Landgericht Hannover
Urt. v. 07.05.2008, Az.: 11 O 188/07

Abrede; Anlageberatung; Anlageentscheidung; Anlageinteressent; Bank; Beratungsgespräch; Beratungshonorar; Beratungsleistung; Beratungssequenz; Beratungsvertrag; Darlehensvertrag; Depot; Entgeltvereinbarung; Filmfondsbeteiligung; Finanzdienstleister; Fondsgesellschaft; Fondsprospekt; Garantiefonds; Geschäftsbank; Geschäftsmodell; Irreführung; Kapitalanlagebereich; Kreditinstitut; Kundenberater; Kundenpflege; Medienfonds; Pflichtverletzung; Rendite; Risikoaufklärung; Risikobelehrung; Schadenersatz; Schlusszahlung; Sicherheit; Steuervorteile; Verkaufsprospekt; Vermittlungsprovision; Vertriebspartner; Zeichnungstermin; Zinsforderung

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
07.05.2008
Aktenzeichen
11 O 188/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 55001
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.875,- € nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 17.06.2004 bis zum 12.06.2007 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.06.2007 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übertragung des Anteils in Höhe des Nominalbetrages von 25.000,-€ an der ...

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin - Zug um Zug gegen Übertragung des zu Ziff. 1. genannten Anteils - den Betrag zu zahlen, der der Höhe nach der Schuld des Zedenten ... aus dem Darlehensvertrag mit der ...vom 17.06./26.07.2004, Darlehenskonto ... entspricht, und zwar zahlbar zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt der Schuld, spätestens zum 30.11.2014,

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.738,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 27.07.2007 zu bezahlen, Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

1

Die Klägerin macht - aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes ... (vgl. Abtretungsvereinbarung Anlage K1) - Schadensersatzansprüche wegen Verletzung eines Anlageberatungsvertrages im Hinblick auf eine von dem Zedenten gezeichnete Filmfonds-Beteiligung geltend.

2

Der Zedent, ein beamteter Physiker in Alterteilzeit, beteiligte sich mit Anteilsübernahmeerklärung vom 17.06.2004 an der ... (Anlage K4). Der Beteiligungsbetrag betrug nominal 25.000,-€ zzgl. 5 % Agio, hiervon war jedoch nur ein Betrag von 54,5 % der Beteiligungssumme (13.625,- €) zzgl. des Agio (insgesamt somit 14.875,- €) zu zahlen, den der Zedent unter Verwendung des Formulars „Einmaliger Abbuchungsauftrag“ (Anlage zur Beitrittserklärung) an die Fondsgesellschaft überwies.

3

Zugleich schloss der Zedent über den Restbetrag von 11.375,- € - wie in der Fondskonzeption bindend „als Teil der Finanzierungsstruktur“ vorgesehen - einen Darlehensvertrag mit der ... . Der Vertrag (Anlagen K4 / K5) sieht vor, dass die Zinsen von 7,475 % bis zum Ende der Laufzeit - 30.11.2014 - gestundet werden und an diesem Tag das Darlehen mit den bis dahin aufgelaufenen Zinsen in einem Betrag (insgesamt 19.811,68 €) zurückzuzahlen ist.

4

Die Beklagte ist gemäß einer mit der Fondsgesellschaft und der ... geschlossenen „Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung“ vom 31.03.2004 (Anl. CB5) Vertriebspartner des Fonds.

5

Der Zedent ist langjähriger Kunde der beklagten Bank. Deren Mitarbeiter ... sprach den Zedenten gezielt auf den Fonds VIP 4 an. Nach vorangegangenen Gesprächen am 14.04., 22.04. und 29.04.2004 dankte dieser dem Zedenten mit einem Schreiben vom 02.06.2004 (von der Klägerin ebenfalls als Anlage K5 bezeichnet) unter dem Betreff „Beratungstermin“ für sein Interesse an einem „Beratungsgespräch“ und teilte ihm mit, dass als Gesprächstermin mit seinem Berater ... der 17.06.2004 vorgemerkt sei. An diesem Termin zeichnete der Zedent die Fondsbeteiligung.

6

Der Zedent erhielt von dem Zeugen ... drei einzelne Informationsblätter (Bl. 441 ff. d.A.) sowie den Fondsprospekt, wobei der Zeitpunkt der Prospektübergabe zwischen den Parteien streitig ist. In dem überreichten Flyer wird unter „ Ihre Vorteile auf einen Blick “ die „ hohe Sicherheit durch garantierte Schlusszahlung “ herausgestellt. In dem ebenfalls überreichten „ Factsheet -nur zum internen Gebrauch “ ist unter dem Stichwort „ Sicherheiten “ „ Schlusszahlung i.H. von mindestens 115 % des Kommanditkapitals mittels Schuldübernahme durch die... aufgeführt.

7

Der ... Medienfonds wird auf dem Titelblatt des Prospekts als „Garantiefonds“ bezeichnet. Nach dem in dem Fondsprospekt dargestellten Konzept (S. 11 ff.) beauftragt der Fonds Produktionsdienstleister mit der Herstellung von Filmen; der Fonds schließt für jeden Film einen Lizenzvertrag mit einer Vertriebsgesellschaft (Lizenznehmer) ab. Die ... (zugleich Darlehensgeberin der Anleger) übernimmt im Wege der Schuldübernahme die Verpflichtung der Lizenznehmer zur Erbringung der fest vereinbarten Schlusszahlung in Höhe von mindestens 115 % des anteiligen Kommanditkapitals ohne Agio bezogen auf den Anteil der Produktionskosten am gesamten Kommanditkapital des Fonds, wofür die Bank von dem Lizenznehmer ein Entgelt erhält. Hierzu wird allerdings auf S. 90 des Prospekts ausgeführt: „Der Lizenznehmer wird i.d.R. verpflichtet, die Vertriebs- und Verwertungsverträge für den Vertragsfilm so abzuschließen, dass der Fondsgesellschaft insgesamt fest vereinbarte Schlusszahlungen in Höhe von mindestens 115 % bezogen auf den Anteil der Gesamtkosten des Prospekts am gesamten Kommanditkapital ohne Agio gewährt werden, ...“. Nach der Konzeption sollten die Produktionskosten für die Filme sofort abzugsfähige Betriebsausgaben sein, die zu anfänglichen Buchverlusten mit entsprechenden Abschreibungsmöglichkeiten für die Anleger führen (vgl. S. 15, 70 Prospekt).

8

Die ... erhielt laut Prospekt (S. 91) für die Vermittlung der Anteile eine Vergütung von 4,9 % des platzierten Kommanditkapitals sowie das Agio von 5 %, für die Übernahme der Platzierungsgarantie eine Vergütung von 2 %, sowie für die Vermittlung der Finanzierung eine Gebühr von 2 % der vermittelten Kommanditkapitals.

9

Gegen die Fondsinitiatoren ... und ... ist mit Anklageschrift vom 29.11.2006 (Anlage CB15) Anklage wegen Steuerhinterziehung und Untreue in Bezug auf den streitgegenständlichen Fonds ... und den Fonds ...erhoben worden. Die Vorwürfe gehen im Kern dahin, dass ein Anteil von ca. 80 % der vorgesehenen Produktionskosten von vornherein dazu bestimmt gewesen seien, der Garantiegebenden Bank als Sicherheit zu dienen, nur 20 % seien für die Filmproduktion vorgesehen gewesen. In der Folge sind den Anlegern im Rahmen geänderter Einkommensteuerbescheide die Verlustzuweisungen aberkannt worden, da das für den Fonds zuständige Betriebsstättenfinanzamt die entsprechenden Grundlagenbescheide aufhob.

10

Die Klägerin macht geltend, zwischen dem Zedenten und der beklagten Bank, die mit der persönlichen Beratung ihrer Kunden in allen finanziellen Belangen werbe und entsprechend auftrete, habe ein Beratungsvertrag in Bezug auf die streitgegenständliche Beteiligung bestanden. Die sich aus dem Beratungsvertrag ergebenden Pflichten habe die Beklagte verletzt.

11

Die Klägerin trägt hierzu vor, der Kundenberater der Beklagten haben den Fonds VIP 4 empfohlen, da er in einer bisher noch nie erreichten Kombination hohe Steuervorteile beinhalte, andererseits durch die Garantie der ... dem bekannten Sicherheitsbedürfnis des Zedenten habe genügen sollen. Er habe besonders die Garantie betont, die den Fonds gegenüber allen anderen bevorzugenswert mache. Durch die Garantie sei - so der Berater - das Risiko der Anleger hinsichtlich der von ihnen selbst erbrachten Einsätze und des fremdfinanzierten Anteils beschränkt auf das Ausbleiben der Insolvenz der ... . Dem Zedenten sei zugesichert worden, er sei unmittelbar Nutznießer der Garantie, sodass auch das Risiko des Niedergangs der Fondsgesellschaft abgesichert sei.

12

Der Mitarbeiter der Beklagten habe die Beteiligungen als wertvolle Bausteine der Vermögensbildung des Zedenten und außerordentlich wichtige Bestandteile zur Sicherung der Altersvorsorge bewertet, da sie durch den Steueraspekt Kapital bilden und die Garantie zugleich maximale Verlässlichkeit erzeuge.

13

Zum Ablauf der Beratungsgespräche trägt die Klägerin weiter vor, der Berater ... habe dem Zedenten im April 2004 geheimnisvoll eine absolut risikofreie Anlage für gute Kunden in Aussicht gestellt. Am 14.04.2004 habe der Berater im Rahmen eines in den Geschäftsräumen der Beklagten geführten Beratungsgesprächs handschriftlich die Berechnung des Investitionsverlaufs am Beispiel einer Zeichnung vom 25.000,- € erläutert. Das Beratungsgespräch sei am 22.04.2004 fortgesetzt worden. Auf die Frage des Zedenten nach seinem persönlichen Risiko habe der Zeuge ... geantwortet, es bestehe absolut kein Risiko, alles sei vollkommen abgesichert. Bei einem weiteren Beratungsgespräch am 29.04.2004 habe der Zedent eine persönliche Erfolgsprognose erhalten, die steuerliche Absetzbarkeit sei erneut als Selbstverständlichkeit hingestellt worden. Anschließend sei der Zedent dann telefonisch zur Entscheidungsfindung aufgefordert worden, da nur noch wenige Anteile offen seien und die Zeit dränge. In dem daraufhin am 17.06.2004 stattfindenden Beratungsgespräch habe der Berater ... noch einmal bestätigt, dass absolut kein Risiko gegeben sei, das ganze eingesetzte Kapital einschließlich der Darlehensaufnahme durch die Garantie der ... absolut gesichert sei und der Gewinn des Fonds und auf jeden Fall die steuerliche Abschreibung hinzukomme. Eine Kopie des Prospekts sei dem Zedenten erst in diesem Termin, bei der Unterzeichnung des Beteiligungsantrags, gegeben worden, da - so der Berater - alle Exemplare vergriffen gewesen seien.

14

Der Zedent sei kein erfahrener Anleger in Bezug auf die streitgegenständliche Anlageform gewesen. Er habe keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über die wirtschaftlichen Zusammenhänge gehabt. Der Zedent habe besonderen Wert auf eine seiner konkreten Situation gerecht werdende Empfehlung des Beraters gelegt, was diesem auch bewusst gewesen sei. Der Zedent erinnere sich nicht an die Erteilung einer Selbstauskunft; eine solche habe sich jedenfalls nicht auf den streitgegenständlichen Fonds bezogen.

15

Die Beklagte habe ihre Pflichten in mehrfacher Hinsicht verletzt, indem sie den Fonds, bei dem es sich tatsächlich um eine spekulative, für den Zedenten nicht anlegergerechte Investition gehandelt habe, als garantierte Anlage dargestellt und auch nicht darauf hingewiesen habe, dass die behauptete Garantie nicht gegeben sei, sondern es sich um eine bloße Schuldübernahme zu Gunsten der Fondsgesellschaft handele. Die Beklagte hätte darauf hinweisen müssen, dass die steuerliche Konzeption

16

- aufgrund ihrer Abweichungen von anderen Filmfonds, nämlich der von der Beklagten bewusst als Beratungsargument in den Vordergrund gestellten Garantien - vor einem rechtlich nicht gesicherten Hintergrund erfolgt sei. Die Beklagte habe auch nicht auf die Unveräußerlichkeit solcher Beteiligungen hingewiesen, obwohl angesichts der Lebenssituation des Zedenten die Notwendigkeit einer vorzeitigen Abstandnahme von diesen Anlagen nicht habe ausgeschlossen werden können.

17

Die Beklagte habe den Fonds auch nicht selbst überprüft. Hätte sie die Fondskonstruktion hinterfragt, wäre sie zu den eine andere Bewertung aufdrängenden Erkenntnissen gekommen. Der Beklagten hätte sich aufdrängen müssen, dass die erforderlichen Sicherheiten für die Garantiegeberin letztendlich aus den Zahlungen der Anleger erbracht werden müssten, sodass die Angaben zur Mittelverwendung unzutreffend sind. Darüber hinaus sei die Beklagte durch die Fachpresse bereits in der Frühphase der Befassung mit dem Fonds auf die vermutliche Steuerschädlichkeit der Hinterlegung von 80 % der Beteiligungsbeiträge der Anleger aufmerksam gemacht worden, wie auf die Ungereimtheiten bei angeblichen Lizenznehmern, bei denen Zweifel bestanden hätten, ob es sich überhaupt um werbende Unternehmen handele.

18

Die Beklagte habe verdeckte Rückvergütungen von Seiten des Fonds erhalten und den Zedenten hierüber nicht aufgeklärt; nach der Rechtsprechung des BGH (insbes. Urteile vom 19.12.2000 - XI ZR 349/99 - und vom 19.12.2006 - XI ZR 56/05 - ) bestehe insoweit eine Aufklärungspflicht der Bank aufgrund ihres vorhandenen Interessenkonflikts. Bei objektiver Betrachtung hätten Medienfonds aus Sicht der Anleger - von Ausnahmefällen, wie einer Verlagerung der Steuerbelastung in weniger davon tangierte Lebensabschnitte abgesehen - keine Daseinsberechtigung. Für die Vertriebspartner seien sie allerdings aufgrund der hohen zu verdienenden Provisionen besonders attraktiv.

19

Die Klägerin verlangt - neben der Erstattung der geleisteten Einlage nebst Agio - unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Einzahlung der Einlage, da der Zedent den Einsatz und das Agio ansonsten anderweitig mit einem Ertrag von wenigstens 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz angelegt hätte. Außerdem ergebe sich der Zinsanspruch aus §§ 849, 288 Abs. 1 S. 1 BGB.

20

Der Feststellungsantrag zu 2. beziehe sich auf die von dem Zedenten eingegangene Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens der .... Da die Beklagte der Aufforderung zur Freistellung des Zedenten nicht in der unter Ablehnungsandrohung gesetzten Frist bis zum 12.06.2007 (Anlage K6) nachgekommen sei, sei der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch übergegangen.

21

Mit dem Klagantrag zu 3. verlangt die Klägerin die Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten des Zedenten in Höhe von 2.295,51 € (vgl. Anspruchsschreiben und Gebührenrechnung, Anlagen K6 f.) sowie der für die nachträgliche Einforderung der Einkommensteuer 2004 von dem Zedenten aufzubringenden Zinsen in Höhe von 542,- €.

22

Die Klägerin beantragt,

23

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.875,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 17.06.2004 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übertragung des Anteils in Höhe des Nominalbetrages von 25.000,-€ an der ...

24

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger mit gleicher Fälligkeit den Betrag zu zahlen, der der Höhe nach der Schuld des Zedenten ... hinsichtlich der im Antrag zu Ziff. 1 bezeichneten Beteiligung ... aus dem Darlehensvertrag mit der ..., spätestens zum 30.11.2014 entspricht,

25

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 2.837,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen,

26

hilfsweise,

27

4. die Beklagte zu verurteilen, Rechnung zu legen über die ihr im Hinblick auf den Klageantrag zugeflossenen Gelder und geldwerten Vorteile,

28

5. die Beklagte zu verurteilen, den sich nach Rechnungslegung ergebenden Geldbetrag an den Kläger zu bezahlen.

29

Die Beklagte beantragt,

30

die Klage abzuweisen.

31

Die Beklagte bestreitet, dass sie Kenntnis von einer prospektwidrigen Mittelverwendung gehabt habe bzw. hätte haben müssen. Vielmehr sei das Fondskapital in der prospektierten Höhe in die Filmproduktion geflossen. Den Fondsprospekten zufolge sei eine Verwendung von Fondsmitteln zur Finanzierung der Barunterlegung der Schuldübernahme ausgeschlossen.

32

Sie habe den Fonds auf Plausibilität geprüft, ihr habe ein Prospektgutachten von ...(Anlage CB8) vorgelegen, wonach der Prospekt die Anforderungen erfülle. Außerdem sei ihr ein Steuergutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgelegt worden, in dem die steuerliche Anerkennungsfähigkeit des ... bescheinigt worden sei (Anlage CB 7). Darüber hinaus habe das Finanzamt ... mit einem ihr vorgelegten Bescheid die Vergleichbarkeit des ... mit den bisherigen VIP-Fonds sowie die Anerkennungsfähigkeit von Verlusten bestätigt.

33

Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei lediglich Anlagevermittler und nicht Anlageberater der Klägerseite gewesen, da sie von dieser für die Vermittlung des Fonds keine Vergütung bekommen habe.

34

Der Zedent sei ein äußerst erfahrener Kapitalanleger, der in einer Selbstauskunft die zweithöchste Kenntnisstufe angegeben habe. Im Jahre 2004 habe er gezielt nach steueroptimierten Kapitalanlagen gesucht, woraufhin ihm der Kundenbetreuer ... den ... vorgestellt habe. Die Chancen und Risiken seien in mindestens zwei Gesprächen ausführlich erläutert worden. Die Erläuterung sei auf der Basis des Verkaufsprospekts erfolgt. Der - ordnungsgemäße - Prospekt sei dem Zedenten vor dem Anteilserwerb bei den Vermittlungsgesprächen ausgehändigt worden.

35

Das Gericht hat Beweis erhoben nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 02.04.2008 durch Vernehmung der Zeugen ... und .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 02.04.2008 (Bl. 444 ff. d.A.) genommen.

36

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze, insbesondere die o.g. Anlagen, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

37

Die Klage ist zulässig und im Wesentlichen - in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - begründet.

I.

38

Die Klägerin hat - aus abgetretenem Recht des Zedenten - einen Schadensersatzanspruch, weil die Beklagte die ihr obliegenden Verpflichtungen aus dem mit dem Zedenten geschlossenen Beratungsvertrag verletzt hat und dies ursächlich für die gezeichnete Fondsbeteiligung war.

39

1. Zwischen der Beklagten und dem Zedenten ist stillschweigend ein Beratungsvertrag in Bezug auf die streitgegenständliche Fondsbeteiligung zustande gekommen.

40

Nimmt ein Anlageinteressent bei einer konkreten Anlageentscheidung die Hilfe eines Kreditinstituts in Anspruch und lässt sich dieses auf eine Beratung ein, kommt auch ohne eine entsprechende Abrede und ohne Vereinbarung eines Entgelts ein Beratungsvertrag zustande (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 280 Rn. 47). Ausweislich der vorliegenden Unterlagen ist der Zeuge ... gegenüber dem Zedenten ausdrücklich als „Kundenberater“ aufgetreten und hat zum „Beratungsgespräch“ geladen (vgl. Anl. K5). Der Kunde einer Geschäftsbank, wie es die Beklagte ist, geht auch davon aus, dass sein Berater ihm aus der Angebotspalette der Bank die Kapitalanlage anrät, die für ihn besonders geeignet ist. Von einer derartigen Beratung ist auch nach der Aussage des Zeugen ... auszugehen, der von einer Beratung im Rahmen einer regelmäßigen Beratungssequenz gesprochen hat, bei der das Depot des Zedenten und dessen Zusammensetzung besprochen worden sei. Er habe die Renditeentwicklung beobachtet; es sei auch darum gegangen, ob die vorhandenen Anlagen noch auf die persönliche Situation des Zedenten zugeschnitten seien.

41

Dass der Zedent kein Beratungshonorar an die Beklagte gezahlt hat, sondern die Beklagte die Beratung im Rahmen der Kundenpflege - und zum Erhalt der Vermittlungsprovisionen von Seiten der Fondsgesellschaft - durchgeführt hat, steht dem Abschluss eines Beratungsvertrages nicht entgegen. Die Vereinbarung eines Honorars ist lediglich ein Indiz für den Abschluss eines Beratungsvertrages, eine fehlende Honorarvereinbarung steht einem Beratungsvertrag aber nicht entgegen. Es entspricht vielmehr - gerichtsbekannt - dem Geschäftsmodell einer Vielzahl von Banken und Finanzdienstleistern, den Kunden Beratungsleistungen im Bereich der Kapitalanlage anzubieten, ohne von ihnen direkte Beratungshonorare zu verlangen.

42

2. Die Beklagte hat ihre vertraglichen Pflichten durch eine unzureichende und irreführende Darstellung der mit der Fondsbeteiligung verbundenen Risiken verletzt.

43

a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die neue Rechtsprechung des BGH zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen (Urteil v. 19.12.2006, XI ZR 56/05) - wovon die Kammer nach wie vor nicht ausgeht - auch auf solche Kapitalanlagen wie den vorliegenden Fonds ... zu übertragen ist, die nicht unter das WpHG fallen. Die im Übrigen von der Klägerin hierzu zitierte BGH-Rechtsprechung betrifft von vornherein nicht den vorliegenden Sachverhalt. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Beklagte ihrer Prüfungspflicht hinreichend nachgekommen ist oder die von dem OLG München (Urteil vom 18.12.2007, 5 U 3700/07) diesbezüglich geäußerten Bedenken durchgreifen.

44

b) Denn aufgrund des Sachverhalts, der im Hinblick auf die zu den Beratungsgesprächen durchgeführte Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststeht, ist davon auszugehen, dass die Beklagte ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag in erheblicher Weise verletzt hat.

45

(aa) Auszugehen ist zunächst davon, dass der Fondsprospekt im Rahmen der Beratungsgespräche keine Verwendung gefunden hat, sondern dafür lediglich die drei von dem Zeugen ... vorgelegten Zettel (Bl. 441 ff. d.A.) als schriftliche Unterlagen genutzt wurden. Dies haben die beiden Zeugen übereinstimmend und glaubhaft bekundet. Es ist auch davon auszugehen, dass der Prospekt dem Zedenten nicht rechtzeitig vor der Zeichnung, sondern erst am Zeichnungstermin übergeben worden ist. Entgegenstehendes hat auch die Beklagte nicht mit Substanz behauptet. Zudem verhielt es sich auch nach der Aussage des Zeugen ... so, dass es pro Filiale nur einen Prospekt gab und den Kunden gesagt wurde, dass sie den Prospekt mit der Unterzeichnung des Fonds erhalten würden. Man sei jedoch auch bereit gewesen, den Prospekt zu kopieren, wenn die Kunden danach verlangt hätten. Nach seiner Erinnerung hätten dem Zedenten die vorgelegten Unterlagen ausgereicht. Auch der Zeuge ... hat bekundet, er habe die Prospektkopie erst in dem Zeichnungstermin mit dem Bemerken des Beraters erhalten, dass da etwas über die Filme, die Rendite und das, was er ihm erzählt habe, drinstehe. Es ist somit davon auszugehen, dass die Vorstellung des Fonds nicht mit Hilfe des Prospekts, sondern mündlich unter Verwendung der drei vorliegenden Papiere (Bl. 441 ff. d.A.) erfolgte.

46

(bb) Weiter ist zu berücksichtigen, dass dem sog. „Garantiefonds“ ein sehr komplexes Konzept zugrunde liegt, das auch ein allgemein erfahrenerer Anleger, insbesondere hinsichtlich der Bedeutung der besonders herausgestellten „Garantie“, selbst bei konzentrierter Lektüre des gesamten, über 100-seitigen Prospekts, nur schwer zu überschauen vermag und das sich im Rahmen einer mündlichen Beratung nur schwerlich vermitteln lassen dürfte. Hinsichtlich der Garantie von 115 % ist zu berücksichtigen, dass sie sich nur auf die Produktionskosten (prospektiert 87,2 %, S. 63) bezog, sodass sich bei einer Beteiligung von 25.000,- € allenfalls ein Betrag von 25.070,- € ergäbe. Da der Anleger seine Ansprüche aus der Beteiligung zur Sicherheit an die Bank abtreten musste und die gestundeten Zinsen einen erheblichen Anteil an der Beteiligungssumme ausmachen, bedeutet die Garantie im Ergebnis keineswegs eine volle Absicherung des angelegten Kapitals. Vielmehr verbleibt von der Garantie nach Abzug des auf die Darlehensverbindlichkeiten entfallenden Betrages lediglich eine Quote von ca. 35 % des von dem Anleger insgesamt eingesetzten Kapitals, ohne dass mögliche weitere mit der „Garantie“ verbundene Risiken, wie der Umstand, dass die Schuldübernahme keinen Anspruch des Anlegers begründete, sondern nur zu Gunsten der Fondsgesellschaft bestand, berücksichtigt sind.

47

(cc) Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist weiter davon auszugehen, dass der Kundenberater der Beklagten nicht hinreichend über die vorhandenen Risiken aufgeklärt hat, sondern diese unter irreführenden und unzutreffenden Hinweisen auf die vorhandene Bankgarantie in unzulässiger Weise verharmlost hat.

48

Bereits der vorgelegte Flyer (Bl. 442 d.A.) preist als Vorteil des Fonds im Zusammenhang mit der Frage „Möchten Sie Ihr Geld sicher angelegt wissen?“ die „hohe Sicherheit durch garantierte Schlusszahlung“ an. Der hierdurch erweckte Eindruck, es bestehe eine hohe Sicherheit für das angelegte Kapital, ist im Hinblick auf die tatsächlich allenfalls erreichte Sicherungsquote - wie dargetan - vollkommen unzutreffend. Aus der Aussage des Zeugen ... hat sich auch nicht ergeben, dass er in den Beratungsgesprächen diesen unzutreffenden Eindruck korrigiert oder auch nur relativiert hat. Vielmehr hatte die Kammer den Eindruck, dass dem Zeugen ... , der es auch nicht für erforderlich hielt, dass die Kunden den Fondsprospekt rechtzeitig vor der Zeichnung erhalten, die tatsächlichen Risiken selbst nicht bewusst waren und er sich im Wesentlichen auf die wenigen Informationen stützte, die sich aus den vorgelegten drei Blättern ergeben. Der Zeuge konnte sich hinsichtlich der Garantie lediglich daran erinnern, dass er hierzu erklärt habe, die ... garantiere gegenüber der Fondsgesellschaft einzuspringen, wenn etwa keine Filme produziert werden könnten, und er verdeutlicht habe, dass mit einer Insolvenz der Bank nicht zu rechnen sei.

49

Darüber hinaus hat der Zeuge ... bekundet, der Zeuge ... habe ihm mehrfach erklärt, es bestehe kein Risiko für das eingesetzte Kapital, schließlich handele es sich um einen Garantiefonds, das Risiko beschränke sich darauf, dass die beiden beteiligten Banken pleite gingen, was er - der Zeuge ...- wohl selbst nicht glaube. Zwar könnten Rendite und Steuervorteile ein bisschen anders ausfallen; um sein Geld müsse er sich aber keine Sorgen machen, sein eingesetztes Kapital werde sicher zurückgezahlt, die 115 % der Schlusszahlung würden an ihn gehen. Diese Aussage des Zeugen ... ist glaubhaft, und zwar auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass er als Zedent und Ehemann der Klägerin ein besonderes Interesse am Ausgang des Rechtsstreit hat. Der Zeuge hat ruhig, sachlich und zurückhaltend die Beratungsgespräche geschildert; es haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, an der Richtigkeit seiner Aussage zu zweifeln.

50

Da bereits die Risikobelehrung unzureichend war, kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte dem Zedenten überhaupt eine Beteiligung an einem derartigen Filmfonds anraten durfte oder hiervon im Rahmen der Bewertung, die sie nach dem Beratungsvertrag schuldete, unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse und Vorstellungen von vornherein hätte abraten müssen.

51

Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass auch bei Annahme einer bloßen Anlagevermittlung von einer Pflichtverletzung der Beklagten auszugehen wäre, da die Beklagte auch in diesem Fall - im Rahmen des stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrages - eine richtige und vollständige Aufklärung über alle für die Anlage wichtigen Umstände schuldete (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 280 Rn. 52).

52

3. Da die Fondsbeteiligung ausdrücklich unter Hinweis auf die vermeintliche Sicherheit angeboten wurde, ist davon auszugehen, dass der Zedent die Anlage nicht gezeichnet hätte, wenn er um die tatsächlichen Risiken für das eingesetzte Kapital gewusst hätte. Die insoweit bestehende tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.

53

Der Zedent konnte daher - bis zur Abtretung seiner Ansprüche - im Wege des Schadensersatzes gemäß § 280 Abs. 1 BGB verlangen, so gestellt zu werden, als habe er die Fondsbeteiligung mit dem damit verbunden Darlehen nicht gezeichnet.

54

Die Klägerin kann somit - aus abgetretenem Recht - die Erstattung der gezahlten Bareinlage inkl. Agio beanspruchen.

55

Zinsen auf die Einlage kann die Klägerin nur in Höhe von 4 % verlangen. Insoweit kann gemäß § 287 ZPO davon ausgegangen werden, dass der Zedent das eingezahlte Kapital zu diesem Zinssatz anderweitig - entsprechend längerfristig - angelegt hätte, wenn die Beklagte ihn nicht pflichtwidrig beraten hätte. Dass dem Zedenten ein höherer Zinsschaden entstanden ist, ist nicht mit Substanz dargetan. Die Klägerin hat nichts dazu vorgetragen, welche Anlage er eingegangen wäre, mit der er zugleich die gewünschte Sicherheit des Kapitals und die verlangten Zinsen erreicht hätte.

56

Die 4 % übersteigende Zinsforderung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer deliktischen Haftung (§ 849 BGB) begründet. Ungeachtet der Frage, ob - wovon nicht auszugehen sein dürfte - eine deliktische Haftung der Beklagten in Betracht kommt, ist die nach § 849 BGB zu zahlende Verzinsung auf den gesetzlichen Zinssatz des § 246 BGB, der ebenfalls nur 4 % beträgt, beschränkt (Palandt, BGB, § 65. Aufl. 2006, § 849 Rn. 1).

57

Für die Zeit ab Eintritt des Zahlungsverzugs - nach Ablauf der in dem anwaltlichen Forderungsschreiben gesetzten Frist (12.06.2007) - ist die Ersatzsumme allerdings mit dem höheren Verzugszinssatz des § 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen.

58

5. Der Feststellungsantrag zu 2. ist zulässig, insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, weil die Beklagte Schadensersatzansprüche in Bezug auf die streitgegenständliche Fondsbeteiligung insgesamt in Abrede nimmt.

59

Der Antrag ist auch begründet. Ursprünglich bestand im Rahmen des von der Beklagten geschuldeten Schadensersatzes ein Anspruch des Zedenten auf Freistellung von der aufgrund der pflichtwidrigen Beratung der Beklagten eingegangenen Darlehensverbindlichkeit. Dieser ist aufgrund der erfolglosen Fristsetzung des Zedenten gemäß § 250 BGB in einen - somit abtretbaren - Zahlungsanspruch übergegangen (vgl. Palandt, BGB, 65. Aufl. 2006, Vorb v. § 249 Rn. 46). Der Antrag berücksichtigt zutreffend, dass die Zahlungsverpflichtung der Beklagten erst dann fällig wird, wenn auch die von dem Zedenten eingegangene Darlehensverbindlichkeit zur Zahlung fällig geworden ist. Allerdings war die Zug-um-Zug-Einschränkung des Klagantrages zu 1. auch in die hier festzustellende Zahlungspflicht der Beklagten aufzunehmen.

60

Der Klagantrag zu 3. ist zulässig und überwiegend - in Höhe von 1.738,43 € - begründet.

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a) Die Klägerin hat unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes auch einen Anspruch auf Erstattung entstandener außergerichtlicher Anwaltskosten. Allerdings rechtfertigt das vorgelegte Forderungsschreiben keine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3, sodass sich insoweit ein Erstattungsanspruch von 1.196,43 € ergibt. Es handelt sich ersichtlich um ein Standardschreiben des auf den streitgegenständlichen Fonds spezialisierten Prozessbevollmächtigten der Klägerin, das lediglich auf allgemeine Aspekte eingeht, ohne den individuellen Sachverhalt, insbesondere die Situation und die Vorkenntnisse des Zedenten und konkreten Beratungsgespräche, zu betrachten. Die anwaltliche Tätigkeit kann daher nicht als besonders umfangreich oder schwierig

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i. S. von Nr. 2300 VV RVG angesehen werden.

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b) Darüber hinaus hat die Klägerin auch Anspruch auf Erstattung der von dem Zedenten für die nachträgliche Steuerzahlung aufgebrachten Zinsen in Höhe von 542,- €.

II.

64

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.