Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 28.10.2009, Az.: 4 A 1354/08

Baugenehmigung für den Neubau eines Einkaufszentrums; Erhebliche Gründe für die Vertagung einer Rechtssache; Klagebefugnis aufgrund des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme; Berücksichtigung des mit der Zulassung eines Vorhabens verbundenen Zugangsverkehrs und Abgangsverkehrs bei der Erteilung von Baugenehmigungen

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
28.10.2009
Aktenzeichen
4 A 1354/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 28404
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2009:1028.4A1354.08.0A

Fundstelle

  • BauR 2010, 1107

Verfahrensgegenstand

Drittklage gegen Baugenehmigung

Redaktioneller Leitsatz

Im Rahmen einer Baugenehmigung (hier: für den Neubau eines Einkaufszentrums) kommt im Hinblick auf befürchtete Verkehrsbeeinträchtigungen eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zu Lasten eines Nachbarn schon dann nicht in Betracht, wenn es an einem spezifischen Bezug des genehmigten Vorhabens zur Verkehrssituation im Bereich des nachbarlichen Grundstücks fehlt. Davon ist indes regelmäßig auszugehen, wenn sich der durch die genehmigte Anlage ausgelöste An- und Abfahrtverkehr im Bereich des (nicht in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden) nachbarlichen Grundstücks durch einen zwischen beiden Punkten liegenden Verkehrskreisel mit dem anderen öffentlichen Verkehr bis zur Unkenntlichkeit vermischt.

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 4. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2009
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Osterloh,
den Richter am Verwaltungsgericht Burzynska,
den Richter am Verwaltungsgericht Ahrens sowie
die ehrenamtlichen Richterinnen Terborg und Weber
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Einkaufszentrums.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks C. 20 in O.. Dieses liegt an der Südseite der in West-Ost-Richtung verlaufenden C. und ist mit einem von der Klägerin mit Familienangehörigen genutzten Wohngebäude bebaut. Es befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans M-472 der Beklagten, der hier eine Nutzung als Kerngebiet festsetzt.

3

Etwa 160 m westlich des Grundstücks der Klägerin stößt die C. auf die quer verlaufende, in Süd-Nord-Richtung als Einbahnstraße geführte D.. Dahinter - parallel zur D. und von dieser durch Wasser- bzw. Grünflächen getrennt - verläuft die in den E. übergehende F., die in Nord-Südrichtung ebenfalls als Einbahnstraße geführt wird. Jenseits dieses Straßenzuges und bezogen auf den Einmündungsbereich der C. leicht nach Süden versetzt, befindet sich am Rande der Innenstadt das Areal, auf dem die Beigeladene inzwischen ihr Vorhaben verwirklicht (G. 2, 3 und 4 sowie H. Nr. 13). Die Entfernung des Baugrundstücks zum Grundstück der Klägerin beträgt ca. 240 m (Luftlinie).

4

Zur Schaffung der bauplanungsrechtlichen Grundlage für das Einkaufszentrum beschloss der Rat der Beklagten am 12. November 2007 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 24 "I." als Satzung und machte diesen am 16. November 2007 erstmalig in ihrem Amtsblatt ortsüblich bekannt. Das wiederholte sie am 30. Mai 2008. Der Bebauungsplan setzt für das Baugrundstück eine Nutzung als Einkaufszentrum fest. In dem Einkaufszentrum zulässig sind danach Betriebe des Einzelhandels mit einer Verkaufsfläche von maximal 12.500 m², Büros und Dienstleistungsbetriebe, gastronomische Einrichtungen, kulturelle Einrichtungen sowie Stellplätze und Garagen.

5

Am 13. November 2007 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die Baugenehmigung für den "Neubau eines Einkaufszentrums mit offener Parkgarage (436 Einstellplätze)" auf dem genannten Baugrundstück. Nach den genehmigten Bauvorlagen soll das Einkaufszentrum eine Geschossfläche von insgesamt 34.849 m² (ohne Parkflächen 22.533 m²) erhalten. Die Einstellplätze auf mehreren Parkdecks innerhalb des Geländekomplexes sollen über die von der F. abzweigende J. erreichbar sein; der abfließende Parkverkehr soll zum Straßenzug F./E. geführt werden und dort in südliche Richtung abfließen. Die Beklagte ging bei der Erteilung der Baugenehmigung von "insgesamt derzeit 540 erforderlichen Einstellplätzen" aus (Nebenbestimmung Nr. 81). Die genaue Anzahl der erforderlichen Einstellplätze ist im Rahmen der Ausbauplanung und der Einzelnutzungsgenehmigungen nachzuweisen. Das Einkaufszentrum darf erst dann in Gebrauch genommen werden, wenn die fehlenden 104 Stellplätze nachgewiesen oder abgelöst sind; insoweit wurde eine Ablösung zugelassen (Nebenbestimmung Nr. 82).

6

Die Klägerin, ihr Sohn und die Beigeladene erhoben gegen die Baugenehmigung Widerspruch.

7

Zur Begründung ihres Widerspruchs verwies die Klägerin auf mit dem Vorhaben verbundene erhöhte Verkehrsimmissionen sowie Lärm- und Abgasbelastungen für ihr Grundstück. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 24 sei unwirksam, die Interessen der vorhandenen Kaufmannschaft und der Denkmalschutz würden beeinträchtigt werden. Betroffen sei sie auch dadurch, dass die im Plangebiet erforderlichen, aber fehlenden Stellplätze nunmehr in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft an der Straße K. in Form eines Parkhochhauses geschaffen werden sollen.

8

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin durch Bescheid vom 2. April 2008 (zugestellt am 10. April 2008) als unzulässig und unbegründet zurück. Hierzu führte sie aus: Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Klägerin sei ausgeschlossen. Sie sei mithin nicht widerspruchsbefugt. Weder aus der Kaufkraft für die Kaufmannschaft noch aus dem Denkmalschutz ergäben sich drittschützende Belange. Sie sei auch kein "Nachbar" i. S. baurechtlicher Vorschriften. Die dafür erforderliche räumliche Nähe ihres Grundstücks zum Baugrundstück fehle. Ein berücksichtigungsfähiger Zusammenhang zwischen dem genehmigten Vorhaben und einer beabsichtigten Errichtung eines Parkhauses K. bestehe nicht. Eine Widerspruchsbefugnis ergebe sich auch nicht im Hinblick auf Lärm- und Abgasimmissionen. Schädliche Umwelteinwirkungen durch das angegriffene Bauvorhaben seien nicht zu befürchten. Die Ingenieurgruppe IVV habe für den Bereich der C. lediglich einen zusätzlichen Ziel- und Quellverkehr von 170 Kfz täglich prognostiziert. Insoweit fehle es an einer Zurechenbarkeit. Dieser Verkehr werde so weit vom Vorhaben entfernt sein, dass er zu einem nicht mehr unterscheidbaren Bestandteil des allgemeinen Straßenverkehrs geworden sei. Die prognostizierten Ziel- und Quellverkehre hätten lediglich eine Größenordnung, die sich im Bereich der normalen Verkehrsschwankungen halte. Im Übrigen liege das Grundstück der Klägerin in einem als Kerngebiet ausgewiesenen Gebiet, in dem mit höheren Immissionen zu rechnen sei. Bei Vorliegen einer Widerspruchsbefugnis sei der Widerspruch jedenfalls unbegründet. Nach dem Ergebnis gutachterlicher Prüfung (schalltechnisches Gutachten der L.-M.-N. GbR vom 13. April 2007 mit Ergänzung vom 22. Februar 2008) erhöhe sich die Verkehrsbelastung der C. bei Realisierung des Bauvorhabens um 0,042 dB(A). Dieser Berechnung liege die Annahme zugrunde, dass sich die Verkehrsmenge von derzeit 20450 Kfz in 24 Stunden um max. 200 Kfz steigere. Selbst bei einer prognostizierten allgemeinen Verkehrszunahme um etwa 400 Kfz/24 Std. erhöhte sich der Pegel lediglich um 0,084 dB(A). Er würde damit immer noch unterhalb von 0,1 dB(A) und damit deutlich unterhalb einer Schwelle liegen, ab der Pegelunterschiede messbar und überhaupt wahrnehmbar seien.

9

Am 13. Mai 2008 hat die Klägerin Klage erhoben.

10

Mit Beschluss vom 5. Juni 2008 - 1 MN 328/07 - lehnte das Nds. Oberverwaltungsgericht den Antrag des Sohnes der Klägerin, den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 24 "I." bis zur Entscheidung über seinen ebenfalls gestellten Normenkontrollantrag (1 KN 343/07) außer Vollzug zu setzen, als unzulässig ab. Zur Begründung führte es aus, der Sohn der Klägerin, der in ihrem Haus wohnt, sei nicht normenkontrollantragsbefugt. Zudem fehle für den Antrag das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Festsetzungen des angegriffenen Planes durch die Baugenehmigung vom 13. November 2007 im Wesentlichen ausgeschöpft worden seien.

11

Im Anschluss an diese Entscheidung zog der Sohn der Klägerin seine vor der erkennenden Kammer nach eigenem erfolglosen Vorverfahren parallel zur Klage der Klägerin erhobene Klage (4 A 1081/08) sowie für sich den zuvor zusammen mit der Klägerin gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Baugenehmigung zurück. Sein Normenkontrollverfahren vor dem Nds. Oberverwaltungsgericht führt er weiter; hierüber wurde noch nicht entschieden.

12

Mit Beschluss vom 22. September 2008 - 4 B 337/08 - lehnte die erkennende Kammer den Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab. Die dagegen erhobenen Beschwerde der Klägerin wies das Nds. Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 1 ME 219/08 - zurück. Die von der Klägerin anschließend erhobene Anhörungsrüge wies das Nds. Oberverwaltungsgericht durch weiteren Beschluss vom 20. November 2008 - 1 ME 228/08 - ebenfalls zurück. Daraufhin stellte die Klägerin einen Antrag auf Abänderung der vorgenannten Beschlüsse und Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage, den die erkennende Kammer durch Beschluss vom 15. Januar 2009 - 4 B 3161/08 - ablehnte. Die hiergegen erhobene Beschwerde der Klägerin blieb vor dem Nds. Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg (Beschluss vom 16. März 2009 - 1 ME 14/09 -).

13

Mit Bescheid vom 14. November 2008 änderte die Beklagte auf den Widerspruch der Beigeladenen die Baugenehmigung vom 13. November 2007 hinsichtlich verschiedener textlicher Einzelregelungen.

14

Unter dem 30. September 2009 erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine Nachtragsbaugenehmigung ("2. Nachtrag") für das Vorhaben.

15

Einem Antrag der Klägerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die einem anderen Investor erteilte Baugenehmigung für ein Parkhaus auf südlich an ihr Grundstück angrenzenden Flächen anzuordnen, gab die erkennende Kammer durch Beschluss vom 3. August 2009 - 4 B 1418/09 - statt. Die Beschwerde des Adressaten der Baugenehmigung für das Parkhaus gegen den letztgenannten Beschluss wies das Nds. Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 21. Oktober 2009 - 1 ME 192/09 - zurück.

16

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Sie sei klagebefugt. Ihr Haus würde von drei Seiten einer erheblichen zusätzlichen Lärm- und Abgasbelastung ausgesetzt werden. In Bezug auf eine zusätzliche Verkehrsbelastung auf der C. ergebe sich für sie eine Rechtsverletzung unabhängig davon, ob die Zusatzbelastung die Wahrnehmbarkeitsschwelle von 3 dB(A) erreiche, weil schon jetzt die Grenzwerte der 16. BImSchV und die im Bebauungsplan Nr. 472 festgelegten Grenzwerte überschritten werden würden. Die in der "Verkehrsuntersuchung für die I. O." prognostizierten 170 zusätzlichen Fahrten seien erheblich zu niedrig. Das Gutachten sei fehlerhaft. Die C. sei die wichtigste Zufahrtstraße des geplanten Einkaufszentrums in Bezug auf die östlichen und die südlichen Stadtteile und die Autobahn mit der Abfahrt O.-Hafen. Sie biete sich für Ein- und Abfahrten aus bzw. zu den meisten nahegelegenen Landkreisen an. Die Verkehrsuntersuchung gehe von der planbedingten Durchschnittsbelastung pro Tag aus und berücksichtige nicht die Spitzenbelastungen zu bestimmten Uhrzeiten. Sie untersuche nicht die zusätzliche Belastung durch Park- und Suchverkehr im Bereich C./K.. Der Parkplatz P. sei entgegen der Annahme der Gutachter bewirtschaftet gewesen. Die Umschlagzahl im Parkhaus der Q. sei deutlich zu niedrig eingestuft worden. Die künftige Zunahme der das Parkhaus Q. über die R. verlassenden Kfz sei fälschlich als geringfügig bezeichnet worden. An zwei Messpunkten sei die Verkehrsbelastung falsch berechnet worden. Die künftig 3700 Fahrten an der Verbindungsschleife zwischen F. und D. resultierten ganz überwiegend aus dem geplanten Parkhaus des Einkaufszentrums. Von diesen 3700 Fahrten würden deutlich mehr als die Hälfte die rechte Abbiegespur in die D. benutzen, um in die C. abzubiegen. Sie gehe daher von einer Zunahme um 2000 Fahrten pro Tag in stadtauswärtiger Richtung aus. Die für die C. berechneten 170 zusätzlichen Fahrten pro Tag stünden im Widerspruch zu den Aussagen der Gutachter, wonach über den Knotenpunkt F./J./D./C. die künftigen Quell- und Zielverkehre der I. primär abzuwickeln seien. Die Verkehrsuntersuchung berücksichtige nicht die An- und Abfahrten der im Einkaufszentrum beschäftigten Personen. Die demnach erheblich höhere Verkehrsbelastung der C. sei dem genehmigten Bauprojekt auch zurechenbar. Von einer Vermischung mit dem übrigen Verkehr sei nicht auszugehen. Sie sei in der Regel nur gegeben, wenn das anlagenbedingte Verkehrsaufkommen die Verkehrsströme auf öffentlichen Verkehrswegen nicht mehr erkennbar beeinflusse. Dies sei aber hier zu erwarten. Für die Verbindungsschleife prognostiziere die Verkehrsuntersuchung insgesamt 1200 zusätzliche Fahrzeugbewegungen pro Tag. Vor diesem Hintergrund erscheine es abwegig, dass wenige Meter weiter nur 170 zusätzliche Fahrzeuge in die C. abbiegen würden. Die von ihr, der Klägerin, bewohnten Räume lägen nach vorne heraus nur drei Meter von der Fahrbahnkante des 1. Abschnitts der wichtigsten An- und Abfahrtstraße zum Einkaufszentrum entfernt. Zu berücksichtigen sei auch die zusätzliche Belastung durch das geplante Parkhaus K.. Zwischen diesem und dem Einkaufszentrum bestehe ein planungsrechtlicher, räumlicher, zeitlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang. Die mit dem geplanten Parkhaus verbundene Beeinträchtigung für sie sei wegen der aktuell sehr geringen Nutzung des vorhandenen Parkplatzes in vollem Umfang zu berücksichtigen. Die Verkehrsuntersuchung berücksichtige auch nicht die zusätzliche Belastung durch Park- und Parksuchverkehr im Bereich C./K.. Es würde dem Gewicht ihrer Grundrechte aus Art. 14, Art. 2 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 GG widersprechen, wenn man im vorliegenden Fall, in dem sogar die Schwelle zur Gesundheitsbeeinträchtigung aktuell überschritten werde, eine Klagebefugnis gegen das größte innerstädtische Bauvorhaben der letzten Jahrzehnte, das unstreitig zu einer weiteren Belastung der C. führen werde, wegen einer "Torwächterlage" ihres Hauses ablehnen wollte. Wegen der aktuellen Lärmwerte von 75,1 dB(A) tagsüber und 65,7 dB(A) nachts könne dahinstehen, wie groß die vorhabenbedingte Steigerung des Verkehrslärms durch die veraltete Zahl von 20450 Fahrzeugen sein werde, da es unstreitig mit dem Vollzug der Baugenehmigung zu einer weiteren Steigerung kommen würde. Die Klage sei auch begründet. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 24 der Beklagten sei unwirksam. Er bewältige die von ihm geschaffenen Konflikte nicht. Er sehe Nutzflächen vor, für die eine bestimmte Zahl von Stellflächen erforderlich sei, sehe aber die Stellplätze nicht im erforderlichen Umfang vor. Diese sollten vielmehr zu ihren Lasten und zu Lasten ihres unmittelbaren Wohnbereiches geschaffen werden. Aufgrund des Eingriffs in ihre Rechte habe sie einen Abwehranspruch gegen die Baugenehmigung, wenn diese - wie hier - auf einem unwirksamen Bebauungsplan beruhe. Es bestehe ein Abwägungsdefizit, weil im Unterschied zu dem bisherigen Bebauungsplan Nr. 18 a die beiden angrenzenden Bebauungspläne Nr. 18 b und 18 c nicht zur Disposition gestellt worden seien, obwohl sie insgesamt eine Einheit gebildet hätten. In Wahrheit habe keine Abwägung stattgefunden. Die Verkehrsauswirkungen seien nicht hinreichend abgewogen worden. Die schädlichen Immissionsbelastungen, die durch das Fehlen der erforderlichen Stellplätze im Plangebiet oder durch den verstärkten Zu- und Abfahrtsverkehr entstünden, hätten untersucht werden müssen. Insbesondere für die C., durch die zusätzlich noch der Verkehr von und zu dem Ikea-Vorhaben führe, hätte der Rat sich die Frage einer möglichen Gesundheitsgefährdung der Bewohner stellen und prüfen müssen, ob gesundheitsverträgliches Wohnen überhaupt noch möglich sei. Wegen der problematischen Anfahrtssituation (Spindel) werde das Parkhaus des Vorhabens wegen steigender Immissions- und Feinstaubbelastungen zeitweise geschlossen werden müssen und dann zu ihren Lasten allein das weitere Parkhaus in ihrer unmittelbaren Nähe zur Verfügung stehen. Beide Projekte seien aufeinander abgestimmt. Für andere Kaufleute bedeute das Vorhaben eine wirtschaftliche Beeinträchtigung. Es sei städtebaulich bedenklich; Belange des Denkmalschutzes seien nicht berücksichtigt worden. Die gebotene Konfliktbewältigung habe nicht in das Baugenehmigungsverfahren verlagert werden dürfen. Das Vorhaben halte nicht den notwendigen Grenzabstand gegenüber anderen Grundstücken ein. Die Baugenehmigung sei auch nicht hinreichend bestimmt. Ihre Regelungen erlaubten keine exakte Berechnung der erforderlichen Anzahl von Stellplätzen. Insoweit fehle es an verbindlichen Regelungen für die Nutzung der Flächen. Genehmigt werde nur die Errichtung des Gebäudes, nicht aber der Innenausbau. Ziffer 5 bis 7 der Baugenehmigung sähen noch Einzelnutzungsgenehmigungen zum Nachweis der Einhaltung von Festsetzungen des Bebauungsplans vor. Die Berechnung der Stellplätze, auf die die Baugenehmigung Bezug nehme, sei vorläufig und dazu willkürlich. Der max. Stellplatzbedarf hätte zugrunde gelegt werden müssen. Der nicht gesicherte Stellplatzbedarf gehe zu Lasten des öffentlichen Straßenraums, was angesichts der objektiven Möglichkeit einer Schaffung ausreichender Stellplätze mit § 47 NBauO nach dessen Normzweck unvereinbar sei. Der Bebauungsplan sei auch deshalb unwirksam, weil nicht vor Satzungsbeschluss ein wirksamer Durchführungsvertrag gem. § 12 BauGB mit der Beigeladenen bestanden habe. Im Übrigen verweise sie auf ihre Ausführungen in den auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahren.

17

Die Klägerin beantragt,

die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 13. November 2007 für den Neubau eines Einkaufszentrums mit offener Parkgarage und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 2. April 2008 aufzuheben,

18

hilfsweise

die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 13. November 2007 für den Neubau eines Einkaufszentrum mit offener Parkgarage in der Fassung der Widerspruchsbescheide der Beklagten vom 2. April und 14. November 2008 sowie der Nachtragsbaugenehmigung vom 30. September 2009 aufzuheben.

19

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Sie nimmt ebenfalls auf ihre Ausführungen in den vorangegangenen Eilverfahren Bezug und verweist auf die in diesen Verfahren erfolgten gerichtlichen Sachentscheidungen. Den Ausführungen der Beigeladenen schließe sie sich an.

21

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

22

Sie verweist gleichfalls auf die in den Eilverfahren getroffenen gerichtlichen Entscheidungen. Für die hier zu treffende Entscheidung sei es unerheblich, ob der Bebauungsplan wirksam sei. Dies sei allerdings der Fall. Eine Rechtsverletzung der Klägerin durch Zielund Quellverkehr finde unter Berücksichtigung der Regelungen der Nr. 7.4 Abs. 2 der TALärm nicht statt. Es könne auch dahinstehen, ob die Erhöhung des Lärms um 3 dB(A) in ihrer Bedeutung als Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob eine Baugenehmigung Rechtspositionen Dritter wegen des durch das genehmigte Bauvorhaben verursachten Verkehrslärms verletzt, vergleichsweise gemindert werde, wenn sich der Verkehrslärm bei einer bereits bestehenden Vorbelastung im Bereich der "Gesundheitsschwelle" nicht lediglich marginal rechnerisch erhöhe. Denn eine solche Erhöhung sei ausgeschlossen. Auch insoweit nehme sie auf die bisherigen gerichtlichen (Eil-)Entscheidungen Bezug. Zu berücksichtigen sei insoweit auch, dass das Grundstück der Klägerin in einem Kerngebiet liege. Wann genau die verfassungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle für Verkehrslärm erreicht bzw. überschritten werde, sei in der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt. Ein Kerngebiet, auf das - wie hier - die BauNVO von 1968 anzuwenden sei, diene im Sinne der Rechtsprechung nicht einmal "auch dem Wohnen". Erst die BauNVO 1977 habe die Möglichkeit eröffnet, "sonstige Wohnungen oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses" zuzulassen. Vorher sei eine Wohnnutzung daher als Regelnutzung in einem Kerngebiet unzulässig und nur ausnahmsweise zulässig gewesen. Da aber selbst die "Unzumutbarkeitsschwelle" für Gebiete, die - was hier nicht der Fall sei - zumindest "auch" dem Wohnen dienten (70 bis 75 dB(A)), bei einer vom Gutachter der Klägerin prognostizierten Gesamtbelastung von 73,8 dB(A) nicht überschritten sei, gebe es schon deshalb, aber auch wegen der lediglich marginalen rechnerischen Erhöhung, keinen Anlass, von den Kriterien der Nr. 7.4 Abs. 2 TA-Lärm abzuweichen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und der Verfahren 4 B 337/08 sowie 4 B 3161/08 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Über die Klage konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2009 entschieden werden. Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Vertagung der Sache brauchte nicht entsprochen zu werden, da keine erheblichen Gründe für eine Vertagung im Sinne des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorlagen. Erhebliche Gründe im Sinne dieser Normen sind nur solche Umstände, die zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebotes erfordern, weil der Beteiligte sich trotz aller zumutbaren eigenen Bemühungen nicht in hinreichender Weise rechtliches Gehör verschaffen könnte (BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1995 - 4 B 1/95 -, [...]; Kopp, VwGO, 15. Aufl., § 102 Rdnr. 4). Eine derartige Situation war nicht gegeben. Insbesondere hat die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigten hinreichend Gelegenheit gehabt, vor der mündlichen Verhandlung die Verwaltungsvorgänge der Beklagten zu der (2.) Nachtragsbaugenehmigung vom 30. September 2009 daraufhin zu überprüfen, inwieweit sich aus ihnen für die Verfolgung ihres Abwehranspruchs relevante Umstände ergeben, und diese Umstände im laufenden gerichtlichen Verfahren vorzubringen. Der Klägerin ist insoweit einzuräumen, dass - auch für das Gericht - die späte Kenntnis von der Nachtragsbaugenehmigung, auf deren Existenz die Beklagte erstmals mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2009 hingewiesen hat, misslich ist. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hatten aber noch vor der mündlichen Verhandlung vom 23. bis zum 26. Oktober 2009 die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die entsprechenden Verwaltungsvorgänge (3 Bände) in ihrer Kanzlei. Diese Möglichkeit haben sie nach eigenen Angaben wahrgenommen und sich "nahezu das gesamte Wochenende" (so sinngemäß die Erklärung des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung) mit den Unterlagen befasst. Dabei haben sie sich nach ihren Angaben durch den externen Sachverstand eines Architekten unterstützen lassen. Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse haben sie nach Rückgabe der Unterlagen an das Gericht am 26. Oktober 2009 eine mehrseitige Stellungnahme eingereicht, die aus Sicht der Klägerin die Nachtragsbaugenehmigung kritisch beleuchtet. Diese Stellungnahme lässt erkennen, dass die Vorgänge intensiv durchgesehen und einer baufachlichen sowie juristischen Wertung unterzogen wurden. Auch unter Berücksichtigung des nahen Termins war die den Prozessbevollmächtigten der Klägerin hierfür zur Verfügung stehende und auch ausgenutzte Zeit nicht unangemessen kurz. Den seit langem mit der Sache befassten Prozessbevollmächtigten war der Inhalt der Ursprungsgenehmigung im Einzelnen bekannt. Die ihnen überlassenen Unterlagen waren auch nicht derart umfangreich, dass eine Durchdringung und Bewertung bzw. Untersuchung auf evtl. drittschutzrelevante Änderungen nicht erwartet werden konnte. Der Umfang derartiger Änderungen wurde zudem in der mündlichen Verhandlung anhand der genehmigten Bauzeichnungen eingehend erörtert. Zudem haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht darlegen können, inwieweit sie über die von ihnen bereits vorgetragenen Umstände hinaus bei einer erneuten Einsichtnahme für diesen Rechtsstreit relevante zusätzliche Erkenntnisse erwarten. Damit liegen keine Umstände vor, die zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebotes und damit eine Vertagung erfordern.

25

An einer Sachentscheidung war die Kammer auch nicht durch die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge gehindert, da diese aus den noch zu erörternden Gründen abzuweisen waren.

26

Die Klage hat weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.

27

Allerdings ist die Klägerin entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen klagebefugt.

28

Die für Verfahren dieser Art gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis ist gegeben, wenn die Verletzung der Rechte einer Klägerin oder eines Klägers durch den angefochtenen Verwaltungsakt nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise unmöglich erscheint, d.h. wenn nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die von der Klägerin bzw. dem Kläger geltend gemachten Rechte nicht bestehen oder ihr bzw. ihm nicht zustehen können (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 15. Auflage, § 42 Rdnr. 65 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen hier (noch) vor. Die Klägerin beruft sich für ihren Abwehranspruch im Wesentlichen auf das für beplante Gebiete in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Nachbarschutz nach dieser Norm ist nicht auf das jeweilige Plangebiet beschränkt, sondern kann bei entsprechender Individualisierung und Abgrenzung des Kreises der Berechtigten gebietsübergreifend wirken, wie § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO ("oder in dessen Umgebung") deutlich macht (Battis/ Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 31 Rdnr. 67). Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die verkehrliche Situation vor dem Grundstück der Klägerin nach Verwirklichung des Vorhabens voraussichtlich berührt werden wird. Die Frage, ob die Klägerin trotz der fehlenden direkten Nachbarschaft ihres Grundstücks zu dem Baugrundstück noch dem Kreis der durch die nachbarschützende Vorschrift Berechtigten angehört, hängt demnach von den konkreten Umständen ab. Sie ist hier - da eine rechtlich erhebliche Betroffenheit nicht schon von vornherein und nach jeder denkbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen erscheint - nicht schon im Rahmen der Zulässigkeit der Klage zu erörtern.

29

Ob die unter Berücksichtigung der §§ 74 Abs. 1, 173 S. 1 VwGO, 222 Abs. 2 ZPO am 13. Mai 2008 (Dienstag nach Pfingsten) noch fristgerecht erhobene Klage mit dem Hauptantrag auch ansonsten zulässig ist, lässt die Kammer offen. Insbesondere kann dahingestellt bleiben, ob für eine ausschließlich auf die Baugenehmigung in ihrer Ursprungsfassung vom 13. November 2007 (in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. April 2008) bezogene Anfechtungsklage noch Raum ist, nachdem diese Baugenehmigung durch den weiteren Widerspruchsbescheid vom 14. November 2008 sowie durch die Nachtragsbaugenehmigung vom 13. September 2009 Änderungen erfahren hat und die Beigeladene die Baugenehmigung - offenbar - nur noch in der Fassung dieser Änderungen ausnutzen will. Sofern dennoch das Rechtsschutzbedürfnis für eine nur auf die Ursprungsgenehmigung bezogene Klage zu bejahen sein sollte, ist diese zumindest unbegründet.

30

Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 13. November 2007 für den Neubau eines Einkaufszentrums verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

31

Für das öffentliche Baunachbarrecht ist anerkannt, dass die erfolgreiche Anfechtung einer Baugenehmigung durch den Nachbarn regelmäßig nicht nur die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung voraussetzt, sondern vor allem, dass der Nachbar durch die Genehmigung in seinen Rechten verletzt wird. Daher kann er nicht jede Baurechtswidrigkeit mit Erfolg rügen, sondern nur Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften, d.h. gegen Bestimmungen, die - zumindest auch - den Schutz der Interessen des jeweiligen Nachbarn bezwecken. Insoweit müssen zudem eigene Rechtspositionen des anfechtenden Nachbarn berührt werden. Diese Grundsätze gelten schon für den unmittelbaren Nachbarn eines Baugrundstücks und erst recht, wenn - wie hier - ein Dritter Abwehrrechte aus einem vom Baugrundstück weiter entfernt liegenden Grundstück herleitet. Eigene subjektiv- öffentliche Rechte der Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks C. 20, auf deren Geltendmachung sie danach beschränkt ist, werden aber durch das der Beigeladenen genehmigte Vorhaben und dessen Auswirkungen nicht verletzt. Insbesondere verstößt die Baugenehmigung vom 13. November 2007 nicht erkennbar zu Lasten der Klägerin gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Für die Anwendung der Grundsätze dieses Gebots kann im Ausgangspunkt dahingestellt bleiben, ob der dem Vorhaben zugrunde liegende vorhabenbezogene Bebauungsplan der Beklagten Nr. 24 "I.", der weiter Gegenstand des vor dem Nds. Oberverwaltungsgericht anhängigen Normenkontrollverfahrens (1 KN 343/07) ist, wirksam ist oder nicht. Bei seiner Wirksamkeit ist - wovon die Klägerin auch ausgeht - § 15 Abs. 1 BauNVO einschlägig. Diese Norm wäre auch zugrunde zu legen, wenn bei angenommener Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 24 auf vorangegangene Pläne abzustellen wäre (die Beklagte verweist insoweit in der Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 24 (S. 3) auf für den Geltungsbereich zuvor erlassene Bebauungspläne Nr. 18a "G. - S.", 18b "G. - P. - LzO" und 18c "T. - BLB"). Sollte das Baugrundstück wegen Unwirksamkeit der Bebauungspläne ganz oder teilweise als Innenbereich (§ 34 BauGB) zu bewerten sein, wäre das Gebot der Rücksichtnahme innerhalb des Innenbereichs als Bestandteil des Begriffs des "Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung" anzusehen; bei - wie hier - gebietsübergreifenden Fallkonstellationen können ggf. die jeweiligen Festsetzungen des angrenzenden Bebauungsplans zusätzlich als Grundlage für das Rücksichtnahmegebot herangezogen werden (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, a.a.O., § 31 Rdnr. 78 m.w.N.).

32

Auf die Gültigkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 24 "I." kommt es hier auch nicht deshalb an, weil die Klägerin - wie sie in den Eilverfahren geltend gemacht hat - sich im Falle seiner Ungültigkeit auf "Gebietsschutz" berufen könnte. Das Nds. Oberverwaltungsgericht hat hierzu im Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 1 ME 219/08 - ausgeführt:

"Dieser auf die Grundsätze abzielende Beschwerdeangriff, welche das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16. September 1993 (- 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151) entwickelt hat, geht fehl. Denn er setzte voraus, dass das Bau- und das Grundstück der Antragstellerin entweder in einem und demselben Bebauungsplan lägen, der Festsetzungen zur Nutzungsart enthält, oder zumindest, dass die Bebauungspläne, welche für beide Grundstücke gelten, hinsichtlich ihrer Nutzungsart so aufeinander abgestimmt sind, dass sog. gebietsübergreifender Nachbarschutz (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 14.12.1973 - IV C 71.71 -, DVBl 1974, 358; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 12.10.1988 - 3 S 1379/88 -, BRS 49 Nr. 26; Beschl. d. Sen. v. 27.4.2001 - 1 MB 1190/01 -, BauR 2001, 1239) in Betracht kommt. Beides ist hier nicht der Fall. Das Baugrundstück lag vor Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes im Geltungsbereich des Bebauungsplanes der Antragsgegnerin Nr. 18 a "Schlossplatz/Berliner Platz -ECE", das Grundstück der Antragsteller liegt seit dem Jahre 1972 im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Antragsgegnerin M-472. Es ist nicht annähernd ersichtlich und/oder auch nicht mit der Beschwerdebegründung substantiiert geltend gemacht, dass die darin enthaltenen Festsetzungen der Nutzungsart so aufeinander abgestimmt sind, dass sich jeder Eigentümer auf diese so soll berufen können, als lägen beide Grundstücke in ein und demselben Bebauungsplan mit Festsetzungen der Nutzungsart, welche diese Grundstücke zu der "Schicksalsgemeinschaft" zusammenschließen. Erst diese rechtfertigt nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 16. 9. 1993, a.a.O.) die Gewährung von "belästigungsunabhängigem Nachbarschutz". Schon die starke Zäsur, welche der Doppelstraßenzug D. und E./F. bildet, schließt eine solche Annahme aus."

33

Dem schließt sich die erkennende Kammer an.

34

Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zu Lasten der Klägerin (unabhängig von der Frage der Wirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 24 und seiner Vorgänger) ist nicht feststellbar. Sie kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es an einem spezifischen Bezug des genehmigten Vorhabens zur Verkehrssituation im Bereich ihres Grundstücks als Anknüpfungspunkt fehlt. Dies schließt auch im Rahmen der Nachbar- bzw. Drittklage der Klägerin eine Zurechnung von durch das Vorhaben ausgelösten Verkehrsbewegungen vor ihrem Grundstück bzw. die Annahme einer Unzumutbarkeit der Folgen dieser Verkehrsbewegungen für ihr Grundstück aus. Zwar ist der mit der Zulassung eines Vorhabens verbundene Zu- und Abgangsverkehr bei der Erteilung von Baugenehmigungen grundsätzlich zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1990 - 4 B 121/90 -, NVwZ 1991, 267). Die Zurechnung erfolgt jedoch nicht grenzenlos. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der unter Inanspruchnahme einer öffentlichen Straße abgewickelte Zu- und Abfahrtverkehr der baulichen Anlage, durch deren Nutzung er ausgelöst wird, zuzurechnen ist, sofern er sich innerhalb eines räumlich überschaubaren Bereichs bewegt und vom übrigen Straßenverkehr unterscheidbar ist. Für die Bemessung der Zumutbarkeit der mit einem solchen anlagenbezogenen Verkehr verbundenen Lärmbeeinträchtigung kann danach die TA-Lärm 1998 als Orientierungshilfe herangezogen werden, auch wenn sie an sich dazu bestimmt ist, die Anforderungen zu konkretisieren, denen Anlagen genügen müssen, die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen (BVerwG, Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 5.98. - BauR 1999, 152; Urteil vom 13. Dezember 2007 - 4 B N 41/07 -, BauR 2008, 632). Das Nds. Oberverwaltungsgericht hat sich dem angeschlossen und stellt insoweit auf Nr. 7.4 Abs. 2 der TA-Lärm 1998 als sachverständige Würdigung ab (Beschlüsse vom 19. November 2004 - 1 ME 283/04, vom 19. Dezember 2006 - 1 ME 207/06 - und vom 25. Januar 2007 - 1 ME 177/06 -, jeweils [...]; ebenso etwa Bay. VGH, Beschluss vom 5. April 2005 - 25 ZB 00.1208, [...]). In entsprechender Anwendung der Nr. 7.4 Abs. 2 der TA-Lärm 1998 sind somit Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen in einem Abstand von bis zu 500 m von dem Betriebsgrundstück zu Lasten der lärmverursachenden Anlage zu berücksichtigen, soweit sie - erstens - den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen, soweit ferner - zweitens - keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt ist und soweit außerdem - drittens - die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschritten werden. Für die Annahme einer Zurechenbarkeit müssen sämtliche Voraussetzungen vorliegen.

35

An diesen, aus dem Beschluss vom 22. September 2008 - 4 B 337/08 - übernommenen Grundsätzen hält die erkennende Kammer wie schon im Beschluss vom 15. Januar 2009 - 4 B 3161/08 - fest (zu der Frage, inwieweit es in Einzelfällen angemessen sein mag, im Wege der Einzelfallbeurteilung darüber hinausgehend Nachbarschutz zu gewähren, vgl. die Ausführungen weiter unten). Auch das Nds. Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Baugenehmigungsbehörde der Nr. 7.4 Abs. 2 der TA-Lärm entnehmen darf, in welchem Maße bei Erteilung einer Baugenehmigung bzgl. des An- und Abfahrtverkehrs Rücksicht auf die Lärmschutzbelange der Nachbarn zu nehmen ist (vgl. insbesondere Beschluss vom 16. März 2009 - 1 ME 14/09 - m.w.N.).

36

Damit ist auch hier für die Zurechenbarkeit unter anderem maßgeblich, ob im Bereich des Grundstücks der Klägerin noch keine Vermischung des durch die genehmigte Anlage ausgelösten An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen erfolgt sein würde. Eine solche Vermischung wird hier jedoch anzunehmen sein. Im Beschluss vom 22. September 2008 - 4 B 337/08 - heißt es hierzu:

"Die erkennende Kammer folgt auch insoweit der vom Nds. Oberverwaltungsgericht im Beschluss vom 5. Juni 2008 - 1 MN 328/07 für das Normenkontrollverfahren vorgenommenen Einschätzung. Weder für den zu erwartenden zufließenden noch für den voraussichtlich abfließenden Verkehr wird im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin eine Zuordnung zu dem Vorhaben möglich sein. Die C. führt stadteinwärts nicht direkt zu den geplanten Stellplätzen des Einkaufszentrums. Ein Erreichen des Einkaufszentrums wird nur möglich sein, wenn zunächst über die D. der Kreisel am U. umfahren und anschließend in die F. eingebogen wird. Im Bereich des Kreisels verteilt sich der Verkehr aber in verschiedene Richtungen. Hauptströme des Verkehrs werden in Richtung U. (u.a. zum Bahnhof) und in den V. (u.a. zum Pferdemarkt und in den Stadtnorden) gelenkt; daneben bestehen Abbiegemöglichkeiten in die W. und in den südlich des X. verlaufenden Teil der D.. Aber auch in der Zielrichtung des abfließenden Verkehrs werden "sich die Verkehre in der C. ... längst zur Unkenntlichkeit vermischt" (Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 5. Juni 2008 - 1 MN 328/07 -) haben. Die Ausfahrt der geplanten Parkflächen des Vorhabens, die mit 436 Einstellplätzen den größten Teil des Kundenverkehrs fassen werden, führt nicht in die C.. Sie lenkt den Verkehr vielmehr nach Süden auf den Straßenzug F./E.. Ein Erreichen des hier in Rede stehenden Teils der C. ist von dort aus - nach derzeitiger Verkehrsführung - nur möglich, wenn unmittelbar nach der Ausfahrt auf die linke der beiden Fahrspuren gewechselt wird, um von dort aus den gegenläufigen Verkehr auf der D. zu erreichen. Auch dort müssten die Fahrspuren überquert werden, um alsbald in die Abbiegespur zur C. zu gelangen, was zumindest zu Verkehrsspitzenzeiten nicht immer problemlos möglich sein dürfte. Sowohl bei der Einfädelung in den Straßenzug F./E. als auch bei der anschließenden Einfädelung in die D. müsste sich der abfließende Verkehr in die Verkehrsströme auf diesen Straßen - nach dem im Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2008 wiedergegebenen Ergebnis der Ermittlungen der IVV ist die F. mit täglich 20.000 Fahrzeugen belastet und die D. mit täglich 17.850 Fahrzeugen - einordnen. Für denjenigen Teil des Gesamtverkehrs auf der D., der dann in die C. einbiegt, wird sich dann in der Regel nicht mehr feststellen lassen, welche Fahrer die Fahrt zuvor im Parkhaus des Einkaufszentrums (oder nach dem Besuch des Einkaufszentrums von einem anderen Stellplatz in der Nähe) begonnen haben. Damit wird im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin der abfließende Verkehr vom übrigen Straßenverkehr nicht mehr unterscheidbar sein. Falls zukünftig zur Verminderung von Gefahrensituationen im Ausfahrtbereich des Einkaufszentrums ein Überwechseln auf die Abbiegespur zur D. versperrt werden sollte, würde sich für Kraftfahrer mit dem Ziel C. ein größerer Umweg ergeben, der eine noch frühere Vermischung zur Folge hätte."

37

An dieser Einschätzung wird unter Berücksichtigung der von der Klägerin hiergegen erhobenen Einwendungen festgehalten. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es für die Frage der Vermischung nicht entscheidend darauf an, ob das anlagenbedingte Verkehrsaufkommen die Verkehrsströme auf öffentlichen Verkehrswegen noch erkennbar beeinflusst. Das Nds. Oberverwaltungsgericht führt in seinem Beschluss vom 16. März 2009 - 1 ME 14/09 - ebenfalls aus, es sei nicht plausibel gemacht, dass der Verkehr am Haus der Klägerin im Sinne des Spiegelstriches 2 der Nr. 7.4 Abs. 2 der TA-Lärm noch unvermischt sei. Dafür reiche es nicht aus, dass er überhaupt Bestandteile des Zu- und Abgangsverkehrs zu dem Vorhaben enthalte; diese müssten auch als solche erkennbar sein. Das sei über die "Querriegel" der D. und der F. hinaus "praktisch nicht vorstellbar". In Kenntnis der Verhältnisse vor Ort stimmt die erkennende Kammer dem zu.

38

Unabhängig davon - und damit diese Entscheidung selbständig tragend - sind die Voraussetzungen der Nr. 7.4 der TA Lärm 1998, die bei der gebotenen entsprechenden Heranziehung (s.o.) kumulativ (Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. Dezember 2006 - 1 ME 207/06 -) vorliegen müssen, auch aus einem weiteren Grund nicht erfüllt. Es lässt sich nicht feststellen, dass die zu erwartenden Geräusche des voraussichtlich mit dem Vorhaben verbundenen An- und Abfahrtverkehrs den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche vor dem Grundstück der Antragstellerin für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte; Anlass, den Sachverhalt insoweit weiter aufzuklären, besteht nicht. Insoweit wird zunächst Bezug genommen auf die entsprechenden Darlegungen der erkennenden Kammer im Beschluss vom 22. September 2008 - 4 B 337/08 -:

"Zu der Frage des voraussichtlichen Ausmaßes der Zusatzbelastung für das Grundstück der Antragstellerin durch die Auswirkungen des angefochtenen Vorhabens hat sich das Nds. Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 5. Juni 2008 - 1 MN 328/07 - eingehend geäußert und ausgeführt: Nach dem Ergebnis der Verkehrsuntersuchung der Ingenieurgruppe IVV vom April 2007 werde die schon bislang mit insgesamt 20.450 Kraftfahrzeugbewegungen/ Tag belastete C. voraussichtlich insgesamt nur 170 zusätzliche Kraftfahrzeugbewegungen zu verkraften haben (und dies auch können), davon 80 in Richtung auf das Vorhaben und 90 stadtauswärts. Es liege auf der Hand, dass die mit einer solchen Zusatzbelastung verbundenen Beeinträchtigungen völlig unerheblich seien und bei der Aufstellung des Bebauungsplanes in der Abwägung überhaupt keine Rolle zu spielen hatten. Nach der Berechnung des Ingenieurbüros L./M./ N. vom 22. Februar 2008 führten zusätzliche 200 Fahrzeugbewegungen auf der C. zu einer Zusatzbelastung von nur 0,042 dB(A)/Dauerschallpegel. Das sei angesichts der auf dieser Straße schon vorhandenen Belastung nachzuvollziehen. Es entspreche akustischen Realitäten, dass im Regelfall erst eine Verdoppelung der Verkehrsbelastung zu einer Erhöhung der Ist-Belastung um 3 dB(A) - das sei in der Regel die Hörbarkeitsschwelle - führe. Dem Antragsteller (im Verfahren 1 MN 328/07) sei es nicht gelungen, nachvollziehbar zu machen, der vorhabenbedingt hervorgerufene Zu- und Abfahrtsverkehr liege so deutlich über dieser Annahme der IVV vom April 2007, dass von einer Zunahme des Verkehrs die Rede sein könne, deren im Hinblick auf Lärm (möglicherweise auch Feinstaubbelastung) eintretende Folgen die Antragsgegnerin bei ihrem Abwägungsvorgang hätten beschäftigen müssen. Dies gelte auch unter Berücksichtigung anderer neuerer Verkehrsströme, wie sie etwa durch den Ende 2007 eröffneten Möbelmarkt (Y.) ausgelöst worden seien. Die in der IVV-Begutachtung vom April 2007 enthaltene Annahme werde gestützt durch Überlegungen, die im CIMA-Gutachten vom 10. Mai 2007 zur Stadt- und Regionalverträglichkeit eines Shopping-Centers in der Innenstadt von O. angestellt worden seien. Aber selbst bei Zugrundelegung der Annahme, in jeder Richtung würden vorhabenbedingt zusätzlich 400 Fahrzeugbewegungen hervorgerufen werden, ergäbe sich nach der Berechnung in dem schon erwähnten Gutachten vom 22. Februar 2008 eine Zusatzbelastung von nur 0,167 dB(A).

Diese Erwägungen stellt die Antragstellerin im vorliegenden Rechtsstreit erstmals mit Schriftsatz vom 17. September 2008 inhaltlich in Frage. Aber auch unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ergeben sich keine überzeugenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass der von dem Vorhaben zu erwartende Zusatzverkehr im Bereich ihres Grundstücks den Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöhen wird. Eine derartige Erhöhung erscheint selbst auf der Grundlage der Prämisse der Antragstellerin, dass sich im Bereich des Grundstücks eine Mehrbelastung von mindestens 4000 Kraftfahrzeugen am Tag ergibt, unwahrscheinlich. Eine Pegelerhöhung von 3 dB wird durch eine Verdoppelung der Schallenergie erreicht, d.h. durch eine 100%-ige Zunahme der Schallquellen, z.B. der Verkehrsstärke eines Verkehrsweges (vgl. etwa Tegeder, Die TA-Lärm 1998 - technische Grundlagen der Lärmbewertung, UPR 2000, 99). Im Regelfall führt damit erst eine Verdoppelung der Verkehrsbelastung zu einer Erhöhung der Ist-Belastung um 3 dB(A) (vgl. Beschluss des Nds. OVG vom 5. Juni 2008). Angesichts der auch von der Antragstellerin nicht bestrittenen Vorbelastung der C. im Bereich ihres Grundstücks mit täglich mehr als 20.000 Kraftfahrzeugbewegungen müssten demnach für das Erreichen des Schwellenwertes etwa ebenso viele Fahrzeuge hinzukommen. Nach ihrer eigenen Annahme wird die Zusatzbelastung mit etwa 4.000 Fahrzeugen aber nur 1/5 betragen. Der Frage der Plausibilität bzw. Überzeugungskraft ihrer Gegenberechnung braucht damit im Rahmen dieses Verfahrens nicht im Einzelnen nachgegangen werden. Die diese Entscheidung selbständig tragende Feststellung, dass im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin bereits eine nicht unterscheidbare Vermischung der Verkehrsströme erfolgt sein wird (s.o.) wird durch den Vortrag zu den Verkehrszahlen ohnehin nicht in Frage gestellt."

39

In der im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ergangenen Beschwerdeentscheidung hat das Nds. Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 16. März 2009 - 1 ME 14/09 -) hierzu unter Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Vorbringens der Beteiligten ausgeführt:

"Auch wenn davon ausgegangen wird, dass die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) weiter gehend überschritten werden, fehlt es an der Plausibilisierung, dass sich der Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöht.

Das 3-dB(A)-Kriterium beruht auf der Einschätzung, dass geringere Veränderungen der Geräuschsituation nach allgemeinen Gesetzen der Akustik vom menschlichen Ohr noch nicht oder kaum wahrgenommen werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.2008 - 3 C 18.07 -, BVerwGE 130, 383 = NJW 2008, 2867; Tegeder, UPR 2000, 99, 100). Die Verkehrslärmschutzverordnung selbst zieht zwar unter bestimmten Voraussetzungen auch schon aus einer geringeren Lärmzunahme Konsequenzen, wenn der Beurteilungspegel von 70 dB(A) am Tag oder 60 dB(A) in der Nacht erhöht wird (§ 1 Abs. 2 16. BImSchV); in diesen Fällen soll nicht erst eine Verdoppelung der Verkehrsstärke Weiterungen haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.2008, a.a.O.). Dies setzt allerdings einen "erheblichen baulichen Eingriff" in den zu ändernden Verkehrsweg voraus und gilt nicht in Gewerbegebieten. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Maßstäbe ohne das Korrektiv des "erheblichen baulichen Eingriffs" auch zur Beantwortung der Frage herangezogen, ob die Auswirkungen eines Mautausweichverkehrs im Sinne des § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO "erheblich" sind (Urt. v. 13.3.2008, a.a.O.). Das kann auf Nr. 7.4 Abs. 2 der TA Lärm allerdings nicht übertragen werden, weil diese Regelung den Gedanken des § 1 Abs. 2 16. BImSchV ersichtlich nicht aufnimmt, sondern mit den unter Spiegelstrich 3 genannten Immissionsgrenzwerten nur diejenigen des § 2 der 16. BImSchV meint. Eine Erhöhung des Beurteilungspegels um mindestens 3 dB(A) ist hiernach immer erforderlich, um die (ohnehin nur beschränkten) Rechtsfolgen der Nr. 7.4 Abs. 2 der TA Lärm auszulösen.

Da eine Erhöhung um 3 dB(A) praktisch eine Verdoppelung der Verkehrsmenge voraussetzt, wäre eine Verkehrszunahme von 170 Fahrzeugen am Tag, wie sie das IVV-Gutachten angenommen hat, gegenüber einem Jahresmittelwert von 16.298 Kfz/Tag, wie sie nunmehr das itap-Gutachten vom 20. Oktober 2008 zugrunde legt, nicht der Rede wert. Die Antragstellerin müsste für einen Erfolg ihres Antrags - vergröbert umschrieben - darlegen können, dass der Gesamtverkehr auf etwa 32.000 Kfz/Tag ansteigen würde, die ECE-bedingte Zunahme also etwa 16.000 Kfz/Tag ausmachen werde. Das ist selbst dann nicht realistisch, wenn hiervon berechnungstechnisch deutliche Abstriche gemacht werden."

40

Diesen Darlegungen, denen die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten ist, schließt sich die erkennende Kammer an.

41

Ergänzend wird hingewiesen auf die Stellungnahme des Ingenieurbüros L.-M.-N. vom 22. März 2008 zu schalltechnischen Auswirkungen der anlagenbezogenen Verkehrssteigerungen im Verlauf der C. vom 22. Februar 2008, die die Beigeladene in den vor dem Nds. Oberverwaltungsgericht geführten Verfahren 1 MN 328/07 und 1 KN 343/07 eingeführt hat. Ausgehend von einer Grundbelastung von 20450 Kfz pro Tag ist danach selbst bei einer Verkehrszunahme von 2000 Kfz pro Tag nur eine Pegelerhöhung von 0,405 dB(A) zu erwarten.

42

Bei dieser Sachlage besteht auch keine Veranlassung, den Sachverhalt insoweit weiter aufzuklären. Insbesondere braucht dem Beweisangebot bzw. bedingten Beweisantrag im Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 12. Juni 2009 unter 2. (Gerichtsakte Blatt 57) nicht nachgegangen zu werden, der darauf gerichtet ist zu ermitteln, (1.) wie viele zusätzliche Fahrzeugbewegungen auf der C. das Einkaufszentrum bedingen würde und (2.) welche Steigerungen des Verkehrslärms auf der C. in Bezug auf den Immissionspunkt C. 22 durch die zusätzlichen Fahrzeugbewegungen verursacht werden. Selbst wenn vernachlässigt wird, dass die Beweisfrage offen formuliert ist und nicht auf ein bestimmtes behauptetes Ergebnis abzielt, ist für eine entsprechende Beweiserhebung kein Raum. Dem steht zunächst entgegen, dass eine solche Beweiserhebung unerheblich wäre, weil die Klägerin schon nicht darlegen kann, dass der Verkehr auf der C. in Höhe ihres Hauses im Sinne der Nr. 7.2 Abs. 2 der TA-Lärm "unvermischt" ist (siehe oben). Abgesehen davon handelt es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag. Der Antrag zielt nach den gegebenen Umständen darauf ab, die Beweistatsachen erst zu suchen. Es wird - in Form einer Frage - eine allgemeine Behauptung aufgestellt, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 1993 - 2 BvR 1815/92 -, [...]). Die Klägerin trägt auch nicht ansatzweise plausibel Anhaltspunkte dafür vor, dass sich infolge des Vorhabens der Beigeladenen die Verkehrsbelastung auf der C. im Bereich ihres Grundstücks zumindest verdoppeln wird. Dies gilt unabhängig davon, ob für die Belastung die ursprünglich genannte Zahl von 20450 Kfz-Bewegungen pro Tag abzustellen ist oder etwa auf einen Jahresmittelwert von 16.298 Kfz pro Tag, von dem das Nds. Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 16. März 2009 - 1 ME 14/09 - unter Hinweis auf das itap-Gutachten vom 20. Oktober 2008 ausgegangen ist. Im Übrigen räumt die Klägerin im Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 12. Juni 2009 selbst ein, "dass der durch den zusätzlichen Verkehr auf der C. verursachte zusätzliche Lärm (zwar) nicht Wahrnehmbarkeitsschwelle von 3 dB(A) erreicht". Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, der Zusatzverkehr sei dennoch beachtlich, wird hierauf weiter unten eingegangen.

43

Wegen der ganz erheblichen Diskrepanz zwischen dem Umfang einer möglichen Zusatzbelastung des Verkehrs auf der C., für den zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, und der für eine Erhöhung des Beurteilungspegels der Verkehrsgeräusche für den Tag oder die Nacht rechnerisch um mindestens 3 dB(A) (Nr. 7.4 Abs. 2 TA-Lärm) auszusetzenden Zusatzbelastung kann auch dahingestellt bleiben, ob die Beklagte den Stellplatzbedarf für das Vorhaben zutreffend ermittelt hat (vgl. hierzu ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 16. Dezember 2008 im Verfahren 4 B 3161/08, Gerichtsakte Bl. 88 f.) und wie in diesem Zusammenhang der Umstand zu bewerten ist, dass die angefochtene Baugenehmigung in der Nebenbestimmung Nr. 81 für die Gewerbeeinheiten in dem Komplex jeweils Einzelnachweise der Stellplätze fordert (vgl. dazu auch weiter unten). In bauordnungsrechtlicher Hinsicht wäre ein evtl. Verstoß gegen die Pflicht zur Schaffung notwendiger Einstellplätze (§ 47 abs. 2 NBauO) nicht nachbarschützend (Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. März 1997 - 1 M 6589/96 -, [...]).

44

Ohne Erfolg macht die Klägerin weiter geltend, bereits die gegenwärtig vorhandene Lärmbelastung für ihr Grundstück betrage deutlich mehr als 70 dB(A) tagsüber, so dass die Schwelle zur Gesundheitsgefahr bereits eindeutig überschritten sei (das von ihr vorgelegte Gutachten der itap-GmbH vom 23. Juli 2008 legt insoweit einen Wert von 75 dB(A) zugrunde, das Gutachten der itap-GmbH vom 20. Oktober 2008 unter Berücksichtigung neuerlicher Verkehrszählungen der Beklagten einen Wert von 73,8 dB(A) tagsüber). Die erkennende Kammer hat hierzu im Beschluss vom 22. September 2008 - 4 B 337/08 - ausgeführt:

"Abgesehen davon, dass insbesondere die Antragsgegnerin die Feststellungen und die Aussagekraft des genannten Gutachtens mit substantiellen Einwendungen anzweifelt, ergäbe sich ausgehend von den o.g. Grundsätzen auch auf der Grundlage dieses Vortrags keine Zurechenbarkeit des vom Vorhaben der Beigeladenen zu erwartenden zusätzlichen Verkehrsaufkommens für ihr Grundstück. ... Sofern - bereits jetzt oder nach Verwirklichung des Vorhabens - die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) überschritten sein bzw. werden sollten, müsste einem solchen städtebaulichen Missstand möglicherweise auf andere Weise generell entgegengetreten werden, etwa durch einen Lärmsanierungsplan. Ein Anspruch der Antragstellerin auf Nichtzulassung (weiterer) Vorhaben, die trotz fehlender Zurechenbarkeit (s.o.) zu dieser Belastung beitragen, ergäbe sich hieraus jedoch nicht. Die Beigeladene weist insoweit zutreffend darauf hin, dass die besondere Lärmproblematik in der C. schon unabhängig von dem ihr genehmigten Vorhaben besteht und es deshalb auch nicht angemessen wäre, dieser Situation durch weitgehende Baubeschränkungen für Grundstücke im Innenstadtbereich zu begegnen."

45

Auf neuerliche Einwendungen der Klägerin hat die erkennende Kammer hierzu im Beschluss vom 15. Januar 2009 - 4 B 3161/08 - weiter ausgeführt:

"Die im vorangegangenen Beschwerdeverfahren sinngemäß vorgebrachten Einwendungen der Antragstellerin gegen den Bewertungsmaßstab der Kammer führen ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Dort hatte sie geltend gemacht, schon derzeit führten die über 20.000 Fahrzeugbewegungen auf der C. zu Lärmeinwirkungen von über 70 dB(A), welche den Bereich der Gesundheitsbeeinträchtigungen entweder schon erreichten oder sich ihm bedenklich näherten. Unter diesen Umständen brauche sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075/04 -) und - dem BVerwG folgend - des OVG Münster (Urteil vom 13. März 2008 - 7 D 34/07.NE -) nicht einmal marginale Lärmerhöhungen hinzunehmen. Unabhängig von den Ausführungen des Nds. OVG hierzu im Beschluss vom 28. Oktober 2008 ist dem Folgendes entgegen zu halten: Es bleibt bereits fraglich, inwieweit die von der Antragstellerin herangezogenen Erwägungen in den genannten Urteilen auf Verfahren der vorliegenden Art, in denen es um die Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen Dritten geht, übertragbar sind. Das Nds. OVG äußert sich in seinen Beschlüssen vom 28. Oktober und 20. November 2008 hierzu nicht eingehend, merkt aber an, dass es im Einzelnen an einer "Subsumtion auf diesen Sachverhalt" durch die Antragstellerin fehle. Dies trifft auch weiterhin zu. Zu berücksichtigen wäre dabei möglicherweise Folgendes: Beide Urteile betreffen nicht Einzelgenehmigungen, sondern Planungsentscheidungen. Das Urteil des BVerwG vom 16. März 2006 bezieht sich auf die Planfeststellung für die Errichtung eines Großflughafens; die von der Antragstellerin aus diesem Urteil zitierten Erwägungen betreffen einen Übernahmeanspruch, der hier nicht Verfahrensgegenstand ist. Diskutiert wird in beiden Urteilen der Umfang staatlicher Schutzverpflichtungen bei Planungsentscheidungen, während hier der Abwehranspruch gegen die einem privaten Bauherrn erteilte Baugenehmigung in Rede steht. Aus dem Urteil des BVerwG vom 16. März 2006 geht auch nicht hervor, dass das BVerwG zugleich seine gefestigte Rechtsprechung zur Zurechenbarkeit des Zu- und Abfahrtsverkehrs von baulichen Anlagen hat ändern wollen. Vielmehr hat das BVerwG auch noch später auf sie verwiesen (etwa Beschluss vom 2. März 2008 - 9 B 9/08 -, [...]). In einem - im weiteren Sinne - nachbarlichen Verhältnis wie hier, in dem sich mit dem Bauherrn und dem Dritten zwei Grundrechtsträger gegenüber stehen, kann voraussichtlich auch bei einer schon hohen Vorbelastung der Grad bzw. Umfang der zu erwartenden Zusatzbelastung nicht ohne Bedeutung für einen Abwehranspruch sein. Nach vorläufiger Einschätzung erscheint es zweifelhaft, ob es in einem solchen Verhältnis interessengerecht wäre, wenn schon jede - marginale - Lärmerhöhung auch ohne spürbare Auswirkungen für den Betroffenen ein Abwehrrecht begründen würde. Das Nds. OVG ist in seinem Beschluss vom 5. Juni 2008 - 1 MN 328/07 - aber nur von einer sehr geringen Zusatzbelastung von 0,042 dB(A) - im ungünstigen Fall 0,167 dB(A) - für das Grundstück der Antragstellerin ausgegangen. Soweit diese nennenswert höhere Werte befürchtet, hat sie solche weiterhin nicht konkretisiert und belegt bzw. glaubhaft gemacht. In der Situation des Grundstücks der Antragstellerin besteht die Lärmproblematik ohnehin und unabhängig von dem angefochtenen Vorhaben."

46

In seinem Beschluss vom 16. März 2009 - 1 ME 14/09 - hat das Nds. Oberverwaltungsgericht die vorgenannten Zweifel der Kammer aufgegriffen. Nach den dort weiter entwickelten Grundsätzen - vgl. hierzu den Leitsatz Nr. 2 des Beschlusses in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. Oberverwaltungsgerichts - setzt Nr. 7.4 Abs. 2 der TA-Lärm für den Regellärm eine Erhöhung des Beurteilungspegels für Geräusche für zurechenbare An- und Abfahrtsverkehre um mindestens 3 dB(A) auch dann voraus, wenn die Vorbelastung schon die Werte des § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV erreicht hat. Dem folgt die erkennende Kammer. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu u.a. ausgeführt:

"Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie habe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Münster auch marginale Zunahmen des Verkehrslärms nicht hinzunehmen, ist der Senat hierauf in seinem Beschluss vom 28. Oktober 2008 (-1 ME 219/08 -) bereits eingegangen. Damit fehlt es auch in diesem Zusammenhang an neuen oder veränderten Umständen. Soweit das Verwaltungsgericht sich hierzu erneut geäußert hat, geht es im Übrigen von zutreffenden Erwägungen aus, wenn es darauf hinweist, dass die von der Antragstellerin in Bezug genommenen Entscheidungen jedenfalls nicht unmittelbar einschlägig sind. Sie betreffen Planfeststellungen bzw. Bebauungspläne, die unter dem Regime des Abwägungsgebots stehen (vgl. Schulze-Fielitz, UPR 2008, 401; Halama, VBlBW 2006, 132), während hier eine Baugenehmigung angegriffen wird, über deren Erteilung nach einem andersgearteten Prüfprogramm entschieden wird. Hinzu kommt, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 2006 (a.a.O., Rdnr. 390) seine einschlägige Rechtsprechung etwas verkürzt zusammenfasst, wenn es in Bezug auf die Summierung verschiedener Lärmquellen und den "kritischen Bereich der Gesundheitsgefährdung" formuliert: "Ist diese Schwelle überschritten ...". Das in Bezug genommene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 1996 (- 4 C 9.95 -, BVerwGE 101, 1 = NVwZ 1996, 1003) betrifft nämlich den Fall, dass erst die zusätzliche Lärmbelastung in Verbindung mit der Vorbelastung den Gesamtlärm über die Schwelle der Gesundheitsgefährdung hebt. Das gleiche gilt für die Urteile vom 20. Mai 1998 (- 11 C 3.97 -, NVwZ 1999, 67) und vom 23. Februar 2005 (- 4 A 5.04 -, BVerwGE 123, 23 = NVwZ 2005, 808). Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht erst jüngst bekräftigt, dass Schutzvorkehrungen gegen gesundheitsgefährdende Verkehrsimmissionen nur zu treffen sind, wenn eine Kausalität zwischen dem Bau bzw. der Änderung des Verkehrsweges und der gesundheitsgefährdenden Verkehrsbelastung bestehen (Beschl. v. 15.1.2008 - 9 B 7.07 -, NVwZ 2008, 675), und dass die Planfeststellungsbehörde die Lärmproblematik im Rahmen der Abwägung auch bei Vorbelastungen oberhalb der grundrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle nur aufgreifen muss, wenn die Lärmbelastung durch das Planvorhaben ansteigt (Urt. v. 9.7.2008 - 9 A 5.07 -, NVwZ 2009, 50). Nicht jede Maßnahme, die im Umfeld einer für sich genommen bereits gesundheitsgefährdenden Vorbelastung stattfindet, ist damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig."

47

Im weiteren Text des genannten Beschlusses hat das Nds. Oberverwaltungsgericht im Anschluss an die schon oben (Seite 17/18) wiedergegebenen Passagen in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt:

"Zwar gilt allgemein, dass Vorgaben von Regelwerken wie der TA Lärm nur Orientierungen bieten, die eine Einzelfallwürdigung nicht ohne weiteres erübrigen. Auch das führt hier aber zu keinen abweichenden Ergebnissen.

Zunächst stellt die Nr. 7.4 nicht schon deshalb eine unzureichende Regelung dar, weil sie keine dem § 1 Abs. 2 16. BImSchV vergleichbare Berücksichtigung von Lärmsituationen oberhalb 70/60 dB(A) tags/nachts vorsieht. Die Verkehrslärmschutzverordnung stellt ihrerseits schon einen Kompromiss zwischen dem Lärmschutzanliegen und dessen Finanzierbarkeit dar. Sie betrachtet eine Überschreitung der genannten Pegel nur als wesentlich, wenn der Beurteilungspegel durch einen "erheblichen baulichen Eingriff" in den Verkehrsweg erhöht wird, der Grund für die Lärmzunahme also in staatlichem Handeln liegt, das sich auf den Verkehrsweg selbst bezieht. Weniger deutlich ist die Ursächlichkeit staatlichen Handelns im Falle des § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.2008, a.a.O.); hier hat aber der Staat es jedenfalls in der Hand, wie er die Verkehrsströme lenkt. Demgegenüber betrifft Nr. 7.4 der TA Lärm nicht notwendig, aber typischerweise Fälle, in denen die autonome Entscheidung eines privaten Bauherren Auslöser für die Verkehrszunahme auf dem schon vorhandenen öffentlichen Verkehrsnetz ist, wobei ebenfalls typischerweise nicht allein ein einziges Bauvorhaben, sondern eine langfristige bauliche Entwicklung in größeren Räumen die Verkehrsbelastung ansteigen lässt. Die im Baugenehmigungsrecht angelegten staatlichen Reaktionsmöglichkeiten sind insoweit sehr beschränkt. Das rechtfertigt es, im Rahmen der Nr. 7.4 der TA Lärm von einer Regelung abzusehen, die sinngemäß dem § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV entspricht.

In Einzelfällen mag es angemessen sein, im Wege der Einzelfallbeurteilung auch dann Nachbarschutz zu gewähren, wenn eine Verkehrslärmerhöhung von 3 dB(A) nicht zu erwarten ist. Dafür ist hier aber die "Schere" zwischen der vom IVV-Gutachten angenommenen Verkehrszunahme von 170 Kfz/Tag und der für 3 dB(A) erforderlichen annähernden Zunahme 16.000 Kfz/Tag auch unter Berücksichtigung der sonstigen, im vorliegenden Verfahren beachtlichen Umstände zu groß."

48

Dem schließt sich die erkennende Kammer ebenfalls an. Auch wenn entsprechend der Annahme der Klägerin die Verkehrszahlen deutlich über 170 Kfz/Tag liegen sollten, fehlt es an substantiierten Darlegungen für eine im Rahmen dieser Überlegungen beachtliche Zunahme des Verkehrs und damit der Lärmeinwirkungen von der C. auf das Grundstück der Klägerin. Die obigen Ausführungen zu ihrem Beweisangebot gelten insoweit entsprechend.

49

Lediglich ergänzend wird Folgendes angemerkt: Der 1. Senat des Nds. OVG hat in seinen Beschlüssen vom 28. Oktober und 20. November 2008 ausgehend von der Rechtsprechung des OVG Münster darauf hingewiesen, dass jeweils eine Einzelfallbewertung erforderlich sei. Hier wirke der Verkehrslärm auf das Grundstück der Klägerin im Wesentlichen nur von der C. herein. Der Klägerin sei es zuzumuten, im Wege architektonischer Selbsthilfe die schützwürdigeren Räume straßenabgewandt anzuordnen und die Außenwohnbereiche von der C. abzuwenden. Das ermögliche einen Aufenthalt im Freien, für den das Wohngebäude als Lärmschutzschild fungiere und auf den deutlich weniger als 70 dB(A) als äquivalenter Dauerschallpegel einwirkten. Einem Dauerschallpegel von tagsüber 70 dB(A) sei die Klägerin (damit) auf ihrem Grundstück nicht durchgängig ausgesetzt. Dieses diene nach den maßgeblichen planerischen Festsetzungen im Übrigen nicht zumindest auch dem Wohnen. Die von ihr herangezogenen Grundsätze, Lärmeinwirkungen, die bereits jetzt in die Nähe von Gesundheitsbeeinträchtigungen reichten, schlössen jedweden Lärmzuwachs aus, kämen hier daher nicht zur Anwendung. In seinem weiteren Beschluss vom 20. November 2008 hat das Nds. OVG hierzu interpretierend ausgeführt, es komme nicht auf die Verkehrsmenge an, welche von der C. her auf die Gebäudefront der Klägerin einwirke. Selbst wenn der damit verbundene Lärm dort, d.h. an der nördlichen Gebäudefront, die Sanierungswerte erreiche oder gar überschritte (gleich, ob diese ab einem Wert von 75 dB(A) anzunehmen seien), sei es der Klägerin möglich, ihr Gebäude und einen an diesen angrenzenden geschützten Außenwohnbereich in zumutbarer Weise zu nutzen.

50

Eine im Rahmen der Anwendung der TA-Lärm beachtliche Sonderstellung für das Grundstück der Klägerin ließe sich auch nicht damit begründen, dass es an einem Verkehrsweg liege, der die Zuwegung zu einem Bereich vermittelt, in dem mit weiterer Bautätigkeit zu rechnen ist, bzw. in dem die Bautätigkeit erfolgen soll (sog. Torwächterlage). Die TA-Lärm bewertet einen solchen Aspekt nicht besonders. Die Lage des Grundstücks der Klägerin ist auch nicht in diesem Sinne exponiert, da in Richtung auf das Baugrundstück verschiedene Straßen führen, von denen die C. nur eine und nach den bisherigen Verkehrszählungen nicht die am stärksten belastete ist.

51

Entgegen der Auffassung der Klägerin sind evtl. verkehrliche oder in anderer Weise lärmrelevante Auswirkungen eines geplanten Parkhauses auf einer südlich an ihr Grundstück angrenzenden Fläche hier nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin macht hierzu geltend, sie sei auch dadurch betroffen, dass die für das Einkaufszentrum erforderlichen, aber fehlenden Stellplätze nunmehr in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft an der Straße K. in Form eines Parkhauses geschaffen werden sollen. Auf diesen Einwand sind die erkennende Kammer und das Nds. Oberverwaltungsgericht bereits mehrfach eingegangen. Sie haben dabei stets einen baunachbarrechtlich bedeutsamen Zusammenhang zwischen beiden Vorhaben verneint (Beschlüsse der erkennenden Kammer vom 22. September 2008 und 15. Januar 2009 sowie Beschlüsse des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2008, 28. Oktober 2008, 20. November 2008, 16. März und 21. September 2009). Daran hält die erkennende Kammer auch für das Klageverfahren fest. Die hier angefochtene Baugenehmigung bezieht sich ausschließlich auf das Einkaufszentrum. Sie enthält keinerlei Regelungen in Bezug auf die Herstellung von Parkflächen für das Vorhaben auf dem ehemaligen "Telekomgelände" am Z.. Überzeugende Anhaltspunkte dafür, dass eine Trennung beider Vorhaben zur Umgehung von Nachbarrechten der Klägerin oder aus sonstigen baunachbarrechtlich zu missbilligenden Gründen erfolgt ist, hat die Klägerin nicht vorbringen können. Für die erkennende Kammer, der aus dem Verfahren 4 B 1418/09 auch die Vorgänge um die einem anderen Investor erteilte Baugenehmigung vom 17. März 2009 bekannt sind, ergeben sich hierfür ebenfalls keine Indizien. Einwendungen gegen die Errichtung eines Parkhauses sind im Verfahren gegen die dafür erforderliche Baugenehmigung geltend zu machen. Diese Möglichkeit hat die Klägerin hier auch - und im gerichtlichen Eilverfahren sogar mit Erfolg - wahrgenommen. Gerade der Geschehensablauf um die Baugenehmigung für das Parkhaus zeigt, dass insoweit die Entwicklung in nachbarrechtlicher Hinsicht durch die hier angefochtene Baugenehmigung keineswegs vorgeprägt ist. Damit besteht auch kein Bedürfnis, beide Vorhaben in nachbarrechtlicher Sicht als ein "Gesamtvorhaben" anzusehen. Dem steht zudem entgegen, dass es - innerhalb der Grenzen, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind - Sache des jeweiligen Antragstellers ist, durch seinen Genehmigungsantrag festzulegen, was "das Vorhaben" i.S.d. § 29 BauGB und damit der zu beurteilende Verfahrensgegenstand sein soll (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16. März 2009). Außerdem ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Nachbarklage der Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung maßgeblich, hier also die Sach- und Rechtslage zum 13. November 2007. Zu diesem Zeitpunkt war die Baugenehmigung für das Parkhaus noch nicht erteilt; auch die vorangegangenen Bauvorbescheide waren noch nicht ergangen.

52

Der weitere Einwand der Klägerin, auch unabhängig von der Errichtung eines Parkhauses K. sei infolge des angefochtenen Vorhabens mit einer Verstärkung des Suchverkehrs an der Straße K. zu rechnen, der im Zusammenhang mit anderen Belastungen zu unzumutbaren Verhältnissen für ihr Grundstück führen würde, greift ebenfalls nicht durch. Die erkennende Kammer hat hierzu im Beschluss vom 18. August 2009 (Prozesskostenhilfeverfahren - Nichtabhilfebeschluss) ausgeführt:

"Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin in der vorliegenden Fallkonstellation überhaupt noch als ,Nachbarin' des Bauvorhabens der Beigeladenen angesehen werden kann, liegen zur Überzeugung der Kammer keine Erkenntnisse vor, die erwarten lassen, dass der Klägerin durch den von ihr erwarteten Park-Suchverkehr aufgrund des Bauvorhabens der freie Zugang zu ihrem Grundstück verwehrt werden könnte. In diesem Zusammenhang kann die Kammer zu Gunsten der Klägerin unterstellen, dass es tatsächlich - auch im dargestellten Umfang - zu dem von ihr behaupteten Park- und Parksuchverkehr im Bereich der Straße "K. kommen wird. Das Grundstück der Klägerin wird aber nicht von der Straße "K." erschlossen, sondern liegt an der C.. Vor ihrem Grundstück an der C. bestehen - soweit ersichtlich - keine Parkmöglichkeiten; Anzeichen dafür, dass ihr eigenes Grundstück von "Wildparkern" an der C. gleichsam zugestellt wird und ihr Grundstück daher nicht mehr ausreichend zu erreichen sein würde, liegen nicht vor. Soweit die Klägerin darüber hinaus befürchtet, dass ihr und den weiteren Bewohnern ihres Hauses nach Verwirklichung des Bauvorhabens nicht mehr genügend Parkmöglichkeiten in der Straße "K." zur Verfügung stehen, ist zu berücksichtigen, dass das der Klägerin durch das Eigentum vermittelte Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung ihres Grundstücks kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums begründet. Probleme, die sich aus der Verteilung knappen öffentlichen Straßenraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind mit den Mitteln des Straßenverkehrsrechts zu regeln (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. März 1998, a.a.O.). Hieraus folgt, dass - unterstellt es käme zu einem erhöhten Park- und Park-Suchverkehr im Bereich "K."- dies aller Voraussicht nach keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme darstellen würde."

53

Hieran hält die erkennende Kammer fest. Sie macht sich zudem die folgenden Ausführungen des Nds. Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom 21. September 2009 - 1 PA 195/09 - (PKH-Beschwerde) zu eigen, die an die vorgenannten Ausführungen der Kammer anknüpfen:

"Die Antragstellerin nimmt zunächst an, es bestehe ein Defizit von 104 vorhabenbezogenen Stellplätzen mit der Folge, dass durchgängig eine entsprechende Zahl von Kaufhausbesuchern anderwärtige Parkmöglichkeiten suchen werde, und zwar vornehmlich unter Benutzung der Straße "K.".

54

Schon die Annahme, dass das fragliche Defizit besteht, ist nicht gesichert. Nach der Rechtsprechung des Senats ist Nr. 3.3 des Stellplatzerlasses auf Innenstadtkaufhäuser im Kerngebiet nicht anzuwenden (Urt. v. 30.8.1995 - 1 L 1486/94 -, NVwZ-RR 1996, 636), weil die Besucher dieser Kaufhäuser - anders diejenigen von Einkaufszentren "auf grüner Wiese" - nicht auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen sind, sondern z.B. auch öffentliche Nahverkehrsmittel nutzen können oder sich ohnehin im Stadtgebiet aufhalten. Mit Beschluss vom 12. Mai 2009 (- 1 LA 45/06 -) hat der Senat in Anknüpfung an diese Rechtsprechung eine Berufung zugelassen, bei der sich die Frage stellen wird, wie der Stellplatzerlass bei entsprechenden Vorhaben in einer Gemengelage anzuwenden ist. Nach diesen Grundsätzen dürfte die erforderliche Anzahl von Stellplätzen im vorliegenden Fall nicht in dem Maße defizitär sein, wie die Klägerin dies meint. Erst recht ist aber nicht der Schluss gerechtfertigt, ein Defizit - wie hoch es auch sein mag - werde automatisch dazu führen, dass ständig eine entsprechende Zahl von Fahrzeugen mit Parksuchverkehr beschäftigt sein wird. Für die ruhigeren Geschäftszeiten wird dies schon deshalb nicht der Fall sein, weil dann die Auslastung auch der Stellplätze geringer ist. Die von der Klägerin besorgte Zunahme der Verkehrsbewegungen auf der Straße "K." um täglich 1040 Fahrzeuge dürfte mithin deutlich übersetzt sein.

55

Zudem vermag die Klägerin keinen Grund zu benennen, weshalb sich der Parksuchverkehr ausgerechnet im Bereiche C./K. abspielen soll, wenn eine Parkpalette dort gar nicht gebaut worden ist. Der von ihr genannte Wert von 1.040 Fahrzeugbewegungen errechnete sich daraus, dass mit einer Parkpalette ein "Magnet", ein Anreiz vorhanden ist, gerade dort nach Parkmöglichkeiten zu suchen. Diese "Quelle" entfällt aber, wenn die Parkpalette dort nicht errichtet wird.

56

Selbst wenn diese Zahl aber zugrunde zu legen wäre, ist nicht schlüssig dargetan, dass damit die Grenze des Zumutbaren überschritten wäre. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 16. März 2009 (- 1 ME 14/09 -) bezüglich des Verkehrs auf der C. dargelegt, dass die Baugenehmigungsbehörde hinsichtlich der Frage, in welchem Maße bei Erteilung einer Baugenehmigung bezüglich des An- und Abfahrtsverkehrs Rücksicht auf Lärmschutzbelange der Nachbarn zu nehmen ist, Nr. 7.4 Abs. 2 der TA Lärm heranziehen darf. Das gilt auch für den Verkehr auf der Straße AA.". Der Vortrag der Klägerin geht auf keine der danach kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen ein. Er beschränkt sich auf eine Bezifferung der von der Klägerin erwarteten zusätzlichen Fahrzeugbewegungen, ohne diese zur Vorbelastung in Beziehung zu setzen. Dass damit eine Verdoppelung der Verkehrsstärke verbunden sein würde, die regelmäßig erst zu einer Erhöhung des Beurteilungspegels um mindestens 3 dB(A) - praktisch der Wahrnehmbarkeitsschwelle - führt, ist nicht dargetan. Damit stellt sich der angekündigte Beweisantrag als Ausforschungsbeweis dar.

57

Das in diesem Zusammenhang bemühte "Gesamtschauargument" ist ebenfalls nicht geeignet, der Klage hinreichende Erfolgsaussichten beizumessen. Es reicht nicht aus, einzelne störende Aspekte aneinanderzureihen und in der Erkenntnis, jeder von ihnen sei für sich ungeeignet, unzumutbare, dem Vorhaben kausal zuzurechnende Belästigungen zu begründen, schlicht zu behaupten, insgesamt aber überschritten deren Auswirkungen das Maß dessen, was man noch hinnehmen müsse. Wenn die akustischen und sonstigen Auswirkungen einer an der Gebäuderückseite geplanten Parkpalette noch hinzunehmen wären, dann könnte die Klägerin dies nicht mit dem Argument leugnen, an der C. sei sie aber auch Lärmeinwirkungen ausgesetzt. Zwei, drei für sich unzureichende Argumente ergeben in einer nicht näher dargestellten "Addition" nicht notwendigerweise ein triftiges.

58

Schließlich hat die Klägerin damit auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür dargetan, dass ihr durch zusätzlichen Parkdruck der "freie Zugang" zu ihrem Grundstück verwehrt sein könnte. Wie sich nunmehr aus dem Nichtabhilfebeschluss des Verwaltungsgerichts ergibt, bestehen vor ihrem Grundstück in der C. offenbar keine Parkmöglichkeiten. Einen bau- oder straßenrechtlichen Anspruch auf Freihaltung von Parkplätzen in der Straße "K.", also einer Straße, deren Anliegerin die Klägerin nicht ist, hat sie nicht, so dass es auch auf den insoweit angekündigten Beweisantrag nicht entscheidungserheblich ankommt. Ob die Beklagte straßenverkehrsrechtlich Anlass sieht, großzügigere Anwohnerparkmöglichkeiten zu schaffen als bisher, ist deshalb keine Frage, die sich im baurechtlichen Verfahren stellt."

59

Selbst wenn der Einwand der Klägerin im Schriftsatz vom 21. Oktober 2009 zutreffend sein sollte, abgestellt worden sei auf die Nr. 3.1 und nicht auf die Nr. 3.3 des Stellplatzerlasses, ändert sich an den Grundüberlegungen nichts.

60

Den unter Abänderung und Erweiterung vorangegangener schriftlicher Beweisangebote in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen ist nach alledem nicht zu entsprechen. Für eine Beweiserhebung zu den Tatsachen,

  1. 1.

    "dass die Anzahl der durchschnittlich verfügbaren freien öffentlichen Stellplätze entlang der Straße K. im Abschnitt zwischen der C. und der Einmündung der Straße AB. durch den das streitgegenständliche Vorhaben ausgelösten Verkehr nach Öffnung der "AC." um mindestens 25% abnehmen wird und zu den meisten Tageszeiten in diesem Bereich anders als derzeit gar kein freier Stellplatz mehr vorgefunden werden kann, wenn nicht von dem Suchenden eine Wartezeit von mindestens 30 Minuten in Kauf genommen wird,

  2. 2.

    dass durch den durch das streitgegenständliche Bauvorhaben ausgelösten Verkehr nach Öffnung der I. ohne die Schaffung neuer öffentlicher Stellplatzanlagen, die nicht in der streitgegenständlichen Baugenehmigung vorgesehen sind, mindestens 1040 zusätzliche Fahrzeugbewegungen auf der Straße K. zwischen C. und der Einmündung der Straße AD. ausgelöst werden,

  3. 3.

    dass 1.040 zusätzliche Fahrzeugbewegungen auf der Straße K. einen dem streitgegenständlichen Bauvorhaben im Sinne des Abschnitts 7.4 der TA-Lärm zurechenbaren Lärm auslösen werden, der die insoweit maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erstmals oder weitergehend überschreitet,

  4. 4.

    dass der dem streitgegenständlichen Vorhaben zurechenbare Verkehr auf den Straßen C. und K. zu einer für die Klägerin wahrnehmbar größeren Lärmbelastung führen wird und dass durch diese zusätzliche Belastung die Nutzbarkeit der Außenwohnflächen für die Klägerin nach wissenschaftlichen Erkenntnissen beseitigt oder jedenfalls erheblich eingeschränkt wird, da in diesem Bereich unter anderem erstmals eine Kommunikation in Zimmerlautstärke durch Verkehrslärmgeräusche unmöglich gemacht werden wird,

61

durch Einholung von Sachverständigengutachten ist kein Raum. Zum Einen wäre das Ergebnis der Beweiserhebungen nicht entscheidungserheblich. Bereits für den Verkehr auf der C. in Höhe des Grundstücks der Klägerin fehlt es - wie oben festgestellt - an dem Erfordernis einer noch nicht erfolgten Vermischung der Verkehrsströme mit dem übrigen Verkehr. Für einen Parksuchverkehr auf der Straße K. träfe dies erst recht zu, und zwar unabhängig vom Umfang dieses Verkehrs. Die einzelnen Fahrzeuge bzw. Verkehrsteilnehmer ließen sich nicht schon deshalb dem hier angefochtenen Vorhaben zuordnen, weil sie die Straße benutzen oder parkplatzsuchend langsam fahren. Für den auf voraussichtliche Parkprobleme für Anwohner bezogenen Beweisantrag zu 1. kommt hinzu, dass er aus den im Nichtabhilfebeschluss der erkennenden Kammer vom 28. August 2009 aufgeführten Gründen, auf die verwiesen wird, keine Relevanz für die hier zu treffende Entscheidung hat. Die Klägerin ist nicht Anliegerin der Straße K. und hätte als solche auch kein durch Eigentum vermitteltes Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden Straßenraums. Probleme, die sich aus der Verteilung knappen öffentlichen Straßenraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind mit den Mitteln des Straßenverkehrs zu regeln (BVerwG, Beschluss vom 18. März 1998 - 1 B 33/98 -, GewArch 1998, 294 f. [OVG Sachsen-Anhalt 12.11.1997 - A 1 S 99/96]). Da das öffentliche Baurecht grundstücks- und nicht personenbezogen ist, können in diesem Zusammenhang die von der Tochter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung kurz angesprochenen bedauerlichen individuellen Umstände im familiären Bereich hier - bei allem Verständnis für die sich daraus ergebende Problematik - aus Rechtsgründen nicht berücksichtigt werden. Anzeichen dafür, dass das Grundstück der Klägerin an der C. von "Wildparkern" gleichsam zugestellt wird und ihr Grundstück daher nicht mehr ausreichend zu erreichen sein würde, liegen nicht vor. Der Beweisantrag zu 1. bezieht sich hierauf auch nicht. Sämtlichen Beweisanträgen ist darüber hinaus entgegen zu halten, dass sie auf eine unzulässige Beweisausforschung gerichtet sind. Für die Richtigkeit der im Beweisantrag zu 1. aufgestellten, die zukünftige Parksituation im nördlichen Bereich der Straße K. betreffende Behauptung konnten keine konkreten Anhaltspunkte vorgebracht werden. Insbesondere besteht nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Behauptung, es sei zu erwarten, dass "zu den meisten Tageszeiten in diesem Bereich ... eine Wartezeit von mindestens 30 Minuten in Kauf genommen" werden muss. Die übrigen Beweisanträge beziehen sich im Kern darauf, die Grundlagen für eine zu erwartende Lärmbelastung des Grundstücks der Klägerin zu ermitteln. Den darauf bezogenen Ausführungen des Nds. Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom 23. September 2009 (siehe oben) schließt sich die erkennende Kammer auch unter Berücksichtigung des späteren Vorbringens der Klägerin in vollem Umfang an. Den entsprechenden Befürchtungen der Klägerin ist die Beklagte im Übrigen in der mündlichen Verhandlung mit beachtlichen Argumenten entgegen getreten. Für den innerörtlichen Verkehr weist sie nachvollziehbar darauf hin, dass dieser ortstypisch in erheblichem Umfang von Fahrradfahrern und zudem von Nutzern des öffentlichen Personennahverkehrs mitbestimmt wird, die keine Parkplätze in Anspruch nehmen. Für den aus dem Umland zufließenden Verkehr hat sie plausibel erläutert, dass dieser insgesamt durch das Parkleitsystem in der Innenstadt gelenkt werde und zudem die C. für den Zufahrtverkehr zur Innenstadt nicht die Bedeutung hat, die die Klägerin ihr beimisst. Außerdem stehen gerade an Samstagen, an denen mit einem vermehrten Verkehrszufluss zu rechnen ist, zusätzliche Parkflächen öffentlicher Institutionen für die Öffentlichkeit zur Verfügung. Für den Beweisantrag zu 3. hat die Klägerin ebenfalls keine gewisse Wahrscheinlichkeit dargelegt. Sie geht offenbar selbst davon aus, dass die Straße K. bereits bisher mit deutlich mehr als 1.040 Fahrzeugbewegungen am Tag belastet ist. Dann aber würde sich unter Berücksichtigung der oben ausgeführten Grundsätze auch bei einer positiven Beantwortung dieser Beweisfrage die für eine Zurechnung des Verkehrslärms in sinngemäßer Anwendung der Nr. 7.4 TA-Lärm erforderliche Erhöhung des Beurteilungspegels der Verkehrsgeräusche um mindestens 3 dB/A nicht feststellen lassen. Für eine erstmalige oder weitergehende Überschreitung der Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV fehlen erst recht fassbare Anhaltspunkte, die die Richtigkeit dieser Behauptung wahrscheinlich machen. Entsprechendes gilt für den auf die Außenwohnflächen des Grundstücks der Klägerin bezogenen Beweisantrag zu 4.. Die Klägerin hat bisher nicht behauptet, dass bereits infolge des derzeitigen Verkehrsaufkommens auf der C. die Nutzung dieser Freiflächen stark eingeschränkt sei. Der Einschätzung, dass sie als Rückzugsmöglichkeit zur Verfügung stünden und so auch genutzt werden, hat sie nicht widersprochen, obwohl dieser rückwärtige Bereich bereits in der Vergangenheit gewissen Einwirkungen von der Freifläche auf dem ehemaligen "Telekom-Gelände" und von der Straße K. ausgesetzt war. Etwaige zusätzliche Lärmeinwirkungen von der Straße K. würden wegen der Entfernung zu dieser Straßen ihr Grundstück abgemildert erreichen. Bei dieser Lage rechtfertigt die bloße (sinngemäße) Behauptung, "der dem streitgegenständlichen Vorhaben zurechenbare Verkehr" werde die Nutzbarkeit der Außenwohnflächen beseitigen oder jedenfalls erheblich einschränken, keine entsprechende Beweiserhebung. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Antrag hinsichtlich des Beweisziels hinreichend bestimmt ist.

62

Anhaltspunkte dafür, dass infolge der Ausnutzung der angefochtenen Genehmigung sich die Feinstaub- bzw. Schadstoffbelastung durch Fahrzeugverkehr für das Grundstück der Klägerin unzumutbar erhöhen würde, bestehen nicht; die Klägerin stellt hierauf auch nicht ab.

63

Verschiedenen Einwänden der Klägerin ist deshalb nicht nachzugehen, weil sie sich nicht auf nachbarrechtsrelevante Belange beziehen. Dies gilt etwa für ihre These, das Vorhaben sei - allgemein - städtebaulich bedenklich. Die in der Öffentlichkeit breit diskutierte Frage von "Sinn oder Unsinn" eines Einkaufszentrums an dem genehmigten Standort ist für die hier allein zu beurteilende Frage des Drittschutzes ohne rechtliche Bedeutung. Nicht entscheidungserheblich ist damit auch, inwieweit das Vorhaben für andere Kaufleute eine wirtschaftliche Beeinträchtigung darstellen kann. In bauordnungsrechtlicher Hinsicht könnte sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die von ihr behaupteten Verletzungen von Abstandsvorschriften gegenüber (anderen) benachbarten Grundstücken berufen. Ebenso wenig kann es ihrer Klage zum Erfolg verhelfen, wenn das genehmigte Vorhaben - wie sie meint - in denkmalschutzrechtlicher Hinsicht nicht genügend Rücksicht auf das benachbarte Schloss nimmt. Eine evtl. denkmalschutzrechtliche Betroffenheit des Schlosses würde ausschließlich öffentliche Belange berühren. Auch dieser Frage ist deshalb hier nicht nachzugehen.

64

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ergibt sich auch nicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) die von der Klägerin angenommene Schutzpflicht des Staates und der Beklagten als der für ihn handelnden Behörde, das Vorhaben nicht zuzulassen.

65

Schließlich greift der Einwand der Klägerin nicht durch, die Baugenehmigung vom 13. November 2007 sei nicht hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Insbesondere wurde dem Gebot der Konfliktschlichtung im Einzelgenehmigungsverfahren hinreichend Rechnung getragen. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes verlangt, dass der Nachbar aus der Baugenehmigung in Verbindung mit den dazu gehörigen Unterlagen eindeutig entnehmen kann, ob seine Nachbarrechte verletzt werden. Bei problematischen immissionsschutzrechtlichen Verhältnissen darf die Baugenehmigung nicht nur scheinbar, etwa durch Nebenbestimmungen, sicherstellen, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Bauvorhaben erfüllt werden, und den betroffenen Nachbarn nicht in unzumutbarer Weise mit dem gesamten Risiko einer Nichteinhaltung der Nebenbestimmung durch den Bauherrn belasten (Nds. OVG, Beschluss vom 5. Oktober 1994 - 1 M 5589/94 - und Urteil vom 29. August 1995 - 1 L 3462/94 -). Die aus einer Verletzung des § 37 Abs. 1 VwVfG folgende Fehlerhaftigkeit führt zu einem Abwehrrecht, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung solcher Rechtsvorschriften auszuschließen, die auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Mai 1994 - 10 A 1025/90 -, BauR 1994, 750). Diesen Anforderungen genügt die angefochtene Genehmigung vom 13. November 2007 in Bezug auf die rechtlich geschützten Belange der Klägerin. Dabei wird zunächst zu ihren Gunsten davon ausgegangen, dass sie auch für Dritte wie die Klägerin gelten, die Rechte aus einem Grundstück geltend machen, das nicht mehr in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem genehmigten Vorhaben liegt. In der Sache leitet die Klägerin einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot und ihrer Rechte in diesem Zusammenhang daraus her, dass in der Baugenehmigung die Zahl der erforderlichen Stellplätze zu gering angesetzt worden sei und darüber hinaus nur vorläufig sei. Zutreffend ist insoweit, dass die Beklagte in Nr. 81 der Baugenehmigung "nach den getroffenen Annahmen...insgesamt derzeit 540" Einstellplätze als erforderlich bezeichnet hat und der Beigeladenen aufgeben hat, "die genaue Anzahl der erforderlichen Einstellplätze... im Rahmen der Ausbauplanung und der Einzelnutzungsgenehmigungen nachzuweisen." Für die Klägerin als (aus ihrer Sicht) Drittbetroffene wird dadurch allerdings hinreichend deutlich, dass die Anzahl der in der Baugenehmigung festgesetzten (einzurichtenden oder abzulösenden) Stellplätze evtl. noch durch die erforderlichen Einzelnutzungsgenehmigungen (dazu auch die Auflage Nr. 5) variieren kann. Diese könnte die Klägerin dann ggf. ebenfalls angreifen. Das in Bezug auf die Stellplätze abgestufte Genehmigungsverfahren ist unter drittschutzrechtlicher Sicht im Grundsatz nicht zu beanstanden. Es trägt den wirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung, dass sich bei der Genehmigung für ein Vorhaben dieser Art und dieses Umfangs in der Regel noch nicht absehen lässt, wie im Einzelnen die geplanten Gewerbeeinheiten belegt werden und welcher Stellplatzbedarf sich hieraus ergibt. Die Beklagte hat aber schon im Baugenehmigungsverfahren sozusagen im Wege einer "Grobprüfung" auf der Grundlage des vorliegenden Erkenntnismaterials eine Berechnung vorgenommen und deren Ergebnis zum Gegenstand von Regelungen in der Baugenehmigung gemacht. Für die hier zu treffende Entscheidung genügt es auch nicht, wenn die Klägerin die Stellplatzberechnung in ihren Einzelheiten angreift und geltend macht, es hätten zumindest teilweise höhere Werte angesetzt werden müssen. Relevant wäre ihr Vorbringen hierzu nur, wenn sich aus den behaupteten Berechnungsfehlern drittschutzrelevante Auswirkungen für die Situation ihres Grundstücks herleiten ließen oder solche zumindest nicht auszuschließen wären. Das ist aber nicht der Fall. Das Nds. OVG nimmt in seinem Beschluss vom 21. September 2009 an, voraussichtlich werde die erforderliche Anzahl von Stellplätzen im vorliegenden Fall nicht in dem Maße defizitär sein, wie die Klägerin dies meint. Erst recht sei aber nicht der Schluss gefertigt, ein Defizit - wie hoch es auch sein möge - werde automatisch dazu führen, dass ständig eine entsprechende Anzahl von Fahrzeugen mit Parksuchverkehr (im Bereich des Grundstücks der Klägerin) beschäftigt sein werde. Dem schließt sich die erkennende Kammer auch für den hier zu beurteilenden rechtlichen Gesichtspunkt an. Es bestehen keine Anhaltspunkte für ein - über die Feststellungen der Beklagten hinaus - derart gravierendes Stellplatzdefizit, dass wegen der damit verbundenen Auswirkungen für das Grundstück der Klägerin im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes weitergehende Regelungen zu Stellplätzen (schon) in der angefochtenen Baugenehmigung erforderlich wären.

66

Der Hilfsantrag ist zulässig. Insbesondere bedarf es für die Einbeziehung des auf den Widerspruch der Beigeladenen ergangenen Bescheides vom 14. November 2008 und der Nachtragsbaugenehmigung vom 30. September 2009 keiner vorherigen, auf diese Bescheide bezogenen Durchführung eines weiteren Vorverfahrens (§ 68 VwGO), da der Ursprungsbescheid in der Fassung der Änderungen im Wesentlichen die gleichen Sachund Rechtsfragen zum Gegenstand hat (Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 68 Rdnr. 24). Unter dem hier allein maßgeblichen Blickwinkel des Drittschutzes sind die erfolgten Änderungen des Gegenstands der Baugenehmigung von untergeordnetem Gewicht (s. dazu auch weiter unten); ein nochmaliges Vorverfahren ist deshalb zur Wahrung der Ziele des § 68 VwGO (dazu Kopp, VwGO, 15. Aufl., vor § 68 Rdnr. 1) nicht erforderlich. Im Übrigen haben die Beklagte und die Beigeladene dem entsprechend erweiterten (Hilfs-)Antrag nicht widersprochen.

67

Die Klage ist aber auch mit dem Hilfsantrag unbegründet. Die angefochtene Baugenehmigung vom 13. November 2007 verstößt auch nicht in der Fassung des Bescheides vom 14. November 2008 sowie der Nachtragsbaugenehmigung vom 30. September 2009 gegen individuelle Rechte der Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks C. 20, auf deren Geltendmachung sie auch insoweit beschränkt ist. Die obigen, auf den Gegenstand der Ursprungsgenehmigung bezogenen Ausführungen geltend insoweit entsprechend. Die durch die genannten späteren Bescheide erfolgten Änderungen des Inhalts dieser Baugenehmigung führen zu keiner abweichenden und für die Klägerin günstigeren Betrachtung.

68

Hiervon geht bezüglich der Änderungen in dem Bescheid vom 14. November 2008 offenbar auch die Klägerin aus, denn sie hat sich zu diesen nach Einsicht in die Verwaltungsvorgänge weder schriftlich noch in der mündlichen Verhandlung geäußert. Auch für die Nachtragsbaugenehmigung vom 30. September 2009 lässt sich nicht feststellen, dass die Baugenehmigung in der durch sie gewonnenen Fassung Drittschutzrechte der Klägerin berührt und verletzt. Insbesondere lassen die von der Klägerin im Schriftsatz vom 26. Oktober 2009 aufgegriffenen und in der mündlichen Verhandlung erörterten Aspekte einen solchen Schluss nicht zu. Vor allem ist nicht erkennbar, dass aufgrund der genehmigten Änderungen der Aufteilung und der Funktion von Räumen im Inneren des genehmigten Gebäudes die schon oben erörterte Stellplatzproblematik für das Vorhaben derart verschärft wird, dass die sich daraus ergebenden Folgen bzw. Unsicherheiten zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes der Klägerin eine Aufhebung der (geänderten) Baugenehmigung gebieten. Die Annahme der Klägerin, die Nachtragsgenehmigung beinhalte wesentliche Änderungen in der Aufteilung und Funktion von Flächen für Lebensmittel und Körperpflege im Untergeschoss sowie für den Bereich "Kulturlounge" im 2. und 3. Obergeschoss, hat sich nach Durchsicht der Genehmigungsunterlagen in der mündlichen Verhandlung nicht bestätigt; die Klägerin hat danach hierauf auch nicht mehr abgestellt. Zwar erhöht sich der Gesamtstellplatzbedarf für das Vorhaben möglicherweise dadurch etwas, dass - abweichend von der Ursprungsgenehmigung - nunmehr in Teilflächen des 2. Obergeschosses Büroräume geplant sind, deren Größe mit 176,14 m² bzw. 174,32 m² angegeben wird und die nach den Erklärungen des Vertreters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung möglicherweise fremdvermietet werden sollen. Abgesehen davon, dass durch die Änderung an dieser Stelle zuvor geplante Funktionsräume entfallen bzw. an anderer Stelle des Gebäudes lediglich verkleinert eingeplant werden, wird sich der Stellplatzbedarf durch das Hinzutreten der Büronutzung bezogen auf die Drittschutzbelange der Klägerin nur unwesentlich erhöhen. Für insgesamt etwa 350 m² Bürofläche werden voraussichtlich bei den Einzelnutzungsgenehmigungen (vgl. Nr. 81 der Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung) jedenfalls nicht deutlich mehr als 10 Einstellplätze anzusetzen sein. Damit bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der für die Büronutzung im 2. Obergeschoss anzusetzende Zusatzverkehr derart gravierend auf die Situation im Bereich des Grundstücks der Klägerin auswirkt, dass von ihr deshalb die Baugenehmigung in der geänderten Fassung nicht hinzunehmen ist. Auch die in den Verwaltungsvorgängen zur Nachtragsbaugenehmigung nur beispielhaft erwähnten "Aktionsflächen" dürften keinen derart gravierenden Mehrverkehr im Bereich ihres Grundstücks auslösen; diese "Aktionsflächen" sind zudem als solche nicht Gegenstand der Baugenehmigung. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig erklärt, da sie einen erfolgreichen Antrag gestellt hat.

69

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO) liegen nicht vor.

70

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 GKG und orientiert sich der Höhe nach an dem Streitwertkatalog des Nds. Oberverwaltungsgerichts für baurechtliche Verfahren (Nds. VBl. 2002, 192, dort in Anlehnung an Nr. 8 a). Aus dem weiteren Verlauf des Verfahrens ergibt sich keine Veranlassung, von der vorläufigen Festsetzung des Streitwerts (Beschluss vom 13. Mai 2008) abzuweichen.

71

Rechtsmittelbelehrung

72

Gegen dieses Urteil ist die Berufung nur eröffnet, wenn sie von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zugelassen worden ist.

73

...

Osterloh
Burzynska
Ahrens