern ... und Einzahlung auf einem [HEROS-Konto]" sowie die Angabe, dass dies eine übliche Vorgehensweise war, bedarf keiner Berichtigung. Sie passt zu den Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 29.10.2007. Darin hat die Beklagte das Pooling-Verfahren selbst als Regelfall dargestellt hat (Seite 24: "Nur vereinzelt kam es noch zu Direkteinzahlungen ...") und erläutert, wie das Geld für die Bundesbank passend aufbereitet wurde (Seite 6-7 jenes Schriftsatzes). Ohne ausdrücklichen Vortrag, dass (a) beim Aufbereiten des Geldes nie Geldscheine von dem Pooling-Verfahren zugeordneten Kunden zusammengeführt wurden (um Notenbündel den Banderolen entsprechend "voll" zu bekommen) und dass (b) mit dem Bargeld der einzelnen Kunden in den Cash-Centern auch nach der Zählung, dem Bündeln und "Fröscheln" noch so umgegangen wurde, dass jeder einzelne Geldschein bis zum Moment der Übergabe an Bundesbankmitarbeiter noch dem jeweiligen Kunden, von dem er kam, hätte zugeordnet werden können, kann der Vortrag der Beklagten nur so verstanden werden, dass das Pooling von Bargeld verschiedener Kunden schon vor dem Einzahlungsakt begann. Denn eine strickte Trennung von "Pooling-Geld" nach Kunden bis zum Moment der Einzahlung erscheint lebensfremd.