Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.01.2007, Az.: 1 ME 177/06
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 25.01.2007
- Aktenzeichen
- 1 ME 177/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 63289
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2007:0125.1ME177.06.0A
Fundstellen
- BauR 2007, 1394-1399 (Volltext mit amtl. LS)
- DVBl 2007, 453 (amtl. Leitsatz)
- FStNds 2007, 253-257
- FStNds 2007, 220-224
- FStNds 2007, 248-253
- NVwZ 2007, 608 (amtl. Leitsatz)
- NZBau 2007, 368 (Kurzinformation)
- NordÖR 2007, 225 (amtl. Leitsatz)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Der Senat hält an seiner Praxis fest, einstweiligen Dritt-Rechtsschutz erst dann zu gewähren, wenn derzeit Überwiegendes für die Annahme spricht, die angegriffene Baugenehmigung verletze Drittrechte des Antragstellers. Davon zu trennen ist die Ermittlungstiefe, mit der dabei der Sachverhalt aufzuklären ist.
- 2.
Zur Berücksichtigung des Lärms, den der An- und Abfahrtsverkehr eines Einkaufszentrums (Besucher und Lieferantenfahrzeuge) sowie die Verladetätigkeiten verursachen.
- 3.
§ 7 Abs. 4 Satz 1 NBauO greift auch dann zugunsten des Bauvorhabens ein, wenn es "in" einem anderen der drei dort genannten Baugebiete liegt als das Grundstück des sich wehrenden Nachbarn. Eine Anwendung dieser Vorschrift ist erst dann ausgeschlossen, wenn das angrenzende Grundstück des Nachbarn nicht "in" einem der drei dort aufgeführten Gebiete liegt.
- 4.
Zur Anwendung von § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO bedarf es keines gesonderten Bescheides.
Gründe
Die Antragstellerin wendet sich unter anderem wegen fehlender Bestimmtheit, Nichteinhaltung des vollen Grenzabstandes sowie wegen der befürchteten Lärmimmissionen gegen die Vollziehung eines Bauscheins nebst Nachtragsbaugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Einkaufszentrums "Stadtgalerie Hameln". In ihrem Sondereigentum steht eine Gewerbefläche im Erdgeschoss des Gebäudes Zehnthof 2 in Hameln. Außerdem gehört ihr entsprechend ihrem Eigentumsanteil das Gemeinschaftseigentum an diesem dem WEG-Regime unterliegenden Gebäude. Das Grundstück liegt an der Ostseite der Straße Zehnthof im Geltungsbereich des Bebauungsplanes der Antragsgegnerin Nr. 404 B, der Kerngebiet als Nutzungsart festsetzt. Nördlich des Grundstücks geht die Thietorstraße, südlich davon die Gerichtsstraße vom Zehnthof nach Osten ab. Dieser Bereich liegt im Nahbereich der westlich davon fließenden Weser südlich des sie überquerenden Thiewalls und westlich der Alt-/Innenstadt von Hameln.
Bislang ist die Straße Am Gericht ca. 9, 30 m breit. An ihrer Südseite begann das Gebäude eines real-Marktes. Im Dezember 2004 wurde der Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 727 - "Stadtgalerie Hameln/ Zentrale Omnibushaltestelle (ZOH)" - rechtsverbindlich, welchen unter anderem die Antragstellerin zum Aktenzeichen 1 KN 257/05 mit der Normenkontrolle angreift. Über diesen Antrag ist ebenso wenig entschieden wie über den Normenkontrollantrag eines weiteren Eigentümers dieser Anlage, der den Plan zum Aktenzeichen 1 KN 45/05 mit der Normenkontrolle angreift. Dessen gegen den Bauschein der Antragsgegnerin vom 14.12.2004 gerichteter Eilantrag hatte keinen Erfolg (Beschwerdeentscheidung des Senats vom 15.11.2005 - 1 ME 153/05 -, NST-N 2005, 285).
Das mit dem Bebauungsplan vorbereitete, mit Bauschein vom 14. Dezember 2004 genehmigte und mit Nachtragsbaugenehmigung vom 26. Mai 2005 modifizierte Vorhaben umfasst eine Grundfläche von rund 1,3 ha. Unter Einbeziehung des denkmalgeschützten früheren Gebäudes der Kreisverwaltung am Pferdemarkt im Osten soll ein Baukörper entstehen, der etwa im Westen bis zur westlich davon fließenden Weser reicht. Er soll umgeben sein von der nach dem Bebauungsplan Nr. 727 von zwei auf drei Fahrspuren zu erweiternden Straße Am Gericht im Norden, der Straße Zehnthof im Westen sowie von der Zentralen Omnibushaltestelle - ZOH - (An der Pfortmühle) im Süden. Der Baukörper schrumpft etwa in der Mitte auf die Hälfte und setzt sich so verschlankt bis zum alten Kreisverwaltungsgebäude am Pferdemarkt fort. Nach den genehmigten Bauzeichnungen soll im sog. Basement sowie dem Erd- und ersten Obergeschoss des bis zu viergeschossigen Gebäudes eine westöstlich verlaufende Passage angelegt werden, an der die kleineren der insgesamt rund 90 Läden aufgereiht sein sollen. Die größeren sollen im Westteil des Gebäudes Platz finden und um einen ovalen Kern mit Rolltreppen angelegt werden. Im zweiten und dritten Obergeschoss sollen die gut 500 Einstellplätze untergebracht werden. Die Einfahrt zum Parkhaus liegt südwestlich leicht versetzt gegenüber dem Gebäudes der Antragstellerin. Die im Nordwestbereich des Gebäudes angeordnete Auffahrtsspirale soll verglast sein. Die Ausfahrt des Parkhauses ist an der Ecke Am Gericht/Stubenstraße mit nördlicher Richtung vorgesehen. Die Anlieferungszone mit Platz für zwei sehr lange und zwei etwas kürzere Lastkraftwagen schließt sich östlich an die Auffahrtsschnecke an und ist mit zwei Rolltoren versehen. Der Entsorgungsbereich ist an der Nordostwange des Gebäudes, d.h. im Anschluss an die Stubenstraße angeordnet und ebenfalls mit Rolltoren versehen. Östlich an die Auffahrtsspindel anschließend tritt vor die Gebäudefront vom ersten bis zum dritten Obergeschoss ein Bauteil, der in etwa die Form eines Tropfens und zum Ziel hat, die Fassade optisch zu gliedern. Dieser ist rund 6 m breit und 4, 50 m tief.
Den am 16. November 2005 von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag,
die aufschiebende Wirkung ihrer zum Aktenzeichen 12 A 2491/05 erhobenen Klage gegen die der Beigeladenen unter dem 14. Dezember 2004 und 26. Mai 2005 von der Antragsgegnerin erteilten Baugenehmigung in der Gestaltet ihrer Widerspruchsbescheide vom 11. März 2005 und vom 10. Januar 2006 anzuordnen,
hat das Verwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss abgelehnt. Zur Begründung hat es unter Hinweis auf seine Eilentscheidung vom 14. Juli 2005 in der Sache 12 B 826/05 (das dazu zum Aktenzeichen 1 ME 159/05 geführte Beschwerdeverfahren war durch Rücknahme beendet worden) sowie den Senatsbeschluss vom 15. November 2005 (- 1 ME 153/05 -, NST-N 2005, 285) ausgeführt: Nach dem Ergebnis der von der Ingenieurgemeinschaft E. /F. /G. erstatteten Gutachten werde das Sondereigentum der Antragstellerin durch das angegriffene Vorhaben keinem unzumutbar starken Lärm ausgesetzt. Diese Begutachtungen seien nicht zu beanstanden und erfassten in zutreffender Weise alle Lärmquellen. Der Zu- und Abfahrtsverkehr sei nicht auf der Grundlage der TA Lärm 1998, namentlich ihrer Nr. 7.4 zu erfassen, sondern wegen der Veränderung der umliegenden Straßen nur auf der Grundlage der 16. BImSchV. Die Grenzabstandsbestimmungen würden im Wesentlichen eingehalten. Soweit dies im Hinblick auf die tropfenförmige Ausbuchtung im Bereich der Auffahrtsspindel nicht der Fall sei, habe die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO eine Ausnahme zugelassen. Die dabei anzustellenden Ermessenserwägungen habe sie rechtsfehlerfrei ergänzt.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde der Antragstellerin, welcher die übrigen Verfahrensbeteiligten entgegen treten.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die in der Beschwerdebegründungsschrift vom 26. Juli 2005 beschränkte Prüfung rechtfertigt weder eine Änderung der angegriffenen Entscheidung noch eine Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht. Zu den Beschwerdeangriffen sind die folgenden Ausführungen veranlasst:
Die zahlreichen Angriffe, welche die Antragstellerin insbesondere gegen die als schleppend eingeschätzte Bearbeitung des Verwaltungsgerichts vorbringt, vermögen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen von der Frage, ob die Voraussetzungen des § 130 VwGO überhaupt in Eilverfahren gelten und hier erfüllt wären, ist allen Beteiligten mit einer Zurückverweisung nicht gedient; denn das Vorhaben wird schon verwirklicht, den Beteiligten ist daher an einer alsbaldigen Sachentscheidung gelegen.
Gegen die vom Verwaltungsgericht für das Eilverfahren angelegten Entscheidungsmaßstäbe wendet sich die Antragstellerin ohne Erfolg. Diese entsprechen den Grundsätzen, die der Senat bei der Entscheidung nachbarlicher Eilverfahren verwendet. Diese lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
In Verfahren nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO ist "ausgewogener" Rechtsschutz zu gewähren. Denn nicht nur auf Seiten des Nachbarn drohen vollendete, weil unumkehrbare Tatsachen einzutreten, wenn das Vorhaben verwirklicht wird. Auch auf der Seite des Bauherrn können solche nicht mehr gutzumachenden Folgen eintreten. Diese bestehen im Falle einer Antragsstattgabe in jedem Fall darin, die durch den Aufschub verlorene Zeit nicht nachholen und damit die in dieser Zeit erzielbaren Gewinne nicht mehr realisieren zu können. Von den Folgen des § 945 ZPO bleibt der Antragsteller im verwaltungsgerichtlichen Nachbarstreit verschont. Aus diesem Grunde kommt in Verfahren des einstweiligen Nachbarrechtsschutzes den Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Sachverhalt ist dabei in aller Regel nur summarisch zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung gibt dem Vollzugsinteresse des Bauherrn nicht erst dann den Vorrang, wenn die Baugenehmigung danach mehr oder minder zweifelsfrei Nachbarrechte dieses Antragstellers nicht verletzt. Ein derartiger Rechtsschutz wäre nicht ausgewogen, weil er das Risiko, die Rechtmäßigkeit des Bauscheins bei nur summarischer Prüfung nicht vollständig und zweifelsfrei ermitteln zu können, einseitig auf den Bauherrn überwälzte. Dem Bauherrn ist eine einstweilige Zurückstellung seiner Bauabsichten daher nicht schon dann zuzumuten, wenn noch nicht vollständig erwiesen ist, "sein" Bauschein verletze keine Nachbarrechte. Das widerspräche auch der Wertung des Gesetzgebers, der durch § 212a BauGB tendenziell den Bauabsichten Vorrang eingeräumt hat. Im Ergebnis kommt eine Eilantragsstattgabe daher erst dann in Betracht, wenn Überwiegendes für die Annahme spricht, der Rechtsbehelf des Nachbarn sei jedenfalls derzeit begründet.
An diesen Grundsätzen ist auch angesichts der Beschwerdeangriffe aus folgenden Gründen festzuhalten: Die Antragstellerin vermengt die Maßstäbe, welche für den Fall einer "Pattsituation" gelten, mit der Frage der Ermittlungstiefe. Ausgangspunkt der Überlegungen (vgl. dazu insbesondere Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Komm., § 80 a Rdnrn. 61 f.) hat zu sein, dass das Aufschubinteresse des Nachbarn und das Ausnutzungs-/Realisierungsinteresse des Bauherrn gleichwertig sind. Daher kann der Nachbar die Einhaltung des im bipolaren Verhältnis Behörde - Bürger sonst geltenden Prinzips, die aufschiebende Wirkung habe die Regel, der Sofortvollzug die besonders zu begründende Ausnahme zu sein, bei einem gegen Drittbegünstigung gerichteten Rechtsbehelf nicht reklamieren. Ebenfalls keine ausschlaggebende Bedeutung kommt dem im bipolaren Verhältnis häufig mitbestimmendem Gesichtspunkt zu, keine vollendeten Tatsachen entstehen zu lassen. Solche entstehen, wie oben dargelegt, auf beiden Seiten. Es ist keine Rechtfertigung ersichtlich, dem nachbarlichen Aufschubinteresse nur deshalb im Zweifelsfalle, d.h. bei einer Pattsituation Vorrang zu geben, weil die Ausnutzung eines Bauscheins sehr häufig mit der Herstellung von Bausubstanzen verbunden ist, deren vollständige Beseitigung bei einem Erfolg in der Hauptsache nicht immer gewährleistet ist. Denn das würde dazu führen, dass im Baurecht dem Eilantrag des Dritten in einem Umfang stattzugeben wäre, der mit der Aufgabe des gerichtlichen Rechtsschutzes nicht zu vereinbaren wäre. Diese besteht darin, in dem beschriebenen Konflikt das Risiko gerecht und ausgewogen zu verteilen, das Aufschub- oder das Realisierungsinteresse einstweilen nicht durchsetzen zu können, obwohl im Hauptsacheverfahren die Chance besteht, dass sich das eigene Interesse dann doch noch durchsetzt. Dabei ist namentlich darauf zu achten, dass die mit einer gerichtlichen Entscheidung verbundenen Nachteile und Risiken im Verhältnis Bauherr - Nachbarn einander die Waage halten. Entgegen der nicht näher begründeten Annahme der Antragstellerin spielt sehr wohl eine nicht unwesentliche Rolle, dass der Nachbar bei öffentlichrechtlichem Nachbarschutz vor den Folgen des § 945 ZPO verschont bleibt, d. h. nicht nach Art einer Garantiehaftung mit seinem vollen Grund- und sonstigen Vermögen für die finanziellen Folgen einer auf seine Initiative ergangenen stattgebenden Eilentscheidung einzustehen hat, die sich im Nachhinein als unzutreffend erweist. Insoweit kann der Nachbar den Bauherrn nicht auf Personen verweisen, welche ihm - möglicherweise - auch (ganz oder zum Teil) Ersatz des Schadens schulden, der entsteht, wenn der Bau einstweilen stillgelegt wird, sich nach Jahren aber herausstellt, die Nachbareinwendungen griffen doch nicht durch. Gerade im Verhältnis Nachbar - Bauherr müssen beim gerichtlichen Eilrechtsschutz in etwa gleich hohe Risiken und Chancen bestehen. Das wäre nicht der Fall, knüpfte man nur an das Entstehen vollendeter Tatsachen an (ebenso Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, aaO). Das führte zu einer flagrant "schiefen" Risikolage. Denn der Bauherr liefe nicht nur Gefahr, die Verfahrenskosten tragen zu müssen. Ihm drohen vielmehr aus zwei weiteren Richtungen massive finanzielle Folgen. Das sind zum einen der Ausfall der Erlöse, die er im Falle der Verwirklichung seines Vorhabens zu ziehen vermag. Zum andern drohen ihm ganz erheblich finanzielle Schäden dadurch, dass die Bauhandwerker bei einem nicht ihnen zuzurechnenden Baustopp jedenfalls die Summe fällig stellen können, welche ihnen für die bis dahin durchgeführten Arbeiten zusteht. Diese können ihre Forderungen sogar unter den Voraussetzungen des § 648 Abs. 1 Satz 2 BGB mit Folgen grundbuchlich sichern lassen, die sich auf die Kreditwürdig- und -fähigkeit des Bauherrn ganz entscheidend auswirken können. Das gilt namentlich dann, wenn der Bau erst nach Jahren wieder freigegeben wird und der Weiterbau dementsprechend den Abschluss eines neuen Werkvertrages zu den dann anzutreffenden finanziellen Konditionen, d. h. mit unter Umständen gestiegenen Preisen und Kreditzinsen erfordert. Das kann in einigen Fällen dazu führen, dass der Bauherr sein Vorhaben überhaupt nicht mehr verwirklichen kann.
Derart gravierende Folgen sind auf Seiten des Nachbarn nicht in diesem Maße zu befürchten. Dieser bleibt davon verschont, für diese finanziellen Folgen einstehen zu müssen. Ihm drohen finanziell vorderhand nur die Verfahrenskosten, wenn er unterliegt. Die von der Antragstellerin in den Vordergrund der Betrachtung gerückte Gefahr, vollendete Tatsachen würden geschaffen, ist aus den vorstehenden Gründen nicht (allein) ausschlaggebend. Zudem ist dies nicht für jeden Fall von gleicher Gewichtigkeit. Das zeigt gerade der hier zu entscheidende Fall. Wie sich aus dem Aktivrubrum ergibt, bewohnt die Antragstellerin nicht die im Erdgeschoss gelegenen Räume, für die sie Nachbarschutz beansprucht. Diese werden vielmehr gewerblich genutzt. Als Nutzungen hat die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 19. Dezember 2005 (Bl. 106 GA) mitgeteilt: Änderungsschneiderei/Schlüsseldienst, Geschäft für Textilien und Kleinmöbel sowie Geschenkartikel und ein Büro für Bauleistungen. Solche Räume schotten sich, wie der Senat in seinem Beschluss vom 30. März 1999 (- 1 M 897/99 -, BauR 1999, 1163 = NdsVBl 2000, 10 = NdsRpfl 2000, 175 = BRS 62 Nr. 190 ) ausgeführt hat, häufig sogar gegen Einflüsse des Tageslichts ab, um so die Konzentration auf den Kunden und die Arbeit, namentlich die Monitore zu verbessern; bei deren Gebrauch ist Tageslicht eher hinderlich. Dementsprechend würden der Antragstellerin bzw. eventuell von ihr beschäftigten Angestellten keine schlechthin unzumutbaren Belastungen auferlegt, wenn das angegriffene Vorhaben die Grenzabstände nicht vollständig einhielte und so die Räume über das von der Niedersächsischen Bauordnung zugelassene Maß hinaus verschatteten.
Der mit dem Vorhaben verbundene Lärm lässt sich bei einem Misserfolg im Eilverfahren und Erfolg im Hauptsacheverfahren hingegen "in Griff kriegen". Das kann insbesondere durch Auflagen geschehen, die sicherstellen, dass der Lärm das Maß des noch Zumutbaren nicht mehr übersteigt. An Lärmsanierungswerte reichen die mit dem Vorhaben verbundenen Lärmeinbußen selbst nach der Einschätzung der Antragstellerin nicht heran. Diese sind erst ab etwa 70 dB(A) anzusetzen. Vollendete, auch durch Geldleistungen oder nachträgliche bauaufsichtsbehördliche Anordnungen nicht mehr wieder gut zu machende Folgen drohen der Antragstellerin bei einstweiliger Ausnutzung der Bauscheine daher nicht. Das rechtfertigt die vom Senat in ständiger Rechtsprechung vorgenommene Risikoverteilung, bei einer Pattsituation dem Realisierungsinteresse des Bauherrn den Vorrang zu geben.
Für diese Annahme streitet schließlich § 212a BauGB. Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des BVerwG (vgl. insbesondere B. v. 14.4.2005 - 4 VR 1005.04 -, BVerwGE 123, 241 = NVwZ 2005, 689) nicht jede gesetzliche Vorschrift, welche die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ausschließt, auf ein Regel-Ausnahme-Muster des Inhalts schließen lässt, im Konfliktsfall obliege dem Antragsteller eine verstärkte Darlegungslast. § 212a BauGB wurde auf der Grundlage von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO eingefügt. Den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 BauGB MaßnG überschreitend sollte nunmehr nicht nur bei bestimmten, sondern bei allen Bauvorhaben im Grundsatz und im Interesse der Baubranche und der gerade dort immer wieder bedrohten Arbeitsplätze ausgeschlossen werden, dass sich Nachbarrechtsbehelfe "im Zweifelsfalle", d. h. bei Pattsituationen so auswirken, dass der Bau einstweilen nicht fortgeführt werden kann (vgl. Bericht des <18.> Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zum RegE des BauROG 1998, BTDrs. 13/7589, S. 30 zu Art. 1 Nr. 73a des Entwurfs).
Eine davon zu trennende Frage ist, mit welcher Ermittlungstiefe Verwaltungsgerichte der Frage nachzugehen haben, ob das angegriffene Vorhaben Nachbarrechte verletzt. Insofern trifft es zwar zu, dass der Sachverhalt nur im Grundsatz lediglich "summarisch" zu überprüfen und die Ermittlungstiefe und -breite zu steigern ist, je einschneidender die Folgen einer Fehlentscheidung sind. Bis an die Grenze eines Hauptsacheverfahrens hat die Überprüfung aber auch nach der von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ( BVerfGE 67, 43 [BVerfG 02.05.1984 - 2 BvR 1413/83]; 69, 220; 94, 216 ) nur dann zu gehen, wenn die Entscheidung Grundrechte unmittelbar betrifft und geeignet ist, deren Realisierung auf Dauer unmöglich zu machen oder zumindest wesentlich zu erschweren. Dementsprechend sind die zitierten Entscheidungen im Wesentlichen zu der Frage ergangen, wann es einem asylsuchenden oder hier lebenden Ausländer zuzumuten ist, die Bundesrepublik zu verlassen, bevor sein Anspruch, Asyl zu erhalten bzw. einen Aufenthaltstitel ausnutzen zu dürfen endgültig geklärt worden ist. Dann stellen sich unter anderem existentielle Fragen nach einer möglichen Verfolgung in seinem Heimatland und/oder nach den Schwierigkeiten, vom Ausland aus den behaupteten Anspruch zu verfolgen.
Solche grundrechtsunmittelbare Folgen drohen bei der Zulassung einer baulichen Anlage erst dann, wenn deren Fehlfunktion Leib und Leben erheblichen Umfangs unmittelbar zu gefährden geeignet ist. In einem solchen Fall darf die Eilentscheidung tendenziell ebenfalls erst zum Nachteil des Petenten ergehen, nachdem alle Erkenntnismöglichkeiten in einer an ein Hauptsacheverfahren heranreichenden Weise ausgeschöpft worden sind (vgl. BVerfG, B. v. 10.12.1979 - 2 BvR 485/77 -, BVerfGE 53, 30 = NJW 1980, 759 [BVerfG 20.12.1979 - 1 BvR 385/77] = DVBl. 1980, 356 zum Atomrecht).
Ein dem vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor. Auch/selbst wenn die Freiheit, ein Grundstück nutzen zu dürfen, einen Bezug zu Art. 14 Abs. 1 und 2 GG aufweist, ist sie auch danach nur nach Maßgabe des einfachen Rechts gewährleistet. D. h.: Da der Gesetzgeber die Aufgabe hat, den Inhalt des Grundeigentums inhaltlich auszugestalten, richten sich auch die Nutzungs- und Abwehrbefugnisse in erster Linie nach den Vorschriften des sog. einfachen, nicht also unmittelbar nach denen des Verfassungsrechts (vgl. BVerfG, B. v. 19.6.1973 - 1 BvL 39/59 u. a., BVerfGE 35, 263 = DVBl. 1973, 622; vgl. a. B. v. 15.10.1996 - 1 BvL 44/92 -, BVerfGE 95, 64 = DVBl. 1997, 70 = NJW 1997, 722). Dieses ist erst dann - als Korrektur - anzuziehen, wenn das hieraus folgende Ergebnis zu einer Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG führt. Eine solche ist im Regelfall erst dann anzunehmen, wenn das Eigentum nicht mehr dazu dienen kann, seinem Träger als Grundlage selbstbestimmter Lebensführung zu dienen oder ihm der Eigentumsgegenstand nicht mehr im gebotenen Umfang zugeordnet wird. Ersteres wird nicht schon bei jedweder Überschreitung eines Orientierungswertes anzunehmen sein, sondern erst dann, wenn die durch das angegriffene Vorhaben verursachten Einbußen durch Lärm, Geruch oder Entzug von Luft und Sonne einen Umfang einnehmen, der eine Nutzung nicht mehr ermöglicht, deren Erträgnisse zur Lebensführung beitragen können oder eine eigene Nutzung des Objekts unmöglich machen. All dies wird in Bezug auf Lärm erst bei einer Überschreitung der Sanierungswerte angenommen werden können.
Eine daraufhin vorgenommene Prüfung ergibt, dass nicht so gewichtige Gründe für die Annahme der Nachbarrechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigungen streiten, dass eine Änderung der angegriffenen Entscheidung zu rechtfertigen wäre.
Die Rüge, die angegriffene Baugenehmigung vom 14. Dezember 2004 in der hier maßgeblichen Fassung ihres Nachtrags vom 26. Mai 2005 sei zu unbestimmt, wird aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben. In der Rechtsprechung (vgl. z. B. B.-W. VGH, Urt. v. 9. Dezember 1993 - 5 S 1650/92 -, ESVGH 43, 142 = BRS 55 Nr. 193; Nds. OVG, B. v. 5. Oktober 1994 - 1 M 5589/94 -, BRS 56 Nr. 108 = NdsRpfl. 1995, 74) ist anerkannt, dass Unbestimmtheiten der genehmigten Bauvorlagen zu Lasten des Bauherren gehen und damit schon für sich zum Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs führen können. Die von der Antragstellerin beanstandeten Nebenbestimmungen zum Bauschein vom 26. Mai 2005 - S 3 bis S 8 - sind indes allesamt auslegungsfähig, soweit sie überhaupt im Hinblick auf die Antragstellerin nachbarrechtsrelevant sind. Sie gehen zurück auf das hier maßgebliche "aktualisierte schalltechnische Gutachten" der beratenden Ingenieure E. -F. -G. vom 10. Februar 2005 (-04137/II-). Diese hatten eingangs des Gutachtens (Seite 5 unten) ausgeführt, Grundlage ihrer Berechnungen seien die Unterlagen, welche die Beigeladene zur Genehmigung gestellt habe; das Gutachten unterbreite Verbesserungsvorschläge nur dann, wenn eine Überschreitung der maßgebenden Immissionsrichtwerte drohe. Das geschieht dann insbesondere auf Seiten 31 und 32. Diese "Maßgaben" setzen die Nebenbestimmungen im Bauschein vom 26. Mai 2005 um. Dabei wird auch für den Fall Vorsorge getroffen, dass die Beurteilungspegel "innen" den vom Gutachter vorausgesetzten/angenommenen Wert übersteigen. Die in diesen Zusammenhängen gefundene Formulierung, dann seien bauakustische Maßnahmen erforderlich, ist unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit nicht zu beanstanden. Denn der Gutachter hat im Gutachten (zusammenfassend dann noch einmal im Anhang 1) genau bestimmt, welche Emissionswerte die Teilanlagen und -tätigkeiten noch haben dürfen, um in der Summe an dem hier vor allem im Vordergrund stehenden Aufpunkt 4 B den für Kerngebiete geltenden Immissionsrichtwert/tags noch einhalten zu können. Das Ergebnis und die Berechnung der sich aus den Emissionsdaten ergebenden "Teil-Immissionen" sind damit durch das Gutachten vom 10. Februar 2005 eindeutig bestimmbar.
Der Beschwerdeangriff, die Nebenbestimmung S 7 - betreffend technische Nebenanlagen wie Abluft, Kühlung, Zuluft - sei zu Lasten der Antragstellerin zu unbestimmt, weil die Lage dieser Nebeneinrichtungen nicht genau genug bestimmt würden, rechtfertigt eine Beschwerdestattgabe nicht. Die Beeinträchtigungen durch diese "untergeordnete Schallquellen" wie Lüftungen und Kühlungen treffen die Antragstellerin nämlich nicht. Der Gutachter Dr. G. hat unter dem 26. Mai 2005 (Seite 6) dargelegt, dass diese Anlagen an dem hiervon am stärksten betroffenen Aufpunkt (Nr. 6) zu einer Nachtbelastung von 40 dB(A) führt. Bei der Antragstellerin (Aufpunkt Nr. 4 B) ist es noch weniger. Selbst wenn diese Geräusche von Einfluss wären, würden sie nach der Äußerung des Dipl.-Ing. Dr. G. vom 13. September 2005 (Seite 2) nur wenige Zehntel dB(A) ausmachen. Angesichts der Sicherheitsmargen, welche der Gutachter an mehreren Stellen seines Gutachtens vom 10. Februar 2005 eingebaut hat, ist das zu vernachlässigen. Eine eventuelle Unbestimmtheit wäre daher nicht geeignet, geschützte Nachbarinteressen der Antragstellerin nachteilig zu berühren.
Dass die Nebenbestimmungen zum Teil nicht mit Grüneintragungen in den Bauzeichnungen umgesetzt worden sind, ändert an der Verbindlichkeit der textlichen Bestimmungen nichts. "Perplex", d. h. in sich widersprüchlich wird die Baugenehmigung dadurch nicht.
Das Vorhaben wird aller Voraussicht nach nicht zu Lärmbelästigungen führen, welche den für die Liegenschaft der Antragstellerin geltenden Tages-Immissionsrichtwert für Kerngebiete (die Nachtwerte stehen hier mit Ausnahme der Anfahrtsproblematik/Lieferverkehr außer Streit) überschreiten.
Der Senat lässt - vorab - wie in seiner Entscheidung vom 26. Februar 2003 (- 1 LC 75/02 -, NdsVBl 2003, 180 = NordÖR 2003, 242 = NVwZ 2003, 820 = BauR 2004, 68 [OVG Niedersachsen 26.02.2003 - 1 LC 75/02]) unentschieden, ob sich die Antragstellerin auch im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentums in diesem Gebäude auf nachbarschützende Vorschriften, insbesondere des Grenzabstandsrechts und des Lärmschutzes berufen kann. Denn die nachfolgenden Darstellungen erhellen, dass ihr Sondereigentum durch das angegriffene Vorhaben nicht "über Gebühr" in Mitleidenschaft gezogen wird. Erst recht wird dies hinsichtlich des deutlich geringeren Umfangs schützenswerten Gemeinschaftseigentums an Parkflächen, Treppenhaus etc. der Fall sein.
Die Nachbarverträglichkeit des angegriffenen Vorhabens ergibt sich insbesondere aus der sehr eingehenden Begutachtung der beratenden Ingenieure E. -F. -G. vom 10. Februar 2005. Die insbesondere auf der Grundlage von Äußerungen der TÜV H. Group vom 29. Juli und 24. Oktober 2005 gegen diese Begutachtung vorgetragenen Einwendungen werden aller Voraussicht nach nicht durchdringen.
Zum Nachtwert ist - vorab - nur das Folgende auszuführen:
Es entbehrt der Grundlage anzunehmen, Lieferanten seien nachgerade konstitutionell nicht in der Lage, den Anlieferungsverkehr erst ab 06.00 h anfahren zu lassen. Maßgeblich ist hier die Genehmigung. Diese setzt auch in der Gestalt ihres Nachtrags vom 26. Mai 2005 ausdrücklich fest, dass sich der Anlieferverkehr auf den Zeitraum von 06.00 bis 22.00 h zu beschränken habe (Nebenbestimmung S 9). Eine Beobachtung, das könnten Lieferanten in einer ins Gewicht fallenden Weise gar nicht einhalten, hat der Senat jedenfalls bislang nicht machen können. Dementsprechend kann auch im Eilverfahren nicht angenommen werden, in der Praxis sei das von der Antragstellerin aus der Erfahrung in Nordrhein-Westfalen bekannte Verfahren , schon vor 06.00 h anzuliefern, so verbreitet, dass jede Nebenbestimmung der S 9 entsprechenden Art nur ein wirkungsloses Feigenblatt darstellte. Es kommt jedenfalls für das Eilverfahren hinzu, dass der Antragstellerin durch eine - gelegentliche - Überschreitung der Anlieferungszeiten kein tatsächlicher Nachteil erwüchse. Sie bewohnt das Sondereigentum nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass die in ihrem Sondereigentum betriebenen Geschäfte so früh öffneten, dass zumindest deren Bedienstete durch einen vor 06.00 h stattfindenden Anlieferungsverkehr tatsächlich beeinträchtigt würden. Auch deshalb hat bei der hier anzustellenden Interessenabwägung ihr Interesse an einstweiligem Stopp weiterer Bauarbeiten und einer Nutzung gegenüber dem Ausnutzungsinteresse der Beigeladenen zurückzutreten.
Soweit sich die Einwendungen gegen die vom Parkhaus ausgehenden Geräusche richteten (Punkt 2 der Äußerung vom 29. Juli 2005), hat diese die TÜV H. Group unter dem 24. Oktober 2005 wieder zurückgenommen; diese hatte auf dem Sachverhaltsirrtum beruht, die einfahrenden Kraftfahrzeuge stauten sich schon eingangs der Auffahrtsschnecke statt im 2. Obergeschoss vor den erst dort zu installierenden Parkschranken.
Die Angriffe, welche die Antragstellerin gegen die Beurteilung des Lärms vorbringt, der von der Anlieferzone ausgeht, werden aus den folgenden Gründe voraussichtlich ebenfalls nicht, jedenfalls nicht mit dem Ergebnis durchdringen, dass der Tagwert von 60 dB(A) als voraussichtlich nicht einzuhalten anzusehen sein wird.
Die beratenden Ingenieure E. -F. -G. haben überzeugend dargelegt, dass der Umfang der von der Anlieferungszone ausgehende Lärm bestimmt wird von der Zahl der Anlieferungsvorgänge, der Dauer der Rangierbewegungen vor den beiden Einfahrttoren und der Größe der LKWs. Die Ingenieure haben ihrer aktualisierten schalltechnischen Stellungnahme vom 10. Februar 2005 in der Anlieferungszone Am Gericht täglich 60 LKWs einer Größe von mehr als 7,5 t bei einer Rangierdauer von einer Minute zugrunde gelegt. Das wird aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden sein.
Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Rangierdauer. Blatt 000126 der Beiakte N zum Verfahren 1 ME 153/05 enthält einen Rangierplan. Danach müssen die LKWs in die Straße Am Gericht/Stubenstraße vorwärts hineinfahren und dann rückwärts in die Ladebuchten hineinrangieren. Diese Bewegung wird in aller Regel "in einem Zuge" zu absolvieren sein. Dabei muss man sich nicht nur vergegenwärtigen, dass die "eine Minute" einen Durchschnittswert darstellt, der gleichermaßen für größere und kleinere Lastkraftwagen, d. h. auch für Fahrzeuge unter 7,5 t und Lieferfahrzeuge vom Schlage der sog,. "Sprinter" gilt. Diese sind ausgesprochen wendig und werden die auf Blatt 000126 der BA "N" 1 ME 153/05 optisch beschriebenen Fahrbewegungen in etwa einer halben Minute absolvieren können. Das ist keine rein theoretische Betrachtung. Transportfahrzeuge dieser kleineren Größenordnung werden verbreitet das Gebäude anfahren. Denn dieses enthält eine ganze Reihe von Läden, welche zu dem Branchenmix beitragen und nach den vorliegenden Plänen über vergleichsweise kleine Laden- und Lagerflächen verfügen. Es ist nicht zu erwarten, dass deren Waren durchweg mit Lastkraftwagen der größeren Sorte angeliefert werden. Mit der Annahme, alle LKWs hätten ein zulässiges Gesamtgewicht von über 7,5 t hat sich der Gutachter daher "auf die sichere Seite" begeben.
Es kommt hinzu: Nach Lage der Dinge und allgemeiner Lebenserfahrung ist zudem zu erwarten, dass selbst größere Sattelzüge keinen größeren Rangierzeitraum benötigen werden. Das zeigt sich etwa auch bei den Ergebnissen, welche die Mitarbeiter des TÜV H. Group bei ihrer Beobachtung vom 19. Oktober 2005 am City-Point in Kassel (vgl. Stellungnahme TÜV H. Group vom 24.10.2005, S. 2 f.) gesammelt haben. Danach wurden in der Zeit zwischen 05.45 und 08.15 insgesamt 7 Rangiervorgänge beobachtet. Darunter waren zwei Transporter, 5 LKW einer Größe von größer/gleich 7,5 t und ein Sattelzug von über 7,5 t zulässigem Gesamtgewicht mit langem Aufleger. In zweieinhalb Stunden war also kein einziger Zug mit Anhänger zu verzeichnen gewesen. Das entspricht im Übrigen auch der allgemeinen Beobachtung, die man an Andockstationen im Innenstadtbereich machen kann.
Eine gewisse Unterstützung erfährt diese Annahme schließlich dadurch, dass dies der Äußerung der Ingenieure E. -F. -G. vom 26. Mai 2005 (Seite 5/6) zufolge auch einer Beobachtung des Akustikbüros I. entspricht.
Schließlich ist in die Würdigung einzustellen, dass die TÜV H. Group zur Annahme im Regelfall zweiminütiger Rangiervorgänge insbesondere aufgrund der Beobachtung gelangt ist, dass LKW-Fahrer ihre Motoren trotz Stillstandes des Fahrzeuges noch einige Zeit laufen ließen. Es ist fragwürdig, ob das als Beobachtung verallgemeinert und der Würdigung im Hauptsacheverfahren wird zugrunde gelegt werden können.
Es kommt hinzu, dass die Zahl der an Spitzen-Werktagen zu erwartenden LKWs im aktualisierten Gutachten vom 10. Februar 2005 (Seite 17) mit 60 doch sehr hoch angesetzt worden ist. Der von den Mitarbeitern der TÜV H. Group ausgesuchte Mittwoch (19. Oktober 2005) gehört vielleicht nicht zu den umsatz- bzw. anlieferungsstärksten Tagen; diese dürften eher zu Wochenbeginn zu erwarten sein. Es ist aber doch bemerkenswert, dass innerhalb von zweieinhalb Stunden lediglich 7 Anlieferungsfahrzeuge beobachtet werden konnten. Das entspricht - hochgerechnet - etwa 45 LKWs bei einer Anlieferungszeit von 16 Stunden (06.00 bis 22.00 h). 60 Lastkraftwagen der höchsten Gewichtsstufe stellt damit eine ausgesprochen vorsichtige Grundannahme dar. Diese lässt erwarten, dass das (unter anderem) daraufhin erzielte Ergebnis (58, 7 dB) aller Voraussicht nicht als unzutreffend niedrig anzusehen sein wird.
Den von der TÜV H. Group in diesem Zusammenhang gerügten "Eingabefehler" hat der Ingenieur Dr. G. ausweislich seiner Äußerung vom 13. September 2005 (S. 4) eingesehen und mit dem Ergebnis korrigiert, dass sich der Beitrag, den diese Lärmquelle zur Gesamtbelastung des Sondereigentums der Antragstellerin leistet, um 0,2 dB(A) erhöht.
Zu Unrecht fordert die TÜV H. Group (s. insbesondere die Äußerung vom 24. 10. 2005, Seiten 3, 4 und 5), für die Geräusche, welche durch die Ver- und Entladetätigkeiten hervorgerufen werden, insbesondere das Hantieren mit Hubwagen und Rollcontainern, müssten wegen ihrer besonderen Impulshaltigkeit Zuschläge gemacht werden. Denn das habe die TÜV H. Group anlässlich der Beobachtungen beim City-Point/Kassel als richtig erkannt. Diese impulsartigen Geräusche träten, so die TÜV Group, bei dem alle 5 Sekunden wechselnden Taktverfahren jeweils einzeln in Erscheinung; sie seien auch besonders lästig und mit dementsprechend hohem Zuschlag von etwa 4 bis 5 dB(A) in die Berechnung einzustellen.
Dem ist der Gutachter Dr. G. (vgl. insbesondere die Ausführungen vom 13.9.2005, S. 5 f.; 13.1.2006, S. 3 f.) in jedenfalls im Eilverfahren überzeugender Weise wie folgt entgegen getreten:
Verladevorgänge fänden gerade dann, wenn man die von ihm angesetzte Frequenz von 60 LKWs/d zugrunde legte, im Wesentlichen simultan statt. Auf diese Weise überlagerten sie sich auch beim 5 s/Takt und dürften schon deshalb nicht jedes für sich separiert der Berechnung zugrunde gelegt werden. Die impulshaltigen Tätigkeiten gingen in einen allgemeinen Klageteppich unter, stächen damit nicht als "Impulse" daraus hervor und dürften damit auch nicht mit einem besonderen Lärm-Malus versehen werden.
Es komme hinzu, dass die Verladetätigkeiten im rückwärtigen Bereich der Ladezone stattfänden. Der Abstand zum Immissionspunkt 4 B sowie die Abschirmwirkungen, welche dabei die Lastkraftwagen entfalteten, minderten die Berücksichtigungsfähigkeit der Verladetätigkeiten weiter.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die vom Büro E. -F. -G. eingesetzten Werte einer einschlägigen Untersuchung der Hessischen Landesanstalt entnommen worden seien. Mit den dort ermittelten Werten sei die Impulshaltigkeit der Verladetätigkeit bereits erfasst worden und bestehe daher triftiger Anlass nicht, diese Werte durch neuerliche Berücksichtigung bislang vermeintlich unberücksichtigter Impulse noch weiter zu erhöhen.
Der Behauptung der TÜV H. Group (Begut. v. 24.10.2005, S. 7), das gewählte alternative Verfahren nach der DIN ISO 9613-2, Ziffer 7.3.2, unterschätze die mit der Bodenreflexion verbundenen Verstärkungen der Schallausbreitung, tritt das Büro E. -F. -G. unter dem 13. Januar 2006 (Seite 6 f) mit der überzeugenden Ausführung entgegen, es sei das sog. vereinfachte Rechenmodell gewählt worden. Dieses differenziere nicht zwischen mehr und weniger reflektierenden Gebäudeteilen und die Schallausbreitung begünstigenden Flächen, sondern sehe alle als "schallhart" an. Das habe zur Folge, dass die mit diesem Verfahren erzielten Ergebnisse in aller Regel die tatsächlich zu erwartende Lärmbelästigung eher übertreibe. Dieses Verfahren kompensiere mithin die Schallbelästigungen, welche möglicherweise durch die Wahl des alternativen Verfahrens hinsichtlich der Lärmleitfähigkeit der Straße Am Gericht verbunden sei.
Das Gesamtergebnis (Einwirkungsintensität von voraussichtlich 58,7 dB
am Aufpunkt 4 B) wird des Weiteren nicht dadurch entscheidend in Zweifel gezogen, dass die Gutachter E. -F. -G. an einigen Stellen (unter anderem 13.9.2005, S. 6) konstatieren, die von der TÜV H. Group geäußerte Kritik möchte sich in einer Verschlechterung des Gesamtergebnisses von "einigen Zehntel" dB(A) auswirken. Dabei hatte die TÜV H. Group dies auf Seite 2 ihrer Äußerung vom 24. Oktober 2005 selbst gar nicht so ausgerechnet, sondern aus den Äußerungen des Büros E. -F. -G. lediglich übernommen. Das erschüttert das Gesamtergebnis (voraussichtlich 58,7 dB
am Aufpunkt 4 B) voraussichtlich deshalb nicht, weil schon dieses Ergebnis mehr als nur ein Mehrfaches "einiger Zehntel" von der Grenze des für Kerngebiete maßgeblichen Tagwertes von 60 dB(A) entfernt ist und zudem in den Berechnungen des Ingenieurbüros E. -F. -G. verschiedentlich sehr konservative, d. h. zum Vorteil (unter anderem) der Antragstellerin sehr vorsichtige Ansätze gewählt worden sind. Wollte man mit derselben Genauigkeit, welche die TÜV H. Group zum Vorteil der Antragstellerin bei verschiedenen Teilannahmen Korrekturen einfordert, auch die zu Gunsten der Antragstellerin vorgenommenen Annahmen berichtigen, würde dies nach den Ermittlungen des Büros E. -F. -G. vom 13. Januar 2006 (s. dort Seiten 4 f.) zu Reduktionen des Gesamtpegels von zwei mal 1,2 dB(A) (Ladedauer von nur 30 statt 60 Minuten, LKW-Frequenz von 45 statt 60/d) führen und damit die geringfügigen Erhöhungen des Gesamtpegels um jeweils "mehrere Zehntel" dB(A) mehr als nur kompensieren.
Die mit einer voraussichtlichen Gesamtbelastung von 58,7 dB(A) abschließende Berechnung ist auch nicht deshalb eine ausreichende Grundlage für eine Beschwerdestattgabe, weil auch nach der Einschätzung der Ingenieure E. -F. -G. (vgl. Äußerung vom 26.5.2005, S. 3) darin eine Fehlerbreite von +/- 3 bis 4 dB(A) eingeschlossen ist. Das rechtfertigt es nach den überzeugenden Ausführungen der Gutachter E. -F. -G. (aaO) gerade nicht, zu dem nach bestem Wissen ermittelten Prognosewert die maximale Fehlerquote von 4 dB(A) zu addieren und so zu einer Unzulässigkeit der Anlage zu gelangen. Das verkennte insbesondere das Verhältnis, in dem die rechnerisch ermittelten (Prognose-)Werte zu den später tatsächlich messbaren stehen. Nach der jedenfalls im Eilverfahren überzeugenden Darlegungen des Ing. Dr. G. vom 26. Mai 2005 blieb in der Regel der bisher untersuchten Fälle der nach Inbetriebnahme ermittelte tatsächliche Immissionswert hinter dem rechnerisch prognostizierten zurück. Es sind - gerade wegen der erwähnten mehrfach konservativen Grund(teil)annahmen - keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme gegeben, hier werde es am Ende anders sein. Die Antragsgegnerin hat in der Nebenbestimmung S 10 zum Nachtragsbauschein vom 26. Mai 2005 eine Nachmessung angeordnet, welche spätestens drei Monate nach Inbetriebnahme des angegriffenen Vorhabens durchzuführen ist. Deren Ergebnisse würden im Falle einer Überschreitung der für Kerngebiete geltenden Orientierungswerte weitere lärmreduzierende Nebenbestimmungen nach sich ziehen. Die Anordnung der Nachmessung ist nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. Beschlüsse vom 26. 11. 2003 - 1 ME 206 und 207/03 -, Vnb) ein angemessenes Mittel, um den konkurrierenden Interessen von Nachbar und Bauherrn Rechnung zu tragen. Die Voraussetzung, "Nachbesserungen" seien im Überschreitensfalle grundsätzlich möglich, sind hier erfüllt. Denn der Gutachter Dr. G. hatte auf Seiten 31 f. seines aktualisierten schalltechnischen Gutachtens vom 10. Februar 2005 eine Reihe von Maßnahmen aufgeführt, mit denen das Emissionsverhalten des streitigen Vorhabens zum Vorteil der Nachbarschaft, insbesondere zum Vorteil des Aufpunktes 4 B noch weiter verbessert werden kann. Es ist nicht ersichtlich, diese "Puffer" würden nicht so weit zum Vorteil der Antragstellerin aktiviert werden können, dass eine Übereinstimmung von Vorhabenzweck und Orientierungswert/MK erreicht werden kann.
Es hieße zudem, dem Abwehrinteresse des Nachbarn übersteigerte Bedeutung zuzubilligen, wollte man seinem Antrag schon dann stattgeben, wenn eine (noch dazu mit konservativen Grundannahmen gestützte) rechnerische Lärmprognose mit einem Malus von 3 bis 4 dB(A) (Berücksichtigung maximaler Fehlerstreuung zu Lasten des Bauherrn) zu versehen dann doch zu einer Überschreitung der Orientierungswerte führte. Denn das hätte zum Ergebnis, dass das Vorhaben so gut wie gar nicht würde verwirklicht werden können. Denn nur durch Realisierung lässt sich die Basis für eine empirische Nachmessung zur Beurteilung der Frage schaffen, ob die genehmigte Nutzung mit benachbarten Nutzungsinteressen (noch) vereinbar ist. In Anknüpfung an die oben begründete Risikoverteilung im baurechtlichen Nachbarstreit ist daher festzustellen, dass eine sachliche Rechtfertigung dafür fehlt, die aus der Natur der Sache, nämlich den Grenzen der Berechnungsprognose bedingte Streubreite ausschließlich zu Lasten des Bauherrn gehen zu lassen. Umgekehrt würde wohl auch eine Berechtigung für die Annahme fehlen, die zu erwartenden Prognoseungenauigkeiten (schließlich gilt der mögliche "Ausschlag" von 3 bis 4 dB nach beiden Seiten) ausschließlich zu Lasten des Nachbarn gehen zu lassen. Dabei ließe sich das angesichts der Risikoverteilung, welche § 212a BauGB vornimmt, eher in dieser Richtung befürworten und damit dem Nachbarn das Risiko aufbürden, einen möglicherweise rechtswidrigen Zustand für die Übergangszeit hinzunehmen, in der die Nachmessung veranlasst, ausgewertet und zum Anlass für "Nachbesserungen" genommen wird.
Damit ist zugleich gesagt, dass der Senat auch an seiner im Eilbeschluss vom 15. November 2005 (- 1 ME 153/05 -, aaO) entwickelten Auffassung festhält, eine einseitig zum Vorteil der Antragstellerin gehende sog. worst case-Betrachtung sei nicht angezeigt, da sie nicht realistisch sei und zugleich nicht zu einem ausgewogenen, beide Nutzungs-/Verhinderungsinteressen beidermaßen berücksichtigenden Ergebnis führe. Die Ermittlung, ob die mit einem Vorhaben verbundenen Einwirkungen zu Lasten eines Nachbarn die Zumutbarkeitsschwelle übersteigen, hat sich auf eine umfassende Bewältigung der mit einem Vorhaben realistischer Weise zu erwartenden Probleme zu konzentrieren. Dazu sind die Lärmeinwirkungen zu ermitteln, die "nach Lage der Dinge" zu erwarten sind. Erst wenn diese Begutachtung einen gewissen "Hof", d.h. eine Bandbreite möglicher Ergebnisse ergibt, ist zum Vorteil des Nachbarn bei der abschließenden Würdigung die Situation zugrunde zu legen, welche ihn voraussichtlich am meisten belasten wird. Die Behörde darf allerdings mit dem Ziel eine worst-case-Betrachtung anstellen, weiterer Sachverhaltsermittlungen enthoben zu sein, wenn deren Ergebnis unzumutbare Belästigungen des Nachbarn ausschließt (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urt. v. 11.7.2001 - 11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364 = DVBl. 2001, 1848). Letzteres ist hier gerade nicht der Fall. Die Ingenieurgemeinschaft E. -F. -G. hat sich nun in einer ganzen Reihe von Betrachtungen, zusammengefasst und aktualisiert unter dem 10. Februar 2005 und anschließend verschiedentlich konfrontiert mit Einwendungen der Antragstellerin, mit der örtlichen Situation befasst. Unter diesen Umständen ist es nicht (mehr) realistisch, dass das Hauptsacheverfahren zu einem Ergebnis führen wird, wonach sich der Betrieb des angegriffenen Vorhabens mit einem höheren Wert von 58,7 dB(A) zzgl. "einiger Zehntel" dB(A) als "Hof" auf das Sondereigentum der Antragstellerin auswirken wird. Es ist des Weiteren nicht zu erwarten, dass das Vorhaben nicht doch in einer - noch - nachbarverträglichen Weise baulich ausgestaltet und betrieben werden kann, wenn sich bei einer Nachmessung wider Erwarten doch eine Überschreitung des maßgeblichen Orientierungswertes ergibt.
Der weitere Beschwerdeangriff, in den Begutachtungen des Ingenieurbüros E. -F. -G. sei der An- und Abfahrtsverkehr insbesondere zum Parkhaus hin zu Unrecht nicht in die Betrachtung einbezogen worden, greift nicht durch. Der Senat hatte in seinem Beschluss vom 15. November 2005 - 1 ME 151/05 - (aaO) dazu das Folgende ausgeführt:
"Der zweite hierzu vorgetragene Beschwerdeangriff, die Begutachtungen ergriffen nicht in zutreffender Weise den An- und Abfahrtsverkehr, den das Vorhaben auslöse, greift ebenfalls nicht durch. Er krankt mit Rücksicht auf § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO schon daran, dass sich die Beschwerde nicht den Ausführungen stellt, die das Verwaltungsgericht diesem Problemkreis auf Seite 13 f. des Beschlussabdrucks gewidmet hat. Die Argumente in der dort zitierten Entscheidung des Bad.-Württ. Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Juni 2002 (- 14 S 2736/01 -, NVwZ-RR 2003, 745) werden ebenfalls nicht gewechselt. Dort ist in Übereinstimmung mit anderer Rechtsprechung (vgl. OVG Münster, Urt. v. 16.10.1997 - 11a D 116/96.NE -, OVGE 46, 189 = NVwZ-RR 1998, 632 = BRS 59 Nr. 255 für das Planungsrecht) dargelegt worden, dass der An- und Abfahrtsverkehr im Grundsatz nicht nach der auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassenen TA Lärm zu erfassen ist, wenn er Gegenstand einer Begutachtung zu sein hat, die nach der 16. BImSchV vorzunehmen ist. Es mag zwar sein, dass in einem solchen Fall die für den reinen Betrieb des angegriffenen Vorhabens ermittelten Lärmwerte zusammen mit denjenigen, welche die Berechnung nach den Bestimmungen der 16. BImSchV ergibt, in einer Art Gesamtbetrachtung zu untersuchen sind (so das OVG Münster, aaO, für den Bereich der Planung). Das ändert im Ausgangspunkt indes nichts daran, dass für den An- und Abfahrtsverkehr die spezielleren Regelungen der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung) anzuwenden sind.
Das ist hier voraussichtlich gleich aus zwei Gründen der Fall. Zum einen wird die Straße Am Gericht durch den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 727 um eine weitere Fahrspur erweitert (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 16. BImSchV). Zudem erhöht sich nach dem im Planaufstellungsverfahren eingeholten schalltechnischen Gutachten des Diplomphysikers S. J. vom Akustikstudio K. /I. vom 8. April 2004 - Nr. 04401 - infolge dieses erheblichen baulichen Eingriffs der von der Straße Am Gericht ausgehende Lärm um mehr als 3 dB(A). Das Beschwerdevorbringen setzt sich nicht, wie durch § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO geboten, mit den Ausführungen dieses Gutachtens und den Überlegungen auseinander, welche die Antragsgegnerin in ihrer Planbegründung auf seiner Grundlage angestellt hat. Dementsprechend fehlen auch Ausführungen dazu, ob eine mögliche Überschreitung der in der 16. BImSchV festgelegten Grenzwerte Ansprüche nach der 24. BImSchV auslöst, deren Erfüllung die Lärmeinwirkungen auch in Verbindung mit den von der unmittelbaren Objektnutzung ausgehenden Lärmimmissionen auf ein zumutbares Maß drückt. Das anzunehmen besteht hier vor allem deshalb Anlass, weil die von den Ingenieuren E., F. und G. vorgenommene Begutachtung vom 10. Februar 2005 für die Loggia des Wohnung des Antragstellers (Immissionspunkt 5 B) zu einem Beurteilungspegel von 56,7 dB(A) bzw. von 52,3 dB(A) für Sonderaktionen an Sonn- und Feiertagen gelangt. Damit werden die für Kerngebiete geltenden Orientierungswerte der TA Lärm (60/45 dB(A)) bzw. der DIN 18005 Teil 1 (65/50 dB(A)) deutlich unterschritten. Die Behauptung allein, jedenfalls in der Summation werde der Lärm das Maß des Zumutbaren übersteigen, reicht daher nicht aus."
Die dagegen gerichteten Beschwerdeangriffe werden aller Voraussicht nach nicht durchgreifen. Es trifft zwar zu, dass nach der älteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 5.10.1984 - 4 B 190 -192.84 -, NVwZ 1985, 38; Beschl. v. 20.1.1989 - 4 B 116.88 -, DVBl 1989, 371, 372) nicht nur der Verkehr auf dem Betriebsgelände einschließlich der durch den Ein- und Abbiegevorgang entstehenden Geräusche in die Betrachtung einzubeziehen war. Erforderlich war vielmehr, darüber hinaus den Zu- und Abgangsverkehr noch so lange einem Vorhaben zuzurechnen, wie er sich innerhalb eines räumlich überschaubaren Bereiches der Anlage bewegt und nicht im allgemeinen Straßenverkehr aufgegangen ist (vgl. etwa auch Bad.-Württ. VGH, Urteile v. 10.11.1988 - 10 S 758/86 -, NVwZ 1989, 276, 278 und vom 20.2.1992 - 14 S 3415/88 -, Bad.-Württ.VBl. 1992, 385, 386 sowie v. 21.4.1995 - 3 S 2514/94 -, GewArch 1996, 258, 260; ebenso Hess.VGH, Beschl. v. 9.11.1987 - 4 TG 1913/87 -, NVwZ-RR 1988, 3,5).
Nunmehr bestimmt allerdings Nr. 7.4 Abs. 2 der TA Lärm 1998 folgendes:
"Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 Metern von dem Betriebsgrundstück in Gebieten nach Nummer 6.1 Buchstaben c bis f sollen durch Maßnahmen organisatorischer Art soweit wie möglich vermindert werden, soweit
sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen,
keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt ist und
die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weiter gehend überschritten werden.
Der Beurteilungspegel für den Straßenverkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen ist zu berechnen nach den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - Ausgabe 1990 - RLS-90, bekannt gemacht im Verkehrsblatt, Amtsblatt des Bundesministeriums für Verkehr der Bundesrepublik Deutschland (VkBl.) Nr. 7 vom 14. April 1990 unter lfd. Nr. 79. Die Richtlinien sind zu beziehen von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Alfred-Schütte-Allee 10, 50679 Köln."
Der Senat hat diese Regelung in zwei Beschlüssen (vom 25.6.2003 - 1 ME 347/02 -, Vnb, und vom 19.11.2004 - 1 ME 283/04 -, Langtext JURIS, sonstige Veröffentlichung nicht bekannt) für maßgeblich erachtet (ebenso wohl OVG Bremen, B. v. 5.9.2006 - 1 B 285/06 -, Langtext JURIS, sonstige Vnb.; BayVGH, B. v. 23.6.2005 - 25 CS 05.736 - und vom 5.4.2005 - 25 ZB 00.1208 -, beide Langtext JURIS, sonstige Vnb.). Dabei hat der Bay. Verwaltungsgerichtshof in der zuletzt genannten Entscheidung diese Vorschrift sogar dahin ausgelegt, eine Anrechnung des Verkehrs komme überhaupt nicht in Betracht, wenn sich der durch das angegriffene Vorhaben ausgelöste Verkehr - wie hier - innerhalb der 500 m mit dem allgemeinen Straßenverkehr vermischt habe.
Diese Auffassung - Maßgeblichkeit der neuen TA Lärm 1998, Nr. 7.4, Absatz 2 - steht auch in Einklang mit der von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hatte gerade in dem auf Seite 15 oben der Beschwerdebegründungsschrift vom 21. September 2006 zitierten Urteil vom 27. August 1998 (- 4 C 5.98 -, BauR 1999, 152 = BRS 60 Nr. 83 = ZfBR 1999, 49 [BVerwG 27.08.1998 - 4 C 5.98]) angenommen, dass die TA Lärm und die VDI-Richtlinie 2058 - Blatt 1 "brauchbare Anhaltspunkte" für die baurechtliche Prüfung zu bieten vermögen, ob ein Vorhaben wegen des ihm zuzurechnenden Verkehrs noch die Schranken der Verträglichkeit mit benachbarter Nutzung wahrt. Dabei hatte das Bundesverwaltungsgericht in dem zu entscheidenden Fall (Erweiterung eines Kurhauses mit einer größeren, allerdings der Öffentlichkeit zugänglichen Fläche zum Abstellen von PKWs) ausgeführt, eine Anwendung der 16. BImSchV scheide aus, weil der von diesem "Vorplatz" ausgehende Lärm trotz der Allgemeinzugänglichkeit eher einem Privatparkplatz zu vergleichen sei, also nicht der Gepräge einer von der Allgemeinheit genutzten öffentlichen Straße trage.
Es ist nicht ersichtlich, dass die neue Fassung der TA Lärm im Gegensatz zu derjenigen, welche das Bundesverwaltungsgericht in seinem vorgenannten Urteil noch angewandt hat, als brauchbare Orientierungshilfe prinzipiell ausschiede. Der hier zu beurteilende Fall liegt zudem entscheidend anders als der vom Bundesverwaltungsgericht behandelte Fall des erweiterten Kurhauses. Anders als dort findet der An- und Abfahrtsverkehr zum hier angegriffenen Vorhaben auf einer öffentlichen Straße statt, welche die Antragsgegnerin - und sei es gerade zur Beförderung dieses Vorhabens - entlang der Weser neu ausgestaltet und verbreitert hat. Wenn die TA Lärm 1998, welche das Bundesverwaltungsgericht in den genannten Entscheidungen gerade (noch) nicht behandelt hat, in ihrer Nummer 7.4 Absatz 2 die Zumutbarkeit des vorhabenbedingt hervorgerufenen/verstärkten An- und Abfahrtsverkehrs nicht nur an die Erhöhung des Lärms um 3 dB(A) und die Möglichkeit, das zu vermeiden, knüpft, sondern darüber hinaus die Zumutbarkeit in Nr. 7.4 Absatz 2 tiré 3 an die Zumutbarkeit im Sinne der Verkehrslärmschutzverordnung knüpft, dann spricht dies weit eher für die Auffassung, nach der sachverständigen Würdigung dieses Regelwerks solle die Zurechnung des Zu- und Abfahrtsverkehrs nur noch in diesen Grenzen zu würdigen und zu behandeln sein.
Das Beschwerdevorbringen legt nicht im Einzelnen dar, die Grenzwerte der 16. BImSchV würden am hier maßgeblichen Immissionsort überschritten und - das müsste nach der Neufassung der TA Lärm 1998 hinzukommen - es sei durch organisatorische Maßnahmen möglich, diese Belastung durch organisatorische Maßnahmen zu mindern.
Zur Frage der Grenzabstandsvorschriften ist folgendes auszuführen:
Entgegen der Annahme der Antragstellerin brauchen sowohl sie als auch die Beigeladene nur ? H zur Gerichtsstraße hin einzuhalten. § 7 Abs. 4 NBauO ist trotz seines Wortlauts, wonach dieses Privileg "in" bestimmten Baugebieten gelten soll, nicht dahin auszulegen, es dürfe einerseits nur innerhalb des Kerngebiets, in dem das Grundstück der Antragstellerin liegt, andererseits nur innerhalb des Sondergebiets angewandt werden, welches für das angegriffene Vorhaben planerisch festgesetzt worden ist. Maßgeblich ist vielmehr folgendes: Der Grundgedanke der Privilegierung kommt in § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 NBauO zum Ausdruck. Diese Vorschrift entspricht im Wesentlichen der Urfassung, § 7 Abs. 5 NBauO 1973. Sinn und Zweck der Privilegierung besteht darin, überall dort eine Reduzierung des Abstandes auf ? H zu gestatten, wo Wohnnutzung nicht oder nur untergeordneten Umfangs stattfinden darf und dementsprechend nur eingeschränkt das Bedürfnis besteht, Besonnung und Belichtung zu gewährleisten. Die nunmehrige Nr. 3 enthält damit den Grundtatbestand, die Nummern 1 und 2 weitere Gebiete, in denen der Abstand auch/insbesondere unterschritten werden darf. Die gesetzgeberische Differenzierung in den Nummern 1 und 2 erklärt sich daraus, dass bei Kerngebieten nur planerisch festgesetzte, bei gewerblich und industriell genutzten dagegen auch faktische Gebiete abstandsrechtlich privilegiert werden sollten.
Ist § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 NBauO damit der Grundtatbestand und enthalten die beiden anderen Nummern nur klarstellende/differenzierende Konkretisierungen, dann wird deutlich, dass die Abstände in allen Gebieten halbiert werden können, die einen der drei Tatbestände erfüllen. Dementsprechend wird in der Kommentierung von Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert (NBauO, 8. Aufl. 2006, § 7 Rdnr. 37) die Aufzählung in der Überleitung von Nummer 2 zu Nr. 3 mit einem "sowie" gekennzeichnet. Das Wort "in" hat in diesem Zusammenhang nur die Bedeutung das klarzustellen, was dann § 7 Abs. 4 Satz 2 NBauO sozusagen "auf den Punkt" bringt: Nur in "Gebieten", welche die Qualifikationsmerkmale mindestens einer der drei Nummern erfüllen, dürfen die Abstände halbiert werden. Es ist hingegen nicht zulässig, dies im Verhältnis zu Grundstücken zu tun, welche nicht einem dieser drei Gebietstypen unterfallen. Unter der Geltung von § 7 Abs. 5 NBauO 1973 war zwar noch erwogen worden, ob in Randbereichen das Abstandsprivileg jedenfalls dann gelten solle/dürfe, wenn der Bebauungsplan den Übergangsbereich zu Gebieten mit Wohnnutzung entsprechend ausrichte. Dem war schon der 6. Senat des OVG Lüneburg in seinem unveröffentlichten Eilbeschluss vom 19. August 1981 - 6 OVG B 50/81 - mit der Erwägung entgegengetreten, das Abstandsprivileg gelte nur für solche Gebietsarten, die typischerweise keine Wohnungen enthielten. Denn die Abstandsvorschriften seien darauf angelegt, Vor- und Nachteile nach dem Prinzip der Wechselbezüglichkeit, d. h. nur dann und insoweit zu verteilen, als ein entsprechendes Austauschverhältnis bestehe. Daran fehle es aber, wenn nur der eine von dem Abstandsprivileg profitiere. Diese nur in einem Eilbeschluss enthaltene Erwägung hat der Gesetzgeber dann mit dem Fünften Gesetz zur Änderung der Niedersächsischen Bauordnung (vom 11.4.1986, GVBl. S. 103; dort Art. 1 Nr. 7) Gesetz werden lassen.
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass nur diese Handhabung auch Sinn und Zweck der NBauO entspricht. Ein Bedürfnis zu voller Einhaltung des Grenzabstandes besteht überall dort nicht, wo Grundstücke aufeinandertreffen, die beiderseits typischerweise nicht der Wohnnutzung dienen. Ob diese unmittelbar aneinandergrenzen oder durch eine Straße voneinander getrennt sind, ist dabei unerheblich. Im letzten Fall hat dies lediglich zur Folge, dass den Gebäuden nicht nur die Flächen "ihrer Grundstücke", sondern gem. § 9 Abs. 1 NBauO auch noch die Hälfte der Straße als Abstandsfläche zusteht. Allein dass dort eine Straße verläuft, begrenzt den Bereich auch nicht auf ein "Gebiet". Ein einziges "Gebiet" kann vielmehr von Straßen durchzogen sind. Auch hier gilt, dass die angrenzenden Flächen nicht zu dem Gebiet gehören (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 197 = BRS 63 Nr. 102 ) und sich dessen Grenzen daher gerade nicht nach dem Verlauf von Straßen richten. Es ist vielmehr ebenso gut möglich, dass "ein Gebiet" in der Mitte eines Straßengevierts endet. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob sich Grundstücke gegenüber liegen, deren jedes das Abstandsprivileg in Anspruch nehmen kann.
Das ist hier unstreitig der Fall. Das Grundstück der Antragstellerin ist nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 NBauO, das Baugrundstück nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 NBauO privilegiert.
Der dementsprechend nur zur Hälfte einzuberechnende Abstandsschatten reicht in der Hauptsache nur unwesentlich über die Straßenmitte hinaus; lediglich der Abstandsschatten, den der 6 m breite und 4, 50 m, risalitartig neben der Auffahrtsschnecke vorkragende Bauteil wirft, geht deutlich über die Straßenmitte hinaus (vgl. dazu Bl. 153 und 154 der BA P zum Verfahren 1 ME 153/05). Das Maß der Überschreitung des § 9 Abs. 1 NBauO hatte der Senat entgegen der Einschätzung der Antragstellerin (Seite 34 der Beschwerdebegründung, zu 3.2.7) in seinem Beschluss vom 15. November 2005 (- 1 ME 153/05 -, NST-N 2005, 285) auch hinreichend deutlich gemacht. So heißt es zu Beginn des Beschlusses:
"Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht nach mündlicher Erörterung mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 15. Juli 2005, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, und im Wesentlicher folgender Begründung abgelehnt: ........ Die Grenzabstandsbestimmungen würden im Wesentlichen eingehalten. Soweit dies im Hinblick auf die tropfenförmige Ausbuchtung im Bereich der Auffahrtsspindel nicht der Fall sei, habe die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO eine Ausnahme zugelassen. Die dabei anzustellenden Ermessenserwägungen habe sie im Erörterungstermin rechtsfehlerfrei ergänzt."
Die gegen die Anwendung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO gerichteten damaligen Beschwerdeangriffe hat der Senat dann mit folgenden Ausführungen behandelt:
"Ins Verhältnis zu den Einbußen gesetzt, welche der Antragsteller durch die Verwirklichung dieses rund 6 m breiten und 4, 50 m tiefen risalitartig vorspringenden Bauteils erleidet, ergeben sich ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der erteilten Ausnahme. Soweit im Erdgeschoss des Gebäudes gelegene, im Gemeinschaftseigentum gelegene Räume des Gebäudes Zehnhof 2 hierdurch betroffen werden, kann sich der Antragsteller als deren Miteigentümer hierauf zwar berufen. Diese verdienen indes schon wegen ihrer dienenden, nicht unmittelbar der Wohnnutzung zuzuordnenden Funktion keinen besonderen Schutz (vgl. dazu Senatsurteil vom 26.2.2003 - 1 LC 75/02 -, BauR 2004, 68 = NVwZ 2003, 820 = NdsVBl. 2003, 180)."
Diese Überschreitung wird aller Voraussicht nach auch bei Beachtung der hier geltend gemachten Beschwerdegründe durch § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO gerechtfertigt sein.
Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es dazu keiner ausdrücklichen Ausführungen im Bauschein bedarf. In seinem Beschluss vom 15.11.2005 (- 1 ME 153/05 -, NST-N 2005, 285) hatte er dazu ausgeführt:
"Entgegen der Annahme des Beschwerdeführers ist es hierzu nicht erforderlich, dass dies ausdrücklich geschieht. Eines gesonderten Bescheides bedarf es hierzu, wie in der Kommentierung von GroßeSuchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert (NBauO, 7. Aufl., § 85 Rdnr. 18) zutreffend dargelegt wird, nach dem Wortlaut des § 85 Abs. 2, Halbs. 1 NBauO nicht. Denn hiernach wird eine Ausnahme, wenn - wie hier - die Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung von ihr abhängt, schon durch die Baugenehmigung selbst zugelassen; nur in den anderen, durch den ersten Halbsatz nicht erfassten Fällen, zu dem dieser nicht gehört, bedarf es einer besonderen schriftlichen Entscheidung.
Der bisherigen Rechtsprechung des Senats lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen. Die vom Antragsteller hierzu zitierten Entscheidung (Senatsb. v. 6.12.2004 - 1 ME 256/04 -, ZfBR 2005, 281 = BauR 2005, 975 = NdsVBl. 2005, 132) sagt hierzu nichts aus. In der Entscheidung vom 3. September 2003 (- 1 ME 193/03 -, NJW 2004, 382 = BauR 2004, 464 = Nds VBl. 2004, 75) war ausweislich der Gründe offenbar nicht einmal ein solcher Antrag gestellt worden. Ein solcher ist nach dem voneinander abweichenden Wortlaut des § 85 NBauO einerseits und 86 NBauO andererseits nur bei Befreiungen erforderlich. Bei einer Ausnahme reicht es nach dem Willen des Gesetzgebers aus, dass das dahingehende Begehren des Bauherrn schon durch den Bauantrag deutlich wird.
Auf dieser Linie liegt es auch, dass der Senat in seinem Beschluss vom 6. Dezember 2004 (aaO) die Frage einer Ausnahme nach § 13 Abs. 1 Nr. 6 NBauO erörtert hat, obwohl im Bauschein nur eine "Ausnahme nach § 34 (2) BauGB" erteilt worden war."
Ausschlaggebend ist damit die gesetzliche Ausgestaltung. Die von der Antragstellerin dazu angestellten Erwägungen sind eher grundsätzlicher Natur und mögen dem Gesetzgeber vielleicht Anlass geben, das Verhältnis §§ 85 zu 86 NBauO anders zu bestimmen. Zwingend ist das allerdings nicht. § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO ist, wenn man so will, eine abstandsrechtliche Bestimmung wie jede andere. Es gehört nun einmal zum Aufbau der Niedersächsischen Bauordnung, den Grundsatz, wonach Gebäude mit all ihren Teilen 1 H Abstand von der Grenze des Baugrundstücks zu halten haben, mit einer Vielzahl von Sonderbestimmungen zu "durchlöchern". Entscheidend ist auch hier, was "am Ende herauskommt", d. h. zu welchem Ergebnis die Anwendung der zum Teil in unterschiedliche Richtungen weisenden Vorschriften des niedersächsischen Grenzabstandsrechts führt. Die Entscheidung des BVerwG vom 17. Februar 1971 (- IV C 2.68 -, BauR 1971, 106 = DVBl. 1971, 754 = BRS 24 Nr. 168 ) kann die Antragstellerin für ihre gegenteilige Auffassung hier nicht fruchtbar machen. In dem dort entschiedenen Fall war erst zwei Jahre nach dem Bauschein eine Befreiung von den planungsrechtlichen Anforderungen eines Durchführungsplanes erteilt worden. Das ist hier anders. Wie sich schon aus den oben zitierten Unterlagen (BA P des Verfahrens 1 ME 153/05, Bl. 153 f.) ergab, war der Antragsgegnerin als planende Gemeinde und Bauaufsichtsbehörde klar, dass diese Gebäudegestaltung nur unter Abweichung von den Bestimmungen des Grenzabstandsrechts würde genehmigt werden können. Das hätte es nicht ausgeschlossen, dies im Bauschein ausdrücklich zum Ausdruck zu bringen. Das Fehlen ausdrücklicher Formulierungen begründete allenfalls einen Begründungsmangel. Dieser ist jedenfalls durch die zwischenzeitlichen Erörterungen geheilt. Maßgeblich ist, ob diese Durchbrechung des in § 7 Abs. 1 S. 1 bis 3 NBauO enthaltenen Grundsatzes materiellrechtlich zu rechtfertigen ist. Das ist zu bejahen.
§ 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Zweifeln. Die Ausnahmevorschriften sind in § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO vom dazu berufenen Landesgesetzgeber bestimmt worden. Dass unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden, hindert die Annahme einer Vorschrift, welche in rechtmäßiger Weise den Inhalt des Grundeigentums bestimmt, nicht, so lange diese hinreichend bestimmbar ausgelegt werden kann. Die vom Senat in seiner Entscheidung vom 15. November 2005 (- 1 ME 153/05 -, NST-N 2005, 285) nochmals zusammengefassten Grundsätze zeigen, dass dies möglich ist.
Deren Anwendung führt zu einem der Antragstellerin ungünstigen Ergebnis. Der Senat erspart es sich, seine beiden Beteiligten bekannten Ausführungen aus dem Beschluss vom 15. November 2005 (- 1 ME 153/05 -, NST-N 2005, 285) neuerlich zu wiederholen. Die mit Äußerungen von Herrn Prof. Dr. L. M. vom 15. August und 12. Dezember 2005 untermauerten Angriffe gegen diese Würdigung werden aller Voraussicht nach nicht durchgreifen. Zum Beschwerdevorbringen sind die folgenden Ausführungen angezeigt:
Richtig ist zwar, dass vor einer "Banalisierung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO " zu warnen ist. Nicht jedwede Lösung, die sich, beurteilt nach § 34 BauGB, einfügen würde, ist danach schon als besondere städtebauliche oder gestalterische Absicht zu bezeichnen. Insbesondere darf sich die Lösung nicht darauf beschränken, lediglich im näheren Umfeld zu einer "gefälligen Lösung" zu gelangen. "Städtebauliche" Absichten erfordern vielmehr, dass das in Rede stehende Objekt das Stadtbild zu beeinflussen geeignet ist. In diesem Zusammenhang muss die gefundene Lösung also eine Besonderheit aufweisen. Das ist hier der Fall. Es mag sein, dass zur Bewältigung dieser städtebaulichen Situation noch "pfiffigere" Lösungen hätten ersonnen werden können. Darauf kommt es hier indes nicht an. Die Besonderheit besteht darin, dass das angegriffene Vorhaben die Folgen einer Bebauung darstellt, welche sich vor etwa 20 Jahren mit dem real-Markt zwischen Weser und westlichen Rand der Altstadt geschoben hatte. Die dabei geschaffenen Grundstücks-, Ausnutzungs- und Straßenverhältnisse, die unter anderem durch einen schon nach seiner Nutzung nicht übermäßig attraktiven Zentralen Omnibusbahnhof (ZOH) flankiert werden, lassen sich weder aus städtebaulichen noch aus privatrechtlichen Gründen (Grundstückszuschnitte) wieder zurückschrauben. Städtebauliche sowie Gründe des Lärmschutzes schließen es gleichermaßen aus, dort etwa zu einer Art Wohnnutzung zurückzukehren. Nachdem auch die Antragsgegnerin mit ihrem in Normenkontrollverfahren angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 727 "Stadtgalerie Hameln/Zentrale Omnibushaltestelle" die planerische Verantwortung für eine Fortsetzung derart dimensionierter Blockrandbebauungen am westlichen Eingang ihrer Altstadt übernommen hat, war der Bauherr vor die Aufgabe gestellt, diese wuchtige Front zu gliedern. Außerdem hatte er die Aufgabe, die mit Gebäuden dieser Art verbundenen, notgedrungen (Straßenverlauf) zur stadtabgewandten Seite anzuordnenden "Ver- und Entsorgungsbereiche" zu kaschieren. Dieser "Verdauungstrakt" des Gebäudes, d. h. die An- und Abfahrtszone für Kunden-PKWs sowie Anlieferungszone/LKW und Entsorgungszone (Müll), konnte nach Lage der Dinge nur dort angesiedelt werden. Denn mit der Fußgängerzone und dem zu erhaltenden alten Kreishaus sind Zwangspunkte gesetzt, welche eine andere Positionierung ausschließen. Andererseits bestand die Aufgabe darin, diesem notgedrungen langgestreckten und wuchtigen, noch dazu seiner Nutzung nach nicht übermäßig attraktiven Bereich wegen der Nähe der Weser (eine der An-Schauseiten der Antragsgegnerin) einen "gewissen Pfiff" zu geben.
Die in diesem Zusammenhang gefundene Lösung mag nun bei einem Streit für ästhetische Belange besonders prädestinierter Personen, insbesondere auf diesem Gebiet tätiger Professoren, nicht auf ungeteilten Beifall stoßen oder sogar mehrheitlich kritisiert werden können. Die hier gefundene Lösung hat aber den für § 13 Abs. 1 Nr. 1 NBauO ausreichenden Vorzug, einerseits eine aus dem Rahmen fallende Lösung zu finden, indem der risalitartig vortretende Gebäudeteil die Erdgeschossebene ausspart und durch sein "schwebendes" Dasein von der Weserseite her einen bemerkenswerten gestalterischen Akzent zu setzen. Dabei mag es sein, dass, wie Herr Prof. Dr. L. M. unter dem 15. August 2005 (Seite 3) meint, eine eckige Ausformung diesen Akzent noch weiter betont hätte. Es ist eine jedoch stark ins Subjektive hineinreichende, unter Umständen an festkörperphysikalische Gegebenheiten anknüpfende, jedenfalls nicht uneingeschränkt überzeugende Annahme zu meinen, an - wie hier - rund ausgebildeten Gliederungselemente würde der Blick sogar "abgleiten" und damit zu den östlich davon liegenden Versorgungseinfahrten hingelenkt. Für den Blick von der Weser, d. h. aus Profil und Halbprofil trifft das jedenfalls nicht zu.
Bei der Beurteilung kann schließlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass die mit diesem Bauteil verbundenen Einbußen an Besonnung und Belüftung ausgesprochen gering sind. Dementsprechend geringeres Gewicht ist an die bauordnungsrechtliche Rechtfertigung zu stellen. Ein Bauteil von 4, 50 m Breite und 6 m Höhe nimmt der nördlich gegenüberstehenden Bebauung nicht so viel an Licht, Sonne und Luft, dass hier ein besonders strenger Maßstab anzulegen wäre. Die Dimensionierung des Risalits ist auch insofern "ehrlich", als sie nur eine Zäsur bewirkt, aber nicht - was im Gegensatz zur unverkennbaren Bestimmung dieses Gebäudes und Gebäudeteiles stünde - versucht, sich eine äußere Gestalt zu geben, die eher an historische Gebäude erinnert oder eine Tarnarchitektur" versucht, wie sie etwa am Frankfurter Römerberg mit der sogenannten "gudd Stubb" mit einem Erfolg versucht worden ist, über den man streiten kann.
§ 13 Abs. 1 NBauO ist auch keineswegs nur darauf angelegt, preiswürdige Baugestaltungen abstandsrechtlich zu prämieren. Wenn seine Nummer 3 sogar in einer durchgehenden, in sich aber eher "banalen" geschlossenen Baureihe gestattet, eine "Zahnlücke" unter Verletzung von § 9 Abs. 1 NBauO mit Trauf- und Firsthöhen zu schließen, die an die beiderseits begleitenden Gebäude anschließt, oder die Nummer 5 Verkleidungen und Verblendungen, d. h. auch etwas kleingliedrigere Versuche, dem Gebäude ein gefälligeres Äußeres zu geben, abstandsrechtlich rechtfertigen kann, dann sind bei so geringen Einbußen wie hier ebenfalls keine übertriebenen Anforderungen zu stellen.
Der Baukörper selbst greift nur geringeren Umfangs mit seinem halben Abstandsschatten über die Straßenmittellinie hinaus. Das ergibt sich aus dem Abstandsflächenplan Blätter 154 und 153 BA P zu 1 ME 153/05). Danach überschreitet der Baukörper selbst nur unwesentlichen Umfangs die wegen § 9 Abs. 1 NBauO maßgebliche Straßenmitte, Lediglich der erkerförmig vortretende, 6 m breite und 4,50 m tiefe Bauteil "links" der Einfahrtsspindel kollidiert mit den Abstandsschatten, welche das Gebäude der Antragstellerin wirft. Das hat aber nur so geringfügige Einbußen an Belichtung, Belüftung und Besonnung zur Folge, dass die Anforderungen an die besondere gestalterische und städtebauliche Ausgestaltung nicht übermäßig hoch angesiedelt werden dürfen.
Aus diesen Ausführungen folgt zugleich, dass hinsichtlich der gesunden Arbeitsverhältnisse ins Gewicht fallende Einschränkungen nicht zu erwarten sind. Die Gestaltung der Auffahrtsspindel (Glas mit begleitendem hellem, gelbem Naturstein) lenkt in einem Maße Licht in die Gerichtsstraße hinein, welche die kleine Einbuße durch den vorspringenden Bauteil mehr als kompensieren wird.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG iVm. Nr. 8 lit. d und 18 lit. b der regelmäßigen Streitwertannahmen des 1. und 9. Senats des Nds. Oberverwaltungsgerichts für Verfahren, die nach dem 1.1.2002 anhängig geworden sind (NdsVBl. 2002, 192 = NordÖR 2002, 197).
Streitwertbeschluss:
Dabei ist die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts gem. § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG zu korrigieren. Anders als im Verfahren 1 ME 153/05 verteidigt die Antragstellerin nicht lediglich die Nutzbarkeit einer Wohnung, welche sich nur mit der einen Seite zum angegriffenen Vorhaben hin öffnet. Die Antragstellerin sucht vielmehr die Nutzbarkeit ihrer gewerblich genutzten Immobilien (nach Darstellung der Antragsgegnerin - Schriftsatz vom 19.12.2005 - mehrere Geschäfte, nämlich eine Änderungsschneiderei/Schlüsseldienst, Geschäft für Textilien und Kleinmöbel sowie Büro für Bauleistungen) zu verteidigen. Das wird es schon wegen der der Antragstellerin unter Umständen drohenden Mieteinbußen im Hauptsacheverfahren rechtfertigen, den durch Nr. 8 lit. d der zitierten Streitwertannahmen umrissenen Streitwertrahmen von 5.000,-- bis 100.000,-- € mit 25.000,-- € auszufüllen.