Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 22.09.2008, Az.: 4 B 337/08
Gebietsübergreifende Wirkung des Nachbarschutzes nach § 15 Abs. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO); Berücksichtigung von Geräuschen des Anfahrtsverkehrs und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500m von dem Betriebsgrundstück zulasten der lärmverursachenden Anlage; Berücksichtigung von Geräuschen des Anfahrtsverkehrs und Abfahrtsverkehrs bei rechnerischer Erhöhung des Beurteilungspegels der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht um mindestens 3 dB(A); Berücksichtigung von Geräuschen des Anfahrtsverkehrs und Abfahrtsverkehrs bei Erhöhung des Beurteilungspegels ohne Vermischung mit dem übrigen Verkehr; Berücksichtigung von Verkehrsgeräuschen bei erstmaliger oder weitgehender Überschreitung der Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV)
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 22.09.2008
- Aktenzeichen
- 4 B 337/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 22572
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2008:0922.4B337.08.0A
Rechtsgrundlagen
- § 34 BauGB
- § 15 Abs. 1 BauNVO
- Nr. 7.4 der TA Lärm 1998
Verfahrensgegenstand
Drittwiderspruch
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Der Nachbarschutz nach § 15 Abs. 1 BauNVO ist nicht auf das jeweilige Plangebiet beschränkt, sondern kann bei entsprechender Individualisierung und Abgrenzung des Kreises der Berechtigten gebietsübergreifend wirken, wie § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO ("oder in dessen Umgebung") deutlich macht.
- 2.
Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme kommt durch die vom Bauvorhaben ausgelösten Verkehrslärmbeeinträchtigungen in Betracht. Der mit der Zulassung eines Vorhabens verbundene Zu- und Abgangsverkehr ist bei der Erteilung von Baugenehmigungen grundsätzlich zu berücksichtigen. Der unter Inanspruchnahme einer öffentlichen Straße abgewickelte Zu- und Abfahrtsverkehr der baulichen Anlage ist dem Bauherrn dann zurechenbar, wenn er sich innerhalb eines räumlich überschaubaren Bereichs bewegt und vom übrigen Straßenverkehr unterscheidbar ist. Für die Bemessung der Zumutbarkeit der hieraus folgenden Lärmbeeinträchtigung kann die TA-Lärm 1998 als Orientierungshilfe herangezogen werden.
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 4. Kammer -
am 22. September 2008
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Einkaufszentrums.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem mehrgeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks A. in Oldenburg. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Antragsgegnerin, der im Jahr 1972 rechtsverbindlich geworden ist und für die Bauzeile südlich der A. sowie den südlich angrenzenden Bereich eine Nutzung als Kerngebiet festsetzt.
Etwa 160 m westlich des Grundstücks der Antragstellerin wird der stadtauswärts fließende Verkehr von der A. nach Norden auf die quer verlaufende H. gelenkt. Dahinter - parallel zur H. und von dieser durch einen Wasserzug sowie Grünflächen getrennt - verläuft die in den P. übergehende X., die in Nord-Südrichtung als Einbahnstraße geführt wird. Jenseits dieses Straßenzuges befindet sich - bezogen auf den Einmündungsbereich in die A. leicht nach Süden versetzt - am Rande der Innenstadt und in etwa 0 Meter Luftlinie vom Grundstück der Antragstellerin entfernt das Areal, auf dem die Beigeladene ihr Vorhaben verwirklichen möchte (S. und M.).
Zur Schaffung der planungsrechtlichen Grundlage für das Einkaufszentrum beschloss der Rat der Antragsgegnerin am 12. November 2007 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan "S." als Satzung und machte diesen am 16. November 2007 erstmalig in ihrem Amtsblatt ortsüblich bekannt. Das wiederholte sie am 30. Mai 2008.
Am 13. November 2007 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen eine Baugenehmigung für den Neubau eines Einkaufszentrums mit offener Parkgarage (436 Einstellplätze) auf dem genannten Baugrundstück. Nach den genehmigten Bauvorlagen soll das Einkaufszentrum eine Geschossfläche von insgesamt 34.849 m² (ohne Parkflächen 22.533 m²) erhalten. Die Einstellplätze sollen über die von der X. abzweigende M. erreichbar sein; der abfließende Parkverkehr soll zum Straßenzug X./ P. geführt werden und dort in südliche Richtung abfließen.
Gegen die Baugenehmigung vom 13. November 2007 erhoben die Antragstellerin und ihr Sohn, der in ihrem Gebäude eine Wohnung bewohnt, Widerspruch. Einen zeitgleich gestellten ersten Antrag des Sohnes auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bei Gericht (4 B 32/07) zog der Sohn alsbald zurück. Nachdem die Antragsgegnerin anschließend bei ihr gestellte Anträge auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte (Bescheide vom . bzw. 28. Januar 2008), beantragten die Antragstellerin und ihr Sohn - dieser erneut - am 6. Februar 2008 bei Gericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Schon zuvor hatte der Sohn der Antragstellerin vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht den Bebauungsplan mit der Normenkontrolle angegriffen (1 KN 343/07) und insoweit um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht (1 MN 328/07). Mit Rücksicht auf den letztgenannten, die vorläufige Vollziehbarkeit des Bebauungsplans betreffenden Rechtsstreit stellten die Antragstellerin und ihr Sohn die Förderung des hier anhängigen Eilverfahrens zunächst zurück.
Den Widerspruch des Sohnes der Antragstellerin wies die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 27. März 2008, denjenigen der Antragstellerin durch Bescheid vom 2. April 2008 (zugestellt am 10. April 2008), als unzulässig und unbegründet ab. Daraufhin erhoben zunächst der Sohn der Antragstellerin (4 A 1081/08) und am 13. Mai 2008 (Dienstag nach Pfingsten) die Antragstellerin ( 4 A 1354/08) Klage.
Mit Beschluss vom 5. Juni 2008 - 1 MN 328/07 - lehnte das Nds. Oberverwaltungsgericht den Antrag des Sohnes der Antragstellerin, den vorhabenbezogenen Bebauungsplan "S." bis zur Entscheidung über den zum Aktenzeichen 1 KN 343/07 gestellten Normenkontrollantrag außer Vollzug zu setzen, als unzulässig ab. Zur Begründung führte es aus, der Sohn der Antragstellerin sei nicht normenkontrollantragsbefugt. Zudem fehle für den Antrag das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Festsetzungen des angegriffenen Planes durch die Baugenehmigung vom 13. November 2007 im Wesentlichen ausgeschöpft worden seien.
Im Anschluss an diese Entscheidung zog der Sohn der Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht seine Klage (4 A 1081/08) sowie in diesem Verfahren seinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen die Baugenehmigung zurück. Das Normenkontrollverfahren vor dem Nds. Oberverwaltungsgericht führt er weiter.
Die Antragstellerin trägt nunmehr zur Begründung des von ihr nach Abtrennung und Einstellung des Verfahrens ihres Sohnes (4 B 2333/08) allein verfolgten Antrags auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes vor: Die angefochtene Baugenehmigung verletze zu ihren Lasten das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Dieses gelte auch über die Grenzen des Baugebietes hinaus, in dem das Vorhaben verwirklicht werde. Ihr Grundstück befinde sich in der näheren Umgebung des vorgesehenen Standortes des Vorhabens. Nach den Feststellungen des Nds. Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom 5. Juni 2008 sei realistischerweise davon auszugehen, dass ein Viertel des zusätzlichen Verkehrsaufkommens, das durch das Einkaufszentrum hervorgerufen werde, durch die A. fließe. Dort hätten die vorhandenen Lärmimmissionen bereits eine Größenordnung erreicht, die weitgehend jenseits sämtlicher Grenzwerte liege, bis zu denen ein Wohnen noch zumutbar sei. Hierauf sei bei jeder Steigerung des Verkehrslärms Rücksicht zu nehmen. Verfestige oder steigere ein Vorhaben eine bereits vorhandene gesundheitsverletzende Verkehrssituation, sei es rücksichtslos gegenüber den Eigentümern derjenigen Wohnhäuser, in denen ein Wohnen nur noch um den Preis von Schäden für Körper und Gesundheit möglich sei. Wegen der sich aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebenden Schutzpflicht des Staates im Hinblick auf die Gesundheit der Bürger dürften derartige Vorhaben nicht zugelassen werden. Nach einer gutachterlichen Stellungnahme vom 23. Juni 2008 betrage die vorhandene Lärmbelastung in der Höhe ihres Grundstücks tagsüber bereits mehr als 75 dB(A). Damit seien die zulässigen Lärmgrenzwerte und die Schwelle zur Gesundheitsgefahr eindeutig überschritten; der Bebauungsplan "S." der Antragsgegnerin sei unwirksam. Daraus, dass die Antragsgegnerin die Verkehrslärmimmissionen in der Umgebung des Plangebietes nicht in ihre Abwägung eingestellt habe, obwohl sich dies nach dem Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen, auch für die A., aufgedrängt habe, ergebe sich ein Abwägungsfehler. Die Behauptung, der durch das Vorhaben der Beigeladenen verursachte Verkehr werde sich mit dem allgemeinen Verkehr in der Weise mischen, dass keine spezifische Zuordnung zum Grundstück der Antragstellerin gegeben sei, treffe nicht zu. Unrealistisch geschönt seien die Verkehrszahlen, die dem im Bebauungsplanverfahren eingeholten Verkehrsgutachten zugrunde liegen. Die Behauptung, der Verkehr in der A. werde lediglich um 170 Kfz/Tag zunehmen, werde zudem bereits durch die eigenen Zahlen des Verkehrsgutachtens widerlegt. Tatsächlich werde allein der aus dem Parkhaus des Einkaufszentrums abfahrende Verkehr eine Mehrbelastung von mindestens 2.500 Kfz/Tag in der A. verursachen. Hinzu komme der zum Parkhaus fahrende Zielverkehr von wenigstens 1.500 Kfz/Tag, so dass sich insgesamt eine Mehrbelastung von 4000 Kfz/Tag für die A. ergebe. Damit könne auch die im schalltechnischen Gutachten berechnete Erhöhung des Emissionspegels keinen Bestand haben.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (4 A 1354/08) gegen die der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin am 13. November 2007 erteilte Baugenehmigung anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie entgegnet, der Antrag sei sowohl unzulässig als auch unbegründet. Die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt, da ihre nachbarschützenden Belange durch das weit entfernt von ihrem Grundstück geplante Vorhaben nicht berührt würden. Bezüglich des vom Vorhaben ausgelösten Verkehrsaufkommens fehle es an einer Zurechenbarkeit für ihr Grundstück. Das von der Antragstellerin vorgelegte Lärmgutachten beziehe sich nicht speziell auf die Situation ihres Grundstücks und sei insoweit nicht aussagekräftig. Außerdem gehe es von unzutreffenden Zahlen aus. Es stelle nicht auf Jahresmittelwerte ab, berücksichtige unzulässigerweise einen sogenannten Ampelzuschlag und setze die angenommene Verkehrsmenge zu hoch an. Die zu erwartenden zusätzlichen Fahrten lägen in der normalen Schwankungsbreite der Zu- und Abnahme des allgemeinen Verkehrs. Da das Grundstück der Antragstellerin in einem als Kerngebiet festgesetzten Bereichs liege, werde der Grenzwert für die Annahme einer Unzumutbarkeit, der auch im Bereich von bis zu 75 dB(A) liegen könne, unter Berücksichtigung der von den Annahmen der Antragstellerin abweichenden Verkehrsdaten für ihr Grundstück nicht erreicht. Eine Abhängigkeit zwischen dem genehmigten Projekt und der Absicht eines Investors, in der Nachbarschaft ihres Grundstücks ein Parkhaus zu errichten, bestehe nicht.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Sie hält den Antrag der Antragstellerin ebenfalls für abweisungsreif. Er sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Der Antragstellerin fehle die Antragsbefugnis. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes zu Lasten der Antragstellerin erscheine nicht als möglich. Für sie gingen von dem Vorhaben offensichtlich keine unzumutbaren Lärmbelästigungen aus. Nach den Feststellungen des Nds. Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom 5. Juni 2008 sei bereits die Abwägungserheblichkeit der vorhabenbedingten zusätzlichen Lärmbelästigungen für das Grundstück und damit die Antragsbefugnis für ein Normenkontrollverfahren zu verneinen. Erst recht könne damit eine mögliche Unzumutbarkeit dieser Lärmbelästigungen im Sinne von § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO und damit die Antragsbefugnis für Rechtsmittel gegen die Baugenehmigung nicht bestehen. Soweit für das Grundstück der Antragstellerin eine unzumutbare Verkehrslärmbelastung zu bejahen sein sollte, sei diese jedenfalls nicht Folge des genehmigten Einkaufszentrums. Sowohl die Verkehrs- als auch die Lärmbelästigung würden durch das Vorhaben allenfalls minimal erhöht werden. Es fehle auch an einer qualifizierten und individualisierten Betroffenheit der Antragstellerin als Voraussetzung für eine drittschützende Wirkung des Gebots der Rücksichtnahme; bis zum Erreichen des Grundstücks der Antragstellerin habe bereits eine Verteilung bzw. Vermischung des Verkehrs stattgefunden. Eine Verletzung sonstiger Rechte der Antragstellerin sei ebenfalls offensichtlich ausgeschlossen. Jedenfalls überwiege das öffentliche Interesse, aber auch das Interesse der Beigeladenen an der Vollziehbarkeit der Baugenehmigung das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Es bestehe ein verständliches und unabweisbares Interesse, in derart zentraler innerstädtischer Kernlage die Ansiedlung von (auch großflächigen) Einzelhandelsbetrieben zu ermöglichen, schon weil die Innenstadt regelmäßig der zentrale Einkaufsstandort für die Bevölkerung sein solle. Dem gegenüber erscheine die Stellung der Antragstellerin wegen der Lage ihres Grundstücks an einer der Hauptzufahrtsstraßen zur Oldenburger Innenstadt und der bereits vorhandenen starken Belastung sowie wegen der nur marginalen vorhabenbedingten Verkehrs- und Lärmzunahme an ihrem Grundstück als wenig schutzwürdig. Die besondere Lärmproblematik in der A. könne möglicherweise durch einen generell angelegten Lärmsanierungsplan bekämpft werden, nicht aber durch Baubeschränkungen für innerstädtische Grundstücke. Auch eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren unabhängige Interessenabwägung ergebe eindeutig ein Überwiegen des Interesses an einer Vollziehbarkeit der Baugenehmigung gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Eine Verzögerung der Realisierung dieses für die Stadt wichtigen Bauvorhabens würde gravierende Folgen haben und zudem einen derzeitigen städtebaulichen Missstand weiterhin festschreiben. Demgegenüber erscheine die mögliche Beeinträchtigung der Antragstellerin im Falle einer weiteren Vollziehbarkeit der Baugenehmigung als geringfügig.
II.
Der nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO zu beurteilende Antrag der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist insbesondere antragsbefugt. Die für Verfahren dieser Art in analoger Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis ist nur dann nicht gegeben, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die von dem Antragsteller geltend gemachten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (Finkelnburg/ Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl., Rdnr. 881). Diese Voraussetzungen liegen hier (noch) vor. Die Antragstellerin beruft sich für ihren Abwehranspruch im Wesentlichen auf das für beplante Gebiete in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Nachbarschutz nach dieser Norm ist nicht auf das jeweilige Plangebiet beschränkt, sondern kann bei entsprechender Individualisierung und Abgrenzung des Kreises der Berechtigten gebietsübergreifend wirken, wie § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO ("oder in dessen Umgebung") deutlich macht (Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 31 Rdnr. 67). Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die verkehrliche Situation vor dem Grundstück der Antragstellerin im Falle der Verwirklichung des Vorhabens voraussichtlich berührt werden wird. Die Frage, ob die Antragstellerin trotz der fehlenden direkten Nachbarschaft ihres Grundstücks zu dem Baugrundstück noch dem Kreis der durch die nachbarschützende Vorschrift Berechtigten angehört, hängt demnach von den konkreten Umständen ab. Sie ist hier - da eine rechtlich erhebliche Betroffenheit nicht schon von vornherein und nach jeder denkbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen erscheint - nicht schon im Rahmen der Zulässigkeit des Antrags zu erörtern.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO zu treffende Entscheidung orientiert sich grundsätzlich an dem Ergebnis einer umfassenden Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen an einer sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes einerseits und der vorläufigen Aussetzung der Vollziehung andererseits. Nach der Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 25. Januar 2007 - 1 ME 177/06 -, BauR 2007, 1.394; [...]), der die erkennende Kammer folgt, kommt dabei im Verfahren des einstweiligen Nachbarrechtsschutzes den Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Sachverhalt ist dabei in aller Regel nur summarisch zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung gibt dem Vollzugsinteresse des Bauherrn nicht erst dann den Vorrang, wenn die Baugenehmigung danach mehr oder minder zweifelsfrei Nachbarrechte des Antragstellers nicht verletzt. Ein derartiger Rechtsschutz wäre nicht ausgewogen, weil er das Risiko, die Rechtmäßigkeit des Bauscheins bei nur summarischer Prüfung nicht vollständig und zweifelsfrei ermitteln zu können, einseitig auf den Bauherren überwälzte. Das widerspräche auch der Bewertung des Gesetzgebers, der durch § 212a BauGB tendenziell den Bauabsichten Vorrang eingeräumt hat. In der Zeit, in der der Bauherr den Bauschein nicht ausnutzen kann, drohen auch bei ihm endgültige rechtliche und wirtschaftliche Einbußen einzutreten. Von der Pflicht, diese gem. § 945 ZPO nach einem ihm nachteiligen Ausgang dem Bauherrn ersetzen zu müssen, bleibt der Nachbar im öffentlich-rechtlichen Verfahren des Drittschutzes verschont. Im Ergebnis kommt eine Stattgabe des Eilantrages daher erst dann in Betracht, wenn Überwiegendes für die Annahme spricht, der Rechtsbehelf des Nachbarn bzw. Dritten sei jedenfalls derzeit begründet.
Hier fällt die Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus, denn eine Verletzung ihrer Rechte durch die angefochtene Baugenehmigung lässt sich gegenwärtig nicht feststellen. Vielmehr spricht derzeit ganz Überwiegendes dafür, dass ihre Klage gegen die Baugenehmigung keinen Erfolg haben wird. Eigene subjektiv - öffentliche Rechte der Antragstellerin als Eigentümerin des Grundstücks A., auf deren Geltendmachung sie beschränkt ist, werden aller Voraussicht nach nicht durch das der Beigeladenen genehmigte Vorhaben und dessen Auswirkungen verletzt.
Insbesondere verstößt die Baugenehmigung vom 13. November 2007 nicht erkennbar zu Lasten der Antragstellerin gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Für die Anwendung der Grundsätze dieses Gebots kann im Ausgangspunkt dahingestellt bleiben, ob der dem Vorhaben zugrunde liegende vorhabenbezogene Bebauungsplan der Antragsgegnerin "S.", der weiter Gegenstand des vor dem Nds. Oberverwaltungsgerichts anhängigen Normenkontrollverfahrens (1 KN 343/07) ist, wirksam ist oder nicht. Bei seiner Wirksamkeit ist - wovon die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung auch ausgeht - § 15 Abs. 1 BauNVO einschlägig. Diese Norm wäre auch zugrunde zu legen, wenn bei angenommener Unwirksamkeit des Bebauungsplans auf vorangegangene Planungen abzustellen wäre (die Antragsgegnerin verweist insoweit in der Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan (S. 3) auf für den Geltungsbereich zuvor erlassene Bebauungspläne "S. - .", "S. - B.E." und "S.-BB"). Sollte das Baugrundstück wegen Unwirksamkeit der Bebauungspläne ganz oder teilweise als Innenbereich (§ 34 BauGB) zu bewerten sein, wäre das Gebot der Rücksichtnahme innerhalb des Innenbereichs als Bestandteil des Begriffs des "Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung" anzusehen; bei - wie hier - gebietsübergreifenden Fallkonstellationen können ggfls. die jeweiligen Festsetzungen des angrenzenden Bebauungsplans zusätzlich als Grundlage für das Rücksichtnahmegebot herangezogen werden (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, a.a.O., § 31 Rdnr. 78 m.w.N.).
Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zu Lasten der Antragstellerin kommt bei jeder der danach denkbaren Konstellationen schon deshalb nicht in Betracht, weil es an einem spezifischen Bezug des genehmigten Vorhabens zur Verkehrssituation im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin als Anknüpfungspunkt fehlt. Dies steht nicht nur der Normenkontrollantragsbefugnis des Sohnes der Antragstellerin entgegen (vgl. hierzu die entsprechenden Ausführungen des Nds. Oberverwaltungsgericht im Beschluss vom 5. Juni 2008), sondern schließt auch im Rahmen der Nachbar- bzw. Drittklage der Antragstellerin eine Zurechnung von durch das Vorhaben ausgelösten Verkehrsbewegungen vor ihrem Grundstück bzw. die Annahme einer Unzumutbarkeit der Folgen dieser Verkehrsbewegungen für ihr Grundstück aus. Zwar ist der mit der Zulassung eines Vorhabens verbundene Zu- und Abgangsverkehr bei der Erteilung von Baugenehmigungen grundsätzlich zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1990 - 4 B 121/90 -, NVwZ 1991, 267). Die Zurechnung erfolgt jedoch nicht grenzenlos. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der unter Inanspruchnahme einer öffentlichen Straße abgewickelte Zu- und Abfahrtverkehr der baulichen Anlage, durch deren Nutzung er ausgelöst wird, zuzurechnen ist, sofern er sich innerhalb eines räumlich überschaubaren Bereichs bewegt und vom übrigen Straßenverkehr unterscheidbar ist. Für die Bemessung der Zumutbarkeit der mit einem solchen anlagenbezogenen Verkehr verbundenen Lärmbeeinträchtigung kann danach die TA-Lärm 1998 als Orientierungshilfe herangezogen werden, auch wenn sie an sich dazu bestimmt ist, die Anforderungen zu konkretisieren, denen Anlagen genügen müssen, die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen (BVerwG, Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 5.98. - BauR 1999, 152; Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 B N 41/07 -, BauR 2008, 632). Das Nds. Oberverwaltungsgericht hat sich dem angeschlossen und stellt insoweit auf Nr. 7.4 Abs. 2 der TA-Lärm 1998 als sachverständige Würdigung ab (Beschlüsse vom 19. November 2004 - 1 ME 283/04, vom 19. Dezember 2006 - 1 ME 207/06 - und vom 25. Januar 2007 - 1 ME 177/06 -, jeweils [...]; ebenso etwa Bay. VGH, Beschluss vom 5. April 2005 - 25 ZB 00.1208, [...]). In entsprechender Anwendung der Nr. 7.4 Abs. 2 der TA-Lärm 1998 sind Geräusche des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 m von dem Betriebsgrundstück zu Lasten der lärmverursachenden Anlage zu berücksichtigen, soweit sie den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen, keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt ist und zudem die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden.
Nach diesen Kriterien ist auch hier für die Zurechenbarkeit unter anderem maßgeblich, ob sich der durch die genehmigte Anlage ausgelöste An- und Abfahrtverkehr auf öffentlichen Verkehrsflächen im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin noch in einem Abstand von bis zu 500 m von dem Betriebsgrundstück bewegen wird und dort noch keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt ist. Jedenfalls die letztgenannte Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die erkennende Kammer folgt auch insoweit der vom Nds. Oberverwaltungsgericht im Beschluss vom 5. Juni 2008 - 1 MN 328/07 für das Normenkontrollverfahren vorgenommenen Einschätzung. Weder für den zu erwartenden zufließenden noch für den voraussichtlich abfließenden Verkehr wird im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin eine Zuordnung zu dem Vorhaben möglich sein. Die A. führt stadteinwärts nicht direkt zu den geplanten Stellplätzen des Einkaufszentrums. Ein Erreichen des Einkaufszentrums wird nur möglich sein, wenn zunächst über die H. der Kreisel umfahren und anschließend in die X. eingebogen wird. Im Bereich des Kreisels verteilt sich der Verkehr aber in verschiedene Richtungen. Hauptströme des Verkehrs werden in Richtung O. und U. (u.a. in den Stadtnorden) gelenkt; daneben bestehen Abbiegemöglichkeiten in die G. und in den südlich des O. verlaufenden Teil der H.. Aber auch in der Zielrichtung des abfließenden Verkehrs werden "sich die Verkehre in der A. längst zur Unkenntlichkeit vermischt" (Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 5. Juni 2008 - 1 MN 328/07 -) haben. Die Ausfahrt der geplanten Parkflächen des Vorhabens, die mit Y Einstellplätzen den größten Teil des Kundenverkehrs fassen werden, führt nicht in die A.. Sie lenkt den Verkehr vielmehr nach Süden auf den Straßenzug X./P.. Ein Erreichen des hier in Rede stehenden Teils der A. ist von dort aus - nach derzeitiger Verkehrsführung - nur möglich, wenn unmittelbar nach der Ausfahrt auf die linke der beiden Fahrspuren gewechselt wird, um von dort aus den gegenläufigen Verkehr auf der H. zu erreichen. Auch dort müssten die Fahrspuren überquert werden, um alsbald in die Abbiegespur zur A. zu gelangen, was zumindest zu Verkehrsspitzenzeiten nicht immer problemlos möglich sein dürfte. Sowohl bei der Einfädelung in den Straßenzug X./P. als auch bei der anschließenden Einfädelung in die H. müsste sich der abfließende Verkehr in die Verkehrsströme auf diesen Straßen - nach dem im Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2008 wiedergegebenen Ergebnis der Ermittlungen der IVV ist die X. mit täglich 20.000 Fahrzeugen belastet und die H. mit täglich 17.850 Fahrzeugen - einordnen. Für denjenigen Teil des Gesamtverkehrs auf der H., der dann in die A. einbiegt, wird sich dann in der Regel nicht mehr feststellen lassen, welche Fahrer die Fahrt zuvor im Parkhaus des Einkaufszentrums (oder nach dem Besuch des Einkaufszentrums von einem anderen Stellplatz in der Nähe) begonnen haben. Damit wird im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin der abfließende Verkehr vom übrigen Straßenverkehr nicht mehr unterscheidbar sein. Falls zukünftig zur Verminderung von Gefahrensituationen im Ausfahrtbereich des Einkaufszentrums ein Überwechseln auf die Abbiegespur zur H. versperrt werden sollte, würde sich für Kraftfahrer mit dem Ziel A. ein größerer Umweg ergeben, der eine noch frühere Vermischung zur Folge hätte.
Unabhängig davon sind die Voraussetzungen der Nr. 7.4 der TA Lärm 1998, die bei der gebotenen entsprechenden Heranziehung (s.o.) kumulativ (Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. Dezember 2006 - 1 ME 207/06 -) vorliegen müssen, aller Voraussicht nach noch aus einem weiteren Grund nicht erfüllt. Bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage lässt sich nicht feststellen, dass die zu erwartenden Geräusche des voraussichtlich mit dem Vorhaben verbundenen An- und Abfahrtverkehrs den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche vor dem Grundstück der Antragstellerin für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen.
Zu der Frage des voraussichtlichen Ausmaßes der Zusatzbelastung für das Grundstück der Antragstellerin durch die Auswirkungen des angefochtenen Vorhabens hat sich das Nds. Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 5. Juni 2008 - 1 MN 328/07 - eingehend geäußert und ausgeführt: Nach dem Ergebnis der Verkehrsuntersuchung der Ingenieurgruppe IVV vom April 2007 werde die schon bislang mit insgesamt 20.450 Kraftfahrzeugbewegungen/ Tag belastete A. voraussichtlich insgesamt nur 170 zusätzliche Kraftfahrzeugbewegungen zu verkraften haben (und dies auch können), davon 80 in Richtung auf das Vorhaben und 90 stadtauswärts. Es liege auf der Hand, dass die mit einer solchen Zusatzbelastung verbundenen Beeinträchtigungen völlig unerheblich seien und bei der Aufstellung des Bebauungsplanes in der Abwägung überhaupt keine Rolle zu spielen hatten. Nach der Berechnung des Ingenieurbüros Bonk/Maire/Hoppmann vom 22. Februar 2008 führten zusätzliche 200 Fahrzeugbewegungen auf der A. zu einer Zusatzbelastung von nur 0,042 dB(A)/Dauerschallpegel. Das sei angesichts der auf dieser Straße schon vorhandenen Belastung nachzuvollziehen. Es entspreche akustischen Realitäten, dass im Regelfall erst eine Verdoppelung der Verkehrsbelastung zu einer Erhöhung der Ist-Belastung um 3 dB(A) - das sei in der Regel die Hörbarkeitsschwelle - führe. Dem Antragsteller (im Verfahren 1 MN 328/07) sei es nicht gelungen, nachvollziehbar zu machen, der vorhabenbedingt hervorgerufene Zu- und Abfahrtsverkehr liege so deutlich über dieser Annahme der IVV vom April 2007, dass von einer Zunahme des Verkehrs die Rede sein könne, deren im Hinblick auf Lärm (möglicherweise auch Feinstaubbbelastung) eintretende Folgen die Antragsgegnerin bei ihrem Abwägungsvorgang hätten beschäftigen müssen. Dies gelte auch unter Berücksichtigung anderer neuerer Verkehrsströme, wie sie etwa durch den Ende 2007 eröffneten Möbelmarkt ausgelöst worden seien. Die in der IVV-Begutachtung vom April 2007 enthaltene Annahme werde gestützt durch Überlegungen, die im CIMA-Gutachten vom 10. Mai 2007 zur Stadt- und Regionalverträglichkeit eines Shopping-Centers in der Innenstadt von Oldenburg angestellt worden seien. Aber selbst bei Zugrundelegung der Annahme, in jeder Richtung würden vorhabenbedingt zusätzlich 400 Fahrzeugbewegungen hervorgerufen werden, ergäbe sich nach der Berechnung in dem schon erwähnten Gutachten vom 22. Februar 2008 eine Zusatzbelastung von nur 0,167 dB(A). Diese Erwägungen stellt die Antragstellerin im vorliegenden Rechtsstreit erstmals mit Schriftsatz vom 17. September 2008 inhaltlich in Frage. Aber auch unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ergeben sich keine überzeugenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass der von dem Vorhaben zu erwartende Zusatzverkehr im Bereich ihres Grundstücks den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen wird. Eine derartige Erhöhung erscheint selbst auf der Grundlage der Prämisse der Antragstellerin, dass sich im Bereich des Grundstücks eine Mehrbelastung von mindestens 4000 Kraftfahrzeugen am Tag ergibt, unwahrscheinlich. Eine Pegelerhöhung von 3 dB wird durch eine Verdoppelung der Schallenergie erreicht, d.h. durch eine 100%-ige Zunahme der Schallquellen, z.B. der Verkehrsstärke eines Verkehrsweges (vgl. etwa Tegeder, Die TA-Lärm 1998 - technische Grundlagen der Lärmbewertung, UPR 2000, 99). Im Regelfall führt damit erst eine Verdoppelung der Verkehrsbelastung zu einer Erhöhung der Ist-Belastung um 3 dB(A) (vgl. Beschluss des Nds. OVG Nieders. OVG) vom 5. Juni 2008). Angesichts der auch von der Antragstellerin nicht bestrittenen Vorbelastung der A. im Bereich ihres Grundstücks mit täglich mehr als 20.000 Kraftfahrzeugbewegungen müssten demnach für das Erreichen des Schwellenwertes etwa ebenso viele Fahrzeuge hinzukommen. Nach ihrer eigenen Annahme wird die Zusatzbelastung mit etwa 4.000 Fahrzeugen aber nur 1/5 betragen. Der Frage der Plausibilität bzw. Überzeugungskraft ihrer Gegenberechnung braucht damit im Rahmen dieses Verfahrens nicht im Einzelnen nachgegangen werden. Die diese Entscheidung selbständig tragende Feststellung, dass im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin bereits eine nicht unterscheidbare Vermischung der Verkehrsströme erfolgt sein wird (s.o.) wird durch den Vortrag zu den Verkehrszahlen ohnehin nicht in Frage gestellt.
Mit ihrem nur im Hauptsacheverfahren 4 A 1354/08 erfolgten Hinweis auf mögliche zusätzliche Belastungen für ihr Grundstück durch ein von einem Investor geplantes Parkhaus im Bereich A./F. kann die Antragstellerin in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht durchdringen. Eine im Rahmen dieses Rechtsstreits bedeutsame rechtliche Verknüpfung zwischen der angefochtenen Baugenehmigung und den Planungen für Parkflächen an anderer Stelle besteht nicht. Auch insoweit sind die entsprechenden Ausführungen des Nds. Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom 5. Juni 2008 - 1 MN 328/07 - auf den vorliegenden Fall übertragbar. Ebenso wie im Normenkontrollverfahren gilt auch hier, dass Einwendungen gegen die Errichtung eines Parkhauses nur im Verfahren über die Erteilung der dafür erforderlichen Baugenehmigung geltend gemacht und dort ggfls. auch durchgesetzt werden können. Offen bleiben kann deshalb, inwieweit die Errichtung eines Parkhauses auf der Grundlage des für dieses potentielle Baugrundstück noch maßgeblichen Bebauungsplans M-472 angesichts der aktuellen bauplanungsrechtlichen Entwicklung (Veränderungssperre) überhaupt noch möglich erscheint.
Soweit die Antragstellerin zur Begründung ihres Antrags - ganz wesentlich - auf das Gutachten der ITAP GmbH vom 23. Juni 2008 abstellt und geltend macht, bereits die gegenwärtig vorhandene Lärmbelastung für ihr Grundstück betrage mehr als 75 dB(A) tagsüber, so dass die Schwelle zur Gesundheitsgefahr bereits jetzt eindeutig überschritten sei, führt auch dies nicht zum Erfolg. Abgesehen davon, dass insbesondere die Antragsgegnerin die Feststellungen und die Aussagekraft des genannten Gutachtens mit substantiellen Einwendungen anzweifelt, ergäbe sich ausgehend von den o.g. Grundsätzen auch auf der Grundlage dieses Vortrags keine Zurechenbarkeit des vom Vorhaben der Beigeladenen zu erwartenden zusätzlichen Verkehrsaufkommens für ihr Grundstück. Das erkennende Gericht sieht deshalb keine Veranlassung, vor der hier zu treffenden Entscheidung die von der Antragstellerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 17. September 2008 angekündigte ergänzende Stellungnahme abzuwarten. Sofern - bereits jetzt oder nach Verwirklichung des Vorhabens - die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) überschritten sein bzw. werden sollten, müsste einem solchen städtebaulichen Missstand möglicherweise auf andere Weise generell entgegengetreten werden, etwa durch einen Lärmsanierungsplan. Ein Anspruch der Antragstellerin auf Nichtzulassung (weiterer) Vorhaben, die trotz fehlender Zurechenbarkeit (s.o.) zu dieser Belastung beitragen, ergäbe sich hieraus jedoch nicht. Die Beigeladene weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die besondere Lärmproblematik in der A. schon unabhängig von dem ihr genehmigten Vorhaben besteht und es deshalb auch nicht angemessen wäre, dieser Situation durch weitgehende Baubeschränkungen für Grundstücke im Innenstadtbereich zu begegnen.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ergibt sich auch nicht aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG (Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) die von der Antragstellerin angenommene Schutzpflicht des Staates und die Antragsgegnerin als der für ihn handelnden Behörden, das Vorhaben nicht zuzulassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Kosten der notwendigen Beigeladenen werden nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig erklärt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 53 GKG und orientiert sich der Höhe nach an dem Streitwertkatalog des Nds. Oberverwaltungsgerichts für baurechtliche Verfahren (Nds. Verwaltungsblätter 2002, 192, dort Ziff. 8a, 18b: 15.000,00 Euro <Mittelwert> x 1/2 wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung).
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft.
Burzynska
Ahrens