Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.09.2021, Az.: 12 ME 45/21

Artenschutzleitfaden; Darlegungsanforderungen; Fachkonvention; Feldlerche; Herstellerangaben; Immissionsrichtwert; LAI-Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei WKA; Leitfaden zum Artenschutz; Mäusebussard; Tötungsrisiko; Tötungsverbot, artenschutzrechtliches; Verwaltungsvorschrift, normkonkretisierende; Vögel, windenergiesensible; Windenergieanlage; Windenergieanlage, unvermessene; Windenergieerlass

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.09.2021
Aktenzeichen
12 ME 45/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 70959
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 09.03.2021 - AZ: 2 B 76/20

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Nach dem Ergehen eines Widerspruchsbescheides und der Erhebung einer Anfechtungsklage ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die gerichtliche Herbeiführung der aufschiebende Wirkung der Klage, nicht des Widerspruchs zu begehren.

2. § 63 BImSchG n. F. findet auch auf zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits erhobene Widersprüche Anwendung, wenn ihnen zu diesem Zeitpunkt – und sei es auch nur als Folge einer vor der Rechtsänderung bekanntgegebenen behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung – keine aufschiebende Wirkung mehr zukommt.

3. Vermag der Beschwerdeführer einer Darlegungsbeschwerde eine entscheidungstragende Argumentation des Verwaltungsgerichts zu entkräften, ist zwar grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen, ob sich die erstinstanzliche Entscheidung aus anderen als den ihr beigegebenen Gründen als richtig erweist. Diese Prüfung führt aber in gerichtlichen Verfahren über Darlegungsbeschwerden, die dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unterfallen, nicht stets zu einer umfassenden obergerichtlichen Kontrolle des angefochtenen Verwaltungsaktes.

4. Die gerichtliche Prüfung der Selbstbindung an den nds. Artenschutzleitfaden kann im Grundsatz erst (nachrangig) dort einsetzen, wo allgemein anerkannte fachliche Erkenntnisse in solchem Maße fehlen, dass sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf eine Plausibilitätskontrolle beschränken darf, und diese Kontrolle dazu geführt hat, dass der artenschutzfachliche Standpunkte der Behörde gerichtlich als plausibel zu akzeptieren ist.

5. Es ist nicht richtig, unabhängig von ihrem Urheber oder Einsender alle der Behörde vorliegenden Unterlagen, insbesondere auch Sachverständigengutachten, die nicht zu den Antragsunterlagen zählen, für nach § 10 Abs. 1 Satz 2 der 9. BImSchV auslegungspflichtig zu halten, sofern sie einen Beitrag zur Beurteilung der im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren entscheidungserheblichen Sachverhalte leisten.

6. Es gibt keine feste Beweisregel, nach der die Frage, ob dem Vorhaben der Errichtung und des Betriebs einer über 200 m hohen Windenergieanlage der öffentliche Belang einer Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) entgegensteht, nur auf der Grundlage einer „bestmöglichen Visualisierung“ beurteilt werden könnte.

7. Die Grenzen der richterlichen Kontrolle naturschutzfachlicher Risikoabschätzungen der Genehmigungsbehörde entfalten bereits im gerichtlichen Eilverfahren eine Filterfunktion, die zu einer weitgehenden rechtlichen Unerheblichkeit gerade solcher naturschutzfachlichen Kontroversen führt, die noch nicht abschließend ausgetragen sind.


Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird die Entscheidung unter Nr. 1 in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg – 2. Kammer – vom 9. März 2021 teilweise geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 7. Juni 2021 - 12 KS 87/21 - wird angeordnet, soweit durch die drei angefochtenen Genehmigungen vom 9. Juni 2020 in der Fassung der Klarstellungsbescheide vom 22. bzw. 23. September 2020 und der Widerspruchsbescheide vom 28. April 2021 der Betrieb der WEA 3 sowie ein Nachtbetrieb (22:00 Uhr bis 06:00 Uhr) der WEA 1 und der WEA 6 zugelassen werden. Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

Die weiter gehende Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Antragsteller sechs Siebentel der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners und der Beigeladenen und tragen diese jeweils ein Vierzehntel der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller ist eine rechtsfähige und nach § 3 UmwRG bundesweit anerkannte Umweltvereinigung, zu deren Vereinszweck laut Satzung der „Naturschutz sowie die Landschaftspflege, insbesondere … die Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen für Menschen …“ sowie „der Schutz unserer Landschaften, des Landschaftsbildes sowie deren Ästhetik und Kulturgüter“ zählen. Er setzt sich außerdem für den Denkmalschutz ein und bezweckt, „Planungen oder Maßnahmen mit Nachdruck entgegenzutreten, die … Lebensräume … und Landschaften schädigen“ (vgl. Bl. 132 der Gerichtsakte – GA –).

Mit seiner Beschwerde wendet er sich dagegen, dass es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, ihm vorläufigen Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehbarkeit dreier immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen vom 9. Juni 2020 (Bl. 49 ff. GA) zu gewähren, gegen die er zunächst am 8. Juli 2020 Widersprüche (vgl. elektr. Beiakte Widerspruchsverfahren) und dann bei dem beschließenden Senat Klage erhoben hat (12 KS 87/21), und zwar in der Fassung der Klarstellungsbescheide vom 22. bzw. 23. September 2020 (Bl. 128 ff. GA) und der während des Beschwerdeverfahrens erlassener Widerspruchsbescheide vom 28. April 2021 (Bl. 229 ff. der zweitinstanzlichen Teilbände der Gerichtsakte – GA OVG –). Durch diese Verwaltungsakte wurden der Beigeladenen in drei Bauabschnitten (vgl. Parklayout, hinter Trennblatt – TrBl. – 2.2.1 in Beiakte – BA – 5) die Errichtung und der Betrieb von sechs Windenergieanlagen (WEA) des Windparks „C-Stadt“ genehmigt.

Die Genehmigung für den 1. Bauabschnitt (Az: I20190018) – im Folgenden: „Genehmigung WEA 2 bis 5“ – betrifft (als gemeinsame Anlage im Sinne des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV) die vier WEA 2 bis 5 (Typ: GE 3.6-137; Nabenhöhe: 164,5 m, Rotordurchmesser: 137 m; Nennleistung: 3.600 kW) auf den Flurstücken E. (WEA 2), 20 (WEA 3), 27/1 (WEA 4) und 32/1 (WEA 5) der Flur F. der Gemarkung G..

Die Genehmigung für den 3. Bauabschnitt (Az: I20190020) – im Folgenden: „Genehmigung WEA 1“ – bezieht sich auf die WEA 1 (Typ GE 3.6-137; Nabenhöhe: 164,5 m; Rotordurchmesser: 137 m; Nennleistung: 3.600 kW) auf dem Flurstück H. der Flur F. der Gemarkung I..

Die Genehmigung für den 4. Bauabschnitt (Az: I20190021) – im Folgenden: „Genehmigung WEA 6“ – gilt der WEA 6 (Typ GE 5.3-158; Nabenhöhe: 161 m; Rotordurchmesser: 158 m; Nennleistung: 5.300 kW) auf dem Flurstück J. der Flur K. der Gemarkung L..

Der 2. und 5. Bauabschnitt des gesamten Bauprojektes sind im hiesigen Verfahren nicht streitgegenständlich. Sie sollen nicht von der Beigeladenen verwirklicht werden, sondern Vorhabenträger dieser Bauabschnitte ist die M. (vgl. Bl. 353 GA). Diese Gesellschaft plant als 2. Bauabschnitt eine siebente WEA – (UKA 01) – der Windfarm (vgl. § 2 Abs. 5 UVPG) innerhalb der Vorrangfläche „L.“ (Kurzbeschreibung, hinter TrBl. 1.3 in BA 5) sowie als 5. Bauabschnitt drei weitere WEA (UKA 02, UKA 03 und UKA 04) auf einer südlich an die Vorrangfläche „L.“ angrenzenden „Erweiterungsfläche“ (vgl. Bl. 354 GA). Raumordnungsrechtlich soll eine dortige Zulässigkeit der WEA des 5. Bauabschnitts durch ein Zielabweichungsverfahren erreicht werden (vgl. Bl. 353 GA).

Von den schalltechnischen Gutachten vom 15. November 2019 (jeweils hinter TrBl. 4.1 in BA 3, BA 7 bzw. BA 4), die zu den Antragsunterlagen für die drei hier umstrittenen Genehmigungen zählen, berücksichtigen nur die beiden Gutachten für die „Genehmigung WEA 1“ und die „Genehmigung WEA 6“ die siebente WEA (UKA 01) als einen bereits beantragten Bestandteil der „Ausgangslage“ und damit als Teil der Vorbelastung (vgl. u. a. die Anlagen 2 zu den drei Gutachten).

Die WEA 2, 4 und 5 liegen sowohl mit ihren Mastfüßen als auch mit ihren Rotorkreisen vollständig (vgl. Amtl. Karte, Maßstab 1:5000, hinter TrBl. 2.2.0, sowie Liegenschaftskarte, hinter TrBl. 2.3.1, jeweils in BA 9) innerhalb des örtlichen durch das Regionale Raumordnungsprogramm des N. (RROP O.) festgelegten Vorranggebiets Windenergienutzung „L.“ (vormals Potentialfläche Nr. 43 „L.“). Hinsichtlich der WEA 1 und 3 gilt dasselbe (nur) bezogen auf den jeweiligen Mastfuß. Ihre Rotorkreise reichen nämlich teilweise über die Grenzen des Vorranggebiets hinaus (vgl. Amtl. Karten Maßstab 1:5000, jeweils hinter TrBl. 2.2.0, sowie Liegenschaftskarten, jeweils hinter TrBl. 2.3.1, in BA 7 bzw. BA 9). Auch der Rotorkreis der WEA 6 befindet sich nicht vollständig innerhalb des Vorranggebiets. Umstritten unter den Beteiligten ist allerdings der Standort des Mastfußes. Nach den Antragsunterlagen (vgl. Amtl. Karte – Maßstab: 1:5000 –, hinter TrBl. 2.2.0, sowie Liegenschaftskarte, hinter TrBl. 2.3.1, jeweils in BA in BA 5) liegt er noch innerhalb des Vorranggebiets. In der Begründung des Ausgangsbescheides vom 9. Juni 2020 (S. 28, zweiter Absatz, = Bl. 109 [Rückseite] GA) über die „Genehmigung WEA 6“ wird wohl davon ausgegangen, dass dies nicht der Fall sei, während es in dem Widerspruchsbescheid zu der Genehmigung WEA 6 vom 28. April 2021 (zu 3.3 = vgl. Bl. 291 f. [292, erster Absatz] GA OVG) als „nicht klar erkennbar“ bezeichnet wird.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit im Wesentlichen folgender Begründung abgelehnt:

Der Antrag sei nicht begründet. Das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiege das Interesse des Antragsgegners und der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Bescheide nicht.

Der Antragsteller könne die Aufhebung der angefochtenen Genehmigungen weder gemäß § 4 UmwRG wegen Verfahrensfehlern [1] noch gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 1 UmwRG wegen Verstößen gegen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung seien [2], verlangen. Soweit sich die Erfolgsaussichten seines Rechtsbehelfs als offen erwiesen, sei die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht gerechtfertigt, weil das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der ihr erteilten Genehmigung und das öffentliche Interesse an der Energiegewinnung durch erneuerbare Energien die von dem Antragsteller vertretenen Interesse bei der insoweit durchzuführenden Interessenabwägung überwögen [3].

[1] Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c) der 4. BImSchV sei das Genehmigungsverfahren hier gemäß § 10 BImSchG durchzuführen gewesen. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG seien (u. a.) die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorlägen, nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Der Inhalt der auszulegenden Unterlagen werde in § 10 der 9. BImSchV weiter konkretisiert. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 der 9. BImSchV seien – unter anderem und soweit vorhanden – die „entscheidungserheblichen sonstigen der Genehmigungsbehörde vorliegenden behördlichen Unterlagen“ zu dem Vorhaben auszulegen, die Angaben über die Auswirkungen der Anlage auf die Nachbarschaft und die Allgemeinheit oder Empfehlungen zur Begrenzung dieser Auswirkungen enthielten. Die Schreiben des Antragstellers und die von ihm eingeholten Gutachten zählten nicht zu diesen Unterlagen. Denn es handele sich insoweit um im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung erhobene Einwendungen. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 der 9. BImSchV seien indessen [nur] zwei wesentliche Kategorien von Unterlagen auszulegen: Zum einen die Antragsunterlagen des antragstellenden Vorhabenträgers, zum anderen die behördlichen Unterlagen, wozu auch die von der Behörde angeforderten Unterlagen zählten (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 der 9. BImSchV). Hingegen seien ohne entsprechende behördliche Aufforderung von dritter Seite im Zusammenhang mit einer Einwendung vorgelegte weitere Unterlagen nicht auslegungspflichtig. Dieses Ergebnis werde durch eine systematische Gesetzesauslegung gestützt. Denn die Verfahrensweise in Bezug auf von dritter Seite erhobene Einwendungen sei selbständig und abschließend in § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 der 9. BImSchV geregelt. Danach seien Einwendungen nur dem antragstellenden Vorhabenträger und ggf. beteiligten Behörden bekanntzugeben. Aus dieser spezifischen Regelung folge, dass es sich bei Einwendungen nicht zugleich um gemäß § 10 Abs. 3 BImSchG bzw. § 10 der 9. BImSchV auszulegende sonstige „entscheidungserhebliche Berichte und Empfehlungen“ handele.

[2] Die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen litten voraussichtlich auch nicht an für die Entscheidung bedeutsamen Verstößen gegen materielle Rechtsvorschriften, aufgrund derer der Antragsteller nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG die Aufhebung der Genehmigung beanspruchen könne. Nach dieser Vorschrift sei der Rechtsbehelf begründet, wenn die angefochtene Entscheidung (hier nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG) gegen Rechtsvorschriften verstoße, die für sie von Bedeutung seien, und der Verstoß Belange berühre, die zu den Zielen gehörten, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördere. Das Prüfprogramm für die erteilten Genehmigungen ergebe sich aus § 6 Abs. 1 BImSchG. Danach sei die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt sei, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt würden [a] und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstünden [b – d].

[a] Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG seien genehmigungsbedürftige Anlagen insbesondere so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen nicht hervorgerufen werden könnten. Zu den schädlichen Umwelteinwirkungen zählten gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG auch Geräusche.

Der von dem Antragsteller gerügte Verstoß, dass die von den Windenergieanlagen ausgehenden Schallimmissionen „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ zu einer Überschreitung von Immissionsrichtwerten führten, betreffe keine für den Antragssteller rügefähigen Belange [aa]. Jedenfalls aber rechtfertigten es die Einwendungen des Antragstellers gegen die Lärmberechnung nicht, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren. Denn es sei schon durch entsprechende Auflagen sichergestellt, dass im Betrieb die geltenden Lärmrichtwerte eingehalten würden [bb].

[aa] Der Antragsteller rüge mit seinem Einwand, die Immissionsrichtwerte würden insbesondere an den Immissionsorten IO 6 und 7 (voraussichtlich) nicht eingehalten, nur eine Verletzung menschlicher Schutzansprüche. Die jeweils maßgeblichen Immissionsrichtwerte seien in der TA Lärm bestimmt. Sie seien aber ausschließlich nach dem Schutzanspruch der jeweils betroffenen – menschlichen – Nachbarschaft ausgerichtet. Soweit also konkret ihre Verletzung gerügt werde, stehe der menschliche Anspruch auf Schutz vor unzumutbaren Umwelteinwirkungen in Form von Lärm in Rede. Dieser Schutz sei indes nicht ein von dem Antragsteller satzungsmäßig verfolgtes Ziel. Aus seiner Satzung werde deutlich, dass er als Ziel keinen umfassenden Umweltschutz verfolge. Vielmehr fördere er Naturschutz und Landschaftspflege. Hierbei handele es sich um zwei Teilbereiche des Umweltschutzes, die zwar ihrerseits wiederum als Oberbegriffe, aber gleichwohl enger als der Begriff des Umweltschutzes zu verstehen seien. Soweit in der Satzung, eingeleitet durch „insbesondere“, beispielhaft Anwendungsbereiche seiner Tätigkeit genannt würden, bezögen sich diese ebenfalls nur auf die Teilbereiche Naturschutz und Landschaftspflege. Ausgehend davon schütze der Antragsteller ausweislich seiner Satzung Tiere als Ausschnitt des Bereichs „Naturschutz“, aber nicht den menschlichen Organismus vor Einwirkungen von Lärm.

[bb] Auch wenn die Immissionsprognose unrichtig wäre, sei durch die Auflagen in der Genehmigung sichergestellt, dass die Immissionsrichtwerte im Betrieb nicht dauerhaft überschritten würden. In allen Genehmigungen sei in Nebenbestimmungen geregelt, dass die an den jeweiligen Immissionsorten festgesetzten Immissionsrichtwerte nicht überschritten werden dürften. Diese Regelung werde flankiert durch Bestimmungen zur Überwachung des Betriebs der Anlagen. So sei der genehmigungskonforme Betrieb innerhalb eines Jahres nach Inbetriebnahme durch eine Abnahmemessung nach § 28 BImSchG nachzuweisen. Sollte sich hierbei erweisen, dass eine Überschreitung der Immissionswerte zu gewärtigen sei, könne der Antragsgegner die durch Auflagen vorgeschriebene Einhaltung der Immissionswerte durch entsprechende Maßnahmen sicherstellen.

[cc] Die Aufspaltung der Zulassung in drei Genehmigungsverfahren sei übrigens nicht bedenklich. In den Schallgutachten werde jeweils unter dem Punkt „Ausgangslage“ die Bestandssituation einschließlich der in den früheren Bauabschnitten zu errichtenden Windenergieanlagen beschrieben. Mit diesem Vorgehen schichte die Beigeladene als Betreiber das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren in zulässiger Weise ab. Sie verhindere damit, dass die Genehmigung für alle WEA versagt werden müsse, weil der zusätzliche Lärm einer einzigen (der letzten) WEA zu unzumutbaren Umwelteinwirkungen führen würde.

[b] Soweit der Antragsteller rüge, die WEA 1, 3 und 6 lägen außerhalb des durch das RROP O. festgelegten Vorranggebiets Nr. 43, mache er einen Verstoß gegen den (als öffentlich-rechtliche Vorschrift des Bauplanungsrechts nach § 6 BImSchG zu prüfenden) § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB geltend, der zu beachten sei, da es sich bei den zur Genehmigung gestellten sechs WEA um raumbedeutsame Vorhaben im unbeplanten Außenbereich handele. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift liege aber nicht vor. Dies gelte ohne weiteres hinsichtlich der WEA 2, 4 und 5, die mit allen ihren Bestandteilen innerhalb des Vorranggebiets lägen.

Aber auch die WEA 1, 3 und 6 verstießen nicht gegen die Ausschlusswirkung.

[aa] Dies gelte zum einen grundsätzlich deshalb, weil § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur „in der Regel“ zur Unzulässigkeit einer Anlage führe. Schon nach dem Wortlaut dieser Vorschrift sowie ihrem Sinn und Zweck, bestimmte Anlagen in einem bestimmten Gebiet im Planungsraum zu konzentrieren, greife die Ausschlusswirkung nicht schon bei jeder geringfügigen Überschreitung der ausgewiesenen Konzentrationsfläche, zumal bei raumordnerischen Festlegungen, die aufgrund ihrer Maßstäblichkeit mit größeren Unschärfen verbunden seien.

[bb] Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auf raumordnerischen Festlegungen beruhe, die deshalb auch für ihre Reichweite maßgeblich seien und nicht weiterreichen könnten, als der Plangeber die Ausschlusswirkung nach seinem planerischen Willen habe herbeiführen wollen [α] und tatsächlich ein Ziel der Raumordnung festgelegt habe [β].

[α] Hier ergebe sich aus der Begründung des RROP O. hinreichend deutlich, dass sich die Ausschlusswirkung nur auf den Mastfuß der Windenergieanlage beziehen solle. So heiße es auf Seite 110 der Begründung zum RROP O.:

„Nach Auffassung des Landkreises muss sich jedoch lediglich der Turm der Windener-gieanlage innerhalb der ausgewiesenen Flächen befinden, die vom Flügel überstrichene Fläche darf sich im Rahmen der Maßstäblichkeit des RROP mindestens teilweise auch außerhalb dieser Fläche befinden … Daher sind auch schmale oder spitz zulaufende Potenzialflächen für das Errichten von Windenergieanlagen aus regionalplanerischer Sicht geeignet. Die mit Ziffer 4.2. 02 Satz 2 des RROP bezweckte Ausschlusswirkung tritt somit nur ein, wenn der Mastfuß einer WEA bzw. über die maßstäbliche Konkretisierung hinausgehende Teile der Rotoren außerhalb eines Vorranggebietes Windenergienutzung liegen.“

[β] Soweit der Plangeber in etwas widersprüchlicher Weise ausgeführt habe, die Ausschlusswirkung solle überdies eintreten, wenn „über die maßstäbliche Konkretisierung hinausgehende Teile der Rotoren“ außerhalb eines Vorranggebietes liegen, sei diese Aussage nicht geeignet, die Ausschlusswirkung auch auf diese Bereiche zu erstrecken, weil es insoweit an einer letztverbindlichen raumordnerischen Zielaussage, wie sie Voraussetzung für den Eintritt der Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sei, fehle.

Denn durch diese Aussage sei im Hinblick auf die Rotoren nicht hinreichend bestimmt und auch nicht hinreichend bestimmbar im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG, ab wann die Ausschlusswirkung greifen solle. Insoweit fehle es deshalb auch an der für das Eingreifen der Ausschlusswirkung erforderlichen abschließenden Abwägung. Die Ausschlusswirkung greife hier deshalb auch nicht für die Teile der Rotoren der Windenergieanlagen, insbesondere der Windenergieanlage Nr. 6 mit einem Rotordurchmesser von 158 m, die über die Maße der dem RROP O. zugrunde gelegten Musterwindenergieanlage mit einem Rotordurchmesser von „nur“ 100 m hinausgingen.

[γ] Wäre aber die Konzentrationsflächenplanung des RROP O. unwirksam, gäbe es auch die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht. In diesem Fall könnte der Zulässigkeit der Anlagen von vornherein nicht entgegengehalten werden, sie lägen außerhalb des festgelegten Vorranggebiets, sondern sie wäre dann im gesamten Gebiet gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert.

[cc] Die Kammer gehe davon aus, dass auch die WEA 6 im Wesentlichen innerhalb des Vorranggebiets geplant sei. In den Antragsunterlagen sei der für sie vorgesehene Standort innerhalb des Vorranggebiets eingezeichnet; lediglich die Rotorüberstreichfläche liege teilweise außerhalb des Vorranggebiets (vgl. BA 5, hinter TrBl. 2.2.0). Angesichts der bei der Anwendung der raumordnungsrechtlichen Vorgaben offenbar entstehenden Unschärfen sei jedenfalls davon auszugehen, dass auch ihr Standort zumindest von keiner raumordnerisch angeordneten Ausschlusswirkung erfasst sei, sodass § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden könne.

[c] Die Windenergieanlagen beeinträchtigten nicht die natürliche Eigenschaft der Landschaft bzw. Belange der Landschaftspflege im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB.

[aa] Dies dürfte weitgehend bereits deshalb gelten, weil nach § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB öffentliche Belange raumbedeutsamen Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB nicht entgegenstünden, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden seien. Es sei davon auszugehen, dass hier der Belang des Landschaftsbildes bereits umfassend auf Ebene der Regionalplanung abgewogen worden sei. Denn bei einer Festlegung von Konzentrationszonen für Windenergienutzung müssten grundsätzlich sämtliche mit der Windenergienutzung konkurrierenden und auf der Ebene der Raumordnung erkennbaren Belange abschließend abgewogen werden. Soweit eine solche Abwägung stattgefunden habe, dürften diese Belange auf der Zulassungsebene nicht wieder als Zulassungshindernis aktiviert werden. Soweit dies hier überprüft werden könne, liege der Festlegung des Vorranggebiets Nr. 43 des RROP O. eine solche abschließende Abwägung im Hinblick auf das Landschaftsbild zugrunde. Der Belang des Landschaftsbildes könnte im Zulassungsverfahren somit nur noch insoweit eine Rolle spielen, als erst dort – etwa aufgrund der Wahl der konkreten Standorte oder der konkreten Ausgestaltung der Anlagen – Friktionen mit dem Belang des Landschaftsschutzes sichtbar geworden seien. Hierfür sei aber im Hinblick auf die streitgegenständlichen Anlagen nichts ersichtlich.

[bb] Im Übrigen habe der Antragsgegner die Auswirkungen der konkret zur Genehmigung gestellten Windenergieanlagen auf die Landschaft auch auf Ebene der Zulassung untersuchen und bewerten lassen (vgl. UVP-Bericht vom 14.8.2019) und dabei alle sechs beantragten Windenergieanlagen gemeinsam betrachtet.

[d] Die angegriffenen Genehmigungen verstießen nicht gegen die Vorgaben des Artenschutzes. Namentlich liege ein Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Verbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG nicht vor. Bei der Prognose, ob die Errichtung [bzw. der Betrieb] von Windenergieanlagen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verletze, stoße die gerichtliche Kontrolle des behördlichen Entscheidungsergebnisses an objektive Grenzen. Denn sofern eine außerrechtliche Frage durch Fachkreise und Wissenschaft bislang nicht eindeutig beantwortet sei, lasse sich objektiv nicht abschließend feststellen, ob die behördliche Antwort auf diese Fachfrage richtig oder falsch sei. Insoweit sei die gerichtliche Kontrolle zwangsläufig eingeschränkt und unterliege einer nach Dauer und Umfang vom jeweiligen ökologischen Erkenntnisstand abhängigen faktische Grenze. Das Gericht habe die gerichtliche Kontrolle aber jedenfalls weitestmöglich durchzuführen.

[aa] So sei eine Begrenzung der gerichtlichen Kontrolle hinsichtlich des in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geregelten Tötungsverbots nicht mehr zulässig, soweit sich für die Bestandserfassung von betroffenen Arten oder für die Ermittlung des Risikos bestimmte Maßstäbe und Methoden durchgesetzt hätten und andere Vorgehensweisen nicht mehr als vertretbar angesehen werden könnten. Ob dem so sei, unterliege vollständiger gerichtlicher Überprüfung.

[bb] Im Übrigen müsse sich das Gericht von der Plausibilität der behördlichen Entscheidung überzeugen.

[cc] Zudem habe es zu berücksichtigen, ob und inwieweit sich eine Genehmigungsbehörde aufgrund einer bestimmten Genehmigungspraxis selbst gebunden habe. Eine solche Selbstbindung werde in Niedersachsen durch den Leitfaden „Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Niedersachsen“ (Artenschutzleitfaden) bewirkt. Sie werde relevant, sofern es zur Beantwortung einer sich nach außerrechtlichen naturschutzfachlichen Kriterien richtenden Rechtsfrage an normativen Konkretisierungen fehle und in Fachkreisen und der Wissenschaft bislang keine allgemeine Meinung über die fachlichen Zusammenhänge und die im Einzelfall anzuwendenden Ermittlungsmethoden bestehe. Von dieser Selbstbindung dürfte sich eine einzelne Genehmigungsbehörde rechtmäßig nur lösen können, wenn das sachlich gerechtfertigt sei.

Hiervon ausgehend sei die Einschätzung des Antragsgegners nicht zu beanstanden, dass keine Verletzung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände durch das Vorhaben der Beigeladenen zu erwarten sei. Der Antragsgegner habe sich mit den von dem Antragsteller schon im Genehmigungsverfahren vorgebrachten Einwendungen auseinandergesetzt und diese in seine Einschätzung einbezogen. Soweit er teilweise von der Einschätzung des von dem Antragsteller eingeholten Gutachtens von P. (Q.) abweiche, sei seine abweichende Einschätzung auf der Grundlage weiterer von ihm eingeholter naturschutzfachlicher Stellungnahmen weitgehend nachvollziehbar und mit den Vorgaben des Artenschutzleitfadens vereinbar.

[dd] Ein gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 BNatSchG verstoßendes Kollisionsrisiko für die Wiesenweihe bestehe nicht.

[α] Eine risikoträchtige Flughöhe erreichten Wiesenweihen unstreitig vornehmlich im näheren Umkreis ihrer Brutplätze. Von einem für sie signifikant erhöhten Risiko könnte deshalb nur dann ausgegangen werden, wenn die Windenergieanlagen in der Nähe von Brutplätzen errichtet würden bzw. es sehr wahrscheinlich wäre, dass sich Exemplare der Wiesenweihe in Zukunft dort einen Brutplatz suchen würden. Dies sei indes nicht zu erwarten.

[β] Im Jahr 2019 sei ein Brutplatz der Wiesenweihe in der Vorrangfläche 43 festgestellt worden. In den Jahren 2014 bis 2018 habe es keine Hinweise auf Brutvorkommen gegeben. Im Jahr 2020 habe ein Brutplatz nicht ermittelt werden können. Ausweislich der am 12. Juni 2020 mitgeteilten Ergebnisse R. seien Tiere der Art südlich bzw. westlich in einem Abstand von 200-800 m Abstand zur Potenzialfläche bei der Nahrungssuche beobachtet worden.

[γ] Auf dieser Grundlage sei die Einschätzung des Gutachters S. und des Antragsgegners, wonach es allenfalls zu vereinzelten, räumlich wechselnden Einzelbruten, nicht aber zu einer Etablierung von konstanten Brutvorkommen kommen werde, nachvollziehbar. Die von P. geäußerte gegenläufige Einschätzung, wonach es sich bei der Vorrangfläche 43 insgesamt um einen attraktiven Raum für Greifvögel handele, erschüttere diese Einschätzung nicht, zumal er ausführe, die Prognose könne „weder belegt noch widerlegt“ werden. Auch seine Beobachtungen im Laufe des Jahres 2020 stellten die Annahme lediglich sporadischer Nutzung nicht in Frage. Derartige sporadische Nutzungen lösten aber nach dem Artenschutzleitfaden keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände aus (Artenschutzleitfaden, Ziff. 5.3.1).

[δ] Ein etwaiges Tötungsrisiko werde zudem durch die konkrete Ausgestaltung der Genehmigungen weiter reduziert.

[ee] Die Einschätzung des Antragsgegners, wonach das artenschutzrechtliche Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG auch im Hinblick auf die Rohrweihe nicht verletzt würden, sei jedenfalls nicht so offensichtlich fehlerbehaftet, dass dies die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erfordern würde. Bei der Rohrweihe werde die potentiell konfliktträchtige Flughöhe vornehmlich im Nahbereich des Horstes erreicht. Allgemein werde darum empfohlen, dass Windenergieanlagen einen Mindestabstand von 500 m (so der Antragsgegner) bzw. 1000 m (so die Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten) einhielten. Im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung sei davon auszugehen, dass die genannten Mindestabstände gewahrt würden.

Der Ansatz des Antragsgegners, auch im Hinblick auf künftige Brutvorkommen sei das Tötungsverbot nicht verletzt, sei indessen bedenklich.

[α] Er sei zum einen in tatsächlicher Hinsicht nur bedingt nachvollziehbar. Zwar sprächen für diese Auffassung Erkenntnisse im T. -Gutachten, wonach das Vorhabengebiet als dauerhaftes Brutrevier der Rohrweihe nicht geeignet sei. Der Antragsgegner habe sich aber nicht erkennbar mit z. T. widersprechenden Erkenntnissen der Regionalplanung auseinandergesetzt. In dem Gebietsblatt zur Potenzialfläche 43 heiße es:

„Es ist weiterhin davon auszugehen, dass dieser Raum insgesamt von hoher Bedeutung für die Rohrweihe ist und eine unregelmäßige Nutzung der Potenzialfläche in einzelnen Jahren nicht auszuschließen ist. Gemäß Artenschutzleitfaden (NMUEK 2016b) seien dann Abschaltzeiten in der Brutzeit der Rohrweihe einzuhalten, um den Eintritt artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände gemäß § 44 Abs. 1 BNatSchG zu vermeiden.“

[β] Zum anderen begegne die Rechtsauffassung des Antragsgegners, Nebenbestimmungen zum Schutz der Rohrweihe kämen für eventuell in der Zukunft auftretende Konflikte nicht in Betracht, in ihrer Pauschalität Bedenken. Zwar teile die Kammer die Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, dass § 44 BNatSchG nicht darauf ziele, erst in ferner Zukunft mögliche artenschutzrechtliche Konflikte zu verhindern. Soweit vorliegend aber das Vorhabengebiet ausweislich naturschutzfachlicher Erkenntnisse bereits jetzt eine große Bedeutung für die Rohrweihe besitze und deshalb Nutzungskonflikte zwischen Rohrweihe und Windenergie wahrscheinlich wären, was ggf. weiter aufzuklären wäre, könnte es sich aber auch dann, wenn im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung Brutplätze (zufälligerweise) nicht besetzt gewesen wären, um gegenwärtige Nutzungskonflikte handeln, die ggf. schon in den Genehmigungen durch Nebenbestimmungen abzuarbeiten gewesen wären.

[γ] Es sei indes nicht ersichtlich, dass die Genehmigungen in ihrer aktuellen Ausgestaltung aufgrund der skizzierten offenen Fragen offensichtlich rechtswidrig wären. Möglich sei, dass die Erkenntnisse der Raumordnungsplanung durch die detailgenaueren Betrachtungen auf der Zulassungsebene überholt seien und dem Vorhabengebiet tatsächlich keine besondere Bedeutung (mehr) für die Rohrweihe zukomme. Auch wäre zu klären, ob der ggf. bestehende artenschutzrechtliche Konflikt es tatsächlich rechtfertige, schon in den Genehmigungsbescheiden entsprechende Nebenbestimmungen zum Schutz der Rohrweihe aufzunehmen oder ob etwaige drohende Konflikte auch durch nachträgliche Anordnungen zu bewältigen seien. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die geäußerten Bedenken allein die Frage beträfen, ob und inwieweit der Betrieb der Windenergieanlagen unter bestimmten Voraussetzungen, die keineswegs zeitnah sicher eintreten müssten (Brutplätze der Rohrweihe im Nahbereich), zeitlich begrenzt werden müsse. Vor diesem Hintergrund überwiege das Interesse insbesondere der Beigeladenen, das Vorhaben fortzuführen zu können [3].

[ff] Im Hinblick auf den Kranich sei die Einschätzung, dass artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nicht verletzt würden, ebenfalls nicht zu beanstanden.

[α] Nach Abb. 3, Lfd. Nr. 11, Spalte 3 des Artenschutzleitfadens sei bezüglich des Kranichs eine vertiefende Prüfung durchzuführen, sofern sich ein Brutplatz in einem Umkreis von 500 m um die geplante Windenergieanlage befinde. Entgegen der Auffassung des Antragstellers habe P. im Jahr 2020 den im Jahr 2019 noch genutzten Brutplatz nicht bestätigt. Ausweislich seines Ergänzungsberichts vom Juni 2020 seien Kraniche zwar in dem Gebiet weiter anwesend gewesen; ein Brutstandort habe aber nicht festgestellt werden können. Den Erkenntnissen des T. -Gutachten zufolge sei der vorjährig genutzte Brutplatz trockengefallen; er sei zudem auf Grund der schlechten Strukturausprägung, Kleinräumigkeit und der Störungen durch Nutzvieh, Wild und Landwirtschaft als dauerhaftes Brutrevier ungeeignet. Insofern erscheine es nachvollziehbar, wenn der Antragsgegner davon ausgehe, das Gebiet werde lediglich zur Nahrungssuche genutzt, und deshalb auf eine vertiefende Prüfung verzichtet habe.

[β] Im Hinblick auf die im Gebiet (ohne Brutplatz) anwesenden Kraniche habe der Antragsgegner ebenfalls plausibel einen Verstoß gegen das Tötungsverbot verneint. Seine Einschätzung, wonach Kraniche nicht besonders kollisionsgefährdet seien, dürfte dem derzeitigen Stand der Wissenschaft entsprechen.

[gg] Hinsichtlich des Rotmilans sei mit dem Antragsgegner nicht von der Verletzung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände auszugehen.

[α] Unstreitig befinde sich in dem nach dem Artenschutzleitfaden maßgeblichen Untersuchungsradius von 1.500 m kein Rotmilanhorst.

[β] Auch die Einschätzung bezüglich der Nutzung des Vorhabengebiets durch den Rotmilan sei nicht zu beanstanden. Der Antragsteller rüge zwar, der Antragsgegner gehe von deutlich zu wenigen Flugbewegungen des Rotmilans über dem Vorhabengebiet aus. Die entsprechende Differenz zwischen den Gutachten habe der Antragsgegner aber schlüssig damit erklärt, dass der Gutachter P. (U. -Gutachten 2019) bei der Raumnutzungsanalyse nur das Vorranggebiet betrachtet habe, während die von ihm selbst berücksichtigten Untersuchungen einen deutlich größeren Raum berücksichtigt hätten. Vor dem Hintergrund des von dem Antragsgegner festgestellten Nutzungsverhaltens des Rotmilans sei auch die behördliche Einschätzung nachvollziehbar, dass die vorgesehenen Nebenbestimmungen zur Steuerung (insbesondere durch greifvogelfreundliche Bewirtschaftung) des Nutzungsverhaltens einen weiteren Beitrag zur Reduzierung des Tötungsrisikos leisten könnten und damit sichergestellt sei, dass die Signifikanzschwelle nicht überschritten werde.

[hh] Es dürfte dem Antragsgegner hier versagt gewesen sein, davon auszugehen, dass es sich bei dem Mäusebussard um eine windenergiesensible Art handele.

Denn im Artenschutzleitfaden, dem nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht im Rahmen der behördlichen Genehmigungsentscheidung eine über die Grundsätze der Selbstbindung der Verwaltung vermittelte Verbindlichkeit zukomme, sei diese Art nicht als WEA-empfindlich aufgeführt. Diese Selbstbindung dürfte nicht nur greifen, um ein bestimmtes gleichmäßiges Schutzniveau für den Artenschutz zu gewährleisten, sondern auch „in die andere Richtung“, also zu Gunsten des Vorhabenträgers, dessen Genehmigungsanspruch nicht durch fachlich nicht allgemein anerkannte artenschutzrechtliche Vorgaben eingeschränkt werden dürfe, wenn diese über die Vorgaben des Artenschutzleitfadens hinausgingen.

Die Genehmigungsbehörde dürfe sich von ihrer Selbstbindung rechtmäßig nur dann lösen können, wenn das sachlich gerechtfertigt sei. Hierfür genüge nicht, dass die Genehmigungsbehörde einen fachlich wohl vertretbaren Standpunkt einnehme, der aber nicht maßgeblich an die Besonderheiten des Einzelfalls anknüpfe, sondern in seiner Konsequenz für eine bestimmte Vogelart auf die generelle Abweichung von den landesweit einheitlichen Standards hinauslaufen würde. Zwar sei die Aufzählung der windenergieanlagenempfindlichen Arten nicht als abschließend zu verstehen; vielmehr heiße es dort, zukünftige könnten Anpassungen notwendig werden. Es sei aber nicht ersichtlich, dass die Einschätzung des Artenschutzleitfadens bezüglich des Mäusebussards von fachlich allgemein anerkannten neuen Erkenntnissen überholt wäre. Die Beigeladene habe zutreffend darauf hingewiesen, dass der am 11. Dezember 2020 beschlossene „Standardisierte Bewertungsrahmen zur Ermittlung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Hinblick auf Brutvogelarten an Windenergieanlagen“ dem Mäusebussard ebenfalls weiterhin keine WEA-Empfindlichkeit attestiere. Insofern bleibe es bei der Geltung des Artenschutzleitfadens. Es sei auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragstellers nicht ersichtlich, dass hier bezogen auf den Einzelfall von einer Gefährdung für den Mäusebussard auszugehen wäre.

[ii] Entsprechende Erwägungen würden im Hinblick auf die Feldlerche gelten, die im Artenschutzleitfaden ebenfalls nicht als windenergiesensible Art eingestuft sei.

[jj] Die Einschätzung des Antragsgegners, dass hinsichtlich der Fledermäuse die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nicht verletzt würden, sei ebenfalls nachvollziehbar.

[α] Soweit der Antragsteller rüge, dass die V. -Gutachter die Dauererfassung nur mit einem System durchgeführt hätten, sei allerdings eine Abweichung vom Artenschutzleitfaden gegeben. Dieser sehe grundsätzlich vor, dass bei fünf bis neun geplanten Anlagen zwei Dauererfassungssysteme einzusetzen seien, sodass angesichts der hier insgesamt sechs zur Genehmigung gestellten Windenergieanlagen zwei Systeme einzusetzen gewesen wären. Diese Vorgabe gelte ausweislich des Artenschutzleitfadens jedoch nur als Regel, sodass Abweichungen zulässig seien. Insofern erscheine es nicht von vornherein unplausibel bzw. offensichtlich rechtsfehlerhaft, wenn das V. -Gutachten zur Begründung seines Vorgehens ausführe, angesichts der kreisförmigen Anordnung der Windenergieanlagen im Vorhabengebiet hätte ein zweites Dauererfassungssystem keinen relevanten zusätzlichen Erkenntnisgewinn erbracht.

[β] Zudem habe der Antragsgegner etwaig verbleibenden Bedenken gegenüber der hinreichenden Erfassung des Bestands nachvollziehbar dadurch Rechnung getragen, dass er seinen Genehmigungsentscheidungen ein worst-case-Szenario zugrunde gelegt habe: Soweit (in geringem Umfang) Unsicherheiten über den tatsächlichen Bestand bestünden, habe er dies entsprechend dem Vorsorgeprinzip zugunsten eines weitergehenden Schutzes der Fledermaus in Ansatz gebracht. Die WEA 1, 3 und 6 seien im Zeitraum vom 1. April bis 31. Oktober 2020 bei Windgeschwindigkeiten von unter 7,5 m² und Temperaturen über 10° C abzuschalten, die WEA 2, 4 und 5 immerhin noch in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Oktober 2020. Damit gehe der Antragsgegner, was die Windstärke betreffe, ab der die Abschaltung greife, über den durch den Artenschutzleitfaden gesetzten Mindeststandard hinaus, der in der Regel eine Abschaltung erst ab Windstärken von weniger als 6 m/s vorsehe.

[γ] Soweit der Antragsteller meine, es sei fachlich nicht vertretbar, die für die Abschaltung maßgebliche Windstärke auf Gondelhöhe zu messen, stehe seine Auffassung im Widerspruch zu den Vorgaben des Artenschutzleitfadens, der genau dies vorsehe (siehe. Ziff. 7.3). Das Vorgehen des Antragsgegners dürfte deshalb nicht nur nicht zu beanstanden, sondern sogar geboten sein.

[δ] Bezüglich der WEA 1, 3 und 6 habe der Antragsgegner mit den vorgesehenen Abschaltzeiten zudem sämtliche nach dem Artenschutzleitfaden kritischen Zeiträume abgedeckt, nämlich den Frühjahrszug (1. April bis 30. April), die Wochenstubenzeit (1. Mai bis 31. Juli) und den Herbstzug (15. Juli bis 31. Oktober). Soweit der Antragsgegner für die WEA 2, 4 und 5 eine Abschaltung nur vom 1. Juli bis zum 31. Oktober vorsehe, habe er dies nachvollziehbar mit den besonderen landschaftlichen Gegebenheiten im Umfeld der WEA 1 und 3 begründet, die das Umfeld der WEA 1 und 3 anders als das der WEA 2, 4, 5 und 6 ganzjährig zu einem attraktiven Jagdgebiet machten. Vor diesem Hintergrund sei nicht zu beanstanden, dass er bezüglich der WEA 2, 4 und 5 einen kürzeren Abschaltzeitraum vorsehe, zumal er auch damit immer noch vollständig den Zeitraum abdecke, in dem nach den aktuellen fachlichen Erkenntnissen des Antragsgegners (vgl. Antragserwiderung, Bl. 299 GA) der überwiegende Teil der Fledermaus-Kollisionen stattfinde.

[ε] Soweit der Antragsteller schließlich rüge, die Vorgaben zum Monitoring seien nicht ausreichend bestimmt, habe der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung zutreffend darauf hingewiesen, dass die Durchführung eines Gondelmonitorings für den Betreiber freiwillig sei. Dieser könne ein solches Monitoring durchführen, um den für eine „betriebsfreundlichere“ Ausgestaltung der Abschaltzeiten erforderlichen Nachweis zu erbringen, dass kürzere Abschaltzeiten artenschutzrechtlich nicht zu einem Verstoß gegen das Tötungsverbot führen würden. Hingegen handele es sich bei dem Gondelmonitoring nicht um eine Maßnahme zum unmittelbaren Schutz der Fledermäuse. Vor diesem Hintergrund erschließe sich nicht, inwiefern durch die behauptete mangelnde Bestimmung der Vorgaben zum Monitoring rügefähige Belange des Antragstellers berührt sein sollten. Erst wenn es infolge des Monitorings tatsächlich zu einer Verkürzung der in den Genehmigungen angeordneten Abschaltzeiten kommen sollte, könnte der Antragsteller die Wirksamkeit des Gondelmonitorings gerichtlich überprüfen lassen.

[3] Soweit die Erfolgsaussichten der Rechtsbehelfe des Antragstellers nach den vorstehenden Ausführungen offen bzw. hier nicht abschließend zu klären seien, was insbesondere einzelne Punkte der artenschutzfachlichen Einschätzung des Antragsgegners betreffe, ergebe die insoweit durchzuführende Interessenabwägung, dass vorläufiger Rechtsschutz nicht zu gewähren sei. Denn sein Interesse an der vorläufigen Aussetzung der Genehmigungen überwiege das Vollzugsinteresse der Beigeladenen sowie der Öffentlichkeit nicht, weil es als vergleichsweise niedrig einzustufen sei. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die im vorliegenden Verfahren nicht abschließend geklärten offenen Fragen, auch dann, wenn sie im Sinne des Antragstellers zu beantworten wären, nicht geeignet seien, die grundsätzliche Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebs der Windenergieanlagen in Zweifel zu ziehen. Sie könnten vielmehr – sollten sie sich nach eventuell vertiefender Sachverhaltsermittlung als teilweise begründet erweisen – auch nach Errichtung und Inbetriebnahme der Anlagen durch ggf. erforderliche weitere Nebenbestimmungen (insbesondere weitere Abschaltzeiten) berücksichtigt werden. Insofern könne diesen Belangen auch noch im Hauptsacheverfahren hinreichend Rechnung getragen werden. Die vorläufige Zulassung der Windenergieanlagen führe insofern nicht dazu, dass die vom Antragsteller vertretenen Interessen insoweit dauerhaft unberücksichtigt bleiben müssten. Demgegenüber seien die privaten und öffentlichen Interessen an der sofortigen Vollziehung als hoch einzustufen. Das folge in übergeordneter Hinsicht schon daraus, dass der Gesetzgeber gemäß § 63 BImSchG n. F. die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die Zulassung einer Windenergieanlage an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern entfallen lasse. Ausweislich der Gesetzesbegründung sei Ziel der Neuregelung eine Beschleunigung der Verfahren, um die Ausbauziele für Windkraft an Land zu erreichen, was von zentraler Bedeutung für die Energiewende sei (BT-Drucks. 19/22139, S. 25). Auch die konkret betroffenen Interessen der Beigeladenen seien als gewichtig zu bewerten, die bereits erhebliche Investitionen getätigt habe und befürchten müsse, einen von ihr erwarteten Zuschlag von der Bundesnetzagentur sowie den damit verbundenen Vergütungsanspruch zu verlieren, sofern die Anlagen nicht innerhalb von 30 Monaten errichtet und in Betrieb genommen würden. Insofern werde der Beigeladenen ein nicht wiedergutzumachender Schaden entstehen, sollte die aufschiebende Wirkung zu Unrecht wiederhergestellt werden. Hingegen sei ein solcher Schaden bei Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung für die von dem Antragsteller vertretenen Interessen nicht zu befürchten; ihnen könne auch noch im laufenden Betrieb der Windenergieanlagen Rechnung getragen werden kann, ohne dass der Eintritt nicht wiedergutzumachender Schäden zwischenzeitlich sicher zu erwarten wäre. Das gelte insbesondere auch für die von dem Antragsteller vorgebrachten artenschutzrechtlichen Einwendungen, die nicht erkennen ließen, dass bei Errichtung und Inbetriebnahme der Windenergieanlagen zeitnah und konkret mit einem Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände zu rechnen wäre.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß (Bl. 333 f. GA OVG),

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 9. März 2021 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 7. Juni 2021 – 12 KS 87/21 – gegen die drei Genehmigungen vom 9. Juni 2020 (Az: I20190018, I20190020 bzw. I20190021) in der Fassung der Klarstellungsbescheide vom 22. bzw. 23. September 2020 und der Widerspruchsbescheide vom 28. April 2021 anzuordnen.

Der Antragsgegner (Bl. 322 GA OVG) und die Beigeladene (Bl. 200 GA OVG) beantragen jeweils,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 9. März 2021 ist zulässig, aber nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang begründet.

Der Zulässigkeit der Beschwerde steht es nicht entgegen, dass der Antragsteller die nach dem Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist ergangenen Widerspruchsbescheide vom 28. April 2021 in das gerichtliche Verfahren einbezogen und zu dem Begehren nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage übergegangen ist. Denn diese Antragsänderung ist hier – ausnahmsweise auch im Verfahren über eine Darlegungsbeschwerde – entsprechend § 91 Abs. 1 VwGO als sachdienlich zulässig.

Seit dem Ergehen der am 8. Mai 2021 zugestellten (vgl. elektr. BA Widerspruchsverfahren) Widerspruchsbescheide vom 28. April 2021 (Bl. 229 ff. GA OVG) und der Erhebung der Klage zur Hauptsache am 7. Juni 2021 – 12 KS 87/21 – besteht ein Rechtsschutzbedürfnis nämlich nur noch dafür, anstelle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu begehren. Zwar ist hinsichtlich der Anknüpfung von Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (hier i. V. m. § 80a Abs. 3 VwGO) an den jeweiligen Rechtsbehelf zur Hauptsache manches umstritten (vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO, Werkstand: Feb. 2021, § 80 Rnrn. 460 f. und Rn. 119). Die unter anderem aus § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ersichtliche „Verschmelzung“ der jeweiligen Ausgangs-, Klarstellungs- und Widerspruchsbescheide zu Einheiten (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.3.1981 - BVerwG 8 C 69.80 -, BVerwGE 62, 80 [81 ff.], hier zitiert nach juris, Rnrn. 16 f.) macht es aber nicht nur in dem Klageverfahren, sondern auch in einem damit korrespondierenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich erforderlich, das Ergehen der Widerspruchbescheide einzubeziehen. Insbesondere könnte bei der im Rahmen einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlichen gerichtlichen Interessenabwägung nicht mehr in sinnvoller Weise (nur) auf die Erfolgsaussichten der inzwischen zurückgewiesenen Widersprüche abgehoben werden.

Zwar kann – zur Vermeidung einer funktionswidrigen Inanspruchnahme des Beschwerdegerichts – in Fällen zu gravierender Änderungen eines Ausgangs- durch den Widerspruchsbescheid der Beschwerdeführer darauf verwiesen sein, anstelle einer Antragsänderung im Darlegungsbeschwerdeverfahren eine Erledigungserklärung abzugeben und sich mit einem entsprechend angepassten Eilantrag an das zuständige Gericht des ersten Rechtszugs zu wenden. Ein Fall derart gravierender Änderungen ist hier aber nicht gegeben. Im Übrigen wäre der Senat inzwischen auch erstinstanzlich zuständig.

Im Hinblick darauf, dass hier zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 63 BImSchG n. F. den Widersprüchen der Antragstellerin – wenn auch nur als Folge der vor der Rechtsänderung bekanntgegebenen Anordnung der sofortigen Vollziehung (Bl. 121 ff. GA) der Ausgangsbescheide durch den Antragsgegner – bereits keine aufschiebende Wirkung mehr zukam, besteht keine Verfahrensstellung der Antragstellerin, die ein schutzwürdiges Vertrauen begründet, welches der Anwendung des § 63 BImSchG n. F. entgegensteht (vgl. allgemein zum Problem: Entwurf der BReg. für ein Gesetz zur Beschleunigung von Investitionen, Begründung, BT-Drucks. 19/22139, S. 25, zu Art. 3, zu Nummer 2 [§ 63]; OVG NRW, Beschl. v. 12.3.2021 - 7 B 8/21 -, BauR 2021, 957 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 7 ff., und Beschl. v. 12.2.2021 - 8 B 905/20 -, EnWZ 2021, 171 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 3 ff., sowie Nds. OVG, Beschl. v. 18.12.1998 - 1 M 4727/98 -, NVwZ 1999, 444 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 10). Deshalb ist nunmehr § 80 Abs. 5 Halbsatz 1 VwGO einschlägig.

Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist die obergerichtliche Prüfung grundsätzlich auf die fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe beschränkt. Daran ändert auch die Einbeziehung von nachträglich ergangenen Widerspruchsbescheiden nichts, soweit diese die Ausgangsbescheide aufrechterhalten.

Vermag ein Beschwerdeführer eine entscheidungstragende Argumentation des Verwaltungsgerichts zu entkräften, ist zwar grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen, ob sich die erstinstanzliche Entscheidung aus anderen als den ihr beigegebenen Gründen als richtig erweist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.3.2019 - 12 ME 105/18 -, BauR 2019, 1136 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 27). Diese Prüfung führt aber in gerichtlichen Verfahren über Darlegungsbeschwerden, die – wie hier – dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unterfallen, nicht stets zu einer umfassenden obergerichtlichen Kontrolle. Denn ein vom Gegner des Vorhabens ordnungsgemäß dargelegter, aber abteilbarer Rechtswidrigkeitsgrund (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.5.2020 - 12 LA 150/19 -, BauR 2020, 1292, ff., hier zitiert nach juris, Rn. 17, und Beschl. v. 12.10.2020 - 12 LA 68/20 -, BauR 2021, 218 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 29) rechtfertigt die Änderung einer Entscheidung, die vorläufigen Rechtsschutz versagt, bereits dann nicht mehr, wenn er sich aus Überlegungen als unerheblich erweist, die so an die Stelle einzelner fehlerhafter oder fehlender Erwägungen des Verwaltungsgerichts treten können, dass sie sich in dessen übrige Erwägungen bruchlos einfügen. Das ergibt sich daraus, dass im Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes Erwägungen zu abteilbaren Rechtswidrigkeitsgründen – ähnlich den Entscheidungen über abtrennbare Teile des Streitgegenstands – einer gesonderten Rechtskraft fähig sind und es ausweislich des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO und des § 6 UmwRG dem gesetzgeberischen Willen entspricht, eine „ungefragte“ Fehlersuche der Verwaltungsgerichtsbarkeit einzuschränken. Dem entspräche es aber nicht, wenn bereits die gelungene Erschütterung nur eines einzelnen irgendwie (mit)tragenden Begründungselements der erstinstanzlichen Entscheidung in einer Punktesache stets zur umfassenden Vollprüfung des angefochtenen Verwaltungsakts durch das Beschwerdegericht führen müsste. Denn dadurch würde geradezu ein Anreiz geschaffen, neben bzw. vor jedem entsprechenden Widerspruchs- oder Klageverfahren einen Eilrechtsstreit bis in den zweiten Rechtszug zu führen, um quasi eine Expertise des Beschwerdegerichts zu erhalten, die ggf. Blaupausen für die Ausweitung der bisherigen Widerspruchs- oder Klagebegründung liefert. Die Beschwerdeinstanz gerichtlicher Eilverfahren dient indessen nicht der Rechtsberatung der Beteiligten für das Verfahren zur Hauptsache. In aller Regel ist es nicht angezeigt, dass das Beschwerdegericht, zumal nach Ablauf der Klagebegründungfrist des § 6 UmwRG, durch Prüfungen von Amts wegen den Streit zwischen den Beteiligten auf neue Felder führt.

Um sich im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen, muss ein Beschwerdeführer von der Begründungsstruktur dieser Entscheidung ausgehen und das Entscheidungsergebnis in Frage stellen (Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 7. Aufl. 2018, § 146 Rn. 31). Die erforderliche Dichte seiner eigenen Ausführungen hat sich dabei an der Dichte der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu orientieren (Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 22a). Je intensiver diese Entscheidung begründet ist, umso eingehender muss der Beschwerdeführer die sie tragende Argumentation entkräften. Es reicht deshalb grundsätzlich nicht aus, wenn er lediglich eine eigene Würdigung der Sach- und Rechtslage vorträgt, die im Ergebnis von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht. Vielmehr muss er in der Regel den einzelnen tragenden Begründungselementen der angefochtenen Entscheidung geeignete Gegenargumente konkret gegenüberstellen und – soweit möglich – deren Vorzugswürdigkeit darlegen (Nds. OVG, Beschl. v. 16.11.2016 - 12 ME 132/16 -, ZNER 2017, 70 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 56, und Beschl. v. 10.2.2014 - 7 ME 105/13 -, juris, Rn. 26). Hieraus folgt, dass es regelmäßig nicht genügt, wenn er pauschal auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug nimmt oder dieses unverändert wiederholt (vgl. Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 7. Aufl. 2018, § 146 Rn. 31, m. w. N.). Hinweise auf Fundstellen ersetzen ebenfalls nicht die eigene Argumentation des Beschwerdeführers innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist. Denn die zu prüfenden Beschwerdegründe sind darzulegen, sodass sie sich das Oberverwaltungsgericht nicht anhand ihm lediglich bezeichneter Fundstellen selbst zusammenzustellen hat (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 30.11.2016 - 12 ME 131/16 -, juris, Rn. 30, und Beschl. v. 15.4.2014 - 7 ME 121/13 -, Nds. VBl. 2014, 286 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 41). Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, muss ein Beschwerdeführer zudem alle diese Begründungen angreifen und entkräften (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7.6.2006 - 2 ME 661/06 -, NVwZ-RR 2006, 650 f. [650]; Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 7. Aufl. 2018, § 146 Rn. 31, m. w. N.).

Die Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO überlagern und ergänzen dabei die prozessualen Mitwirkungsobliegenheiten (vgl. Nds. OVG Lüneburg, Urt. v. 25.10.2018 - 12 LB 118/16 -, BauR 2019, 651 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 212), die den Kläger und Antragsteller bereits als eine nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung treffen und die ihrerseits fortbestehen, obwohl sich aus verfassungsrechtlichen Gründen die dogmatischen Grundlagen der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle artenschutzrechtlicher Prüfungen geändert haben (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 28.6.2019 - 12 ME 57/19 -, BauR 2019, 1437 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 25).

Vor dem Hintergrund der Anforderungen nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO geht der Senat auf die Ausführungen unter A. der Beschwerdebegründungsschrift vom 12. April 2021 (Bl. 158 ff. GA) nicht im Einzelnen ein. Denn dort wird eine als „Auseinandersetzung“ bezeichnete Darstellung und deutende Einordnung der angefochtenen Entscheidung den übrigen Beschwerdegründen als Block vorangestellt. Das gesetzliche Erfordernis einer Auseinandersetzung (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) in der Beschwerdebegründung hat indessen eine andere Funktion als etwa der Tatbestand eines Urteils. Es soll nicht vordringlich die Erfassung und Durchdringung des Gegenstands dokumentieren, mit dessen Änderungsbedürftigkeit sich die Darlegungen beschäftigen. Vielmehr hält es den Beschwerdeführer dazu an, seine Darlegungen möglichst eng an die Gedankenführung der Gründe der angefochtenen Entscheidung anzubinden. Mit anderen Worten: Es soll bewirken, dass die Darlegungen der Beschwerdegründe möglichst spiegelbildlich zu den Beschlussgründen als eine konkret auf diese bezogene Kritik strukturiert und entwickelt werden. Infolge ihres die Auseinandersetzung und die Darlegung trennenden Aufbaus leisten hierzu die Ausführungen unter A. der Beschwerdebegründungsschrift – ungeachtet der in ihnen enthaltenen Verweisungen auf nachfolgenden Ausführungen – keinen entscheidenden Beitrag.

1. Der Antragsteller kritisiert unter B. 2.1 seiner Beschwerdebegründungsschrift vom 12. April 2021 zu Recht die oben unter I. 2. a) aa) zusammengefassten Erwägungen des Verwaltungsgerichts, wonach Überschreitungen von Immissionsrichtwerten der TA Lärm keine Verstöße seien, die Belange berührten, die er nach seiner Satzung fördere. Er wendet sich dagegen, dass der Schutz von Menschen vor schädlichen Lärmeinwirkungen nach Auffassung der Vorinstanz nicht zu seinen Zielen zählt, indem er darauf hinweist, dass er nach seiner Satzung auch den Zweck verfolge, die Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen für Menschen zu fördern. Dieser Vereinszweck sei, wie das Verwaltungsgericht in [Über-] Interpretation des Wortes „insbesondere“ unrichtig folgere, nicht nur ein Unterfall der Vereinszwecke des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Der Schutz des Menschen vor Lärm sei nichts anderes als der Schutz des Menschen als Teil der Natur. Dem stehe nicht entgegen, dass er, der Antragsteller, satzungsgemäß zugleich den Schutz der unberührten Natur für den Menschen anstrebe.

Dieser Argumentation ist zu folgen. Die Satzungsbestimmung über den Vereinszweck, die in diesem Zusammenhang entscheidungserheblich ist, hat körperschaftsrechtlichen Charakter und muss deshalb objektiv, d. h. aus sich heraus einheitlich und gleichmäßig unter Berücksichtigung von Zusammenhang und erkennbarem Zweck, ausgelegt werden. Umstände, die außerhalb der Vertragsurkunde liegen und die nicht allgemein zugänglich und erkennbar sind, dürfen bei der Auslegung nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 9.6.1997 - II ZR 303/95 -, NJW 1997, 3368 ff. [3369]), hier zitiert nach juris, Rn. 9). Gleichwohl räumt die Vorinstanz im Zuge ihrer Interpretation dem Wortsinn und der Grammatik einen zu hohen Stellenwert ein. Zwar ist ihr einzuräumen, dass die Vereinszwecke der Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen für Menschen im Rahmen einer Apposition erwähnt werden, die sich auf die Ausdrücke „Naturschutz“ und „Landschaftspflege“ bezieht. Die Schwäche der daran anknüpfenden verwaltungsgerichtlichen Argumentation mit dem Wortsinn dieser Ausdrücke setzt aber schon damit ein, dass die Vorinstanz ihrerseits diese Begriffe nicht eindeutig definiert. Zudem ist es nicht gerechtfertigt, dass sie der Formulierung des Vereinszwecks in einer privatrechtlichen Satzung eine ähnliche Stringenz und begriffliche Schärfe unterstellt wie der Gesetzessprache. Das begegnet auch deshalb Bedenken, weil solche Formulierungen – insoweit Staatszielen ähnlich – nicht nur unter rechtlichem, sondern auch unter werbenden (vereins-)politischen Blickwinkeln gewählt werden. Im vorliegende Falle ist anstelle des einengenden Schlusses von den Oberbegriffen auf den Inhalt der als Apposition angeführten Beispiele ein umgekehrtes Vorgehen, nämlich die extensive Auslegung der Oberbegriffe, im Lichte der Beispiele gerechtfertigt. Zu den weiteren Vereinszwecken des Antragstellers zählen nämlich auch ein Schutz von Kulturgütern und der Denkmalschutz. Es überzeugt aber nicht, zwischen diesen satzungsmäßigen Schutzzwecken, die umweltprägende Kulturprodukte betreffen, und jenen Schutzzwecken, die sich auf die unberührte Natur beziehen, durch eine primär am Wortlaut orientierte Interpretation eine Lücke aufzureißen – in die dann der Schutz der Ansprüche des Menschen auf einen lebenswerten Lebensraum fällt. Der Senat vermag keine innere Logik zu erkennen, der eine derartige Beschränkung der Vereinszwecke folgen würde. Vielmehr bliebe gerade der Mensch im Zentrum zwischen seinem Ursprung in der Natur und seinen Kulturprodukten vom Schutz durch den Verein ausgenommen, obwohl ihn die Vereinigung besonders in seiner Doppelrolle als Teil und Gestalter seiner Umwelt wahrnimmt.

Hiernach sind Verletzungen der §§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, die sich aus drohenden Überschreitungen von Immissionsrichtwerten (Nr. 6.1 der TA Lärm) ergeben, sehr wohl Verstöße, die Belange berühren, die der Antragsteller nach seiner Satzung fördert.

Obwohl der Antragsteller seine Beschwerde darauf nicht stützt, sei zudem ergänzend auf Folgendes hingewiesen: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 12.7.2018 - BVerwG 7 B 15.17 - AbfallR 2019, 55 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 19 – am Ende) ergibt sich eine Beschränkung des Umfangs der im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG auf alle materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen zu erstreckenden Prüfung nicht aus der weiteren Voraussetzung, dass "der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert". Der Erfolg der unter dem Aktenzeichen 12 KS 87/21 geführten Verbandsklage hängt hiernach zwar davon ab, ob die angefochtenen drei Genehmigungen vom satzungsmäßigen Aufgabenbereich (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG) des Antragstellers erfasst werden. Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ist danach aber nicht erforderlich, dass auch der jeweils durchschlagende Rechtsverstoß – hier die gerügte Verletzung der §§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG im Hinblick auf Überschreitungen von Immissionsrichtwerten (Nr. 6.1 der TA Lärm) – zugleich spezifische und unmittelbare Bezüge zu den vom Antragsteller satzungsgemäß geförderten Umweltbelangen hat.

2. Der Antragsteller wendet sich unter B. 2.2 seiner Beschwerdebegründungsschrift gegen die oben unter I. 2. a) bb) referierte selbständig tragende weitere Begründung der Vorinstanz, wonach seine an eine drohende Überschreitung von Immissionsrichtwerten anknüpfende Kritik auch im Hinblick darauf nicht durchgreife, dass Nebenbestimmungen zu den angefochtenen Genehmigungen die Einhaltung dieser Werte verpflichtend machten und deren Einhaltung durch Überwachung und nachträgliche Auflagen sichergestellt werden könne.

Er beanstandet, dass in der Praxis die tatsächliche Beurteilung des einwirkenden Lärms erst geraume Zeit nach einer Inbetriebnahme der Anlagen vorgenommen werden könne, die Immissionsrichtwerte indessen an allen maßgeblichen Immissionsorten vom ersten Tage des Betriebs der WEA einzuhalten seien – mithin auch im Zeitraum einer fortdauernden Vollziehbarkeit der Genehmigung bis zu der Abnahmemessung. Deshalb sei für die Genehmigungsfähigkeit von vornherein auf eine auf der sicheren Seite liegende Lärmprognose auch in diesem Zeitraum abzustellen, an der es hier indessen fehle. Denn nach den vorgelegten Berechnungen würden die für die Immissionsorte IO 6 und IO 7 prognostizierten Gesamtbelastungen bereits um 0,3 bzw. 0,4 dB (A) über dem jeweils maßgebliche Immissionsrichtwert von nachts 40 dB (A) liegen (Schalltechnisches Gutachten v. 15.11.2019 für die Erteilung der „Genehmigung WEA 6“, Anlage 6 = Tabelle 1, vorvorletzte und vorletzte Zeilen i. V. m. den vorvorletzten und vorletzten Spalten, hinter TrBl. 4.1 in BA 4), ohne dass in ihnen ein – bei gleichzeitiger Zulassung des Nachtbetriebs erforderlicher – wegen der Unsicherheit der Serienstreuung um 0,5 dB (A) erhöhter Zuschlag berücksichtigt sei. Dieser Zuschlag hätte aber auch unter Berücksichtigung der Rundungsregeln zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte geführt, die aus den von dem Antragsgegner im Ausgangsbescheid der „Genehmigung WEA 6“ (unter IV. 2., S. 27 = Bl. 109 GA) genannten Gründen nicht durch einen Rückgriff auf Nr. 3.2.1 der TA Lärm gerechtfertigt werden könne.

Diese Kritik des Antragstellers erschüttert die von ihr betroffenen Erwägungen der
Vorinstanz nachhaltig. Denn zu Recht äußert er Bedenken, dass das Verwaltungsgericht die Festsetzung der Immissionsrichtwerte und überwachten Emissionen (vgl. Ausgangsbescheid der „Genehmigung WEA 6“, unter III. 38. ff., S. 9 f. = Bl. 100 f. GA) hier für eine ausreichende Bewältigung der immissionsschutzrechtlichen Problematik im Zeitraum vor der Abnahmemessung gehalten hat, obwohl der mit dieser Messung zu führende Nachweis erst binnen eines Jahres zu erbringen ist (vgl. Ausgangsbescheid der „Genehmigung WEA 6“, unter III. 40. ff., S. 10 f. = Bl. 100 [Rückseite] f. GA)

Unter welchen Voraussetzungen Geräuschimmissionen schädlich im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, wird durch die TA Lärm bestimmt (vgl. zum Folgenden eingehend: OVG NRW, Beschl. v. 22.1.2015 - 8 B 1178/14 -, BImSchG-Rspr. § 5 Nr. 144, hier zitiert nach juris, Rnrn. 7 ff., m. z. w. N.). Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 1 der TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 der TA Lärm nicht überschreitet. Ob der Schutz der Nachbarn gewährleistet ist, ist am genehmigten Nutzungsumfang zu messen. Dabei ist nicht von einer rein fiktiven Belastung auszugehen, sondern eine realistische (Lärm-)Prognose anzustellen. Es ist Sache des Anlagenbetreibers, im Genehmigungsverfahren den Nachweis zu erbringen, dass die zur Genehmigung gestellte Anlage die einschlägigen Anforderungen der TA Lärm einhält. An die insoweit im Genehmigungsverfahren vorzunehmende prognostische Einschätzung einer Einhaltung der Immissionsrichtwerte sind insoweit hohe Anforderungen zu stellen, als sie in jedem Fall "auf der sicheren Seite" liegen muss. Der Prognose des maßgeblichen Schallleistungspegels kommt herausragende Bedeutung zu, weil der Schallleistungspegel Grundlage für eine auf die maßgeblichen Immissionsorte bezogene Ausbreitungsrechnung ist, die ihrerseits "auf der sicheren Seite" liegen muss. Anderenfalls würden die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten bei der nachträglichen Kontrolle, ob der bei der Genehmigung vorausgesetzte Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen tatsächlich gewahrt ist, zu Lasten der zu schützenden Betroffenen gehen. Diese Sichtweise ist angesichts des hohen Werts der Güter, die mit der Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen geschützt werden sollen, auch mit Blick auf die – in erster Linie wirtschaftlichen – Interessen des Vorhabenträgers gerechtfertigt. Es ist in der Regel nicht ausreichend, dem Anlagenbetreiber (lediglich) vorzugeben, dass er mit seiner Anlage bestimmte Immissionsrichtwerte nicht überschreiten darf. Eine solche Regelung würde den Nachbarn unangemessen benachteiligen, da er im Regelfall die Einhaltung der Immissionsrichtwerte nicht selbst überprüfen kann. Aus diesem Grund genügt die Festlegung des maßgeblichen Immissionsrichtwerts zur Sicherung der Nachbarrechte grundsätzlich nur dann, wenn feststeht, dass die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze nicht überschreiten. Ist dies nicht der Fall, muss sich grundsätzlich aus der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergeben, welche konkreten betrieblichen Tätigkeiten und Nutzungen zugelassen sind, um zu gewährleisten, dass die Begrenzung der Immissionen nicht nur auf dem Papier steht.

Gemessen an diesen Maßstäben sind die von dem Antragsgegner getroffenen Nebenbestimmungen nicht ausreichend, um Überschreitungen von Immissionsrichtwerten auszuschließen, die bis zu dem durch die Abnahmemessung erbrachten gegenteiligen Nachweis deshalb zu befürchten sind, weil es an Vermessungen des in Rede stehenden neuen Anlagentyps fehlt (vgl. Schalltechnisches Gutachten v. 15.11.2019 für die Erteilung der „Genehmigung WEA 6“, S. 12. f., unter „Zusatzbelastung“, hinter TrBl. 4.1 in BA 4), sodass nicht hinreichend feststeht, dass die Herstellerangaben, auf denen die Prognose in solchen Fällen – und so auch hier – beruht, tatsächlich zutreffen und deshalb die Prognose valide ist, wonach die maßgeblichen Immissionsrichtwerte (abgerundet) eingehalten werden. Denn wenn nicht einmal dies feststeht, ist die Festsetzung von Immissionsrichtwerten nicht ausreichend, sondern müssen bis zu einer die Einhaltung dieser Richtwerte bestätigenden Abnahmemessung der Beigeladenen betriebsbeschränkende Vorgaben gemacht werden, welche von vornherein gewährleisten, dass die Begrenzung der Immissionen nicht nur auf dem Papier steht. Da das Verwaltungsgericht offengelassen hat, ob die Kritik des Antragstellers an der Immissionsprognose durchgreift, hätte es das Fehlen solcher betriebsbeschränkenden Vorgaben nicht billigen dürfen.

3. Da hiernach die Darlegungen des Antragstellers die Gründe erschüttern, aus denen die Vorinstanz seine Kritik an der Bewältigung der Lärmproblematik durch die angefochtenen Genehmigungen nicht für schlagend gehalten hat, ist die Berechtigung dieser Kritik durch das Beschwerdegericht zu prüfen. Weil nach Art und Inhalt lediglich abteilbare Rechtswidrigkeitsgründe der Genehmigungen in Rede stehen, ist auch die obergerichtliche Prüfung entsprechend beschränkt. Sie ergibt zwar, dass sich die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung insoweit nicht aus anderen als den ihr beigegebenen Gründen als richtig erweist (a), führt aber nur zu einer teilweisen Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (b).

a) Der beschließende Senat lässt offen, ob sich die von dem Antragsteller für unzureichend gehaltene Bewältigung der Lärmproblematik in den beiden angefochtenen „Genehmigungen WEA 1 und WEA 6“ schon deshalb nicht aus anderen als den verwaltungsgerichtlichen Gründen als zureichend darstellen kann, weil nach den einschlägigen Immissionsprognosen (Schalltechnische Gutachten v. 15.11.2019, jeweils Anlagen 6 = Tabellen 1, hinter TrBl. 4.1 in BA 7 bzw. in BA 4) die Gesamtbelastung an dem Immissionsort IO 7 bzw. an den beiden Immissionsorten IO 6 und IO 7 nur dann den einschlägigen Immissionsrichtwert unterschreitet, wenn man sie abrundet. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen wäre allerdings für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes davon auszugehen, dass eine Immissionsprognose nicht mehr „auf der sicheren Seite“ liegt, wenn nur eine solche Abrundung die Annahme fehlender Überschreitung eines Immissionsrichtwertes rechtfertigen kann (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 29.8.2018 - 8 B 743/18 -, juris, Rn. 13 ff., m. w. N.). Denn die Bewältigung der Problematik in den angefochtenen Bescheiden ist jedenfalls aus einem anderen Grund nicht überzeugend.

Der Antragsgegner räumt ein, dass in den für ihn aufgrund eines Runderlasses (d. MU v. 21. 1. 2019 – 40500/4.0-1.6 –, Nds. MBl. 2019, S. 343) anzuwendenden Hinweisen zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen (WKA) der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) unter 4.2 für Fälle, in denen die Planung – wie hier – (nur) auf der Basis von Angaben des Herstellers beruht, empfohlen wird, den Nachtbetrieb einer Anlage erst aufzunehmen, wenn durch Vorlage eines Berichtes über eine Typvermessung gezeigt wird, dass der in der Schallimmissionsprognose angenommene Emissionswert nicht überschritten wird. Er meint jedoch ausweislich der Begründungen seines Ausgangs- (Bl. 109 GA, unter IV. 2.) und seines Widerspruchsbescheides (Bl. 229 ff. [232 f., zu 3.2] GA OVG) zu der „Genehmigung WEA 6“, aus mehreren Gründen dieser Empfehlung nicht folgen zu müssen:

- die aus einer von ihm vorausgesetzten Herstellergarantie abgeleitete Seriosität der Herstellerangaben, die zudem fachtechnisch plausibel seien

- die in den Immissionsprognosen enthaltenen Sicherheitszuschläge

- eine vergleichsweise geringe Lärmbetroffenheit

- die Wehrhaftigkeit der Nachbarn, die durch Hinweise auf eine erhebliche Lärmbelastung eine überwachungsbehördliche Plausibilitätsprüfung im Einzelfall und ggf. die Anordnung eines eingeschränkten Nachtbetriebs herbeiführen könnten

- eine zwanzigjährige behördliche Überwachungserfahrung, nach der es – von Fällen einer Betriebsstörung abgesehen – zu keinen Nachbarbeschwerden gekommen sei

- die Unterschiedlichkeit der Immissionsbeiträge der WEA an verschiedenen Immissionsorten, die eine pauschale Untersagung des Nachtbetriebs als unverhältnismäßig erscheinen lasse

Die Beigeladene billigt diese Gedankenführung des Antragsgegners und meint, es sei nicht zu beanstanden, dass dieser von den LAI-Hinweisen abgewichen sei.

Indessen rechtfertigen die vorgenannten Erwägungen nach Auffassung des Senats eine Abweichung von den Empfehlungen unter 4.2 der LAI-Hinweise voraussichtlich nicht. Eine – etwaige – Haftung der Hersteller gegenüber den Käufern der WEA für die Einhaltung der Herstellerangaben mag in Verbindung mit deren Plausibilität zwar ein Indiz für das subjektive Streben der Produzenten nach zutreffenden Angaben sein. Wie ein in allen Bereichen moderner Technik gelegentlich auftretendes Teilversagen technischer Produkte belegt, ersetzt es aber in keiner Weise unabhängige Kontrollen. Im Übrigen wäre ein unmittelbarer Anspruch der Nachbarn einer WEA gegen den Hersteller allenfalls in Extremfällen denkbar und wäre seine Durchsetzung kein leichtes Unterfangen. (Allgemeine) Sicherheitszuschläge in Immissionsprognosen rechtfertigen es nicht, das Prognoseergebnis generalisierend zu relativieren, weil sie dadurch in unkalkulierbarem Ausmaß aufgezehrt würden. Eine nur vergleichsweise geringe Lärmbetroffenheit ist hier nicht gegeben, weil ein maßgeblicher Immissionsrichtwert allenfalls nach Abrundung eingehalten wird. Es spielt insoweit keine Rolle, dass andernorts höhere Immissionsrichtwerte maßgeblich wären; denn das Schutzniveau ist stets relativ zum Gebietscharakter. Der Hinweis auf die Möglichkeit von Lärmbeschwerden und nachträglichen Anordnungen verkennt das zu gewährleistende Schutzniveau. Wie oben bereits ausgeführt, dürfen die regelmäßig nicht zu vermeidenden Unsicherheiten einer nachträglichen Kontrolle, ob der bei der Genehmigung vorausgesetzte Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen tatsächlich gewahrt ist, nicht zu Lasten der zu schützenden Lärmbetroffenen gehen. Es ist diesen nicht zuzumuten, im wirtschaftlichen Interesse der Beigeladenen einem Versuch ausgesetzt zu werden, ob eine noch nicht hinreichend geprüfte Technik tatsächlich hält, was der Hersteller verspricht. Da ein Nachbar im Regelfall die Einhaltung der Immissionsrichtwerte nicht selbst überprüfen kann und zudem bei Überwachungsmessungen – anders als bei Abnahmemessungen – der Abschlag nach Nr. 6.9 der TA Lärm vorzunehmen ist, besagt es wenig, dass in der Vergangenheit nur wenig Lärmbeschwerden zu verzeichnen gewesen sein mögen. Weil sich die Beiträge einzelner WEA zu der Gesamtbelastung an den verschiedenen Immissionsorten ermitteln lassen, kann ein Betriebskonzept entwickelt werden, das bis zur Erbringung des mit der Abnahmemessung zu führenden Nachweises mit hoher Wahrscheinlichkeit sicherstellt, dass es voraussichtlich zu keiner Überschreitung von Immissionsrichtwerten kommt. Ein „pauschaler“ Verzicht auf jeglichen Nachtbetrieb aller Anlagen ist also nicht die zur Zulassung des Nachtbetriebs zu prüfende Alternative.

In der Vergangenheit ist zur Bewältigung des Problems noch nicht vermessener Anlagentypen in der Fachwelt offenbar mit speziellen zusätzlichen Einzelzuschlägen von 2 dB (A) (vgl. Schalltechnisches Gutachten v. 15.11.2019 für die Erteilung der „Genehmigung WEA 6“, S. 5, letzter Absatz, hinter TrBl. 4.1 in BA 4) oder einem höheren Gesamtzuschlag von 4,6 dB (A) (vgl. etwa OVG Rhl.-Pf., Urt. v. 18.12.2019 - 8 A 10797/19 -, NuR 2020, 617 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 34; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.2.2016 - 3 S 2225/15 -, BauR 2016, 1148, hier zitiert nach juris, Rn. 63) gearbeitet worden. Der Antragsgegner hat sich demgegenüber zur Anwendung einer modifizierten Formel für die Ermittlung der oberen Vertrauensbereichsgrenze entschlossen (vgl. den allen Beteiligten aus dem Verfahren zur Hauptsache bekannten Schriftsatz des Antragsgegners vom 31.8.2021, S. 2 ff., dort zu 3.2 am Ende; sowie die Unterlage: Auslegung der LAI Hinweise zum Schallschutz vom 27.3.2021, in BA 10, erster roter Heftstreifen).

b) Das vorliegende Eilverfahren ist aber nicht der Ort, der Berechtigung solcher nicht ohne Weiteres als zureichend erkennbaren Ansätze weiter nachzugehen und/oder ein im Interesse der Beigeladenen anderweitig optimiertes (einstweiliges) Nachtbetriebskonzept zu erarbeiten. Vielmehr beschränkt sich die Aufgabe des Senats darauf, bis zu dem sich aus § 80b VwGO ergebenden Zeitpunkt (oder einem ggf. nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO berücksichtigungsfähigen Geschehen) einen vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, der zugunsten des Antragstellers sicherstellt, dass auf der voraussichtlich rechtswidrigen Grundlage der die Lärmproblematik nicht hinreichend bewältigenden drei Genehmigungsbescheide nur ein Nachtbetrieb stattfindet, der kein erhebliches Risiko der Überschreitung von Immissionsrichtwerten in sich trägt. Das dürfte jedenfalls der Fall sein, wenn dieser Betrieb nur zu einer Gesamtbelastung führt, die an allen Immissionsorten erheblich, d. h. mindestens um 3 dB (vgl. die LAI-Hinweise unter 4.1), unter den maßgeblichen Immissionsrichtwerten bleibt. Nach den drei vorliegenden Immissionsprognosen (vgl. Schalltechnische Gutachten v. 15.11.2019, jeweils Anlagen 6 = Tabellen 1, hinter TrBl. 4.1 in BA 3, in BA 7 bzw. in BA 4) kann das an allen Immissionssorten mit Ausnahme der IO 5, IO 6 und IO 7 bereits durch eine Unterlassung des Nachtbetriebs der WEA der letzten beiden (3. und 4.) Bauabschnitte (WEA 1 und WEA 6) erreicht werde. Hinsichtlich der drei Immissionsorte IO 5, IO 6 und IO 7 reicht das indessen noch nicht aus. Der Senat hält deshalb insoweit eine weitere Lärmreduzierung für angezeigt. In Orientierung an der Faustformel (https://www.braunschweig.de/leben/umwelt_naturschutz/laerm/laermminderungsplanung/laermaktionsplanung/info_was_ist_laerm.php), wonach eine Halbierung der Zahl der Schallquellen zu einer Reduktion des Schallpegels um 3 dB führt, wäre es aber voraussichtlich nicht erforderlich, den Nachtbetrieb zweier weiterer WEA des 1. Bauabschnitts zu unterbinden, um eine ausreichende Reduktion zu erreichen. In pauschalisierender Ausübung seines Ermessens hält daher der Senat den Effekt für genügend, den er von einer (auch) nächtlichen Abschaltung der WEA 3 erwartet, die von den vier Anlagen des 1. Bauabschnitts an den Immissionsorten IO 5, IO 6 und IO 7 zwar nicht am meisten zur Zusatzbelastung beiträgt, aber ohnehin aus anderen, im folgenden auszuführenden Gründen derzeit tagsüber nicht betrieben werden darf. Diese Erwägungen tragen die auf § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 Alt. 2 gestützte teilweise Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, soweit sie die Genehmigung eines Nachtbetriebs, d. h. von 06.00 Uhr bis 22:00 Uhr (vgl. Nr. 6.4 der TA Lärm), der WEA 3, WEA 1 und WEA 6 betrifft.

4. Der Antragsteller beanstandet unter B. 5.5 seiner Beschwerdebegründungsschrift die oben unter I. 2. d) hh) zusammengefassten Erwägungen der Vorinstanz, wonach der Antragsgegner aufgrund einer Selbstbindung an den Artenschutzleitfaden gehindert gewesen sei anzunehmen, der Mäusebussard unterliege als schlaggefährdet einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko. Er rügt, der Artenschutzleitfaden binde als Erlass nur die Behörden. Aus der Rechtsprechung des angerufenen Obergerichts, insbesondere des beschließenden Senats, zum Erfordernis einer Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG, ergebe sich jedoch mittelbar, dass es einer Genehmigungsbehörde nicht versagt sein könne, auch ohne dass besondere Umstände vorlägen, die auf eine im Einzelfall höhere Gefährdung dieser Tiere hindeuteten, generell davon auszugehen, dass der Mäusebussard eine „windenergiesensible“ Art sei. Die Einbeziehung der Art in den Kreis der schlaggefährdeten Vögel sei angesichts ihrer hohen Opferzahlen fachlich geboten. Insoweit werde etwa auf die „Fachlichen Empfehlungen für avifaunistische Erfassung und Bewertung“ der Länderarbeitsgemeinschaften der Vogelschutzwarten vom 24. April 2020 verwiesen. Die hohen Schlagzahlen seien in der brandenburgischen Schlagopferdatei (Dürr 2020) nachgewiesen, anhand der sogenannten Progress-Studie (Grünkorn 2016) bekannt und nicht wegzudiskutieren. Auf welchen fachlichen Grundlagen der Standpunkt des Verwaltungsgerichts und des Antragsgegners beruhe, erschließe sich dagegen nicht. Das gelte auch insoweit, als auf am 11. Dezember 2020 beschlossene Ergebnisse der Umweltministerkonferenz zurückgegriffen werde. Es sei nicht ersichtlich, dass dem dort festgeschriebenen „Signifikanzrahmen" neue Erkenntnisse über die „Windenergieempfindlichkeit“ der Art des Mäusebussards zugrunde gelegen hätten.

Im Zusammenhang mit gerichtsbekannten Tatsachen (wie z. B. der Erwähnung des Mäusebussards als „weitere kollisionsgefährdete Art“ unter 3.2.1 in der Tabelle 2 der Arbeitshilfe „Naturschutz und Landschaftspflege des Nds. Landkreistages“ [Stand: Oktober 2014] – NLT 2014 –) reichen diese Darlegungen (noch) aus, um sie dahin zu deuten, das Verwaltungsgericht habe unter Verstoß gegen seine von ihm selbst unter I. 2. d) aa) und bb) herausgearbeitete Kontrollfunktion gebilligt, dass fachlich unvertretbare Maßstäbe zur Ermittlung des Risikos für Mäusebussarde, ein Schlagopfer zu werden, angelegt worden seien, oder insoweit zumindest die gebotene Prüfung der Plausibilität der behördlichen Entscheidung unterlassen.

Diese Kritik ist berechtigt. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 28. Juni 2019 – 12 ME 57/19 – (BauR 2019, 1437 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 28) zu erkennen gegeben hat, handelt es sich bei dem niedersächsischen Leitfaden zum Artenschutz, d. h. der nach Nr. 2 des Windenergieerlasses n. F. (Gem. RdErl. d. MU, d. ML, d. MI u. d. MW vom 20.7.2021 – MU-52-29211/1/305 –, Nds. MinBl. 1398) auch nach dem Ablauf des 31. August 2021 weiter anwendbaren Anlage 2 des (durch RdErl. d. MU v. 21.1.2019 – 40500/4.0-1.6 – [Nds. MinBl. 2019, 343] teilweise modifizierten) hier noch einschlägigen niedersächsischen Windenergieerlasses a. F. (Gem. RdErl. d. MU, d. ML, d. MS, d. MW u. d. MI vom 24.2.2016 – MU-52-29211 –, Nds. MinBl. 190 [212 ff.]), nicht um eine normkonkretisierende (vgl. Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 48 Rnrn. 52 ff.) Verwaltungsvorschrift. Der Leitfaden ist deshalb nicht geeignet, auch die Verwaltungsgerichte normkonkretisierend im Grundsatz zu binden (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.1.2021 - BVerwG 7 C 9.19 -, UPR 2021, 296 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 22) und ihre Kontrollfunktion im Umfang einer solchen Bindung einzuschränken. Er besitzt nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats auch nicht etwa den Status einer Fachkonvention (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.1.2021 - BVerwG 7 C 9.19 -, a. a. O., juris, Rn. 23), die den aktuell besten wissenschaftlichen Erkenntnisstand widerspiegelt und deshalb von den Gerichten ihren Entscheidungen zugrunde gelegt werden dürfte, weil die Grenzen der gerichtlich möglichen und gebotenen Aufklärung und Kontrolle insoweit erreicht sind. Die gerichtliche Prüfung der Selbstbindung an den Leitfaden kann vielmehr im Grundsatz erst (nachrangig) dort einsetzen, wo allgemein anerkannte fachliche Erkenntnisse in solchem Maße fehlen, dass sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf eine Plausibilitätskontrolle (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 -, BVerfGE 149, 407 ff., hier zitiert nach juris, Rnrn. 29 f.) beschränken darf, und diese Kontrolle dazu geführt hat, dass der artenschutzfachliche Standpunkt der Behörde gerichtlich als plausibel zu akzeptieren ist (vgl. Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 48 Rn. 56). Nur zwischen akzeptablen Standpunkten vermag nämlich der Leitfaden eine Entscheidung zu treffen, die kraft einer Selbstbindung auch im Außenverhältnis Bedeutung erlangt.

Hiernach hat das Verwaltungsgericht vorrangige Prüfungsschritte übersprungen oder jedenfalls nicht nachvollziehbar abgearbeitet, als es mit einer Selbstbindung der Verwaltung argumentierte, anstelle zunächst zu prüfen, ob es eine allgemein anerkannte Fachmeinung zur „Windenergiesensibilität“ des Mäusebussards gibt, dier befolgt bzw. von der in unvertretbarer Weise abgewichen wurde, und ob – im Falle der Verneinung dieser Frage – die Risikoeinschätzung des Antragsgegners dem Plausibilitätsmaßstab standhält (vgl. OVG NRW, Urt. v. 1.3.2021 - 8 A 1183/18 -, BauR 2021, 1105 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 153 f.), der von einer etwaigen Selbstbindung der Verwaltung nicht ausgehebelt werden kann.

Demgegenüber verweist die Beigeladene (vgl. Bl. 219 GA OVG) ohne Erfolg darauf, das Verwaltungsgericht habe die Feststellung getroffen, dass nicht ersichtlich sei, dass hier bezogen auf den Einzelfall von einer Gefährdung für den Mäusebussard auszugehen wäre. Mit dieser Feststellung setze sich der Antragsteller nicht hinreichend auseinandersetze, obwohl sie in zahlreichen (vorsorglichen) Vermeidungsmaßnahmen zum Schutz des Mäusebussards eine Grundlage finde, die unter 4.1.6 der Ausgangsbescheide der angefochtenen Genehmigungen (vgl. Bl. 65 GA) erwähnt seien.

Denn diese Feststellung stellt nach Auffassung des Senats keine selbständig tragende Begründung des angefochtenen Beschlusses dar, wonach – auch unabhängig von einer nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bestehenden Bindung an den Artenschutzleitfaden – die von dem Antragsgegner vorgenommene Bewertung des Tötungsrisikos für den Mäusebussard nicht zu beanstanden sei. Vielmehr ist sie nur das Ergebnis der Prüfung, ob im Einzelfall Umstände vorlägen, die es rechtfertigten, von der angenommenen Selbstbindung der Verwaltung abzuweichen.

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Annahme einer solchen Selbstbindung – allerdings aus von dem Antragsteller nicht dargelegten Gründen – hier zusätzlichen Bedenken begegnet. Denn wie bei anderen Bindungsformen von Verwaltungsvorschriften (vgl. Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 48 Rn. 57) ist zunächst zu klären, inwieweit eine Selbstbindung bereits durch den Aussagegehalt des Leitfadens beschränkt wird. Der Senat hat bislang offengelassen (vgl. Beschl. v. 21.12.2020 - 12 ME 140/20 -, ZNER 2021, 100 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 79), ob – wie das Verwaltungsgericht meint – der Artenschutzleitfaden in dem Sinne zu verstehen ist, dass für alle dort nicht als „windkraftsensibel“ aufgelisteten Vogelarten im Regelfall ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG verneint werden muss. Auch der vorliegende Fall nötigt nicht zu einer Entscheidung dieser Frage, zumal dafür auch auf die – im Eilverfahren nicht zu erforschende – Entstehungsgeschichte der Verwaltungsvorschrift bedeutsam sein könnte (vgl. Jarass, a. a. O., § 48 Rn. 57, m. w. N.). Gegen ein abschließendes Verständnis der Auflistung könnte indessen zweierlei sprechen:

Zum einen heißt es in dem Leitfaden unter 3. (am Ende) ausdrücklich:

„Die Festlegung der WEA-empfindlichen Vogel- und Fledermausarten ist nicht als abschließend zu betrachten. Es kann die Notwendigkeit bestehen, sie zukünftig bei einem verbesserten Kenntnisstand bezüglich der Arten (z. B. bei den Fledermäusen) oder der betrachteten Wirkpfade (Kollisionen, Meideverhalten und Störungen) anzupassen. Eine Anpassung wird alle drei Jahre vom MU initiiert.“

Es ist zwar sprachlich möglich, das Wort „abschließend“ im Sinne von „endgültig“ zu verstehen und den zweiten Satz der zitierten Passage als Erläuterung des ersten zu begreifen (als wäre zwischen beiden kein Punkt, sondern ein Semikolon gesetzt). Ebenso ist es aber denkbar, den Sätzen getrennte Aussagen zu entnehmen, nämlich, dass die Festlegung der „WEA-empfindlichen Vogel- und Fledermausarten“ nicht abschließend sei und – unabhängig davon – (auch) ihre Anpassung aufgrund neuer Erkenntnisse notwendig werden könne.

Zum anderen muss dem Erlassgeber klar gewesen sein, dass in anderweitig erstellten fachlichen Übersichten (etwa dem oben erwähnten NLT 2014) – mit guten Gründen – Vögel insbesondere als schlaggefährdet betrachtet wurden, die er nicht in die eigene Liste „windenergiesensibler“ Tiere aufgenommen hatte. Angesichts der beschränkten Bedeutung (s. o.), die der Bindung an den Erlass im Außenverhältnis zukommt, erscheint daher die Annahme fragwürdig, er habe die eigene fachliche Autorität einem erheblichen Risiko unnötiger Beschädigung durch die Gerichte aussetzen wollen, indem er auf einem – bis zu eigenen turnusmäßigen Anpassungen – abschließenden Charakter seiner Auflistung der durch die Windenergienutzung artenschutzrechtlich relevant beeinträchtigten Flugtiere beharrte. Vorgaben des Leitfadens, die nicht naturschutzfachlich gerechtfertigt, sondern energiepolitisch motiviert den verbreitet vorkommenden Vögeln generell die Eignung absprächen, durch den Betrieb von Windenergieanlagen einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt zu sein, fänden jedenfalls in der bisherigen Rechtsprechung des beschließenden Senats weder Stütze noch Zustimmung (vgl. auch EuGH, Urt. v. 4.3.2021 – C 473/19 –; juris).

5. Da die Darlegungen des Antragstellers die Gründe erschüttern, aus denen die
Vorinstanz seine Rüge zurückgewiesen hat, der Antragsgegner habe eine Verletzung des zugunsten des Mäusebussards nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG bestehenden Tötungsverbots verneint, ist diese Rüge nunmehr durch das Beschwerdegericht zu prüfen. Da nach Art und Inhalt wiederum lediglich ein abteilbarer Rechtswidrigkeitsgrund in Rede steht, ist auch die obergerichtliche Prüfung entsprechend beschränkt.

Es ist nicht erkennbar, dass sich bereits eine allseits anerkannte naturschutzfachliche Auffassung gebildet hätte, wonach der Mäusebussard durch WEA nicht schlaggefährdet oder durch WEA nie einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sei. Offenbleiben kann, ob – umgekehrt – Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich unter denjenigen Experten, die sich – wie aus Rechtsgründen geboten – insoweit einschränkender, auf den Erhaltungszustand der Art bezogener Erwägungen enthalten, sogar eine allgemeine naturschutzfachliche Meinung gebildet hat, nach der durch den Betrieb einer Windenergieanlage heute üblicher Größe in einer Entfernung von nur 150 m vom Horst eines Mäusebussards entfernt eine Schlaggefährdung entsteht, durch die sich das Risiko des Tieres signifikant erhöht, mit einem Rotorschlag getötet zu werden. Denn selbst wenn man Letzteres verneint, ergibt die dann erforderliche Plausibilitätsprüfung der Risikoeinschätzung des Antragsgegners hier eine teilweise mangelnde Plausibilität der vorgenommenen Bewertung des Tötungsrisikos für den Mäusebussard.

Der Antragsgegner bewertet zu 3.4.1.5 in dem zu der „Genehmigung WEA 2 bis 5“ ergangenen Widerspruchsbescheid (Bl. 249 f. GA OVG), dessen Argumentation nunmehr maßgeblich ist, das für den Mäusebussard bestehende Kollisionsrisiko. Auf seine dortige Zusammenfassung der Erkenntnisse über das Vorhandensein von Brutpaaren, die mit derjenigen in seinem Schriftsatz vom 21. Januar 2021 übereinstimmt (vgl. Bl. 275 ff. [293] GA), bezieht sich auch der Antragsteller unter B. 5.5 seiner Beschwerdebegründungsschrift (Bl. 151, zweiter Absatz, GA OVG). Der Antragsgegner geht davon aus, dass sich ein in 2018 und vermutlich auch in 2019 besetzter – und daher auch bei Nichtnutzung noch für drei Jahre als Niststätte zu betrachtender – Wechselhorst des Mäusebussards nur 150 m entfernt vom Standort der WEA 3 findet (vgl. Fachbericht Brutvögel der T. GmbH v. 19.11.2020, Nr. 14 auf der Karte 2 i. V. m. Tabelle 7 [Bl. 364 <Rückseite> bzw. 360 GA]). Zudem schnitten die Rotorkreise der WEA 2 und 5 einen Radius vom 500 m um diesen Wechselhorst. Nach Auffassung des Antragsgegners kann von einer Gefährdung des Mäusebussards im nächsten Umfeld des Horstes ausgegangen werden, in dem sich hier nur die WEA 3 befinde. Gleichwohl liege keine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos vor, da die Fundopferquote des flächendeckend vorkommenden Mäusebussards nur ein Prozent der in Deutschland vorkommenden Tiere betrage, die Gefährdung der Tiere mit „mittel“ zu bewerten und daher nur unter „besonderen Umständen“ signifikant sei. Solche Umstände lägen hier trotz der geringen Entfernung zu dem Wechselhorst nicht vor, weil ein Mäusebussard genügend Möglichkeiten habe, von dem Horst abzufliegen, ohne den Windpark zu queren.

Die Beigeladene betont auch eine zugunsten des Mäusebussards zu erwartende Wirksamkeit der Vermeidungsmaßnahmen, die für den Rotmilan getroffen wurden.

Die Risikoabschätzung des Antragsgegners ist teilweise nicht plausibel. Zwar erscheint es nach den Erkenntnismöglichkeiten des gerichtlichen Eilverfahrens und vor dem Hintergrund, dass etwa auch Sprötge et al. den Kernbereich der Aktivitäten des Mäusebussards in einem Radius von nur 250 m um den Horst verorten (vgl. Bl. 199 GA), nicht als unvertretbar, dass der Antragsgegner nicht zugleich die WEA 2 und 5, sondern nur die WEA 3 als potentielle Quelle einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos betrachtet hat. Weder seine an das Verhältnis der Schlagopfer zur deutschen Gesamtpopulation noch seine an die Vielzahl der Abflugrichtungen anknüpfenden Argumente rechtfertigen es aber, der mit dem Betrieb dieser Anlage verbundenen Risikoerhöhung die Signifikanz abzusprechen. Denn die Relevanz des erstgenannten Verhältnisses für die konkrete individuelle Gefährdung ist nicht ersichtlich, und was einen Mäusebussard veranlassen soll, anstatt nach Süden nur in eine für ihn ungefährliche Richtung von seinem Horst abzufliegen, ist dem Widerspruchsbescheid nicht zu entnehmen. Zwar enthält der Ausgangsbescheid der „Genehmigung WEA 2 bis 5“ insoweit unter 4.1.6 den Hinweis, dass die Artenschutzprüfungen davon ausgingen, dass sich das Risiko auf ein nicht signifikantes Maß zurückführen lasse, wenn die Vermeidungsmaßnahmen durchgeführt würden (Bl. 88 GA), die auch zur Verringerung des Kollisionsrisikos für den Rotmilan erforderlich seien. Es wird aber dort nicht deutlich, ob und weshalb sich der Antragsgegner diese Bewertung zu eigen macht. Auch der Hinweis der Beigeladenen (Bl. 327 f. GA, Bl. 219 GA OVG) auf die Vermeidungsmaßnahmen für den Rotmilan erschließt dies nicht. Zwar sind diese Maßnahmen generell geeignet, eine gesteigerte Attraktivität des Umfeldes (auch) der WEA 3 für den Mäusebussard zu verringern. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, weshalb die CEF Maßnahme auf der immerhin ca. 1,8 km entfernten Ersatzfläche im Westen (vgl. hinter TrBl. 13.4 in BA 1), die als Ablenkfläche genutzt werden soll, eine derart „magnetische“ Wirkung auf den Mäusebussard entfalten kann, dass er sich im direkten Linienflug dorthin begibt und von Umkreisungen sowie An- und Abflügen absieht, die ihn über das nahe südliche Umfeld seines Horstes führen.

Da es sich bei dem Vorhandensein eines Wechselhorstes, der bei Nichtnutzung noch für drei Jahre als Niststätte zu betrachten ist, nicht um einen erst in ferner Zukunft möglichen artenschutzrechtlichen Konflikt handelt, hätte von dessen angemessener Bewältigung durch weitere Nebenbestimmungen für den Fall der Besiedlung des 150 m nördlich der WEA 3 gelegen Horstes in der „Genehmigung WEA 2 bis 5“ nicht abgesehen werden dürfen. Es ist nicht die Aufgabe des Senates, im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hierfür selbst Sorge zu tragen. Vielmehr übt er sein Ermessen dahin aus, dass im Hinblick darauf, dass der Mäusebussard ein tagaktiver Segelflieger ist, die aus anderen Gründen (s.o. unter II. 3. b]) gerechtfertigte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich des Nachtbetriebes der WEA 3 auf den Tagesbetrieb der Anlage ausgedehnt wird.

6. Die übrigen Beschwerdegründe des Antragstellers führen nicht zum Erfolg seines Rechtsmittels. Teilweise genügen sie bereits nicht den gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO an ihre Darlegung unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung zu stellenden Anforderungen, teilweise überzeugen sie in der Sache nicht.

Der Antragsteller wendet sich unter B. 1. seiner Beschwerdebegründungsschrift gegen die oben unter I. 1. dargestellten Erwägungen der Vorinstanz. Er meint, es wären seine Stellungnahme vom 21. November 2019 und Gutachten der Q. im Zuge der zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung auszulegen gewesen. Die abschließende Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 der 9. BImSchV über die „Verwendung“ der Einwendungen greife hier nicht, weil dem Antragsgegner zum Zeitpunkt der zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung in Form der Gutachten entscheidungserhebliche Berichte vorgelegen hätten, die er auch offensichtlich berücksichtigt habe. Durch die Einbeziehung dieser Unterlagen in die Öffentlichkeitsbeteiligung sei dem „Publizitätsinteresse der potentiell Betroffenen“ zu entsprechen. Denn spätestens mit ihrer Berücksichtigung im Genehmigungsverfahren kämen solche Unterlagen einer behördlichen Unterlage zumindest nahe.

Dem ist nicht zuzustimmen. Die Regelungen des § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG und des § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 der 9. BImSchV sollten der Umsetzung der Anforderungen dienen, welche Anhang V Nr. 2 der durch die Richtlinie 2003/35/EG geänderten Richtlinie 96/61/EG (siehe nunmehr Richtlinie 2010/75/EU, Anhang IV) hinsichtlich der Unterlagen vorgab, die der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind (vgl. Begründung zu dem Entwurf der Bundesregierung für ein Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz, BR-Drucks. 551/06, S. 57, zu Art. 2, zu Nr. 1 Buchst. a] bzw., S. 60, zu Nr. 5, Buchst. a]). Gemäß diesen Richtlinien sollte und soll die betroffene Öffentlichkeit frühzeitig und in effektiver Weise die Möglichkeit erhalten, sich (u. a.) an Verfahren zur Genehmigung neuer Anlagen zu beteiligen. Für diese Beteiligung gilt das heute in Anhang IV der Richtlinie 2010/75/EU genannte Verfahren. Nach Anhang IV Nr. 2 Buchst. a) dieser Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der betroffenen Öffentlichkeit, zu der auch Nichtregierungsorganisationen zählen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, u. a. Folgendes zugänglich gemacht wird: „in Übereinstimmung mit den nationalen Rechtsvorschriften die wichtigsten Berichte und Empfehlungen, die der bzw. den zuständigen Behörden zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem die betroffene Öffentlichkeit … informiert wird.“ Damit soll die Grundlage dafür geschaffen werden, dass sich die betroffene Öffentlichkeit durch das Vorbringen von Bedenken und Meinungen beteiligen kann.

Dies erhellt, dass es darum geht, die betroffene Öffentlichkeit von dem zu unterrichten, was der Genehmigungsbehörde von Seiten des Vorhabenträgers und dritten Stellen (etwa anderen Behörden) an wichtigen Informationen über das Vorhaben vorliegt, nicht aber darum, einen Teil der betroffenen Öffentlichkeit vorab über Bedenken und Meinungen zu unterrichten, die ein anderer Teil der betroffenen Öffentlichkeit geäußert hat. Dieser Ansatz spiegelt sich auch in der grundsätzlichen Trennung von Antrag (sowie diesem beigefügten Unterlagen) und sonstigen behördlichen Unterlagen einerseits (§ 10 der 9. BImSchV) und Einwendungen (§ 12 der 9. BImSchV) anderseits. Deshalb ist es nicht richtig, unabhängig von ihrem Urheber oder Einsender alle Unterlagen, insbesondere auch Sachverständigengutachten, die nicht zu den Antragsunterlagen zählen, für nach § 10 Abs. 1 Satz 2 der 9. BImSchV auslegungspflichtig zu halten, sofern sie einen Beitrag zur Beurteilung entscheidungserheblicher Sachverhalte leisten (so aber: Czajka, in: Feldhaus, BImSchR, Bd. 2, Werkstand: März 2021, B 2.9, § 10 der 9. BImSchV, Rn. 27). In der Auslegung muss sich also keineswegs bereits ein kontroverses Meinungsbild spiegeln, das sich – sei es auch auf sachverständig fundierter Grundlage – bereits in der betroffenen Öffentlichkeit gebildet haben mag, soweit es an die Behörde gelangt ist. Auch kann nicht einfach daraus, dass die Genehmigungsbehörde ein Gutachten, das zur Stützung von Einwendungen im Zuge einer ersten Öffentlichkeitsbeteiligung vorgelegt worden war, im späteren Verlauf des Genehmigungsverfahrens berücksichtigt hat, darauf zurückgeschlossen werden, es sei im Rahmen einer zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung auslegungspflichtig gewesen. Vielmehr können Gutachten, die aus Einwendungen der betroffenen Öffentlichkeit stammen, grundsätzlich nicht als behördliche Unterlagen auslegungspflichtig sein. Ausnahmsweise mag etwas Anderes dann gelten, wenn solche Gutachten von der Genehmigungsbehörde nicht nur ergänzend berücksichtigt, sondern – offensichtlich – als Ersatz für fehlende Gutachten herangezogen werden sollen, die erforderlich waren, und ansonsten von dem Vorhabenträger oder der Behörde selbst hätten eingeholt werden müssen. Es ist hier aber weder dargelegt noch offenkundig, dass die in Rede stehenden von dem Antragsteller vorgelegten Gutachten quasi an die Stelle von Unterlagen getreten wären, die dem Genehmigungsantrag hätten beigefügt sein müssen oder von Dritter Seite – etwa einer Fachbehörde – zu beschaffen gewesen wären.

7. Unter B. 3. seiner Beschwerdebegründungsschrift wendet sich der Antragsteller gegen die oben unter I. 2. b) zusammengefassten Erwägungen der Vorinstanz. Er meint, da die Rotoren der WEA 1, 3 und 6 zu den geplanten Bauwerken gehörten, aber über die Grenzen des Vorrangebietes Windenergienutzung „L.“ hinausreichten, seien diese Anlagen hier gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unzulässig. Denn aus der übertragbaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.10.2014 - BVerwG 4 C 3.04 - BVerwGE 122, 117 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 38) sei zu folgern, dass auch die Rotoren die Grenzen des Vorranggebietes eines regionalen Raumordnungsprogramms vollständig einhalten müssten. Auf eine Berücksichtigung des Inhalts der Abwägung im Planaufstellungsverfahren komme es insoweit nicht an. Wollte man auch den Inhalt der Abwägung berücksichtigen, könnte allenfalls eine aus der Strichstärke der zeichnerischen Darstellung resultierende Marge von 25 m akzeptiert werden, um die Rotoren einer Anlage die entsprechend unscharfe Grenze eines Vorranggebietes überschreiten dürften. Diese Marge sei hier nicht mehr eingehalten. Im Übrigen gehöre zu einer Windenergieanlage auch das Fundament des Mastfußes. Ausweislich des Lageplans unter 2.2.0 sei allenfalls der eigentliche Mastfuß der WEA 6 – und dieser auch nur im Wesentlichen und nicht wie es dem Willen des Plangebers entspräche vollständig – innerhalb des Vorranggebietes geplant. Das Fundament sei größer als der eigentliche Mastfuß und liege damit offenbar erst recht außerhalb der Vorrangfläche. Warum angeblich eine vom Regelfall des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB abweichende Konstellation vorliege, erschließe sich nicht.

Diese Darlegungen sind teilweise unschlüssig und setzen sich zudem mit selbständig tragenden Erwägungen der Vorinstanz nicht auseinander.

Sollte es rechtlich nicht möglich sein, im Rahmen eines regionalen Raumordnungsprogrammes solche Grenzen eines Vorranggebietes für Windenergienutzung festzulegen, die von den Rotoren der Windenergieanlagen nicht oder zumindest nicht vollständig eingehalten werden müssen, hätte die Abwägung des Plangebers des RROP O. ausweislich der oben unter I. 2. b) bb) α) wiedergegebenen und mit Darlegungen nicht erschütterten Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu einem rechtswidrigen, weil unzulässigen Abwägungsergebnis geführt. Weshalb dieser (Ewigkeits-) Fehler des Abwägungsergebnisses nicht zu berücksichtigen wäre, nicht zur Unwirksamkeit der Konzentrationsflächenplanung insgesamt geführt hätte und deshalb – entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. oben unter I. 2. b] bb] γ]) – diese Planung ein Hindernis für die Erteilung der angefochtenen Genehmigungen sein könnte, legt der Antragsteller nicht schlüssig dar. Vielmehr versäumt er es auch, die oben unter I. 2. b) bb) vor α) wiedergegebene Überlegung des Verwaltungsgerichts zu entkräften, wonach die Ausschlusswirkung nicht weiterreichen könne, als dies der Plangeber habe herbeiführen wollen. Soweit der Antragsteller in einer Marge von 25 m die höchstzulässige Überschreitung der Grenze eines Vorranggebietes durch Rotoren sehen will, unterlässt er es, sich damit auseinanderzusetzen, dass das Verwaltungsgericht (vgl. oben unter I. 2. b] bb] β]) eine „teilweise“ Ausschlusswirkung für „übergroße“ Rotoren bereits aus (zwei) verschiedenen Gründen für rechtswidrig und nicht wirksam gehalten hat.

Zwar behauptet der Antragsteller, der Mastfuß der WEA 6 liege nicht vollständig innerhalb des Vorranggebiets „L.“. Er setzt sich aber nicht hinreichend mit den Grundlagen der gegenteiligen tatsächlichen Feststellung des Verwaltungsgerichts (vgl. oben unter I. 2. b] cc]) auseinander. Insbesondere widerlegt er nicht mit schlüssigen Argumenten oder Berechnungen die zeichnerische Richtigkeit der Antragsunterlagen und/oder deren Interpretation durch die Vorinstanz. Hierzu reicht es nicht aus, sich auf eine – mit der Beschwerdebegründung nicht vorgelegte – „Vergrößerung“ des Lageplans zu beziehen und aus dieser „Vergrößerung“ auf eine Sachlage zu schließen, die im Ergebnis mit den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht vereinbar wäre. Es hilft dem Antragsteller auch nicht weiter, dass auch der Antragsgegner Unsicherheit über die Belegenheit des Standortes der WEA 6 gezeigt hat. Denn im Verfahren über Darlegungsbeschwerden kommt es nicht auf die Sachverhaltswürdigung durch die Behörde an. Vielmehr hat der Beschwerdeführer mit – aus sich heraus überzeugenden – Sachargumenten und/oder Beweismitteln die Richtigkeit tatsächlicher Feststellungen der Vorinstanz zu erschüttern; ansonsten hat es – wie hier – bei diesen Feststellungen sein Bewenden.

Der Senat vermag anhand des Kartenmaterials der Antragsunterlagen auch nicht zu erkennen, dass das Fundament der WEA 6 deshalb „offenbar“ außerhalb des Vorranggebiets „L.“ liegt, weil es größer als „der eigentliche Mastfuß“ ist. Gegen die Richtigkeit dieser Schlussfolgerung des Antragstellers sprechen insbesondere die Legenden der amtlichen Karte – Maßstab: 1:5000 – sowie der Liegenschaftskarte (hinter TrBl. 2.2.0 bzw. hinter TrBl. 2.3.1, jeweils in BA 5), wonach dort nicht etwa nur der „eigentliche Mastfuß“, sondern der „WEA-Standort/Fundament (Stahlbeton)“ der WEA 6 eingezeichnet ist.

Die Kritik des Antragstellers an der Nachvollziehbarkeit der Ausführungen der
Vorinstanz unter I. 2. b) aa) lässt ebenfalls eine schlüssige Gegenargumentation vermissen. Im Übrigen dürfte bei – geringfügigen – Überschreitungen der Grenzen eines Vorranggebietes eine Abweichung von Regelfall des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht von vornherein ausscheiden, wenn die überschrittene Grenze des Vorranggebietes von keiner harten Tabuisierung getragen wird. Ausweislich der Angaben zur Abgrenzung in „Beschreibung der Potentialfläche Nr. W. L.“ in den „Gebietsblättern“ des Anhangs zu der Begründung des RROP 2019 und den Angaben in der ersten Zeile der Tabelle 1 „Harte und weiche Tabuzonen“ auf der Seite 79 und den entsprechenden Erläuterungen unter 3.1.2 auf den Seiten 80 bis 82 der Begründung des RROP O. (vgl. die Website: https://www.landkreis-X..de) wird die hier (etwa) überschrittene Südostgrenze des Vorranggebietes „L.“ nicht durch ein hartes Tabu bestimmt, sondern durch den „Abstand zur Ortschaft L.“ (von 1.000 m), der in seinem von L. mehr als 400 m entfernten Teil lediglich ein weiches Tabukriterium abbildet. Im Übrigen hat eine Einzelfallprüfung des Antragsgegners ergeben, dass der Standort der WEA 6 einen Abstand von 1.000 m zum Innenbereich Y. einhält (vgl. Bl. 234, zweiter Absatz, GA). Vor diesem Hintergrund bestehen hier Anhaltspunkte dafür, dass am Standort der WEA 6 ggf. auch eine vom Regelfall des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB abweichende Konstellation gegeben sein könnte.

8. Unter B. 4 seiner Beschwerdebegründungsschrift wendet sich der Antragsteller im Ergebnis erfolglos gegen die den Landschaftsschutz betreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts.

a) Er macht geltend, entgegen den Ausführungen der Vorinstanz (unter I. 2. c] aa]) könne nicht davon ausgegangen werden, der den Vorhaben entgegenstehende öffentliche Belang des Landschaftsbildes sei diesen im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren deshalb nicht mehr entgegenzuhalten, weil er bereits auf der Ebene der Raumordnungsplanung abschließend abgewogen sei. Denn die hier umstrittenen WEA seien erheblich höher und mit ihren Rotoren raumgreifender als die der Planung des RROP O. zugrunde gelegte Referenzanlage mit einem Rotordurchmesser von 100 m und einer Gesamthöhe von 200 m (vgl. unter 2. auf der Seite 78, oben, der Begründung des RROP O.).
Zwar spricht Überwiegendes dafür, dass mit dieser Gegenargumentation die kritisierten, an § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB anknüpfenden Erwägungen der Vorinstanz hinreichend erschüttert sind. Das ist aber unerheblich, weil es dem Antragsteller nicht gelingt, auch die weitere selbständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts (unter I. 2. c] bb]) zu entkräften, mit der es sinngemäß die Bewertung billigt, die die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes (unter 7.3, auf der Seite 55) in dem UVP-Bericht vom 14. August 2019 (hinter TrBl. 14.3 in BA 2) erfahren hat.

b) Zwar wendet der Antragsteller ein, dass der Bewertung der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes keine Visualisierung aller Windenergieanlagen aus verschiedenen Betrachtungspunkten zugrunde liege, sodass der Inhalt des UVP-Berichtes den Antragsgegner nicht ansatzweise in die Lage versetzt habe zu beurteilen, wie sich die WEA in ihrer Gesamtheit auf das Landschaftsbild auswirkten und ob sie dem Verunstaltungsverbot widersprächen. Für eine solche Bewertung sei eine bestmögliche Visualisierung unumgänglich. Das menschliche Vorstellungsvermögen reiche nicht aus, die tatsächlichen Beeinträchtigungen einer Landschaft und von Ortsbildern durch über 200 m hohe WEA zu bewerten. Bereits das Fehlen der Entscheidungsgrundlage einer Visualisierung führe zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung. Aus einer Visualisierung werde sich zudem ergeben, dass tatsächlich eine Verunstaltung vorliege.

Diese Darlegungen führen aber nicht zur Notwendigkeit einer (weiteren) Abänderung des angefochtenen Beschlusses. Ob dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Vorhaben der öffentliche Belang der Vermeidung einer Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) entgegensteht, ist auf der Grundlage einer sogenannten „nachvollziehenden Abwägung“ zu beurteilen, mit der ein gerichtlich uneingeschränkt überprüfbarer Vorgang der Rechtsanwendung gemeint ist, der eine auf den Einzelfall ausgerichtete Gewichtsbestimmung verlangt (vgl. Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 35 Rn. 70 m. w. N.). Es gibt daher keinen behördlichen Einschätzungsspielraum, dessen Ausfüllung durch die Vorinstanz daraufhin gerichtlich zu überprüfen gewesen wäre, ob ihm eine zureichende Entscheidungsgrundlage zugrunde gelegen hat. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob und mit welcher Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, dass sich im Hauptsacheverfahren die gebundene Rechtsanwendung des Antragsgegners in ihrem Ergebnis als richtig erweisen wird. Es kommt dementsprechend nicht auf die Grundlagen der vormaligen behördlichen, sondern einer künftigen gerichtlichen Überzeugungsbildung an. Im Verwaltungsprozess gibt es indessen keine feste Beweisregel, nach der die Frage, ob einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Vorhaben der Errichtung und des Betriebs einer über 200 m hohen Windenergieanlage der öffentliche Belang einer Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) entgegensteht, nur auf der Grundlage einer „bestmöglichen Visualisierung“ beurteilt werden könnte. Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass sich eine solche Regel faktisch aus der von dem Antragsteller behaupteten Begrenzung des menschlichen Vorstellungsvermögens ergäbe. Vielmehr erscheint es unter Berücksichtigung der Belegenheit der Standorte der hier umstrittenen WEA in der freien Landschaft zwar nachvollziehbar, dass diese Landschaft erheblich beeinträchtigt werden wird. Der Antragsteller legt aber keine besonderen Charakteristika des Orts- oder Landschaftsbildes oder der WEA dar, welche die Annahme rechtfertigten, diese Beeinträchtigung werde ein Ausmaß erreichen, das sich im Zuge der nachvollziehbaren Abwägung als unüberwindbares Hindernis für die Zulassung der immerhin privilegierten Vorhaben erweisen werde. Insbesondere hat er keine von ihm selbst beauftragte Visualisierung eingereicht, die dies als voraussichtliches Ergebnis des Hauptsachverfahrens wahrscheinlich macht. Vielmehr spekuliert er nur über einen ihm etwa günstigen Beweiswert eines solchen Beweismittels und nimmt auf dieser – unzureichenden – Grundlage eine eigene Sachverhaltswürdigung vor, die von derjenigen der Vorinstanz abweicht. Das reicht aber nicht aus, um die erstinstanzliche Entscheidung zu erschüttern. Denn aus dem Erfordernis, im Verfahren über Beschwerden gegen Beschlüsse des vorläufigen Rechtsschutzes die Änderungsbedürftigkeit der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung darzulegen, ergibt sich, dass es bei dieser Entscheidung – selbst wenn eine sie tragende Begründung unzureichend erscheint – sein Bewenden hat, soweit der Angriff der Beschwerde seinerseits unsubstantiiert bleibt.

9. Der Antragsteller beanstandet unter 5.1 seiner Beschwerdebegründungsschrift die oben unter I. 2. d) dd) zusammengefasste Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass mit der Verwirklichung der Vorhaben keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände zu Lasten der Wiesenweihe verwirklicht würden. Er macht geltend, die Wiesenweihe habe in 2020 zwar nicht – wie noch in 2019 – im Vorranggebiet gebrütet, sich aber regelmäßig im „erweiterten Vorhabengebiet“ aufgehalten, sodass offenbleibe, ob sie künftig wieder im Gefahrenbereich um die streitgegenständlichen WEA brüten werde. Es sei unrichtig und stehe nicht im Einklang mit dem insoweit stärker differenzierenden Artenschutzleitfaden, wenn das Verwaltungsgericht darauf abstelle, dass eine sporadische Nutzung artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nicht auslöse. Auch eine nicht jedes Jahr im Vorranggebiet brütende Wiesenweihe müsse artenschutzrechtliche Beachtung und in den angegriffenen Bescheiden ausreichenden Schutz finden. Ein gegenwärtiger Nutzungskonflikt könne auch dann vorliegen, wenn zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung Brutplätze (zufälligerweise) nicht besetzt seien.

Diese Darlegungen erschüttern die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht. Der Antragsteller entkräftet nicht das Argument der Vorinstanz (unter I. 2. d] dd] α]), dass die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für die Wiesenweihe hier nur im Zuge von Balzflügen im Zusammenhang mit Brutplätzen in der Nähe der umstrittenen WEA bestünde. Umstände, die für die Beurteilung der Signifikanz eine Rolle spielen, sind aber insbesondere artspezifische Verhaltensweisen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.1.2020 - BVerwG 4 B 20.19 -, juris, Rn. 5). Selbst ein sonstiger „regelmäßiger Aufenthalt“ der Tiere im Vorranggebiet könnte dann aber vorliegend zur Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos nicht ausreichen. Die Kritik des Antragstellers daran, dass das Verwaltungsgericht die (nicht mit einem Brutvorkommen einhergehende) Nutzung des Vorhabengebietes durch die Wiesenweihe in 2020 lediglich für sporadisch gehalten (vgl. unter I. 2. d] dd] γ]) und sich für die Unerheblichkeit sporadischer Nutzungen auf die in der Beschwerdebegründungsschrift zitierte (Bl. 183 f. GA OVG) Passage unter 5.1.3.1 des Artenschutzleitfadens, d. h. der Anlage 2 des (durch RdErl. d. MU v. 21.1.2019 – 40500/4.0-1.6 – [Nds. MinBl. 2019, 343] teilweise modifizierten) niedersächsischen Windenergieerlasses a. F. (Gem. RdErl. d. MU, d. ML, d. MS, d. MW u. d. MI vom 24.2.2016 – MU-52-29211 –, Nds. MinBl. 190 [212 ff.]) bezogen hat, ist ebenfalls nicht überzeugend. Denn aus der von dem Antragsteller hervorgehobenen dortigen Aussage, dass außerhalb der Prüfbereiche eine sporadische Nutzung vorkommen könne, ergibt sich keineswegs in einer Art von Umkehrschluss, dass innerhalb der Prüfbereiche sporadische Nutzungen nicht vorkommen könnten oder dass dort auch alle unregelmäßigen Nutzungen artenschutzrechtliche Relevanz hätte. Unerheblich ist, dass der Artenschutzleitfaden differenziertere Aussagen enthalten mag als die Gründe des angefochtenen Beschlusses. Denn die Beschwerdebegründung lässt offen, welche (nicht mit einem Brutvorkommen einhergehende) Variante dieser Differenzierungen hier einschlägig sein sollte und warum das Verwaltungsgericht deren rechtlich relevantes Vorliegen verkannt habe. Warum nach dem Artenschutzleitfaden auch eine nicht jedes Jahr im Vorranggebiet brütende Wiesenweihe in den angegriffenen Bescheiden ausreichenden Schutz hätte finden müssen, legt der Antragsteller ebenfalls nicht dar. Es ist aber nicht die Aufgabe des Beschwerdegerichts, von Amts wegen zu prüfen, ob sich aus einer Anwendung der differenzierenden Vorgaben des Artenschutzleitfadens „irgendwie“ eine Gefährdungseinschätzung ergäbe, die von derjenigen der Vorinstanz abweicht. Die Kritik des Antragstellers, dass ein gegenwärtiger Nutzungskonflikt auch vorliegen könne, wenn zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung Brutplätze „(zufälligerweise) nicht besetzt“ seien, setzt sich mit den Ausführungen der Vorinstanz unter I. 2. d) dd) γ) nicht genügend auseinander und bleibt inhaltlich vage. Der Antragsteller legt schon nicht im Einzelnen dar, dass und wo genau die Wiesenweihe (als Bodenbrüter) – den Wechselhorsten anderer Greifvögel vergleichbare – wiederholt genutzte feste Brutplätze (Wechselnester) habe und wie lange dann ein solcher Brutplatz als nur „zufälligerweise“ unbesetzt gelten sollte. Dagegen liegt es auf der Hand, dass ein gegenwärtiger Nutzungskonflikt nicht bereits besteht, wenn nur die Möglichkeit gegeben ist, dass irgendwann, irgendwo im näheren Umfeld der Vorhaben vereinzelt ein Brutvorkommen der Wiesenweihe festgestellt wird. Vielmehr setzt ein aktueller Nutzungskonflikt mit brütenden Wiesenweihen, der eine Bewältigung im Genehmigungsverfahren erforderlich macht, zumindest ein wahrscheinliches, den umstrittenen WEA gefährlich nahes Brutvorkommen in einer bereits absehbaren Zukunft voraus. Wahrscheinlich heißt dasjenige, was, für wahr gehalten, mehr als die Hälfte der Gewissheit (des zureichenden Grundes) auf seiner Seite hat [Kant]. Der Antragsteller zeigt indessen nicht schlüssig auf, dass und weshalb die Vorinstanz hier die rechtlich relevante Wahrscheinlichkeit einer Brutansiedlung der Wiesenweihe verkannt habe. Insbesondere legt er nicht dar, wie lange – von dem grundsätzlich entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15.9.2020 - 12 ME 29/20 -, RdL 2021, 27 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 88) gerechnet – der künftige Zeitraum ist, für den eine Prognose mehr als die Hälfte der Gewissheit auf ihrer Seite hat, es werde sich bis dahin ein Brutvorkommen der Wiesenweihe in dem für das jeweilige Vorhaben einschlägigen Untersuchungsbereich (Radius 1 des Artenschutzleitfadens) ergeben haben. Eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos erfordert aber Anhaltspunkte dafür, dass sich dieses Risiko durch den Betrieb der umstrittenen WEA deutlich steigert; dafür genügt nicht, dass im Eingriffsbereich überhaupt Exemplare betroffener Arten angetroffen worden sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.1.2020 - BVerwG 4 B 20.19 -, juris, Rn. 5).

10. Unter 5.2 seiner Beschwerdebegründungsschrift kritisiert der Antragsteller insbesondere die Erwägungen des Verwaltungsgerichts unter I. 2. d) ee) γ), die sich mit der Frage einer Verletzung artenschutzrechtlicher Verbote zulasten der Rohrweihe im Hinblick auf deren etwaige künftige Brutvorkommen beschäftigen.

Er meint, die Vorinstanz hätte zu einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigungen gelangen und nicht auf mögliche behördliche Reaktionsmöglichkeiten beim Auftreten artenschutzrechtlicher Konflikte verweisen dürfen. Denn die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Genehmigungen richte sich nur nach deren aktuellem Inhalt und danach, ob den artenschutzrechtlichen Bestimmungen eine plausible artenschutzrechtliche Beurteilung zugrunde liege. Wenn noch 2019 eine (wenn auch abgebrochene) Brut der Rohrweihe in unmittelbarer Nähe des Vorranggebietes stattgefunden habe, sei nicht ersichtlich, wie eine detailgenaue Betrachtung auf der Zulassungsebene zu dem Ergebnis hätte kommen können, das Vorranggebiet habe seine große Bedeutung für die Rohrweihe verloren. Die Rohrweihe sei ein langjähriger Brutvogel im Umfeld des Vorranggebietes.

Diese Darlegungen führen ebenfalls nicht zum Erfolg. Den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts lässt sich schon nicht unmittelbar entnehmen, dass die Rohrweihe „ein langjähriger Brutvogel im Umfeld des Vorranggebietes“ ist. Auch reicht es für die Bejahung einer rechtlich relevanten Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände in einer bereits absehbaren Zukunft nicht aus, sich auf die Bewertung des betroffenen Raumes als von „großen Bedeutung für die Rohrweihe“ zu beziehen, um schon daraus auf aktuelle Nutzungskonflikte zu schließen, die sich nach den mit Darlegungen nicht hinreichend erschütterten Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Belegenheit eines gegenwärtig erst im Abstand von 1250 m vorhandenen Brutplatzes nicht aus den derzeit vorhandenen Brutvorkommen ergeben. Die These des Antragstellers, bereits eine noch 2019 festgestellte (wenn auch abgebrochene) Brut der Rohrweihe in unmittelbarer Nähe des Vorranggebietes schließe es aus, dass eine detailgenaue Betrachtung auf der Zulassungsebene zu dem Ergebnis hätte kommen können, das Vorranggebiet habe seine große Bedeutung für die Rohrweihe verloren, ist weder aus sich heraus überzeugend noch von entscheidender Relevanz. Denn selbst wenn der betroffene Raum eine „große Bedeutung für die Rohrweihe“ hätte, würde diese Wertung noch keinen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand erfüllen oder eine detaillierte Subsumtion unter die tatsächlich vorhandenen Verbotstatbestände erübrigen. Deshalb führt eine an solche Wertungen anknüpfende Kritik auch nicht bereits zur Bejahung einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Je weniger konkret die dargelegten Indizien für eine Fehlerhaftigkeit der artenschutzrechtlichen Gefährdungseinschätzungen des Antragsgegners bleiben, umso weniger spricht vielmehr dafür, dass hier zu Unrecht artenschutzrechtliche Konflikte vernachlässigt und der etwaigen nachträglichen Bewältigung überlassen wurden. Spekulationen über die Grenzen der möglichen Ergebnisse einer detailgenauen Betrachtung ersetzen mithin keine detailgenauen Darlegungen, die auf einzelne Tatbestandsmerkmale artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände bezogen sind.

11. Zu 5.3 seiner Beschwerdebegründungsschrift beanstandet der Antragsteller die Erwägungen des Verwaltungsgerichts (oben unter I. 2. d] ff]), die den Kranich betreffen.

Die von der Vorinstanz in Bezug genommene (oben unter I. 2. d] ff] α]) Darstellung in dem Fachbericht der T. GmbH vom 19. November 2020 (Bl. 352 ff. [360 i. V. m. 364 <Rückseite> Nr. 11] GA, 362 GA) schließe keineswegs aus, dass der Brutstandort des Kranichs aus 2019 der Art auch künftig als Brutplatz dienen könne. Das Fachrecht kenne einen Funktionsschutz von Niststätten auch dann, wenn in einem bestimmten Jahr dort nicht gebrütet werde „(NMUEK 2016)“. Es sei wahrscheinlich, dass der Kranich auch künftig den Brutplatz aus 2019 und das Brutrevier nutzen werde, obwohl es nach Einschätzung angeführter „versierter Ornithologen“ für ein dauerhaftes Brutrevier ungeeignet sei. Die Brut in 2019 belege diese Wahrscheinlichkeit und die Zufälligkeit des Unterbleibens einer Brut in 2020. Warum, nachdem mehrere Vogelarten in 2019 in problematischer Nähe zu den WEA Standorten gebrütet hätten, in 2020 aber nicht, künftige Bruten nur singuläre Ereignisse sein sollten, sei nicht plausibel. Es erscheine nicht nachvollziehbar, dass der Brutplatz aus 2019 dauerhaft trockengefallen wäre.

Diese Darlegungen bleiben erfolglos. Die Verneinung eines artenschutzrechtlich relevanten, aktuellen Nutzungskonfliktes setzt keineswegs notwendig voraus, dass der Brutstandort des Kranichs von 2019 der Art voraussichtlich nie wieder als Brutplatz dienen wird. Denn nicht aus dem (vermeintlich) notwendigen „sicheren Ausschluss“, sondern nur aus der konkreten Wahrscheinlichkeit von Brutvorgängen und damit einhergehenden signifikanten Risikoerhöhungen kann sich ein aktueller Nutzungskonflikt ergeben, der hätte bewältigt werden müssen. Die allgemeinen Ausführungen des Antragstellers zum Funktionsschutz von Niststätten „im Fachrecht“ sind ebenfalls keine ausreichenden Darlegungen. Unter 5.3 des Artenschutzleitfadens, d. h. der Anlage 2 des (durch RdErl. d. MU v. 21.1.2019 – 40500/4.0-1.6 – [Nds. MinBl. 2019, 343] teilweise modifizierten) niedersächsischen Windenergieerlasses a. F. (Gem. RdErl. d. MU, d. ML, d. MS, d. MW u. d. MI vom 24.2.2016 – MU-52-29211 –, Nds. MinBl. 190 [212 ff.]), finden sich zwar nähere Ausführungen zu Wechselhorsten der Greifvögel und des
Uhus sowie zu den Wechselnestern des Schwarzstorchs. Der Antragsteller zeigt aber nicht auf, weshalb welche dieser Ausführungen auf den Kranich zu übertragen sind.

Den unter I. 2. d) ff) β) zusammengefassten Überlegungen des Verwaltungsgerichts hält der Antragsteller zwar entgegen, sie würden dem vorliegenden Falle im Hinblick auf zu erwartende Bruten des Kranichs nicht gerecht. Da eine rechtliche relevante Wahrscheinlichkeit solcher Bruten aber nicht dargelegt ist, greift diese Kritik nicht durch.

12. Unter 5.4 seiner Beschwerdebegründungsschrift setzt sich der Antragsteller mit der den Rotmilan betreffenden artenschutzrechtlichen Problematik auseinander, der sich auch das Verwaltungsgericht gewidmet hat (vgl. oben unter I. 2. d] gg]). Er meint unter Bezugnahme auf einen Schriftsatz „vom 07.12.2020“, mit dem sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt habe, dass es mithilfe der vorgesehenen Verminderungsmaßnahmen nicht gelingen könne, den erkannten artenschutzrechtlichen Konflikt zu lösen. Diese Bezugnahme, die wohl seine Antragsbegründungsschrift vom 11. November 2020 (Bl. 25 ff. GA, unter 3.4.1.4) betreffen soll, ist nicht statthaft, da sich das Verwaltungsgericht sehr wohl (wenn auch sehr knapp) mit dem entsprechenden Vortrag auseinandergesetzt hat (vgl. oben unter I. 2. d] gg] β]). Die Darlegungsobliegenheit des Beschwerdeführers entfällt nicht deshalb zugunsten einer Verweisungsmöglichkeit, weil die Vorinstanz lediglich die – seines Erachtens – gebotene Tiefe der gerichtlichen Argumentation hat vermissen lassen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 14.5.2021 - 12 LA 175/18 -, juris, Rn. 25 – zu einer verwandten Problematik im Zulassungsverfahren).

Auch die den in Bezug genommenen Vortrag (knapp) wiederholenden Darlegungen in der hiesigen Beschwerdebegründungsschrift führen nicht zum Erfolg. Denn sie laufen im Kern lediglich darauf hinaus, unter Heranziehung von Erkenntnissen des „Artenhilfsprogramms Rotmilan“ des Landes Sachsen-Anhalt hätte das Verwaltungsgericht beanstanden müssen, dass die vorgesehenen Ablenkflächen in Ermangelung ihrer täglichen Mahd keine hinreichend wirksame Maßnahme seien. Diese Rügen lassen indessen die erforderliche Auseinandersetzung mit dem oben unter I. 2. d) aa) und bb) wiedergegebenen rechtlichen Ausführungen der Vorinstanz vermissen. Denn es wird in ihnen nicht deutlich, ob der Antragsteller geltend macht, das Verwaltungsgericht habe Maßstäbe verkannt, die sich für die Ermittlung des Risikos für den Rotmilan bereits durchgesetzt hätten, sodass andere als die angeblichen Erkenntnisse aus dem „Artenhilfsprogramms Rotmilan“ nicht mehr vertretbar seien, oder ob er beanstanden will, das Verwaltungsgericht sei für den vorliegenden Einzelfall zu Unrecht von der Plausibilität eines – im Grundsatz allerdings noch vertretbaren – naturschutzfachlichen Standpunktes des Antragsgegners ausgegangen. Übrigens hätte für den erstgenannten Fall in der Beschwerdebegründungsschrift substantiiert der Sachstand der einschlägigen naturschutzfachlichen Diskussion näher dargestellt werden müssen, und wären im letztgenannten Falle auf der Grundlage des (vertretbaren) grundsätzlichen naturschutzfachlichen Standpunktes des Antragsgegners die – gleichwohl – bestehende Ungereimtheiten bei der Umsetzung dieses Standpunktes im Einzelfall herauszuarbeiten gewesen.

Die hiesige unspezifische Kritik, es gebe einen naturschutzfachlichen Standpunkt, wonach nicht täglich gemähte Ablenkflächen für den Rotmilan weitgehend wirkungslos seien, sodass es mithilfe der hier vorgesehenen Verminderungsmaßnahmen nicht gelingen könne, einen erkannten artenschutzrechtlichen Konflikt zwischen den WEA und dem Rotmilan zu lösen, greift folglich zu kurz. Sie lässt ihre Schlüssigkeit schon aufgrund des unzureichend dargelegten rechtlichen Ansatzes vermissen. Selbst (naturschutzfachlich) fragliche behördliche Risikoabschätzungen können nämlich (rechtlich) unproblematisch Bestand haben, wenn sich die Genehmigungsbehörde eine (noch) vertretbare naturschutzfache Grundauffassung zu eigen machte und diese für den Einzelfall hinreichend plausibel zur Anwendung brachte.

Dementsprechend ist auch die in den Darlegungen des Antragstellers an verschiedenen Stellen verstreut anklingende Auffassung unzutreffend, dass bereits der Vortrag einer naturschutzfachlichen Risikoabschätzung, die zulasten des Vorhabens von der behördlichen Risikoabschätzung abweiche, zu offenen Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren und damit zu einer stärker an den Vollzugsfolgen ausgerichteten Interessenabwägung führen müsse. Vielmehr entfalten die Grenzen der Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte bereits im gerichtlichen Eilverfahren eine Filterfunktion, die zu einer weitgehenden rechtlichen Unerheblichkeit gerade solcher naturschutzfachlichen Kontroversen führt, die noch nicht abschließend ausgetragen sind. Denn können vor dem Hintergrund solcher Kontroversen in der Regel nur – nicht mit (angeblicher) naturschutzfachlicher Unrichtigkeit der umstrittenen Grundposition zu verwechselnde – Plausibilitätsmängel der behördlichen Risikoabschätzung zu deren Rechtswidrigkeit führen, so spielen für die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren gerade diejenigen Argumente rechtlich keine entscheidende Rolle, mit denen die naturschutzfachliche Kontroverse ausgetragen wird.

Die Darlegungen in der Beschwerdebegründungsschrift über die fehlende Wirkung von Abschaltungen von nur wenigen Tagen sind ebenfalls zu wenig substantiiert.

13. Zu 5.5 seiner Beschwerdebegründungsschrift macht der Antragsteller (unter anderem) die Erwägungen der Vorinstanz betreffend die Feldlerche (vgl. oben unter I. 2. d] ii]) zum Gegenstand seiner Rügen.

a) Zwar ist davon auszugehen, dass der Antragsteller die entscheidungstragende Argumentation des Verwaltungsgerichts hinreichend widerlegt hat, wonach bereits eine Bindungswirkung des Artenschutzleitfadens den Antragsgegner daran hindere, Feldlerchen einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt zu sehen. Insoweit gelten die obigen Ausführungen des Senats unter II. 4., die den Mäusebussard betreffen, hier entsprechend.

b) Da die Darlegungen des Antragstellers die Gründe erschüttern, aus denen die
Vorinstanz seine Rüge zurückgewiesen hat, der Antragsgegner habe eine Verletzung des zugunsten der Feldlerche nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG bestehenden Tötungsverbots fälschlich verneint, ist diese Rüge durch das Beschwerdegericht selbst zu prüfen. Da nach Art und Inhalt wiederum lediglich ein abteilbarer Rechtswidrigkeitsgrund in Rede steht, ist die obergerichtliche Prüfung allerdings entsprechend beschränkt. Sie ergibt nicht, dass im Hauptsachverfahren voraussichtlich von einer Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG zu Lasten der Feldlerche auszugehen sein wird.

Gegenstand der Prüfung sind die Risikoabschätzungen des Antragsgegners in deren durch die Widerspruchsbescheide vom 28. April 2021 (Bl. 229 ff. GA OVG) erlangten Gestalt (dort jeweils zu 3.4.1.6 – z. B. Bl. 250 f. GA OVG). Nach diesen Abschätzungen ist zwar davon auszugehen, dass sich in den Jahren seit 2014 – in einstelliger Anzahl – wiederholt Brutpaare der Feldlerche, darunter auch als gefährdet in Betracht kommende balzende Männchen, im Bereich der geplanten Rotorradien zuzüglich 100 m angesiedelt hatten (vgl. etwa den Fachbericht Brutvögel der T. GmbH v. 19.11.2020, Karte 1 [Bl. 364 GA]). Der Antragsgegner hat jedoch ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für Tiere dieser Art unter anderem auch mit der Erwägung verneint, dass die Tiere vor allem während der charakteristischen Singflüge der Männchen gefährdet seien, welche nach naturschutzfachlichen Erkenntnissen in Höhen von durchschnittlich 50 – 60 m führten, wobei allerdings maximale Singflughöhen von über 400 m erreicht würden. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Feldlerche infolge des durch den Fruchtwechsel bedingten jährlichen Wechsels der Brutplätze selten gerade Brutplätze unterhalb der Rotoren nutzen werde und dann aufgrund des hier hohen unteren Rotordurchgangs von mindestens 82 m nur in Ausnahmefällen in den Rotorbereich gelange. Zwar komme Z. in einer 2020 mit einem lasergestützten Fernglas durchgeführten Studie (vgl. Bl. 235 f. GA) zu dem Ergebnis, dass über die Hälfte der Flüge im Bereich von 55 bis 160 m stattfänden. Dabei werde aber keine weitere Differenzierung vorgenommen. Zudem fänden 14 % der Flüge laut dieser Studie oberhalb von 160 m statt. Angesichts des rechtlich anerkannten Grundrisikos in der heutigen Landschaft reichten die Angaben zu bisherigen Kollisionsopfern in der Fundkartei nicht aus, um eine signifikante Erhöhung der Tötungswahrscheinlichkeit von Feldlerchen, die in der unmittelbaren Umgebung geplanter WEA ansässig seien, zu belegen.

Demgegenüber gelangt der Antragsteller in Anknüpfung an einen seines Erachtens „flächendeckenden Nachweis“ der Feldlerche im Vorhabengebiet sowie u. a. die Erkenntnisse von Z. zu einer gegenteiligen Einschätzung (vgl. im Einzelnen die Antragsschrift vom 11.11.2020 unter 3.4.1.6 – Bl. 31 ff. GA).

Der Senat gewinnt in vorläufiger Beurteilung nicht die Überzeugung, dass sich die angefochtenen Genehmigungen im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtswidrig erweisen werden, weil es an Nebenbestimmungen zur Bewältigung eines ansonsten signifikanten Tötungsrisikos für Feldlerchen oder an einer Ausnahmegenehmigung fehlt.

Es ist nicht ersichtlich, dass sich bereits eine allgemeine naturschutzfachliche Meinung dahin gebildet hätte, dass Feldlerchen zu den Vogelarten zählten, deren Individuen generell einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch WEA ausgesetzt seien.

Die in diesem Zusammenhang für den vorliegenden Fall bestehenden Unsicherheiten knüpfen allerdings nur teilweise an Meinungsverschiedenheiten und Kenntnisdefizite über das arttypische Verhalten der Tiere an. Sie stehen hier teilweise auch im Zusammenhang mit der Frage, welches Szenario der Bewertung eines Tötungsrisikos zugrunde zu legen ist. So geht der Antragsteller von einem „flächendeckenden Nachweis“ der Feldlerche im Vorhabengebiet und damit wohl von einem in Brutzeiten stets zu unterstellenden Vorhandensein einer balzenden männlichen Feldlerche unterhalb jedes sie potentiell gefährdenden Rotors aus, während der Antragsgegner annimmt, infolge des durch den Fruchtwechsel in der Landwirtschaft bedingten jährlichen Wechsels auch der Brutplätze der Feldlerchen könne berücksichtigt werden, dass „die Feldlerche“ selten Brutplätze unterhalb der Rotoren nutzen werde. Er bezieht damit in seine Prognose auch die Wahrscheinlichkeit ein, mit der sich eine Feldlerche im etwa relevanten Gefährdungsbereich ansiedelt.

Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass die Zulässigkeit eines Vorhabens nur zu bejahen ist, wenn zum Zeitpunkt des Ergehens der letzten Behördenentscheidung (hier: der Bekanntgabe der Widerspruchsbescheide vom 28. April 2021) die Genehmigungsvoraussetzungen in der Weise gegeben sind, dass sie bei einer für diesen Zeitpunkt unterstellten vollständigen Verwirklichung des Vorhabens (d. h. seiner Errichtung und Nutzung durch Inbetriebnahme) vorliegen (vgl. Nds. OVG Beschl. v. 15.9.2020 - 12 ME 29/20 -, RdL 2021, 27 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 67).

Da das Tötungsverbot individuenbezogen zu verstehen ist, bedeutet dies zunächst, dass die Genehmigungsbehörde grundsätzlich einer zu dem vorgenannten Zeitpunkt bestehenden sicheren eigenen Kenntnis über das aktuelle Vorhandensein eines bestimmten Individuums einer Brutvogelart, dessen Vergrämung im Zuge der Errichtung einer WEA sie nicht genehmigt, auch durch die Prüfung eines etwa bestehenden Tötungsrisikos Rechnung zu tragen hat, wenn nicht feststeht, dass gerade dieses Individuum nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge seinen Brutplatz noch vor der Inbetriebnahme der WEA von sich aus wieder aufgeben (z. B. nach Ende der Brutsaison oder bei nicht in Deutschland überwinternden Zugvögeln) oder sein an die Nähe zum Brutplatz gebundenes risikoträchtiges Verhalten (Balzflüge) bis dahin einstellen wird. Die hiesigen Widerspruchsbescheide datieren vom 28. April 2021 und beruhen auf Daten, deren hinreichende Aktualität (vgl. dazu die Widerspruchsbescheide, z. B. Bl. 236 ff. GA) auch von dem Antragsteller nicht substantiiert in Zweifel gezogen wird. Anhand dieser Daten ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner in den Genehmigungen das etwaige Tötungsrisiko für ein ihm konkret bekanntes Individuum (Feldlerchenmännchen) zu bewältigen gehabt hätte, dessen etwaige Balzflüge bereits in der Zeit vom 28. April 2021 bis voraussichtlich längstens Juli 2021 (vgl. Bl. 235 [Rückseite] GA) mit der künftigen Inbetriebnahme der genehmigten Windenergieanlagen in Konflikt zu geraten drohte. Im Übrigen wäre im Hinblick auf ein solches Individuum derzeit wohl schon deshalb kein vorläufiger Rechtsschutz mehr zu gewähren, weil die Zeit für Balzflüge der Feldlerche (März bis Juli) inzwischen vorüber ist und für kommende Jahren – bezogen auf das einzelne Tier – nicht mit erhöhter Wahrscheinlichkeit derselbe Nistplatz zu erwarten ist.

Zu Recht geht der Antragsgegner nämlich davon aus, dass bisherige Brutplätze der Feldlerche keinen „Funktionsschutz“ genießen, der demjenigen andere Vogelarten vergleichbar wäre, die potentiell mehrfach genutzte Niststätten (z. B. Wechselhorste) anlegen. Die hier interessierende Prognose des Tötungsrisikos für Feldlerchen kann daher auch nicht an die erhöhte Wahrscheinlichkeit der „Wiederbesetzung“ eines bestimmten Brutplatzes in den auf das Ergehen der Widerspruchsbescheide folgenden Jahren anknüpfen. In der jüngeren Vergangenheit nachweislich bebrütete einzelne Nistplätze in Bereichen, für die ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko in Betracht zu ziehen ist, können also den bei Erlass eines Widerspruchsbescheides tatsächlich bebrüteten Brutplätzen nicht gleichgestellt werden.

Deshalb lässt sich die hier auf Plausibilität zu prüfende Einschätzung der Tötungswahrscheinlichkeit nur auf das für die absehbare Zukunft mit zu berücksichtigende Szenario beziehen, wonach individuell noch unbestimmte Feldlerchen im Umfeld der Windenergieanlagen jährlich jeweils in ähnlicher Weise und in ähnlichem Ausmaß brüten werden, wie in den vorausgegangenen Jahren. Zwar macht der Antragsteller geltend, dass Feldlerchen „flächendeckend“ im Vorhabengebiet nachgewiesen seien. Meist beträgt der Durchmesser eines Feldlerchenreviers jedoch nur zwischen 20 m und 200 m (https://www.lbv.de/ratgeber/naturwissen/artenportraits/detail/feldlerche/). Selbst wenn man im vorliegenden Falle von dem höheren dieser Werte ausgeht, spricht aber die Kartierung der Revierzentren der Feldlerche (Karte 1) in dem T. Fachbericht Brutvögel vom 19. November 2020 (Bl. 364 GA) dafür, dass hier keine ständig flächendeckende Besiedlung der Vorhabenfläche mit Feldlerchen zugrunde gelegt werden kann. Denn mit Radien von 100 m um die dort eingezeichneten Revierzentren der Feldlerche lässt sich das gesamte Vorranggebiet nicht abdecken. Noch weniger ist die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass in jedem Jahr für alle umstrittenen WEA zu erwarten steht, dass sich die von dem jeweiligen Rotorkreis überstrichene Fläche und das Revier eines Feldlerchenmännchens notwendig überschneiden werden. Das gilt selbst dann, wenn man einen zusätzlichen Schutzabstand von 100 m um die Reviere (oder die Rotorkreise) berücksichtigt, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Feldlerchenmännchen während des Singfluges zwar über ihrem Revier kreisen (https://www.lbv.de/ratgeber/naturwissen/artenportraits/detail/feldlerche/) und es (möglicherweise) „gleichmäßig besingen“ (vgl. Z. Bl. 235 f. GA), um es gegen andere Feldlerchenmännchen als „besetzt“ zu kennzeichnen, dabei aber nicht „metergenau“ die in den Luftraum projizierten räumlichen Grenzen ihrer Reviere am Boden einhalten werden. Für die Annahme, dass zumindest im Umfeld der WEA 1, 3, 4 und 5 nicht stets ein „flächendeckender“ Feldlerchenbesatz zu erwarten ist, spricht auch, dass insoweit in dem T. Fachbericht Brutvögel vom 19. November 2020 unter 3.2.3 (Bl. 355 [Rückseite] GA) Schwerpunkte des Besatzes im Untersuchungsgebiet festgestellt werden konnten.

Ist aber in Bezug auf eine WEA davon auszugehen, dass nicht in jeder Brutsaison, eine auch nur potentiell bedrohliche Nähe zwischen ihr und irgendeinem Feldlerchenrevier auftreten wird, sondern dass dies nur von Zeit zu Zeit der Fall sein kann, weil für Feldlerchen in jedem Jahre ausreichend örtliche Ansiedlungsalternativen bestehen, um die potentiell gefährlichen Flächen im Umfeld eben dieser WEA „unbesetzt“ zu lassen, oder weil der Fruchtwechsel in der Landwirtschaft diese Flächen zeitweilig unattraktiv macht, so dürfte sich das vorhabenbedingte Tötungsrisiko der hier rund 40 im weiteren Umfeld der Anlagen zu erwartenden Feldlerchenmännchen nicht nur nach der Wahrscheinlichkeit bemessen, mit der sie dann zu Schaden kämen, wenn bereits sicher wäre, dass sie einen Brutplatz in einer für sie potentiell gefährlichen Nähe zu einer Windenergieanlage besetzen werden. Vielmehr dürfte als risikomindernd auch die unter 100 % liegende Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen sein, mit der sie eine potentiell gefährliche Ansiedlungsalternative überhaupt wählen und (erst) dadurch die nicht fernliegende Möglichkeit schaffen, zu Schaden zu kommen. Dies könnte hier hinsichtlich der WEA 3, aber auch bezüglich der WEA 1, 4 und 5 als zusätzlich risikomindernd in Rechnung zu stellen sein.

Jedenfalls bezogen auf die WEA 2 und 6 muss hingegen von einer regelmäßigen potentiell gefahrenträchtig Nähe zwischen WEA und Feldlerchenrevieren ausgegangen werden – ohne dass damit zugleich über die Signifikanz der Erhöhung des Tötungsrisikos entschieden wäre. Auch insoweit spielt es aber eine entscheidende Rolle, dass die Rotorkreise der hier umstrittenen WEA aufgrund der Höhe der Anlagen zum einen erst relativ weit über dem Erdboden beginnen, und zwar bei den WEA 1 bis 5 in 96 m (= Nabenhöhe 164,5 m – ½ x Rotordurchmesser 137 m) Höhe (vgl. Bl. 73 und 49 GA) und bei der WEA 6 in 82 m (= Nabenhöhe 161 m – ½ x Rotordurchmesser 158 m) Höhe (vgl. Bl. 96 GA), während nach den fachwissenschaftlich abgestützten tatsächlichen Feststellungen des Antragstellers Singflüge in Höhen von durchschnittlich 50 – 60 m führten, wobei allerdings maximale Singflughöhen von über 400 m erreicht werden. Zwar ergeben sich größere durchschnittliche Flughöhen aus den andernorts durchgeführten Untersuchungen Schreibers, nach denen die Anteile an Singflügen, die in den hier interessierenden Höhen von 96 m bis 200 m (selbst nach Z. stellen Flughöhen von über 200 m mit 0,15 % seltene Ausnahmen dar) für die WEA 1 bis 5 bzw. 82 bis 200 m für die WEA 6 stattfinden, jeweils (irgendwo) zwischen 14 % und 72 % liegen müssten. Ein genauerer Anteil lässt sich indessen nicht benennen, und weder ist abschließend geklärt, wie repräsentativ diese Untersuchungen sind, die sich wohl nur auf die Aktivitäten von fünf Feldlerchenmännchen an sieben Untersuchungsterminen beziehen, noch inwieweit ihre Ergebnisse in der Fachwelt bereits Anerkennung finden. Deshalb dürfte im Rahmen der eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle die Heranziehung abweichender (älterer) Erkenntnisse über die durchschnittliche Flughöhe balzender Feldlerchenmännchen (noch) nicht zu beanstanden sein.

Die zum Teil erheblichen Fundzahlen an Feldlerchen in der zentralen Schlagopferdatei des Landesamtes Umwelt für Brandenburg (https://lfu.brandenburg.de/lfu/de/aufgaben/natur/artenschutz/vogelschutzwarte/arbeitsschwerpunkte/auswirkungen-von-windenergieanlagen-auf-voegel-und-fledermaeuse) dürften hier ebenfalls nicht zur Annahmen eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos zwingen. Dies gilt unter anderem deshalb, weil das Landesamt ausdrücklich darauf hinweist, dass die Anzahl der Fundmeldungen lediglich die Erfassungsintensität und Meldebereitschaft widerspiegelt, nicht jedoch das Ausmaß der Problemlage in den einzelnen Bundesländern verdeutlicht.

Von erheblicher Bedeutung ist schließlich, dass Feldlerchen ohnehin in den modernen vom Menschen gestalteten Landschaften zahlreichen allgemeinen Tötungsrisiken (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.3.2018 - BVerwG 9 B 25.17 -, DVBl. 2018, 1179 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 11) ausgesetzt sind, die nicht nur der Verkehr verursacht, sondern die vom Überrollen und Übermähen mit landwirtschaftlichen Maschinen bis zu den direkten und indirekten Folgen des Einsatzes von Pestiziden reichen (https://www.lbv.de/ratgeber/naturwissen/artenportraits/detail/feldlerche/). Ob die Gefahr, Schlagopfer einer benachbarten WEA zu werden – auch unabhängig von den Besonderheiten des hiesigen Einzelfalls – bereits vor diesem Hintergrund nicht zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos führen kann (so möglicherweise: OVG NRW, Beschl. v. 20.11.2020 – 8 A 4256/19 -, juris, Rn. 51), bedarf hier keiner abschließenden Klärung. Ohnehin ist es nicht die Aufgabe eines Eilverfahrens, grundsätzliche fachliche Kontroversen (hier: um die Schlaggefährdung bestimmter Vogelarten) abschließend zu bewerten (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 15.9.2020 - 12 ME 29/20 -, RdL 2021, 27 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 120). Jedenfalls erscheint die Verneinung einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos für die Feldlerche seitens des Antragsgegners nach der hier vorzunehmenden lediglich summarischen Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als (noch) vertretbar und plausibel. Allein der Umstand, dass es nicht völlig ausgeschlossen ist, eine vertiefte Prüfung im Hauptsacheverfahren könnte insoweit zu einem anderen Ergebnis führen, rechtfertigt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht.

14. Der Antragsteller kritisiert zu 6. seiner Beschwerdebegründungsschrift die oben unter I. 2. d) jj) zusammengefassten Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die den Artenschutz von Fledermäusen betreffen.

a) Er meint, entgegen den erstinstanzlichen Ausführungen unter I. 2. d) jj) α) seien deshalb keine sachlichen und fachlichen Gründe erkennbar, die es rechtfertigten, auf ein zweites Dauererfassungsgerät zu verzichten, weil mit zwei Erfassungsgeräten jedenfalls näher an die an die jeweiligen Anlagen hätte herangerückt werden können, sodass präzisere Ergebnisse möglich gewesen wären. Mit dieser Argumentation vermag er indessen nicht durchzudringen, weil es – nach der von dem Antragsteller nicht argumentativ entkräfteten Auffassung der Vorinstanz – nicht darauf ankommt, ob mit zwei Dauererfassungsgeräten eine höhere Präzision erreicht werden kann, sondern nur darauf, ob ein (etwaiger) Unterschied in der Präzision auch einen (rechtlich) relevanten zusätzlichen Erkenntnisgewinn erwarten lässt. Der Antragsteller legt nicht dar, weshalb Letzteres der Fall wäre. Es trifft aber nicht zu, dass jede Präzisierung Relevanz hätte.

b) Der Antragsteller hält den unter I. 2. d) jj) δ) genannten Erwägungen der Vorinstanz entgegen, landschaftliche Gegebenheiten im Umfeld der umstrittenen WEA könnten schwerlich Differenzen bei den Abschaltanordnungen einerseits der WEA 1 und 3 sowie andererseits der WEA 2, 4, 5 und 6 rechtfertigen. Denn der artenschutzrechtliche Konflikt finde in einer Höhe statt, in der landschaftliche Gegebenheiten schwerlich einen Unterschied in Bezug auf die Nutzung des Luftraumes ausmachten.

Der Antragsgegner referiert in seinen Widerspruchsbescheiden – auch in demjenigen, der zu der „Genehmigung WEA 6“ ergangen ist (Bl. 287 ff. [312, letzter Absatz des Textkörpers]) –, dass in den Ausgangsbescheiden der Genehmigungen für die Anlagen WEA 1 und WEA 3 ein Abschaltzeitraum vom 1. April bis zum 31. Oktober (bei Windgeschwindigkeiten < 7,5 m/s) vorgesehen sei. Im Ausgangsbescheid der Genehmigung für die Anlage WEA 6 (vgl. Bl. 96 ff. [101 <Rückseite> GA, unter 52.]) sei diese Anlage dagegen „fälschlicherweise … ebenfalls mit dem vollen Abschaltzeitraum“ aufgeführt. Ein solcher Abschaltzeitraum entspreche der kompletten Zeit von dem Frühjahrszug bis einschließlich der Herbstmigration der Fledermäuse und berücksichtige das höhere Vorkommen von Rauhautfledermaus und Abendseglerarten an den geplanten Standorten. Für die Anlagen WEA 2, WEA 4, WEA 5 und WEA 6 seien abweichende Abschaltzeiten vom 1. Juli bis zum 15. Oktober (bei ebenfalls Windgeschwindigkeiten < 7,5 m/s) als ausreichend erachtet worden. Die von dem Antragsteller geäußerte Kritik beziehe sich somit auf die vier Anlagen, für welche nicht der volle Zeitraum laut Artenschutzleitfaden ausgeschöpft worden sei, darunter die WEA 6.

Diese in den zuvor zusammengefassten Darlegungen des Antragstellers enthaltene Kritik ist bereits nicht schlüssig, weil es nicht darauf ankommt, die Unterschiede zwischen den Abschaltanordnungen zu rechtfertigen, sondern nur darauf, ob diese Abschaltanordnungen jeweils für sich genommen als Schutzmaßnahmen rechtens und ausreichend sind. Wären lediglich die Unterschiede zwischen ihnen ungereimt, bliebe zudem die Möglichkeit, dass eine der beiden Varianten zugunsten der Fledermäuse zu weit ginge. Dass und weshalb der Antragsteller dies mit Erfolg sollte geltend machen können, und zwar obwohl es von dem dadurch belasteten Vorhabenträger akzeptiert wurde, ist weder dargelegt noch ohne weiteres evident.

Es ist nicht erkennbar, dass der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründungsschrift der Abschaltordnung für die WEA 6 in der Fassung des Ausgangsbescheides (noch) einen anderen Inhalt beilegte, als denjenigen, den sie – etwa – in der Fassung des Widerspruchsbescheids haben mag. Schon deshalb bedarf die Frage nach der Länge des Zeitraums, für den Abschaltungen zum Fledermausschutz vorgesehen sind, auf der Grundlage der Beschwerdebegründung des Antragstellers keiner Erörterung unter dem Blickwinkel einer etwaigen Änderung des Ausgangsbescheids durch den Widerspruchsbescheid.

Es stellt indessen keine den Darlegungsanforderungen genügende, zureichend argumentativ begründete Kritik an den Feststellungen des Verwaltungsgerichts dar, dass der Antragsteller (wie der Antragsgegner) der Abschaltanordnung für die WEA 6 im Ergebnis einen anderen Inhalt (Gültigkeit nur im verkürzten Zeitraum) beilegt als die
Vorinstanz. Soweit er die Kürze dieses Zeitraums kritisiert, fehlt es vielmehr bereits an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit abweichenden Feststellungen des angefochtenen Beschlusses.

Der Hinweis des Antragstellers auf die angebliche Irrelevanz landschaftlicher Gegebenheiten für die Signifikanz eine Risikoerhöhung in Rotorhöhe greift ebenfalls zu kurz. Denn landschaftliche Gegebenheiten sind sehr wohl dafür mitbestimmend, welche Arten von Fledermäusen sich in welcher Häufung wo einfinden. Art und Häufung der Fledermäuse sind indessen zu Recht bei der Bestimmung des Ausmaßes von Abschaltungen zu berücksichtigen.

c) Um die Ausführungen des Verwaltungsgerichts unter I. 2. d) jj) γ) zu entkräften, verweist der Antragsteller nochmals auf sein Vorbringen unter 3.4.2.3 der Antragsbegründungsschrift (Bl. 42 ff. GA). Er meint, es sei für Windenergieanlagen heutiger Größe unvertretbar, auf Messungen der Windgeschwindigkeit in Gondelhöhe abzustellen, weil die dortigen Windgeschwindigkeiten erheblich höher seien als diejenigen, die an der Stelle erreicht würden, wo die Rotorspitzen in der „Sechs-Uhr-Stellung“ des Rotorblatts den Turm passierten. Er, der Antragsteller, errechne insoweit eine Differenz von 0,55 m/s und gelange sogar zu dem Ergebnis, dass bei Windgeschwindigkeiten von 7,5 m/s in Gondelhöhe an den jeweils unteren Rotorspitzen Minima von lediglich zwischen 5,95 m/s und 5,45 m/s Windgeschwindigkeit zu erwarten seien.

Diese Darlegungen sind unter anderem im Hinblick darauf unzureichend, dass sich der Antragsteller auf die bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens beschränkt, ohne dabei den unter I. 2. d) aa) wiedergegebenen rechtlichen Maßstäben der Vorinstanz Rechnung zu tragen oder diese argumentativ zu widerlegen. Nach diesen Ausführungen liegt indessen eine Unvertretbarkeit einer für die Risikoermittlung bestimmten Methode (hier die Windgeschwindigkeitsmessung auf Gondelhöhe) erst dann vor, wenn andere Methoden und Maßstäbe (hier: die Messung oder „Herabrechnung“ der Windgeschwindigkeit in der bzw. auf die Höhe der Rotorspitze in Sechs-Uhr-Stellung) sich bereits durchgesetzt haben. Der Antragsteller legt nicht dar, dass dies bereits der Fall wäre. Vielmehr fehlt zu der Frage, bei welchen Witterungsbedingungen, insbesondere bis zu welcher Windgeschwindigkeit; Windenergieanlagen abzuschalten sind, um das Tötungsrisiko für Fledermäuse hinreichend zu verringern, generell eine allgemein anerkannte Fachmeinung (vgl. OVG NRW, Urt. v. 1.3.2021 - 8 A 1183/18 -, BauR 2021, 1105 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 245 ff.). Die Darlegungen des Antragstellers bieten keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dies gerade hinsichtlich der Unterfrage nach der richtigen Ermittlungshöhe der Windgeschwindigkeit in seinem Sinne anders sein könnte. Es ist daher auch nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes; insoweit von Amts in weitere Ermittlungen einzutreten. Der Versuch des Antragstellers, durch eigene Anwendung einer im Internet veröffentlichten Formel im Eilverfahren quasi eine gerichtliche Prüfung der naturschutzfachlichen „Richtigkeit“ der Risikoprüfung des Antragsgegners zu erreichen, verwechselt diese Prüfung mit derjenigen der Vertretbarkeit und ggf. der Plausibilität des von dem Antragsgegner eingenommenen naturschutzfachlichen Standpunktes. Geht man indessen zutreffend davon aus, dass es vertretbar ist, im Rahmen der Risikoeinschätzung (nur) an die Windgeschwindigkeiten in Gondelhöhe anzuknüpfen, besteht an der weiteren Plausibilität dieser Abschätzung durch den Antragsgegner kein durchgreifender Zweifel.

d) Gegen die Erwägung der Vorinstanz unter I. 2. d) jj) ε) wendet sich der Antragsteller mit dem Argument, die Bestimmungen über die Durchführung des Monitorings könnten Bestandskraft erlangen, sodass im Rahmen einer möglichen gesonderten Anfechtung einer Modifizierung der Abschaltzeiten die dem Monitoring zugrundeliegende Methodik nicht mehr angreifbar wäre.
Letzteres würde allerdings voraussetzen, dass die angefochtenen Genehmigungen die Ergebnisse des Monitorings als ausschließliche Erkenntnisquelle des Antragsgegners festschrieben oder sie in einem späteren Verwaltungsverfahren zur (etwaigen) Verringerung der Abschaltzeiten der umfassenden behördlichen Würdigung ihrer Aussagekraft anhand des dann aktuellen Standes der ökologischen Fachwissenschaften entzögen (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 25.10.2018 - 12 LB 118/16 -, BauR 2019, 651 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 197). Dergleichen ergibt sich aber nicht gleichsam aus der „Natur der Sache“, sondern wäre von dem Antragsteller anhand einer Interpretation der einschlägigen Regelungen der angefochtenen Bescheide näher darzulegen gewesen. Der Antragsteller geht indessen auf die einschlägigen Bestimmungen unter III. 55. und 56. (vgl. den Ausgangsbescheid der „Genehmigung WEA 2 bis 5“ – Bl. 55 [Rückseite] GA) gar nicht näher ein. Die Rechtsbehauptung „irgendwie“ zu seinen Ungunsten eintretender Bestandskraft ist jedoch kein geeignetes Gegenargument, um die angegriffene Gedankenführung der Vorinstanz zu erschüttern.

15. Der Antragsteller beanstandet zu 5.2 seiner Beschwerdebegründungsschrift auch die (hinsichtlich der Bewältigung der etwaigen artenschutzrechtlichen Problematik betreffend die Rohrweihe) stärker an den Vollzugsfolgen orientierte Interessenabwägung der Vorinstanz (vgl. oben unter I. 3.). Er macht geltend, diese Interessenabwägung sei schon deshalb fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht im Falle der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Unrecht vom Eintritt eines nicht wiedergutzumachenden Schadens für die Beigeladene ausgehe. Denn aus seiner Sicht stelle Ziffer 7.1 d) des „Anhangs II“ zum EEG durchaus einen erheblichen Korrekturfaktor für einen solchen Schaden dar. Außerdem nehme die Vorinstanz zu Unrecht an, dass dann, wenn eine Rohrweihe im Gefahrenbereich zur Brut schritte und daraufhin einem erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt wäre, der Antragsgegner über eine naturschutzrechtliche Anordnung nach § 3 Abs. 2 BNatSchG oder eine Änderung der angefochtenen Genehmigungen so zeitnah reagieren könnte, dass die Art hinreichend geschützt werde. Indessen erschienen die rechtlichen Voraussetzungen für ein solches Reagieren nicht notwendig gegeben und ziehe er, der Antragsteller, diese Möglichkeiten zumindest in tatsächlicher Hinsicht stark in Zweifel.

Auch diese Darlegungen rechtfertigen die begehrte Änderung des angefochtenen Beschlusses nicht. Der Antragsteller legt nicht näher und schlüssig dar, in welcher genauen Konstellation und auf der Grundlage welcher Rechengänge sich in welchem Ausmaß ein Korrekturfaktor für Verluste der Beigeladenen bei einer durch die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes verzögerten Inbetriebnahme ergeben soll. Er stellt insoweit nur unsubstantiierte Rechts- und Tatsachenbehauptungen auf. Es ist indessen nicht die Aufgabe des Beschwerdegerichts, den Hinweis auf eine vereinzelte Vorschrift des Rechts der Energieförderung zum Anlass zu nehmen, seinerseits deren mögliche Relevanz für verschiedene denkbare gerichtliche Betriebsbeschränkungs- und Vergütungsszenarien „durchzuspielen“ und auf Erheblichkeit zu prüfen. Dies gilt umso mehr, als nicht einsichtig ist, weshalb Zeitverzögerungen, die aufgrund der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Hinblick auf das – nur möglicherweise rechtswidrige – Fehlen genehmigungsrechtlicher Auflagen zum Naturschutz eintreten würden, ebenso als ein „Verlustfaktor“ gelten sollten wie bereits erlassene genehmigungsrechtliche Auflagen. Dagegen liegt es auf der Hand, dass der Beigeladenen Gewinne verloren gehen, wenn sich die Inbetriebnahme der Anlagen hinauszieht.

Soweit der Antragsteller Annahmen des Verwaltungsgerichts über das Bestehen rechtlicher und tatsächlicher Möglichkeiten des Antragsgegners kritisiert, im Falle von Ansiedlungen brütender Rohrweihen einzugreifen, stellt er der Auffassung der Vorinstanz wiederum nur seine eigene, nicht näher begründete, abweichende rechtliche und tatsächliche Auffassung entgegen. Dies genügt ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen. Das hiesige Beschwerdeverfahren führt gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu keiner Nachprüfung mit einem dem § 128 VwGO vergleichbaren Umfang.

16. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 154 Abs. 3, 155 Abs. 1 Satz 1 und 162 Abs. 3 VwGO. Dabei findet unter anderem Berücksichtigung, dass vorläufiger Rechtsschutz nicht gegenüber der Errichtung, sondern lediglich gegenüber dem Betrieb einzelner WEA gewährt wird.

17. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich noch an den Vorschlägen unter den Nrn. 1.2 und 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

III.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).