Sozialgericht Lüneburg
v. 16.11.2006, Az.: S 24 AS 422/06

Bibliographie

Gericht
SG Lüneburg
Datum
16.11.2006
Aktenzeichen
S 24 AS 422/06
Entscheidungsform
Gerichtsbescheid
Referenz
WKRS 2006, 44087
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGLUENE:2006:1116.S24AS422.06.0A

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Kürzung seiner Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II).

2

Der Kläger bezieht seit dem 01.05.2005 Leistungen nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 22.12.2005 forderte ihn die Beklagte auf, sich beim D. (E.) zur Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit vorzustellen. Diesem Schreiben war eine Rechtsfolgenbelehrung darüber beigefügt, dass eine Leistungskürzung eintreten könne, wenn der Kläger sich weigern würde, eine ihm zumutbare Arbeit aufzunehmen. Es wurde insbesondere auf § 31 SGB II verwiesen.

3

Am 30.12.2005 wurde der Kläger beim E. vorstellig. Laut Aussage des zuständigen Mitarbeiters des E. hatte er in der Innentasche seiner Jacke eine Bierflasche verstaut und eine deutlich wahrnehmbare Alkohol-"Fahne". In dem Vorstellungsgespräch gab der Kläger ungefragt an, vor dem Gespräch Alkohol getrunken zu haben. Beim Erscheinen stützte sich der Kläger auf einen Gehstock. Im Alltag benötigt der Kläger keinen Gehstock. Aufgrund seines Auftretens wurde der Kläger nicht vom E. eingestellt.

4

Mit Bescheid vom 24.01.2006 wurden daraufhin die Leistungen des Klägers für den Zeitraum März bis einschließlich Mai 2006 um 30 % gekürzt.

5

In einem hiergegen erhobenen Widerspruch vom 31.01.2006 gab der Kläger erneut an, vor dem Vorstellungsgespräch Alkohol konsumiert zu haben.

6

Am 13.03.2006 wurde der Bescheid vom 24.01.2006 aus formalen Gründen aufgehoben.

7

Ebenfalls mit Bescheid vom 13.03.2006 wurden die Leistungen des Klägers für den Zeitraum 01.04.2006 bis 30.06.2006 um 30 % der Regelleistung gekürzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger sich geweigert habe, eine ihm zumutbare Arbeit auszuführen. Die Regelleistung sei deshalb nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 d SGB II zu kürzen gewesen.

8

Hiergegen erhob der Kläger am 21.03.2006 Widerspruch. Zur Begründung gab er an, dass er sehr gern beim E. gearbeitet hätte. Man hätte ihn aber einfach nicht genommen. Die monatliche Kürzung sei für ihn ein herber finanzieller Einschnitt. Er könne seine Kosten mit dem verbleibenden Geld kaum decken.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2006 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Verwiesen wurde auf § 31 Abs. 1 Nr. 1 c SGB II, wonach das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt wird, wenn sich der Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit aufzunehmen oder fortzuführen. Nach dem ganzen Auftreten des Klägers, wäre offensichtlich gewesen, dass kein Arbeitgeber ihn so einstellen würde. Da der Kläger offenbar absichtlich so aufgetreten sei, und sich auch noch auf einen Stock gestützt habe, habe er dieses Verhalten und die Ablehnung des möglichen Arbeitgebers bewusst herbeigeführt.

10

Hiergegen richtet sich die am 11.04.2006 erhobene Klage. Zur Begründung wird ausgeführt, dass das Verhalten des Klägers nicht als Weigerung, eine Arbeitsgelegenheit aufzunehmen, angesehen werden könne. Der Kläger habe nur ein Bier getrunken. Dieses Verhalten reiche als Grundlage für die verhängte Sanktion nicht aus.

11

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 27.03.2006 aufzuheben.

12

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Sie verweist auf die Begründung des Widerspruchbescheids.

14

Die Kammer hat im vorbereitenden Verfahren die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe

16

Das Gericht konnte im vorliegenden Fall ohne mündliche Verhandlung gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten ordnungsgemäß unter Angabe der entsprechenden Begründung gehört wurden.

17

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Kürzung der Leistungen des Klägers ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c SGB II wird das Arbeitslosengeld unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit aufzunehmen. Dabei kann eine solche Weigerung auch durch konkludentes Verhalten zum Ausdruck gebracht werden (Rixen in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 31 Rz. 14, 18). Das Verhalten des Klägers, mit einem Krückstock, einer Bierflasche in der Jackentasche und einer Alkoholfahne zum Vorstellungsgespräch zu erscheinen, hat den Arbeitgeber nach dessen Aussagen dazu bewogen, von einer Beschäftigung abzusehen. Diese Reaktion des Arbeitgebers entspricht der Handhabung und Sitte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Sie war damit für den Kläger voraussehbar und offenbar auch gewollt.

18

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.