Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 03.05.2021, Az.: 12 B 393/21

Außenterrasse; Außenwohnbereich; Beeinträchtigungsverbot; Drittschutz; Freiluftgaststätte; Freischankfläche; Gaststättenbetrieb; Gebot der Rücksichtnahme; Gemischte Gaststätte; Gutachten; Heranrückende Wohnbebauung; Lärmbeeinträchtigungen; Schallimmissionen; Schutzwürdigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
03.05.2021
Aktenzeichen
12 B 393/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 71018
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Das standardisierte Beurteilungsverfahren der TA Lärm ist auf Freischankflächen einer in geschlossenen Räumen betriebenen Gaststätte nicht anwendbar.
2. Dem Baunachbarn ist nicht schon deshalb vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren, weil die Bauaufsichtsbehörde ohne plausible Begründung auf die Vorlage gutachterlicher Untersuchungen verzichtet hat (Anschluss an Nds. OVG, Beschl. v. 09.08.2011 - 1 ME 107/11 -, juris).

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 10.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Baugenehmigung, die die Antragsgegnerin der Beigeladenen für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses erteilt hat.

Der Antragsteller ist Erbbauberechtigter an dem Grundstück G., H., Flurstücke I. und J. der Flur K. der Gemarkung L.. Das Grundstück befindet sich auf einer kleinen Insel in dem Fluss M.. Auf dem Grundstück wird ein Café mit Restaurant betrieben. Das Café, das der Rechtsvorgänger des Antragstellers auf der Grundlage der ihm von der Antragsgegnerin unter dem 18. Februar 1981 erteilten Baugenehmigung errichtet hatte, verfügt neben einer Innen- auch über eine Außengastronomie. Ausweislich der Bauvorlagen ist von der Genehmigung auch eine Außenterrasse an den nord- und südwestlichen Gebäudeseiten umfasst. Die Betriebszeit der Außenterrasse ist nach einer der Ehefrau des Antragstellers als der damaligen Betreiberin des Cafés erteilten Gaststättenerlaubnis vom 18. September 2007 auf täglich 22:00 Uhr begrenzt.

Nordöstlich des Grundstücks befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite der M. das im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück N., H., Flurstücke O. und P. der Gemarkung L. (im Folgenden: Baugrundstück). Nördlich des Baugrundstücks schließen sich mit der Kirche Q. (R.) und dem Senioren- und Pflegeheim S. (T.) die denkmalgeschützten Bauten des ehemaligen U. an.

Das Grundstück der Beigeladenen liegt im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans V., der für das Plangebiet ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Der am 27. Juni 2019 in Kraft getretene Bebauungsplan trifft u.a. folgende textliche Festsetzung:

Nr. 3: „Bei den dem W. zugewandten Gebäudeseiten müssen die Außenbauteile mindestens ein Bau-Schalldämmaß von R’w,ges ≥ 28 dB aufweisen. Schutzbedürftige Räume (Aufenthaltsräume, deren Fassaden einem Beurteilungspegel von Lr > 45dB(A) ausgesetzt sind[)], sind mit schallgedämmten Lüftungseinrichtungen in Außenbauteilen und einer entsprechenden mechanischen Lüftungsunterstützung auszustatten. Bei Vorhandensein einer wohnungs- oder gebäudezentralen Lüftungsanlage kann auf schallgedämmte Lüftungseinrichtungen verzichtet werden. Die ergriffenen Schutzmaßnahmen sind im Rahmen des Bauantragsverfahrens darzustellen/nachzuweisen (gemäß § 9 (1) Nr. 24 BauGB).“

Die Festsetzung geht auf ein von der Antragsgegnerin im Aufstellungsverfahren eingeholtes schalltechnisches Gutachten des Büros X. vom 30. Januar 2018 zurück (vgl. S. 7 f. der Planbegründung). Zwar war das Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Festsetzung des Plangebiets als allgemeines Wohngebiet ohne aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen möglich ist. Das Plangebiet werde nicht übermäßig verlärmt. Der Straßenverkehr sowie die umliegenden gewerblichen Anlagen und Stellplatzflächen führten zu keinen im Sinne der DIN 18005 störenden Geräuschbelastungen im Plangebiet. Für schutzbedürftige Räume der geplanten Bebauung, die einem Beurteilungspegel Lr > 45 DB(A) ausgesetzt sind, hatten die Gutachter jedoch schalldämmende Lüftungseinrichtungen bzw. eine zentrale Lüftungsanlage empfohlen, um einen erholsamen Schlaf bei geschlossenem Fenster und gleichzeitig hygienischen Raumluftbedingungen sicherstellen zu können (S. 20 des Gutachtens).

Der am 27. Juni 2019 in Kraft getretene Bebauungsplan ist Gegenstand eines von dem Antragsteller beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht gestellten Normenkontrollantrages (Az. 1 KN 100/19), über den noch nicht entschieden worden ist.

Mit Bescheid vom 2. November 2020 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen eine mit verschiedenen Nebenbestimmungen versehene Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit drei Vollgeschossen und zwölf Wohneinheiten auf dem Baugrundstück. Nach den genehmigten Bauvorlagen besteht das Mehrfamilienwohnhaus aus zwei - gegeneinander versetzten - Gebäudeteilen, die längs der M. errichtet werden. An der südwestlichen Seite - zum Grundstück des Antragstellers hin - sind insgesamt vier Terrassen und acht Balkone bzw. Loggien vorgesehen. Die Baugenehmigung enthält u.a. folgenden Hinweis: „Die Anforderungen bzgl. des Schallschutzes sind gemäß DIN 4109 und den Bebauungsplanfestsetzungen (Schutz der Wohnnutzungen) einzuhalten.“

Unter dem 26. November 2020 erhob der Antragsteller gegen die Baugenehmigung Widerspruch, über den die Antragsgegnerin bisher nicht entschieden hat. Zugleich beantragte er die Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung.

Mit Bescheid vom 8. Januar 2021 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung ab.

Am 22. Januar 2021 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung trägt er vor, die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung stelle sich gegenüber seinem bestandskräftig genehmigten gastronomischen Betrieb als rücksichtslos dar. Die Bestandssituation werde durch das nur 20 m von seinem Betrieb entfernt gelegene Vorhaben erheblich zu seinen Lasten verändert. Zu berücksichtigen sei, dass die schutz- und ruhebedürftigen Außenwohnbereiche (Terrassen und Balkone) sowie zum Teil die Schlafräume in Richtung seines Betriebes ausgerichtet seien. Zwar sei die Außengastronomie nur bis 22:00 Uhr genehmigt. Die Räume des Restaurants dürften aber bis 24:00 Uhr betrieben werden. Im Sommer würden hierzu die vorhandenen Glas-Schiebe-Elemente geöffnet, da bisher auf der gegenüberliegenden Seite der M. keine ruhebedürftige Wohnbebauung vorhanden gewesen sei. Das Alten- und Pflegeheim liege so, dass es von dort aus keine Beschwerden gegeben habe. Hinzu komme, dass sein Betrieb am Wochenende, an Feiertagen und in der Zeit nach 18:00 Uhr die meisten Gäste zu verzeichnen habe; die Außengastronomie werde vor allem im Sommer frequentiert. Gerade zu diesen Zeiten wollten die angrenzenden Wohnnutzer die vermeintliche Ruhe ihrer Terrassen oder Balkone genießen. Zwischen seinem Betrieb und dem geplanten Wohngebäude befänden sich auch keine schallabsorbierenden Grünflächen. Die stattdessen vorhandene Wasseroberfläche der M. stelle sich als schallharte Oberfläche dar, sodass der durch seinen Betrieb verursachte Lärm „ungebremst“ die ruhebedürftigen Außenwohnbereiche sowie die schutzbedürftigen Ruheräume erreichen werde. Allein die schiere Anzahl der geplanten Wohneinheiten ließe vermuten, dass sich mindestens ein Wohnnutzer über seinen Betrieb beschweren werde. In rechtlicher Hinsicht erscheine es auch nicht ausgeschlossen, dass derartige Beschwerden Erfolg haben würden. Weder der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung noch dem Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin lasse sich entnehmen, dass diese einen Lärmkonflikt zwischen seinem Betrieb und der geplanten Wohnbebauung gesehen bzw. regelnde Vorsorge zur Vermeidung eines solchen Konflikts getroffen habe. Soweit die von der Antragsgegnerin vorgelegte ergänzende Stellungnahme des Büros X. vom 9. Dezember 2019 davon ausgehe, dass das Gebäude des Restaurants die von der Außengastronomie ausgehenden Geräusche wirkungsvoll gegen die geplante Bebauung abschirme, sei dies unrichtig. Auch auf der dem Bauvorhaben zugewandten Seite des Gebäudes befinde sich Außengastronomie. Zudem werde selbst in der ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, dass es sich bei den Gasträumen und der Außenbewirtschaftung um „besonders laute“ Räume mit Schalldruckpegeln bis 85 dB(A) und mehr handele. Darüber hinaus verstoße das Vorhaben der Beigeladenen gegen das Denkmalschutzrecht. Es zerstöre den Ensembleschutz der Kirche Q. sowie des ehemaligen Klostergebäudes. Rechtsfehlerhaft habe es die Antragsgegnerin zudem versäumt, ihre untere Denkmalschutzbehörde sowie das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege zu beteiligen. Zu berücksichtigen sei insoweit, dass das Vorhaben in der sog. Pufferzone zur UNESCO-Welterbestätte Y. liege.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 26. November 2020 gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für das Bauvorhaben „Neubau eines Mehrfamilienwohnhauses (12 WE) mit Tiefgarage“ auf dem Grundstück Z., anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt vor, eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots sei nicht gegeben. Dem Betrieb des Antragstellers komme keine derart empfindliche und schutzwürdige Stellung zu, dass die erteilte Baugenehmigung habe versagt werden müssen. Der Bebauungsplan AA. habe bereits in seiner ersten Fassung für das Grundstück der Beigeladenen ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt, sodass der Betrieb des Antragstellers schon im Zeitpunkt seiner Errichtung Rücksicht auf die umliegende Bebauung habe nehmen müssen. Darüber hinaus könne der Antragsteller nicht uneingeschränkt Rücksichtnahme einfordern. Als Betreiber einer immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Anlage unterliege er unabhängig von dem Vorhaben der Beigeladenen den Pflichten aus § 22 BImSchG. Zu Unrecht gehe der Antragsteller ferner davon aus, dass eine immissionsschutzrechtliche Betrachtung seines Betriebes nicht stattgefunden habe. Nach der in ihrem Auftrag erstellten ergänzenden fachlichen Stellungnahme vom 9. Dezember 2019 sei aufgrund der Lage der Außensitzbereiche davon auszugehen, dass das Gebäude des Gaststättenbetriebes die von der Außengastronomie ausgehenden Geräusche wirkungsvoll gegen die geplante Bebauung abschirme. Darüber hinaus sei es dem Antragsteller zuzumuten, Vermeidungsmaßnahmen zu ergreifen, wie etwa die Öffnung sämtlicher Fensterfronten nach 22:00 Uhr zu unterlassen. Auf eine Verletzung der Vorschriften des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes könne sich der Antragsteller als Dritter nicht berufen. Die Ausführungen des Antragstellers träfen auch in der Sache nicht zu. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens sei die untere Denkmalschutzbehörde mehrfach beteiligt worden. Auf eine Beteiligung des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege habe sie aufgrund einer im März 2014 zwischen ihr und dem Landesamt getroffenen Vereinbarung verzichten können.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt vor, der Antragsteller habe nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass durch die von ihm angenommenen Lärmbelastungen die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten werde. Seine Ausführungen beschränkten sich auf bloße Vermutungen. Konfliktträchtig könnten ohnehin nur die Sommermonate sein, in denen die Witterungs- und Lichtverhältnisse den Betrieb der Außengastronomie erlaubten. Auch insoweit sei jedoch keine Konfliktlage erkennbar, die einer baurechtlichen Bewältigung bedürfe. Da der Antragsteller seine Außengastronomie nur bis 22:00 Uhr betreiben dürfe, sei nicht ersichtlich, weshalb zukünftige Nachbarn überhaupt Beschwerden gegen den Betrieb erheben sollten. Allein der Umstand, dass sich die Gäste nach 22:00 Uhr in das Gebäude begeben würden, führe zu einer erheblichen Reduzierung der Geräuschemissionen. Zum einen lägen die Schallquellen nun weiter von dem Baugrundstück entfernt. Zum anderen befänden sie sich unter einer Raumdecke, die den Schall dämpfe und nicht in Richtung des Vorhabens reflektiere. Im Übrigen seien Geräuschimmissionen durch Menschen, die sich im Freien aufhielten, im Innenstadtbereich an frühen Sommerabenden ortsüblich. Soweit sich der Antragsteller auf Vorgaben des Denkmalschutzrechts berufe, fehle es an dem erforderlichen Drittschutz. Da er nicht Eigentümer der AB. oder des Klostergebäudes sei, sei die Verletzung einer drittschützenden Norm insoweit von vornherein ausgeschlossen. Beteiligungsrechte von Behörden dienten dem öffentlichen Interesse und vermittelten generell keinen Drittschutz.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ist unbegründet.

In Verfahren nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO ist „ausgewogener“ Rechtsschutz zu gewähren. Nicht nur auf Seiten des Nachbarn drohen vollendete, weil unumkehrbare Tatsachen einzutreten, wenn das Vorhaben verwirklicht wird. Auch auf Seiten des Bauherrn können solche nicht oder nur schwer wiedergutzumachenden Folgen eintreten. Diese bestehen im Falle einer Antragsstattgabe in jedem Fall darin, die durch den Aufschub verlorene Zeit nicht nachholen und damit die in dieser Zeit erzielbaren Gewinne nicht mehr realisieren zu können. Da der Antragsteller von den Folgen des § 945 ZPO im verwaltungsgerichtlichen Nachbarstreit verschont bleibt, kommt in Verfahren des vorläufigen Nachbarrechtsschutzes den Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Sachverhalt ist dabei in aller Regel nur summarisch zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung gibt dem Vollzugsinteresse des Bauherrn nicht erst dann Vorrang, wenn die Baugenehmigung danach mehr oder minder zweifelsfrei Nachbarrechte dieses Antragstellers nicht verletzt. Ein derartiger Rechtsschutz wäre nicht ausgewogen, weil er das Risiko, die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung bei nur summarischer Prüfung nicht vollständig und zweifelsfrei ermitteln zu können, einseitig dem Bauherrn auferlegte, obwohl dessen Bauabsicht nach der gesetzlichen Wertung (§ 212a BauGB) grundsätzlich Vorrang genießen soll. Eine Stattgabe des vorläufigen Rechtsschutzantrags kommt deshalb erst dann in Betracht, wenn Überwiegendes für die Annahme spricht, der Rechtsbehelf des Nachbarn in der Hauptsache sei jedenfalls derzeit begründet (Nds. OVG, Beschl. v. 25.01.2007 - 1 ME 177/06 -, juris Rn. 11, und Beschl. v. 14.06.2017 - 1 ME 64/17 -, juris Rn. 13).

Eine danach vorgenommene Überprüfung ergibt, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer erteilten Baugenehmigung, die nach § 70 Abs. 1 Satz 1 NBauO nur dann versagt werden darf, wenn das Vorhaben Vorschriften des öffentlichen Baurechts widerspricht, hat ein Nachbar nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch die Genehmigung zugleich in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat.

Drittschützende Vorschriften des Bauplanungs- und des Denkmalschutzrechts werden durch die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung voraussichtlich nicht verletzt.

1. Die Baugenehmigung verstößt voraussichtlich nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.

Maßgeblich für die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Bauvorhabens der Beigeladenen ist § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den Festsetzungen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans V., der am 27. Juni 2019 in Kraft getreten ist. Das Vorhaben der Beigeladenen entspricht den Festsetzungen des Bebauungsplans zur Art der baulichen Nutzung. Dahingestellt bleiben kann, ob der Bebauungsplan wirksam ist. Von der Wirksamkeit eines Bebauungsplanes ist in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angesichts seines Rechtsnormcharakters regelmäßig auszugehen, es sei denn, die Fehlerhaftigkeit des Planes drängt sich offensichtlich, gleichsam mit ins Auge springenden Mängeln, auf (vgl. OVG NRW, Beschl. vom 17.05.2002 - 7 B 1360/01 -, juris Rn. 17 f. m.w.N.; VG Hannover, Beschl. v. 23.10.2020 - 12 B 4517/20 -, n.v.). Dies ist hier nicht der Fall und wird von dem Antragsteller in dem vorliegenden Verfahren auch nicht näher dargelegt.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers stellt sich das Vorhaben der Beigeladenen gegenüber dem auf seinem Erbbaugrundstück ausgeübten Gastronomiebetrieb auch nicht als rücksichtslos dar.

Das durch § 15 Abs. 1 BauNVO für Plangebiete konkretisierte Gebot der Rücksichtnahme unterfällt in zwei Fallgruppen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 14.04.1997 - 1 L 7286/95 -, juris Rn. 33). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebietes widersprechen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind sie auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebietes im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Zur Rücksichtnahme ist danach nicht nur derjenige verpflichtet, der Emissionen verursacht, sondern auch derjenige, der sich einer emittierenden Anlage aussetzt (VG München, Beschl. v. 23.03.2009 - M 1 SN 09.738 -, juris Rn. 21). Welche Anforderungen sich aus dem Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, Urt. v. 20.12.2012 - 4 C 11.11 -, juris Rn. 32; Bayer. VGH, Beschl. v. 24.04.2014 - 15 ZB 13.1167 -, juris Rn. 13; Hess. VGH, Urt. v. 11.03.2015 - 4 A 654/13 -, juris Rn. 23).

Eine heranrückende Wohnbebauung bzw. eine sonstige heranrückende immissionsempfindliche Nutzung verletzt gegenüber einem bestehenden emittierenden Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme, wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen immissionsbezogenen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert. Dies ist dann der Fall, wenn der Betrieb durch die hinzutretende Bebauung mit nachträglichen immissionsschutzrechtlichen Auflagen rechnen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.01.1993 - 4 C 19.90 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Urt. v. 12.07.2018 - 1 LB 141/16 -, juris Rn. 23; Bayer. VGH, Beschl. v. 23.02.2021 - 15 CS 21.403 -, juris Rn. 77). Dass sich die hinzutretenden Nutzer gegen den bestehenden Betrieb wenden und voraussichtlich oder auch nur möglicherweise Beschwerden führen werden, reicht allerdings für sich genommen nicht aus, um ein Abwehrrecht annehmen zu können. Hinzukommen muss vielmehr, dass diese Beschwerden nach dem derzeit absehbaren Stand der Dinge Erfolg haben können (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 12.07.2018 - 1 LB 141/16 -, juris Rn. 23).

Soweit - wie hier - ein Rücksichtnahmeverstoß aufgrund von Immissionsbelastungen geltend gemacht wird, ist zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit auf die materiell-rechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts, also auf die Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 BImSchG zurückzugreifen (Bayer. VGH, Beschl. v. 23.02.2021 - 15 CS 21.403 -, juris Rn. 13). Bei Gewerbelärm wird die Zumutbarkeitsgrenze regelmäßig durch die Richtwerte der TA Lärm konkretisiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.08.2007 - 4 C 2.07 -, juris Rn. 12). Allerdings gilt die TA Lärm nach Nr. 1 Abs. 2 Buchst. b TA Lärm nicht für Freiluftgaststätten. Zwar handelt es sich bei dem auf dem Erbbaugrundstück des Antragstellers betriebenen Café mit Restaurant nicht um eine Freiluftgaststätte, sondern um eine sog. gemischte Gaststätte, die sowohl auf einen Innen- als auch auf einen Außenbetrieb ausgerichtet ist. Da aber auch bei Freischankflächen einer in geschlossenen Räumen betriebenen Gaststätte die Besonderheiten des durch Menschen verursachten Lärms zum Tragen kommen, die sich mithilfe des standardisierten Beurteilungsverfahrens der TA Lärm nicht abschließend beurteilen lassen, ist dieses Verfahren auch auf solche Freischankflächen nicht anwendbar (vgl. Bayer. VGH, Urt. v. 25.11.2015 - 22 BV 13.1686 -, juris Rn. 58; OVG NRW, Urt. v. 13.11.2009 - 7 A 146/08 -, juris Rn. 75 für den bis auf wenige Meter an den Ruhebereich der Wohngrundstücke eines angrenzenden reinen Wohngebiets heranreichenden Freiluftbereich einer Gaststätte, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 03.08.2010 - 4 B 9.19 -, juris Rn. 4; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 93. EL August 2020, Nr. 1 TA Lärm Rn. 14). Damit hängt die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen auch bei solchen Freischankflächen von einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der speziellen Schutzwürdigkeit des Baugebiets, der Herkömmlichkeit, der sozialen Adäquanz und der allgemeinen Akzeptanz des Lärms sowie von Faktoren wie Stärke, Häufigkeit, Vermeidbarkeit und des mit der Lärmart einhergehenden Störpotentials ab (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.03.2020 - 12 ME 4/20 -, juris Rn. 15; Bayer. VGH, Urt. v. 25.11.2015 - 22 BV 13.1686 -, juris Rn. 59; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 25.09.2017 - OVG 1 B 14.16 -, juris Rn. 39). Dies schließt es allerdings nicht aus, im Rahmen der Gesamtbetrachtung als Richtmaß auf die Immissionswerte der TA Lärm - hier: auf die Immissionsrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet von tags 55 dB(A) und nachts 40 dB(A) (Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. e TA Lärm) - zurückzugreifen (vgl. Bayer. VGH, Urt. v. 31.07.2003 - 2 B 00.3282 -, juris Rn. 10; VG München, Beschl. v. 23.03.2009 - M 1 SN 09.738 -, juris Rn. 22). Die TA Lärm darf lediglich nicht schematisch angewandt werden (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 93. EL August 2020, Nr. 1 TA Lärm Rn. 14). Entsprechend eröffnet die niedersächsische Freizeitlärm-Richtlinie (Gem. RdErl. d. MU, d. MI, d. ML, d. MS und d. MW v. 20.11.2017, Nds. MBl. S. 1550) die Möglichkeit, bei der Bewertung des von Freizeitanlagen - darunter Freiluftgaststätten - ausgehenden Lärms im Einzelfall von den Immissionswerten der TA Lärm abzuweichen. Für den Innenbereich einer gemischten Gaststätte gelten die in der TA Lärm festgelegten Richtwerte dagegen unmittelbar (vgl. OVG NRW, Urt. v. 13.11.2009 - 7 A 146/08 -, juris Rn. 78; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 93. EL August 2020, Nr. 1 TA Lärm Rn. 13).

Daran gemessen greift das Vorhaben der Beigeladenen nicht offenkundig rücksichtslos in die Belange des Antragstellers ein.

Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, der Bebauungsplan AA. habe bereits in seiner ersten Fassung für das Erbbaugrundstück des Antragstellers ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt, sodass der Gaststättenbetrieb schon im Zeitpunkt seiner Errichtung Rücksicht auf die umliegende Bebauung habe nehmen müssen, steht dies dem von dem Antragsteller befürchteten Erlass nachträglicher Auflagen allerdings nicht entgegen. Zwar ist eine Rücksichtslosigkeit aufgrund einer heranrückenden Wohnbebauung ausgeschlossen, wenn der „störende Betrieb“ bereits auf eine vorhandene, in derselben Weise störempfindliche Bebauung Rücksicht nehmen muss. In diesen Fällen kann das neue störempfindliche Vorhaben für den Betrieb keine weiteren Einschränkungen zur Folge haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.12.2009 - 4 C 5.09 -, juris Rn. 14; Bayer. VGH, Beschl. v. 21.08.2018 - 15 ZB 17.2351 -, juris Rn. 12). In dem vorliegenden Fall war auf dem - dem Erbbaugrundstück unmittelbar gegenüber liegenden - Baugrundstück jedoch bisher keine Wohnbebauung vorhanden, sodass der Antragsteller insoweit auch nicht mit Beschwerden von Wohnnutzern rechnen musste. Hinsichtlich des Alten- und Pflegeheims sowie der weiteren vorhandenen Bebauung hat der Antragsteller unwidersprochen - und für die Kammer nachvollziehbar - ausgeführt, dass es von dort aufgrund deren Lage in der Vergangenheit keine Beschwerden gegeben habe.

Nach den gegenwärtig vorhandenen Erkenntnissen spricht indes nicht Überwiegendes dafür, dass etwaige Nachbarbeschwerden Erfolg haben können, es mithin zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen in Bezug auf die genehmigte Wohnbebauung kommt.

Gutachterliche Feststellungen zu den von dem Gaststättenbetrieb ausgehenden Lärmemissionen liegen nicht vor. Das von der Beigeladenen in Auftrag gegebene schalltechnische Gutachten vom 30. Januar 2018 befasst sich lediglich mit dem von der AC. ausgehenden Verkehrslärm und mit den Geräuschen, die mit der Nutzung der umliegenden Stellplatzflächen sowie mit dem Betrieb der Lüftungsgeräte des Gaststättenbetriebes und der benachbarten „AD.“ verbunden sind.

Zwar hält die Kammer den Verzicht der Antragsgegnerin auf weitergehende lärmtechnische Untersuchungen, insbesondere hinsichtlich des mit der Außengastronomie verbundenen Lärms, nicht für nachvollziehbar. Soweit die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf die ergänzende Stellungnahme des Büros X. vom 9. Dezember 2019 vorträgt, aufgrund der Lage der Außensitzbereiche sei davon auszugehen, dass das Gebäude des Gaststättenbetriebes die von der Außengastronomie ausgehenden Geräusche wirkungsvoll gegen die geplante Bebauung abschirme, überzeugt dies in seiner Pauschalität deshalb nicht, weil sich Außensitzplätze nicht nur an der südwestlichen, sondern auch an der nordwestlichen Gebäudeseite befinden. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2020 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller zudem eine nachträgliche Baugenehmigung für die Errichtung eines - an die vorhandene Terrasse anschließenden - Balkons an der Nordwest- und der Nordostseite des Gebäudes erteilt, sodass voraussichtlich auch in diesem Bereich mit dem Aufenthalt von Gästen gerechnet werden muss. Hinzu kommt, dass die ergänzende Stellungnahme vom 9. Dezember 2019 Gasträume und Außenbewirtschaftungsbereiche explizit als „besonders laute Räume mit Schalldruckpegeln bis 85 dB(A)“ klassifiziert. Allerdings ist dem Nachbarn nicht schon deshalb vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren, weil die Bauaufsichtsbehörde ohne plausible Begründung auf die Vorlage gutachterlicher Untersuchungen verzichtet hat. Die Frage, ob die Baugenehmigungsbehörde dem Bauherrn im Genehmigungsverfahren die Vorlage von Gutachten abverlangen kann, beantwortet sich grundsätzlich nach § 69 Abs. 2 NBauO. Diese Vorschrift, nach der die Bauaufsichtsbehörde den Bauherrn bei Unvollständigkeit des Bauantrages oder der Bauvorlagen zur Behebung der Mängel aufzufordern hat, betrifft unmittelbar nur das Rechtsverhältnis zwischen Behörde und Bauherrn; nachbarschützende Wirkung hat sie nicht. Unterbleibt die Einholung eines an sich erforderlichen Gutachtens, führt dies nur dazu, dass das Gericht im Nachbarstreit die verbleibenden Fragen im Hauptsacheverfahren von Amts wegen - in der Regel durch Beauftragung eines gerichtlichen Sachverständigen - selbst aufzuklären hat (Nds. OVG, Beschl. v. 09.08.2011 - 1 ME 107/11 -, juris Rn. 32 und 46 zu § 71 Abs. 2 NBauO a.F.).

Auf der Grundlage der - in dem vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein zu berücksichtigenden - vorhandenen Erkenntnisse drängt sich eine Überschreitung der Zumutbarkeitsgrenze durch die von dem Gaststättenbetrieb ausgehenden Geräusche nicht auf (vgl. zu diesem Maßstab Nds. OVG, Beschl. v. 09.08.2011 - 1 ME 107/11 -, juris Rn. 46).

Hinsichtlich der nächtlichen Immissionsbelastung ist in die Betrachtung einzustellen, dass die Betriebszeit der Außenterrasse nach den - nach Inkrafttreten des Niedersächsischen Gaststättengesetzes am 1. Januar 2012 grundsätzlich fortgeltenden (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 2 NGastG) - Auflagen zur Gaststättenerlaubnis vom 18. September 2007 auf täglich 22:00 Uhr begrenzt ist. Soweit der Antragsteller einwendet, dass die (Innen-) Räume des Restaurants bis 24:00 Uhr betrieben werden dürften und hierzu im Sommer die vorhandenen Glas-Schiebe-Elemente geöffnet würden, lässt dieser Vortrag für sich genommen den Schluss auf eine Überschreitung des hinsichtlich der aus den Innenräumen dringenden Geräusche anzusetzenden Immissionswertes der TA Lärm von 40 dB(A) nicht zu. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Gaststättenbetrieb nicht um eine Kneipe, sondern um ein Café mit Restaurant handelt, sodass anzunehmen ist, dass die Einnahme von Speisen und Getränken auf gedeckten Tischen im Vordergrund steht (vgl. auch VG München, Beschl. v. 23.03.2009 - M 1 SN 09.738 -, juris Rn. 25). Soweit der Antragsteller weiter vorträgt, die vorhandene Wasseroberfläche der M. stelle sich als schallharte Oberfläche dar, sodass der durch seinen Betrieb verursachte Lärm „ungebremst“ die genehmigte Wohnnutzung erreichen werde, handelt es sich um eine nicht näher belegte Behauptung.

Auch hinsichtlich der am Tag von dem Gaststättenbetrieb ausgehenden Geräusche fehlt es an zwingenden Anhaltspunkten für eine Überschreitung der Zumutbarkeitsschwelle. Soweit die Nutzung der auf der Südwestseite gelegenen Außensitzplätze in Rede steht, spricht einiges dafür, dass das Gebäude des Cafés die mit der Frequentierung dieses Bereichs verbundenen Geräusche wirkungsvoll gegen die genehmigte Wohnnutzung abschirmt. Ob die von den nordöstlich des Gebäudes gelegenen Außensitzplätzen ausgehenden Geräusche nach Art, Ausmaß oder Dauer ausreichen, um gegenüber der genehmigten Wohnnutzung eine unzumutbare Lärmbelastung zu bewirken, erscheint fraglich. Dabei dürfte im Rahmen der Gesamtbetrachtung auch zu berücksichtigen sein, dass nach dem Inhalt des schalltechnischen Gutachtens vom 30. Januar 2018 durch das nahegelegene Wehr der M. an den schutzbedürftigen Gebäudefassaden Schallemissionen in nicht unerheblicher Höhe erzeugt werden, die aufgrund des natürlichen Geräuschursprungs und des Frequenzspektrums des Geräuschs im Allgemeinen als nicht sonderlich störend empfunden werden und bei mittlerem Wasserstand die untersuchten Schallimmissionen mindestens zum Teil überdecken. Da die Emissionen nicht von einer immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtigen Anlage ausgehen, sind sie nicht als Vorbelastung zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.4 Abs. 1 TA Lärm; vgl. zur Überlagerung von störendem Gewerbelärm durch Wasserrauschen auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.10.2006 - 5 S 1904/06 -, juris Rn. 10; OVG RP, Urt. v. 02.05.2013 - 1 A 11021/12 -, juris Rn. 37; VG Koblenz, Urt. v. 29.03.2012 - 7 K 644/11.KO -, juris Rn. 41). Ob in die Gesamtbetrachtung auch einzustellen ist, dass der Bebauungsplan AE. unter Nr. 3 der textlichen Festsetzungen passive Schallschutzmaßnahmen in Gestalt schalldämmender Lüftungseinrichtungen bzw. einer zentralen Lüftungsanlage vorschreibt, bedarf hier keiner Entscheidung. Dafür spricht, dass sich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur fehlenden Dispositionsbefugnis des Lärmbetroffenen (BVerwG, Urt. v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 -, juris Rn. 20 ff.; vgl. dagegen BVerfG, Beschl. v. 09.05.2016 - 1 BvR 2202/13 -, juris Rn. 78) lediglich auf das standardisierte Beurteilungsverfahren der TA Lärm bezieht (BVerwG, a.a.O., Rn. 26).

Soweit der Antragsteller auf die Nutzung der genehmigten Außenwohnbereiche auf dem Baugrundstück verweist, übersieht er, dass das Wohnen im Freien nicht im gleich Maße schutzwürdig wie das an eine Gebäudenutzung gebundene Wohnen ist. Wegen des Fehlens der lärmdämmenden Wirkung von Umfassungswänden besteht für den Außenbereich generell eine höhere Lärmerwartung (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, juris Rn. 361 ff.). Daran ändert auch die Maßgeblichkeit von Außen-Immissionsrichtwerten nach Nr. 6.1 und Nr. A.1.3 des Anhangs der TA Lärm nichts. Denn die TA Lärm regelt keinen Schutzanspruch in Höhe der Immissionsrichtwerte für den Außenwohnbereich, sondern sichert mit der Festlegung von Außen-Immissionsrichtwerten für Wohnnutzungen einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 -, juris Rn. 24; Bayer. VGH, Urt. v. 28.04.2017 - 9 N 14.404 -, juris Rn. 91). In der Regel ist deshalb dem Schutzbedürfnis im Außenbereich nach der TA Lärm dadurch Rechnung getragen, dass an dem im Allgemeinen in der Nähe gelegenen maßgeblichen Immissionsort (mit Bezug auf das Wohngebäude) der Immissionsrichtwert einzuhalten ist (vgl. Bayer. VGH, Urt. v. 28.04.2017 - 9 N 14.404 -, juris Rn. 91). Eine Überschreitung der Zumutbarkeitsschwelle drängt sich dort nach den vorangehenden Ausführungen jedoch nicht auf. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf das Fehlen „schallabsorbierender Grünflächen“ verweist, dürfte es der Beigeladenen bzw. den künftigen Wohnnutzern zuzumuten sein, etwa durch das Anpflanzen von Hecken Selbstschutzmaßnahmen zu treffen (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 20.07.2017 - 8 B 396/17 -, juris Rn. 48; VG Minden, Urt. v. 15.07.2020 - 11 K 2616/19 -, juris Rn. 139). Das Unterlassen solcher Maßnahmen ließe sich von der Antragsgegnerin grundsätzlich einem etwaigen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten wegen unzumutbarer Lärmbelästigung entgegenhalten.

2. Auch eine Verletzung drittschützender Bestimmungen des - zu den „sonstigen Vorschriften des öffentlichen Rechts“ im Sinne von § 2 Abs. 17 NBauO zählenden - Denkmalschutzrechts ist nicht gegeben.

Soweit der Antragsteller geltend macht, das Vorhaben des Beigeladenen zerstöre den Ensembleschutz der Kirche Q. sowie des ehemaligen Klostergebäudes, kann er sich hierauf als Dritter nicht berufen. Zwar ist mittlerweile anerkannt, dass das denkmalschutzrechtliche Beeinträchtigungsverbot des § 8 Satz 1 NDSchG in verfassungskonformer Auslegung Drittschutz zugunsten des Eigentümers eines Baudenkmals entfaltet, soweit erhebliche Beeinträchtigungen seines Denkmals durch ein Bau- oder sonstiges Vorhaben in seiner Umgebung in Rede stehen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 -, juris Rn. 42 und 56, und Urt. v. 16.02.2017 - 12 LC 54/15 -, juris Rn. 80; VG Hannover, Beschl. v. 15.11.2018 - 4 B 7130/18 -, juris Rn. 23). Der Antragsteller ist jedoch weder Eigentümer der Kirche Q. noch des ehemaligen Klostergebäudes.

Soweit der Antragsteller weiter rügt, die Antragsgegnerin habe es rechtsfehlerhaft versäumt, ihre untere Denkmalschutzbehörde sowie das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege zu beteiligen, fehlt es ebenfalls an dem erforderlichen Drittschutz. Die Beteiligungsvorschriften des § 69 Abs. 3 Satz 1 NBauO und des § 21 Abs. 2 NDSchG dienen nicht dem Schutz des Nachbarn, sondern der Wahrung bestimmter öffentlicher Belange (vgl. Fontana, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 69 Rn. 16; Nds. OVG, Urt. v. 23.08.2012 - 12 LB 170/11 -, juris Rn. 55 in Bezug auf die Belange des Denkmalschutzes insgesamt). Im Übrigen trifft das Vorbringen des Antragstellers hinsichtlich der unterbliebenen Beteiligung der unteren Denkmalschutzbehörde auch in der Sache nicht zu. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin (Bl. 156 f. BA 002 Bd. 1/3) hat deren untere Denkmalschutzbehörde unter dem 21. Juli 2020 zu dem Vorhaben der Beigeladenen Stellung genommen und ausgeführt, dass das Vorhaben denkmalschutzrechtlich zulässig sei, wenn bestimmte Auflagen in die Baugenehmigung aufgenommen würden. Dieser Forderung ist die Bauaufsichtsbehörde der Antragsgegnerin in der Baugenehmigung nachgekommen (vgl. die „Nebenbestimmungen und Hinweise zum Denkmalschutz“).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen für erstattungsfähig zu erklären, weil er einen Sachantrag gestellt und sich nach § 154 Abs. 3 VwGO damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 8 Buchst. d der Streitwertannahmen der Bausenate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nach dem 1. Januar 2002 (NdsVBl. 2002, 192). Der danach für ein entsprechendes Hauptsacheverfahren von der Kammer angesetzte Wert von 20.000,- € ist im Hinblick auf das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren zu halbieren.