Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.09.2021, Az.: 1 KN 150/19

Gewerbegebiet; Industriegebiet; Sondergebiet; Trennungsgebot

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
08.09.2021
Aktenzeichen
1 KN 150/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 71065
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Baugebiet, das lediglich der Unterbringung der Betriebsanlagen eines Unterzweiges einer bestimmten Branche - hier: holzmehlverarbeitende Betriebe - dient, unterscheidet sich wesentlich sowohl von Industrie- als auch von Gewerbegebieten und kann daher als Sondergebiet nach § 11 BauNVO festgesetzt werden.

Wird aus Anlass eines konkreten Vorhabens ein Angebotsbebauungsplan aufgestellt, so ist zum einen zu prüfen, ob die Ausnutzung der Festsetzungen des Plans zu unzumutbaren Belastungen führt; dabei muss, ggf. über das geplante Vorhaben hinaus ein "realistisches worst-case-Szenario" betrachtet werden. Zum anderen muss sich die Gemeinde vergewissern, dass sie unter Beachtung der sich aus den Planfestsetzungen ergebenden Immissionsbeschränkungen ihr Planungsziel, gerade das anlassgebende Vorhaben zu ermöglichen, erreichen kann.

Ruhezeitenzuschläge nach Nr. 6.5 TA Lärm sind ungeachtet des Wortlauts dieser Verwaltungsvorschrift in der Fassung vom 1. Juni 2017 nicht für Misch-, Dorf- und Kerngebiete zu vergeben.

Tenor:

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen den von der Antragsgegnerin erstmals am 26. Februar 2019 und erneut am 15. Dezember 2020 beschlossenen Bebauungsplan Nr. 79 „Holzmühle Westerkamp Norddöllen“ der Antragsgegnerin, da sie sich unzumutbaren Immissionen durch die damit ermöglichte Betriebserweiterung der Beigeladenen ausgesetzt sehen.

Die Antragsteller sind Eigentümer der mit selbstgenutzten Wohnhäusern bebauten, benachbarten Grundstücke C-Straße und E-Straße im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. Unmittelbar südlich an das Grundstück E-Straße schließt sich das Betriebsgelände der Beigeladenen mit zahlreichen Betriebsgebäuden, das von einem in West-Ost-Richtung verlaufenden Privatweg durchschnitten wird, an. Östlich des Betriebsgeländes steht ein Hähnchenmaststall mit 98.320 Plätzen. Westlich der Straße Norddöllen, dem Betrieb gegenüber, stehen drei weitere Wohnhäuser. Weiter nördlich liegen mehrere Hofstellen mit weiteren Tierhaltungsanlagen.

Entstehung und Entwicklungsabsichten des Betriebes werden in der Planbegründung wie folgt beschrieben:

„Der Betrieb befindet sich seit 1955 als Holzmehlmühle am Standort. Mit einer Produktionserhöhung [im] Jahre 2014 wurde der Betrieb aktiviert und beschäftigt 45 Mitarbeiter vor Ort. Der Betrieb arbeitet in 3 Schichten von 0.00 bis 24.00 Uhr, Schichtwechsel ist um 22.00 Uhr. Der Produktionsbetrieb wird in der Zeit von samstags ab 14.00 Uhr bis sonntags 22.00 Uhr eingestellt.

Die Flächen des Betriebes sind planungsrechtlich derzeit auf der Rechtsgrundlage des § 35 BauGB zu beurteilen. Eine betriebliche Entwicklung als sonstiges Vorhaben im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 2 BauGB wurde bereits im Jahre 2012 genehmigt. Auf dieser Grundlage wurden die baulichen Anlagen südwestlich des Weges hergestellt. Der Betrieb möchte nunmehr durch eine Erweiterung und betriebliche Umorganisation den vorhandenen Betriebsstandort stärken und expandieren. Die nunmehr geplante Erweiterung in einem größeren Umfang in Richtung Süden und Osten erfordert eine Bauleitplanung. Der Betriebsinhaber hat hierzu einen entsprechenden Antrag gestellt.

Der Betrieb handelt mit Holzprodukten (u.a. Mehl, Spänen, Füllstoffen, Futterstoffen) und benötigt in diesem Zusammenhang Produktions- und Lagerhallen, Werkstätten sowie Stellplätze. Das Betriebsgelände soll in Richtung Süden und Osten zu erweitert werden, um dort die ergänzenden Produktions- und Lagerstätten zu errichten. Schwerpunkt der Betriebserweiterung ist unter anderem die Schaffung von Lagerkapazitäten; zudem sollen die Modernisierungen und der Einsatz neuester Technik hier für eine gute Koexistenz sorgen. Die Erweiterung des Betriebes soll in mehreren Bauabschnitten realisiert werden.

- Zunächst sollen im Anschluss an die vorhandenen Anlagen südlich des betriebsinternen Weges Produktions-, Lager- und Werkstattbereiche erweitert werden. Zudem soll im Nordwesten ein Neubau für ein Bürogebäude entstehen. Der vorhandene Parkplatz soll nach Süden erweitert werden und eine Grüngestaltung erhalten.

- In weiteren Bauabschnitten sollen im Nordosten ein Außenlager hergestellt und im Süden weitere Lager- und Produktionshallen errichtet werden. Zur Umsetzung der östlichen Erweiterung wird der Hähnchenstall aufgegeben und durch das Außenlager und eine Kompensationsfläche ersetzt. Im Süden werden landwirtschaftliche Flächen für das Vorhaben beansprucht. Im Osten werden das vorhandene Rückhaltebecken erweitert und die verbleibenden Kompensationsflächen aus den vorangegangenen Baumaßnahmen gesichert.

- Die verkehrliche Anbindung des Gewerbebetriebes erfolgt über die bisherige Zufahrt und eine neue südliche gelegene Zufahrt an der Kreisstraße K 252. Die im Osten gelegene Zufahrt wird zukünftig nur als Feuerwehrzufahrt genutzt.

- Zur randlichen Einbindung des Vorhabens in das Orts- und Landschaftsbild werden im Süden und Osten Anpflanzungen vorgesehen. Im Norden ist bereits eine Eingrünung vorhanden.“

Der Ermöglichung dieser Erweiterungsabsichten dient der angegriffene Bebauungsplan. Er setzt das bisherige Betriebsgelände sowie Flächen südlich und östlich davon als Sonstiges Sondergebiet - nach der Planzeichenerklärung „für einen Betrieb zur Holzverarbeitung“ - mit eingeschossiger abweichender Bauweise - nach textlicher Festsetzung Nr. 3 offene Bauweise ohne Längenbegrenzung - und einer Grundflächenzahl von 0,8 fest; eine Teilfläche im äußersten Nordwesten, vom Grundstück des Antragstellers zu 2. nur durch einen Grünstreifen getrennt, ist als SO1 mit maximal zweigeschossiger Bauweise gekennzeichnet. Die darauf bezogene textliche Festsetzung Nr. 1 lautete in der Fassung des ersten Satzungsbeschlusses wie folgt:

„(1) Das Sonstige Sondergebiet gemäß § 11 Abs. 1 BauGB dient zum Zwecke der Errichtung von baulichen Anlagen und der Nutzung für einen Betrieb zur Holzverarbeitung.

Folgende betriebliche Einrichtungen und Anlagen sind zulässig:

- Produktionshallen

- offene und überdachte Lagerflächen

- offene und überdachte Verladeflächen

- Werkstattgebäude

- technische Gebäude

- Büro- und Verwaltungsgebäude.

(2) Im Sonstigen Sondergebiet SO 1 sind nur Büro- und Verwaltungsgebäude zulässig.“

In der streitgegenständlichen Fassung des zweiten, im ergänzenden Verfahren (dazu unten) gefassten Satzungsbeschlusses lautet diese Festsetzung:

„Das Sonstige Sondergebiet „Holzmehlmühle“ gemäß § 11 Abs. 2 BauGB dient der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Betrieben der Holzmehlherstellung und Holzmehlverarbeitung sowie zugehörigen Nebenanlagen.

Zulässig sind im Rahmen dieser Zweckbestimmung:

(1) Produktionshallen und Produktionsanlagen

(2) Lagerhallen und Lagereinrichtungen (z.B. Silos)

(3) offene und überdachte Lager- und Verladeflächen

(4) Labor- und Werkstattgebäude

(5) Technik- und Heizungsgebäude

(6) Büro- und Verwaltungsgebäude.

Im SO 1 sind im Rahmen der Zweckbestimmung ausschließlich Büro- und Verwaltungsgebäude zulässig.“

Teilflächen des Sondergebietes sind Lärmemissionskontingente zwischen 48 und 69 dB(A) tags bzw. 33 und 54 dB(A) nachts pro m² zugewiesen. Am Nordrand und im Osten des Plangebiets sind grünordnerische Festsetzungen getroffen.

Das Planaufstellungsverfahren vollzog sich wie folgt: Am 20. Dezember 2016 fasste der Rat der Antragsgegnerin zunächst den Aufstellungsbeschluss für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan; das Planaufstellungsverfahren wurde bis ins Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB, in deren Rahmen die Antragsteller Einwendungen vorbrachten, geführt. Angesichts von Umplanungen der Beigeladenen gewann die Antragsgegnerin den Eindruck, dass ein vorhabenbezogener Bebauungsplan der Dynamik der betrieblichen Entwicklung der Beigeladenen nicht hinreichend Rechnung tragen könne. Der Rat der Antragsgegnerin fasste daher am 11. September 2018 einen „neuen Aufstellungs- und Auslegungsbeschluss für [das Plangebiet] als ‚Sondergebiet‘“ und eine Beteiligung der Träger öffentlicher Belange „im Rahmen der anstehenden Auslegung“. Vom 8. November bis einschließlich zum 10. Dezember 2018 fand die öffentliche Auslegung statt. Die Auslegungsbekanntmachung vom 29. Oktober 2018 enthielt auszugsweise folgende Angaben:

„Gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB wird außerdem bekannt gegeben, dass nachfolgend genannte wesentliche umweltbezogene Stellungnahmen bereits vorliegen und dass die nachfolgend genannten umweltbezogenen Informationen verfügbar sind, die ebenfalls mit ausgelegt werden:

I. Begründung einschließlich Umweltbericht: Beschreibung der Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt, Fläche und Boden, Wasser, Klima, Luft, Landschaft/Ortsbild, Mensch sowie Kultur und sonstige Sachgüter (Stand Oktober 2018) sowie Anlagen Bestandsplan Biotoptypen und Nutzungen und Übersicht Kompensationsverpflichtungen

II. Fachgutachten und fachgutachterliche Stellungnahmen:

1) Schalltechnisches Gutachten […]

2) Geräuschquellenkataster […]

3) Prognose der Staubemissionen und -immissionen […]

4) Messbericht TÜV Nord Umweltschutz […]

5) Messbericht TÜV Nord Umweltschutz […]

6) Immissionsschutzgutachten zur Geruchssituation […]

7) Konzept zur Oberflächenentwässerung […]

III. Stellungnahmen von Fachbehörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange:

[Die Stellungnahmen werden nach Urheber und Datum geordnet und mit Stichworten zu ihrem Inhalt beschrieben]

IV. Stellungnahmen der Öffentlichkeit:

[Es folgt für jede Stellungnahme gesondert eine Zusammenfassung der darin angesprochenen Umweltthemen],“

Mit Einwendungsschreiben vom 4. Dezember 2018 rügten die Antragsteller: Es sei keine frühzeitige Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB durchgeführt worden. Unterlagen zur genehmigungsrechtlichen Situation des Beigeladenenbetriebes seien nicht ausgelegt und auf sie sei auch in der Auslegungsbekanntmachung nicht hingewiesen worden. Die Planung sei nicht erforderlich, namentlich mit Blick auf § 1a Abs. 2 Sätze 2-4 BauGB; die Alternativenprüfung sei unzureichend; namentlich komme eine Ansiedlung des Betriebes im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 87 der Antragsgegnerin in Betracht; die Unzumutbarkeit einer Umsiedlung sei nicht dargelegt. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sei das Plangebiet keine Gemengelage, sondern eine dörfliche Lage, in dem die Holzmühle einen Fremdkörper darstelle. Das Anpassungsgebot werde verletzt. Die Sondergebietsfestsetzung sei nicht hinreichend bestimmt, da Angaben zum Störungsgrad der zulässigen Nutzungen fehlten. Tatsächlich werde ein auf holzverarbeitende Betriebe beschränktes Industriegebiet geplant. Die Maßfestsetzungen und die Festsetzungen zur Bauweise seien nicht städtebaulich motiviert. Die Emissionskontingente seien allein ausgehend vom Betrieb der Beigeladenen berechnet worden, obgleich der Plan als Angebotsbebauungsplan auch andere Vorhaben zulasse. Die Ansätze der Berechnung seien zudem unrealistisch. Das gelte auch für die Messung der Staub- und Geruchsimmissionen, die zudem eine Überschreitung der einschlägigen Grenzwerte ergäben. Aus den genannten Gründen sei der Plan abwägungsfehlerhaft, da er Belange der Nachbarschaft nur unzureichend berücksichtige.

In seiner Sitzung vom 26. Februar 2019 entschied der Rat über diese und weitere Stellungnahmen und beschloss den Bebauungsplan als Satzung. Nach Ausfertigung des Plans durch den Bürgermeister am 27. Mai 2019 machte die Antragsgegnerin den Satzungsbeschluss in der Oldenburgischen Volkszeitung vom 31. Mai 2019 sowie durch Aushang bekannt. Unter dem 8. März 2019 hat die Antragsgegnerin mit der Beigeladenen einen zuvor vom Rat gebilligten städtebaulichen Vertrag geschlossen, in dem sich letztere unter anderem verpflichtete, die im Bebauungsplan festgesetzten Emissionskontingente auch mit ihren genehmigten Bestandsanlagen einzuhalten und die im Plangebiet noch vorhandene Geflügelhaltung einzustellen.

Zur Begründung ihres am 12. November 2019 gestellten Normenkontrollantrags nehmen die Antragsteller auf ihr Einwendungsschreiben vom 4. Dezember 2018 Bezug. Ergänzend machen sie geltend: Ihr Antrag sei zulässig, da sie von planbedingten Immissionen betroffen seien. Die Auslegungsbekanntmachung vom 29. Oktober 2018 genüge nicht den Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 18. Juli 2013 - 4 CN 3.12 - und vom 6. Juni 2019 - 4 CN 7.18 - aufgestellt habe. Die verfügbaren Arten umweltbezogener Informationen würden nicht nach Themenblöcken, sondern nach Beschaffenheit und Verfasser der Dokumente angegeben. Die angesprochenen Umweltthemen würden je nach Dokumentart unterschiedlich bezeichnet. Das lasse eine Wertung bezogen auf ihre Wesentlichkeit erkennen, was unzulässig sei. Der Bebauungsplan verstoße gegen § 1 Abs. 3 BauGB, da er eine unzulässige Gefälligkeitsplanung darstelle. Die Immissionsprüfung beziehe sich ausschließlich auf das Vorhaben des Beigeladenen, obwohl der Plan als Angebotsbebauungsplan auch andere Vorhaben zulasse. Aus diesem Grund sei der Plan auch abwägungsfehlerhaft; die Antragsgegnerin habe rechtswidrig versäumt zu prüfen, welche Abweichungen vom Konzept der Beigeladenen planerisch eröffnet seien, weshalb diese städtebaulich gerechtfertigt sein könnten und wie sich ihre Realisierung auf die entgegenstehenden Interessen der Nachbarn auswirken würden. Ein städtebaulicher Vertrag, wie der mit der Beigeladenen abgeschlossene, könne die Rechtswidrigkeit eines planerischen Abwägungsvorgangs nicht heilen.

Während des Gerichtsverfahrens entschloss sich die Antragsgegnerin mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur zahlenmäßigen Beschränkung der Betriebe in einem Sondergebiet (Urt. v. 17.10.2019 - 4 CN 8.18 -, BVerwGE 166, 378 = juris Rn. 12 ff.) zur Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nach § 214 Abs. 4 BauGB und erstellte einen Planentwurf, in dem die textliche Festsetzung Nr. 1 wie oben dargestellt geändert war; außerdem wurde die Höhenbeschränkung in der textlichen Festsetzung Nr. 2 präzisiert. Vom 7. September bis zum 8. Oktober 2020 führte sie eine unbeschränkte erneute öffentliche Auslegung durch. Die Angaben zu umweltbezogenen Informationen in der Auslegungsbekanntmachung vom 28. August 2020 entsprachen im Wesentlichen denen aus der Auslegungsbekanntmachung vom 29. Oktober 2018. Neu hinzugekommene Gutachten wurden ergänzt. Die Stellungnahmen der Öffentlichkeit wurden nicht mehr einzeln dargestellt, sondern es wurde zusammenfassend darauf hingewiesen, dass sie zu den Themen „Gewerbelärm, Verkehrslärm, Staub, Gerüche, Hygiene- und Seuchenschutz, Freiflächenverbrauch, Orts- und Landschaftsbild, Einschränkung umliegender tierhaltender Betriebe, Auswirkungen auf landwirtschaftliche Flächen“ abgegeben worden seien.

Die Antragsteller gaben am 6. Oktober 2020 eine Stellungnahme ab. Sie rügten, die Planänderung dürfe nicht im ergänzenden Verfahren beschlossen werden, da keine Identität mit dem Ursprungsplan mehr bestehe. Die Auslegungsbekanntmachung lasse nicht erkennen, was Gegenstand des ergänzenden Verfahrens sei. Sie enthalte keinen Hinweis auf die parallele Internetbekanntmachung. Die Planunterlagen seien unter der in der Bekanntmachung genannten Adresse nicht abrufbar. Es fehlten Angaben zur genehmigungsrechtlichen Situation des Bestandsbetriebes; auch im Übrigen seien die Angaben zu Umweltinformationen unzureichend. Informationen zur Genehmigungssituation seien auch nicht ausgelegt worden. In der Sache fehle der Planung weiterhin die Erforderlichkeit, namentlich, wenn nunmehr auch noch die zusätzliche Ansiedelung weiterer Gewerbebetriebe ermöglicht werden solle. Die Planung verletze das Anpassungsgebot. Die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung seien nicht bestimmt genug. Im Übrigen deckt sich das Einwendungsschreiben im Wesentlichen mit ihrer Stellungnahme vom 4. Dezember 2018.

In seiner Sitzung am 15. Dezember 2020 entschied der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Stellungnahmen und beschloss den Bebauungsplan in der geänderten Fassung als Satzung. Die Ausfertigung durch den Bürgermeister folgte am 29. Juni 2021, die Schlussbekanntmachung in der Oldenburgischen Volkszeitung vom 8. Juli 2021 und ergänzend durch Aushang vom 8. bis zum 19. Juli 2021.

Die Antragsteller verfolgen ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie rügen, die Schlussbekanntmachung enthalte keinen hinreichenden Hinweis auf die im Plan in Bezug genommenen DIN-Normen. Im Übrigen vertiefen sie ihren bisherigen Vortrag. Die Zulassung mehrerer Betriebe im Plangebiet verschärfe noch die Diskrepanz zwischen dem beschlossenen Planinhalt und der auf einen konkreten Betrieb bezogenen Planungsintention der Antragsgegnerin; ersterer stelle sich als Etikettenschwindel dar. Ein Sondergebiet habe nicht festgesetzt werden dürfen, das Vorhaben der Beigeladenen gehöre in ein Industriegebiet. Die Antragsgegnerin verkenne, dass die Wohnbebauung nördlich des Plangebiets ein faktisches Kleinsiedlungsgebiet mit entsprechendem Schutzanspruch sei. Flächenbezogene Schallleistungspegel bewirkten angemessenen Lärmschutz nur in gewisser Entfernung zum Plangebiet. Zu Unrecht seien zugunsten ihrer Wohnhäuser keine Ruhezeitenzuschläge berücksichtigt worden. Eine Brand- und Explosionsgefahr sei in der Abwägung fehlerhaft nicht geprüft worden. Insgesamt sei die Gewichtung zwischen dem Expansionsinteresse der Beigeladenen und dem Schutzinteresse der Nachbarschaft abwägungsfehlerhaft.

Die Antragsteller beantragen,

den Bebauungsplan Nr. 79 "Holzmehlmühle Westerkamp, Norddöllen" vom 26. Februar 2019 in der Fassung vom 15. Dezember 2020 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Sie verteidigen den Bebauungsplan.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist unbegründet. Der angegriffene Bebauungsplan weist jedenfalls in der Fassung des zweiten Satzungsbeschlusses keine beachtlichen Fehler auf.

I.

Die Planung leidet nicht unter nach §§ 214, 215 BauGB beachtlichen Verfahrensfehlern.

1.

Eine frühzeitige Bürgerbeteiligung wurde - geht man davon aus, dass mit der Umstellung vom Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans zu dem zur Aufstellung eines Angebotsbebauungsplans durch Ratsbeschluss vom 11. September 2018 kein neues Aufstellungsverfahren eingeleitet wurde - entgegen der Auffassung der Antragsteller durchgeführt. Unabhängig davon gehört die Nichtdurchführung des Verfahrens nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 BauGB nicht zu den nach § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB beachtlichen Verfahrensfehlern.

2.

Die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nach § 214 Abs. 4 BauGB anstelle der Durchführung eines vollständig neuen Planaufstellungsverfahrens ist nicht zu beanstanden. Die Änderung der textlichen Festsetzung Nr. 1 des Bebauungsplans führt nicht dazu, dass alter und neuer Plan ihre Identität verlören. Unabhängig davon führte auch eine - unterstellte - Unanwendbarkeit des § 214 Abs. 4 BauGB hier nicht zur Unwirksamkeit des Plans in der Gestalt des zweiten Satzungsbeschlusses. Im „ergänzenden“ Verfahren wurden die Beteiligungsverfahren nach § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 ohne Beschränkung durchgeführt, ein Satzungsbeschluss gefasst, der Plan ausgefertigt und der Satzungsbeschluss bekanntgemacht, mithin alle wesentlichen Verfahrensschritte durchgeführt. Das - bei isolierter Betrachtung des ergänzenden Verfahrens gegebene - Fehlen eines Aufstellungsbeschlusses sowie der frühzeitigen Bürger- und Behördenbeteiligung nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 BauGB wären keine nach § 214 BauGB beachtlichen Verfahrensfehler.

3.

Weder die erste noch die - maßgebliche - zweite öffentliche Auslegung sind deshalb fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin darauf verzichtet hat, Unterlagen zur Genehmigungssituation des Bestandsbetriebes mit auszulegen. Dabei kann offenbleiben, ob ihr diese Unterlagen überhaupt vorlagen. Auszulegen sind nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB neben dem Planentwurf und der Begründung lediglich die nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen. Hinsichtlich der Entscheidung, welche Unterlagen wesentlich sind, hat die Gemeinde einen weiten, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Einschätzungsspielraum (Senatsurt. v. 30.6.2021 - 1 KN 54/19 -, juris Rn. 34). In welchem Umfang der Bestandsbetrieb von Genehmigungen gedeckt ist, ist für die Beurteilung der Umweltauswirkungen der Planung schon objektiv nur von geringer Bedeutung; entscheidend ist der für den Fall der Ausnutzung der Planfestsetzungen prognostizierte Umweltzustand, der ggf. ins Verhältnis zu setzen ist zum faktischen gegenwärtigen Umweltzustand bzw. zum Umweltzustand im Prognosenullfall. Die Genehmigungen könnten allenfalls für den Prognosenullfall Bedeutung haben, und auch dies nur dann, wenn sie entweder auch ohne die Planung eine weitere Betriebsausdehnung ermöglichten oder umgekehrt, wenn mangels Genehmigungen eine Stilllegung des Bestandsbetriebes oder eine gravierende Beschränkung des Betriebsumfangs als Planungsalternative im Raum stünde; für beides ist hier nichts ersichtlich.

4.

Sowohl die Auslegungsbekanntmachung vom 29. Oktober 2018, als auch die - maßgebliche - Auslegungsbekanntmachung vom 28. August 2020 entsprechen den Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts soll der an der Bauleitplanung interessierte Bürger auf der Grundlage dieser Regelung die Möglichkeit erhalten, durch Anregungen und Bedenken auf den Planungsgang Einfluss zu nehmen. Damit die Bekanntmachung diese Anstoßfunktion erfüllen kann, müssen die Angaben in einem hinreichenden Umfang Aufschluss über das Planungsvorhaben geben. Diesem Erfordernis ist genügt, wenn der Bürger in die Lage versetzt wird, das Vorhaben einem bestimmten Raum zuzuordnen (BVerwG, Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, juris Rn. 14). Demgegenüber muss die Auslegungsbekanntmachung in der Regel keinen Aufschluss über die beabsichtigten Festsetzungen geben. Der Bürger wird hinreichend sensibilisiert, wenn er weiß, dass an einem bestimmten Standort überhaupt geplant wird; Zweifel über den Inhalt der Planung muss er durch Einsicht in die Planunterlagen ausräumen. Nur wenn die Auslegungsbekanntmachung mit einer gewissen Deutlichkeit auf einen bestimmten Planinhalt schließen lässt, muss dieser auch zutreffend beschrieben sein (Senatsurt. v. 13.10.2015 - 1 KN 66/14 -, NVwZ 2016, 783 = juris Rn. 29). Gemessen daran ist die Angabe in der Auslegungsbekanntmachung vom 28. August 2020, Ziel der Planung sei die planungsrechtliche Absicherung und Erweiterung eines Gewerbestandortes zur Holzmehlherstellung und -verarbeitung, nicht zu beanstanden. Sie umschreibt exakt, was der Plan ermöglicht. Dass die im ergänzenden Verfahren beschlossene Fassung der textlichen Festsetzung Nr. 1 theoretisch auch die Ansiedlung mehrerer Betriebe im Plangebiet ermöglicht, steht mit der o.g. Formulierung nicht im Widerspruch. Angaben zur Genehmigungssituation des Bestandsbetriebes sind für die Erfüllung der Anstoßfunktion unnötig.

Auch mit Blick auf die Pflicht zur Angabe der verfügbaren Arten von Umweltinformationen genügen beide Auslegungsbekanntmachungen ihrer Anstoßfunktion. Den vom Bundesverwaltungsgericht jüngst (Urt. v. 6.6.2019 - 4 CN 7.18 -, BVerwGE 165, 387 = juris Rn. 12 ff.) zusammengefassten Anforderungen ist die Antragsgegnerin nahezu mustergültig nachgekommen. Die Annahme, dem mündigen Bürger hätte im vorliegenden Fall verborgen bleiben können, zu welchen Umweltthemen der Antragsgegnerin Informationen vorlagen, ist fernliegend. Entgegen der Behauptung der Antragsteller ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin zwischen wesentlichen und unwesentlichen Informationen unterschieden und nur Angaben zu den ersteren gemacht hätte; das würde selbst dann gelten, wenn sie - was weder in der ersten, noch in der maßgeblichen zweiten Auslegungsbekanntmachung geschehen ist - behauptet hätte, nur wesentliche ihr vorliegende Informationen aufzuzählen: Maßgeblich ist, ob der angegebene Themenkatalog in der Sache vollständig ist. Das ist hier der Fall. Konkret wenden die Antragsteller dagegen lediglich ein, die Antragsgegnerin habe nicht darauf hingewiesen, dass auch die Genehmigungsunterlagen für den Bestandsbetrieb, die ihr bekannt seien, umweltrelevante Informationen enthielten. Sie legen allerdings nicht dar, zu welchen nicht bereits in anderem Zusammenhang benannten Umweltthemen diese Unterlagen Informationen enthielten - die voraussichtlich einschlägigen Themen Gewerbelärm, Staub und ggf. Gerüche sind in der Auslegungsbekanntmachung mehrfach angesprochen. Unabhängig davon griffe - wäre die Angabe tatsächlich erforderlich gewesen sein - die Planerhaltungsvorschrift des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) BauGB.

Unschädlich ist, dass die Auslegungsbekanntmachung vom 28. August 2020 keinen Hinweis darauf enthält, dass der Inhalt der ortsüblichen Bekanntmachung über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich sei. § 4a Abs. 4 Satz 1 BauGB enthält die Forderung, dass die Auslegungsbekanntmachung (wie die ausgelegten Unterlagen) über ein solches Portal zugänglich ist; eine Hinweispflicht begründet die Regelung nicht. Es wäre auch widersinnig, demjenigen, der die Auslegungsbekanntmachung bereits liest, zu erläutern, wo er diese (noch) lesen kann.

Der Hinweis auf die Internetpublikation der ausgelegten Unterlagen selbst ist entgegen der Behauptung der Antragsteller nicht irreführend. In der Auslegungsbekanntmachung heißt es: „Gleichzeitig können die ausgelegten Unterlagen auch auf der Internetseite der Gemeinde Visbek (www.visbek.de/bekanntmachungen unter Bauleitplanung im Verfahren) eingesehen werden. Das trifft zu. Soweit die Antragsteller behaupten, auf dieser Seite finde sich nur der Bekanntmachungstext, die Unterlagen fänden sich unter den Suchworten „Bauleitplanung“ sowie anschließend „Bauleitplanung im Verfahren“, ist ihr Vortrag unschlüssig. Die genannten Stichworte - die auch in der Auslegungsbekanntmachung angegeben sind - sind Unterpunkte der angegebenen Website.

5.

Die Rüge der Antragsteller, die Schlussbekanntmachung sei fehlerhaft, da Angaben zum Inhalt der im Plan in Bezug genommenen DIN-Vorschriften fehlten, ist bereits in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend. Die Angaben finden sich sowohl auf der Planurkunde - was ausreichen würde -, als auch in der Schlussbekanntmachung.

II.

Auch materiell-rechtlich ist der Plan nicht zu beanstanden.

1.

Die Erforderlichkeit der Planung begegnet keinen Bedenken. Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB dürfen Bauleitpläne nur aufgestellt werden, sobald und soweit dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dem Kriterium der städtebaulichen Rechtfertigung kommt nach der Rechtsprechung des Senats dieselbe Funktion zu wie demjenigen der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht, nämlich die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bebauungsplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 5.5.2015 - 4 CN 4.14 -, NVwZ 2015, 1537 = juris Rn. 10 m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt die Planung der Antragsgegnerin. Das Ziel, die Entwicklung eines ortsansässigen Gewerbebetriebes zu fördern, ist, wie § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a), c) BauGB zeigt, ein städtebauliches (vgl. etwa Senatsbeschl. v. 6.4.2020 - 1 MN 125/19 -, BauR 2020, 1139 = juris Rn. 10; Senatsurt. v. 25.2.2015 - 1 KN 140/13 -, NVwZ-RR 2015, 446 = juris Rn. 26); dass damit gleichzeitig Private begünstigt werden, ist für sich genommen noch kein hinreichendes Indiz für eine tatsächlich nicht städtebaulich motivierte Gefälligkeitsplanung, sondern der Regelfall (Senatsurt. v. 27.11.2019 - 1 KN 33/18 -, BauR 2020, 589 = NuR 2020, 351 = juris Rn. 29). Indiz für eine Gefälligkeitsplanung ist auch nicht, dass die Initiative für die Planung vom Planbegünstigten ausgeht. Die Gemeinde kann an sie herangetragene Planungswünsche zum Anlass nehmen, die städtebauliche Sinnhaftigkeit einer bestimmten Entwicklung zu prüfen und ggf. die nötigen Planungsschritte zu unternehmen (Senatsurt. v. 13.8.2013 - 1 KN 238/10 -, juris Rn. 20). Das kann auch dazu führen, dass ein zunächst nach § 12 BauGB eingeleitetes Verfahren als Verfahren zur Aufstellung eines Angebotsbebauungsplans fortgeführt wird. Der Verweis der Antragsteller auf die Urteile des OVG NRW v. 29.4.2019 - 10 D 8/17.NE -, juris Rn. 49 ff. und des OVG RP vom 13.2.2019 - 8 C 11387/18.OVG - geht fehl. Im dem ersteren Urteil zugrundeliegenden Fall war der ursprüngliche Vorhabenträger im Laufe des Bauleitplanverfahrens weggefallen, so dass die planende Gemeinde zu prüfen hatte, ob ihre Zielvorstellung auch die Ansiedelung anderer Betriebe umfasste (dort bejaht); eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Die in beiden Entscheidungen im Vordergrund stehende Frage, ob die Gemeinde hinreichend berücksichtigt hat, dass der Plan auch die Rechtsgrundlage für die Ansiedelung anderer Vorhaben als des ursprünglich in den Blick genommenen Betriebes bietet, und ob sie die daraus resultierenden Nutzungskonflikte in den Blick genommen hat, gehört der Abwägung an. Ebenfalls der Abwägungsgerechtigkeit der Planung gehört die von den Antragstellern im ergänzenden Verfahren als Erforderlichkeitsproblem thematisierte Frage an, ob die Vorteile der Gewerbeansiedlung, -erhaltung oder -erweiterung am überplanten Standort die Nachteile etwaiger Immissionskonflikte mit der Nachbarschaft überwiegen. Zur Abwägung gehört ferner die von den Antragstellern der Erforderlichkeit zugeordnete Alternativenprüfung. Ein offenkundiger Missgriff, der bereits die Erforderlichkeit in Frage stellen könnte, liegt in beiden Punkten fern.

2.

Die Planung ist den Zielen der Raumordnung angepasst. Die Antragsteller haben in ihren Einwendungsschreiben - auf die sie zur Antragsbegründung Bezug nehmen - gerügt, die Planung verstoße insoweit gegen Ziele des LROP, als nach diesem die Entwicklung von Wohn- und Arbeitsstätten vorrangig auf die zentralen Orte und vorhandenen Siedlungsgebiete mit ausreichender Infrastruktur konzentriert werden solle, ferner Plansatz 2.1 Punkt 06 LROP, wonach Planungen und Maßnahmen der Innenentwicklung Vorrang vor solchen der Außenentwicklung haben sollten. Die Antragsteller verkennen, dass Plansatz 2.1 Punkt 06 LROP einen Grundsatz, kein Ziel der Raumordnung formuliert; weder ist der Plansatz fett gedruckt, noch handelt es sich um eine abschließende, keiner weiteren Abwägung bedürftige Regelung. Gleiches gilt für den sinngemäß von ihnen angeführten Plansatz 2.1 Punkt 05 LROP. Damit musste die Antragsgegnerin diese Plansätze lediglich in der Abwägung berücksichtigen.

3.

Die von den Antragstellern in der mündlichen Verhandlung beanstandete Tatsache, dass das Sonstige Sondergebiet auch in der Fassung des zweiten Satzungsbeschlusses in der Planzeichenerklärung die Bezeichnung „für einen Betrieb zur Holzverarbeitung“ behalten hat, während die textliche Festsetzung Nr. 1 sich auf ein Sonstiges Sondergebiet „Holzmehlmühle“ bezieht, ist ein offenkundiges Redaktionsversehen. Durch Auslegung, nicht zuletzt anhand der Planbegründung, lässt sich unschwer erkennen, dass in Abweichung vom ersten Satzungsbeschluss das letztgenannte festgesetzt werden sollte.

4.

Die Festsetzung eines Sondergebiets mit der hier gewählten Zweckbestimmung ist von § 11 BauNVO gedeckt. Nach § 11 Abs. 1 BauNVO sind als sonstige Sondergebiete solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden. Zu vergleichen sind die konkreten Festsetzungen des Sondergebiets mit der jeweiligen "abstrakten" allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietstyps. Können die mit der Planung verbundenen Zielsetzungen mit der allgemeinen Zweckbestimmung der anderen Baugebiete nicht in Deckung gebracht werden, unterscheiden sie sich von ihnen wesentlich und ist den Erfordernissen des § 11 Abs. 1 BauNVO entsprochen. Dagegen scheidet die Festsetzung eines Sondergebiets aus, wenn die planerische Zielsetzung der Gemeinde durch Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 10 BauNVO in Kombination mit den Gestaltungsmöglichkeiten des § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO verwirklicht werden kann, die insoweit begrenzt sind, als die festgelegte allgemeine Zweckbestimmung des Baugebietstypus gewahrt bleiben muss (BVerwG, Urt. v. 28.5.2009 - 4 CN 2.08 -, BVerwGE 134, 117 = juris Rn. 10 m.w.N.).

Ein Baugebiet, das lediglich der Unterbringung (der verschiedenen, hier ohne Not aufgezählten Anlagen) eines Unterzweiges einer bestimmten Branche - hier: aus der Branche der holzverarbeitenden Betriebe die holzmehlverarbeitenden Betriebe - dient, unterscheidet sich wesentlich sowohl von Industriegebieten nach § 9 BauNVO, als auch von Gewerbegebieten nach § 8 BauNVO. Festsetzungstechnisch mag es möglich sein, das Nutzungsspektrum derartiger Gebiete unter Anwendung des § 1 Abs. 5, 9 BauNVO auf einen solchen Branchenteil zu reduzieren. Mit der Zweckbestimmung der jeweiligen Gebiete wäre das indes nicht mehr vereinbar; beide sind darauf angelegt, jedenfalls im Ansatz (im Fall des § 8: nicht erheblich belästigende) Gewerbebetriebe aller Art aufzunehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 -, BVerwGE 161, 53 = juris Rn. 15; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 25.7.1986 - 4 B 144.86 -, NVwZ 1987, 50 = juris Rn. 5: Ausschluss aller Nutzungsarten außer Möbeleinzelhandel nur im Sondergebiet möglich). Das zeigt sich auch an den Regelbeispielen für sonstige Sondergebiete in § 11 Abs. 2 BauNVO: Diese umfassen mit den Ladengebieten, den Gebieten für Messen, Ausstellungen und Kongresse, den Hafengebieten und den Gebieten für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien dienen (typisch und praktisch häufig: Sondergebiete für Windenergieanlagen, Biogasanlagen oder Photovoltaikanlagen), eine Mehrzahl von Gebieten, in denen ausschließlich oder vorrangig Gewerbebetriebe untergebracht werden können. Dadurch, dass nicht, wie es § 1 Abs. 5, 9 BauNVO im Blick hat, gleichsam negativ ein im Ansatz weiter unbegrenztes Branchenspektrum lediglich eingeengt, sondern - positiv - das Gebiet auf eine einzelne Branche mit ihren spezifischen Nutzungsanforderungen und -konflikten beschränkt wird, erhalten diese Gebiete einen spezifischen Charakter. Gerade diese Beschränkung auf einzelne Arten von Nutzungen bzw. bestimmte gewerbliche oder industrielle Anlagen ist ein Anwendungsfall des § 11 BauNVO (vgl. Stock, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 11 Rn. 5 f.; ausführlich Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl. 2018, § 11 Rn. 18 ff.).

Soweit die Antragsteller in ihrer ursprünglichen Antragsbegründung geltend gemacht hatten, die Zulassung eines Betriebes der Holzverarbeitung erfasse eine erhebliche Bandbreite an Störgraden, dies führe zur Unbestimmtheit der Festsetzung, hat sich ihre Rüge spätestens mit Abschluss des ergänzenden Verfahrens erledigt. Mit der geänderten textlichen Festsetzung Nr. 1 ist nunmehr noch deutlicher als in der Vorgängerfassung klargestellt, dass holzmehlverarbeitende Betriebe bis zum in Gewerbegebieten zulässigen Störungsgrad („nicht erheblich belästigende Betriebe“) zulässig sind; hinsichtlich der Lärmentwicklung bezeichnen die Emissionskontingente den zulässigen Störungsgrad.

5.

Der Plan ist frei von beachtlichen Abwägungsmängeln. Das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29). Zur Unwirksamkeit des Plans führen Mängel im Abwägungsvorgang nur, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214 Abs. 3 Satz 2, 2. Hs. BauGB). Solche Mängel liegen hier nicht vor.

a)

Die Antragsgegnerin hat die von den Antragstellern als Ziele der Raumordnung angesehenen, in den Plansätzen 2.1 Punkte 05 und 06 LROP enthaltenen Grundsätze der Raumordnung, nach denen Wohn- und Arbeitsstätten vorrangig auf die zentralen Orte und vorhandenen Siedlungsgebiete mit ausreichender Infrastruktur konzentriert werden sollen bzw. Planungen und Maßnahmen der Innen- Vorrang vor solchen der Außenentwicklung haben sollen, in der Abwägung berücksichtigt. Sie hat dazu in der Abwägungstabelle Folgendes ausgeführt:

„Es handelt sich bei der Planung nicht um eine Neuentwicklung von Arbeitsstätten, sondern um die Bestandssicherung und Erweiterung von Arbeitsstätten, die sich langfristig an einem Standort etabliert haben. Damit stellt die vorliegende Situation einen atypischen Fall dar, der trotz eines Standortes außerhalb der zentralen Orte den Zielen der Raumordnung nicht widerspricht.

Hintergrund für die Zielvorgaben für die Innenentwicklung ist ein sparsamer Umgang mit Grund und Boden und eine Reduzierung des Flächenverbrauchs. Durch die Erweiterung der gewerblichen Nutzung am vorhandenen Standort wird die Inanspruchnahme isolierter Freiflächen vermieden und ein bereits vorbelasteter Standort erweitert. Ein Teil der Erweiterungsflächen wird bereits baulich genutzt, andere Teile werden umstrukturiert und entziehen der Landwirtschaft keine Flächen. Durch die geplante Erweiterung des Gewerbestandorts wird eine insgesamt ca. 3,7 ha große Ackerfläche der Landwirtschaft entzogen. Dieses ist auch bereits in der Begründung erläutert.“

Das ist nicht zu beanstanden.

b)

Die Antragsgegnerin hat die zur Planung bestehenden Alternativen weder unrichtig ermittelt noch fehlerhaft bewertet. Die nach wie vor gültigen Maßstäbe zur Alternativenprüfung hat der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 24.2.2021 - 1 KN 3/19 -, BauR 2021, 916 = juris Rn. 43 ff. ausführlich dargestellt und insbesondere ausgeführt:

„Ein Optimierungsgebot enthält das Baugesetzbuch nicht. Daher hat kein Grundstückseigentümer Anspruch darauf, in der Umgebung seines Grundstücks ein ihm möglicherweise nachteiliges Vorhaben nur dann dulden zu müssen, wenn dies den hierfür besten Standort darstellt, der sich im Bereich der planenden Gemeinde dafür finden lässt. Auf Alternativstandorte kann ein Grundstückseigentümer eine planende Gemeinde daher nur in besonderen Fällen verweisen. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Gemeinde eine Gemeinwohleinrichtung auf privatem statt auf dafür verfügbaren gemeindeeigenem Grund verwirklichen will; darum geht es hier nicht. Eine erfolgreiche Rüge anderweitiger Positionierung des fraglichen Vorhabens kommt im Übrigen erst dann in Betracht, wenn der vom Bürger bezeichnete Standort die Verwirklichung der Planungsziele zulässt und dort mit deutlich geringeren Opfern an konkurrierenden Belangen verwirklicht werden kann.“

Die Antragsgegnerin hat in der Abwägungstabelle ihre Entscheidung, der Beigeladenen die Betriebserweiterung gerade am vorhandenen Standort zu ermöglichen, selbständig tragend zum einen mit der fehlenden Verfügbarkeit geeigneter alternativer Standorte, zum anderen aber damit begründet, dass der Betrieb am jetzigen Standort ein derartiges Gewicht erreicht habe, dass eine Umsiedelung wirtschaftlich nicht zumutbar wäre. Beide Erwägungen tragen. Die Antragsgegnerin hat auf Seite 7 f. der Planbegründung ausführlich dargestellt, weshalb in keinem in ihrem Gemeindegebiet gelegenen Gewerbegebiet geeignete Flächen zur Verfügung stehen; die Antragsteller sind dem mit einer Ausnahme lediglich pauschal entgegengetreten. Konkret haben die Antragsteller allein geltend gemacht, das Gewerbegebiet „Wildeshauser Straße“ könne nicht unter Berufung auf die Unwirksamkeit des diesem zugrundeliegenden B-Plans Nr. 87 (vgl. Senatsurt. v. 15.11.2018 - 1 KN 29/17 -) ausgeschlossen werden, da mit einer Heilung des Plans zu rechnen sei. Das ist zwar zutreffend; diese Heilung ist inzwischen erfolgt. Die Antragsgegnerin hat in der Planbegründung in der Fassung des zweiten Satzungsbeschlusses, S. 8, aber andere, überzeugende Gründe dafür angeführt, weshalb dieses Gebiet als Alternativstandort nicht in Betracht komme. Unabhängig davon überzeugt das auf Seite 10 der Planbegründung ausführlich begründete Argument, eine Umsiedelung sei wirtschaftlich unzumutbar, auch ohne die von den Antragstellern hierzu geforderten noch substantiierteren Darlegungen (etwa Angabe konkreter Kosten); dass der Abbau und die Neuerrichtung der auf dem Luftbild erkennbaren gewaltigen Produktionsanlagen mit hohen Kosten verbunden wären, ist ohne weiteres plausibel.

c)

Die Behandlung der Immissionsproblematik ist frei von Abwägungsfehlern. Wird, wie hier, aus Anlass der Erweiterungsabsichten eines konkreten Betriebes ein Angebotsbebauungsplan aufgestellt, so ergibt sich folgendes Abwägungsprogramm: Zum einen ist zu prüfen, ob die Ausnutzung der Festsetzungen des Bebauungsplans zu unzumutbaren Belastungen der Nachbarschaft führt. Dabei darf nicht ohne weiteres nur die Ausnutzung durch den ansiedlungs- bzw. erweiterungswilligen Betrieb in den Blick genommen werden; vielmehr ist auch die Möglichkeit einer anderweitigen Nutzung im Rahmen eines „realistischen worst-case-Szenarios“ zu betrachten. Im Rahmen der „worst-case“-Betrachtung darf allerdings berücksichtigt werden, dass neu zu genehmigende Betriebe die Anforderungen der §§ 5 bzw. 22 BImSchG einhalten müssen. Zum anderen muss sich die Gemeinde vergewissern, dass sie unter Beachtung der sich aus den Planfestsetzungen ergebenden Immissionsbeschränkungen ihr Planungsziel, gerade auch die gewünschte Erweiterung des vorhandenen Betriebs zu ermöglichen, erreichen kann. Beides ist der Antragsgegnerin gelungen.

aa)

Im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung hat die Antragsgegnerin Lärm-, Staub- und Geruchsemissionen aus dem Plangebiet untersucht und dabei - wie Seite 7 der Planbegründung exemplarisch belegt - zutreffend berücksichtigt, dass der Plan nicht nur die Erweiterung der bestehenden Holzmehlmühle, sondern auch die Ansiedlung anderer Formen zum Zweck der Holzmehlherstellung und -verarbeitung ermöglicht. Der benachbarten Wohnbebauung hat sie den Schutzanspruch eines Mischgebietes zugebilligt. Das ist nicht zu beanstanden.

Entgegen der zuletzt geäußerten Auffassung der Antragsteller genießen ihre Wohngrundstücke nicht den Schutzanspruch eines Kleinsiedlungsgebietes, was u.a. zu Lärmrichtwerten von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts führte. Ein Blick auf das Luftbild zeigt, dass in der näheren Umgebung der Grundstücke lediglich fünf bis sechs Wohngrundstücke existieren, die räumlich auf das engste mit dem Gewerbebetrieb der Beigeladenen verknüpft sind. Dieser kann schon aufgrund seiner Größe - allein die Grundfläche ist ähnlich groß wie die aller Wohngrundstücke zusammengenommen, hinzu kommt die Massivität der Baukörper - nicht als Fremdkörper bei der Beurteilung des Gebietscharakters außer Betracht gelassen werden. Ebenfalls zu berücksichtigen ist das Vorhandensein einer Mehrzahl landwirtschaftlicher Betriebe nördlich der Wohnbebauung, die mit Tierplatzzahlen im drei- bis vierstelligen Bereich bei Schweinehaltung und im fünfstelligen Bereich bei Geflügelhaltung - ein Betrieb (Norddöllen K.) überschreitet nach dem Schallgutachten vom 26. Oktober 2018 sogar die Schwelle zur Genehmigungspflicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz - auch keineswegs als „kleinere Landwirtschaft“ (so die Antragsteller) bezeichnet werden können. Angesichts dessen ist - will man der beschriebenen Bebauung überhaupt Innenbereichsqualität zubilligen - allenfalls die Annahme einer misch- oder dorfgebietsähnlichen Gemengelage mit starker landwirtschaftlicher und gewerblicher Prägung berechtigt. Offenbleiben kann daher, ob die höchst inhomogene Gebäudeansammlung „Norddöllen“ mangels organischer Siedlungsstruktur nicht eher dem Außenbereich zuzuordnen ist, was nicht zu einem höheren Schutzanspruch führte.

Mit Blick auf die planbedingten Lärmemissionen hat die Antragsgegnerin durch die Festsetzung von Lärmemissionskontingenten hinreichend sichergestellt, dass die Lärmrichtwerte eines Mischgebiets (60 dB(A) tags, 45 dB(A) nachts) an allen Immissionsorten in der Nachbarschaft des Plangebiets eingehalten werden. Die gegen die Berechnung der Kontingente vorgebrachte Kritik der Antragsteller greift nicht durch: Ihre Behauptung, die Festsetzung von flächenbezogenen Schallleistungspegeln stelle die Einhaltung von Orientierungswerten nur dann sicher, wenn der Abstand der nächstgelegenen Wohnbebauung zum Mittelpunkt des Bebauungsplangebiets doppelt so groß sei, wie die größte Ausdehnung des Bebauungsplangebiets, ist unzutreffend. Sie beruht auf einem Missverständnis des als Beleg zitierten Aufsatzes von L. (Emissionskontingentierung nach DIN 45691 und ihre Anwendung im Genehmigungsverfahren, Lärmbekämpfung 5 /2010), 196 [197]). Die entsprechende Aussage dort bezieht sich auf die früher verwendeten flächenbezogenen Schallleistungspegel (FSP), nicht auf die hier festgesetzten Lärmemissionskontingente (LEK). Durch § 1 Abs. 1 des städtebaulichen Vertrages vom 8. März 2019 hat die Antragsgegnerin sichergestellt, dass die Beigeladene auch mit den bestandskräftig genehmigten Betriebsteilen die Lärmemissionskontingente einhält. Der Rat musste mithin nicht die Möglichkeit berücksichtigen, dass Überschreitungen im Bereich dieser Betriebsteile bei gleichzeitiger Vollausnutzung der Kontingente für andere Flächen dazu führen könnten, dass in der Summe die der Kontingentierung zugrundeliegenden Immissionspegel überschritten werden.

Die planbedingt möglichen Staubimmissionen sind nicht durch die Festsetzung von Grenzwerten, sondern allein durch die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung begrenzt. Das genügt hier jedoch. Zulässig sind ausschließlich nicht erheblich belästigende Betriebe der Holzmehlherstellung und Holzmehlverarbeitung. Die von solchen Betrieben im Rahmen eines „realistischen worst-case-Szenarios“ ausgehenden Staubemissionen hat die Antragsgegnerin „exemplarisch“ durch das M. -Gutachten vom 8. Dezember 2017/24. Januar 2019 anhand des Betriebes der Beigeladenen im Ist- und in einem Erweiterungsszenario ermittelt (Planbegründung S. 52 ff.). Anhaltspunkte dafür, dass andere Betriebe, die die Planfestsetzungen ausnutzen könnten, realistischerweise stärker emittieren würden, bestehen nicht. Die Ausgangsdaten von M. haben die Antragsteller zwar pauschal in Zweifel gezogen, dies aber nicht substantiiert. Die Ermittlung ergab, dass lediglich unter Berücksichtigung einer umfangreichen Erweiterung des Betriebes die Vorgabe der TA Luft bzw. der 39. BImSchV, dass ein Tagesmittelwert der PM10-Konzentration von 50 Mikrogramm/m³ an nicht mehr als 35 Tagen pro Jahr überschritten werden dürfe, an einem Immissionsort nicht eingehalten werde, was aber durch spezifizierte Immissionsminderungsmaßnahmen behoben werden könne. Dass der Bebauungsplan diese nicht vorgibt - und aufgrund des Angebotscharakters und der gewünschten Flexibilität der Ausnutzbarkeit auch nicht sinnvoll vorgeben kann -, ist unschädlich; der auf Seite 55 Abs. 3 der Planbegründung vorgenommene Konflikttransfer ins Genehmigungsverfahren ist zulässig. Die Antragsgegnerin hat sich davon überzeugt, dass geeignete Immissionsminderungsmaßnahmen verfügbar sind, und die Beigeladene bzw. sonstige Vorhabenträger sind nach §§ 5, 22 BImSchG bei Erweiterungs- oder Neuvorhaben zur Minderung verpflichtet. Der Schutzanspruch der Antragsteller wird durch die Planung nicht reduziert, da deren Grundstücke weiter im faktischen Dorfgebiet bzw. im Außenbereich oder in einer Gemengelage liegen, die den Schutzanspruch eines Mischgebiets genießt.

Die Antragsgegnerin hat ferner die Geruchsproblematik abwägungsfehlerfrei behandelt. Sie ist davon ausgegangen, dass die Ausnutzung der Planfestsetzungen ohne zusätzliche Geruchsemissionen möglich ist und dass sich die Immissionssituation für die Nachbarschaft - auch wenn die Geruchsbelastung deutlich über Dorfgebietswerten liegt - durch den für den Fall des Inkrafttretens des Plans in § 2 des städtebaulichen Vertrages vom 8. März 2019 zugesagten Wegfall des Geflügelstalls der Beigeladenen sogar verbessern werde (Planbegründung Seite 59 f.). Hinsichtlich der (allein für die Beschäftigten relevanten) Geruchsbelastung im Plangebiet selbst kommt die Antragsgegnerin auf der Grundlage der Immissionsberechnung der Landwirtschaftskammer zum dem Ergebnis, dass im Bereich der genehmigten Bestandsanlagen nach Wegfall des Geflügelstalls eine Geruchsbelastung von 31 % der Jahresgeruchsstunden zu erwarten sei - eine Verbesserung von 12 % gegenüber dem status quo ante -, im Erweiterungsbereich eine - im Grenzgebiet zwischen Dorfgebiet und Außenbereich zumutbare - Belastung von 19 %. Hinzu kommt, dass die textliche Festsetzung Nr. 4.2 für die schutzwürdigen Innenräume im Plangebiet Geruchsfilter vorschreibt. Dass sie vor diesem Hintergrund nicht von der Planung abgesehen hat, ist nicht zu beanstanden: Der Plan ist für das Ziel einer Betriebserweiterung ausnutzbar; neue Immissionskonflikte werden nicht geschaffen, der bestehende Konflikt wird entschärft. Die nördlich der Wohnbebauung gelegenen landwirtschaftlichen Betriebe werden durch Schutzansprüche der Nutzungen im Plangebiet schon deshalb nicht abwägungserheblich betroffen, weil sie durch die nördlich des Plangebiets liegende Wohnbebauung stärker eingeschränkt werden als durch diese.

Nicht zu beanstanden ist, dass die Antragsgegnerin das Risiko von Bränden und Explosionen nicht in ihre Abwägung einbezogen hat. Eine Störfallprävention durch Abstände des Betriebs zu Wohnbebauung nach § 50 Satz 1 BImSchG musste die Antragsgegnerin nicht betreiben; holzmehlverarbeitende Betriebe sind keine Betriebsbereiche i.S.d. § 50 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 5a BImSchG, Art. 3 Nr. 10 RL 2012/18/EU. Auch in die allgemeine Abwägung musste sie eine etwaige Brand- oder Explosionsgefahr nicht einbeziehen. Sie konnte sich darauf verlassen, dass die im Genehmigungsverfahren zu beachtenden Vorschriften zum Brandschutz und zur Unfallverhütung ausreichen, dieses Risiko zu beherrschen. Ein Interesse der Nachbarschaft an der Vermeidung eines verbleibenden Restrisikos wäre allenfalls dann abwägungserheblich gewesen, wenn es sich der Antragsgegnerin aufdrängen musste, namentlich, weil es von den Antragstellern im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung geltend gemacht worden wäre. Das war nicht der Fall; die Antragsteller haben erstmals im Schriftsatz vom 9. August 2021 einen diesbezüglichen Abwägungsfehler vorgetragen.

Der Plan verstößt schließlich nicht gegen das Trennungsgebot des § 50 Satz 1 BImSchG. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind danach die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander unter anderem so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete so weit wie möglich vermieden werden. Dabei umfasst der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen nicht nur Gefahren im sicherheitsrechtlichen Sinne, sondern auch erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft. Eine Bauleitplanung ist regelmäßig verfehlt, wenn sie unter Verstoß gegen den Trennungsgrundsatz dem Wohnen dienende Gebiete anderen Gebieten so zuordnet, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die Wohngebiete nicht soweit wie möglich vermieden werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116 = BRS 80 Nr. 130 = juris Rn. 164; Urt. v. 19.4.2012 - 4 CN 3.11 -, BVerwGE 143, 24 = BRS 79 Nr. 20 = juris Rn. 28 f.).

Gemessen daran begegnet der Plan keinen Bedenken. Mit dem Bebauungsplan begründet die Antragsgegnerin die Möglichkeit einer Betriebserweiterung für einen seit vielen Jahrzehnten ortsansässigen Betrieb, und zwar in einem Gebiet, das bereits heute wesentlich durch (intensiv)landwirtschaftliche und gewerbliche Nutzungen geprägt wird. Von einem besonders schutzwürdigen Wohngebiet kann mithin keine Rede sein. Schädlichen Umwelteinwirkungen zulasten der vorhandenen Wohnnutzung beugt die Antragsgegnerin mit den vorgenannten Festsetzungen vor, soweit dies auf Ebene des Angebotsbebauungsplans möglich ist. Dieses Konzept ist stimmig und steht mit den Anforderungen des § 50 Satz 1 BImSchG in Einklang.

bb)

Die Antragsgegnerin hat sich abwägungsfehlerfrei durch die eingeholten, auf den Bestandsbetrieb und die Erweiterungsvorhaben bezogenen Gutachten darüber Gewissheit verschafft, dass sie ihr Planungsziel, die Erweiterung des bestehenden Gewerbebetriebes zu ermöglichen, mit den getroffenen Festsetzungen erreichen kann. Ob die Beigeladene - was die Antragsteller bestreiten - die den bestehenden Genehmigungen und auch den Gutachten zugrundeliegenden Immissionsschutzvorgaben stets einhält, ist unerheblich, da die planerische Zielsetzung der Antragsgegnerin auf einen künftigen genehmigungs- bzw. (hinsichtlich der Erweiterungen) prognosekonformen Betrieb gerichtet ist. Dass dieser unmöglich wäre, haben die Antragsteller nicht substantiiert dargelegt; Anlass, daran zu zweifeln, musste die Antragsgegnerin auch deshalb nicht haben, weil sich die Beigeladene im städtebaulichen Vertrag vom 8. März 2019 in Kenntnis der Gutachten und der darin berücksichtigten Immissionsminderungsvorgaben verpflichtet hat, die Lärmkontingente einzuhalten und dies kontrollieren zu lassen.

Soweit die Antragsteller konkret kritisieren, bei der Prognose im Schallgutachten vom 26. Oktober 2018 (dort S. 14, 57) seien zu Unrecht zugunsten der nördlich gelegenen Wohnbebauung keine Ruhezeitenzuschläge nach der TA Lärm berücksichtigt worden, ist ihnen nicht zu folgen. Nach der bis zum 8. Juni 2017 geltenden Fassung der TA Lärm wurden Ruhezeitenzuschläge nach Nr. 6.5 TA Lärm für Gebiete nach Nummern 6.1 Buchstaben d bis f vergeben. Das waren allgemeine Wohngebiete und Kleinsiedlungsgebiete (Buchst. d), reine Wohngebiete (Buchst. e) und Kurgebiete (Buchst. f). Mit Allgemeiner Verwaltungsvorschrift vom 1. Juni 2017, in Kraft seit 9. Juni 2017, hat die Bundesregierung in Nr. 6.1 der TA Lärm den neuen Buchst. c) für urbane Gebiete eingefügt und die Buchstaben c-f zu Buchstaben d-g geändert. Sie hat gesehen, dass dies zu Folgeänderungen in den Nrn. 6.2 Satz 1, 6.3 Satz 1 und 6.3 Satz 2 führen musste. Dass auch Nr. 6.5 zu ändern gewesen wäre, hat sie offenbar übersehen. Es handelt sich hierbei aber um ein bei Anwendung der Verwaltungsvorschrift zu berichtigendes offenkundiges Redaktionsversehen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Änderung der TA Lärm auch die Einführung eines Ruhezeitenzuschlags für Misch-, Dorf- und Kerngebiete beinhalten sollte. Nähme man die Nr. 6.5 TA Lärm n.F. wörtlich, so hätte der Verzicht auf eine Anpassung auch zur Folge, dass Kurgebiete keinen Ruhezuschlag mehr bekämen - eine widersinnige Annahme (ebenso VG Augsburg, Beschl. v. 16.8.2018 - Au 4 S 18.1058 -, juris Rn. 81). Dem entspricht, dass das zuständige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit mit Erlass vom 7. Juli 2017 auf die Notwendigkeit, das Redaktionsversehen auf Vollzugsebene zu korrigieren, hingewiesen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 S. 1 und 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor

Beschluss

Der Streitwert wird auf 40.000 EUR festgesetzt, wovon auf jeden Antragteller 20.000 EUR entfallen.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).