Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.01.2007, Az.: 8 PA 178/06
Beendigung eines Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens mit dem Erlöschen des Amtes des antragstellenden Insolvenzverwalters; Möglichkeit einer rückwirkenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe; Zugehörigkeit von höchstpersönlichen Rechten zur Insolvenzmasse
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.01.2007
- Aktenzeichen
- 8 PA 178/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 39223
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2007:0117.8PA178.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade - 11.12.2006 - AZ: 6 A 1872/05
Rechtsgrundlagen
- § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO
- § 166 VwGO
- § 80 InsO
Fundstellen
- NJW 2007, XII Heft 13 (Kurzinformation)
- NJW 2007, 1224 (Volltext mit amtl. LS)
- NZI 2007, 300 (Volltext mit amtl. LS)
- NZI (Beilage) 2007, 54 (red. Leitsatz)
Verfahrensgegenstand
Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erledigt sich ein von einem Insolvenzverwalter gestellter Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Der (Gemein-)Schuldner kann nur einen neuen, eigenen Bewilligungsantrag stellen.
- 2.
Nicht der Insolvenzverwalter, sondern nur der (Gemein-)Schuldner ist befugt, einen Anfechtungsprozess gegen den Entzug geschützter Berufsbezeichnungen - hier als "Beratender Ingenieur" - zu führen.
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und damit zu verwerfen.
Aus der Beschwerdeschrift vom 22. Dezember 2006 ergibt sich nicht mit letzter Klarheit, ob die Beschwerde tatsächlich im Namen des Beschwerdeführers oder vielleicht doch im Namen des früheren Insolvenzverwalters über das Vermögen des Beschwerdeführers eingelegt worden ist. Auf gerichtliche Nachfragen hierzu ist keine Stellungnahme erfolgt. Da der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers eine vom Beschwerdeführer - und nicht von dem früheren Insolvenzverwalter - unterzeichnete Vollmacht vorgelegt und selbst auf die Aufhebung des Insolvenzverfahrens verwiesen hat, geht der Senat davon aus, dass die Beschwerde im Namen des Beschwerdeführers erhoben werden sollte und die abweichende Bezeichnung des Insolvenzverwalters als Beteiligter nur irrtümlich erfolgt ist.
Die so verstandene Beschwerde ist jedoch unzulässig. Der vom Insolvenzverwalter für die von ihm angekündigte Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. September 2005 gestellte und mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2006 abgelehnte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat sich nämlich mit der rechtskräftigen Aufhebung des Insolvenzverfahrens erledigt. Gemäß § 259 Abs. 1 Satz 1 InsO erlischt mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens das Amt des Insolvenzverwalters. Da für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des jeweiligen Antragstellers bzw. bei Parteien kraft Amtes, zu denen ein Insolvenzverwalter gehört, auf die Verhältnisse der "wirtschaftlich Beteiligten" i.S.v. § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 166 VwGO abzustellen ist, endet mit dem Tod bzw. - wie hier - mit dem Erlöschen der Rechtsstellung des Antragstellers zugleich auch das Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren; auch eine rückwirkende Bewilligung ist ausgeschlossen (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 18.1.2001 - 5 BS 272/00 -, NVwZ 2002, 492 ff.). Ein vom Beschwerdeführer offenbar sinngemäß angenommener Eintritt in die vorherige Rechtsstellung des Insolvenzverwalters findet im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren also nicht statt. Der neu in den Prozess eintretende Beteiligte ist vielmehr darauf verwiesen, selbst Prozesskostenhilfe zu beantragen (vgl. Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, Kommentar, § 119, Rn. 26 f.; Zöller, ZPO, Kommentar, § 114, Rn. 12; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, S. 36 f., m.w.N.). Die stattdessen vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde gegen den Beschluss vom 11. Dezember 2006, mit dem seinem früheren Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe versagt worden ist, ist daher zu verwerfen.
Zum gleichen Ergebnis käme man im Übrigen selbst bei der Annahme, die Beschwerde habe entgegen der vorherigen Ausführungen doch im Namen des Insolvenzverwalters erhoben werden sollen. Da dessen Amt erloschen ist, wäre ein von ihm eingelegte Beschwerde ebenfalls mangels Beteiligtenfähigkeit zu verwerfen.
Ungeachtet dessen hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss auch zu Recht angenommen, dass dem Insolvenzverwalter für die beabsichtigte Anfechtungsklage die zur Wahrnehmung fremder Rechte, nämlich solcher des (Gemein-)Schuldners, notwendige Prozessführungsbefugnis fehlt. Eine solche Befugnis steht dem Insolvenzverwalter gemäß § 80 InsO nur bezogen auf das nach § 35 InsO zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des (Gemein-)Schuldners zu. Höchstpersönliche Rechte, wie die hier umstrittene Erlaubnis zum Führen der nach § 11 NIngG geschützten Berufsbezeichnung "Beratender Ingenieur" und die Anerkennung als "Tragwerksplaner" nach § 17 b NIngG, gehören jedoch nicht zur Insolvenzmasse (vgl. neben dem bereits vom Verwaltungsgericht zitierten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts v. 18.1.2006 - 6 C 21/05 -, NVwZ 2006, 530 f.: OVG Münster, Beschl. v. 2.10.2003 - 13 A 3696/02 -, OVGE 49, 243 ff., sowie BVerwG, Urt. v. 17.8.2005 - 6 C 15/04 -, BVerwGE 124, 110, 116 f.) [BVerwG 17.08.2005 - 6 C 15/04]. Daher hätte der Beschwerdeführer, dem der Bescheid vom 13. September 2005 zu Recht persönlich bekannt gegeben worden ist (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, § 41, Rn. 36), nur selbst eine zulässige Anfechtungsklage erheben können. Da er dies innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht getan hat und Gründe für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO nicht ersichtlich sind, ist der Bescheid ihm gegenüber bestandskräftig geworden.
Sollte der Beschwerdeführer der Ansicht sein, jedenfalls nunmehr (wieder) als "Beratender Ingenieur" und/ oder als "Tragwerksplaner" tätig werden zu dürfen, so ist er darauf zu verweisen, insoweit Anträge auf erneute Eintragung bei der Beklagten zu stellen.