Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 29.01.2007, Az.: 5 ME 61/07

Rechtmäßigkeit einer Weisung des Dienstherrn zur amtsärztlichen Untersuchung; Zweifel des Dienstherrn über die Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für eine Weisung zur amtsärztlichen Untersuchung; Qualifizierung einer dienstlichen Weisung an einen Beamten als Verwaltungsakt; Einfluss einer Weisung auf den Ausgang eines Zwangspensionierungsverfahrens; Auswirkungen einer Verletzung der Pflichten des Dienstherrn nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) auf eine Entscheidung zur Versetzung eines schwerbehinderten Beamten in den Ruhestand

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
29.01.2007
Aktenzeichen
5 ME 61/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 48230
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2007:0129.5ME61.07.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig - 27.09.2006 - AZ: 7 B 295/06

Fundstelle

  • br 2007, 197-200 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)

Amtlicher Leitsatz

Die Rechtmäßigkeit einer Weisung des Dienstherrn an einen schwerbehinderten Beamten, sich zur Prüfung der Dienstunfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen, ist unabhängig von der Erfüllung derjenigen Pflichten zu beurteilen, die dem Dienstherrn nach § 84 SGB IX und einer geschlossenen Rahmenintergrationsvereinbarung zum Schutze des schwerbehinderten Beamten obliegen.

Gründe

1

I.

Mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Weisung zur amtsärztlichen Untersuchung vom 10. August 2006 wiederherzustellen, abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob es sich bei der nach § 42 Abs. 1 Satz 3 BBG ergangenen Weisung um einen Verwaltungsakt handele, da der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, unabhängig davon, ob er nach § 80 Abs. 5 VwGO oder nach § 123 zu gewähren sei, im Ergebnis keinen Erfolg habe. Sofern die Weisung als Verwaltungsakt einzuordnen sei, sei der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht begründet. Die sofortige Vollziehung der Weisung sei nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für die Weisungserteilung lägen vor, da die Zweifel an der Dienstfähigkeit wegen der Erkrankung des Antragstellers seit dem 14. Oktober 2004 gerechtfertigt seien. Dem Einwand, eine amtsärztliche Untersuchung zur Beurteilung der Dienstfähigkeit dürfe erst nach Abschluss des betrieblichen Eingliederungsmanagements erfolgen, könne nicht gefolgt werden, weil diesbezügliche Maßnahmen zur Überwindung einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit oder zur Vorbeugung erneuter Arbeitsunfähigkeit nur dann angezeigt seien, wenn keine dauernde Dienstunfähigkeit gegeben sei. Im Übrigen solle vorliegend die amtsärztliche Untersuchung gerade auch der Klärung dienen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen des Eingliederungsmanagements aus ärztlicher Sicht sinnvoll und geboten erscheinen. Die Schwerbehindertenvertretung habe der Weisung mit diesem Untersuchungsgegenstand zugestimmt. Sie sei daher auch entsprechend der Integrationsvereinbarung, welche eine Beteiligung vor Einschaltung eines Arztes mit dem Ziel der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand vorsehe, hinreichend beteiligt worden. Die Rüge der nicht zeitnahen Durchführung des Eingliederungsmanagements sei nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der Weisung zu begründen, da diese allein Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten voraussetze. Schließlich sei zu beachten, dass mit der Weisung noch nicht über die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit entschieden sei. Ergebnis der Untersuchung könnten vielmehr bei Fortbestehen der Dienstfähigkeit auch Maßnahmen zur Überwindung der aktuell bestehenden Dienstunfähigkeit sein. Sollte es sich bei der Weisung nicht um einen Verwaltungsakt handeln, sei der gemäß § 123 VwGO auszulegende Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ebenfalls nicht begründet, da die streitgegenständliche Weisung rechtmäßig und somit ein Anordnungsanspruch nicht gegeben sei.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Nach seiner Auffassung habe die Antragsgegnerin ihre gegenüber dem Antragsteller aus § 81 Abs. 4 SGB IX und der nach § 83 SGB IX vereinbarten Rahmenintegrationsvereinbarung sich ergebenden Pflichten verletzt. Danach sei die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller als Schwerbehinderten jeweils die bestmöglichsten Arbeitsbedingungen zu schaffen. Hierzu gehörten insbesondere Regelungen der Geschäfts- und Arbeitsverteilung entsprechend der durch den Grad der Behinderung bedingten individuellen Leistungsfähigkeit. Diese Pflichten habe die Antragsgegnerin bereits dadurch verletzt, dass sie dem Antragsteller ohne Berücksichtigung seiner Behinderung ein zu umfangreiches Arbeitspensum auferlegt habe. Daneben habe sie den ihr aus seiner Personalakte bekannten Bedarf an Hilfsmitteln außer Acht gelassen. Ihm sei zudem bei der Zollverwaltung eine geringer bewertete Tätigkeit auf einer künftig wegfallenden Stelle übertragen worden, ohne dass die Antragsgegnerin die Möglichkeiten der Übertragung einer seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeit geprüft habe. Entgegen § 84 SGB IX sei das Integrationsamt nicht eingeschaltet worden. Eine Gefährdung des aktiven Beamtenverhältnisses folge aus der Beauftragung des Gesundheitsamtes mit der amtsärztlichen Untersuchung. Das Hauptzollamt B. habe zudem unberechtigterweise das betriebliche Eingliederungsmanagement für gescheitert erklärt. Entsprechend der gesetzgeberischen Intention sei nicht jede Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung des Antragstellers ausgeschöpft worden. Dies zeige sich auch daran, dass das Hauptzollamt B. nicht bereits im Jahre 2004, sondern erst im Juli 2005 mit dem Verfahren nach § 84 SGB IX begonnen habe. Hierbei sei die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß erfolgt, da der Bezirksschwerbehindertenvertrauensmann für dieses Verfahren nicht zuständig sei. Die Nichtdurchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements habe die Rechtswidrigkeit der das Arbeitsverhältnis beendenden Maßnahme zur Folge. Der Antragsteller müsse sich nicht einem Verfahren nach § 42 BBG unterziehen. Da das Eingliederungsmanagement bereits nach sechswöchiger Erkrankung habe eingeleitet werden müssen, könne der Dienstherr dieses Verfahren nicht dadurch umgehen, dass er das Vorliegen der Voraussetzungen für die Versetzung in den Ruhestand abwarte. Die gesetzgeberische Entscheidung, dass vor Einleitung des Verfahrens mit dem Ziel der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit erst das betriebliche Eingliederungsmanagement durchgeführt werden müsse, verkenne das Verwaltungsgericht. Schließlich könne die Weisung nicht als solche im Sinne von § 42 Abs. 1 Satz 3 BBG angesehen werden, weil die Antragsgegnerin gleichzeitig mit dem Untersuchungsauftrag an das Gesundheitsamt die weitere Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements vom Ergebnis der Untersuchung abhängig gemacht habe. Der Amtsarzt könne zudem zur Frage des Eingliederungsmanagements nicht Stellung nehmen, da er sich hierbei nicht um einen Werks- oder Betriebsarzt im Sinne von § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB IX handele. Zudem könne infolge des Zeitablaufs nicht mehr festgestellt werden, ob bei einer rechtzeitigen Einschaltung des Betriebsarztes eine dauerhafte Eingliederung möglich gewesen wäre.

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Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 26.09./27.09.2006, Aktenzeichen 7 B 295/06, aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen die Weisung zur amtsärztlichen Untersuchung vom 10.08.2006 wieder herzustellen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

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Zur Begründung verteidigt sie den angegriffenen Beschluss und vertieft das erstinstanzliche Vorbringen.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und wegen des Sachverhalts im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin (Beiakten A - I) Bezug genommen.

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II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Antragsteller gegen den verwaltungsgerichtlichen Beschluss vorgebrachten Gründe sind nicht geeignet, eine ihm günstigere Entscheidung zu treffen, § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO.

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Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Rechtmäßigkeit der Weisung durch mögliche Versäumnisse des Hauptzollamts B. bzw. der Antragsgegnerin beim Verfahren nach § 84 SGB IX nicht berührt wird. Insoweit wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen. Das Beschwerdevorbringen gibt lediglich Anlass zu den folgenden ergänzenden Ausführungen.

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§ 42 Abs. 1 Satz 3 BBG setzt für die Weisung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, ausschließlich Zweifel des Dienstherrn über die Dienstunfähigkeit des Beamten voraus. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Antragsgegnerin habe von solchen Zweifeln ausgehen dürfen, hat der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht angegriffen.

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Dass darüber hinausgehend der Dienstherr seinen aus §§ 81 Abs. 4 und 84 SGB IX obliegenden Pflichten nachgekommen sein muss, bevor er eine Weisung im Sinne von § 42 Abs. 1 Satz 3 BBG erteilt, lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Eine solche ungeschriebene Voraussetzung widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Weisung. Die Weisung begründet eine Dienstpflicht, deren Nichtbefolgung zwar disziplinarrechtlich verfolgt werden kann, die aber - und hierauf kommt es vorliegend entscheidend an - auf die Art und Weise der Durchführung und des Ausgangs des Zwangspensionierungsverfahrens keinen Einfluss hat (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 13.06.1990 - 5 M 22/90 -, NVwZ 1990, 1194 [OVG Niedersachsen 13.06.1990 - 5 M 22/90]). Die amtsärztliche Untersuchung - und damit die ihr in den Fällen des § 42 Abs. 1 Satz 3 BBG vorangestellte Weisung - dient allein der Feststellung der Dienstfähigkeit bzw. Dienstunfähigkeit des Beamten. Nur wenn Letzteres festgestellt wird, ist die Voraussetzung für eine Entscheidung des Dienstherrn, ein Zwangspensionierungsverfahren einzuleiten, gegeben. Die Weisung nach § 42 Abs. 1 Satz 3 BBG - unabhängig von ihrer Rechtsnatur - indiziert somit weder die Einleitung eines Zwangspensionierungsverfahrens noch die abschließende Entscheidung des Dienstherrn über die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit (vgl. auch Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer, BBG, Stand: November 2006, § 42 BBG, Rn. 12). Dies folgt nicht zuletzt auch aus der Vorschrift des § 42 Abs. 3 BBG, wonach selbst im Falle der amtsärztlichen Feststellung der Dienstunfähigkeit des Beamten dieser nicht ohne weiteres in den Ruhestand zu versetzen ist, sondern der Dienstherr zunächst die Möglichkeiten einer anderweitigen vollen oder eingeschränkten Verwendung zu prüfen hat.

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Dementsprechend hat die streitgegenständliche Weisung gerade nicht zwangsläufig die Versetzung des Antragstellers wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zur Folge. Vielmehr soll ihr Ergebnis der Antragsgegnerin als Entscheidungsgrundlage dafür dienen, ob der Antragsteller wieder auf seinen früheren Dienstposten eingesetzt werden kann, ob nach § 42 Abs. 1 Satz 1 BBG ein Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand einzuleiten ist oder nach § 42 Abs. 3 BBG die Möglichkeiten einer Weiterbeschäftigung zu prüfen sind. Unabhängig davon ist die Antragsgegnerin, was der Antragsteller übersieht, nicht gehindert, die sich aus einem nach § 84 Abs. 2 SGB IX durchzuführenden Eingliederungsmanagementverfahren ergebenden Möglichkeiten in ihre Entscheidungsfindung einzubeziehen. Es ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin auch noch nach dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung ihren Pflichten aus §§ 81 und 84 SGB IX sowie der von dem Antragsteller zitierten Rahmenintegrationsvereinbarung nachkommen kann. Der Senat ist daher ebenso wenig wie das Verwaltungsgericht gehalten, die von dem Antragsteller aufgeworfenen Fragen aufzuklären, inwieweit das Hauptzollamt B. bzw. die Antragsgegnerin die nach dem SGB IX dem Antragsteller gegenüber obliegenden Pflichten tatsächlich verletzt haben, sie insbesondere nicht rechtzeitig nach einer dem Leistungsbild des Antragstellers entsprechenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und des Integrationsamts gesucht und zu Unrecht das bereits eingeleitete Eingliederungsmanagementverfahren für gescheitert erklärt haben. Gleiches gilt für den Einwand, es lasse sich nun nicht mehr klären, ob ein rechtzeitig eingeleitetes Eingliederungsmanagementverfahren eine Dienstunfähigkeit verhindert hätte. Ob der Antragsteller tatsächlich dauernd dienstunfähig ist, soll schließlich erst durch die angeordnete amtsärztliche Untersuchung geklärt werden.

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Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang mit der Beschwerde vorträgt, ihm sei eine nicht amtsangemessene Beschäftigung übertragen worden ist, ist nicht nachvollziehbar, in welcher Weise die Übertragung der nach Auffassung des Antragstellers geringwertigen Tätigkeit im Hauptzollamt B. die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Weisung zur Folge haben soll. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Antragsteller bisher einen gesondert von der Rechtmäßigkeit der Weisung zu beurteilenden Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend gemacht hat. Er hat lediglich mit Blick auf seine Schwerbehinderung eine Arbeitsentlastung gefordert, die ihm von dem Hauptzollamt B. im Rahmen eines am 13. Oktober 2004 durchgeführten Personalgesprächs angeboten worden ist, indem seine Arbeitsfälle von 400 Stück auf 200 Stück reduziert worden sind.

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Zu einer anderen Betrachtung führt nicht die Entscheidung des OVG Mecklenburg-Vorpommern, das in einem besonders gelagerten Fall die dienstliche Beurteilung einer Richterin auf Probe wegen Verletzung von § 84 Abs. 1 SGB IX als rechtswidrig und im Entlassungsverfahren für nicht verwertbar erachtet hat (vgl. Beschl. v. 09.10.2003 - 2 M 105/03 -, zitiert nach [...]; dazu kritisch OVG Saarland, Beschl. v. 23.08.2006 - 1 Q 25/06 -; zitiert nach [...]). Denn die hier umstrittene Weisung hat im Gegensatz zu einer abschließenden negativen Beurteilung eines Probebeamten nicht - wie aufgezeigt worden ist - zwangsläufig die Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses zur Folge.

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Auch kommt es nicht entscheidend darauf an, dass sich nach Auffassung des Antragstellers eine Verletzung der Pflichten nach dem SGB IX auf eine Entscheidung des Dienstherrn zur Versetzung eines schwerbehinderten Beamten in den Ruhestand auswirken kann. Denn hier ist nicht die Versetzung des Antragstellers in den Ruhestand im Streit. Einer Auseinanderssetzung mit der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach die Nichtdurchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements sich auf die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung auswirken kann (vgl. BAG, Urt. v. 04.10.2005 - 9 AZR 632/04 -, NJW 2006, 1691 ff.; Nds. LAG, Urt. v. 25.102006 - 6 Sa 974/05 -, zitiert nach [...]), bedarf es daher nicht. Dies gilt auch, soweit sich diesen Entscheidungen entnehmen lässt, in § 84 Abs. 2 SGB IX komme zum Ausdruck, dass eine krankheitsbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers nur die "ultima-ratio" sein soll und der Arbeitgeber zunächst eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit zu prüfen hat. Insoweit weist der Senat lediglich darauf hin, dass dieses "ultima-ratio"-Prinzip im beamtenrechtlichen Bereich bereits in § 42 Abs. 3 BBG zum Ausdruck kommt, ohne das vorliegend zu klären ist, inwieweit die sozialrechtlichen Pflichten des SGB IX bei der Auslegung dieser Vorschrift zu beachten sind.

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Da die Weisung nach § 42 Abs. 1 Satz 3 BBG nicht zwangsläufig zu einer Versetzung des Antragstellers in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit führt, vermag der Senat mithin nicht zu erkennen, dass wegen einer Verletzung der sozialrechtlichen Pflichten es dem Dienstherrn grundsätzlich verwehrt sein soll, die Frage der Dienstunfähigkeit der Beamten klären zu lassen. Zwar weist der Antragsteller zutreffend darauf hin, dass das betriebliche Eingliederungsmanagementverfahren nach § 84 Abs. 2 SGB IX bereits nach sechswöchiger Erkrankung des Beschäftigten durchgeführt werden soll, während die Frage, ob der Beamte aufgrund der Dauer seiner Erkrankung als dienstunfähig angesehen werden kann, sich nach § 42 Abs. 1 Satz 2 BBG erst stellt, wenn der Beamte innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst verrichtet hat und keine Aussicht besteht, dass er innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig wird. Dieses spricht jedoch entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht für ein abgestuftes Verhältnis zwischen diesen Regelungen dergestalt, dass der Dienstherr nach § 42 BBG erst im Anschluss an ein Scheitern des Eingliederungsmanagements vorgehen dürfe. Denn das betriebliche Eingliederungsmanagementverfahren und das Verfahren zur Klärung der Dienstunfähigkeit des Beamten schließen sich - wie aufgezeigt worden ist - nicht aus. Auch kann sich der Dienstherr durch ein Abwarten des Krankheitsverlaufs nicht ohne weiteres, wie der Antragsteller meint, dem Verfahren nach § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB IX entziehen und sogleich das Zwangspensionierungsverfahren bei Vorliegen der Voraussetzungen in die Wege leiten. Denn der Arbeitgeber/Dienstherr unterliegt hinsichtlich der Erfüllung seiner aus § 84 Abs. 2 SGB IX resultierenden Pflichten nach § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX der Überwachung durch die Interessenvertretungen im Sinne von § 93 SGB IX bzw. die Schwerbehindertenvertretung.

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Die Rechtswidrigkeit der Weisung lässt sich schließlich nicht damit begründen, dass die angeordnete amtsärztliche Untersuchung nicht allein auf die Feststellung der Dienstunfähigkeit des Antragstellers gerichtet ist, sondern darüber hinausgehend der Amtsarzt - ungeachtet der Frage seiner Zuständigkeit gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB IX - auch zu möglichen Maßnahmen des Eingliederungsmanagements Stellung nehmen soll. Denn dieses dient dem Dienstherrn zugleich als Entscheidungsgrundlage für die Frage, ob dem Antragsteller nach § 42 Abs. 3 BBG eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit angeboten werden kann.