Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 23.07.2021, Az.: 12 B 3844/21

Einsichtsmöglichkeiten; Erdrückende Wirkung; Rücksichtnahmegebot; Verschattung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
23.07.2021
Aktenzeichen
12 B 3844/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 70696
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Baugenehmigung, die die Antragsgegnerin der Beigeladenen zu 1) für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses erteilt hat.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks K., Flurstück L. der Flur M. der Gemarkung N.. Das Grundstück ist mit einem eingeschossigen Einfamilienhaus bebaut. In südwestlicher Richtung grenzt das Grundstück des Antragstellers an das im Miteigentum der Beigeladenen zu 1), der Beigeladenen zu 3) und des Beigeladenen zu 4) stehende Grundstück O., Flurstück P. der Flur M. der Gemarkung N. (im Folgenden: Baugrundstück), an. Auf dem Baugrundstück, das früher ebenfalls mit einem eingeschossigen Einfamilienhaus bebaut war, ist zu Gunsten des Grundstücks des Antragstellers eine Abstandsflächenbaulast im Baulastenverzeichnis eingetragen. Die beiden Grundstücke liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht nach der übereinstimmenden Einschätzung der Beteiligten einem reinen Wohngebiet im Sinne von § 3 BauNVO. Das Gelände fällt im Bereich der beiden Grundstücke in Richtung Nordwesten ab.

Unter dem 11. November 2018 stellte die Beigeladene zu 1) für die Erbengemeinschaft Q. bei der Antragsgegnerin eine Bauvoranfrage zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit vier Wohneinheiten auf dem Baugrundstück.

Mit Bauvorbescheid vom 10. Dezember 2018 bescheinigte die Antragsgegnerin der Erbengemeinschaft die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens. Die geplante Größe des Doppelhauses stelle allerdings das Maximum dessen dar, was sich an dieser Stelle bezogen auf das Maß der baulichen Nutzung einfüge. Nach den grüngestempelten Bauvorlagen soll das aus zwei Teilen bestehende Wohngebäude ein Flachdach erhalten. An der Südwestseite des Gebäudes - zur R. hin - sind zwei Terrassen und zwei Balkone vorgesehen. An der nordöstlichen Grundstücksecke soll ein Schuppen für Fahrräder und Gartengeräte errichtet werden. Eine Bekanntgabe des Bauvorbescheides an den Antragsteller erfolgte nicht.

Unter dem 8. April 2020 beantragte die Beigeladene zu 1) für die Erbengemeinschaft die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Mehrfamilienhauses mit vier Wohneinheiten, zwei Carports und eines Abstellraumes auf dem Baugrundstück.

Mit Bescheid vom 25. September 2020 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen zu 1) die beantragte Baugenehmigung. Nach den genehmigten Bauvorlagen hat das Wohngebäude, das parallel zur R. sowie zur Grenze des Grundstücks des Antragstellers mit einer Grundflächenzahl von 0,27 errichtet wird, an seiner nordöstlichen - dem Grundstück des Antragstellers zugewandten - Seite eine Länge von 15,24 m. In nordwestlicher Richtung schließen sich - nach Nordosten um 1,15 m vorspringend - ein Carport mit einer Länge von 5,90 m und ein Abstellraum mit einer Länge von 4,14 m an. An den südlichen Ecken des Gebäudes sollen jeweils eine Terrasse mit einer Größe von ca. 20 m2 sowie - darüber liegend - im ersten Obergeschoss jeweils ein überdachter Balkon mit einer Größe von 15,94 m2 errichtet werden. Zum Grundstück des Antragstellers hält die Außenwand des Wohngebäudes an der schmalsten Stelle einen Abstand von 4,27 m. Die Terrasse, der Balkon, der Carport und der Abstellraum reichen bis auf ca. 2,00 m, 2,63 m, 3,01 m bzw. 3,03 m an die Grundstücksgrenze heran. Das Wohngebäude besteht aus zwei Teilen. Der südliche Gebäudeteil wird auf einer Geländehöhe von 111,17 m ü. NN errichtet und ist mit einem nach Südwesten abfallenden Pultdach (Dachneigung 8°) versehen. Der nördliche Gebäudeteil verfügt über ein nach Nordosten abfallendes Pultdach; die geplante Geländehöhe beträgt 109,73 m ü. NN. Mit einer Höhe (Oberkante Dachhaut) von 6,87 m bzw. 117,35 m ü. NN ragt der südliche über den nördlichen Gebäudeteil (5,87 m bzw. 115,40 m ü. NN) hinaus. An der nordöstlichen Gebäudeseite sind insgesamt acht Fenster vorgesehen.

Am 17. Dezember 2020 schlossen der Beigeladene zu 2), die Beigeladene zu 3), der Beigeladene zu 4) sowie dessen Vater einen entsprechenden Bauvertrag mit einer Baufirma ab.

Unter dem 12. November 2020 stellte die Beigeladene zu 1) für die Erbengemeinschaft einen Bauantrag für die Unterkellerung des Treppenhauses des genehmigten Wohngebäudes. Mit Bescheid vom 10. Dezember 2020 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen zu 1) eine entsprechende Nachtragsgenehmigung.

Eine Bekanntgabe der Baugenehmigung und der Nachtragsgenehmigung an den Antragsteller erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 8. März 2021 legte der Antragsteller gegen die Baugenehmigung und gegen die Nachtragsgenehmigung Widerspruch ein. Über den Widerspruch hat die Antragsgegnerin bisher nicht entschieden.

Am 19. Mai 2021 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Während des gerichtlichen Verfahrens hat er auch gegen den Bauvorbescheid vom 10. Dezember 2018 Widerspruch erhoben, über den ebenfalls noch nicht entschieden worden ist.

Zur Begründung seines Antrages trägt der Antragsteller vor, das Vorhaben eröffne unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten in den besonders sensiblen rückwärtigen Ruhebereich seines Grundstücks sowie in seine Wohn- und Ruheräume. Im Vergleich zu dem auf dem Baugrundstück früher vorhandenen Einfamilienhaus rücke das genehmigte Gebäude näher an seine Grundstücksgrenze heran und damit zwangsläufig den Hang hinauf. Das frühere Wohnhaus habe lediglich über ein Vollgeschoss und über ein Satteldach - ohne Dachgauben und -fenster - verfügt, sodass sein Grundstück hinreichend vor Blicken der Nachbarn geschützt gewesen sei. Durch die vorgesehene Ausführung des Obergeschosses als Vollgeschoss und die geplante großzügige Fensterfront verschlechtere sich die Situation für ihn erheblich. Mit 26,78 m gehe das Vorhaben auch in seiner Gesamtlänge über die Maße des abgerissenen Gebäudes hinaus. Hinzu komme, dass die Höhen (Oberkante Fertigfußboden) der genehmigten Geschosse die Geschosshöhen seines eigenen Wohnhauses um 3,55 m (EG) bzw. 3,95 m (OG) überstiegen. Dass der Dachfirst seines Wohngebäudes höher sei als die Oberkante des genehmigten Pultdaches, sei aufgrund der schmalen Silhouette des Dachfirsts irrelevant. Soweit die Beigeladenen behaupteten, sein Grundstück sei höher gelegen als das Baugrundstück, stehe dies im Widerspruch zu den von der Antragsgegnerin ermittelten Geländehöhen. Aus den Bauvorlagen lasse sich zudem entnehmen, dass das vorhandene Gelände um bis zu ca. 1 m aufgeschüttet werde. Die exakte Höhe lasse sich den Planunterlagen jedoch nicht entnehmen, sodass die Baugenehmigung insoweit unbestimmt sei. Hinzu komme, dass die Beigeladenen im Zuge der Bauarbeiten eigenmächtig - und unter Verstoß gegen das Nachbarrecht - die an der Grundstücksgrenze bisher vorhandenen, etwa 4 m hohen Zypressen entfernt hätten. Dadurch sei ihm sämtlicher Sichtschutz verloren gegangen. Verstärkt werde die rücksichtslose Situation durch die vorgesehenen Balkone und Terrassen. Dass deren Anordnung grenzabstandsrechtlich zulässig sei und die vorgeschriebenen Abstände auch sonst eingehalten würden, sei nicht entscheidend. Durch seine Platzierung und seine Höhe wirke der bodentief verglaste, überdachte Balkon, der auch bei schlechtem Wetter von mehreren Personen genutzt werden könne, wie eine Aussichtskanzel. Entsprechendes gelte für die Terrasse, die sich aufgrund der vorgesehenen Aufschüttung als erhöhtes Podest darstelle. Da die Beigeladenen in sämtliche Ruheräume blicken könnten, könne er auch nicht auf Selbstschutzmaßnahmen verwiesen werden. Da sich das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge, entfalte es gegenüber seinem Grundstück zudem eine erdrückende Wirkung. In der näheren Umgebung, deren Grenzen durch das „Dreieck“ der R. und des S. bestimmt würden, fänden sich für das Vorhaben der Beigeladenen keine Vorbilder. Soweit diese behaupteten, entlang der R. befänden sich Drei- und Vierfamilienhäuser, treffe dies nicht zu. Unrichtig sei auch, dass die Mehrzahl der Gebäude zwei- und dreigeschossig sei. Zu der erdrückenden Wirkung trügen neben den geringen Abständen, der Aufschüttung des Erdreichs sowie der Positionierung und der Höhe des Gebäudes auch dessen Kubatur mit dem nur gering geneigten Pultdach bei. Hinzu komme, dass bis auf einen kleinen Teil im Südosten die gesamte gemeinsame Grundstücksgrenze bebaut werde. Aufgrund der durchgehenden Wand aus Beton und Glas müsse bei ihm unweigerlich der Eindruck des „Eingemauertseins“ entstehen. Der geringe Höhenunterschied der beiden Pultdächer ändere daran nichts, zumal sich diese „Auflockerung“ in einer Höhe von rund 7 m vollziehe. Durch seine Positionierung, Höhe und Gestaltung führe das Vorhaben auf seinem Grundstück außerdem zu einer unzumutbaren Verschattung. Insbesondere die Sonneneinstrahlung aus Richtung Westen und Südwesten werde abgeschirmt. Damit seien gerade die Tageszeiten betroffen, in denen der Garten und das Wohnzimmer zur Entspannung genutzt würden. Das vorgesehene Pultdach könne aufgrund seiner geringen Neigung die Verschattung nicht verhindern. Der an der südlichen Grenze seines Grundstücks vorhandene Ahornbaum sei von seinem Wohnhaus 25 m entfernt und trage daher nicht signifikant zur Verschattung seines Grundstücks bei, zumal der Baum im Winterhalbjahr, in dem sich eine weitere Verkürzung der Sonnenstunden besonders nachteilig auswirke, keine Blätter trage.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilte Baugenehmigung vom 25. September 2020 in Gestalt des Nachtrages vom 10. Dezember 2020 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt vor, die von dem Antragsteller angeführten nachbarrechtlichen Vorschriften zählten nicht zum öffentlichen Baurecht und seien daher von ihr nicht zu prüfen. Die erforderlichen Grenzabstände seien eingehalten. Der ursprüngliche Geländeverlauf sowie die genehmigten Aufschüttungen und Abgrabungen seien aus den Bauvorlagen eindeutig ersichtlich. Die Aufschüttungen bewegten sich danach in einem Rahmen von 0,20 m bis 0,70 m. Das Vorhaben stelle sich im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung auch nicht als rücksichtslos dar. Da sich in der näheren Umgebung nicht nur ein-, sondern auch zweigeschossige Gebäude befänden, füge sich das geplante Gebäude in die nähere Umgebung ein. Etwas anderes ergebe sich auch nicht im Hinblick auf die von dem Antragsteller gerügten Höhenunterschiede. Die sich im Beurteilungsrahmen befindlichen Grundstücke wiesen in der Regel Höhenunterschiede von mehr als 2 m in Nord-Süd-Richtung auf. Die Höhendifferenz zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück des Antragstellers sei mit durchschnittlich ca. 50 cm dagegen relativ gering. Der Antragsteller könne auch nicht verlangen, dass Nachbargrundstücke so bebaut würden, dass keine Einsichtsmöglichkeiten auf sein Grundstück gegeben seien. Durch die Festsetzung von Mindestabständen habe der Landesgesetzgeber abschließend entschieden, was im Hinblick auf die Besonnung, Belichtung und Belüftung im nachbarlichen Verhältnis zumutbar sei. Zwar verfüge das genehmigte Wohngebäude über ein Vollgeschoss mehr als das Wohnhaus des Antragstellers und nehme mehr rückwärtige Grundstücksfläche in Anspruch als die vorherige Grundstücksbebauung. Auch seien auf der dem Grundstück des Antragstellers zugewandten Gebäudeseite eine größere Zahl von Fenstern sowie ein Balkon vorgesehen. Einen Rechtsanspruch des Nachbarn, dass Räume, Fernster, Terrassen, Balkone oder Dachgauben auf einem benachbarten Grundstück so angeordnet würden, dass sein eigenes Grundstück nicht oder nur eingeschränkt eingesehen werden könne, gebe es jedoch nicht. Zudem könne sich der Antragsteller durch Sichtschutzelemente oder Anpflanzungen bzw. durch Vorhänge oder Rollläden vor unerwünschten Blicken schützen. Von einer erdrückenden Wirkung könne nur dann gesprochen werden, wenn das betreffende Grundstück an wenigstens zwei Stellen von einem dominanten Bauwerk umfasst werde. Dies sei hier nicht der Fall. Auch eine unzumutbare Verschattung des Grundstücks des Antragstellers sei nicht gegeben. In einem bebauten innerstädtischen Wohnbereich sei es grundsätzlich hinzunehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt würden und es dadurch zu einer gewissen Verschattung des eigenen Grundstücks bzw. von einzelnen Wohnräumen komme. Ein Anspruch auf lückenlose Besonnung und Belichtung bestehe nicht. Darüber hinaus sei eine Veränderung der Bestandssituation durch die Änderung oder den Neubau einer angrenzenden - bauplanungsrechtlich zulässigen - baulichen Anlage zumutbar.

Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,

den Antrag abzulehnen.

Sie tragen vor, entgegen der Behauptung des Antragstellers befänden sich in der R. neben Ein- und Zweifamilienhäusern auch Drei- und Vierfamilienhäuser, wobei die überwiegende Zahl der Gebäude zwei- und dreigeschossig sei. Mit dem Gebäude T. sei zudem ein Wohnhaus vorhanden, dass eine mit ihrem Vorhaben vergleichbare Grundfläche aufweise. Die Grenzen der näheren Umgebung seien weiter zu fassen. Da es keinen beeinträchtigungsunabhängigen Anspruch auf Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich gebe, könne sich der Antragsteller auf ein fehlendes Sich-Einfügen aber ohnehin nur dann berufen, wenn gleichzeitig ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme gegeben sei. Dies sei nicht der Fall. Da ihr Vorhaben die Abstandsvorschriften einhalte, sei für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots in Bezug auf die Belichtung, Besonnung und Belüftung kein Raum. Entgegen der Behauptung des Antragstellers rücke ihr Vorhaben auch nicht näher an dessen Grundstück heran. Das abgerissene Gebäude habe lediglich einen Abstand von 3,5 m bis 4,0 m zur Grundstücksgrenze gehalten. Mit 19,90 m sei das Gebäude, das auf seiner dem Antragsteller zugewandten Seite über ein Giebel- sowie über drei Dachfenster verfügt habe, zudem deutlich länger als ihr Neubau gewesen. Einen über die Einhaltung des gesetzlichen Grenzabstandes hinausgehenden Sozialabstand könne der Antragsteller nicht beanspruchen. Durch die Anordnung der Fensterfronten sowie der Terrassen und Balkone würden keine Rechte des Antragstellers verletzt. Da dessen Wohnhaus auf seiner dem Baugrundstück zugewandten Seite selbst über eine große Gaube mit einem davorliegenden Erker bzw. Balkon verfüge und er mit seiner Terrasse näher an die gemeinsame Grundstücksgrenze gebaut habe als sie, die Beigeladenen, messe der Antragsteller zudem mit zweierlei Maß. Wenn sich der Antragsteller in seiner Privatsphäre gestört fühle, könne er auf seinem Grundstück geeignete Sichtvorkehrungen schaffen. Ihr Vorhaben entfalte auch keine erdrückende Wirkung. Die aneinandergesetzten Gebäudeteile bildeten vielmehr eine aufgelockerte Silhouette. Zu den anderen Nachbargrundstücken sowie zur Straße hin befinde sich überdies keine Bebauung, die in Verbindung mit ihrem Vorhaben den Eindruck des „Eingemauertseins“ vermitteln könnte. Ferner sei zu berücksichtigen, dass das Grundstück des Antragstellers im Vergleich zu ihrem Baugrundstück höher liege. Auch die Firsthöhe des Wohnhauses des Antragstellers gehe über die Firsthöhe ihres Neubaus hinaus. Der Antragsteller müsse auch nicht zukünftig auf eine „durchgehende Wand aus Beton und Glas“ blicken. Das Wohngebäude werde ein Verblendmauerwerk erhalten. Die Carports seien zum Grundstück des Antragstellers hin offen. Der Balkon erhalte lediglich eine Brüstung aus satiniertem Glas. Eine Aufschüttung des Baugrundstücks sei weder von der Antragsgegnerin genehmigt noch von ihnen vorgenommen worden. Für das zurückgebaute Wohngebäude sei seinerzeit im südöstlichen Grundstücksbereich eine Abgrabung vorgenommen worden, um dort eine Terrasse zu errichten. Für das genehmigte Vorhaben sei lediglich das ursprüngliche Geländeniveau wiederhergestellt sowie zur Schaffung ebener Flächen Boden bewegt worden. Auch nach den Bauvorlagen könne von einer Aufschüttung keine Rede sein. Aufgrund des in südlicher Richtung abfallenden Pultdaches komme es auch zu keiner relevanten Verschattung des Grundstücks des Antragstellers, das in den allenfalls betroffenen Abendstunden zudem bereits durch die hohen Ahornbäume entlang der R. verschattet werde. Die Ost-, Süd- und Südwestseite sei durch ihr Vorhaben ohnehin nicht betroffen. Da die vormals an der gemeinsamen Grundstücksgrenze vorhandenen Zypressen mit einer Höhe von 4 m oder 6 m im Zuge der Bauarbeiten entfernt worden seien, habe sich die Belichtung und Besonnung sogar verbessert. Die Behauptung des Antragstellers, die Zypressen seien ohne sein Einverständnis entfernt worden, sei unrichtig. Vielmehr hätten der Antragsteller und dessen Ehefrau vor Zeugen ihre Zustimmung zur Beseitigung der Zypressen erklärt und ihrerseits - ohne ihr Einverständnis, das der Beigeladenen - die gleichhohen Zypressen auf ihrem Grundstück entfernt. Dies sei für das Verfahren aber auch nicht relevant.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Der nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zulässige Antrag ist unbegründet.

In Verfahren nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO ist „ausgewogener“ Rechtsschutz zu gewähren. Nicht nur auf Seiten des Nachbarn drohen vollendete, weil unumkehrbare Tatsachen einzutreten, wenn das Vorhaben verwirklicht wird. Auch auf Seiten des Bauherrn können solche nicht oder nur schwer wiedergutzumachenden Folgen eintreten. Diese bestehen im Falle einer Antragsstattgabe in jedem Fall darin, die durch den Aufschub verlorene Zeit nicht nachholen und damit die in dieser Zeit erzielbaren Gewinne nicht mehr realisieren zu können. Da der Antragsteller von den Folgen des § 945 ZPO im verwaltungsgerichtlichen Nachbarstreit verschont bleibt, kommt in Verfahren des vorläufigen Nachbarrechtsschutzes den Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Sachverhalt ist dabei in aller Regel nur summarisch zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Prüfung gibt dem Vollzugsinteresse des Bauherrn nicht erst dann Vorrang, wenn die Baugenehmigung danach mehr oder minder zweifelsfrei Nachbarrechte dieses Antragstellers nicht verletzt. Ein derartiger Rechtsschutz wäre nicht ausgewogen, weil er das Risiko, die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung bei nur summarischer Prüfung nicht vollständig und zweifelsfrei ermitteln zu können, einseitig dem Bauherrn auferlegte, obwohl dessen Bauabsicht nach der gesetzlichen Wertung (§ 212a BauGB) grundsätzlich Vorrang genießen soll. Eine Stattgabe des vorläufigen Rechtsschutzantrags kommt deshalb erst dann in Betracht, wenn Überwiegendes für die Annahme spricht, der Rechtsbehelf des Nachbarn in der Hauptsache sei jedenfalls derzeit begründet (Nds. OVG, Beschl. v. 25.01.2007 - 1 ME 177/06 -, juris Rn. 11, und Beschl. v. 14.06.2017 - 1 ME 64/17 -, juris Rn. 13).

Eine danach vorgenommene Überprüfung ergibt, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen die der Beigeladenen zu 1) erteilte und von den Beigeladenen zu 2) bis 4) ausgenutzte Baugenehmigung voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer erteilten Baugenehmigung, die nach § 70 Abs. 1 Satz 1 NBauO nur dann versagt werden darf, wenn das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, hat ein Nachbar nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch die Genehmigung zugleich in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat.

Drittschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts werden durch die erteilte Baugenehmigung voraussichtlich nicht verletzt.

Die erforderlichen Grenzabstände (§ 5 NBauO) sind - hiervon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus - eingehalten.

Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts, insbesondere nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme, das sich im - wie hier - unbeplanten Innenbereich aus dem Merkmal des Einfügens (§ 34 Abs. 1 BauGB) sowie aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 BauNVO ergibt.

Dahingestellt bleiben kann, ob von der Wahrung des Rücksichtnahmegebots hier schon deshalb auszugehen ist, weil der Antragsteller den der Erbengemeinschaft erteilten Bauvorbescheid vom 10. Dezember 2018 nicht in das vorläufige Rechtsschutzverfahren einbezogen hat und der von dem Antragsteller gegen den Bauvorbescheid erhobene Widerspruch nach § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung entfaltet, oder ob die Bindungswirkung dieses - nicht bestandskräftigen - Bescheides durch die im Genehmigungsverfahren vorgenommen Änderungen an dem Vorhaben (etwa im Hinblick auf die Anordnung der Fensterfronten, den Standort der Nebenanlagen sowie die Lage der Terrassen und Balkone, vgl. Bl. 10 BA 001 Bd. 4/4) entfallen ist (vgl. dazu Burzynska/Mann, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 73 Rn. 25). Denn auch eine gerichtliche Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des genehmigten Vorhabens führt zu dem Ergebnis, das eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots aller Voraussicht nach nicht gegeben ist.

Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme stellt, hängen wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich ist, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge billigerweise zuzumuten ist (BVerwG, Beschl. v. 13.03.2019 - 4 B 39.18 -, juris Rn. 9 m.w.N.; Nds. OVG, Urt. v. 21.08.2020 - 1 LB 140/20 -, juris Rn. 8; VG Hannover, Urt. v. 22.04.2021 - 4 A 3809/20 -, juris Rn. 39). Unzumutbar ist ein Vorhaben für den Nachbarn insbesondere dann, wenn es auf sein Grundstück eine erdrückende Wirkung ausübt, dieses unzumutbar verschattet oder zu unzumutbaren Einsichtsmöglichkeiten führt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 18.02.2009 - 1 ME 282/08 -, juris Rn. 43, und Beschl. v. 09.03.2020 - 1 ME 154/19 -, juris Rn. 9; VG Hannover, Beschl. v. 02.10.2019 - 12 B 3828/19 -, und Beschl. v. 23.10.2020 - 12 B 4517/20 -, jeweils n.v.).

Daran gemessen greift das Vorhaben der Beigeladenen aller Voraussicht nach nicht rücksichtslos in die Belange des Antragstellers ein.

1. Das Vorhaben führt voraussichtlich zu keinen unzumutbaren Einsichtsmöglichkeiten auf das Grundstück des Antragstellers.

Gegen die Annahme unzumutbarer Einsichtsmöglichkeiten spricht zunächst maßgeblich, dass die genehmigten baulichen Anlagen - wie ausgeführt - die Abstandsregeln des § 5 NBauO einhalten. Zwar weist der Antragsteller zutreffend darauf hin, dass mit der Einhaltung der Abstandsvorschriften über die Frage der Rücksichtslosigkeit eines Vorhabens noch nicht abschließend entschieden ist. Denn während das Gebot der Rücksichtnahme im Bundesrecht verankert ist, handelt es sich bei den Grenzabstandsvorschriften um solche des Landesrechts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999 - 4 B 128/98 -, juris Rn. 3; Nds. OVG, Beschl. v. 15.01.2007 - 1 ME 80/07 -, juris Rn. 14). Bei einer baulichen Anlage, die die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen einhält, ist aber in aller Regel davon auszugehen, dass sie die Rechte des Nachbarn nicht unzumutbar einschränkt und damit auch nicht zu unzumutbaren Einsichtsmöglichkeiten führt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15.01.2007 - 1 ME 80/07 -, juris Rn. 15, Beschl. v. 18.02.2009 - 1 ME 282/08 -, juris Rn. 43, und Beschl. v. 23.03.2020 - 1 ME 138/19 -, V.n.b.; OVG Hamburg, Beschl. v. 26.09.2007 - 2 Bs 188/07 -, juris Rn. 8; VG Hannover, Beschl. v. 02.10.2019 - 12 B 3828/19 -, n.v.).

Zwar werden durch das Vorhaben neue Einsichtsmöglichkeiten auf das Grundstück des Antragstellers geschaffen. Dies folgt zum einen daraus, dass das genehmigte Wohngebäude im Unterschied zu dem auf dem Baugrundstück früher vorhandenen Wohnhaus über ein zweites Vollgeschoss sowie über einen Balkon in unmittelbarer Nähe zur gemeinsamen Grundstücksgrenze verfügt. Während der abgerissene Altbau ausweislich der Bauvorlagen zu den Baugenehmigungen vom 8. Januar 1949, vom 2. Februar 1950 und vom 19. März 1956 sowie der von den Beigeladenen mit ihrem Schriftsatz vom 6. Juli 2021 überreichten Luftbildaufnahme (Bl. 86 GA) an seiner Nordostseite lediglich drei Erdgeschossfenster - entgegen der Behauptung des Antragstellers allerdings auch ein Giebel- sowie mehrere kleine Dachfenster - aufwies, sehen die genehmigten Bauvorlagen für den Neubau im Erd- und Obergeschoss insgesamt acht Fenster (davon vier Doppelfenster) vor. Zum anderen ist das genehmigte Gebäude nicht mehr in dem - tiefer gelegenen - nordwestlichen Grundstücksbereich, sondern mittig auf dem Baugrundstück platziert. Letzteres hat insbesondere zur Folge, dass von dem Gebäude aus Einsichtsmöglichkeiten auch in den südlichen Terrassen- und Gartenbereich des Antragstellers bestehen.

Gewähren Fenster, Balkone oder Terrassen eines neuen Gebäudes den Blick auf ein Nachbargrundstück, ist deren Ausrichtung, auch wenn der Blick von dort in einen Ruhebereich des Nachbargrundstücks fällt, jedoch nicht aus sich heraus rücksichtslos. In einem - wie hier - bebauten innerstädtischen Wohngebiet müssen Nachbarn es vielmehr in aller Regel hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens ausgenutzt werden und es dadurch zu (neuen) Einsichtsmöglichkeiten kommt, wie sie in einem bebauten Gebiet üblich sind (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 23.03.2020 - 1 ME 138/19 -, V.n.b.; OVG NRW, Beschl. v. 06.07.2020 - 10 A 3461/19 -, juris Rn. 6; OVG Schl.-Holst., Beschl. v. 31.03.2020 - 1 MR 2/20 -, juris Rn. 19; Sächs. OVG, Beschl. v. 08.06.2020 - 1 B 78/20 -, juris Rn. 21; VG Hannover, Beschl. v. 23.10.2020 - 4 B 4517/20 -, n.v.). Über die danach regelmäßig hinzunehmende gegenseitige Einsichtnahme gehen die Einsichtsmöglichkeiten auf das Grundstück des Antragstellers voraussichtlich nicht hinaus.

Dagegen spricht in Bezug auf den südlichen Terrassen- und Gartenbereich des Antragstellers, dass dieser nach den Bauvorlagen sowie der von dem Antragsteller mit seinem Schriftsatz vom 30. Juni 2021 überreichten Lichtbilder (Bl. 71-74 GA) - auch aufgrund der dort vorhandenen Sichtschutzelemente - nur von einem Teil der Fenster des genehmigten Wohngebäudes aus einsehbar sein wird. Der Hinweis des Antragstellers auf die Gesamtlänge der baulichen Anlagen von 26,78 m greift damit zu kurz, zumal der Antragsteller dabei auch den an seiner Nordostseite geschlossenen Abstellraum mit einbezieht. Die durch diese Fenster, den Balkon und gegebenenfalls auch die Terrasse geschaffenen Einsichtsmöglichkeiten mag der Antragsteller - verständlicherweise - als ungewohnt und befremdlich empfinden. Sie stellen sich ihm gegenüber jedoch nicht als rücksichtlos dar. Dass ein Balkon seiner Größe nach eine Benutzung durch mehrere Personen zulässt, ist auch nicht so ungewöhnlich, dass der Antragsteller damit nicht zu rechnen bräuchte. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich auch die Terrasse des Antragstellers sehr nah an der gemeinsamen Grundstücksgrenze befindet. Soweit der Antragsteller behauptet, im Vergleich zu dem abgerissenen Altbau rücke das genehmigte Gebäude näher an seine Grundstücksgrenze heran, sind dem die Beigeladenen mit dem - unwidersprochen gebliebenen - Vortrag entgegengetreten, dass das zurückgebaute Gebäude lediglich einen Abstand von 3,5 m bis 4,0 m zur Grundstücksgrenze gehalten habe.

Hinsichtlich der Wohnräume des Antragstellers ist zu berücksichtigen, dass dessen Wohngebäude an seiner Westseite seinerseits über einen Balkon mit entsprechenden Einsichtsmöglichkeiten auf das Baugrundstück und aller Voraussicht nach auch in die Räume des Neubaus verfügt. Im Übrigen ist es dem Antragsteller entgegen seiner Auffassung zuzumuten, auch mehrere betroffene Räume durch in Innerortslagen typische Sichtschutzvorkehrungen, wie z.B. Vorhänge, vor ungewollter Einsichtnahme zu schützen (vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 26.02.2003 - 1 LC 75/02 -, juris Rn. 53; OVG Schl.-Holst., Beschl. v. 31.03.2020 - 1 MR 2/20 -, juris Rn. 19). Welche Räumlichkeiten konkret betroffen sind, legt der Antragsteller allerdings nicht substantiiert dar. Dass die Errichtung von zwei Vollgeschossen in der Umgebung so beispiellos und unvorhersehbar ist, dass die damit verbundenen Einsichtsmöglichkeiten „von oben“ ausnahmsweise nicht hinzunehmen sein könnten (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 23.03.2020 - 1 ME 138/19 -, V.n.b.), ist nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat auch nicht bestritten, dass es in der näheren Umgebung - zumindest vereinzelt - zweigeschossige Gebäude gibt.

Eine Unzumutbarkeit ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die von dem Antragsteller angeführten Höhenverhältnisse. Zwar geht dieser zutreffend davon aus, dass sein Grundstück tiefer als das Baugrundstück liegt. Aus den von der Antragsgegnerin ermittelten Höhendaten (vgl. Bl. 64 BA 001 Bd. 2/4) ergibt sich eine Höhendifferenz zwischen den beiden Grundstücken von im Mittel 0,34 m, in den bebauten Bereichen sogar von 0,81 m. Auch trifft es zu, dass das vorhandene Gelände nach den Bauvorlagen im Bereich des südlichen Gebäudeteils um bis zu 1 m aufgeschüttet wird. Denn in diesem Bereich liegt das vorhandene unterhalb des geplanten Geländes (vgl. Bl. 20 BA 001 Bd. 1/4). Allein aufgrund dieser Höhenunterschiede bzw. -veränderungen stellt sich die Baugenehmigung dem Antragsteller gegenüber aber nicht als rücksichtslos dar, zumal aufgrund der Hanglage in der näheren Umgebung auch bei anderen Grundstücken Höhendifferenzen bestehen. Soweit der Antragsteller vorträgt, zwischen den Geschossen des Neubaus und den Geschossen seines eigenen Wohnhauses bestehe ein Höheunterschied (Oberkante Fertigfußboden) von 3,55 m (EG) bzw. 3,95 m (OG), ist gegen diese Berechnung darüber hinaus einzuwenden, dass sie sich lediglich auf den - höher gelegenen - südlichen Gebäudeteil bezieht. Die Baugenehmigung ist hinsichtlich der genehmigten Aufschüttung auch nicht unbestimmt (§ 37 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG). Da in der vorbezeichneten Bauvorlage die Geländelinien („vorhandenes/geplantes Gelände“) verzeichnet sind und die Vorlage zudem über eine Maßstabsangabe (1:100) verfügt, lässt sich daraus hinreichend deutlich ersehen, inwieweit sich die Geländehöhe durch das Vorhaben verändert. Dass die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung (dort auf S. 4) fehlerhaft von einer Aufschüttung „in einem Rahmen von 0,20 m bis etwa 0,70 m“ ausgeht, ändert daran nichts.

Soweit der Antragsteller rügt, die Beigeladenen hätten im Zuge der Bauarbeiten eigenmächtig - und unter Verstoß gegen das Nachbarrecht - die an der Grundstücksgrenze bisher vorhandenen, etwa 4 m hohen Zypressen entfernt, wodurch ihm sämtlicher Sichtschutz verloren gegangen sei, verhilft ihm das ebenfalls nicht zum Erfolg. Zum einen sind die von dem Antragsteller angeführten nachbarrechtlichen Vorschriften nicht Bestandteil des öffentlichen Baurechts (§ 2 Abs. 17 NBauO) und somit auch nicht Prüfungsgegenstand der Baugenehmigung. Zum anderen befasst sich die erteilte Baugenehmigung auch inhaltlich an keiner Stelle mit den an der Grundstücksgrenze bisher vorhandenen Anpflanzungen.

2. Von dem Vorhaben der Beigeladenen geht in Bezug auf das Grundstück des Antragstellers aller Voraussicht nach auch keine erdrückende Wirkung aus.

Soweit der Antragsteller geltend macht, das Vorhaben fände im Bereich der R. und des S. keine Vorbilder und füge sich daher nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, ist dieser Vortrag für sich genommen nicht geeignet, die erdrückende Wirkung des Vorhabens zu begründen. Dies anzunehmen kommt nur in Ausnahmefällen, und zwar erst dann in Betracht, wenn die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d.h. dort ein Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Gefängnishof-Situation“ hervorruft. Dem Grundstück muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden (Nds. OVG, Beschl. v. 15.01.2007 - 1 ME 80/07 -, juris Rn. 13 m.w.N.). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist neben den Ausmaßen - Bauhöhe, Länge und Gestaltung der Fassaden, Baumasse - auch die Lage und der Abstand der beiden Baukörper zueinander sowie zu den Grundstücksgrenzen zu berücksichtigen. Zudem kann von Bedeutung sein, ob andere Baukörper in der näheren Umgebung zu der erdrückenden Wirkung noch beitragen und diese verstärken können (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 11.04.1997 - 1 L 7286/95 -, juris Rn. 20; OVG NRW, Urt. v. 29.08.2005 - 10 A 3138/02 -, juris Rn. 50; VG Würzburg, Beschl. v. 25.09.2020 - W 5 S 20.1135 -, juris Rn. 45).

Gegen die Annahme eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme spricht maßgeblich zunächst auch hier, dass die genehmigten Anlagen die Abstandsregeln des § 5 NBauO einhalten. Der Abstand zwischen den beiden Gebäuden erscheint mit ca. 6,5 m zwar auf den ersten Blick als gering. Dabei ist neben dem rechteckigen Zuschnitt der beiden Grundstücke jedoch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller mit seinem Wohnhaus seinerseits sehr nah an die gemeinsame Grundstücksgrenze gebaut hat.

Zwar verändert sich durch das Vorhaben - wie ausgeführt - die bislang vorhandene bauliche Situation. Im Hinblick auf den Gesichtspunkt der erdrückenden Wirkung ist dabei vor allem von Bedeutung, dass der genehmigte Neubau über ein zweites Vollgeschoss verfügt. Der Antragsteller mag diesen als einengend empfinden. Dies reicht für die Annahme einer erdrückenden Wirkung jedoch nicht aus (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15.01.2007 - 1 ME 80/07 -, juris Rn. 13 und 24; VG Hannover, Beschl. v. 23.10.2020 - 12 B 4517/20 -, n.v.).

Das Grundstück des Antragstellers wird auch nicht „ummauert“. Von einem solchen Effekt kann gesprochen werden, wenn ein Grundstück an wenigstens zwei Seiten von einem dominanten Bauwerk umfasst wird (OVG NRW, Urt. v. 29.08.2005 - 10 A 3138/02 -, juris Rn. 54). Dies ist hier - auch unter Einbeziehung der bereits vorhandenen Wohnbebauung nördlich und südlich des Grundstücks des Antragstellers - offenkundig nicht der Fall.

Auch die Länge und Gestaltung der dem Grundstück des Antragstellers zugewandten Fassaden - einschließlich des Carports und des Abstellraumes - rechtfertigt nicht die Annahme einer erdrückenden Wirkung. Soweit der Antragsteller behauptet, er müsse infolge des Vorhabens auf eine „durchgehende Wand aus Beton und Glas“ blicken, trifft dies nicht zu. Während die Außenwände des Wohngebäudes nach der Baubeschreibung ein Verblendmauerwerk erhalten, werden die Carports und der Abstellraum mit einer Holzverkleidung versehen. Da das obere Drittel der dem Grundstück des Antragstellers zugewandten Carportwand offen ist (vgl. Bl. 21 BA 001 Bd. 1/4) und diese Wand gegenüber der nordwestlichen Außenwand des Wohngebäudes überdies um 1,15 m vorspringt, stellt sich die Silhouette des Baukörpers für den Betrachter selbst im Bereich des Erdgeschosses nicht als eine „durchgehende Wand“ dar. Hinzu kommt, dass der Baukörper zur südöstlichen Grenze des Baugrundstücks einen Abstand von etwa 12,5 m bzw. (unter Einbeziehung der Terrassen und Balkone) von ca. 10,0 m hält und damit jedenfalls vom südlichen und östlichen Bereich der südlichen Terrassen- und Gartenfläche des Antragstellers aus einen freien Blick in Richtung Südwesten gewährleistet.

Der von dem Antragsteller angeführte Höhenunterschied zwischen den genehmigten Geschossen und den Geschossen seines eigenen Wohnhauses von 3,55 m (EG) bzw. 3,95 m (OG) ist ebenfalls nicht so erheblich, dass er die Annahme einer erdrückenden Wirkung rechtfertigen würde (vgl. zu Beispielen aus der obergerichtlichen Rechtsprechung VG Würzburg, Beschl. v. 25.09.2020 - W 5 S 20.1135 -, juris Rn. 45). Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller selbst eingeräumt hat, dass der Dachfirst seines Wohngebäudes höher als die Oberkante des genehmigten Pultdaches ist. Ist der genehmigte Baukörper nicht erheblich höher als das betroffene Nachbargebäude, ist für die Annahme einer erdrückenden Wirkung regelmäßig kein Raum (Bayer. VGH, Beschl. v. 11.05.2010 - 2 CS 10.454 -, juris Rn. 5, und Beschl. v. 05.12.2012 - 2 CS 12.2290 -, juris Rn. 9; Sächs. OVG, Beschl. v. 08.06.2020 - 1 B 78/20 -, juris Rn. 21; ähnlich Nds. OVG, Beschl. v. 18.02.2009 - 1 ME 282/08 -, juris Rn. 47).

3. Schließlich wird das Grundstück des Antragstellers durch das Vorhaben auch nicht unzumutbar verschattet.

Auch im Hinblick auf eine geltend gemachte unzureichende Belichtung und Besonnung eines Nachbargrundstücks gilt, dass bei Einhaltung der Grenzabstandsvorschriften, die gerade die ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung von Nachbargrundstücken gewährleisten sollen, eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots regelmäßig ausscheidet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.11.1984 - 4 B 244.84 -, juris Rn. 4; Nds. OVG, Urt. v. 14.04.1997 - 1 L 7286/95 -, juris Rn. 27, Beschl. v. 18.02.2009 - 1 ME 282/08 -, juris Rn. 43, und Beschl. v. 23.03.2020 - 1 ME 138/19 -, V.n.b.; VG Hannover, Beschl. v. 02.10.2019 - 12 B 3828/19 -, und Beschl. v. 23.10.2020 - 12 B 4517/20 -, jeweils n.v.). Besondere Umstände, die eine Abweichung von diesem Grundsatz rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

Zum einen dürfte es - auch nach dem Eindruck der im Internet abrufbaren Luftbildaufnahmen (Google Maps) - bereits in der Vergangenheit aufgrund des seinerzeit an sämtlichen Grundstücksgrenzen vorhandenen Grünbewuchses zu einer nicht unerheblichen Verschattung des Grundstücks des Antragstellers gekommen sein. Nach Google Maps beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus des Antragstellers und dem Grünbewuchs an der südlichen Grundstücksgrenze zudem nicht 25 m, sondern 15 m. Zum anderen ist aufgrund der Lage des genehmigten Baukörpers nicht zu erwarten, dass dem Antragsteller auf seiner Terrasse die gesamte Südwestsonne verloren gehen wird. Dagegen spricht auch, dass das genehmigte Pultdach in Richtung Süden hin - wenn auch lediglich um 8° - abfällt. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass sich im Winterhalbjahr eine weitere Verkürzung der Sonnenstunden besonders nachteilig auswirke, ist zu berücksichtigen, dass eine Nutzung der Terrasse in dieser Zeit nur eingeschränkt in Betracht kommen dürfte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen für erstattungsfähig zu erklären, weil die Beigeladenen einen Sachantrag gestellt und sich nach § 154 Abs. 3 VwGO damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 8 Buchst. a der Streitwertannahmen der Bausenate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nach dem 1. Januar 2002 (NdsVBl. 2002, 192). Der danach für ein entsprechendes Hauptsacheverfahren anzunehmende Wert von 15.000,- € ist im Hinblick auf das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren zu halbieren.